Das doppelte Spiel des Jaguars - Alex Wagner - E-Book
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Das doppelte Spiel des Jaguars E-Book

Alex Wagner

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Beschreibung

Wenn aus Liebesromanen blutiger Ernst wird ...

Endlich in Ruhe schreiben! Schriftstellerin Clara Annerson zieht sich mit ihren Kollegen Nils und Luiza in ein Wiener Luxushotel zurück. Kaum angekommen, berichtet Star-Autorin Luiza von einem rätselhaften Liebesbeweis. Anscheinend hat dieser mit ihren Romanen über erotische Jaguar-Gestaltwandler zu tun. Das Werk ihres Gatten, um wieder Feuer in die Beziehung zu bringen? Die Tat eines durchgeknallten Fans? Oder bildet sich Luiza vielleicht etwas ein? Doch die Vorfälle häufen sich, und bald geraten Liebe, Leib und Leben in Gefahr. Und Clara beginnt zu ermitteln ...

Erleben Sie in diesem in sich geschlossenen Kurz-Krimi, wie die Autorin Clara Annerson ins Krimifach wechselt und ihren Spaß am Ermitteln entdeckt!

Dieses eBook enthält eine XXL-Leseprobe von "Die edle Kunst des Mordens" von Alex Wagner - Clara Annersons erster großer Fall.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!

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Seitenzahl: 188

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Inhalt

CoverÜber dieses BuchÜber die AutorinTitelImpressum1234567891011121314Leseprobe: Die edle Kunst des MordensCover1234567

Über dieses Buch

Endlich in Ruhe schreiben! Schriftstellerin Clara Annerson zieht sich mit ihren Kollegen Nils und Luiza in ein Wiener Luxushotel zurück. Kaum angekommen, berichtet Star-Autorin Luiza von einem rätselhaften Liebesbeweis. Anscheinend hat dieser mit ihren Romanen über erotische Jaguar-Gestaltwandler zu tun. Das Werk ihres Gatten, um wieder Feuer in die Beziehung zu bringen? Die Tat eines durchgeknallten Fans? Oder bildet sich Luiza vielleicht etwas ein? Doch die Vorfälle häufen sich, und bald geraten Liebe, Leib und Leben in Gefahr. Und Clara beginnt zu ermitteln …

Dieser Kurz-Krimi ist das Prequel zu „Die edle Kunst des Mordens“ – erleben Sie in dem in sich geschlossenen Fall, wie die Autorin Clara Annerson ins Krimifach wechselt und ihren Spaß am Ermitteln entdeckt!

Über die Autorin

Alex Wagner, geboren 1972, lebt in Wien. Ursprünglich Betriebswirtin, experimentierte sie sich durch die Jobwelt – von Private Banking und Versicherungsvertrieb über Coaching und Hypnose bis zu Weltretten bei Greenpeace. Derzeit schreibt sie an weiteren Fällen für die ermittelnde Schriftstellerin Clara Annerson.

ALEX WAGNER

Das doppelteSpiel desJaguars

KRIMINALROMAN

beTHRILLED

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Originalausgabe

Dieser Titel wurde vermittelt durch die Berliner Literaturagentur Wortunion.

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Stefanie Kruschandl

Lektorat/Projektmanagement: Lukas Weidenbach

Covergestaltung: U1berlin / Patrizia di Stefanounter Verwendung von Motiven von© MHJ / Getty Images, © Tatiana Davidova/Shutterstock,© Clker-Free-Vector-Images/Pixxabay

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-4067-9

Dieses eBook enthält eine Leseprobe des in der Bastei Lübbe AG erscheinenden Werkes »Die edle Kunst des Mordens« von Alex Wagner.

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung: U1berlin / Patrizia Di Stefano unter Verwendung von Motiven von © getty-images: Luciano Lozano und Beastfromeast

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

1

Alles fing damit an, dass ich an einem warmen Maimorgen meinen beiden liebsten Schriftstellerkollegen gegenübersaß und kalte Angst verspürte.

