Dark Land 28 - Horror-Serie - Rafael Marques - E-Book

Dark Land 28 - Horror-Serie E-Book

Rafael Marques

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Beschreibung

Ein einsamer Rabe segelte über die Baumwipfel hinweg.
Sofort bildete sich auf Tabeas Rücken ein Schauer. Jetzt machte sich eine Fähigkeit bemerkbar, die ihr quasi in die Wiege gelegt worden war. Visionen und bestimmte Ahnungen suchten sie heim. Bilder von der Zukunft. Bisher war alles, was sie auf diese Art gesehen hatte, auch irgendwann eingetreten.

Im Moment war es nur ein unangenehmes Gefühl. Sie hatte das Tier nicht zum ersten Mal gesehen. Seit vier Tagen tauchte es immer wieder mal in ihrem Garten auf. Der Vogel strahlte etwas aus, das Tabea stets einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Sie konnte selbst nicht genau sagen, was es war. Vielleicht ein Hauch des Bösen oder des Todes ...

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 142

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah

Der Fänger

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

»Geisterjäger«, »John Sinclair« und »Geisterjäger John Sinclair« sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Timo Wuerz

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5547-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Was bisher geschah

Die Hauptpersonen dieses Romans sind:

Wynn Blakeston: Gestrandeter aus einer anderen Dimension

Abby Baldwin: Wynns beste Freundin

Lieutenant Bella Tosh: Ermittlerin der Abteilung Delta

Sergeant Kajahn: Bellas Partner in der Abteilung Delta

Johnny Conolly hat seine Mutter verloren. Sie wurde von einem Schnabeldämon brutal ermordet. Als dieser Dämon durch ein Dimensionstor flieht, folgt Johnny ihm.

Kurz darauf wird das Tor für immer zerstört, sodass es für Johnny keine Möglichkeit zur Rückkehr gibt. Das Dimensionstor spuckt ihn schließlich wieder aus – in einer anderen Welt. Er ist in Dark Land gelandet, genauer gesagt in Twilight City, einer Stadt voller Geheimnisse.

Menschen und Dämonen leben hier mehr oder weniger friedlich zusammen, und doch ist Twilight City voller Gefahren. Die Stadt ist zudem von einem dichten Nebelring umgeben, den kein Einwohner jemals durchbrochen hat. Niemand weiß, was hinter den Grenzen der Stadt lauert …

In dieser unheimlichen Umgebung nennt sich Johnny ab sofort Wynn Blakeston – für den Fall, dass irgendjemand in Twilight City mit seinem Namen John Gerald William Conolly etwas anfangen kann und ihm möglicherweise Übles will. Schließlich wimmelt es hier von Dämonen aller Art – und die hat Wynn in seiner Heimat immer bekämpft.

Wynn findet heraus, dass der Schnabeldämon Norek heißt und skrupelloser und gefährlicher ist als alle seine Artgenossen, die sogenannten Kraak.

Als Wynn wegen eines unglücklichen Zwischenfalls zu einer langen Haftstrafe verurteilt wird, zahlt der geheimnisvolle Sir Roger Baldwin-Fitzroy das Bußgeld und nimmt ihn in bei sich auf – warum, das weiß Wynn nicht.

Er lernt Sir Rogers Tochter Abby und seinen Diener Esrath kennen, die auch in Sir Rogers Villa leben. Er freundet sich mit Abby an, sie wird schon bald zu seiner engsten Vertrauten in dieser mysteriösen Welt.

Was Wynn nicht ahnt: Auch sein geheimnisvoller Gönner hat noch eine Rechnung mit dem Dämon Norek offen. Als es Sir Roger schließlich gelingt, Norek zu schnappen, liefert er den Kraak dem Wissenschaftler Dr. Shelley aus, der gleichzeitig Leiter des Sanatoriums Dead End Asylum im Deepmoor ist. Dieser verpflanzt Noreks Gehirn in einen anderen Körper und sperrt Norek in seinem Sanatorium ein.

Sir Roger aber präsentiert Wynn Noreks toten Körper, sodass der glaubt, der Kraak wäre für immer besiegt.

Doch ein Ausweg aus Dark Land scheint immer noch in weiter Ferne, und Wynn muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass sein Aufenthalt in dieser Welt wohl noch länger andauern wird. Mit Abbys Hilfe hat er inzwischen einen Job beim Twilight Evening Star ergattert, der größten Zeitung von TC. Als man dort erkennt, dass er für Größeres bestimmt ist, steigt er vom Archivar zum Reporter auf.

