Coen (Pittsburgh Titans Team Teil 4) - Sawyer Bennett - E-Book
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Coen (Pittsburgh Titans Team Teil 4) E-Book

Sawyer Bennett

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Beschreibung

Coen Highsmith war ein Ligastar, aber er verlor mehr als sein Team an dem Tag, an dem das Flugzeug der Pittsburgh Titans abstürzte. Kann er aus seiner Abwärtsspirale aus Schuld und Bedauern gerettet werden, um der Mann zu werden, der er einmal war? Ich hatte alles – eine erfolgreiche Eishockeykarriere, den Respekt und die Bewunderung der Fans und viele schöne Frauen, die mein Bett wärmten. Aber das änderte sich an dem Tag, an dem das Teamflugzeug abstürzte. Jetzt bleibt mir nur die tägliche Erinnerung an all meine Fehler. Meine neuen Teamkollegen haben meine schlechte Einstellung satt und nach meiner Suspendierung verkrieche ich mich in einer Berghütte, um dem ganzen Trubel zu entfliehen. Die Isolation ist genau das, was ich brauche, und ich könnte mit dieser Stille für immer zufrieden sein. Tillie Marshall ist nicht der Typ Frau, der normalerweise meine Aufmerksamkeit erregen würde - aber sie schafft es aus den falschen Gründen. Die schrullige Künstlerin fällt nämlich die Bäume zwischen unseren Grundstücken, damit sie ein Töpferstudio eröffnen kann. Wenn sie Krieg mit mir will, kann sie ihn bekommen! Leider erzeugt diese nervtötende Nachbarin noch ein ganz anderes Gefühl in mir. Und als der Funke erst einmal übergesprungen ist, zeigt Tillie ein Vertrauen in mich, an das ich zum ersten Mal seit dem Unfall verzweifelt glauben möchte. Jetzt ist es an der Zeit für mich, ein besserer Mann zu werden, als ich es einst war.  Teil 4 der Reihe rund um das Team der Pittsburgh Titans von New York Times-Bestsellerautorin Sawyer Bennett

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Sawyer Bennett

Pittsburgh Titans Teil 4: Coen

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Joy Fraser

© 2022 by Sawyer Bennett unter dem Originaltitel „Coen: A Pittsburgh Titans Novel“

© 2023 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg

(www.art-for-your-book.de)

ISBN Print: 978-3-86495-620-1

ISBN eBook: 978-3-86495-621-8

Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig. 

Dieses Buch darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin weder in seiner Gesamtheit noch in Auszügen auf keinerlei Art mithilfe elektronischer oder mechanischer Mittel vervielfältigt oder weitergegeben werden. Ausgenommen hiervon sind kurze Zitate in Buchrezensionen.

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Autorin

Kapitel 1

Coen

Seit dem Flugzeugunglück ist die Atmosphäre im Stadion der Titans geradezu elektrisierend. Jetzt, wo die Play-offs in vollem Gange sind und die Titans sich einen Platz verdient haben, ist die Energie, die von den Fans ausgeht, fast nicht mehr zu ertragen.

Zumal ich im Oberrang des Stadions sitze und mein Team aus der Ferne beobachte.

Ich habe keinen blassen Schimmer, warum ich hier bin.

Ich habe meinen Standpunkt klargemacht. Eishockey ist mir inzwischen scheißegal.

Und doch bin ich hier.

Und schaue meinem Team zu.

Ist es immer noch mein Team, nachdem ich nur durch meine eigene Schuld suspendiert worden bin? In dem Bruchteil einer Sekunde, bevor ich den Schiri angriff, wusste ich, dass es das Ende für mich in dieser Saison bedeutete. Ich kann mich nicht einmal auf eine Affekthandlung berufen, denn ich wusste genau, was ich tat. Und was noch wichtiger ist: Ich kannte die Konsequenzen.

Bis jetzt hat mich niemand erkannt. Es ist drei Wochen her, dass ich für den Angriff suspendiert worden bin. Ich habe mir einen Bart wachsen lassen, nicht aus Solidarität mit meinen Mannschaftskameraden, die sich während der Play-offs Bärte wachsen lassen, sondern weil ich keine Lust habe, mich zu rasieren. Und da ich in Stones Blockhaus tief im Wald wohne, habe ich gerade so ein Einsiedler-Ding am Laufen.

Ich trage eine tief ins Gesicht gezogene Kappe und meine Brille. Nicht der Tarnung wegen, sondern weil ich meine Kontaktlinsen nicht rechtzeitig nachbestellt habe. Der ganze Look erlaubt es mir, hier oben in der Menge der Fans zu sitzen, die zu sehr von Play-off-Energie und Bier angeheitert sind, um mir allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Falls mich doch jemand erkennt, dann ist es eben so. Ich bin jetzt nur noch ein ganz normaler Fan wie alle anderen.

Es ist das dritte Spiel in der ersten Runde der Play-offs. Die ersten beiden Spiele wurden gegen die New Jersey Wildcats ausgetragen, die Heimvorteil hatten. Sie haben den Titans in beiden Spielen ordentlich den Hintern versohlt.

Ich glaube keineswegs, dass es daran lag, dass ich nicht dabei war, um zu helfen. Ja, es war für alle hart, mich und unseren Hauptgoalie Jesper Keane zu verlieren, aber ich habe sowieso nicht viel beigetragen. Manche würden sagen, dass ich dem Team mit meiner beschissenen Einstellung eher geschadet habe.

Abgesehen davon ist es für das Team einfach schwer, nach der Tragödie des Unglücks zusammenzufinden. Es ist unrealistisch, von uns zu erwarten, dass wir auf dem Eis so etwas wie Synchronizität und Zusammenhalt haben. Play-off-Teams haben normalerweise Monate Zeit, um sich in all den Dingen zusammenzufinden, die man braucht, um auf höchstem Niveau zu spielen, und das war bei den Titans einfach nicht der Fall.

Das ist weder schockierend noch unerwartet. Die Chancen des Teams, in dieser Saison etwas zu erreichen, sind nach dem Unglück unglaublich gering gewesen, und es ist eine erstaunliche Leistung, überhaupt die Play-offs erreicht zu haben.

Allerdings werden sie nicht lange hier sein.

Bei einem Rückstand von 3:0 und nur noch fünf Minuten im dritten Drittel wird dies als eine weitere Niederlage verbucht werden, und sie sind nur noch ein Spiel vom Ausscheiden entfernt.

Ich bin nicht traurig, aber ich habe Mitleid mit den Jungs auf dem Eis, die sich ins Zeug legen, um den Fans einen Sieg zu schenken. Sie geben alles, was sie haben, aber es wird nicht genug sein.

Ich überlege, ob ich der Massenflucht hier zuvorkommen soll, bevor der Buzzer ertönt. Ich habe etwas mehr als dreieinhalb Stunden Fahrt vor mir, um zu Stones Blockhaus zu kommen. Ich bin an dem Tag eingezogen, an dem er mir die Schlüssel gegeben hat, und das ist das erste Mal seitdem, dass ich die kleine Stadt Coudersport verlasse.

