Dark Illusion – Verführerische Nähe - Emilia Lucas - E-Book
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Dark Illusion – Verführerische Nähe E-Book

Emilia Lucas

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  • Herausgeber: Feelings
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Sinnlich und romantisch: Ein Erotik-Roman um eine verletzliche und bindungsscheue Frau von Bestseller-Autorin Emilia Lucas! Seit dem Tod ihres Verlobten quält Laura die Angst, erneut einen geliebten Menschen zu verlieren. Unter falschem Namen hat sie kurze, belanglose Affären mit Fremden und schläft dabei mit keinem Mann öfter als​ ​dreimal​ - b​is sie auf einer Maskenparty​ den unverschämt attraktiven​ Marcus kennenlernt, der längst​ ​vergessene Gefühle in ihr weckt. ​Laura fühlt sich so heftig zu ihm​ ​hingezogen, dass sie bereit ist, ihre eiserne Regel zu brechen​. Sie möchte ihn wiedersehen, obwohl ​sie​ ​die Nähe einer Beziehung fürchtet. ​​So beginnt ​sie ein gefährliches Verwirrspiel, bei dem sie immer wieder die Identität wechselt und ungeahnte Lust erlebt. ​Doch Marcus ist nicht leicht zu täuschen,​ und bald muss Laura sich entscheiden, ​ob​ ​sie sich ihren Dämonen stellen oder die Hoffnung auf ​Liebe für immer​ ​aufgeben will. feelings-Skala (1=wenig, 3=viel): Spannung: 1, Gefühl: 3, Erotik: 3 »Dark Illusion - Verführerische Nähe« von Emilia Lucas ist ein eBook von feelings*emotional eBooks. Mehr von uns ausgewählte erotische, romantische, prickelnde, herzbeglückende eBooks findest Du auf unserem Blog: http://feelings-ebooks.de/. Amazon-Leserstimmen zu den anderen Büchern der Autorin: "Der Schreibstil von Emilia Lucas konnte mich sofort einfangen." "Ich freue mich auf jede weitere Geschichte von Emilia Lucas." "Garniert mit Emilia Lucas' wundervollem Stil, einer Sehnsucht, die zwischen den Zeilen mitschwingt und einem schmerzlich-schönen Ende ergibt dies ein Buch, das man immer wieder lesen möchte."

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Seitenzahl: 431

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Emilia Lucas

dark illusion Verführerische Nähe

Roman

Knaur e-books

Über dieses Buch

Inhaltsübersicht

WidmungKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17
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Für Matthias

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Kapitel 1

Ein letztes Mal zupfte Laura die Maske zurecht und sah sich in der Bar um. Sie schnalzte ungnädig mit der Zunge. Ihre übliche Strategie, den Raum erst aus sicherer Entfernung abzusuchen, würde heute nicht funktionieren. Zusätzlich zu den Masken, die die meisten Anwesenden trugen, war es außergewöhnlich dunkel.

Sie gab sich einen Ruck und trat aus ihrer gewohnten Ecke heraus.

Ein Mann mit nach hinten gegelten hellen Haaren kam auf sie zu. Da die Masken nur den Mund und die Augen freiließen, konnte sie nicht genau sagen, wie alt er war. Nur dass er deutlich älter war als sie, das sagten ihr die Fältchen um seinen Mund. Und sein schmieriges Lächeln sagte ihr, dass er ebenso wie sie nur etwas für eine Nacht suchte. Sein Blick glitt über sie hinweg, und die Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf. Als er vielsagend ihre Brüste anstarrte, bis sie glaubte, er könne durch ihr Kleid hindurchsehen, kehrte sie ihm demonstrativ den Rücken zu. Er würde sich jemand anderen suchen müssen. So verzweifelt war sie nicht, da ließ sie lieber einen Samstag aus.

Langsam bewegte sie sich durch den langgezogenen, schmalen Raum. An der Wand standen in regelmäßigen Abständen edle dunkelbraune Ledersofas, und im Gehen musterte Laura genau, wer darauf saß. Dunkle, fast schwarze Haut und starke Oberarme zogen ihren Blick auf sich. Sie ließ ihre Schritte langsamer werden, blieb beinahe stehen. Der Mann saß auf einem der Sofas und nippte an einem Bier. Er hatte ein nettes Lächeln und sah aus, als könnte man sich gut mit ihm unterhalten. Bestimmt wollte er das auch. Sich unterhalten. Lauras Finger krampften sich in ihren Rock. Am Ende wollte er noch ein Date. Nein. Er kam nicht in Frage.

Sie nahm ihren Rundgang wieder auf, ohne noch einmal auf jemanden zu stoßen, der halbwegs in ihr Beuteschema passte. Sie seufzte. Dann warf sie einen Blick auf den Tresen, der sich auf ganzer Länge mitten durch den Raum wand wie eine gewaltige Schlange. Daher hatte die Bar auch ihren Namen. Winding Snake. Sie wusste, dass in den Schatten am anderen Ende jemand saß. Jemand, den sie sofort abgehakt hatte, als sie vor einer halben Stunde die erste Runde gedreht hatte und an ihm vorbeigekommen war. Kurz dachte sie darüber nach, ihn doch noch anzusprechen. Dann schüttelte sie den Kopf. Zu verlockend. Zu gefährlich.

Mit einem letzten Blick in die Schatten wandte sie sich ab und beschloss, noch einmal die Dachterrasse in Augenschein zu nehmen. Bei gutem Wetter hatte man hier eine herrliche Aussicht über München, vor allem jetzt, im Juli, wenn der Englische Garten ein Meer aus Baumkronen war. Gerade goss es allerdings wie aus Kübeln, und die edlen Holzdielen standen knöcheltief unter Wasser. Die Terrasse war verwaist bis auf ein paar todesmutige Raucher, die sich in die halbwegs trockene Ecke neben der Tür drängten. Laura mochte Zigarettenrauch nicht besonders, aber das spielte jetzt keine Rolle. Schließlich suchte sie nicht nach einem Mitbewohner, sondern nach Entspannung von einer anstrengenden, arbeitsreichen Woche. Sie musterte das qualmende Grüppchen eingehend. Zu alt. Zu jung. Zu weiblich. Zu verliebt. Laura schnaubte. Auch hier wurde sie offensichtlich nicht fündig. Da konnte sie es genauso gut aufgeben und ihr Glück in einer anderen Bar versuchen. Wahrscheinlich wäre das ohnehin besser. Das Winding Snake war ihre Stammbar, ihr Rückzugsort. Hier einen Kerl aufzureißen, barg die Gefahr, dass er sie wiedererkannte, wenn sie das nächste Mal herkam. Natürlich war diese Gefahr heute wegen der Masken nicht besonders groß, was ihr allerdings wenig nutzte, wenn keiner der Anwesenden in Frage kam.

Sie machte sich auf den Weg zum Ausgang. Ihre Finger begannen schon, den Knoten der Maske zu lösen. Gerade als sie sie abnehmen wollte, wurde ihr Blick von einer Bewegung am Ende des schlangenförmigen Tresens angezogen. Der Jemand, den sie vorhin sofort abgehakt hatte, hatte sich nach vorn gebeugt und hob sein leeres Glas, damit der Barkeeper ihm nachschenkte. Im blaustichigen Dämmerlicht der Barbeleuchtung sah Laura schwarze Haare, bevor er sich wieder zurücklehnte und beinahe aus ihrem Blickfeld verschwand. Sie ließ die Hände sinken. Er saß schon die ganze Zeit an der Bar. Sie war mehrmals an ihm vorbeigekommen und hatte ihn nie etwas sagen hören. Und er hatte sich auch nicht im Raum umgesehen. Vielleicht suchte er nicht nach einem Date, sondern wollte einfach nur abschalten und alles hinter sich lassen, genau wie sie. Vielleicht kam er doch in Frage.