Und schon bald stellt Wynn fest, dass noch ganz andere Aufgaben in TC auf ihn warten …

Währenddessen ist Abby dem Geheimnis ihrer verstorbenen Mutter ein Stück näher gekommen. Offenbar war diese eine Hexe, und Sir Roger scheint eine düstere Vergangenheit zu haben. Nun fragt Abby sich, ob das Erbe ihrer Mutter auch in ihr schlummert …

Der Fänger

von Rafael Marques

Liz Hampstead fühlte sich wie im Rausch. Ihr Körper vibrierte im Rhythmus der Musik. Das Blut schäumte der Achtzehnjährigen förmlich durch die Adern. Selten in ihrem Leben hatte sie eine so ungeheure Hitze in sich gespürt.

Die tanzenden Menschen und Dämonen drängten sich dicht an dicht. Inzwischen mussten sich einige hundert Besucher vor der provisorisch eingerichteten Bühne angesammelt haben. An den kalten Mauern waren zahlreiche Kerzen aufgestellt worden, deren flackernder Schein ebenfalls unter den Trommelschlägen zu vibrieren schien. Liz hatte dafür jedoch keinen Blick. Sie gab sich allein der Musik hin …

Der Club, der sich im Keller des Gebäudes befand, war nur Insidern bekannt. Luuro, der Trommler, wurde in der Szene bereits als neuer Star gefeiert. Und das nicht ohne Grund. Die Trommel der Gorgen sollte angeblich aus bei lebendigem Leibe gehäuteten Dämonen gefertigt worden sein. Zumindest erzählte man sich das so. Die Trommelstäbe hingegen sollten Menschenknochen sein. Aus der Entfernung sahen sie eher wie Schlagstöcke aus. Was daran stimmte, wusste keiner so recht, aber fest stand, dass Luuros Musik eine Magie erzeugte, die alles Bekannte in den Schatten stellte. Zumindest für sie.

Jedes Mal, wenn die Stäbe auf die Oberfläche der Trommel schlugen, wurde ein weißes Pulver von dem Fell in die Höhe geschleudert. Luuro selbst verbarg sein Gesicht hinter einer Totenkopfmaske. Nur sein Schlangenhaar war zu sehen. Selbst die Reptilienhäupter bewegten sich im Rhythmus seiner Musik.

Plötzlich spürte sie, wie Hände über ihren Körper strichen. Ein schneller Blick nach unten sagte ihr jedoch, dass sie ihrem Freund Sage gehörten. Seine versilberte Armbanduhr war unverkennbar. Gemeinsam mit Ollie, seinem besten Kumpel, hatten sie den langen Weg von Maidenvale bis in die Innenstadt auf sich genommen, nur um Luuro trommeln zu hören.

Liz lächelte. Genauso hatte sich die Achtzehnjährige die Nacht vorgestellt. Außerdem war sie noch lange nicht vorbei. Nach dem Konzert wollten sich Sage und sie von Ollie trennen und sich ein Zimmer in einem gemütlichen Hotel suchen. Was dann geschah, würde sich schon zeigen.

In die Masse der Tanzenden kam Bewegung. Einige von ihnen schrien überrascht auf, als sie unsanft zur Seite geschoben wurden.

»Sie kommen«, rief ihr Sage ins Ohr. »Weg hier!«

Liz war von den Trommelschlägen noch so benommen, dass sie erst viel zu spät reagierte. Da hatten sie die kräftigen Hände der beiden Sicherheitsmitarbeiter bereits gepackt. Gleichzeitig lösten sich Sages Hände von ihr. Auch Ollie, der direkt neben ihnen getanzt hatte, verschwand aus ihrem Blickfeld. Sie wollte noch nach Sage greifen, doch ihr Freund verschwand in der Masse der Feiernden.

»Feierabend, Kleine«, raunte ihr einer der Glatzköpfe ins Ohr. »Wir haben dich gewarnt. Wenn die Stunde vorbei ist und du nicht die Fliege machst, kommen wir dich holen.«

»Aber …«

Liz bekam kaum mit, was mit ihr geschah. Zumindest gelang es ihr, einige klare Gedanken zu fassen. Da sie den horrenden Preis für die ganze Nacht nicht zahlen konnten, hatten Sage, Ollie und sie sich Stundentickets gekauft. Laut der Regel hätten sie sich nach Ablauf der Zeit wieder am Ausgang einfinden sollen. Doch Liz hatte keine Ahnung gehabt, dass, seit sie den Club betreten hatten, wirklich eine Stunde vergangen war. Durch die hypnotische Musik war alles andere für sie nur noch zweitrangig gewesen.

