Dark Land 32 - Horror-Serie - Rafael Marques - E-Book

Dark Land 32 - Horror-Serie E-Book

Rafael Marques

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

"Mum", flüsterte Abby tonlos. "Ich habe gerade meine Mum gesehen. Sie hat Schmerzen. Furchtbare Schmerzen ..."
Sie schüttelte sich, wie in einem Krampfanfall. Ihr Kopf zuckte hin und her, ohne dass sie es kontrollieren konnte. Verzweifelt presste sie beide Hände gegen ihre Stirn und stieß einen heiseren Schrei aus.

So plötzlich der Anfall auch gekommen war, so schnell verschwand er auch wieder. Von einem Moment zum nächsten lag Abby still. Nur die Atembewegungen ihrer Brust wiesen darauf hin, dass sie noch am Leben war.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 143

Veröffentlichungsjahr: 2018

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah

Aufbruch ins Ungewisse

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

»Geisterjäger«, »John Sinclair« und »Geisterjäger John Sinclair« sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Timo Wuerz

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5858-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Was bisher geschah

Die Hauptpersonen dieses Romans sind:

Wynn Blakeston: Gestrandeter aus einer anderen Dimension

Abby Baldwin: Wynns beste Freundin

Sir Roger: Abbys Vater

Esrath: sein dämonischer Diener

Johnny Conolly hat seine Mutter verloren. Sie wurde von einem Schnabeldämon brutal ermordet. Als dieser Dämon durch ein Dimensionstor flieht, folgt Johnny ihm.

Kurz darauf wird das Tor für immer zerstört, sodass es für Johnny keine Möglichkeit zur Rückkehr gibt. Das Dimensionstor spuckt ihn schließlich wieder aus – in einer anderen Welt. Er ist in Dark Land gelandet, genauer gesagt in Twilight City, einer Stadt voller Geheimnisse.

Menschen und Dämonen leben hier mehr oder weniger friedlich zusammen, und doch ist Twilight City voller Gefahren. Die Stadt ist zudem von einem dichten Nebelring umgeben, den kein Einwohner jemals durchbrochen hat. Niemand weiß, was hinter den Grenzen der Stadt lauert …

In dieser unheimlichen Umgebung nennt sich Johnny ab sofort Wynn Blakeston – für den Fall, dass irgendjemand in Twilight City mit seinem Namen John Gerald William Conolly etwas anfangen kann und ihm möglicherweise Übles will. Schließlich wimmelt es hier von Dämonen aller Art – und die hat Wynn in seiner Heimat immer bekämpft.

Wynn findet heraus, dass der Schnabeldämon Norek heißt und skrupelloser und gefährlicher ist als alle seine Artgenossen, die sogenannten Kraak.

Als Wynn wegen eines unglücklichen Zwischenfalls zu einer langen Haftstrafe verurteilt wird, zahlt der geheimnisvolle Sir Roger Baldwin-Fitzroy das Bußgeld und nimmt ihn in bei sich auf – warum, das weiß Wynn nicht.

Er lernt Sir Rogers Tochter Abby und seinen Diener Esrath kennen, die auch in Sir Rogers Villa leben. Er freundet sich mit Abby an, sie wird schon bald zu seiner engsten Vertrauten in dieser mysteriösen Welt.

Was Wynn nicht ahnt: Auch sein geheimnisvoller Gönner hat noch eine Rechnung mit dem Dämon Norek offen. Als es Sir Roger schließlich gelingt, Norek zu schnappen, liefert er den Kraak dem Wissenschaftler Dr. Shelley aus, der gleichzeitig Leiter des Sanatoriums Dead End Asylum im Deepmoor ist. Dieser verpflanzt Noreks Gehirn in einen anderen Körper und sperrt den Kraak in seinem Sanatorium ein.

Sir Roger aber präsentiert Wynn Noreks toten Körper, sodass der glaubt, der Kraak wäre für immer besiegt.

Doch einen Ausweg aus Dark Land scheint immer noch in weiter Ferne, und Wynn muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass sein Aufenthalt in dieser Welt wohl noch länger andauern wird. Mit der Hilfe von Abby, die inzwischen herausgefunden hat, dass ihre verstorbene Mutter Matilda Fitzroy eine Hexe war, hat er einen Job beim Twilight Evening Star ergattert, der größten Zeitung von TC. Als man dort erkennt, dass er für Größeres bestimmt ist, steigt er vom Archivar zum Reporter auf.