Es war Montag, der erste Tag unseres alljährlichen Schreib-Urlaubs, und Nils´ und Luizas Augen waren erwartungsvoll auf mich gerichtet. Beide brannten darauf, zu erfahren, was ich für meinen neuen Liebesroman plante, und ich hatte … nichts.

Dabei freute ich mich seit Wochen auf unser Treffen und hatte dem heutigen Tag geradezu entgegengefiebert! Konnte es für eine Schriftstellerin etwas Schöneres geben, als einen ganzen Monat lang ausschließlich in der Welt ihrer Bücher zu leben? Keine Verpflichtungen, keine Termine, keine Hausarbeit – nur Schreiben, Schreiben, Schreiben. Und das in einem Vier-Sterne-Hotel in Wien, voller Kitsch und Plüsch und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Schloss Schönbrunn, der ehemaligen Kaiserresidenz? In Gesellschaft zweier ganz besonderer Kollegen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.

Luiza Adoray war die Starautorin in unserem Trio. Ihre Gestaltwandlerserie mit den liebeshungrigen Jaguarmenschen hatte sich bereits millionenfach verkauft und wuchs jedes Jahr um zwei bis drei weitere Bände. Okay, vielleicht waren die Jaguarmenschen eher sex- als liebeshungrig, und natürlich war Luiza Adoray ein Künstlername. Passend zum Genre, exotisch, verspielt, wobei der Name irgendwie zu Luiza passte. Auch wenn sie im bürgerlichen Leben Petra Knöttig hieß und aus einem ganz und gar unromantischen Kaff im Ruhrpott stammte – Luiza war die Königin der Liebe und das nicht nur in ihren Büchern. Gemeinsam mit ihrem Mann Vincent Marquardt – der sie vergötterte – bewohnte sie eine Traumvilla in den Hügeln von Florenz und gab sich wie eine Diva. Sie kleidete sich in schillernde bodenlange Roben, auch wenn sie bloß eine Lesung hielt. An ihren Handgelenkten klapperten stets Dutzende von Armreifen – natürlich aus echtem Gold –, und ihr Haar saß perfekt bis auf die letzte Haarsträhne. Bei Sonne, Wind und Regen. Genau wie in der Fernsehwerbung. Die Frauenzeitschriften druckten regelmäßig Fotos von Luiza, auf denen sie aussah wie eine Märchenprinzessin.

Nils Hermann hingegen hatte gar nichts Märchenhaftes an sich. Er war beleibt, fast kahlköpfig, und trug billige Anzüge, die stets zu eng wirkten. Wäre man ihm zufällig auf der Straße begegnet, hätte man eher auf einen Buchhalter oder Steuerberater getippt als auf einen Romance-Autor. Und obwohl Nils bereits seit über zehn Jahren schrieb, hatten es seine historischen Liebesromane noch nie auf irgendeine Bestsellerliste geschafft. Was vermutlich daran lag, dass diese Werke meist sieben- bis achthundert Seiten dick waren und die geneigte Leserin mit ihrer geschichtlichen Genauigkeit und Detailfülle schon lange vor der ersten Liebesszene erschlugen.

Trotzdem, ich mochte Nils. Wenn wir die Feedback-Runden abhielten, bei denen wir unsere Manuskripte gegenseitig zerpflückten, gelang es ihm stets, klipp und klar zu sagen, woran genau eine Geschichte krankte. Was zwar schmerzhaft war, aber auch ungeheuer wertvoll. Schade nur, dass Nils im Annehmen von Feedback nicht halb so gut war wie im Geben. Seinen Büchern hätte es gutgetan, wenn der Autor etwas kritikfähiger gewesen wäre.