Die Schläger des Clubbesitzers zogen sie die Treppe hoch. »Die ist doch wieder total hinüber«, murmelte einer von ihnen.

»Wenn du die ganze Zeit da unten rumtanzen würdest, wärst du das auch«, rief ein anderer. »Keine Ahnung, was Luuro für ein Zeug benutzt.«

Liz konnte sich nicht wehren. Auch nicht, als sie den Ausgang erreichten und die beiden Security-Typen sie einigermaßen sanft, aber bestimmt, nach draußen schoben. Krachend fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.

Obwohl es eigentlich fast totenstill war, klangen die Schläge der Trommeln noch in ihr nach. Dabei wurde ihr klar, dass sie schon in der nächsten Nacht wiederkommen würde – oder sogar musste. Selbst wenn das bedeutete, ihre letzten Ersparnisse zu verbrauchen.

Der Club lag in der Innenstadt von Twilight City, nicht weit vom Hooter’s-Tower entfernt. Die Fenster des abbruchreifen Gebäudes waren mit Gitterrollläden und Brettern gesichert. Neben der Tür standen zwei Männer, die sie grinsend beäugten.

Liz war das egal. Wahrscheinlich hatten sie im Gegensatz zu ihr nicht einmal mehr ein Stundenticket bekommen. Leise vor sich hin lachend tänzelte sie über die Straße und gab sich ganz dem Nachklang des Rhythmus hin, der auch durch die Absätze ihrer Stiefel weitergetragen wurde.

Als die dumpfen Klänge der Trommel langsam in ihr nachließen, kehrten auch ihre Sinne zurück. Liz sah sich um. Sie stand in einer dunklen Straße, umgeben von den Hinterhöfen der großen Geschäftsgebäude. Hin und wieder erspähte sie einen einsamen Partygänger, ansonsten entdeckte sie nur viel Müll und Nebel, der aus der Kanalisation nach oben drang.

Sage und Ollie waren im Club zurückgeblieben. Liz wartete noch einige Minuten vergeblich auf sie. Ihre beiden besten Freunde hatten offensichtlich das Glück gehabt, den Sicherheitsleuten zu entwischen.

In diesem Moment verfluchte sie die beiden. Während sie sich amüsierten, musste sie sich allein in der Kälte zurechtfinden. Dabei fiel ihr ein, dass sie ihre Jacke an der Garderobe vergessen hatte. Ohne genügend Beads für ein weiteres Stundenticket würden sie sie aber auf keinen Fall noch einmal in den Club lassen.

Das nächtliche Restlicht, das vom Himmel aus auf die Stadt herabfiel, reichte kaum aus, um die tiefen Häuserschluchten zu erhellen. Zumindest kannte sich Liz in der Gegend einigermaßen aus. Deshalb würde sie keine Probleme haben, den Weg zum Bus zu finden. Selbst um diese Zeit gab es genügend Verbindungen nach Maidenvale.

Während sie loslief, hörte sie das Krächzen eines Raben. Sie blickte nach oben, entdeckte den Vogel aber nicht. Dafür begann sie zu frösteln. Ihr enges, bauchfreies Top und die kurze Jeanshose waren für diese Temperaturen alles andere als geeignet. Andererseits wäre sie ohne dieses aufreizende Outfit wohl kaum an den Türstehern vorbeigekommen. Da hatte sie allerdings auch noch ihre Lederjacke getragen.

Ihr Weg führte sie durch eine Gegend, die sie ansonsten eher mied. Zwar waren die Lichter der Innenstadt ganz nahe, doch die Hinterhöfe der großen Geschäfte waren oft ein Treffpunkt für zwielichtiges Gesindel. Und sie sah sicher wie eine leichte Beute aus. Deshalb verließ sie die Clubs normalerweise nicht allein.

Wieder entdeckte sie eine Gruppe von Gestalten, die sie in dem grauen Dunst kaum erkennen konnte. Langsam schlug ihr Herz schneller. Bis zur Haltestelle waren es nur noch zwei Querstraßen. Trotzdem kam es ihr so vor, als würde der Weg gar nicht enden.