Und schon bald stellt Wynn fest, dass noch ganz andere Aufgaben in TC auf ihn warten …

So gelingt es ihm, TC von dem so genannten »Richter« zu befreien, einem riesigen, schlangenartigen Wesen, das TC in regelmäßigen Abständen mit seinen Jägern heimgesucht hat.

Bei seiner Vernichtung warnt der Richter Wynn vor einer drohenden Gefahr, und Wynn fragt sich, ob das etwas mit dem geheimnisvollen weißen Schiff zu tun hat, das vor einiger Zeit wie aus dem Nichts im Hafen aufgetaucht ist und auf dem immer wieder Bewohner der Stadt spurlos verschwinden.

Kurz darauf bricht der Winter über TC herein – was in dieser Stadt sehr ungewöhnlich ist, die meisten Bewohner haben noch nie Schnee gesehen. Und tatsächlich bringt das Schneechaos eine Seuche mit sich, der auch Abby zum Opfer fällt. Gerade noch rechtzeitig gelingt es Wynn & Co., Abby zu retten und ein Gegenmittel aufzutreiben.

Doch damit ist die Gefahr für TC noch lange nicht gebannt …

Aufbruch ins Ungewisse

von Rafael Marques

»Mum«, flüsterte Abby tonlos. »Ich habe gerade meine Mum gesehen. Sie hat Schmerzen. Furchtbare Schmerzen …«

Sie schüttelte sich, wie in einem Krampfanfall. Ihr Kopf zuckte hin und her, ohne dass sie es kontrollieren konnte. Verzweifelt presste sie beide Hände gegen ihre Stirn und stieß einen heiseren Schrei aus.

So plötzlich der Anfall auch gekommen war, so schnell verschwand er auch wieder. Von einem Moment zum nächsten lag Abby still. Nur die Atembewegungen ihrer Brust wiesen darauf hin, dass sie noch am Leben war …

Wynn wusste zunächst nicht, was er sagen sollte. Alles war so plötzlich über ihn gekommen, dass er seine Gedanken erst einmal sammeln musste. Eigentlich waren sie nur in die Bar mit dem wunderschönen Namen Stormy Shit gekommen, um nach Spuren zu der verschwundenen Reporterin Chrystal Aye zu suchen.

Gefunden hatten sie außer ihrem Gepäck und einigen Tonbandaufzeichnungen nichts. Wynn hatte sich sogar einen Spaß daraus gemacht, das Aufnahmegerät selbst zu besprechen und die Kassette per Rohrpost an den Twilight Evening Star zu schicken.[1]

Und jetzt das. Ohne Vorwarnung hatte Abby eine Art Anfall erlitten und war im Gastraum der Kneipe zusammengebrochen. Ihre ersten Worte hallten als Echo in seinem Kopf wider. Sie wussten ja, dass ihre Mutter eine Hexe gewesen war und ihr Erbe in gewisser Weise auch in Abby steckte. Nicht nur, indem es sie zu einer Circe gemacht hatte, die sogar Untote umpolen konnte.

Aber Abbys Mutter war tot. Zumindest hatte Sir Roger ihr das seit frühester Kindheit gesagt. Sir Roger war nun einmal jedoch … Sir Roger. Er hatte immer seine eigene Wahrheit. Meist hielt er noch das eine oder andere Geheimnis in der Hinterhand.

»Deine Mutter?«, entfuhr es ihm schließlich. »Was ist mit deiner Mutter?«

Er hatte gar nicht gemerkt, dass Abby ihn schon seit gut einer halben Minute Hilfe suchend anstarrte. Sofort beugte er sich zu ihr herunter und half ihr dabei, wieder auf die Beine zu kommen.

Noch immer war seine Freundin dabei, sich den Alkohol, den Wynn ihr eingeflößt hatte, aus dem Gesicht zu wischen. »Was?«, fragte sie ihn völlig entgeistert.

»Du hast gesagt, du hättest deine Mum gesehen und dass sie Schmerzen hätte.«

Diesmal war es Abby, die ihn entgeistert anstarrte. »Ich …«, begann sie, bevor sie den Kopf schüttelte. »Ich kann mich … nicht erinnern. Mein Kopf ist so leer.«

Wynn schob sie so weit nach vorne, dass sie sich an den Tresen lehnen konnte. Ihr Blick war direkt auf ihn gerichtet, und doch hatte er das Gefühl, als würde sie durch ihn hindurchsehen. Er konnte ihrem Gesicht förmlich ablesen, wie sehr sie darum kämpfte, sich wieder zu erinnern.