Ich weiß immer noch nicht, was mich dazu bewogen hat, mir dieses Spiel in Pittsburgh anzusehen, aber ich konnte mir nicht helfen.

Es ist nichts als Folter.

Selbstgeißelung.

Mich zu zwingen, das zu sehen, was ich freiwillig aufgegeben habe.

Und ich habe es aufgegeben, auch wenn ich hier bin. An dem Tag, an dem Brienne und Callum mich über die Suspendierung informiert haben, sagte ich ihnen, dass ich endgültig fertig sei.

Ich war wie betäubt, als ich in Briennes Büro saß. Die coole Erbin des Norcross-Vermögens, die nach dem Unfalltod ihres Bruders nun alleinige Besitzerin der Titans ist, betrachtete mich nicht unterkühlt, sondern mit einer Wärme und einem Verständnis, die ich nicht verdient habe. Ja, sie war stinksauer, dass ich den Schiedsrichter angegriffen habe, kurz nachdem ich in New York wegen Körperverletzung und Trunkenheit verhaftet worden war. Aber ihr Blick sagte ohne Worte, dass sie mich verstand.

Ich bin froh darüber, denn ich verstand es verdammt noch mal selbst nicht.

Ich verstand gar nichts mehr auf dieser Welt.

„Coen.“ Mein Name kam ihr sanft und unnachgiebig zugleich über die Lippen. „Du hast sicher das Recht, gegen die Suspendierung Einspruch zu erheben.“

„Das werde ich aber nicht“, erwiderte ich. „Ich bin fertig.“

Brienne war entnervt und tauschte einen Blick mit unserem Geschäftsführer Callum Derringer aus, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich richtete. Ich wartete darauf, dass sie mir die gleiche Scheiße an den Kopf werfen würde, wie Gage, Baden und Stone es getan hatten.

Du bist zu gut, um einfach aufzuhören.

Das Team braucht dich.

Du kannst dich davon wieder erholen.

Ich habe mich innerlich gewappnet, dass Brienne mich bitten wird, meine Karriere nicht aufzugeben, und die Bitte abzulehnen.

Doch sie kam nicht.

Stattdessen nickte sie. „Ich werde dich nicht anflehen, zu bleiben. Ich werde dir nicht sagen, dass du eine Karriere wegwirfst, die der Hall of Fame würdig ist. Ich werde dir nicht einmal sagen, dass dieses Team darunter leiden wird, wenn du weg bist, denn ich werde jemanden finden, der dich ersetzt.“

Ich war so verblüfft über ihre Worte und die sachliche Art, mit der sie sie vortrug, dass mir die Kinnlade leicht herunterfiel.

„Ich werde nicht versuchen, dich in irgendeiner Weise zu beeinflussen“, fuhr sie fort, und ihre Augen fixierten die meinen mit einer Intensität, die mich tief traf. „Aber ich will kein Wort mehr darüber hören, dass du aufgibst oder aufgeben willst, bis das Trainingslager im September beginnt. Du willst alles hinter dir lassen? Gut. Aber du erweist dir selbst einen schlechten Dienst, wenn du es jetzt tust. Du brauchst eine Auszeit von allem. Von dem Schrecken des Unglücks und den Schuldgefühlen, die dich auffressen. Und von dem Druck, auf dem Eis mit einem Team zu spielen, das weder das Team ist, das du willst, noch das Team, das du jemals wieder haben kannst, weil sie alle tot sind.“

Ich warf einen Blick auf Callum, der aufmerksam zuhörte, aber seinen Blick aus dem Fenster auf die Skyline von Pittsburgh jenseits des Flusses gerichtet hatte.

Und dann machte sie es mir unmöglich, nicht zu tun, was sie verlangte.

„Ich kenne dich überhaupt nicht, Coen.“ Ihre Augen schienen ein wenig feucht zu werden und sie lächelte traurig. „Aber mein Bruder war ein großer Fan von dir. Er hielt dich für einen der größten Sporthelden, die diese Stadt je gesehen hat, und ich weiß, dass ihr euch gegenseitig respektiert habt.“

Das war verdammt gemein, weil ich ihm den Beginn meiner Karriere zu verdanken habe. Wäre er nicht in diesem Flugzeug gewesen und wäre er derjenige gewesen, der mich gebeten hätte, in diesem Team zu bleiben, wäre es mir schwergefallen, zu gehen.

„Ich bitte dich, Adam zu ehren und das Team nicht zu verlassen, bevor du im Sommer über alles nachgedacht hast.“

Letztlich versprach ich ihr das, aber innerlich überkreuzte ich die Finger bei der Lüge. Ich wusste im Grunde meines Herzens, dass ich keinen Fuß mehr aufs Eis setzen konnte, weil ich diesen kostbaren Platz nicht verdiente. Wenn Brienne meine Antwort nicht vor dem Trainingslager haben wollte, konnte ich bis dahin den Mund halten.

Die Menge bricht in ein Gebrüll aus, das fast das Gebäude erschüttert und mich aus meinen Erinnerungen reißt. Tausende und Abertausende von Titans-Fans springen auf und schreien, als wir ein Tor schießen. Ich begreife erst gar nicht, was genau passiert ist, und muss auf den Großbildschirm schauen, um die Wiederholung zu sehen, während die Jungs auf dem Eis jubeln.

Und sieh einer an!

Boone Rivers hat ein Tor geschossen.

Der Typ, der mich ersetzt hat.

Ein schöner Spielzug, eine flotte Rückhand nach einem Pass von Gage, die direkt über die rechte Schulter des Torwarts geflogen ist.

Schön für Boone.

Der Typ neben mir schubst mich an und ich schaue zu ihm hoch. Ich bin der Einzige, der in diesem Gedränge noch sitzt. Der Mann hat einen riesigen Bierbauch und einen Schnurrbart, der nicht groß genug ist, um sein freudiges Grinsen zu verbergen, als er mir seine Handfläche zum Abklatschen hinhält. Ich lächele und schlage ein. Nicht, weil mir danach ist, sondern weil ich nicht auffallen will, indem ich nicht das tue, was jeder vernünftige Fan tut.

Der Mann dreht sich wieder um und brüllt zusammen mit der Menge: „Titans, Titans, Titans.“

Ich stehe auf und dränge mich an einer Handvoll Leuten vorbei zur Treppe, die nach unten führt. Ich bin wirklich froh, dass Boone gepunktet hat. Freue mich, dass meine Mannschaftskameraden das erleben dürfen. Verdammt, ich bin sogar stolz auf das, was wir erreicht haben. Und doch hat mir das alles nur wieder vor Augen geführt, dass das nicht mehr mein Leben ist.

Ich brauche eine gute Viertelstunde, um das Stadion zu verlassen und mich auf den Weg zu meinem Mercedes der G-Klasse zu machen. Vor dem Unglück war dieser Wagen mein ganzer Stolz. Ich liebe Luxusautos, und neben diesem Panzer habe ich auch noch einen Maserati. Das sind so dumme Dinge, die man anhimmelt, und ich werde mich bald von diesen Oberflächlichkeiten trennen.