Hinter der nächsten Straßenecke gerieten einige Mülltonnen in ihr Blickfeld. Der aus den Metallbehältern quellende Unrat interessierte Liz nicht, dafür aber der Mann, der hinter ihnen auftauchte. Er wirkte komplett deplatziert, vor allem durch seine Kleidung. Er trug eine dunkle Anzugjacke mit Krawatte, darunter ein weißes Rüschenhemd. Seine Finger waren in helle Handschuhe gehüllt. Trotz seines dichten Vollbarts sah sie ihm an, dass er noch etwas jünger als sie war.

Der Mann stand einfach nur da. Liz erstarrte ebenfalls. Ihre Zähne schlugen aufeinander, während sie die Arme vor der Brust verschränkte und verzweifelt über ihre Haut strich. Doch die Wärme wollte nicht zurückkehren, im Gegenteil. Etwas ging von dem Fremden aus, das ihr Angst machte. Todesangst.

Für einen Moment schloss der Fremde die Augen und schüttelte den Kopf. Als er sie wieder öffnete, blickte er ein Stück weit an ihr vorbei und hob seinen rechten Arm an. Liz zuckte zusammen, als sein behandschuhter Zeigefinger direkt auf sie deutete.

»Was soll das?«, entfuhr es ihr. Ihre Stimme war so laut, dass die Worte noch mehrmals durch die Straße hallten.

Der Mann sagte nichts. Er starrte einfach an ihr vorbei.

Lauf, hallte es durch ihren Kopf. Lauf! Jetzt!

Liz ging einen Schritt zurück, dann noch einen. Ihre Knie fühlten sich plötzlich so weich an. Dennoch gelang es ihr irgendwie, auf den Beinen zu bleiben. Schließlich durchbrach sie ihre eigene Starre, wirbelte herum und lief los.

Das Krächzen, das ihr entgegenschallte, ließ sie sofort zurückzucken. Ein Rabe stürzte sich ihr mit ausgebreiteten Schwingen entgegen. Seine Krallen rasten direkt auf ihr Gesicht zu.

Liz schrie. Im letzten Moment riss sie ihre Fäuste hoch. Der Vogel reagierte jedoch ebenso schnell und stieß mit zwei kräftigen Flügelschlägen wieder in den Nachthimmel hinauf. Sein Krächzen vervielfachte sich dabei. Da wusste sie, dass über ihr ein ganzer Schwarm lauern musste.

Sie rannte einfach los. Doch sie kam nicht weit. Schon nach wenigen Schritten rutschte sie an einem Bordstein ab und knickte um. Hart schlug sie auf den Asphalt. Die Schmerzen, die durch ihren linken Knöchel rasten, trieben ihr die Tränen in die Augen. Mit verschleiertem Blick sah sie zu ihren Schuhen hinunter. Die hohen Absätze waren zum Laufen völlig ungeeignet. Mit zwei schnellen Griffen öffnete sie die Reißverschlüsse und streifte die Stiefel ab. Dann raffte sie sich wieder auf und lief weiter.

»Ahh«, entfuhr es ihr. Jeder Schritt war eine Tortur. Schon nach kurzer Zeit konnte sie nur noch humpeln. Spitze Scherben, die jemand auf dem Asphalt verteilt hatte, schnitten in ihre nackten Füße. Und das Krächzen wurde nicht leiser …

Liz humpelte weiter. Die Tränen liefen inzwischen über ihr gesamtes Gesicht und hinterließen zwischen ihren Lippen einen leicht salzigen Geschmack.

Plötzlich erstarrte sie. Eine weitere Gestalt baute sich direkt vor ihr auf. Der Mann in der Anzugjacke war es nicht. Stattdessen starrte sie auf einen knapp zwei Meter großen Schatten. Von der Silhouette glich er einem Menschen, doch ansonsten gab es keinerlei Konturen.

Der Schatten gab kein Geräusch von sich. Trotzdem wusste Liz, dass er nur wegen ihr gekommen war. Einige der Raben verloren an Höhe und kreisten einige Male um die Gestalt, bevor sie sich wieder abstießen.

Hektisch wischte sich Liz die Tränen aus dem Gesicht. Dass ihr Make-up dabei komplett verschmierte, war ihr egal. Ihr Blick glitt über ihre Umgebung. Weit im Hintergrund sah sie zwei Frauen und einen Mann, die verwirrt in ihre Richtung starrten. Mehr taten sie jedoch nicht.

Liz wollte um Hilfe rufen, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken. Endlich entdeckte sie einen Fluchtweg. Hinter ihr tat sich eine schmale Gasse auf, gerade groß genug, um sie hindurchzulassen. So schnell sie konnte rannte sie los.

