Das Erbe der Lassiters - 7-teilige Serie - Kathie DeNosky - E-Book

Das Erbe der Lassiters - 7-teilige Serie E-Book

Kathie Denosky

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Beschreibung

Erleben Sie die glanzvolle 7-teilige Familiensaga: Nach dem plötzlichen Tod des Familienoberhaupts herrscht Aufruhr in der Familie Lassiter. Die Erben müssen sich gegen Lügen und Intrigen wehren - und für ihre große Liebe kämpfen!

SCHICKSALSNACHT MIT DEM MILLIONÄR

Nach einer unglaublich zärtlichen Nacht verschwand Matt Hollis ohne ein Wort aus Kaylas Leben. Jetzt trifft sie den begehrten Single auf der Hochzeit einer Freundin wieder. Kayla sollte wütend sein! Stattdessen schlägt ihr verräterisches Herz viel zu schnell …

BETÖRT VON EINER BETRÜGERIN?

Drei Millionen Dollar! Sage Lassiter ist fassungslos. Warum hat sein Vater der hübschen Krankenschwester Colleen ein Vermögen vererbt? Um sie als Betrügerin zu entlarven, beginnt Sage, sie zu verführen. Ein gewagter Plan mit ungeahnt leidenschaftlichen Folgen …

DEIN VERFÜHRERISCHER KUSS

"Wie viel nehmen Sie pro Stunde?" Logan Whittaker muss lächeln: Hannah hält ihn für den Klempner! Dabei ist der Anwalt gekommen, um ihr mitzuteilen, dass ihre Geldsorgen für immer ein Ende haben. Und vielleicht auch, um sich in die temperamentvolle Schönheit zu verlieben …

NUR EINE SINNLICHE AFFÄRE?

Attraktiv, umschwärmt und ein Draufgänger: Der charmante Dylan Lassiter ist Jennas absoluter Traummann! Nach Stunden voller Lust muss sie den Millionär trotzdem verlassen. Denn sie hütet ein dunkles Geheimnis, von dem Dylan niemals etwas erfahren darf …

BLEIB BEI MIR, CITY-GIRL!

Knisternde Spannung herrscht zwischen ihnen, seit sie sich auf seiner Ranch zum ersten Mal geküsst haben! Aber Chance Lassiter ist überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Fee nach Los Angeles zurückkehrt. Oder gibt es einen Weg, das aufregende City-Girl zu halten?

MEIN UNWIDERSTEHLICHER MILLIARDÄR

Becca ist entsetzt! Jack Reed will die Wohltätigkeitsstiftung, für die sie arbeitet, ruinieren. Sie muss den erfolgsverwöhnten Milliardär davon abbringen! Aber wie überzeugt man einen so unwiderstehlichen Verführer, ohne sich selbst dabei die Finger zu verbrennen?

MEHR ALS EIN AUFREGENDES SPIEL?

Evan McCains erregend sinnliche Küsse zerreißen Angelica Lassiter fast das Herz. Zu gern würde sie in seinen starken Armen dahinschmelzen! Allerdings ist ihre leidenschaftliche Romanze für ihn nur ein kühl kalkuliertes Schauspiel für die Öffentlichkeit - oder?

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Seitenzahl: 1216

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Maureen Child, Kristi Gold, Yvonne Lindsay, Kathie Denosky, Robyn Grady, Barbara Dunlop

Das Erbe der Lassiters - 7-teilige Serie

IMPRESSUM

Schicksalsnacht mit dem Milliardär erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2014 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Beauty and the Best Man“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECITON BACCARABand 350 - 2015 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Martha Schierhorn

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733769550

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Du weißt, dass ich dich sehr liebe?“ Kayla Prince sah der Person, die ihr in dem gemütlichen Diner in der Innenstadt von Cheyenne, Wyoming, gegenübersaß, tief in die Augen.