Nils war es auch, der stets den Ort unserer jährlichen Zusammenkunft bestimmen durfte, was schlicht daran lag, dass seine Romane gründlicher Vor-Ort-Recherchen bedurften. Und zwar wirklich gründlicher. Auch wenn die Zeiten, von denen er schrieb, längst vergangen waren – die Schauplätze, an denen er seine Geschichten ansiedelte, existierten noch. Schlösser, Paläste, alte Klöster. Nils erforschte sie mit dem Eifer eines Historikers und der Akribie eines Archäologen.

Diesmal war seine Wahl auf Wien gefallen, weil er beabsichtigte, eine Romanze am Hof der Kaiserin Maria Theresia anzusiedeln – in Schloss Schönbrunn. Das Hotel, in dem wir uns einquartiert hatten, war das ehemalige Gästehaus des Kaisers. Es war ein einziger architektonischer Schnörkel, mit reich gegliederter Fassade, und in jenem dunklen Gelb gehalten, das man in Wien noch hundert Jahre nach dem Ende der Monarchie sofort mit der Kaiserfamilie verband. Das Haus lag direkt vor einem der Tore des Schlossparks.

Zunächst hatte ich gegen Wien als Ort für unseren Schreib-Retreat protestiert, denn ich wohnte selbst in Wien. Einen Monat lang ins Hotel ziehen, auch wenn man nur ein paar Kilometer weiter ein nettes kleines Häuschen besaß? Ich fand die Idee anfangs ziemlich bescheuert, Luiza hingegen sagte schlicht: »Oh, wie romantisch! Eine Fremde sein in der eigenen Stadt, was für ein Abenteuer!« Und damit war es eine beschlossene Sache. Sei flexibel, Clara, ermahnte ich mich. Offen für neue Erfahrungen.

Und hier saß ich nun – an dem Biedermeiertisch in Luizas Suite, umgeben von Samt und Seide, über mir ein funkelnder Kristallleuchter, der aussah, als hätte er schon den Scheitel der legendären Kaiserin Sisi beschienen. Aus den Panoramafenstern der Zimmerflucht blickte man über die Bäume des Schlossparks, die im französischen Barockstil beschnitten waren. Es wirkte, als wären die Gärtner bei ihrer Arbeit mit Zirkel und Lineal und dem Lehrsatz von Pythagoras vorgegangen, statt mit bloßen Heckenscheren.

An diesem geschichtsträchtigen Ort also wollten wir in den nächsten Wochen in literarischer Leidenschaft schwelgen. Ich jedoch fühlte mich wie vor einem Erschießungskommando. Was war nur los mit mir?

Ich selbst schrieb auch Liebesromane – und das seit vielen Jahren. Nicht unter einem blumigen Pseudonym, sondern schlicht als Clara Annerson – meinem bürgerlichen Namen. Meine Bücher handelten fast immer von ganz normalen Menschen. Im Hier und Heute. Na gut, einen Vampir-Roman hatte ich auch schon geschrieben. Und hatte verboten viel Spaß dabei gehabt.

Natürlich war ich nicht annähernd so erfolgreich wie Luiza, deren Romane man sogar in Japan und China verschlang. Aber was den deutschsprachigen Raum anbelangte, konnte ich mit den Erfolgen meiner Bücher durchaus zufrieden sein.

Optisch hätte ich Luizas unscheinbare Schwester sein können. Obwohl Luiza die Vierzig längst überschritten hatte, während ich noch als Enddreißigerin durchging, wirkte sie auf den ersten Blick jünger als ich. Ihre Haare waren blonder als meine, ihre Augen größer, glänzender und grüner. Ihre Lippen schienen voller zu sein, ihre Taille schmaler. Während ich mich an einem durchschnittlichen Tag kaum aufraffen konnte, Mascara aufzutragen, sah Luiza stets aus, als beabsichtige sie, in den nächsten zwanzig Minuten eine Bühne zu betreten.