»Ich hole ihr einen Stormy Shit«, kündigte der Wirt an und verwies dabei auf das nach seinem Laden benannte Getränk, vor dem Wynn schon einmal angewidert zurückgezuckt war.

»Auf keinen Fall. Sie wird schon wieder.«

Georgys hob die Schultern. »Na gut, dann eben nicht …«

Abby atmete tief ein und aus. Dabei fuhr sie sich mehrmals durch die silbernen Haare. Tränen schimmerten in ihren Augen, während sie den Kopf schüttelte. »Ich kann mich nicht erinnern. Es ist alles weg. Als hätte jemand in mein Gehirn gegriffen und jede Erinnerung herausgerissen. Habe ich wirklich meine Mum gesehen?«

»Du hast zumindest gesagt, dass sie Schmerzen hätte. Mehr nicht.«

»Da ist auch etwas. Irgendetwas. Aber dann, wenn ich mich zu erinnern versuche, ist nichts mehr da. Was soll das bedeuten?«

»Vielleicht … hängt es mit der Sache im U-Boot zusammen. Du hast doch deine Hexenkräfte benutzt, um mit den Untoten in Kontakt zu treten. Es kann sein, dass du dabei unterdrückte Erinnerungen an deine Mutter wieder hervorgeholt hast. Von ihrem Tod zum Beispiel … und dann haben sich deine Gedanken irgendwie auf deinen Vater konzentriert.«

»Aber ich kann mich an ihren Tod nicht erinnern.«

»Eben. Möglicherweise kannst du es doch. Oder es hängt einfach mit deinen besonderen Kräften zusammen, dass ihr eine geistige Verbindung habt.«

»Ja, wer weiß …«

Nach einigen Minuten schien es, als hätte sich Abby wieder einigermaßen gefangen. Das gab Wynn die Zeit, sich noch einmal mit dem Wirt zu unterhalten. Er hatte nicht seine letzten Worte vor dem Zusammenbruch seiner Freundin vergessen. Die Reporterin Chrystal Aye sollte sich seiner Aussage nach zu Kang Chai, einem hiesigen Gangsterboss begeben haben.

»Was haben Sie vorhin gemeint, als Sie sagten, Chrystal wäre zu diesem Kang Chai gegangen?«

Georgys sah sich nervös um, so als befürchtete er, jemand könnte seine Antwort mithören. Tatsächlich aber waren seine Gäste so abgestumpft, dass sie ihre Blicke kaum von den Getränken vor ihnen anheben konnten. Einige schwankten nur auf ihren Sitzen, weil sie etwas von dem Traumstaub gekostet hatten.

»Kang hat ein Etablissement ein gutes Stück nördlich von hier. Niemand weiß genau, ob er wirklich dort seinen Unterschlupf hat. Aber das Last Exit gehört ihm. Was Chrystal von ihm will, weiß ich auch nicht. Aber Tatsache ist, dass sie dorthin wollte.«

»Okay, danke. Können Sie mir den Weg zum Last Exit erklären?«

»Mit etwas Erinnerungshilfe sicher …«

Wynn verdrehte die Augen und reichte ihm einige Beads. Mit dem Geld, das sie inzwischen für kleine Bestechungen ausgegeben hatten, hätten sie sich einen eigenen Stadtführer kaufen können. Schließlich lockerte sich Georgys Zunge, und er beschrieb ihm die Route. Wie es aussah, würden sie bis dahin einige Zeit unterwegs sein.

»Aber nehmt euch vor Samuels Kindern in Acht. Was ihr Traumstaub mit allen macht, siehst du schon an meinen Kunden.«

»Vor wem?«

»Diese geflügelten Mädchen und Jungen. Ich weiß nur, dass sie von manchen so genannt werden. Sie sind überall und verteilen ihren Staub an die Süchtigen. Eines Tages werden sie die ganze Stadt ausgerottet haben.«

Nachdem der Wirt seinen Redefluss beendet hatte, bedankte sich Wynn noch einmal und kehrte zu Abby zurück. »Wie geht’s?«, fragte er besorgt. »Bist du wieder auf dem Damm?«

Die Reporterin strich sich wieder durch die Haare. »Soweit es geht. Aber ich kann mich immer noch nicht erinnern.«

»Kann ja sein, dass du dich unterwegs wieder erinnerst.«

»Mal sehen …«

»Ach ja, ich weiß inzwischen auch, wo wir Chrystal Aye finden können. Oder könnten.«

In Abbys Gesicht spiegelte sich eine unendliche Traurigkeit wider. Sie hatte eine Botschaft von ihrer Mutter erhalten, sie unter Umständen sogar zum ersten Mal gesehen. Seine Vermutung bezüglich ihres Anfalls musste ja nicht unbedingt stimmen. Wynn musste nur an das Wiedersehen mit seiner eigenen, ebenfalls totgeglaubten Mutter denken, um zu wissen, was gerade in seiner Freundin vorging.

