Das Achtsamkeits-Übungsbuch - Halko Weiss - E-Book

Das Achtsamkeits-Übungsbuch E-Book

Halko Weiss

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Beschreibung

Einfach den Anleitungen auf den Audio-Files (die als Download hier zur Verfügung stehen: https://www.klett-cotta.de/downloads?sonder_download=on&id=48343&subsubnavi_verlag=23219) zu folgen, erleichtert es innezuhalten, Ruhe und Zugang zur Innenwelt sowie zu regelmäßigem Üben zu finden. Der Begleittext unterstützt dabei, indem er über das Wesen der Achtsamkeit und über ein breites Spektrum von Anwendungs- und Variationsmöglichkeiten der einzelnen Übungen informiert. - Effiziente Übungen gegen Stress und Burnout und für mehr Lebensqualität - Sofortige Umsetzung durch die Audio-Dateien

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Seitenzahl: 137

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Halko Weiss | Michael E. Harrer | Thomas Dietz

DAS ACHTSAMKEITS-ÜBUNGSBUCH

Für Beruf und Alltag

Impressum

Die Inhalte der beiden Audio-CDs haben wir Ihnen als Audio-Dateien zum Download auf www.klett-cotta.de bereitgestellt. Geben Sie im Suchfeld auf unserer Homepage den folgenden Such-Code ein: OM94709

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

© 2012 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Umschlag: www.buero-jorge-schmidt.de

Die Grafiken auf S. 22 ff., 65, 74, 91 und 150 stammen von Brigitte Pfurtscheller

Unter Verwendung eines Fotos von © Roger T. Smith/Getty Images

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Printausgabe: ISBN 978-3-608-94709-0

E-Book: ISBN 978-3-608-10308-3

Dieses E-Book entspricht der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhalt

Einführung

Grundlagen

Was ist Achtsamkeit?

Die vier Bausteine der Achtsamkeit

Worauf richtet sich die Aufmerksamkeit?

Wozu Achtsamkeit: Die Auswirkungen der Praxis

Das Teilemodell: Achtsamkeit zur Erforschung derSelbstorganisation

Achtsamkeit in Beziehungen

Praxis

Grundsätzliches zur Praxis

Formale Praxis

Informelle Praxis

Innehalten und Selbsterinnern im Alltag

Grundsätzliches zu den einzelnen Übungen

Die Übungen

Achtsames Sitzen: Atembeobachtung

Achtsames Liegen: Der Bodyscan

Achtsames Stehen

Achtsames Gehen

Achtsam Innen und Außen wahrnehmen

Zooming

Achtsame Selbstberührung: Die Hand auf der Brust

Achtsames Experimentieren mit dem Atem

Achtsames Spüren von Spannung und Entspannung

Achtsamer Umgang mit Unangenehmem: Die Eiswürfelübung

Achtsame Einladung und Erforschung eines Persönlichkeitsanteils

Achtsamer innerer Dialog

Achtsamkeit in der Begegnung zu zweit: Eine Berührung

Weitere Übungen

Zusammenfassende Hinweise zur Übung im Alltag

Anhang

Schlüsselbegriffe der Achtsamkeit

Weiterführende Literatur

Weblinks

Anmerkungen

Übungen auf den CDs

EINFÜHRUNG

Achtsamkeit hat eine ehrwürdige und jahrtausendealte Tradition. Zugleich ist sie sowohl in der wissenschaftlichen Forschung als auch in vielfältigen Anwendungen hoch aktuell. Sie bildet einerseits den Kern des Befreiungsweges der buddhistischen Psychologie und steht andererseits im Zentrum moderner achtsamkeitsbasierter Verfahren, die sich in den letzten Jahren bei der Stressbewältigung, in Medizin, Psychotherapie und im Coaching mit bemerkenswerten Erfolgen bewährt haben. Die buddhistische Psychologie erklärt zunächst die allgemeinen Ursachen von menschlichem Leid und zeigt darauf aufbauend einen praktischen Übungsweg, um dieses Leid zu vermindern. Medizin und Psychologie setzen dagegen beim einzelnen Menschen an, sie interessieren sich für seine persönliche Innenwelt und seine Geschichte und sie finden individuelle Lösungen. Das vorliegende Buch verbindet das alte Erfahrungswissen von den grundsätzlichen Ursachen menschlichen Leidens mit modernen Erkenntnissen über individuelles Reifen und Heilen.