Traditionellerweise begannen wir unsere Schreib-Retreats damit, den anderen beiden die Buchidee zu skizzieren, an der wir in den kommenden Wochen arbeiten wollten. Wer verliebt sich in wen, wo, warum? Was steht zwischen den beiden? Was geht schief, welche Qualen müssen die hoffnungsvollen Liebenden durchleiden, bis sie einander endlich in die Arme sinken dürfen und glücklich bis an ihr Ende … Sie wissen schon.

Und genau da lag mein Problem. Keine Ahnung, warum es mir erst jetzt auffiel, wo Nils´ und Luizas Augen erwartungsvoll auf mich gerichtet waren. Üblicherweise hatte ich schon lange vor der Anreise zu unseren Treffen eine sehr genaue Vorstellung von der Geschichte im Kopf, die ich schreiben wollte. Ich sah die Heldin vor mir und jenen Traummann, der ihr Herz erobern sollte. Diesmal jedoch beobachtete ich mich selbst dabei, gewissermaßen von außen, wie ich meinen beiden Kollegen verkündete: »Ich bin mir noch nicht sicher, was genau ich machen will.« Ja, das waren tatsächlich meine Worte.

Nils reagierte, wie ich es erwartet hatte. Er zog die Augenbrauen hoch und fragte: »Alles in Ordnung mit dir, Clara?«

Luiza jedoch machte eine Handbewegung, als würde sie ein Sommerwölkchen vom Himmel fegen wollen, und zuckte ihre bezaubernden Schultern. »Dann werde einfach ich den Anfang machen, okay, Honey?« Luiza liebte englische Kosenamen. Alles und jeder, vom Taxifahrer bis zu ihrem Ehemann, wurde abwechselnd mit Honey, Sweetheart, Darling und so weiter betitelt. Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf Luizas Prinzessinnen-Gesicht aus. »Ich muss euch nämlich etwas erzählen. Also bevor ich zum Plot für mein neues Buch komme, meine ich. Etwas Unglaubliches ist passiert. Heute Nacht im Zug!«

»Dafür ist doch bestimmt am Nachmittag noch Zeit«, wandte Nils ein, diszipliniert wie immer. So waren die Regeln unserer Treffen: Die Vormittage waren einzig der Arbeit vorbehalten; Klatsch und Tratsch, Sightseeing oder sonstige Freizeitaktivitäten mussten bis zum Nachmittag oder Abend warten.

Luiza ignorierte Nils´ Einwand wie man ein nerviges Kind ignoriert, dem man nichtdestotrotz einen festen Platz im eigenen Herzen einräumt. Ihre dunklen Augen wanderten verträumt an die Zimmerdecke, als würde sie dort die Szene sehen, die sie uns jetzt schilderte. Ihre Stimme nahm einen erregten Tonfall an. »Stellt euch vor, Sweethearts, Vincent und ich hatten gerade ein spätes Dinner zu uns genommen, im Restaurantwagen. Danach, ihr wisst schon … Also, er wollte noch bleiben und sich wie üblich ein paar Drinks genehmigen, und so bin ich alleine zurück in unser Abteil. Und da – also es war unglaublich – beinahe wäre ich umgekippt vor Schreck!«

»Ja?«, warf Nils ein, jetzt offensichtlich doch geneigt, eine Ausnahme von unseren Arbeitsregeln zu machen.

»Ja, also stellt euch vor: In meiner Koje, auf meinem Bett, da lag ein Jaguarfell!«

»Kein Scheiß?«, sagte Nils und erntete dafür einen erzürnten Blick. Luiza mochte keine Kraftausdrücke.

»Ein Jaguarfell?«, sagte ich. »Im Nachtzug? Das ist doch …«

Luiza nickte rasch. »Ganz genau. Wie in Krallen der Liebe. Es war exakt die gleiche Szene, Clara!« Ihre Stimme klang plötzlich eine Oktave höher, schrill geradezu. Ob aus Angst oder eher aus Erregung, vermochte ich nicht zu sagen.