Sie zog den Knoten der Maske wieder fest und näherte sich dann dem Tresen. In der Nähe des Fremden stellte sie sich an die Bar und tat, als warte sie lediglich auf den Barkeeper, während sie den Mann verstohlen musterte. Was sie von seinem Gesicht sehen konnte, ließ darauf schließen, dass er ein paar Jahre älter war als sie. Vielleicht Mitte dreißig. Sicher sein konnte sie natürlich nicht, aber es spielte auch keine Rolle. Unter seinem weißen Hemd zeichneten sich breite Schultern ab, dennoch war er eher schlank. Im Stehen war er sicher deutlich größer als sie. Er hatte seine Krawatte gelockert, und die oberen Knöpfe seines Hemdes standen offen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich etwas.

Genau wie vorhin, als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte.

Zu gern hätte sie gewusst, ob er sie auch ansah. Ihr knappes schwarzes Kleid war gerade so freizügig, dass es Blicke auf sich zog, verhüllte aber genug, um die Phantasie zu beflügeln.

Sie beschloss, ihn anzusprechen. Wenn er andeutete, dass er mehr suchte als Gesellschaft für eine Nacht, konnte sie immer noch die Flucht ergreifen.

»Was kann ich dir bringen?«, fragte der Barkeeper.

Laura fasste an ihre Maske. Der Stoff war glatt und kühl unter ihren Fingerspitzen. Normalerweise musste sie nur in die Nähe der Bar kommen und Stefan einmal zunicken, damit er ihr hinstellte, was sie immer trank, wenn sie mit Christina hier war: ein Radler. Heute stand ihr allerdings der Sinn nach etwas anderem, Härterem. Schließlich war sie nicht hier, um sich zu entspannen. Das kam erst später. Hoffentlich.

»Einen Whisky, bitte.«

»Glenfiddich?«

Laura zuckte die Achseln. Es kam nicht darauf an. »Ja, warum nicht?«

Der Barkeeper nickte und griff über sich in das Regal, das von der Decke hing. Es schlängelte sich genau wie die Bar darunter durch den ganzen Raum. Er schenkte ein und schob ihr das Glas zu.

Sie betrachtete die bernsteinfarbene Flüssigkeit, schwenkte sie kurz und nahm einen kleinen Schluck. Der Whisky benetzte ihre Zunge, kletterte ihre Wangen hinauf und brannte schließlich im Gaumen. Sie mochte dieses Brennen. Es half ihr, den nötigen Mut aufzubringen.

Bedächtig stellte sie das Glas wieder auf den Tresen. Dann schob sie ihre Zungenspitze aus dem Mund und leckte sich über die Oberlippe, befeuchtete sie, bis sie das leichte Brennen des Whiskys auf der empfindlichen Haut spürte.

Ob er schon zu ihr hinübersah? Am liebsten wäre es ihr gewesen, wenn er sie einfach angesprochen hätte, wenn er ihr sofort ansähe, wonach sie suchte, und es ihr von sich aus anbot. Leider tat er ihr den Gefallen nicht. Sie hoffte nur, dass er keiner von denen war, die eine Frau langsam erobern wollten. Für solche Kerle fehlte ihr die Geduld.

Sie atmete tief ein, nippte noch einmal an ihrem Whisky und drehte sich dann halb zu ihm hin. »Hast du es auch schon aufgegeben?«

Seine Augen glitzerten durch die Schlitze in der Maske, als er den Blick auf sie richtete. »Ich habe gar nicht erst gesucht.« Seine volle Stimme ließ ihr Herz höherschlagen. Sie hätte sich wohl doch besser von ihm fernhalten sollen. Aber jetzt war es zu spät, und sie hoffte, dass er ihr Angebot annehmen würde. Dass er offen zugab, nicht nach einem Date zu suchen, war ein guter Anfang.

»Warum trägst du dann eine Maske?«, fragte Laura, nur um irgendetwas zu sagen. Sie mochte die Masken. Nicht nur, weil sie damit unerkannt bleiben konnte, sondern auch, weil sie eine ganz besondere Spannung erzeugten. Es war aufregend, nicht zu wissen, wer sich dahinter verbarg und ob man ihm vielleicht irgendwann auf der Straße begegnete, ohne es zu merken.

»Ich bin nur wegen der Masken hier. Da wäre es ziemlich merkwürdig, wenn ich keine tragen würde.«

»Du bist wegen der Masken hier, suchst aber kein Date? Ich hoffe, du nimmst mir nicht übel, dass ich das etwas merkwürdig finde.«

»Das wäre es auch, wenn ich alleine hier wäre.« Ein winziges Lachen klang in seiner Stimme mit.

Sie musste sich bemühen, nicht enttäuscht das Gesicht zu verziehen. »Du bist nicht alleine hier?«

»Nein. Mit einem Freund. Erik.«

Erleichtert atmete Laura auf. Ein Freund war keine Gefahr für ihre Pläne.

»Er hasst Masken«, fügte der Fremde hinzu, als wäre das eine völlig logische Erklärung. Er deutete hinter Laura. Sie drehte sich nicht um. Dieser Erik interessierte sie jetzt nicht und auch nicht, warum der Schwarzhaarige ihn auf eine Party schleifte, von der er wusste, dass er sie nicht mögen würde. Wahrscheinlich hatte er eine Wette verloren.

»Und das Motto klang nicht uninteressant.«

»Dark Blind Date?« Es war der Versuch des Besitzers, eine neue Kultparty ins Leben zu rufen. Eine Mischung aus Dark Room und Blind Date Party, aber wenn sie sich so in der halbleeren Bar umsah, würde er das sicher bald wieder aufgeben. Leider, denn es käme ihr sehr entgegen, wenn hier alle immer eine Maske tragen würden. Dann könnte sie in Zukunft immer hier, wo sie sich sicher fühlte, auf die Suche nach Gesellschaft für ihre Samstagabende gehen.

Der Fremde nickte. »Dark Blind Date, ja. Ich muss allerdings gestehen, dass es meine Erwartungen bisher nicht erfüllt.«

Laura fragte sich, was er damit meinte. Fand er vielleicht, dass sich sein Freund zu gut amüsierte? Oder hatte er insgeheim doch darauf gehofft, jemanden kennenzulernen? So oder so war es die perfekte Vorlage. Endlich eine Gelegenheit, das Gespräch in die richtige Richtung zu lenken.

»Das könnte sich ja vielleicht noch ändern«, sagte sie und neigte sich ein wenig nach vorne, um ihm einen guten Einblick in ihr Dekolleté zu gewähren. Das schwarze Kleid brachte die Ansätze ihrer Brüste besonders vorteilhaft zur Geltung. Die meisten Männer reagierten darauf.

Er nicht. Stattdessen hielt er ihren Blick fest. »Das bezweifle ich.«

Laura seufzte innerlich und setzte sich wieder gerade hin. Das war deutlich. Er hatte offensichtlich kein Interesse. Was jetzt? Sie ließ ihren Blick noch einmal durch die Bar schweifen. Der Dunkelhäutige mit den starken Oberarmen war verschwunden. Ein blonder Hüne, den sie bisher nicht in Erwägung gezogen hatte, weil sie lange Haare an Männern nicht mochte, wirkte plötzlich doch ganz annehmbar. Bis sie die Rothaarige entdeckte, die sich an ihn schmiegte.

Sie drehte sich wieder zu dem Schwarzhaarigen um. Er war ihre einzige Option hier. Und noch dazu eine ziemlich gute. Einen Versuch würde sie noch machen.

»Ich schätze, du hast dir etwas Aufregenderes vorgestellt?« Sie nahm ihren Whisky, nippte daran und sah ihn mit einem Aufschlag ihrer Wimpern über den Rand des Glases hinweg an.

Einer seiner Mundwinkel zuckte. »Aufregender, so könnte man es sagen, ja.« Er erklärte nicht, was er damit meinte, und das gefiel ihr. Je weniger er redete, desto weniger würde sie über ihn erfahren.

Sie stellte das Glas wieder ab, ohne den Blick von ihrem Gegenüber zu wenden, und ließ dann ihre Knie etwas auseinandergleiten. Nur ein klein wenig, gerade so, dass man unter ihrem Rock den Schatten zwischen ihren Beinen sehen konnte. Sie ließ ihre Hand auf ihren Oberschenkel fallen und berührte wie zufällig mit den Fingerspitzen die weiche Haut an den Innenseiten. Die Berührung sandte winzige Schauer der Erregung ihre Beine hinauf.