Heute ist es selbstverständlich geworden, Menschen als eine Einheit von Körper und Seele zu verstehen. Wir Autoren teilen diese Ansicht. Menschen sind zudem eingebunden in Beziehungen zu anderen Menschen und in das größere Ganze ihrer kulturellen und biologischen Umwelt. Sie werden– und das spielt in diesem Buch eine große Rolle– geprägt von den Erfahrungen, die sie von klein auf machen. Dabei entwickeln sie ein Repertoire automatisch funktionierender Automatismen, um mit sich und der Welt angemessen umgehen zu können. Achtsamkeit ist eine besondere menschliche Fähigkeit, die auch hilft, solche Automatismen zu bemerken und sich insbesondere jenen zuzuwenden, die einschränkend wirken. Achtsamkeit erzeugt Klarheit über Sichtweisen, die man sich von der Welt und von sich selbst angeeignet hat. Sie macht auch deutlich, dass diese vielfach gar nicht bewussten Sichtweisen eben nur subjektive Sichtweisen sind, die oft eine unmittelbare und genauere Wahrnehmung verhindern oder sie zumindest verzerren. Achtsamkeit vertieft zudem die sinnliche Erfahrung des Hier und Jetzt, des Körpers, der Innenwelt und der Fülle des Lebens. Wenn wir sie üben, verfeinert sich die Wahrnehmung. Sie stärkt außerdem die Fähigkeit zur Konzentration, fördert innere Ruhe und Gelassenheit und macht einen liebevolleren Blick auf sich selbst und Andere möglich.

Achtsamkeit in Worten zu beschreiben ist wie jemandem erklären zu wollen, wie z.B. eine Mango schmeckt. Eine Mango zu genießen ist eine komplexe und einzigartige Erfahrung, die sich nur ansatzweise mit etwas anderem vergleichen lässt. Man muss sie selbst sehen, riechen und schmecken. Im Textteil dieses Buches können wir in diesem Sinne nur eine grobe Vorstellung zur Praxis und der Bedeutung der Achtsamkeit ermöglichen. Mit den beiden CDs wollen wir daher insbesondere ihren tatsächlichen Geschmack in praktischen Übungen vermitteln. Diese Übungen bauen aufeinander auf und laden dazu ein, sich immer komplexeren Erfahrungen zuzuwenden. Wir werden dabei zum Erforscher unserer selbst: wie wir uns automatisch von Moment zu Moment selbst »organisieren«, wie unser Körper, unsere Gefühle und unsere Gedanken ausgelöst werden, von allein ablaufen und innere Wirkungen entfalten und schließlich, wie wir mit unseren inneren Abläufen und Reaktionen in die Welt um uns herum eingebettet sind.

Die erste CD beginnt mit der Anleitung zur Beobachtung des Atmens. Sie führt ins Hier und Jetzt und vertieft den Kontakt mit dem Körper. Auch im Alltag immer wieder innezuhalten und sich auf den Atem zu konzentrieren führt zu mehr Ruhe und Gelassenheit. Die zweite Übung ist eine Forschungsreise durch den Körper zur Vertiefung der Achtsamkeit und zur Verfeinerung der Wahrnehmung. Im Textteil finden sich Anregungen zur Umsetzung der geübten Fähigkeiten im Alltag. Sie laden dazu ein, die in den Übungen des »achtsamen Stehens« und des »achtsamen Gehens« erlebten Qualitäten auch im Alltag wach zu rufen. Weiter geht es mit Anleitungen zum Experimentieren mit der Aufmerksamkeitslenkung. Der »Scheinwerfer der Aufmerksamkeit« wird bewusst gebündelt, um ihn auf ein umschriebenes Objekt zu richten. Dann wird er wieder weit gestellt, um für alles offen zu sein, was im Feld des Gewahrseins auftaucht. Schließlich werden Innen- und Außenwelt gleichzeitigauf dem »inneren Bildschirm« festgehalten. Diese Übungen entstammen ihrem Wesen nach der buddhistischen Tradition. Die heute verbreiteten Achtsamkeitstrainings zur Stressreduktion oder zur Rückfallprophylaxe von Depression schlagen ähnliche Übungen vor. Sie sind die Basis jeder Achtsamkeitsschulung.