Krallen der Liebe war ein höchst erfolgreicher Roman aus Luizas Gestaltwandlerserie, den sie erst vor ein paar Monaten veröffentlicht hatte. Ich konnte mich noch gut an den Plot erinnern: Eine jungfräuliche Heldin – Luiza liebte jungfräuliche Heldinnen – geriet bei einer Fahrt im Nachtzug in die Fänge eines verführerischen Fremden, der sich im weiteren Verlauf des Romans als Jaguarmensch mit überaus düsterer Vergangenheit entpuppte. Er hatte jede Menge unaussprechlicher Geheimnisse, skrupellose Feinde und – nicht zu vergessen – ans Perverse grenzende sexuelle Neigungen! Natürlich erlöste ihn die furchtlose Liebe der Jungfrau nach einer ganzen Reihe prickelnder Abenteuer am Ende von aller Dunkelheit. Doch das war jetzt nicht entscheidend – begonnen hatte das romantische Drama damit, dass der Raubtiermann der arglosen Maid ein kostbares Jaguarfell ins Abteil schmuggelte, es ihr zum Geschenk machte, nachts im Schlafwagen.

Diese Präsente fanden sich in jedem Band von Luizas Serie, sie waren gewissermaßen das Markenzeichen der Jaguarmenschen. Die Gestaltwandler hinterließen bei ihren auserkorenen Damen stets diese außergewöhnlichen Beweise ihrer Gunst.

Nils beugte sich vor. »Großer Gott, Luiza, wie furchtbar! Bestimmt ein durchgeknallter Fan, der dich stalkt! Hast du die Notbremse gezogen, den Schaffner alarmiert? Und dann gleich die Polizei eingeschaltet? Zum Glück ist dir nichts passiert! Dir ist doch nichts passiert, oder?«

Luiza schüttelte unwillig den Kopf. Der Blick, mit dem sie Nils bedachte, ließ keinen Zweifel daran, dass sie nichts von alledem getan hatte.

Sie sprach langsam, wie im Traum. »Die Polizei? Wozu das denn? Ihr wisst doch, dass die absolut nichts ausrichten können gegen die Jaguare. Und überhaupt, ich fand die Geste irgendwie …« Sie stockte.

»Romantisch?«, half ich ihr.

Sie zog die Schultern hoch und lächelte mir dankbar zu – wobei ich mir sicher war, dass sie mich gar nicht ganz wahrnahm. In ihren Augen lag noch immer jener Glanz, den ich nur zu gut von unseren gemeinsamen Schreibstunden kannte. Bitte nicht stören, bin gerade im Traumland, nannte ich diesen Gesichtsausdruck. Natürlich nur insgeheim. Luiza gegenüber sagte ich nichts dergleichen. Normalerweise war ja auch nicht das Geringste dagegen einzuwenden, dass eine Schriftstellerin sich im fiktiven Universum ihrer Romane zu Hause fühlte.

Normalerweise.

Aber derjenige, der in Luizas Zugabteil eingebrochen war, um dort dieses seltsame Souvenir zu hinterlassen, war keine Romanfigur. Und womöglich hatte diese Person ganz andere Absichten gehabt, als bloß das Herz einer Jungfrau zu stehlen.

Es war definitiv kein Jaguar!, lag mir auf der Zunge, doch Luiza kam mir zuvor: »Vincent ist ein echter Held«, hauchte sie, scheinbar völlig aus dem Zusammenhang gerissen. »Als er von der Bar zurückkam und ich ihm das Fell zeigte – wisst ihr, was er da getan hat? Er hat sein Jagdmesser gezückt. Und zwar blitzschnell. Mein Messer, versteht ihr? Dann ist er aus der Kabine gestürmt, fest entschlossen, den Eindringling zu stellen. Nicht im Traum hätte ich mir einfallen lassen, dass er es stets bei sich trägt, also das Messer. Immer, wenn wir auf Reisen sind. Das hat er gesagt. Um mich zu beschützen. Mich beschützen! Ist das nicht wundervoll? Ich bin förmlich …« Sie stockte. Ihr Blick verschleierte sich.