„Ja, das weiß ich.“

„Und du weißt, dass ich alles für dich tun würde.“

„Ja.“

„Dann tu mir das bitte nicht an“, stöhnte Kayla. „Bitte, bitte, bitte, lass mich nicht ausgerechnet neben diesem Mann vor den Altar treten.“

Angelica Lassiter, Kaylas beste Freundin, lachte schallend und warf ihr blondes Haar zurück. „Ach Kayla. Mach nicht so ein Drama.“

„Oh, bitte, Angie“, sagte Kayla und lehnte sich zurück. „Denk dir irgendetwas anderes aus. Sei ein Trendsetter. Der Trauzeuge könnte doch zum Beispiel neben dem Blumenmädchen gehen.“

„Ganz bestimmt nicht. Wie würde das bitte aussehen?“

Aus lauter Verzweiflung brachte Kayla das nächste Argument vor. „Dann lass mich die Blumen streuen. Such dir eine andere Trauzeugin. Ich wäre auch ganz sicher nicht beleidigt.“ Sie legte sich eine Hand aufs Herz und warf ihrer Freundin einen treuherzigen Blick zu. „Ehrlich.“

„Es geht einfach nicht anders. Du bist die Trauzeugin, Kayla. Du bist meine beste Freundin.“

„Wir könnten uns streiten“, schlug Kayla hoffnungsvoll vor. „Richtig schlimm. Und nach der Hochzeit versöhnen wir uns wieder.“

„Wir streiten nie“, gab Angelica zu bedenken.

Nein, natürlich tun wir das nicht, dachte Kayla kläglich. Wie sollte man auch mit Angie streiten? Sie war wunderschön und nett, lustig und klug. Leider heiratete sie einen Mann, dessen Trauzeuge ganz zufällig genau der Mensch war, der Kayla einfach zur Weißglut trieb.

„Du machst dieses ganze Theater wirklich nur, um Matt aus dem Weg zu gehen?“

Schmollend starrte Kayla in ihren Kaffee und versuchte zu verdrängen, dass sie sich wie ein Riesenfeigling benahm. Das war eigentlich überhaupt nicht ihre Art. Ihre alleinerziehende Mutter hatte sie von klein auf dazu erzogen, unabhängig zu sein. Kayla war noch nie vor irgendwelchen Schwierigkeiten zurückgeschreckt. Das College in L. A., wo sie und Angelica erst Zimmergenossinnen und dann beste Freundinnen geworden waren, hatte sie sich selbst finanziert. Ihr Kunststudium hatte sie geliebt, aber mit der Zeit hatte sie sich eingestehen müssen, dass aus ihr leider keine große Künstlerin werden würde. Trotzdem erkannte sie ein großes Werk, wenn sie es sah. Also jobbte sie in ein paar kleineren Galerien, lernte und sammelte Erfahrungen. Wenn sie schon selbst keine Künstlerin sein konnte, dann konnte sie wenigstens im Kunstbereich ihren Lebensunterhalt verdienen.

In den Ferien war Kayla ein paar Mal in Angies Heimatstadt Cheyenne zu Besuch gewesen. Fast auf den ersten Blick hatte sie sich in die Stadt und das weite Land von Wyoming verliebt. Deswegen hatte sie die Gelegenheit genutzt, als ihr in einer Galerie in Cheyenne ein Traumjob angeboten wurde, und L. A. hinter sich gelassen. In der Galerie hatte sie den ganzen Tag mit Kunst zu tun – war von Skulpturen, Gemälden und Radierungen umgeben. Endlich war sie ein richtiger Teil der kreativen Welt und konnte in ihrer Position sogar den talentierten Künstlern helfen, die ihr ihre Arbeiten anvertrauten. Und dank ihrer Freundschaft mit Angie fungierte sie auch als private Beraterin für die Lassiter-Sammlung.