Nur ein Zucken seiner Augenlider verriet, dass er es bemerkt hatte. Dann schluckte er. Lauras Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Er war also doch interessiert. Jetzt musste sie ihn nur noch dazu kriegen, dass er auf ihr Angebot einging. Gott, wie sie hoffte, dass er es tun würde!

»Funktioniert das?«

Sie schreckte auf und runzelte die Stirn. »Was?«

Er nickte zu ihren Fingern, die sich immer noch ganz leicht auf ihren Oberschenkeln bewegten.

Beinahe wäre sie rot geworden. Er hatte sie durchschaut. Das passierte ihr zwar gelegentlich, nur hatte sie dann meistens das Gefühl, den fraglichen Mann schon in der Tasche zu haben. Bei ihm war sie sich nicht sicher. Sie entschloss sich zur Flucht nach vorn. »Ich weiß nicht. Funktioniert es?«

Er lachte. Es war ein angenehmes, sympathisches Lachen. Sie versuchte, es zu ignorieren. »Kann schon sein. Das kommt darauf an, was du suchst.«

Ihrer Erfahrung nach mochten die meisten Männer es nicht, von einer Frau direkt gefragt zu werden, ob sie Lust auf Sex hatten. Wahrscheinlich fanden sie es dreist oder unweiblich. Laura legte den Kopf schief. Er wirkte nicht wie einer, der etwas gegen selbstbewusste Frauen hatte. Bei ihm könnte es funktionieren.

»Sex«, sagte sie und nippte noch einmal an ihrem Whisky.

»Das dachte ich mir schon«, erwiderte er trocken.

Sie grinste und bemühte sich, sich nicht anmerken zu lassen, wie nervös sie war. Dies war der entscheidende Moment. »Bist du interessiert?«

Ein amüsiertes Funkeln erschien in seinen Augen. »Das klingt, als wolltest du einen Vertrag abschließen.«

Damit hatte er nicht ganz unrecht. Sie zuckte mit den Achseln. »Ich kläre gerne vorher, was Sache ist. Dann erlebt man keine bösen Überraschungen.«

Zum ersten Mal, seit sie ihn angesprochen hatte, setzte er sich auf und lehnte sich ein wenig über die Bar zu ihr hin. »Was ist denn Sache?«

Sie neigte sich ebenfalls ein Stück zu ihm und drückte wie zufällig eine ihrer Brüste etwas aus ihrem Dekolleté, um ihn daran zu erinnern, was dabei für ihn herausspringen würde. »Ich tue es nur im Hotel, nur in einer ganz bestimmten Stellung und niemals bei Licht.«

***

Marcus starrte sie an. »Nur im Dunkeln? Wieso denn das?« Seit sie sich so verführerisch über die Lippen geleckt hatte, fragte er sich, was er von ihr halten sollte. Ihr Verhalten war mehr als dreist, geradezu aufdringlich. Zuerst hatte sie unerfahren gewirkt, vielleicht sogar ein wenig ungeschickt, deswegen hatte er gezögert und sie etwas auf Distanz gehalten. Jetzt glaubte er das allerdings nicht mehr. Sie wusste offensichtlich genau, was sie wollte, und hatte einfach keine Lust, lange drum herumzureden. Er war sich nicht sicher, ob er das mochte, aber irgendetwas an ihr reizte ihn. Sie war hübsch, zumindest das, was er von ihr sehen konnte. Ihre dunkelblonden Haare, die ihr lockig in den Ausschnitt fielen, waren durch die Satinbänder der Maske ein wenig durcheinandergeraten, ihre Lippen waren nicht zu voll, aber dennoch sinnlich, und er war schon beinahe hart, seit er vorgegeben hatte, die verführerischen Ansätze ihrer Brüste zu ignorieren.

»So sind eben die Regeln«, sagte sie. Es klang ungeduldig. Doch dann lächelte sie plötzlich strahlend, als hätte sie sich daran erinnert, dass sie ihn erst noch überzeugen musste. »Spielt das für dich eine Rolle?«

Ihr Lächeln war nicht echt, das war ihm sofort klar. Es war ihr Verkaufslächeln. Dennoch schlug sein Herz etwas schneller, als er in ihre leuchtenden Augen sah. Ob sie eine Professionelle war? Er glaubte es nicht, aber möglich wäre es. »Und was erwartest du als Gegenleistung?«

Sie verdrehte die Augen. »Ich bin keine Nutte, falls du das meinst.«

Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Entschuldige, ich wollte nur sichergehen.«

»Schon gut. Das passiert mir öfter. Also, was ist jetzt?«

Ja, was ist jetzt? Eigentlich stand ihm heute nicht der Sinn nach bedeutungslosem Sex. Aber diese Frau interessierte ihn. Sie und ihre merkwürdigen Regeln.

»Gut, aber ich bestimme das Hotel.« Er hatte keine Lust auf irgendeine billige Absteige, auch wenn sie eigentlich nicht aussah, als hätte sie so etwas im Sinn. Eigentlich sah sie auch nicht aus, als hätte sie bedeutungslosen Sex im Sinn. Ihr Kleid war sexy, aber nicht auf eine billige Art, und in ihren Augen stand ein intelligentes Glitzern. Sie war nicht betrunken und wollte es offensichtlich auch nicht werden, denn sie rutschte von dem Barhocker, ohne ihren Whisky auch nur zur Hälfte geleert zu haben. »Dann lass uns gehen.«

Er trank noch einen Schluck von seinem Bier und stand dann ebenfalls auf. »Ich hoffe, die eine Stellung ist nichts, wobei man sich verrenken muss. Ich bin nicht so wahnsinnig gelenkig«, sagte er in der Hoffnung, dass sie erklären würde, um welche Stellung es sich handelte.

Doch sie lachte nur. »Nein, keine Sorge.«

***

Sie nahmen ein Taxi zum Hotel. Marcus versuchte hin und wieder, ein Gespräch anzufangen, aber sie schien daran keinerlei Interesse zu haben. Sie hatte ihn auch nicht genauer betrachtet, als er seine Maske abgenommen hatte. Verdammt, sie hatte ihn noch nicht einmal nach seinem Namen gefragt.

»Verrätst du mir deinen Namen?«, fragte er.

Sie löste den Blick von der verregneten Fensterscheibe und sah ihn an. Die große Kapuze ihres schwarzen Regenmantels verbarg ihre Haare und warf Schatten auf ihr Gesicht, von dem er auch so nicht viel erkennen konnte. Im Gegensatz zu ihm hatte sie die Maske nicht abgenommen, und es sah auch nicht aus, als hätte sie es vor. Langsam, als müsste sie sich zwingen, ihm dieses Zugeständnis zu machen, öffnete sie den Mund. »Claire.«

Er fragte sich, ob das ihr richtiger Name war. »Ich heiße Marcus«, sagte er.

Sie hatte sich schon wieder abgewandt. Seine Mundwinkel zuckten amüsiert. Er nahm an, dass das alles für sie ein Rollenspiel war, Sex mit einem völlig Fremden, und sie zog es durch, ohne Pardon. Er beschloss, ihr Spielchen mitzuspielen und sie nicht merken zu lassen, dass ihm die Situation ebenfalls gefiel. »Wenn du keine Lust auf menschliche Gesellschaft hast, warum behilfst du dir dann nicht mechanisch?«

Sie zuckte zusammen, gerade so, dass er es sehen konnte. Dann sah sie ihn über die Schulter hinweg an. »Wenn du den Unterschied nicht verstehst, sollten wir die Sache vielleicht besser abbrechen.« Ein zynisches Lächeln schlich sich auf ihre Lippen.

Er lachte. »Nein, schon gut.« Auf keinen Fall würde er jetzt noch aussteigen. Normalerweise fand er zwar, dass ein wenig Annäherung vor dem Sex nicht schaden konnte, aber wie sie an die Sache heranging, hatte auch seinen Reiz. Und jetzt wollte er unbedingt wissen, wohin dieses Rollenspiel noch führen würde.