»Dahingeschmolzen?« Diesmal war Nils es, der Luizas Satz vervollständigte. Auch er erntete ein dankbares Lächeln.

»Ja, genau. Oh, ich hatte vergessen, was Vincent für ein Held ist. So furchtlos. So männlich. Mein Wikinger!«

Das Messer, von dem Luiza sprach, war ein antikes Jagdmesser mit herrlich geschnitztem Mahagonigriff, das sie ihrem Mann vor einigen Jahren zum Hochzeitstag geschenkt hatte. Natürlich fand es sich daraufhin auch gleich in ihrem nächsten Buch wieder. Fiktion und Wirklichkeit waren tatsächlich eher fließende Kategorien für meine liebe Kollegin. Und das mit dem Wikinger? Nun, Vincent Marquardt war – auch außerhalb von Luizas Traumwelt – ein recht ansehnlicher Mann: groß, breitschultrig, mit blondem Haar, Bart und tiefblauen Augen. Der Kosename war also naheliegend. Eigentlich ein Wunder, ging es mir in diesem Augenblick durch den Kopf, dass die Jaguarmenschen in Luizas Bücher ausschließlich dunkle, südländische Typen waren.

»Was für ein Abenteuer«, sinnierte Luiza schlussendlich, lächelte Nils und mich noch einmal strahlend an, um sich dann unmittelbar, ohne auch nur einmal Luft zu holen, in eine ausladende Schilderung ihres neuen Buchprojekts zu stürzen. Die Funken sprühten nur so, insbesondere die Sexszenen schien Luiza bereits in allen Details im Kopf zu haben, und es verging bestimmt eine halbe Stunde, bevor es Nils oder mir gelang, auch nur eine Zwischenfrage zu stellen.

2

Ja, das private Liebesglück konnte ungeheuer inspirierend sein, was das Schreiben anbelangte. Leider war das Gegenteil ebenso wahr – gelinde ausgedrückt.

Konnte dies der Grund sein, warum seit einiger Zeit in meinem Kopf nichts als Leere herrschte, wenn es um eine neue Buchidee ging? Weil mein Herz genauso leer …

Nein, halt, das durfte ich nicht einmal denken. Das wäre höchst unfair Patrick gegenüber. Meinem aktuellen Lebensabschnittspartner, wie er das scherzhaft nannte.

Trotzdem, während nun Nils seinerseits begann, sein neues Buchprojekt vor uns auszubreiten, eine höchst verwickelte Story um eine adlige Hofdame und deren unmögliche Liebe zu einem jungen Kutscher, kreiste genau diese Frage unaufhörlich in meinem Kopf. Sie nistete sich in meinen Gedanken ein wie ein scheußlicher Parasit, den man nicht mehr loswurde.

War meine Beziehung am Ende? Mein privates Liebesglück nur noch schöner Schein? Patrick lebte sein Leben und ich meines. Hatten wir überhaupt noch irgendetwas gemein? Fühlte ich noch etwas für ihn, das über Freundschaft – oder noch schlimmer: Gewohnheit – hinausging? Und er für mich?

Was war nur los mit mir, dass ich solche Dinge dachte?

Doch dann war da noch ein zweiter Gedanke, ein fast ebenso hartnäckiger. Oder vielmehr ein Gefühl – das mir sagte, dass Luiza uns nicht alles erzählte hatte über ihr nächtliches Abenteuer im Zug. Auf ihre unnachahmliche Art war es ihr gelungen, uns an ihrer romantischen Verklärung des Vorfalls hautnah teilhaben zu lassen. Aber wenn es um Fakten, um nüchterne Details ging, hatte sie uns verdammt wenig erzählt. Zu wenig.