Das wird nicht schwer, wenn man bedenkt, dass mir heutzutage nichts mehr Freude bereitet.

Außer einer Sache. Stones Blockhaus.

Es liegt versteckt auf einem fast acht Hektar großen abgelegenen Waldstück, ein paar Meilen außerhalb der Gemeinde Coudersport. Die winzige Stadt ist der Hauptort des sehr dünn besiedelten Potter County. Sie liegt in einem Tal, das von der Allegheny-Hochebene umgeben ist, wo der Mill Creek River in den Allegheny River mündet, der bis nach Pittsburgh fließt. In der Stadt selbst leben nicht mehr als ein paar Tausend Menschen, und ich genieße die Ruhe und den Frieden mehr, als es irgendjemandem zusteht. Wenn es etwas gibt, was ich mit meinem Geld tun möchte, dann ist es, mir diesen Frieden zu sichern.

Ich starte den Geländewagen, aber bevor ich den Parkplatz verlasse und mich auf die lange Fahrt nach Nordosten begebe, schreibe ich Stone eine Nachricht. Ich sage ihm nicht, wie toll er gespielt hat, sondern komme direkt zur Sache.

Magst du mir das Blockhaus verkaufen? Ich zahle einen guten Preis.

Ich rufe mein iTunes auf und wähle eine Wiedergabeliste, die hauptsächlich aus Hardrock und Metal besteht. Ich drehe die Lautstärke auf und lasse die Klimaanlage laufen. Ich habe beschissen geschlafen und die Fahrt wird brutal werden. Ich könnte in meiner Wohnung auf der anderen Seite des Flusses übernachten, aber dort kann ich es nicht mehr ertragen.

Diese Stadt ist nicht mehr mein Zuhause.

Kapitel 2

Tillie

„Bist du sicher, dass das ein Wanderpfad ist?“

Ich werfe einen Blick über die Schulter auf meine beste Freundin Ann Marie, die nach einem Insekt schlägt und dann über eine Wurzel stolpert. Ihr kastanienbrauner Pferdeschwanz schwingt, während sie sich abfängt.

Ich kichere und richte den Blick wieder auf den Weg, damit ich nicht stolpere. „Ja, es ist ein Pfad. Wenn du Schotter oder Beton erwartet hast, tut es mir leid, Stadtkind.“

Ann Marie lacht, denn sie kommt aus demselben kleinen Städtchen – Coudersport – wie ich. Aber sie hat in Pittsburgh studiert und behauptet, dass sie die Hektik des Lebens dort vorzieht.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihr das wirklich abnehme, seit sie vor einem Jahr nach Hause gezogen ist, um an der kombinierten Junior- und Senior-Highschool zu unterrichten, aber ich ziehe sie damit nicht auf. Ich bin froh, sie zurückzuhaben.

„Und du kommst hierher und machst das jeden Tag, ja?“, fragt sie skeptisch, denn ich bin nicht für meine große Liebe zur Natur bekannt.

„Solange das Wetter mitspielt.“

Einer der Gründe, warum ich dieses Grundstück gekauft habe, ist die natürliche Schönheit der tiefen Wälder, der sprudelnden Bäche und der zahlreichen Wildtiere. Die Vorbesitzer haben überall Wanderwege angelegt, und ich habe vor, sie zu nutzen. Es liegt zwar außerhalb meiner Komfortzone, aber ich möchte mich weiterentwickeln und wachsen. Ich bin jetzt auf mich allein gestellt, und noch nicht fertig mit der Entwicklung.

„Aber du bist doch gar kein Outdoor-Fan“, stellt Ann Marie fest. „Du bist eher die Art von Person, die am Fenster sitzt und die Landschaft zeichnet.“

„Ich probiere gern neue Dinge aus.“ Ich drehe mich um und gehe eine kleine Böschung hinab, wo dicke Baumwurzeln eine Art Treppe gebildet haben. Außerdem habe ich für dieses Land bezahlt, als ich die Blockhütte kaufte, die sich darauf befindet, und ich werde es nicht verkommen lassen. Ich habe festgestellt, dass ich die Ruhe der Natur mag, und sie spricht meine künstlerische Seite an.

„Was ist mit Bären?“ Ein Hauch von Angst schwingt in Ann Maries Stimme mit. „Ich meine, sie kommen aus dem Winterschlaf und so.“

„Die haben mehr Angst vor uns als wir vor ihnen“, sage ich mutig. Ich weiß zwar nicht, ob das stimmt, aber ich glaube, ich habe das mal jemanden bei Masha’s sagen hören. „Solange wir Lärm machen, damit sie wissen, dass wir kommen, werden sie vor uns weglaufen.“

Glaube ich.

Kann sein.

Außerdem … fressen die nicht Beeren und so?

„Wie lange noch?“, fragt sie und schlurft schnaufend die Böschung hinunter.

„Nicht mehr lange.“ Ich zeige auf einen kleinen Bergrücken, der von hoch aufragenden Eichen und Weiden beschattet wird. Mithilfe von Google Lens konnte ich viele der einheimischen Pflanzen identifizieren und etwas über sie lernen, und ich möchte sie in meine Kunst einbeziehen.

Wir wandern schweigend und keuchen beide, nachdem wir den Höhenunterschied überwunden haben. Oben auf dem Kamm halte ich an, damit Ann Marie aufholen kann. Als sie hinunterschaut, seufzt sie.

„Oh, wow.“

„Siehst du?“, rufe ich aus und nicke. „Habe ich dir nicht gesagt, wie schön es ist?“

„Das ist es wert, von einem Bären gefressen zu werden“, murmelt sie anerkennend.

„Oder einem Puma“, werfe ich ein. Ann Marie sieht mich ruckartig an und ich grinse. „Komm, essen wir etwas.“

Ich habe meine Freundin zu diesem kleinen Juwel von einem Ort gebracht, nur um ihn mit ihr zu teilen. Eine bewaldete Schlucht, durch die ein plätschernder Bach fließt, dessen Ufer mit Farnen und Berglorbeer bewachsen ist. Er windet sich über einen abfallenden Hügel und bildet einen kleinen Tümpel. Nicht groß genug zum Schwimmen, aber sicherlich ausreichend, um die Füße darin zu baden, indem man sich auf den Felsen darüber setzt. Es ist der perfekte Ort, um sich nach einer anstrengenden Woche auszuruhen und zu entspannen.

Wir schlendern den Pfad zum Bach hinunter, während Ann Marie mir von den neuesten Ereignissen in der Schule erzählt. Siebtklässler in Geschichte zu unterrichten, ist nichts für schwache Nerven.

Als wir den Felsen erreichen, lassen wir uns nieder und ich packe das Nötigste aus meinem Rucksack aus. Eine kleine Dose Geflügelsalat, den ich heute Morgen gemacht habe, zwei Äpfel und eine Flasche Moscato, die noch gut gekühlt ist, da dieses kleine Stückchen Wald nur etwa zwanzig Minuten Fußweg von meinem Garten entfernt ist.