Cheyenne war in den letzten Jahren zu ihrem Zuhause geworden. Sie hatte ein kleines Häuschen am Stadtrand bezogen, ihr Auto war abbezahlt und ihr Sozialleben ausgewogen. Sie hatte sich sogar mit ein paar Männern getroffen, die sie interessant fand – allerdings nur bis sie Matt Hollis begegnete. Nachdem sie Matt kennengelernt hatte, hatte keiner dieser Männer noch irgendeine Bedeutung.

„Matt war jetzt neun Monate im kalifornischen Büro von Lassiter Media“, fuhr Angelica fort. „Warum auch immer du so wütend auf ihn bist, inzwischen solltest du es doch wohl vergessen haben, oder?“

Angie hatte ja keine Ahnung.

Als die Erinnerungen aufstiegen, kochte eine Mischung aus Scham, Erregung und reiner Wut brodelnd in Kayla hoch. Vor einem Jahr hatten Angelica und Evan sich verlobt und prompt beschlossen, dass ihre besten Freunde auch untereinander befreundet sein mussten. Deshalb hatte Angie ein Treffen zu viert vereinbart.

Ein Albtraum.

Matt Hollis war ein arroganter Besserwisser, und am Ende jenes glorreichen Abends war Kayla wirklich mit ihrer Geduld am Ende gewesen. Er sah fantastisch aus, war intelligent und wahrscheinlich daran gewöhnt, dass die Frauen ihm schmachtend zu Füßen lagen. Anscheinend hatte er es als Herausforderung genommen, dass Kayla dem Drang widerstanden hatte, sich an seine männliche Brust zu werfen.

Wenn sie sich in den nächsten zwei Monaten sahen, hatte Matt es stets geschafft, ihr nahe zu kommen und sie zu berühren. Sogar wenn sie sich stritten – also fast immer –, war da eine erotische Spannung zwischen ihnen, die von Mal zu Mal heftiger knisterte. Natürlich musste sich diese Spannung zwangsläufig entladen.

Genau das geschah in einer Nacht, in der sie zusammen mit Evan und Angie in einem Club waren. Nachdem sich die angehenden Eheleute verabschiedet hatten, waren Matt und Kayla kurz davor gewesen, sich gegenseitig die Haare auszureißen. Stattdessen endete der Abend damit, dass sie sich gegenseitig die Kleider vom Leib rissen. Aber das musste Angie wirklich nicht wissen.

Ebenso wie sie nicht wissen musste, dass diese eine explosive Nacht mit Matt Hollis immer noch in ihren Träumen auftauchte.

Kayla konnte noch etwas anderes nicht vergessen: Wenige Tage nach dieser Nacht war Matt nach Kalifornien abgereist, um seinen neuen Job im dortigen Firmensitz von Lassiter Media anzutreten. Neun Monate war er fortgeblieben, ohne sich auch nur einmal bei ihr zu melden. Jetzt war er zwar zurück, aber wegen der Hochzeit und um irgendeine Angelegenheit für die Firma zu regeln. Kayla wollte ihn wirklich um keinen Preis wiedersehen.

Nun, sie wollte schon, aber irgendwie auch nicht.

Es war kompliziert.

Und Angie konnte sie das kaum erzählen. „Ich mag ihn einfach nicht besonders, okay?“

„Das habe ich begriffen. Aber die Hochzeit ist schon in zwei Wochen. Kannst du nicht einfach solange so tun, als würdest du ihn nicht hassen?“ Angie hob die Kaffeetasse und zwinkerte ihr zu. „Sobald ich mit Evan in die Flitterwochen fahre, fliegt Matt zurück nach L. A., und ihr könnt euch wieder aus dem Weg gehen.“

„Ich habe nicht gesagt, dass ich ihn hasse“, murmelte Kayla. Diese ganze Sache wäre so viel einfacher, wenn sie ihn einfach hassen könnte …

Stattdessen wollte sie ihn immer noch. Als wäre sie völlig durchgedreht! Trotz allem. Obwohl er nicht angerufen und wahrscheinlich keinen einzigen Gedanken an sie verschwendet hatte. Ja, sie hatte gewusst, dass er nach Kalifornien ziehen würde, aber er hatte nicht einmal so etwas gesagt wie „War schön mit dir“.