Nils verstummte plötzlich, was mich in die Gegenwart zurückholte. In dem Blick, mit dem er mich fixierte, lag ein unausgesprochenes aber unüberhörbares Wärst du wohl geneigt, mir deine Aufmerksamkeit zu schenken, liebe Clara?

»Entschuldigung«, murmelte ich und zwang mich, Nils´ weiteren Schilderungen mit höchster Konzentration zu folgen. Schilderungen, die leider noch eine gute Dreiviertelstunde in Anspruch nahmen.

Nils schrieb bereits seit einigen Monaten an dem Buch und die Rohfassung war schon zu einem Drittel fertig. Der Plot war perfekt – für ein sechsteiliges Dokudrama. Für einen Liebesroman eher weniger. Man erfuhr so gut wie alles über das höfische Leben im 18. Jahrhundert. Alles, was man noch nie hatte wissen wollen.

Als wir drei nach unserer ersten Arbeitssitzung zum Mittagessen ins Hotelrestaurant Serenade hinuntergingen, wartete Vincent dort bereits. Er war in ein lebhaftes Gespräch mit Franziska vertieft – das war Nils´ neue Freundin, die er zum ersten Mal mitgebracht hatte. Ich war dieses Jahr als Einzige in unserem Trio alleine angereist.

Franziska war höchstens Ende zwanzig, ziemlich klein und trug ihr dunkles Haar zu einem kinnlangen Bob gestutzt. Ihre Figur erinnerte an jene Frauen, die sich auf den Buchdeckeln älterer Liebesromane so gerne spärlich bekleidet in den Armen eines muskelbepackten Helden räkelten. Üppige Kurven, wohin man auch blickte, und Franziska wusste sie mit entsprechend eng anliegenden Kleidern gekonnt in Szene zu setzen.

Bildete ich es mir nur ein, oder zog Vincent wie von der Tarantel gestochen seine Hand von Franziskas Arm zurück, als wir das Restaurant betraten? Eine Sekunde später war er bereits aufgesprungen und stürmte mit ausgebreiteten Armen Luiza entgegen. Leidenschaftliche Küsse folgten, als hätten sich die beiden Monate nicht gesehen.

Wenn Patrick und ich uns trafen, war seine übliche Begrüßung eine flüchtige Umarmung, ein »Wie war dein Tag, Schatz?«, ohne darauf eine Antwort zu erwarten, und dann: business as usual. Aber machte ich es denn anders? Nein, Patrick war nichts vorzuwerfen. Bloß, wem dann?

Franziska entpuppte sich als glühender Fan von Luizas Jaguarbüchern, hatte jedes davon mindestens dreimal gelesen und überschlug sich fast vor Begeisterung, der verehrten Autorin endlich persönlich gegenüberzusitzen, ja einen vierwöchigen Urlaub mit ihr gemeinsam zu verbringen! Und das alles dank dem lieben Fanti.

Ich brauchte eine Weile, bis ich verstand, dass mit diesem Kosenamen Nils gemeint war, den Franziska ansonsten während des gesamten Essens schlicht ignorierte. Zweifellos eine Verniedlichung von Elefant. Für einen Augenblick tat mir Nils fast leid. Gut, er hatte – wie es so schön heißt – schwere Knochen und war nicht gerade ein Schönling, aber Fanti?

Noch bevor der Kellner die Hauptspeisen servierte, war mir Franziska bereits unheimlich, und den gequälten Seitenblicken nach zu urteilen, die Luiza mir zuwarf, ging es nicht bloß mir so.