Wenig später hielt das Taxi vor dem Hotel. Claire zog sich ihre Kapuze tief ins Gesicht, wahrscheinlich, damit man die Maske nicht sah. Er hielt ihr seine Hand hin und führte sie durch den Regen zur Tür des Hotels und zum Empfang. Er hatte mit Absicht dieses kleine, aber feine Hotel im Norden von München ausgewählt, weil die Lobby vom Eingangsbereich abgetrennt war und sie hier nicht auffallen würden. Trotzdem war das Hotel groß genug, dass sie keine unliebsamen Fragen befürchten mussten. Der Rezeptionist lächelte zuvorkommend und händigte ihnen kommentarlos eine Schlüsselkarte aus. Falls er bemerkt hatte, dass sie kein Gepäck hatten, ließ er es sich nicht anmerken.

Im Zimmer angekommen, wollte Marcus Claire den Mantel abnehmen, aber sie zog ihn sich schon selbst aus und hängte ihn an die Garderobe. Sie ging ihm voraus am Bett vorbei, ohne es auch nur mit einem Seitenblick zu würdigen. Es war ein Doppelbett aus dunklem Holz, schlicht und edel, so wie das restliche Zimmer. Claire sank auf einen Stuhl neben einem kleinen Schreibtisch und begann, sich auszuziehen. Sie beeilte sich dabei und versuchte gar nicht, Marcus damit zu erregen. Offensichtlich wollte sie sofort zur Sache kommen. Da er beschlossen hatte, nach ihren Regeln zu spielen, tat er es ihr gleich und zog sich aus. Irgendwann hob sie den Kopf und sah, dass er nackt war. Sie wirkte nicht überrascht, sondern nickte nur. Sie war wirklich wesentlich abgebrühter, als er zuerst geglaubt hatte.

»Was sieht dein Plan jetzt vor?«, fragte er, als sie beide nackt vor dem Bett standen.

»Licht aus«, sagte sie.

Er ließ seinen Blick über sie wandern und verzog den Mund. »Eigentlich schade.« Ihre Haut schimmerte im warmen Licht der Deckenbeleuchtung, und ihre rosigen Brustwarzen waren bereits hart aufgerichtet. Er spürte, wie er steif wurde. Offensichtlich konnte er ziemlich gut auf die Annäherung vor dem Sex verzichten.

Claire war seine beginnende Erregung auch nicht entgangen, denn sie lächelte wissend. Bevor er sie weiter in Augenschein nehmen konnte, zog sie ein Kondom aus ihrer Handtasche, legte es demonstrativ auf eines der Kopfkissen und knipste das Licht aus.

»Komm her«, flüsterte sie.

Das Bett knarrte leise. Sie musste sich daraufgelegt haben. Er wartete, bis seine Augen sich etwas an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Die Jalousien vor den Fenstern waren heruntergelassen, aber durch die Lamellen fiel etwas Licht, so dass er wenigstens Umrisse erkennen konnte. Er setzte sich zu ihr aufs Bett. Nur eine Stellung. Nichts Ausgefallenes. Bestimmt die Missionarsstellung. Und sie wollte kein Licht. Er wurde nicht schlau daraus. So ein prüdes Verhalten passte nicht zu der Art, wie sie sich ihm in der Bar angeboten hatte.

Er wartete darauf, dass sie sich auf den Rücken legte, aber sie ging in den Vierfüßlerstand. »Knie dich hinter mich.« Das erwartungsvolle Vibrieren ihrer Stimme ließ das Blut schneller durch seine Adern pulsieren. Sie wollte wirklich keine Zeit verlieren. War sie überhaupt schon feucht? Er bewegte sich auf sie zu, bis er ihr so nahe war, dass er ihren Geruch wahrnahm. Wahrscheinlich war es nur ihr Duschgel, frisch und sportlich.

Er streckte eine Hand nach ihr aus und legte sie an ihre Hüfte. Ihre Haut war warm und weich. Langsam fuhr er mit den Händen zum Ansatz ihrer Pobacken, dann weiter nach unten. Seine Fingerspitzen strichen über die zarte Haut zwischen ihren Beinen. Dieses Szenario schien sie wirklich zu erregen, denn er spürte, dass sie schon bereit war. Anstatt seine Finger in ihrer Feuchtigkeit zu versenken, ließ er seine Hand jedoch an ihrer Seite entlang und über ihren Bauch gleiten, bis er die weiche Rundung ihrer Brust streifte.

Sofort versteifte sie sich. »Nicht. Ich brauche das nicht«, flüsterte sie und schob seine Hand weg.

Er lächelte in sich hinein. Kein Gerede, kein Vorspiel. Gut, sie wollte es nicht anders. Er würde ihr den Gefallen tun. Nicht, dass es ein großes Opfer gewesen wäre. Er musste zugeben, dass die Anonymität des Ganzen tatsächlich ihren Reiz hatte. Claire wusste nichts über ihn, trotzdem drängte sie sich ihm entgegen und zeigte ihm deutlich, wie sehr sie ihn brauchte. Sie einfach zu nehmen, im Dunkeln, ohne je ihr Gesicht gesehen zu haben, hatte etwas Animalisches, das wild und ungehemmt direkt in seine Lenden floss. Er griff nach der Kondompackung und riss sie auf.

***

Lauras Haut fühlte sich kalt an, wo seine Fingerspitzen ihre Brust berührt hatten. Als fehlte ihr dort die Wärme seiner Haut. Als wünschte sie sich seine Hand zurück. Nein. Sie wollte nicht berührt werden. Sie sollte es nicht wollen. Außerdem war es vollkommen unnötig. Allein der Gedanke, mit einem wildfremden Mann zu schlafen, erregte sie genug; selbst jetzt noch, nach so vielen Malen.

Als sie hörte, wie er die Kondompackung aufriss, schob sie ihm ihren Hintern entgegen. Fast sofort spürte sie seine Erektion an ihrer Pobacke. Der Fremde rückte sich ein wenig zurecht und legte eine Hand zwischen ihre Beine. Sie keuchte auf, als er mit den Fingern in sie eindrang, sie dann wieder zurückzog und die Feuchtigkeit auf ihrer Haut verteilte. Dann spreizte er sie vorsichtig und drückte seine Erektion an ihre Öffnung. Mit einem kräftigen Stoß war er in ihr, ohne ihr die Möglichkeit zu geben, sich an ihn zu gewöhnen. Laura stöhnte auf, weil sie es genau so mochte. Seine Hände gruben sich in ihre Hüften, und er begann, sich in ihr zu bewegen. Während die Erregung in ihr sich langsam steigerte, hoffte sie, dass er sich trotz allem Zeit lassen würde. Manche Männer nahmen den Quickie viel zu wörtlich. Dass sie sich nicht mit Vorspiel aufhielt, bedeutete nicht, dass sie es schnell hinter sich bringen wollte. Es brauchte seine Zeit.

Doch er hatte es nicht eilig. Seine Bewegungen waren gleichmäßig und wohldosiert, und er traf sogar beinahe die richtige Stelle. Sie spannte den Bauch ein wenig fester an, um sich ihm in exakt dem richtigen Winkel entgegenzustrecken, und keuchte auf, als sie ihn genau dort spürte, wo ihr Verlangen langsam wuchs. Sie seufzte, und die Muskeln ihres Unterleibs zogen sich um ihn zusammen, um ihn noch tiefer in sich zu ziehen.

Aber es reichte noch nicht. Das tat es nie. Sie brauchte mehr von ihm.

»Deine Hand«, keuchte sie, drehte sich halb zu ihm um, packte seine Hand und legte sie zwischen ihre Beine. Rauh reizten seine Fingerspitzen ihre empfindliche Haut, näherten sich immer wieder ihrem Kitzler und entfernten sich dann wieder, bis sie es kaum noch aushielt. Sie drängte sich seiner Hand entgegen, und endlich erbarmte er sich. Ein Stromstoß durchfuhr sie, als er mit sanftem Druck ihre empfindsamste Stelle berührte.

»Ja, genau so«, hauchte sie atemlos. Genau so. Es war die einzige Art, wie sie fast jedes Mal kommen konnte. Wenn der Fremde mit seiner Hand ihren Kitzler reizte, während er gleichzeitig immer wieder in sie stieß.