Die Übungen der zweiten CD haben ihren Ursprung in der seit den 1960erJahren kontinuierlich entwickelten Anwendung von Achtsamkeit in derHAKOMI-Methode und der Arbeit mit der »inneren Familie« nach Richard Schwartz. Es sind Anleitungen zu kleinen Experimenten in Achtsamkeit. Sie dienen der Selbstregulation und der Erforschung der Selbstorganisation. Es wird beobachtet, wie sich Veränderungen des Atemrhythmus oder eine Berührung der Brust mit der eigenen Hand auswirken. Es werden die Automatismen im Umgang mit unangenehmen Reizen untersucht und wie deren Unterbrechung neue Erfahrungen ermöglicht. Zwei Übungen erforschen, wie sich diemenschliche Psyche aus unterschiedlichen Persönlichkeitsanteilen zusammensetzt. Eine Übung zu zweit macht Muster deutlich, die im Kontakt mit anderen Personen aktiviert werden.

Der Textteil dieses Büchleins beginnt mit Definitionen von Achtsamkeit und beschreibt anschließend ihre vier Bausteine: (1) Die bewusste Lenkung der Aufmerksamkeit auf die, (2) sich von Augenblick zu Augenblick entfaltende gegenwärtigeErfahrung. (3) Das teilhabende Beobachten aus einer, (4) nicht bewertenden, sondern wohlwollend akzeptierenden Haltung.

Der nächste Abschnitt beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Aufmerksamkeitslenkung und den Objekten der Wahrnehmung. Menschliches Erleben wird dadurch mitbestimmt, welche Teile der Innen- und Außenwelt im jeweiligen Moment bewusst wahrgenommen werden. Die Welt sieht anders aus, je nach dem, ob man an einem Sommertag im Park von dunklen depressiven Gedanken gefangen gehalten wird oder ob man dafür offen ist, die Blumenwiese zu sehen, das Vogelgezwitscher zu hören und die Wärme der Sonne auf der Haut zu spüren.

Es folgen Übersichten zu Anwendungsbereichen und Auswirkungen der Achtsamkeit und dazu, wie man sich ihre Wirkungen erklärt. Das vorgeschlagene Kultivieren eines »Inneren Beobachters« schafft einen erleichternden Abstand von Gedanken und Gefühlen, ohne die Verbindung mit ihnen zu verlieren. Man kann immer wieder innehalten und bewusst wahrnehmen, was innerlich abläuft. Dies ermöglicht, aus belastenden Automatismen auszusteigen und vorher nicht bemerkte Wahlmöglichkeiten zu nutzen. Achtsamkeit macht vorher nicht Bewusstes bewusst. Auf diese Weise wird es bearbeitbar und fördert eine gute Integration. Dazu trägt auch die akzeptierende Haltung allen inneren Anteilen gegenüber bei. Ein freundlicheres Betrachten von Ungeliebtem und die Begegnung mit bisher Unbeachtetem eröffnen Wege für bereichernde Erfahrungen.