Und jetzt war er wieder da. Auch wenn es nur für kurze Zeit war. Um ihres Stolzes willen musste Kayla so tun, als wäre nichts zwischen ihnen gewesen.

Oh verdammt! Die nächsten zwei Wochen würden wirklich alles andere als lustig werden.

„Schluss jetzt mit Matt“, sagte Kayla abrupt. Sie hatten lange genug über diesen Idioten geredet. „Was ist mit dir und Evan los?“

Angie zuckte mit den Schultern. „Hochzeitskram. Du kannst es dir ja vorstellen. Wir haben beide noch so wahnsinnig viel zu tun bis zu unserem großen Tag.“ Sie warf einen Blick auf ihre schmale goldene Uhr, trank einen letzten Schluck Kaffee und stellte die Tasse auf den Tisch. „Evan ist wunderbar. Uns geht es großartig. Es tut mir leid, Darling, aber ich muss los. In zwanzig Minuten habe ich ein Meeting, und wenn ich nicht sofort aufbreche, komme ich zu spät.“

Kayla runzelte die Stirn. „Klar, natürlich. Schaffst du es heute Abend zur Vernissage?“

„Niemals würde ich das verpassen. Ich weiß, dass du wochenlang daran gearbeitet hast.“ Angelica rutschte von der Bank, schnappte sich ihre braune Lederhandtasche und lächelte. „Wir kommen auf jeden Fall. Wir alle.“

Kayla erstarrte. „Alle?“

Angie zwinkerte ihr zu. „Evan, ich – und Matt.“

Irritiert spürte Kayla ein kurzes Zwicken im Magen. „Warum bist du so gemein zu mir?“

„Ich konnte es einfach nicht lassen!“ Angie grinste und fügte hinzu: „Außerdem will Evan nach der Vernissage noch zu einer Band, von der ihm irgendjemand erzählt hat. Für die Hochzeitsfeier.“

„Ich dachte, ihr habt die Band längst gebucht.“

„Hatten wir auch.“ Angie zog die Nase kraus. „Aber Evan will jetzt doch etwas anderes.“

„Ist es nicht ein bisschen spät dafür?“

„Ja, genau das habe ich auch gedacht. Aber mein Verlobter ist da anderer Meinung.“ Nach einem weiteren Blick auf die Uhr setzte Angie sich in Bewegung. „Ich muss rennen. Bis später.“

Seufzend sah Kayla ihre Freundin aus dem Diner eilen. Sie konnte sich den Gedanken nicht verkneifen, dass ihre gemeinsamen Mittagessen wegen geschäftlicher Verpflichtungen viel zu selten geworden waren.

Angie war die zukünftige Erbin von Lassiter Media. Sie widmete sich schon lange dem Wachstum und Ausbau der Firma. Aber seit sich die Gesundheit ihres Vaters J. D. Lassiter vor ein paar Monaten ernstlich verschlechtert hatte, bestimmte die Firma Angies ganzes Leben. In den letzten Jahren war sie zwischen Cheyenne und dem Sitz in L. A. hin- und hergependelt, aber um ihrem kranken Vater näher zu sein, hatte sie in den vergangenen Wochen mehr Zeit in Wyoming verbracht. Außerdem hatte sie im Moment natürlich einiges mit den Hochzeitsvorbereitungen zu tun. Angie war einfach viel zu beschäftigt.

Nicht, dass es Kayla störte, wenn eine Frau ihren Beruf liebte oder gut darin war. Sie genoss ja selbst jede Minute in der Galerie. In letzter Zeit allerdings schien Angie ihr Leben unbemerkt verstreichen zu lassen. Sie und Evan verbrachten kaum noch Zeit miteinander, und das machte Kayla Sorgen. Vor allem da es ihrer Freundin anscheinend keine machte. Früher waren Angie und Evan unzertrennlich gewesen, aber das war wohl vorbei.