Ann Marie begutachtet den Wein und ich zeige ihr die Genialität eines Drehverschlusses. Ich nehme einen Schluck und reiche die Flasche an sie weiter. „Tut mir leid, ich wollte keine Weingläser hierhin mitnehmen.“

„Und warum sollte man sich die Mühe machen, Picknicktassen zu benutzen, wenn man direkt aus der Flasche trinken kann, nicht wahr?“

Sie hebt die Flasche zum Mund und nimmt einen Schluck, bevor sie sie mir zurückgibt.

Ich ziehe Servietten und zwei Gabeln hervor. Wir teilen uns den Geflügelsalat und den Wein, und ich weiß, dass wir das nicht zum letzten Mal tun werden.

„Wir könnten hier eine Nacht zelten“, überlegt Ann Marie, während sie sich umschaut. „Wir könnten auch Hayley und Erica einladen.“

Ich schnaube bei der Vorstellung. „Das ist ja, als würden die Blinden Blinde führen. Es ist eine Sache, am helllichten Tag im Wald zu wandern. Es ist eine andere, hier draußen im Dunkeln zu campen. Wir wissen nicht einmal, wie man ein Feuer macht, und wenn wir das jemals herausfinden, werden wir wahrscheinlich den ganzen Wald abbrennen.“

„Leider wahr.“ Ann Marie lacht. Sie nimmt einen Apfel und dreht ihn in ihrer Hand, um ihn zu untersuchen, bevor sie hineinbeißt. „Also, wie sieht es mit dem Studio aus?“

Ich seufze, setze die Flasche an den Mund und nehme einen kräftigen Schluck. „Ich glaube, ich habe es endlich durch alle Stufen der Bürokratie geschafft. Nächste Woche kommt der Bauleiter, um die Pläne durchzugehen.“

Ann Marie quiekt erfreut. „Ich bin so aufgeregt. Du wirst dir deinen Traum erfüllen und niemand hat das mehr verdient als du.“

„Das hoffe ich auch.“ Ich lächele und würde gern zuversichtlich wirken, aber ich fürchte, ich habe mir zu viel vorgenommen. Vor sechs Monaten erschien es mir wie ein alberner Wunschtraum, als ich beschloss, mein Erbe zu nutzen, um das Grundstück zu kaufen und neben der kleinen Blockhütte mit zwei Zimmern ein Kunststudio zu bauen. Es war einfach, das Grundstück zu finden, und meine Eltern hatten großzügige Lebensversicherungen abgeschlossen. Das Grundstück für eine kombinierte Wohn- und Gewerbenutzung auszuweisen, hat einige Zeit und viel Mühe gekostet, aber schließlich habe ich es geschafft.

Und jetzt ist es verdammt beängstigend, wenn ich daran denke, dass die Bauarbeiten Ende des Monats beginnen werden. Augen zu und durch. Aber ich weiß, dass meine Mutter und mein Vater es so gewollt hätten.

Ann Marie greift nach der Flasche. „Denkst du an sie?“

Ich nicke und schaue weg, um den Wald zu betrachten. Er sieht aus wie der Wald, durch den Robin Hood geritten sein könnte. Die Bäume stehen weit auseinander, aber durch die dichten Baumkronen dringt nur gedämpftes Sonnenlicht auf den Boden, der mit Schichten von totem Laub bedeckt ist. An den Hängen wachsen üppige grüne Pflanzen und Büsche, und Eichhörnchen wuseln auf der Suche nach Nahrung umher. Ich bin hier schon einmal gewandert und habe Rehe gesehen und bin nicht sicher, wer mehr Angst hatte, sie oder ich.

Es ist wirklich eine andere Welt. Und deshalb freue ich mich so darauf, das Studio zu eröffnen, weil ich so viel Inspiration aus den greifbaren Erlebnissen ziehe. Jetzt, wo ich ein echtes Naturmädchen bin und das Wandern zu meinem Repertoire an künstlerischer Stimulation hinzugefügt habe, kann ich es kaum erwarten, zu sehen, wohin meine Kreationen führen.

„O nein, ich muss pinkeln“, verkündet Ann Marie. „Wie lange hat es gedauert, hierher zu kommen? Etwa zwanzig Minuten? Wie nervig, den ganzen Weg zurücklaufen zu müssen, um auf die Toilette zu gehen.“

Ich breche in Gelächter aus und Ann Marie legt den Kopf schief. „Was ist daran so lustig?“

„Du musst nicht zu mir nach Hause, um auf die Toilette zu gehen. Du gehst einfach in die freie Natur.“

Ann Marie blickt sich wild um, bevor sie mich ansieht. „Was? Auf keinen Fall! Ich werde nicht in der Öffentlichkeit pinkeln.“

Ich schwenke meinen Arm und deute in die Gegend. „Wer soll dich denn sehen? Die Eichhörnchen?“

Sie knabbert mit zweifelnder Miene an ihrer Lippe und schüttelt dann den Kopf. „Nein. Ich werde es einfach einhalten.“

Ich stoße ein gespielt genervtes Stöhnen aus und richte mich auf. „Ich muss auch pinkeln und ich werde nicht warten.“

„Du gehst einfach in die Hocke?“, fragt sie erstaunt. „Und dann? Lufttrocknen lassen? Oder ein Blatt zum Abwischen benutzen?“

Ich rümpfe die Nase. „Wofür hältst du mich, für eine Barbarin?“ Ich greife in meinen Rucksack und ziehe einen Zip-Beutel heraus. „Papiertaschentücher und ein zusätzliches Tütchen für die Entsorgung.“

„Genial“, ruft Ann Marie aus, doch dann verhärtet sich ihre Miene. „Aber nein, ich verzichte trotzdem.“

„Weichei“, sage ich und fühle mich wie eine erfahrene Naturforscherin, als ich vom Felsen springe und dem Pfad um eine kleine Biegung folge, wo ich eine Ansammlung von Berglorbeer sehe, die ich als Sichtschutz nutzen kann. „Bin gleich wieder da.“

„Lass dir Zeit“, sagt Ann Marie und hebt die Weinflasche auf.

Ich eile den Pfad hinunter zum Gebüsch und schaue mich um. Ich sehe nichts als ausgedehnten Wald und höre nichts als das Zwitschern der Vögel in den Baumkronen.

Oh, und ich höre Ann Marie, die About Damn Time von Lizzo singt, was mich zum Lachen bringt. Das ist eine unserer Lieblingssängerinnen, vor allem, weil sie sich für Selbstliebe einsetzt, unabhängig von Größe und Figur.

Ich lege den Zip-Beutel auf den Boden, stelle mich so hin, dass mein Hintern von der Schräge des Hügels abgewandt ist, damit ich mich nicht anpinkle, und ziehe meine Shorts hinunter.

Normalerweise bin ich kein übermäßig schüchterner Mensch, aber nachdem ich in die Hocke gegangen bin, dauert es eine Minute, bis sich mein Gehirn und meine Blase verbunden haben. Als ich endlich loslegen kann, seufze ich erleichtert, denn es wäre mir peinlich gewesen, zuzugeben, dass ich für eine Toilettenpause nach Hause gehen muss.