Quälend langsam ließ er seine Finger kreisen, lockte gekonnt ihre ganze Erregung in diese eine Stelle ihres Körpers. Nur noch ein wenig fester. Laura drückte sich gegen seine Hand, versuchte verzweifelt, ihn dazu zu bringen, sie endlich über die Schwelle zu stoßen. Langsam verstärkte er den Druck, fand genau den richtigen Rhythmus, fachte das Pochen zwischen ihren Beinen immer mehr an, bis sie es kaum noch aushielt. Sie spannte ihren ganzen Körper an, zog ihre Muskeln zusammen und zwang den Fremden, sie heftiger, rücksichtsloser zu nehmen. Mit aller Kraft schob sie sich ihm entgegen und trieb sich unbarmherzig auf den Punkt zu, an dem es kein Zurück mehr gab. Dunkel hörte sie ihn stöhnen. Seine Finger gruben sich tief in ihre Haut, als er jede Zurückhaltung aufgab und sie noch heftiger nahm. Die ganze Erregung, die sich pulsierend unter seinen Fingern gesammelt hatte, breitete sich schlagartig über ihren gesamten Körper aus. Schauer ergriffen ihre Muskeln und ließen sie krampfhaft zucken, bis ihre Arme unter ihr nachgaben und sie mit dem Gesicht auf die Matratze sank.

Noch ein letztes Mal drang der Fremde in sie, dann merkte sie an seinen unkontrollierten Bewegungen, dass auch er gekommen war. Einen Moment wartete sie ab, bis sie spürte, dass er sich entspannte. Dann entzog sie sich ihm und rutschte hastig ein Stück nach vorne. Sie rollte sich über das Bett von ihm weg, während er sich langsam auf die Matratze sinken ließ. Auf keinen Fall wollte sie jetzt berührt werden. Dieser Moment gehörte nur ihr. Erlösung, Entspannung, Erschöpfung. Einfach nichts spüren als diese innere Taubheit, die alle Gefühle in ihr auslöschte und nur gnädige Leere zurückließ.

Sie kostete den Moment aus, solange es ging, bis das Schaukeln der Matratze sie zurückholte. Viel zu früh.

Sie wandte dem Fremden den Kopf zu. An den Umrissen konnte sie erahnen, dass er sich auf seinen Ellbogen gestützt hatte und sie ansah. Wollte er jetzt etwa reden? Sie stöhnte innerlich.

»War es zu deiner Zufriedenheit?«, fragte er mit einem spöttischen Unterton in der Stimme.

»Ja«, sagte sie kurz angebunden. Vielleicht würde er dann kapieren, dass sie in Ruhe nachspüren wollte.

»Willst du nicht wissen, wie es für mich war?«

Sie verdrehte die Augen. Du meine Güte! Er war ein Kerl. Er hatte einen Orgasmus gehabt. Musste man darüber noch reden? »Eigentlich nicht.« Es war ihr jetzt egal, ob sie ihn vor den Kopf stieß. Er hatte ihr bereits gegeben, was sie brauchte. Sie war sich bewusst, dass das egoistisch war, aber immerhin hatte er auch seinen Spaß gehabt. Wenn er jetzt beleidigt war und ging, wäre sie nicht traurig. Dann hätte sie ihre Ruhe.

Leider war er nicht beleidigt. »Hatte ich auch nicht angenommen«, sagte er und lachte sein sympathisches Lachen, das sie so gar nicht gebrauchen konnte. Es vibrierte in ihrem Körper, als wollte es sie zum Mitmachen animieren. Sie unterdrückte den Impuls und drehte dem Fremden demonstrativ den Rücken zu. Vorhin im Taxi hatte sie versucht, seinen Namen zu überhören, aber natürlich hatte sie ihn mitbekommen. Marcus. Trotzdem war er für sie weiter der Fremde. So nannte sie alle ihre Eroberungen. Sie wollte keine Namen, keine Gesichter, keine Geschichten. Keine Gefühle.

Sie lauschte angestrengt, ob er sich ihr weiter näherte. Nichts. Die Matratze bewegte sich kurz, dann herrschte Ruhe. Er war wieder von ihr abgerückt und hatte sich auf seiner Seite des Bettes niedergelassen. Laura merkte, dass sie die Schultern angespannt hatte. Leise atmete sie tief aus und entspannte sich. Das herrlich intensive Ziehen der Erlösung in ihrem Unterleib war immer noch da. Ebenso wie die Leere in ihrem Kopf. Wenn er jetzt einfach ruhig liegen bleiben würde, wenn er nicht aufstehen und sich anziehen würde, dann konnte sie den Rest auskosten, bis das Gefühl verklungen war. Laura schloss die Augen. Nur sein leiser Atem durchbrach die Stille. Seltsamerweise fühlte Laura sich nicht davon gestört. Es hatte etwas Beruhigendes, sagte ihr, dass er nicht vorhatte, demnächst aufzustehen. Endlich wich auch der letzte Rest Anspannung wieder von ihr. Sie lag einfach nur da, spürte, wie das Pulsieren zwischen ihren Beinen langsam verschwand und ihre Glieder schwer wurden.

Sie schreckte auf. Beinahe wäre sie weggedämmert. Einfach so, hier neben ihm. Das passierte ihr sonst nur, wenn sie allein zurückblieb. Wenn ihre Eroberung sofort nach dem Sex ging.

Ob er vielleicht eingeschlafen war? Dann hätte sie sich in Ruhe ihre Sachen nehmen und sich anziehen können. Sie horchte in die Dunkelheit. Möglich war es. Behutsam, um ihn nicht zu wecken, setzte sie sich auf.

»Ist das Spiel jetzt vorbei?«, fragte er sanft.

Sie erstarrte mitten in der Bewegung. Er schlief also nicht. »Ja.«

Die Matratze bewegte sich wieder unter ihr. Kam er näher?

»Gut, dann …« Die Wärme seiner Hand auf ihrer Schulter ließ sie zusammenzucken. Bevor sie sie abschütteln konnte, ließ er seine Finger an ihrem Hals entlang nach oben gleiten, bis er die Härchen in ihrem Nacken streifte. Ein wohliger Schauer überlief sie und lenkte sie ab. Beinahe zu lange. Als sie ein Zupfen an der Maske spürte, sprang sie aus dem Bett.

»Lass das«, zischte sie.

»Entschuldige«, sagte er, aber sehr zerknirscht wirkte es nicht. Eher, als würde er gleichzeitig mit den Schultern zucken. »Ich dachte, jetzt könnten wir darauf verzichten.«

Sie warf einen bösen Blick in die Dunkelheit, dorthin, wo sie seine Umrisse sah. »Ich bestimme, wann ich die Maske abnehme, klar?«

»Klar.« Er klang immer noch nicht verärgert. Das Bett knarrte, als er ein Stück von ihr wegrutschte. Etwas klickte, und das gedämpfte Licht der Nachttischlampe fiel auf seine leicht gebräunte Haut. »Dann können wir ja auch das Licht wieder anmachen.«

Sie öffnete überrascht den Mund. Dann schloss sie ihn wieder. In der Bar hatte er sie schließlich auch schon gesehen. Solange die Maske richtig saß, sprach nichts dagegen. Schnell zupfte sie sie wieder etwas besser zurecht.

Der Fremde lächelte. »So sehe ich wenigstens den Rest von dir.«

Sie schaute ihn empört an, griff hastig nach einem der kühlen Satinlaken und wickelte sich darin ein, bevor er sie ausgiebig mit seinen Blicken erkunden konnte. Eigentlich war es albern. Er hatte gerade mit ihr geschlafen, was machte es da schon, wenn er sie betrachtete? Trotzdem zog sie das Laken etwas fester um sich. Sie mochte es eben nicht, so angestarrt zu werden.

»Willst du ewig da rumstehen?«, fragte er und klopfte neben sich auf das Bett.