Auf keinen Fall wollte sie, dass ihre Freundin den Mann, den sie liebte, verlor, nur weil ihr beruflicher Erfolg zu viel Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Das war vielleicht keine besonders feministische Meinung, aber schließlich durfte jeder denken, was er wollte.

Nachdenklich trank Kayla ihren Kaffee aus und blickte aus dem Fenster. Der Wind heulte durch die Straßen von Cheyenne. Die Fußgänger hatten ihre Mäntel fest um sich gewickelt, und der Himmel sah aus, als würde es bald schneien, obwohl die Stadt längst reif war für den Frühling. Aber so war das Wetter in Wyoming: Selbst im Mai oder später konnte es noch Schnee geben.

„Bitte, bitte nicht“, murmelte sie. Matt Hollis begegnen zu müssen war mehr als genug. Sie brauchte nicht auch noch einen Schneesturm.

2. KAPITEL

„Du brauchst mich gar nicht, um dir eine neue Band anzuhören“, protestierte Matt, und Evan lachte.

„Ich gebe es zu. Eigentlich geht es gar nicht um die Band“, sagte Evan nach einer Minute. „Seit du wieder in Cheyenne bist, gehst du Kayla aus dem Weg.“

„Also, ich gehe ihr nicht direkt aus dem Weg“, widersprach Matt. Inzwischen standen sie draußen vor der Galerie, in der sie Angie und Kayla treffen sollten. Ihm war klar gewesen, dass er Kayla wiedersehen würde, wenn er nach Wyoming zurückkehrte. Aber er hatte den Moment selbst bestimmen wollen. Und am liebsten hätte er bei ihrem ersten Wiedersehen niemanden sonst dabeigehabt.

Andererseits, solange Angelica und Evan da waren, würde Kayla sich vielleicht nicht weigern, mit ihm zu reden. Vielleicht.

„Ich hatte viel zu tun. Komm schon, du arbeitest selbst für Lassiter Media“, meinte Matt. „Du weißt genau, was wir um die Ohren haben.“

„Und trotzdem“, konterte sein Freund, „habe ich auch ein Privatleben.“

„Von dem in den letzten Wochen nicht mehr viel übrig geblieben ist“, murmelte Matt und beobachtete Evans Reaktion. „Du siehst Angie nicht gerade häufig.“

Evan runzelte leicht die Stirn. „Sie war schon immer ein Workaholic. Aber es stimmt, seit es ihrem Vater nicht so gut geht, ist es schwieriger geworden. Und seit wir beide hauptsächlich in Cheyenne leben, nimmt sie sich weniger Zeit, um mal abzuschalten.“

„Siehst du, du solltest dich bei deiner Verlobten beschweren! Nicht bei mir.“

Erstaunt schüttelte Evan den Kopf. „Das ist wirklich unglaublich.“

„Was?“, fragte Matt. „Was meinst du?“

„Diese Taktik, vom Thema abzulenken“, sagte Evan. „Ich habe noch nie erlebt, dass du vor irgendetwas zurückgeschreckt bist. Aber vor der Begegnung mit Kayla scheinst du geradezu Angst zu haben.“ Fragend zog er die Augenbrauen hoch. „Was, zum Teufel, ist zwischen euch beiden vorgefallen?“

Missmutig fuhr Matt sich mit einer Hand durchs Haar. Er drehte das Gesicht in den eisigen Wind. „Das ist eine lange Geschichte, die ich dir lieber nicht erzählen möchte.“

„Oh, der Herr ist reizbar?“

Matt sah Evan an. „Du hast keine Ahnung.“

„Du musst sie ja nicht mögen.“ Evan klappte den Kragen hoch, um sich vor dem eiskalten Wind zu schützen. „Sei einfach höflich.“

Höflich.