Irgendwo knackt ein Zweig. Ich drehe den Kopf in diese Richtung. Das wirft mich fast aus dem Gleichgewicht, aber ich kann mich abfangen. Weitere Äste knacken, und es klingt nach etwas, was viel größer ist als ein Eichhörnchen, aber ich kann durch den dichten Lorbeer, hinter dem ich hocke, nichts erkennen.

Schnell greife ich nach der Tüte, schnappe mir die Taschentücher und wische mich ab. Noch in der Hocke stecke ich sie zurück in die Tüte, damit ich sie zu Hause wegwerfen kann. Was auch immer sich da durch den Wald bewegt, es kommt näher, und zwar schnell.

Sehr, sehr schnell.

Nur scheint der Eindringling jetzt von hinten zu kommen und ich bin verwirrt. Vielleicht werden die Geräusche von den Gipfeln und Tälern des Waldes reflektiert, aber ich bin überzeugt, dass es ein Bär ist. Ein verdammter Bär, der aus dem Winterschlaf erwacht und hungrig auf eine kurvige, weinselige Frau ist.

„Scheiße“, murmele ich, als ich aufstehe und zuerst mein Höschen hochziehe. Ich greife nach meinen Shorts und fange an, auch sie hochzuziehen, aber das Geräusch ist so nah, dass ich nicht länger warten kann. Ich fange an, zu rennen, während ich versuche, meine Kleidung wieder an ihren Platz zu zerren. Ich komme um das Gebirgslorbeerdickicht herum und stoße mit etwas so Hartem zusammen, dass ich rückwärts auf den Hintern falle, der nur halb von meinen Shorts bedeckt ist.

Ich schreie erschrocken auf und warte darauf, dass sich der Bär auf mich stürzt, stelle aber dann fest, dass es gar keine haarige Bestie ist.

Es ist ein Mann.

Ein ausgesprochen unbehaarter Mann, denn er trägt kein Hemd und hat eine glatte, schweißüberströmte Brust. Tropfen rinnen über den Waschbrettbauch bis hinunter in die tief sitzenden Laufshorts.

Mein Blick wandert wieder nach oben und kommt zum Stehen. Ich nehme zwei Dinge auf einmal wahr. Der Mann sieht unfassbar gut aus, mit seinem dunklen, zerzausten Haar und den noch dunkleren Augen, auch wenn er verschwitzt ist und keucht, was ich auf einen anstrengenden Lauf zurückführe. Er hat zwar einen kurzen Bart, aber das macht ihn nicht zu einem Bären.

Er starrt mich an, wie ich auf dem Boden liege, mit meinen Shorts nur knapp über meinem weißen Höschen. Ich ziehe sie hektisch hoch, schaffe es irgendwie, sie beim ersten Versuch zuzuknöpfen, und komme auf die Beine, ohne den Reißverschluss zu schließen.

Als ich mich zu ihm umdrehe, kommt Ann Marie um die Büsche herumgeeiert, hat die Weinflasche am Hals gepackt und geht zum Angriff über. „Geh weg von ihr!“, knurrt sie und schwingt ihre provisorische Waffe.

Der Mann zuckt nicht zurück, sondern zieht die Stöpsel aus seinen Ohren. „Es ist nicht nett, einen Mann auf seinem eigenen Grundstück zu bedrohen. Das ist übrigens unbefugtes Betreten.“

„Gar nicht!“, rufe ich und ziehe an meinem Reißverschluss. „Das ist mein Grundstück. Und mein Wanderpfad.“

„Irrtum“, sagt er schlicht.

„Nein! Du hast unrecht“, erwidere ich.

„Wie lautet deine Adresse?“, fragt Ann Marie und hält die Weinflasche immer noch leicht erhoben.

„Honeycutt Road.“ Der Mann zeigt in die Richtung, aus der er gerannt gekommen ist.

Honeycutt Road? „Dein Grundstück muss gegenüber von meinem liegen“, murmele ich und überlege, ob ich tatsächlich ein Eindringling bin. Aber dann beschließe ich, dass es lächerlich ist, sich darüber aufzuregen. „Hör mal, ich bin Tilden Marshall. Meine Freunde nennen mich Tillie. Wir sind wohl Nachbarn.“

Ich trete vor und strecke meine Hand aus, dann merke ich, dass er sie wahrscheinlich nicht schütteln will, weil ich gerade fertig gepinkelt habe. Ich lasse sie fallen und wische meine Handfläche an der Rückseite meiner Shorts ab. Der Mann starrt mich verärgert an. „Und wie heißt du?“, frage ich.

Ann Marie schaut nur zu, bereit, ihn zu verprügeln.

„Coen“, sagt er knapp und steckt sich die Kopfhörer wieder in die Ohren. „Und du bist unerlaubt auf meinem Grundstück. Bleib in Zukunft von meinem Land.“

Und damit rennt er los, direkt an uns vorbei. Wir drehen uns um und sehen zu, wie er den Weg mühelos bewältigt, indem er großen Wurzeln und unebenen Stellen ausweicht.

Mein Gott. Ich kann kaum auf diesen Pfaden laufen, ohne mir den Knöchel zu verstauchen. Das ist eine tolle Leistung.

„Hast du diese Bauchmuskeln gesehen?“, flüstert Ann Marie.

„Heiliges Achtpack, Batman“, flüstere ich zurück. Nicht, dass er uns hören könnte. Er ist längst fort.

„Aber unfreundlich.“

„Sehr unfreundlich.“

„Aber heiß, oder?“, fragt sie zur Klarstellung.

„Sehr heiß.“

Wir brechen in Gelächter aus und sie bietet mir traurig die leere Weinflasche an. „Ich habe sie ausgekippt, um sie als Waffe benutzen zu können.“

„O nein!“, rufe ich aus. „Ich könnte jetzt einen Drink gebrauchen. Der Mann hat mich beim Pinkeln erwischt und ich habe die Hose nicht hochbekommen und dann bin ich hingefallen und Scheiße, Ann Marie … ich habe heute einen Oma-Schlüpfer an.“

Meine beste Freundin auf der Welt, meine heimliche Verbündete, kichert. „Ich hätte Geld bezahlt, um das zu sehen.“

Ich stoße sie mit dem Ellbogen an und rolle mit den Augen. „Komm schon. Lass uns zusammenpacken und zu mir nach Hause gehen. Ich habe noch eine Flasche im Kühlschrank.“

Kapitel 3

Coen

Ich wische den Duschdampf vom Spiegel über dem Waschbecken ab, betrachte mein Spiegelbild und fahre mit den Fingern durch mein Haar. Es ist lang geworden. Ich glaube, es gefällt mir ganz gut so, was bedeutet, dass ich keine Lust habe, in die Stadt zu fahren und es schneiden zu lassen.

Ich drehe den Kopf erst nach links, dann nach rechts, reibe mir den Bart, den ich mir in den letzten zwei Monaten habe wachsen lassen, und stelle fest, dass es an der Zeit ist, ihn loszuwerden.