Sie schüttelte den Kopf. »Ich gehe jetzt.«

»Was denn, der ganze Aufwand für ein einziges Mal?«

Er hatte natürlich recht. Sie hätte auch nichts dagegen gehabt, noch einmal mit ihm zu schlafen, er hatte sich ganz gut angestellt. Sie biss sich auf die Lippen. Andererseits war es vielleicht besser, ihn sich aufzuheben fürs nächste Mal. Falls er überhaupt Lust hatte, sich noch einmal mit ihr zu treffen. Manche Männer fühlten sich von der kühlen Art abgestoßen, die sie äußerlich an den Tag legte und die so wichtig dafür war, dass ihre Samstagabende nicht in eine völlig falsche Richtung verliefen.

»Wenn du noch mal willst, wie wäre es dann nächste Woche?«, fragte sie schließlich. Es wäre schön, nächste Woche nicht wieder ganz von vorne anfangen zu müssen. Sie brauchte die Entspannung der Samstagabende, aber sie hasste das Aufreißen in der Bar und hätte gern darauf verzichtet. Angespannt beobachtete sie ihn. Bitte sag ja.

»Zieht das denn dann noch?«

Sie runzelte die Stirn. »Was meinst du?«

»Wenn wir uns jetzt verabreden, bin ich dann noch fremd genug, damit es dich erregt?«

»Das ist keine Verabredung! Das ist nur … Sex. Und wenn du jetzt endlich aufhörst zu reden, ist das auch noch fremd genug. Ja.«

Seine Mundwinkel zuckten. Herrje, was musste man eigentlich tun, um ihn zu beleidigen?

»Schade. Ich hatte eigentlich vor, dich auszufragen.« Er scherzte, aber er wirkte auch neugierig, so als hätte er wirklich ein paar Fragen im Sinn. Sie verengte die Augen. »Was denn fragen?«

»Wenn du möchtest, gebe ich es dir schriftlich, dann kannst du die Antworten bis zum nächsten Mal vorbereiten.«

Sie konnte nicht anders, sie musste lachen. »Nein, schon gut. Heißt das, es gibt ein nächstes Mal?« Er wirkte unentschlossen. Möglicherweise wollte er wirklich nur einen One-Night-Stand. Vielleicht war ihm zweimal schon zu viel. Was ihn für sie umso attraktiver machte. Sie warf ihm unter ihren Wimpern hervor einen koketten Blick zu. »Vielleicht lasse ich mich ja dazu überreden, dir ein oder zwei Antworten zu geben.«

Er hob eine Augenbraue. »Ehrliche Antworten?«

Auf keinen Fall. »Natürlich, wenn die Fragen nicht zu persönlich sind.«

»Hm, das ist schon eine ziemlich starke Einschränkung. Wenn ich darauf eingehe, dann musst du als Gegenleistung auf die Maske verzichten.« Ihm war anzusehen, dass ihm das Spielchen Spaß machte. Dass es für sie ernst war, konnte er natürlich nicht wissen. Sie wollte wirklich, dass er nächste Woche wiederkam. Und sie wollte unbedingt die Maske tragen. Bisher hatte das nicht zu ihren Regeln gehört, aber es gefiel ihr. Es gab ihr zusätzliche Sicherheit. »Ich weiß nicht.«

»Komm schon. Ich kann mir sowieso keine Gesichter merken.«

Wieder flatterte das Lachen in ihrem Bauch wie die Flügel eines Schmetterlings. Sie drängte es zurück. »Wenn das Licht ausbleibt und die Jalousien ganz dicht sind«, gab sie zurück, »in Ordnung.«

Er stand auf, kam zu ihr und reichte ihr die Hand. »Du bist ein harter Verhandlungspartner.«

Sie grinste und legte ihre Hand in seine. Er drückte sie, und bevor sie sie ihm entziehen konnte, hob er ihre Hand an seine Lippen und küsste sie. Er hatte wunderbare Lippen. Weich, aber dennoch fest. Sein heißer Atem auf ihrer Haut fachte die Erregung in ihrem Unterleib erneut an und machte sie ein wenig schwindelig. Das war nicht gut. Gar nicht gut. Schnell entzog sie ihm ihre Hand. »Lass das.«

»Nicht fremd genug?«, fragte er unbekümmert.

Sie nickte. Dann drehte sie sich um und zog sich an. Als sie sich das Kleid überstreifte, hörte sie, dass er sich wieder aufs Bett legte.

»Dann nächste Woche wieder hier, um die gleiche Zeit?«, fragte sie.

Er hatte sich entspannt zurückgelehnt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt, was seine breite Brust ziemlich gut zur Geltung brachte. »Warum nicht? Außer du möchtest lieber woandershin, damit es … fremder ist.« Er zwinkerte ihr zu.

Beinahe hätte sie schon wieder gelächelt. Musste er so sympathisch sein? War es ein Fehler, sich noch einmal mit ihm zu treffen? Sollte sie lieber darauf verzichten? Das würde allerdings bedeuten, dass sie dann wieder einen völlig neuen Typen ansprechen und riskieren musste, abgewiesen zu werden. Oder an einen geriet, der mit ihr ausgehen wollte. Sie schüttelte sich. Nein. Es war in Ordnung, sich noch einmal mit ihm zu treffen. Noch zweimal sogar. Erst nach dem dritten Mal wurde es gefährlich.

»Der Ort spielt keine Rolle.« Sie streifte sich ihre silbernen Pumps über und ging zur Garderobe. »Ich warte hier im Zimmer auf dich, nächsten Samstag um neun Uhr abends. Ich lasse dir eine Schlüsselkarte hinterlegen. Auf Max Müller.«

Er schnaubte belustigt.

Sie musste zugeben, dass es kein sehr einfallsreicher Name war, aber wenigstens konnte man ihn sich merken.

Er stand nicht auf, um ihr in den Mantel zu helfen, und auch nicht, als sie sich von ihm verabschiedete, als spürte er, dass sie das nicht wollte. Stattdessen sagte er noch: »Und bring ruhig die Maske mit. Ich glaube, ich habe mehr davon, ein paar Umrisse von dir zu sehen, als von dem Wissen, dass du keine Maske trägst.«

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Kapitel 2

Eine Woche später regnete es immer noch, aber Laura störte sich nicht daran. Heute war Samstag. Endlich. Die ganze Woche hatte sie sich schon darauf gefreut. Natürlich nur, weil sie Sex haben konnte, ohne einen neuen Kerl aufreißen zu müssen, und nicht etwa, weil sie ihn wiedersah. Marcus. Den Fremden, verbesserte sie sich. Das war er schließlich immer noch, und das sollte er auch bleiben.

Laura betrachtete zum tausendsten Mal die Entwürfe für die Flyer, die sie letzte Woche erstellt hatte. Sie war sich einfach nicht sicher, welchen sie nehmen sollte. Sie beschloss, alle auszudrucken und nebeneinanderzulegen. Da sie nicht auf den Tisch in ihrem winzigen Arbeitszimmer passten, würde sie sie drüben im Wohnzimmer auf dem Fußboden ausbreiten müssen.

Als das Telefon klingelte, verzog Laura das Gesicht. Es war bereits früher Abend, und sie hatte keine Lust, jetzt noch ein langwieriges Gespräch mit einem Kunden anzufangen. Natürlich würde sie es trotzdem tun. Sie konnte es sich nicht leisten, ihre wenigen Kunden zu verprellen. Sie warf einen Blick auf das Display ihres Telefons und atmete auf, als sie Christinas Nummer erkannte. Sie hob ab. »Hey, du!«

»Hi!«

Laura lächelte. Ein einziges Wort ihrer Freundin verriet sofort deren Stimmung. Heute war sie gut drauf, sehr gut sogar. Sie klang, als hätte sie was vor.

»Was gibt’s?«, fragte Laura.