Durch die Verknüpfung von Achtsamkeit mit einem Modell der Persönlichkeitsanteile entsteht auch die Möglichkeit zu beobachten, welche inneren »Zustände« im jeweiligen Augenblick aktiviert sind und zu entscheiden, ob sie für die Situation passend und gewünscht sind. Ziel ist es, zur »Selbstführung« aus dem inneren Beobachten heraus eine übergeordnete Instanz zu entwickeln, die alle Mitglieder des »inneren Teams« im Auge hat, sie versteht und für sie sorgen kann. Diese innere Instanz kann für eine Balance zwischen den unterschiedlichen Anteilen der Persönlichkeit sorgen. In den Übungen werden einige davon erforscht, speziell auch jene, die im Weg zu stehen scheinen. Ein achtsamer »innerer Dialog« wird angeregt.

Für uns Autoren hat die Achtsamkeit in Beziehungen ganz besondere Bedeutung. Wir Menschen sind soziale Wesen und unser Glück hängt in hohem Maße davon ab, wie gut wir in Beziehungen zu anderen Menschen eingebettet sind. Die Anwendung der Achtsamkeit auf den Umgang mit wichtigen und geliebten Menschen birgt oft die größte Herausforderung. Beides, den Umgang mit uns selbst und den mit Anderen, sehen wir als untrennbar miteinander verbunden. Zentrales Ziel der von uns vorgeschlagenen Achtsamkeitspraxis ist daher die Entwicklung von Achtung und Mitgefühl für Andere, gepaart mit einer wesensnahen Selbstfürsorge.

Der Übungsteil des Buches enthält Anmerkungen zu jeder einzelnen Übung. Es werden Vorbereitung, Übungsfelder, der Transfer in den Alltag und Variationsmöglichkeiten beschrieben. Den Einstieg bilden allgemeine Empfehlungen zum Üben und zum Gebrauch der CDs.

Den Abschluss bilden Hinweise auf weiterführende Literatur, Weblinks und Schlüsselbegriffe der Achtsamkeit.

Das Buch versucht, Theorie und Praxis zu verbinden, wodurch dem Leser (Wirverwenden im Hinblick auf eine bessere Lesbarkeit des Textes zumeist diemännliche Form. Wir sind allerdings darauf bedacht, so oft wie möglich geschlechtsneutrale Worte zu nutzen.) je nach persönlicher Vorliebe zwei Wege offen stehen: sich die Theorie über die Übungen zu erschließen oder sich zunächst theoretisch mit dem Konzept der Achtsamkeit vertraut zu machen, um erst dann mit den Übungen zu beginnen. Wir empfehlen in beiden Fällen vor dem Hören der Übungen die jeweiligen Anmerkungen zu lesen. Alle Übungen erfordern die volle Aufmerksamkeit, sie sind daher nicht geeignet, sie nebenbei zu hören, etwa beim Autofahren.

WAS IST ACHTSAMKEIT?

Wurzeln der Achtsamkeit und ihre aktuelle Bedeutung

Achtsamkeit ist eine Fähigkeit des Bewusstseins, die jeder Mensch entwickeln kann. Sie zu üben ist Teil vieler spiritueller Wege, etwa im Christentum und im Sufismus, vor allem aber in der 2500 Jahre alten Tradition des Buddhismus. Buddha beschrieb einen Weg zur Befreiung vom Leid, dessen Herzstück die Achtsamkeit ist. Ihre Ursprünge liegen somit in einem ganz bestimmten weltanschaulichen, ethischen und spirituellen Gesamtzusammenhang. Die Anwendung von Achtsamkeit ist aber keineswegs an eine Religion gebunden. Buddha selbst hat seine Schüler dazu ermuntert, nichts zu glauben, nur weil es Lehrer behaupten oder es in Büchern steht. Alles möge an der eigenen Erfahrung geprüft werden.