Und das nicht nur, weil die Play-offs vorbei sind.

Ja, vielleicht habe ich ihn unbewusst wachsen lassen, während ich in meinem Blockhaus in Coudersport die Play-offs verfolgt habe. Ein Grund war einfach Faulheit, aber auch Gewohnheit. Ich hatte das Glück, während meiner gesamten Karriere bei den Titans zu spielen, und wir haben es jedes Jahr in die Play-offs geschafft. Ich bin es gewohnt, mir einen Bart wachsen zu lassen, also ja … Gewohnheit und Faulheit sind der Grund, warum ich ihn noch habe.

Aber jetzt sind die Play-offs vorbei, und zu niemandes Überraschung haben die Arizona Vengeance den Pokal geholt. Und sie haben ihn sich verdammt noch mal verdient.

Es ist jetzt zweieinhalb Monate her, dass ich vom Team suspendiert wurde und gegangen bin. Fast sieben Wochen ist es her, dass ich nach Pittsburgh gefahren bin, um die Titans in den Play-offs zu sehen. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor.

Ich krame im Schrank unter dem Waschbecken herum, ziehe meinen Elektrorasierer heraus und setze den Barttrimmer auf. Ich lehne mich über das Waschbecken, fahre damit durch das grobe Haar und es fällt mir aus dem Gesicht.

Es ist, als würde ich wiedergeboren werden und die letzten Reste meines Eishockey-Ichs ablegen. Ich schäume mich ein und rasiere die Stoppeln ab, in der Erwartung, einen neuen Menschen zu sehen. Leider ist es derselbe alte, enttäuschende Arsch, der schon da war, bevor ich unter die Dusche gegangen bin, nur jetzt ohne Bart.

Seufzend löse ich das Handtuch von meinen Hüften und werfe es zum Trocknen über den Rand der Dusche. Ich putze mir die Zähne, setze Kontaktlinsen ein und gehe ins Schlafzimmer, wo ich meine Kleidung inzwischen aus den Koffern in die Schubladen geräumt habe.

Sobald ich angezogen bin, gehe ich in die Küche, um Frühstück zu machen. Ich bin schon seit zwei Stunden auf den Beinen, weil ich vor dem Duschen noch trainiert habe. Stone hat einen bisher nicht ausgebauten Keller, den ich mit Gewichten aufgestockt habe, denn ich will auf keinen Fall im örtlichen Fitnessstudio auf mich aufmerksam machen.

Ich brate ein paar Eier mit Toast und esse im Stehen an der Theke, während ich aus dem Fenster in den Garten schaue. Er ist etwa viertausend Quadratmeter groß und besteht aus dichtem, grünem Gras, das ringsherum von Wald umgeben ist. Weitere sechs Hektar gehören zum Grundstück. Das Haus liegt etwas abseits der Straße, sodass ich relativ abgeschieden bin, und ich liebe es, dass ich keine einzige verdammte Seele sehen muss.

Als ich mit dem Essen fertig bin, räume ich den Teller und die Pfanne weg und wische über die Theke. In den letzten Monaten bin ich tatsächlich ein kleiner Ordnungsfanatiker geworden. Was wohl bedeutet, dass ich vorher ein Dreckschwein war. Aber ich war verdammt beschäftigt, und es war mir egal, ob sich mein schmutziges Geschirr stapelte. Wenn man arbeitslos ist und nirgendwo hingehen will, hat man viel Zeit zum Putzen. Der einzige Ort, an den ich gehe, ist der Supermarkt, und das ist eine Notwendigkeit, da es im Ort keine Annehmlichkeiten wie eine Lebensmittellieferung gibt. Ich gehe frühmorgens hin, in der Hoffnung, nicht erkannt zu werden, aber es ist dennoch passiert. Ein paar Leute haben sich die Augen gerieben, und einer hat mich ganz offen gefragt, ob ich Coen Highsmith sei.

Ich war versucht, Nein zu sagen. Ich sah anders aus mit den längeren Haaren und dem Bart, und ich trug immer noch die Brille, weil ich meistens nicht an die Kontaktlinsen denke. Aber ich habe nicht gelogen, denn Lügen haben meine ganze Welt vergiftet, und so ein Mensch kann ich nicht mehr sein. Ich lächelte, posierte für ein Selfie und gab ein Autogramm auf einem Einkaufszettel.

Am Ende war es gar nicht so schlimm.

Vielleicht werde ich eines Tages die Energie aufbringen, in einer der Bars der Stadt ein Bier zu trinken. Es ist nicht so, dass ich vorhabe, mich für immer zu verstecken. Es ist nur so, dass ich es im Moment mag, nicht unter Menschen zu sein. Einsamkeit ist mein bester Freund.

Ich greife nach meinem Handy und sehe, dass es Zeit ist, loszufahren. Mit den Schlüsseln in der Hand scrolle ich durch meine Nachrichten, während ich zur Haustür hinausgehe.

Ich verziehe das Gesicht, als ich sehe, dass mein Dad eine Sprachnachricht hinterlassen hat. Ich habe wohl eine masochistische Ader, denn ich höre sie mir an.

„Coen, das ist die dritte Nachricht, die ich hinterlasse. Ich verlange, dass du mich zurückrufst und mir ein Update gibst. Wie du weißt, sind die Anklagen gegen dich in New York und die Suspendierung eine totale Blamage, und ich muss wissen, dass du diese Dinge in Ordnung bringst. Deine Mutter und ich sind gedemütigt und …“

Löschen.

Die gleiche alte Scheiße. Eltern, die sich nur um ihr gesellschaftliches Ansehen sorgen, weil ihr Profisportler-Sohn eine Schande ist. Wenn Dad nur wüsste, dass er das Schlimmste von dem, was ich getan habe, gar nicht weiß.

***

Ich war seit dem Play-off-Spiel nicht mehr in Pittsburgh, aber die heutige Reise macht mir nichts aus.Die Nachricht, die ich Stone geschickt hatte, um seine Blockhütte zu kaufen, hat eine Reihe von Ereignissen in Gang gesetzt, die mich in die Anwaltskanzlei seiner Freundin Harlow Alston führten. Nachdem Stone und ich einen Preis ausgehandelt hatten, kümmerte sie sich um alle rechtlichen Angelegenheiten, und heute schließen wir das Geschäft ab.

Ich werde als Eigentümer der Blockhütte und des Grundstücks hier rausgehen und bereit sein, mich in mein neues Leben einzuleben.

Stone und ich sitzen in einem kleinen Konferenzraum und warten darauf, dass Harlow ein Telefonat zu einem anderen Fall beendet. Sie hat mich heute in ihren Zeitplan eingeschoben, da sie und Stone morgen in den Urlaub fahren und ich das erledigen wollte.

Stone schwenkt sein Handy zu mir und fragt: „Bist du auf dieser Facebook-Seite?“

Ich beuge mich vor und schaue auf das Display. Titans Familienseite.

Ich schüttele den Kopf und er dreht das Handy weg und scrollt durch die Bilder.