Franziska bestellte nicht nur exakt die gleiche Speisenfolge wie Luiza, sie begann auch bereits deren Eigenheiten in Gestik und Sprache nachzuahmen. Dazu löcherte sie sie mit hundert Fragen zu ihren Büchern und brach jedes Mal in ekstatisches Gelächter aus, wenn Luiza etwas noch so Banales von sich gab. Luiza dies, Luiza das, Luiza jenes. Mir schwirrte der Kopf.

Schriftsteller sind keine Rockstars. Selbst eine Erfolgsautorin wie Luiza war solch überschwängliche Aufmerksamkeit eines Fans nicht gewohnt. Trotzdem dachte ich mir zu diesem Zeitpunkt nichts Böses dabei, hielt das Ganze zwar für lästig, aber doch bestimmt für harmlos. Sicherlich nichts, worüber man sich sorgen musste – oder?

Dann brachte der Kellner die Rechnung, die sofort Luiza an sich riss. »Das übernehmen wir«, verkündete sie, »Getränke, Essen, alle Extras gehen auf uns. Nein, keine Widerrede!«

Das war eine doppelt großzügige Geste. Erstens, weil Luiza »wir« sagte, obwohl jeder von uns wusste (vielleicht ausgenommen Franziska), dass Vincent seit fast fünfzehn Jahren hauptberuflich Ehemann war und über kein eigenes Vermögen verfügte. Und zweitens, weil Luizas Großzügigkeit nicht bei Essenseinladungen endete: Wie jedes Jahr waren auch diesmal wieder die beiden Standardzimmer, die Nils und ich gebucht hatten, vom Hotel auf magische Weise in luxuriöse Suiten verwandelt worden. Luiza war es, die diese Upgrades stets buchte und stillschweigend bezahlte.

3

Am nächsten Nachmittag hatte ich Luizas geheimnisvolles Abenteuer im Zug schon beinahe wieder vergessen. Ich glaube, ein Teil von mir tat es sogar als bloße Erfindung ihrer überproduktiven Fantasie ab.

Der Mai zeigte sich von seiner stürmischsten Seite, daher musste der Spaziergang durch die Wiener Innenstadt, den wir für heute geplant hatten, wohl oder übel noch etwas warten. Und weil sowohl Luiza als auch Nils echte Schleckermäuler waren, schlug ich einen Besuch in der Hofzuckerbäckerei Demel vor. Das war nicht einfach irgendein Kaffeehaus, derer es in Wien so viele gibt, sondern eine echte Institution, ein lebendes Relikt aus der Kaiserzeit.

Das Interieur verbreitete den Charme der Jahrhundertwende. Es gab viel dunkles Holz, geschliffenes Glas, und herrliche Messinglampen, die ein schummriges Licht verströmten. Dazu winzige Marmortischchen und ebenso kleine Stühle, auf denen man unweigerlich das Gefühl bekam, das eigene Hinterteil wäre zu groß geraten. Die Kellnerinnen kleideten sich noch genau wie zu Habsburger-Zeiten, in strenges Schwarz mit Spitzenbesatz, und sprachen die Gäste auch entsprechend an. »Haben gewählt, gnädige Frau?«

Wir saßen zu dritt bei Tisch, als es geschah. Vincent, Franziska und ich. Ich schlürfte Kaffee mit Schlagobershaube und pickte die letzten Krümel meiner Topfentorte vom Teller. Nils klebte bereits seit einer guten halben Stunde an der Panoramascheibe der Schaubackstube, ganz in die Kunst der Apfelstrudel- und Sachertortenproduktion vertieft. Vermutlich würden wir in seinem neuen Buch auf guten zehn Seiten jedes auch noch so kleine Detail darüber erfahren.

Ich selbst ließ gerade die morgendliche, wiederum sehr unproduktive Schreibsitzung vor meinem inneren Auge Revue passieren und achtete kaum auf meine Umgebung. Dann sah ich Luiza, die soeben von einem Gang zur Kuchenvitrine zurückkehrte, und sich anschickte, ihren Platz zwischen Vincent und Franziska wieder einzunehmen.