Schon seit Beginn des 19. Jahrhunderts hat es in Europa immer wieder Bewegungen gegeben, die sich für die Lehren aus dem Osten interessierten. Doch erst seit den 1960er Jahren gewinnt ihr Wissen– und damit auch die Achtsamkeit– in der westlichen Welt zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung. So konnten die Beatles mit ihrem Guru Interesse für Meditation wecken, Mönche und Yogis wurden in Labors untersucht. Die eindrucksvollen Bilder des menschlichen Gehirns während meditativer Zustände machten auch Skeptikern deutlich, welche Möglichkeiten in der Nutzung des alten östlichen Erfahrungsschatzes liegen. Am Beginn der Entwicklung wurde Achtsamkeitstraining als Entspannung verstanden, später als mentales Training zur Erreichung von Höchstleistungen. In den letzten Jahren wurden Verfahren zur Behandlung von psychischen und körperlichen Erkrankungen entwickelt. Dabei wird auch die stressreduzierende und emotionsregulierende Wirkung von Achtsamkeit genutzt. Ein intensives Langzeittraining von Achtsamkeit kann Möglichkeiten eröffnen, die über die Psychologie des »normalen« Alltagsbewusstseins weit hinausgehen.

Das letzte Jahrzehnt brachte der Psychotherapie und Medizin geradezu einen »Achtsamkeits-Boom«. Der Großteil der veröffentlichten Studien bezieht sich auf die Arbeit von Jon Kabat-Zinn. Er entwickelte in den 1970er Jahren in Massachusetts ein achtsamkeitsbasiertes Stressbewältigungsprogramm. Dieses Gruppenprogramm, »Mindfulness-Based Stress Reduction« (MBSR) genannt, ist inzwischen weltweit verbreitet und hat sich bei unterschiedlichsten Zielgruppen bewährt. Seit den 1960er Jahren wurden parallel zum Siegeszug der auf klassischer Achtsamkeitspraxis basierenden Gruppenprogramme auch achtsamkeitszentrierte Verfahren für tiefenpsychologische Einzeltherapie und Coaching entwickelt. Dies sind vor allem die Hakomi-Methode, sowie zumindestin Ansätzen die Arbeit mit der»inneren Familie« (IFS) und das Focusing (siehe Hakomi, S. 161; IFS, S. 162; Focusing, S. 161).

Definitionen von Achtsamkeit

Auf die Frage, was Achtsamkeit ist, wird man sehr wahrscheinlich recht unterschiedliche Antworten bekommen. Wenn man buddhistische Mönche fragt, wird die Antwort davon abhängen, welcher Tradition diese angehören, ob sie Novizen sind oder jahrzehntelange Erfahrung haben. Sie werden bei ihrer Antwort auch das Wissen und die Vorerfahrungen der Fragenden mit berücksichtigen.

Der vietnamesische buddhistische Mönch und Friedensaktivist Thich Nhat Hanh, einer der Lehrer, die Achtsamkeit im Rahmen des »engagierten Buddhismus« im Westen populär gemacht haben, beschreibt sie folgendermaßen:

»Achtsamkeit ist die Fähigkeit, in jedem Augenblick unseres täglichen Lebens wirklich präsent zu sein. (…) Achtsamkeit ist eine Art von Energie, die jedem Menschen zur Verfügung steht. Wenn wir sie pflegen, wird sie stark, wenn wir sie nicht üben, verkümmert sie. (…) Achtsamkeit lässt uns erkennen, was im gegenwärtigen Augenblick in uns und um uns herum wirklich geschieht«.1

In Achtsamkeitstrainings zur Stressbewältigung wird Achtsamkeit folgendermaßen beschrieben:

»Achtsamkeit ist jenes Gewahrsein, das entsteht, wenn sich die Aufmerksamkeit mit Absicht und ohne zu bewerten auf die Erfahrungen richtet, die sich von Moment zu Moment entfalten.«2

Die unterschiedlichen Definitionen beinhalten vier Bausteine, die aus der Sicht der Autoren essenziell sind:

Die

Lenkung der Aufmerksamkeit

ist beabsichtigt und damit bewusst.

Die Aufmerksamkeit wird auf die

Gegenwart

, den jeweiligen Augenblick gelenkt. Dies führt zu einer besonderen Qualität von

Präsenz.