„Du solltest beitreten“, sagt er mit einem Lächeln. „Alle posten ihre Sommer-Eskapaden. Der verdammte Boone und Kirill pennen sozusagen an einem Strand in Costa Rica und versuchen, surfen zu lernen.“

Ein kleiner Anflug von Sehnsucht macht sich breit. Nicht nach dem Strand oder dem Surfen, sondern danach, dass ich mich dafür interessiere, was meine Mannschaftskameraden in diesem Sommer machen.

„Ich bin nicht auf Facebook“, murmele ich.

„Das solltest du aber. Es ist eine tolle Möglichkeit, in Kontakt zu bleiben.“

„Warum sollte ich das wollen?“

Stone schaut von seinem Handy zu mir.

„Das ist nicht mehr mein Team“, sage ich.

„Hast du offiziell deinen Rücktritt erklärt?“, wirft er zurück, ohne mit der Wimper zu zucken.

„Ich habe Brienne versprochen, es nicht zu verkünden, bevor das Trainingslager beginnt.“

„Dann bist du immer noch ein verdammter Titan“, antwortet er augenzwinkernd und legt sein Handy auf den Tisch. „Aber im Ernst, Mann, wie läuft’s in Coudersport? Da gibt es ja nicht viel zu tun.“

Seine Frage beruhigt mich, denn wir reden ja nicht über Eishockey, und seltsamerweise übermannt mich ein nettes Lächeln. „Ich vergrabe mich dort, um ehrlich zu sein. Ich liebe die Ruhe. Ich laufe die Pfade ab und bin in der besten Form meines Lebens.“

„Harlow war ein paarmal mit Brooks in der Hütte. Er liebte es, auf dem Grundstück zu laufen.“

Dass Stone seinen Bruder Brooks erwähnt, erinnert mich eindringlich daran, dass ich nicht der Einzige bin, der unter dem Flugzeugunglück litt. Sein Bruder war bei den Titans. Und war mein Freund. Und ist mit den anderen abgestürzt. Stone hat seinen Platz im Team eingenommen, und ich bin sicher, dass er eine Menge schwerer Dinge zu bewältigen hatte. Ich schätze, da sind wir uns sehr ähnlich.

„Ich habe mit dem Fliegenfischen angefangen“, sage ich, weil ich nicht über seinen Bruder reden will, denn das könnte ihn dazu bringen, mich zum Reden über das Unglück zu animieren. Den Teufel werde ich tun.

„Echt jetzt?“ Stone lehnt sich in seinem Stuhl zurück und trommelt mit den Fingern auf der Armlehne.

„Echt. Ich habe sogar einen Bergführer angeheuert, der mich mitgenommen und mir die Grundlagen beigebracht hat. Ganz hinten auf dem Grundstück gibt es einen Bach. Ich bin nicht sehr gut, aber das macht wohl nichts. Ich verbringe gern Zeit da draußen und versuche es.“

„Sehr zenmäßig, Bro.“

Ich schnaube, weil ich mich seit Monaten nicht mehr in meiner Mitte oder auch nur annähernd so gefühlt habe.

Die Tür des Konferenzraums öffnet sich und Harlow kommt herein. Stone hat sich mit ihr und ihren roten Haaren und den leuchtend grünen Augen ein echtes Prachtexemplar geangelt. Ich habe sie ein- oder zweimal im Vorbeigehen getroffen, und wir haben ein paarmal miteinander telefoniert, weil sie sich nicht nur um den Hausverkauf kümmert, sondern mir auch bei meinen Strafanzeigen in New York hilft.

Ich will aufstehen – Manieren wurden mir schließlich eingebläut –, aber Harlow winkt ab. Das ist eine Erleichterung, denn ich wollte keine Umarmung zur Begrüßung ertragen müssen. Ich bin momentan nicht der warmherzige Anfasstyp.

„Schön, dich zu sehen“, sagt Harlow mit einem freundlichen Lächeln und nimmt neben mir Platz, um den Papierkram durchzugehen.

Sie stürzt sich sofort in die Arbeit, und das ist für mich in Ordnung. Sie geht jedes Dokument durch, gibt mir einen Überblick für Laien über den Inhalt und zeigt mir dann, wo ich unterschreiben soll. Ich höre nur halb zu, weil ich weiß, dass das alles nicht wirklich wichtig ist, weil sie die Anwältin ist und weiß, was sie tut.

Worte wie Rechtsschutzversicherung, Treuhand und Grunddienstbarkeit gehen zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Ich denke darüber nach, den alten Koi-Teich zu restaurieren, der an der hinteren Terrasse liegt, und vielleicht den Keller auszubauen, um einen schöneren Trainingsbereich zu schaffen.

Als wir fertig sind, lächelt Harlow. „Glückwunsch, Coen. Du bist jetzt Hauseigentümer.“

Ich lächele zurück. Das ist das Beste, was mir seit dem Unglück passiert ist.

„Glückwunsch, Mann“, sagt Stone und erhebt seinen Hintern vom Stuhl, um mir über den Konferenzraumtisch hinweg die Hand zu reichen.

„Danke, dass du an mich verkauft hast.“

„Schon gut. Harlow und ich hatten nicht vor, die Hütte je zu benutzen. Brooks hat das Haus geliebt, aber es war nichts für mich. Ich bin froh, dass sich ein Freund von Brooks daran erfreuen kann.“

„Ich muss mit dir noch über ein paar Dinge sprechen“, sagt Harlow zu mir und wendet sich dann Stone zu. „Macht es dir etwas aus, in meinem Büro zu warten, Schatz?“

„Natürlich nicht.“ Er beugt sich vor und küsst sie, bevor er zur Tür geht.

„Er muss nicht gehen“, sage ich schnell. Ich habe nichts zu verbergen.

„Anwaltsgeheimnis“, sagt Harlow mit einem Augenzwinkern. „Er muss gehen.“

Das muss er wirklich nicht, aber ich widerspreche nicht. Wir werden über die Strafanzeigen reden, und das ist kein Geheimnis. Verdammt, Stone ist derjenige, der mich an diesem Tag aus dem Knast geholt hat.

Als sich die Tür schließt, tippt Harlow mit ihrem Stift auf den Tisch. „Mein Vater hat beim Staatsanwalt einen Gefallen eingefordert.“

Meine Augenbrauen schießen überrascht in die Höhe. „Das hätte er nicht tun müssen.“

Harlows Vater ist ein hohes Tier unter den Anwälten in Pittsburgh und hat offenbar Verbindungen zu Leuten in hohen Positionen.