Die heißen Stiche, die durch den Knöchel und die Fußsohlen rasten, trieben ihr erneut Tränen in die Augen. Irgendwie gelang es ihr, die Schmerzen so weit zurückzudrängen, dass sie sie nicht mehr aufhalten konnten.

Ihr Gesicht war von Anstrengung verzerrt. Ich schaffe es! Ich schaffe es!, feuerte sie sich im Stillen immer wieder an. Obwohl das laute Krächzen nicht nachließ, schöpfte sie neue Hoffnung. Am Ende der Gasse sah sie einen schmalen Durchgang, an dem hin und wieder ein Auto vorbeirauschte. Die Straße! Noch knapp fünfzig Meter, dann hatte sie es geschafft.

Ohne Vorwarnung begann vor ihr die Luft zu zittern. Etwa fünf Meter entfernt materialisierte der Schatten erneut. Liz schrie, heulte auf und warf sich herum.

Aus!, schoss es ihr durch den Kopf, als sich ihr ein Pulk flatternder Leiber in den Weg stellte. Liz riss beide Hände hoch, doch die Raben konnte sie damit nicht aufhalten. Zahllose der kleinen, messerscharfen Krallen drangen in ihre Haut. Einige der Vögel hackten sogar mit ihren Schnäbeln zu.

Blut spritzte ihr ins Gesicht, während sie stöhnend zurücktaumelte. Plötzlich spürte sie, wie unsichtbare Hände nach ihr griffen. Sie geriet in einen Sog, dem sie sich nicht mehr entziehen konnte.

Ein letztes Mal drehte sie sich um. Der Schatten nahm inzwischen fast ihr gesamtes Blickfeld ein. Er sog sie einfach in sich hinein. Schon Sekundenbruchteile später gab es für sie nichts weiter als allumfassende Schwärze.

***

»Das ist nicht dein Ernst, oder?«, frage Abby und beugte sich über den Schreibtisch. Die Reporterin des Twilight Evening Star schüttelte verständnislos den Kopf und konnte sich nur mit Mühe ein Lachen verkneifen.

»Wieso?«, erklang erneut Wynns Stimme in der Ohrmuschel des Telefonhörers. Seiner Stimme war nicht zu entnehmen, ob er seine Gegenfrage wirklich ernst meinte. »Ich habe doch gesagt, dass ich Rakk besuchen wollte. Jetzt helfe ich ihm eben dabei, sein Büro neu einzurichten. Mit Ausnahme eines Einmachglases, in dem er die Überreste seines Vaters aufbewahrt hat sowie ein paar alter Fotos haben die Helfer der Schwarzen Göttin das gesamte Inventar zu Kleinholz verarbeitet und in den Sperrmüll geworfen. Was so viel bedeutet wie, dass sie ihn einfach im Hinterhof entsorgt haben.«

Abby unterdrückte ein weiteres Mal einen Lachanfall. »Und ihr zwei geht jetzt ins Möbelgeschäft? Oder steigst du demnächst als Teilhaber in Rakks Detektei ein?«

»Haha. Aber wer weiß, was die Zukunft so bringt. Vor ein paar Monaten hätte ich auch nicht gedacht, dass wir in einer Nacht die Schwarze Göttin und das Schiff der Toten loswerden würden. Na ja, Rakk hat eben jetzt ein kleines … Problem. Da greife ich ihm eben etwas unter die Arme. Ich meine natürlich, unter den Arm. Du weißt schon, was ich meine. Immerhin schulde ich ihm etwas.«

»Tust du das? Das habe ich irgendwie anders in Erinnerung. Immerhin hat er noch versucht, dich zu töten. Außerdem hat er dich als Köder für den Richter benutzt.«

»Aber ohne ihn hätte ich ihn niemals besiegen können. Ach, ich weiß es auch nicht so genau. Jedenfalls habe ich mir so oder so drei Tage freigenommen. Und diesen dritten nehme ich eben für Rakk in Anspruch. Immerhin haben wir schon ein neues Telefon aufgetrieben, deswegen kann ich überhaupt jetzt mit dir sprechen. Wie läuft es bei dir so?«

Abby seufzte. »Ach, das Übliche. Murbull hängt mir andauernd wegen der Fänger-Sache im Nacken. Außerdem musste ich ihm erklären, warum mein Dienst-Fotoapparat in einem eingestürzten Haus verlorengegangen ist. Okay, ich muss jetzt wieder Schluss machen. Bis später dann.«