Matt unterdrückte ein bitteres Auflachen. Als wäre es schwierig, höflich zu Kayla zu sein. Das Problem war, die Hände von ihr zu lassen.

Neun Monate lang war Matt in Kalifornien gewesen und hatte die Marketingabteilung von Lassiter Media geleitet. Es war eine Beförderung gewesen, die er gern angenommen hatte. Außerdem war er insgeheim froh über den Umzug nach L. A. gewesen. So hatte er Abstand zu Kayla gewinnen können, um in Ruhe über alles nachzudenken. In Cheyenne wäre er nie in der Lage gewesen, seine Gedanken und Gefühle zu ordnen.

Kayla hatte ihn völlig unvorbereitet erwischt, das war klar. Vom ersten Moment an hatte es zwischen ihnen geknistert, und von der einen Nacht, die sie zusammen verbracht hatten, war er völlig aus der Bahn geworfen worden. Weder vor noch nach dieser unglaublichen Nacht mit ihr hatte er etwas Vergleichbares erlebt. Kayla hatte sein Inneres nach außen gekehrt und ihn so durcheinandergebracht, dass er Raum brauchte. Und Zeit.

Aber es hatte nichts genützt.

Nichts hatte sich verändert.

Er wollte sie immer noch.

Matt folgte Evan in die Galerie, wo sie sogleich wohlige Wärme und eine angenehme Geräuschkulisse umfingen. Klassische Musik erklang unter dem Grundrauschen der Gespräche, das lauter und leiser wurde wie Wellen, die an einen Strand schlugen. Männer in Smokings und Frauen in eleganten Kleidern schlenderten durch den geschmackvoll eingerichteten Raum und bewunderten die Gemälde und Fotografien an den cremefarbenen Wänden. In der Mitte standen auf stilvollen Podesten perfekt ausgeleuchtete Skulpturen aus Metall, Holz und Marmor.

Matt sah das alles, nahm es aber kaum wahr. Er zog den Mantel aus, legte ihn sich über den Arm und suchte die Menge ab – nach Kayla, dieser Frau, die für neun unendlich lange Monate seine Träume beherrscht hatte. Als er sie schließlich entdeckte, fühlte er eine merkwürdige Mischung aus Ruhe und Erregung, die über seine Blutbahnen von seinem ganzen Körper Besitz ergriff. Es ging so schnell, dass er kaum Luft bekam.

Kaylas schulterlanges Haar fiel so weich, dass er die seidigen, hellbraunen Wellen am liebsten berührt hätte. Selbst unter all diesen stylish gekleideten Pseudo-Künstlern stach sie heraus. Das schwarze Kleid betonte ihre helle, makellose Haut und schmiegte sich an ihren Körper, nach dessen Rundungen Matt sich so sehr sehnte.

Als sie sich umdrehte, trafen sich ihre Blicke. Matt sah in ihren blauen Augen gleichzeitig Erschrecken und Freude aufblitzen. Dann unterdrückte sie die erste Reaktion und setzte einen kühlen und geschäftsmäßigen Gesichtsausdruck auf. Allerdings tauchten rote Flecken auf ihren Wangen auf, aber nicht aus Scham oder Begierde – es war Wut.

Er konnte nicht leugnen, dass er ihren Anblick ziemlich erregend fand.

„Hey“, hörte er Evan sagen, „Angelica steht neben dieser merkwürdigen Vogelskulptur. Wir sprechen später weiter, ja?“

„Klar.“ Matt sah noch nicht einmal, wie sein Freund in der Menge verschwand. Er konnte den Blick nicht von Kayla wenden.

Immer wieder liefen Menschen zwischen ihnen hindurch und unterbrachen ihren Blickkontakt, aber nichts konnte das lebendige und siedend heiße Band zwischen ihnen trennen.