„Sei froh, dass er es getan hat“, sagt sie kichernd. „Sie werden die Anklage gegen dich fallen lassen.“

„O wow“, sage ich erleichtert. Mir hat zwar keine Gefängnisstrafe gedroht, aber ich wollte den Fall unbedingt hinter mich bringen. Wenigstens werden meine Eltern mich dann in Ruhe lassen. „Was bin ich ihm schuldig?“

„Ein signiertes Trikot würde ihn glücklich machen.“

Mein Gott … lieber zahle ich ihm zehntausend Dollar, als dass ich daran erinnert werde, dass auch nur ein einziger Mensch mich noch mit dem Team in Verbindung bringen will. Aber ich schlucke den Scheiß runter und zwinge mich zu einem Lächeln. „Schon erledigt. Und was bin ich dir schuldig?“

Harlow hebt ihr Kinn an und sieht mich durchdringend an. „Verlass das Team nicht.“

„Den Preis kann ich leider nicht zahlen“, antworte ich, ohne zu zögern.

Sie nickt verständnisvoll. „Ich schicke dir eine Rechnung.“

Ich bezweifele ernsthaft, dass ich eine sehen werde. Sie betrachtet mich durch unsere gemeinsame Verbindung zu Stone als Familienmitglied.

„Ich bin dir für deine Hilfe sehr dankbar. Und deinem Vater auch, wenn du ihm das bitte weitergibst. Ich besorge dir das signierte Trikot, damit du es ihm so schnell wie möglich geben kannst.“

„Er wird begeistert sein“, versichert sie mir. Wir stehen vom Tisch auf, und als wir zur Tür gehen, fragt sie: „Verkaufst du deine Wohnung hier in Pittsburgh?“

„Ja, ich habe einen Makler engagiert, der sie sich ansieht. Ich muss erst die Innenräume neu streichen lassen, aber dann wird sie auf den Markt kommen. Ich fände es toll, wenn du dich um die rechtlichen Dinge kümmern würdest, wenn es dir nichts ausmacht.“

Harlow lacht. „Es macht mir nichts aus, Geld zu verdienen. Wird gemacht. Hey, magst du noch mit mir und Stone essen gehen?“

„Nein“, sage ich und stecke meine Hände in die Taschen. „Ich habe eine lange Fahrt vor mir.“

Sie legt den Kopf schief und sieht mich mit einer Mischung aus Sympathie und Frustration an. „Okay. Ich weiß, dass Stone gern etwas Zeit mit dir verbringen würde, aber …“

„Ehrlich, wenn die Fahrt nicht wäre …“

„Wir wissen beide, dass du trotzdem ablehnen würdest.“ Sie senkt den Kopf und sieht mich mit dem gleichen Blick an, den meine Lehrerin in der dritten Klasse, Ms. Vail, mir immer zugeworfen hat, wenn ich versucht habe, mich aus einer Sache herauszureden.

„Aber danke für die Einladung“, sage ich neutral und gehe zur Tür. „Sag bitte Stone auf Wiedersehen von mir.“

„Mache ich. Pass auf dich auf.“

Ich nicke Harlow zu und verlasse ihr Büro. Jetzt bin ich der brandneue Besitzer einer Blockhütte in einer verschlafenen Stadt, in der ich mich für eine ganze Weile von der Welt abkapseln werde.

Kapitel 4

Coen

Es ist die erste Juliwoche, und der Sommer ist in vollem Gange. Ich habe mich während des Feiertags am vierten Juli verkrochen, auf die Feierlichkeiten der Stadt mit Feuerwerk verzichtet und mir zum zehnten Mal John Wick angesehen.

Die Sonne brennt auf meinen nackten Rücken, während ich auf einen verrotteten Baumstumpf in meinem Garten einhacke. Es ist der einzige Teil des gesamten Grundstücks, der direkte Sonne abbekommt, da fünfundneunzig Prozent des Grundstücks natürlich bewaldet sind.

Aber einer der Vorbesitzer – entweder Brooks oder ein anderer – hat beschlossen, im hinteren Teil eine Landschaftsoase mit dichtem grünen Gras, fachmännisch platzierten Büschen und Pflanzen sowie mit einer stufenförmigen Terrasse und einem Koi-Teich anzulegen.

Derzeit versuche ich, einen Stumpf zu zerkleinern, der von einem umgestürzten Baum übrig geblieben ist. Sowohl der vordere als auch der hintere Garten wurden seit Langem nicht mehr richtig gepflegt. Nicht, dass ich wüsste, was ich tue, aber ich erkenne Unkraut und invasive Ranken, die sich durch die guten Pflanzen geschlichen haben.

Normalerweise wäre es mir scheißegal, wie der Garten aussieht. Deshalb habe ich in Pittsburgh in einer Eigentumswohnung gewohnt. Ich wollte mich nicht mit Rasen oder Rosen befassen müssen.

Aber jetzt lebe ich inmitten der verdammten Natur. Ich werde wohl viel Zeit im Freien verbringen, vor allem auf den Wegen durch den Wald, die sich mit ihren Höhenunterschieden und Hindernissen als anspruchsvolle, aber effektive Laufstrecken erwiesen haben. Ich habe viel Zeit, und da der Sommer begonnen hat, kann ich mich gut auf die Arbeit im Freien konzentrieren.

Ich schwinge die Axt auf den Stumpf, wieder und wieder, und reiße mit jedem Schlag ein Stück heraus. Als ich an die Wurzeln komme, nehme ich eine Schaufel, um die abgebrochenen Teile umzugraben. Mit dem richtigen Werkzeug hätte das nur eine Viertelstunde gedauert, aber ich habe mehr als genug Zeit, und ein paar Stunden harte, schweißtreibende Arbeit gefällt mir. Wenn ich mich darauf konzentriere, diesen verdammten Baumstumpf aus dem Boden zu holen, habe ich keine Zeit, an etwas anderes zu denken.

Ich kratze mit der Spitzhacke ein Stück Wurzel heraus und werfe die Trümmer in eine Schubkarre, die inzwischen bis zum Rand gefüllt ist. Ich lasse das Werkzeug fallen und bücke mich, um das Hemd, das ich mir vor vierzig Minuten ausgezogen habe, aufzuheben und mir damit den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen.

Ich packe die Griffe der Schubkarre und schiebe die Ladung aus Wurzeln und Erdklumpen an den hinteren Rand des Grundstücks. Ich habe einen ziemlichen Berg angehäuft, den ich durch einen Holzhäcksler jagen werde, sobald ich einen gekauft habe.

Wieder läuft mir der Schweiß in Strömen über das Gesicht, als ich mich auf den Weg durch den hinteren Garten mache. Am Fuße des Haufens kippe ich den Inhalt der Schubkarre aus und will gerade wieder umkehren, als ich Stimmen höre.

Ich halte inne und versuche, die Wortfetzen zu entschlüsseln.

Ein Mann und eine Frau unterhalten sich und kommen immer näher. Ich stelle die Schubkarre ab, ziehe meine Arbeitshandschuhe aus und werfe sie hinein.

Ich gehe an den Rand des Gartens und höre nicht nur die Stimmen, sondern auch das Knacken von Ästen und Blättern unter den Füßen derjenigen, die dort entlanggehen.

Ich sehe sie, bevor ihre Worte deutlich werden. Ein großer, schlanker Mann in Jeans, Wanderstiefeln und einem blauen Arbeitshemd. Er trägt ein Klemmbrett unter einem Arm, und neben ihm steht eine blonde Frau, die auf die Bäume deutet und spricht.