»Ach, ich wollte dich nur fragen, ob wir heute mal wieder zusammen auf die Pirsch gehen wollen. Nachdem ich ja letzte Woche nicht konnte.« Christina klang immer noch enttäuscht. Sie liebte es, sich zu verkleiden, und hatte fest vorgehabt, Laura auf die Maskenparty zu begleiten. »Verdammter Schnupfen.«

»Immerhin klingst du jetzt wieder ziemlich gesund.«

»Jawohl. Fit und bereit, nach einem willigen Kerl Ausschau zu halten. Einem sexwilligen für dich und einem beziehungswilligen für mich.«

»Normalerweise jederzeit, aber ich muss noch ein bisschen arbeiten.«

»Ach, dann hat es also geklappt mit dem neuen Auftrag?«

Laura schüttelte den Kopf. »Nein, leider nicht. Immer noch nur die alten Sachen. Hier und da mal einen Flyer basteln und so.« Seit Laura sich mit einer Firma für Webdesign selbständig gemacht hatte, konnte sie sich gerade so über Wasser halten. Mit Aufträgen, die sie früher nicht einmal ihrer Praktikantin zugemutet hätte. Schon lange sehnte sie sich nach einem Auftrag, nur einem einzigen in der Masse der Klick-und-fertig-Flyer, bei dem sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte. Etwas, das nicht nur Spaß machte, sondern auch gut in ihrem Portfolio wirkte. Wieder einmal verfluchte sie die Tatsache, dass sie keine Kontakte mehr hatte, über die sie an gute Aufträge kommen konnte. Sie hatte es sich mit den meisten gründlich verdorben. Vor allem Franziska, ihre ehemalige Chefin, wäre lieber gestorben, als sie weiterzuempfehlen, nach dem, was sie sich geleistet hatte. Manchmal hatte Laura sogar den Verdacht, dass sie potentielle Kunden vor ihr warnte. Das wäre zumindest eine Erklärung gewesen, warum selbst jetzt, nach drei Jahren, noch kein Gras über die Sache gewachsen war. Laura hatte nichts Illegales getan, sie hatte nur einen Fehler gemacht, aber Franziska war unheimlich nachtragend. Und es war zugegebenermaßen ein ziemlich großer Fehler gewesen.

»Laura?«

»Oh, entschuldige, hast du mich was gefragt?«

»Ich wollte wissen, ob das heißt, dass du heute gar nicht weggehst. Wo du doch nie einen Samstag auslässt.«

Der fassungslose Ton ihrer Freundin brachte Laura zum Lachen. »Nein, keine Sorge. Ich hole mir meine Dosis schon noch. Ich bin heute verabredet.« Sofort verdammte Laura ihr loses Mundwerk. Verabredet. Warum hatte sie dieses Wort benutzt und noch dazu gegenüber ihrer Freundin? Die hoffte trotz allem immer noch, dass Laura ihren Beziehungsboykott irgendwann aufgab.

»Oh, wirklich?«, quietschte Christina. »Du bist verabredet?«

Laura verdrehte die Augen, klemmte sich das Telefon unters Kinn und druckte den ersten Entwurf aus. Die Flyer sollten heute noch fertig werden. »Nein. Es ist keine Verabredung in dem Sinne.«

»Oh.« Die Stimme ihrer Freundin sank um eine Oktave. »Ich verstehe.«

»Genau. Nur Sex wie immer. Ich kenne den Kerl nicht und will ihn auch nicht kennenlernen. Ich sehe ihn nur heute und vielleicht noch nächste Woche.«

»Bist du sicher?«

Laura nahm den ersten Flyer aus dem Drucker und faltete ihn probeweise. »Oh ja, ich bin sicher.«

Christinas enttäuschtes Seufzen ließ Laura grinsen. »Sieh es doch mal so, dafür kann ich in zwei Wochen mit dir ausgehen. Wenn du bis dahin nicht wieder vergeben bist.«

Ihre Freundin lachte. »Stimmt. Komm, das machen wir gleich fest. Bis dahin muss ich die Kerle eben vertrösten, die sich heute Abend sicher um mich reißen werden.«

»Okay.« Laura legte den halb gefalteten Flyer auf den Tisch und zog ihren Kalender zu sich, um die Verabredung mit Christina einzutragen. Als sie sah, dass es an dem fraglichen Wochenende bereits einen Eintrag gab, stöhnte sie. »Ach, verdammt.«

»Was ist?«

»Tut mir leid, aber da kann ich nicht. Thomas’ Eltern kommen zu Besuch.«

»Oh. Dann solltest du dich vorher noch mal so richtig austoben.«

»Ja.« Wenn Martin und Elisabeth sie besuchten, verzichtete Laura auf die One-Night-Stands. Die Eltern ihres ehemaligen Verlobten waren so etwas wie Ersatzeltern für sie. Auf keinen Fall sollten sie erfahren, was aus ihr geworden war und wie sehr sie sich seit Thomas’ Tod verändert hatte. Sie würden es nicht verstehen, würden sich vielleicht sogar Sorgen machen, und Laura wollte ihnen nicht weh tun.

»Hör mal, ich muss jetzt echt noch ein bisschen was machen, bevor ich mich mit Marcus treffe.«

Kurzes Schweigen am anderen Ende. »Marcus? Schöner Name.«

Es musste ihrer Freundin ziemlich schwerfallen, nicht darauf herumzureiten, dass sein Name gefallen war, und Laura war ihr dankbar dafür. Es war ohnehin ärgerlich genug, dass sie so oft an ihn denken musste. Er war ein Fremder, er sollte keinen Namen haben. Nicht für sie.

»Gut«, fuhr Christina fort. »Wir hören uns, dann machen wir was anderes aus. Viel Spaß heute Abend.«

»Den habe ich immer.«

»Ich weiß. Bis bald. Arbeite nicht mehr so viel.« An dem Klicken in der Leitung erkannte Laura, dass ihre Freundin aufgelegt hatte.

Arbeite nicht mehr so viel. Sehr witzig. Sie musste arbeiten, musste etwas tun, nicht nur, um Geld zu verdienen, sondern auch, um endlich an bessere Aufträge zu kommen. Außerdem war da auch noch der ganze Verwaltungskram. Sie seufzte. Es wäre schön gewesen, sich nur auf die kreative Seite ihres Jobs konzentrieren zu können, so wie damals in der Agentur, aber das war vorbei. Sie sagte sich, dass es auch nicht das Schlechteste war, sein eigener Herr zu sein. Zumindest, wenn man irgendwann auf einen grünen Zweig kam. Laura schnaubte und legte die Hand auf die Maus. Ein grüner Zweig? Ein nicht völlig abgestorbener Zweig hätte ihr im Moment schon gereicht.

Sie begann mit dem Ausdrucken der restlichen Entwürfe. Sie wusste jetzt schon, dass sie sich heute nicht mehr würde entscheiden können, aber sie wollte die Flyer wenigstens auslegen und noch einmal in Ruhe betrachten, bevor sie sich für Marcus zurechtmachte.

Sie fluchte leise. Für den Fremden.

***

Marcus saß an der Hotelbar. Er war etwas früher da gewesen, aber Claire hatte sich ausgebeten, zuerst im Zimmer zu sein, und das respektierte er. Sie schien wirklich nur Sex zu wollen und nichts weiter. Ihm sollte es recht sein. Zu Anfang hatte er gedacht, dass es nett wäre, mit ihr auszugehen. Er fand sie spannend und hätte gern gewusst, was sich hinter ihrer kühlen, mysteriösen Fassade verbarg. Nur war es ziemlich deutlich, dass sie daran kein Interesse hatte.

Er gab Claire Zeit bis kurz nach neun, dann stand er auf, legte etwas Geld auf die Bar und fuhr mit dem Aufzug nach oben. Als er die KeyCard in das Schloss schob und die Tür einen Spalt öffnete, sah er gerade noch, wie das Licht ausging. Er musste lächeln, betrat das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

»Na endlich. Wo warst du denn?«

Vielleicht hätte er verärgert sein sollen, weil sie ihn nicht einmal begrüßte, aber ihre Frage hatte eher verunsichert als wütend geklungen. So als hätte sie Angst gehabt, dass er nicht erschien. So als hätte sie sich wirklich gewünscht, dass er kam.