Auch sie spürte es. Das konnte er an ihrem Gesichtsausdruck ablesen und an der Art, wie sie ihre sinnlichen Lippen aufeinanderpresste. Er sah auch, dass sie über ihre Gefühle nicht glücklich war. Matt musste ein zufriedenes Lächeln zurückhalten. Gut zu wissen, dass er nicht als Einziger so durcheinander war. Kayla war keine Frau, die man leicht verstehen konnte.

Eine ihrer Eigenschaften, die er besonders mochte.

Die meisten Frauen, mit denen er über die Jahre etwas angefangen hatte, waren ziemlich durchschaubar gewesen. Sie waren gern mit ihm zusammen, weil er Zugang zu den Reichen, Mächtigen und Berühmten hatte. Aber Kayla war anders. Sie betrachtete die Welt mit eigenen Augen und suchte und fand Schönheit an den unwahrscheinlichsten Orten. An den gesellschaftlichen Kontakten, zu denen Matt ihr verhelfen könnte, war sie nicht interessiert.

Sie wollte wirklich ihn. Und das brachte ihn aus dem Konzept. Total. Denn er empfand das Gleiche für sie. Von dem Augenblick an, in dem er sie kennengelernt hatte, hatte Matt gewusst, dass sie anders war. Dass sie die Fähigkeit hatte, seinen Schutzwall zu durchbrechen und ihn in die Knie zu zwingen. Nicht gerade eine Position, in der er sich häufig befand.

Bilder aus ihrer gemeinsamen Zeit rasten durch seinen Kopf, immer schneller, bis hin zur Reizüberflutung. Er dachte an Streitereien, Gespräche, an die unglaubliche erotische Spannung in jedem einzelnen Moment mit ihr.

Am intensivsten erinnerte er sich aber an die eine Nacht, die sie miteinander verbracht hatten. Dieses wahnsinnige Verlangen, das endlich dafür gesorgt hatte, dass sie einander in die Arme gefallen waren. Die unkontrollierbare Begierde, die jeden klaren Gedanken hinweggefegt hatte.

Schon bei der Erinnerung an diese Nacht spürte er körperliche Erregung. In seinem Kopf ging alles drunter und drüber, und sie war sein einziger Gedanke. Kayla. Fast neun Monate lang hatte er sich absichtlich von ihr ferngehalten, aber sie war ihm so vertraut wie am Morgen nach ihrem Rendezvous.

Deshalb war er fortgegangen. Deshalb hatte er fortgehen und das halbe Land zwischen sie beide bringen müssen. Liebe kam in seinem Lebensplan nicht vor. Er wollte sich auf seine Karriere konzentrieren und würde nicht von einem Plan abweichen, an den er sich seit dem College gehalten hatte.

Aber er hatte sie verdammt noch mal vermisst.

Sie hob das Kinn, warf ihr Haar zurück und marschierte auf ihn zu. Die Menge schien sich für sie zu teilen wie in einer einstudierten Choreographie. Sie war einfach elektrisierend. Ihr Haar, ihre Augen, ihre perfekten Rundungen und die Art, wie sie die Hüften auffordernd hin und her schwang.

Mein Gott, sie war der Inbegriff einer beeindruckenden, attraktiven Frau – sie haute ihn einfach aus den Socken.

Das laute Klackern ihrer Absätze auf dem Marmorboden klang wie Pistolenschüsse, selbst über der Geräuschkulisse der vielen Gäste. Sie wurde nicht langsamer. Zögerte nicht. Bis sie direkt vor ihm stand.

Zuerst nahm er ihren Duft wahr. Jeder seiner Atemzüge war voll von ihrem Aroma. Dann blickte er ihr in die Augen, sah es darin funkeln und blitzen, und ihm war sofort klar, dass er ein Problem hatte.