***

An einem anderen Ort Sinatowns, etwa zur selben Zeit

»Für ein Dankeschön und einen feuchten Händedruck habe ich mich nicht durch den Nebel geschlagen«, zischte Rakk seinem Gegenüber zu. »Ich möchte meine Bezahlung sehen. Du weißt genau, was abgemacht war, alter Mann.«

Tzi Chai grinste. Die spindeldürre Gestalt mit den langen, schlohweißen Haaren und dem schwarzen Mantel wurde von allen nur Der Alte genannt. Niemand war sich wirklich sicher, wer oder was er eigentlich war. Viele bezeichneten seine Sippe als Menschenfresser, aber das konnte alles und nichts bedeuten. Selbst sein Alter war den meisten unbekannt.

Rakk wusste nur, dass er schon mehrere Jahrhunderte existieren musste. Zeit genug, sich einen kriminellen Clan mit Dutzenden Helfern aufzubauen, der seine Fäden weit über die Grenzen von Sinatown hinaus spannte. Sein Vetter Kang – manche Gerüchte sprachen auch davon, dass es sich bei ihnen eher um Brüder handelte – war beispielsweise eher im Bereich der Schutzgelderpressung und dem Betreiben gewisser Etablissements tätig. Dass er sich damit einige feine Herren der städtischen Elite zum Feind gemacht hatte, störte ihn wenig.

Als der Echsendämon noch beim Twilight City Police Department gearbeitet hatte, war Tzi Chai schon eine lebende Legende gewesen. Persönlich hatte er mit ihm allerdings nie zu tun gehabt – bis zu diesem Tage.

Eigentlich war der Job relativ simpel gewesen. Dem Alten war eine wertvolle Schatulle gestohlen worden. Die Reste der Froschbande, die sich seit dem mysteriösen Tod ihres Anführers Grecko bei einer geheimen Schiffstour aufs Meer hinaus mehr schlecht als recht neu formiert hatte, sollten sich dafür verantwortlich zeigen. Was genau sie mit der Schatulle vorgehabt hatten, war Rakk verschlossen geblieben. Glück hatte sie ihnen jedenfalls nicht gebracht.

Es hatte nicht viel Bestechungsgeld und gutes Zureden gebraucht, um das Lagerhaus zu finden, in dem sich die Frösche am Hafen versteckt gehalten hatten. Jetzt waren fünf von ihnen tot, wohl der kümmerliche Rest eines einstmals schillernden Imperiums. Und Rakk war der neue Besitzer der Schatulle.

Zumindest bis jetzt. Der Dienstleister war kein Neuling in diesem Geschäft, immerhin konnte er schon auf zwei Jahrzehnte in diesem Job zurückblicken. Die meisten anderen Mitglieder seines Fachs bissen spätestens im fünften Jahr ins Gras, wenn es gut lief. Deswegen war ihm auch sofort klar gewesen, dass etwas ganz und gar nicht stimmte, als er in der Lagerhalle, die als Treffpunkt ausgemacht war, nicht nur Tzi Chai getroffen hatte, sondern auch acht seiner Helfer.

»Du hast deinem Ruf alle Ehre gemacht, Rakk«, entgegnete der Alte und nickte ihm zu. »Trotz deiner offensichtlichen Behinderung hast du mir die Schatulle zurückgebracht, ohne ein einziges Mal hineinzusehen. Obwohl Samuels Kinder und die Traumtänzer Sinatown langsam aber sicher in eine Totenstadt verwandeln, hast du den beschwerlichen Weg bis hierher auf dich genommen. Dafür gebührt dir mein Dank und Respekt.«

Der Dämon knurrte leise. »So weit waren wir schon, Tzi.«

Noch während er sprach, sondierte er bereits seine Chancen. Die Lagerhalle war gut fünfzig Mal hundert Meter groß und prall gefüllt mit Kisten aller Größen. Viele von ihnen waren bereits mit Spinnweben umspannt. Was genau hier gelagert wurde, wusste er zwar nicht, aber Tzi Chai war innerhalb seines Clans vor allem für den Verkauf zweier Waren bekannt – magischer Steine und Sprengstoff. Die Kisten standen zwar relativ eng beieinander, boten aber trotzdem ausreichend Deckung. Falls sie nicht sofort in die Luft flogen.