»Ich war etwas zu früh dran und habe in der Bar gewartet. Nicht dass du mir noch begegnest und wir uns richtig kennenlernen. Das wäre ja fatal.«

Ein leises Kichern schwebte zu ihm herüber. »Stimmt, dann müssten wir den Sex leider ausfallen lassen.« Ein Laken raschelte. »Fangen wir gleich an?«

Marcus lächelte in die Dunkelheit, während seine Augen sich langsam daran gewöhnten und anfingen, Umrisse wahrzunehmen. Sie wollte sofort loslegen? Das konnte sie haben. »Bist du denn schon feucht?«, fragte er, während er die Krawatte lockerte und sein Hemd aufknöpfte.

Sie schnaubte herausfordernd. »Bist du schon steif?«

Das war er tatsächlich. Die Aussicht, jetzt einfach, so ohne lange Vorreden in sie einzudringen, machte ihn ziemlich an. Er streifte die restliche Kleidung ab, griff in seine Hosentasche und holte ein Kondom heraus. Er wartete, bis seine Augen sich noch etwas mehr an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann riss er die Packung auf und streifte sich das Kondom über. Mit zwei großen Schritten war er beim Bett und kniete sich auf die Matratze, wo Claire schon auf ihn wartete. Sie kniete wieder auf dem Bett, die Beine leicht gespreizt, ihm völlig ausgeliefert. Sein Schwanz begann erwartungsvoll zu pochen, und er verspürte die Lust, sie zu streicheln, sie überall zu berühren. Ihre wunderschönen blonden Haare zwischen seinen Fingerspitzen zu spüren, die Spitzen ihrer Brüste an seiner Handfläche, ihre seidige Haut an seinen Lippen. Vielleicht ein andermal.

Er kniete sich hinter sie, packte sie an den Hüften und drängte seine Erektion gegen ihre Schamlippen. Heiße Feuchtigkeit benetzte ihn. Mit einem unterdrückten Stöhnen drang er in sie ein. Sie keuchte auf und fiel auf die Unterarme. Sofort zog er sich zurück und stieß sich dann noch einmal grob in sie. Er wollte etwas hören, ein Stöhnen, einen Schrei, etwas, das ihm sagte, ob sie es genoss.

Sie schwieg. In ihrem Fall war das vielleicht sogar alle Bestätigung, die er brauchte, denn sie würde sich sicher nicht scheuen, es ihm zu sagen, wenn es ihr nicht gefiel. Ein weiteres Mal trieb er seinen Schwanz in sie, dann begann er, sich langsam in ihr zu bewegen. Warm und feucht zog sie sich um ihn zusammen, bis das Gefühl der Enge ihn beinahe um den Verstand brachte. Claire bog den Rücken durch und schob sich ihm entgegen. Sie bettelte förmlich um mehr, und er wusste genau, was sie brauchte. Trotzdem gab er es ihr nicht. Er ignorierte ihre Hand, die nach seiner suchte. Sie wollte es anonym und heftig, aber das bedeutete nicht, dass es schnell vorbei sein musste. Im Gegenteil. Er wollte es auskosten, bis zum Äußersten hinauszögern, sie zappeln lassen, bis sie ihn anflehte, sie endlich zu erlösen. Er bewegte sich langsamer, quälend langsam, veränderte immer wieder den Winkel, den sie so verzweifelt einzuhalten versuchte. Sie beschwerte sich nicht. Stattdessen begann sie, leise zu stöhnen, und ergab sich schließlich seiner Führung. Er wusste, dass es ihr gefiel, dass es sie sogar mehr erregte als das letzte Mal, als er ihr einfach ihren Willen gelassen hatte. Er spürte es an dem wilden Pochen, das von ihren geschwollenen Schamlippen ausging und ihn beinahe kommen ließ. Noch nicht.

»Die Hand, bitte«, flüsterte sie irgendwann. Aus ihren zitternden Worten war kein Befehl mehr herauszuhören. Nur noch Sehnsucht nach Erlösung. Offenbar war sie ebenso kurz davor wie er.

Er tat ihr den Gefallen, wollte und konnte es auch nicht mehr länger hinauszögern. Während er seine Hand von ihrer Hüfte löste, fragte er sich, ob sich dort später Abdrücke seiner Finger abzeichnen würden. Er ließ seine Finger zwischen ihre Beine gleiten, fand ihren Kitzler und begann mit sanftem Druck zu kreisen. Sie warf den Kopf in den Nacken und hob den Hintern, damit er noch tiefer in sie eindringen konnte. Ihre Reaktion auf ihn, die Art, wie sie sich jetzt vollkommen gehenließ, sorgte dafür, dass seine Lenden sich vor Erregung zusammenzogen und sein Schwanz fordernd pochte. Trotzdem hielt er sich noch einmal zurück und legte seine Finger noch fester auf ihren feuchten Kitzler. Unerbittlich massierte er sie dort, bis sie aufschrie und ihr Unterleib hemmungslos um ihn herum zu zucken begann. Erst jetzt ergab auch er sich dem Höhepunkt und stieß noch ein paarmal in sie, bis er sich vollkommen ergossen hatte. Er hielt inne, seine Finger wieder in die weiche Haut oberhalb ihrer Hüfte gekrallt, und spürte, wie ihre Zuckungen nachließen. Eine ursprüngliche, rohe Befriedigung erfasste ihn, weil er sie dazu gebracht hatte, sich ihm ganz hinzugeben und ihre kühle, beherrschte Fassade für einen einzigen, intensiven Augenblick fallen zu lassen. Nicht lange genug, um dahinter zu sehen, aber lange genug, um zu wissen, was für eine Leidenschaft in ihr schlummerte. Atemlos ließ er sich nach vorne fallen und stützte sich mit einem Arm auf dem Bett ab, um sie nicht unter sich zu begraben. Sofort schlüpfte sie unter ihm hervor und rollte sich auf die andere Seite des Bettes. Genau wie in der Woche zuvor.

Er hatte wirklich noch nie eine Frau wie sie getroffen. Sie wollte nicht reden, wollte nicht in seinen Armen liegen und nicht gestreichelt werden, während die Nachbeben des Orgasmus langsam verebbten. Achselzuckend sank er auf die Matratze. Er schloss die Augen und lauschte ihrer noch leicht unregelmäßigen Atmung. Es hatte durchaus etwas Entspannendes, einfach daliegen zu können. Allein mit seinen Gedanken, zufrieden und leicht ermattet. Wahrscheinlich war es genau das, was sie so sehr mochte. Nur für sich selbst da zu sein. Sich einmal nicht um andere kümmern zu müssen, nicht fremden Erwartungen ausgesetzt zu sein. Vielleicht machte auch dieser Umstand das Rollenspiel mit völlig Fremden für sie so reizvoll.

Irgendwann wurde ihre Atmung regelmäßig, und er glaubte schon, dass sie eingeschlafen war. Er rückte etwas näher an sie heran. Der Umriss ihrer nackten Schulter war verführerisch. Zu gern hätte er sie gestreichelt, aber ihre Abneigung dagegen war so deutlich, als hätte sie »Bitte nicht berühren« auf die Haut tätowiert. Er beschloss, ihr die Zeit zu lassen, die sie brauchte, und rollte sich wieder auf seine Seite des Bettes. Er würde ihr Spiel mitspielen, solange es dauerte. Keine Berührungen, keine überflüssigen Worte. Vielleicht war das nach allem, was in den letzten Monaten passiert war, genau das Richtige für ihn.

***

Laura wollte sich der Entspannung überlassen, wie sie es immer tat. Sich der Leere hingeben, die sie dann erfüllte, und dem wunderbaren Gefühl in ihrem Unterleib nachspüren, ohne irgendetwas um sich herum wahrzunehmen.

Stattdessen waren ihre Sinne geschärft, seit sie sich von Marcus weggedreht hatte. Sie wusste, dass er ein wenig zu ihr hingerückt war. Sie hatte seinen Atem einen Herzschlag lang warm auf ihrer Schulter gespürt. Angespannt lauschte sie auf das kleinste Geräusch, das ihr verraten würde, was er tat. Würde er sie berühren? Sie konnte beinahe spüren, wie seine Hand über ihren Arm glitt, stellte sich vor, wie es sich anfühlen würde, wenn er ihre Schulter streichelte und dann ihren Nacken küsste. Wünschte es sich fast.