Das Licht, in dem die gegenwärtige Erfahrung wahrgenommen wird, ist wohlwollend, freundlich,

akzeptierend

und nicht bewertend oder gar verurteilend.

Achtsamkeit ist durch das Erwachen eines

»Inneren Beobachters«

charakterisiert.

Achtsamkeit ist ein Wort mit vier unterschiedlichen Bedeutungen:

Achtsam sein bedeutet, sich in einem genau beschriebenen

Zustand

zu befinden: Einem geistig aktiven aber zugleich passiv aufnehmenden Beobachten und Gewahrsein dessen, was innen und außen im gegenwärtigen Moment vorgeht. Automatische Reaktionen werden nicht unmittelbar in Handlungen umgesetzt– Impulse werden zunächst nur beobachtet. Achtsamkeit steht somit im Gegensatz zum Alltagsbewusstsein, in dem man eher automatisch, wie in einem »Autopiloten-Modus« funktioniert. Zusätzlich besteht auch Bewusstheit darüber, worauf die Aufmerksamkeit im jeweiligen Augenblick gerichtet ist.

Achtsam sein bedeutet, der Erfahrung gegenüber eine bestimmte

Haltung

einzunehmen: Objekte in der Außenwelt, aber auch innere Vorgänge wie Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen werden so angenommen, wie sie sind. Sie werden nicht bewertet, es erfolgt keine Einordnung in bestehende Konzepte und auch keine Verknüpfung mit vergangenen Erfahrungen. Diese Haltung entsteht von allein durch häufiges und längeres Verweilen in Zuständen von Achtsamkeit.

Achtsamkeit beruht auf bestimmten

Techniken

. Konzentration und Fokussierung der Aufmerksamkeit führen zu innerer Ruhe. Aus dieser »Zugangskonzentration« entsteht die grundlegende Fähigkeit zu immer genauerem und konstanterem Beobachten. Einzelne Elemente der Wahrnehmung können auch innerlich

benannt

werden, ohne sie einer Analyse zu unterziehen.

Oft wird Achtsamkeit mit den

Auswirkungen

der Praxis gleichgesetzt. Achtsamkeitspraxis kann zur Entwicklung von Einsicht, von Ruhe und inneremFrieden und von Gelassenheit und Gleichmut führen. Sie kultiviert Mitgefühl und Mitfreude, Gegenwärtigkeit und Präsenz. Sie verbessert die Selbstregulationsfähigkeit und öffnet den Menschen für neue Erfahrungen. »Einsicht« bedeutet in dieser Tradition die Loslösung von Konzepten mit dem Ziel, die Welt immer genauer und umfassender so wahrzunehmen, wie sie ist.

DIE VIER BAUSTEINE DER ACHTSAMKEIT

Baustein 1: Lenkung der Aufmerksamkeit

Eine Grundannahme der buddhistischen Psychologie besteht darin, dass jeder Mensch in seiner eigenen Welt lebt. Wie er diese Welt konstruiert, hängt von den Aspekten der Außen-und Innenwelt ab, die er wahrnimmt. Die Auswahl dieser Aspekte ist das Ergebnis der Lenkung der Aufmerksamkeit. Sie bestimmt, was wir registrieren und was wir ausblenden. Diese Lenkung erfolgt in der Regel nicht bewusst. Wir erleben es subjektiv meist eher so, dass etwas unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, wir dann wieder abgelenkt werden und es uns schwer fällt, über längere Zeit bei einer Sache zu bleiben. Diese Lenkung ist zwar nicht bewusst aber sehr wohl ein aktiv gestaltender Prozess. Somit handelt es sich vielmehr um eine »Wahrgebung«3 als um eine Wahrnehmung.

Wenn man die Aufmerksamkeit mit dem Lichtkegel eines Bühnenscheinwerfers vergleicht, hieße Achtsamkeit, zugleich Beleuchter und Regisseur zu sein. Wo der Lichtschein hinfällt, folgt dann nicht mehr den automatischen Gesetzen des Alltagsbewusstseins, so wie man sich unwillkürlich in die Rich