Die Helfer des Alten waren jedoch nicht zu unterschätzen. Im Abstand von gut fünf Metern waren sie auf beiden Seiten der Halle aus ihren Verstecken getreten. Ihr Aussehen erinnerte an eine Mischung aus Piraten und Untoten. Die Kleidung bestand meist nur aus Lumpen und Flickzeug. Nur die wenigsten von ihnen waren Menschen. Mindestens zwei seiner Helfer gehörten zum Volk der Vampire, das hatte Rakk gerochen. Die anderen verströmten einen Duft, den er nicht zuordnen konnte.

Jeder von ihnen war bewaffnet. Einige mit Revolvern, andere mit Messern und Schwertern. Zwei Männer spielten nervös mit kleinen gelben Steinen, die sie zwischen ihren Fingern hielten.

»Du weißt, Rakk, unser Geschäft ist sehr kurzlebig«, sagte der Alte und hob die Schultern. »Es hat nichts mit Glück zu tun, dass ich mich so lange in diesem Geschäft halten konnte. Gerade jetzt sind die Zeiten hart. Eine Katastrophe nach der anderen sucht die Stadt heim. Der Schnee, die Monster, Kannibalen, der Nebel und jetzt auch noch diese geflügelten Kinder. Unsere Stadt ist nicht mehr so geschützt, wie sie es einmal war. Deshalb muss jeder auf sich selbst achten. Zu anderen Zeiten hätte ich dich sofort bezahlt und dir für deine exzellenten Dienste sogar einen Platz in meiner Organisation angeboten. Aber jetzt …«

Rakk erwiderte nichts. Aus den Augenwinkeln sah er, wie die Helfer des Alten vortraten und mit ihren Waffen auf ihn anlegten. Der Dienstleister nahm das ungerührt zur Kenntnis. Er schüttelte den rechten Ärmel seiner Jacke durch. Etwas, das er vor dem Treffen an dem Stoff befestigt hatte, fiel in seine Kralle. Blitzschnell hob er die Finger an, schrie einen Zauberspruch und warf den blauen Stein in die Höhe. Dann tauchte er ab.

Die Explosion war fast ohrenbetäubend. Eine grell leuchtende, von Blitzen durchzogene, blaue Wolke entstand und ging auf die Helfer des Alten nieder. Tzi Chai selbst fluchte, riss seinen Mantel hoch und zog sich zurück. »Ein Trick!«, schrie er seinen Helfer noch zu, bevor er verschwand.

Rakk wusste, dass er recht hatte. Die Wolke war nur ein billiger Taschenspielertrick, der für sich genommen nichts gegen seine Gegner ausrichten konnte. Bei dem Revolver, den er mit seiner noch vorhandenen rechten Hand aus der Jacke zog, sah das ganz anders aus.

Ein Vampir schrie, riss sein Gewehr hoch und legte auf den Dienstleister an. Da drückte Rakk ab. Die Kugel schlug ein faustgroßes Loch in die linke Brustseite des Blutsaugers und schleuderte ihn zurück. Das Geschoss selbst drang in eine der Kisten ein. Ein gewaltiger Donnerschlag riss das Holz auseinander. Zwei weitere Diener des Alten flogen brennend durch die Luft, während Teile der Halle einstürzten und den bereits toten Vampir unter sich begruben.

Rakk warf sich zur Seite, als ein wahrer Kugelhagel auf ihn einzuprasseln begann. Eine Machete jagte sogar nur Zentimeter an seiner Reptilienschnauze vorbei.

Wieder schoss er. Eine der zerrissenen Gestalten erhielt einen Blattschuss in die Stirn. Sekundenbruchteile später flog sein Kopf auseinander, als das Explosivgeschoss detonierte. Ein zweiter Mann wurde in die Schulter getroffen. Sein linker Arm verlor den Kontakt zu seinem Körper. Dennoch schleuderte er das Messer, das er in der anderen Hand gehalten hatte.