„Du bist wegen der Hochzeit hier.“

Ihre Stimme war sanft mit einem unterschwelligen Hauch, der ihn an kalten Stahl denken ließ. Er erinnerte sich nur allzu gut daran. „Ja.“

„Und danach? Geht’s zurück nach L. A.?“

„Dort lebe ich jetzt, Kayla.“

Sie nickte, verschränkte die Arme vor der Brust und sah sich im überfüllten Raum um, bevor sie ihn wieder ansah. „Evan hat dich hierher mitgeschleppt, oder?“

„Nein“, log er. Insgeheim dachte er, dass er sich nicht viel länger von ihr hätte fernhalten können. Selbst wenn Evan nicht auf seiner Anwesenheit bei der Vernissage bestanden hätte. Ihre Anziehungskraft war unerbittlich, und er war es leid, dagegen anzukämpfen.

„Aber sicher doch. Wahrscheinlich kannst du dir nichts Amüsanteres vorstellen als eine hübsche kleine Ausstellung.“ Kayla verzog die Lippen zu einem sarkastischen Lächeln.

Matt lachte leise, als er merkte, dass er auch das vermisst hatte. Die Wortgefechte, die Spannung, die ständig direkt unter der Oberfläche kochte.

„Erwischt. Meine geheime Schwäche.“ Eigentlich war das kein Scherz. Normalerweise ging er nicht in Galerien, aber er würde jeden Eintritt zahlen, um Kayla mit Kunden und Mäzenen sprechen zu sehen. Sie wusste so viel, und die Liebe für die Welt der Kunst leuchtete in ihren Augen. Welcher Mann wäre nicht von ihr fasziniert?

„Und? Wie ist es so in Kalifornien?“

Sie riss ihn aus seinen wandernden Gedanken. Man musste sich schon konzentrieren, wenn man sich mit Kayla Prince unterhielt. „Ziemlich überfüllt.“

„Nicht verliebt in die Sonne und all den Glamour?“

„An die Sonne gewöhnt man sich schnell, und um mich für Glamour zu interessieren, bin ich zu beschäftigt.“

„Aha.“ Ungeduldig tippte sie mit dem Fuß auf den Marmorboden. „Und woran bist du dann interessiert, Matt?“

„An dir.“

3. KAPITEL

Es war heraus, noch bevor er es richtig realisiert hatte. Matt sah in ihren Augen zuerst den Schock, der gleich darauf durch Unglauben ersetzt wurde. Aber er hatte nur die Wahrheit gesagt. Er war an ihr interessiert. So sehr, dass er sich lieber in L. A. versteckt hatte, als herauszufinden, was sie ihm bedeuten könnte. So sehr, dass es eine Tortur war, vor ihr zu stehen und sie nicht berühren zu dürfen.

„Hör auf“, murmelte sie. „Tu das bitte nicht.“

Toller Anfang, dachte er bei sich, ehe er das Wort ergriff: „Hör zu, Kayla, jetzt, wo ich in der Stadt bin …“

„Schon ein paar Tage, stimmt’s?“

„Ja, schon.“ Er wusste genau, worauf sie hinauswollte, und konnte es ihr nicht übel nehmen.

„Noch immer zu beschäftigt, um zum Telefonhörer zu greifen?“

Er war nicht überrascht. Kayla Prince war nicht gerade der defensive Typ. Sie spielte keine Spielchen. Bei ihr wusste man, woran man war. „Muss das wirklich jetzt sein? Hier?“, fragte er.

Als fiele ihr in diesem Moment wieder ein, wo sie sich befanden, holte sie tief Luft und nickte entschieden. „Du hast recht. Das muss nicht hier sein. Es muss sogar überhaupt nicht sein.“

„Das ist gelogen.“

Sie errötete und presste ihre wunderschönen Lippen zu einem schmalen, grimmigen Strich zusammen. „Du hast nicht das Recht, irgendetwas von mir zu erwarten.“

„Das habe ich auch nicht gesagt“, erwiderte er ruhig. „Aber wir wissen beide, dass wir über das Geschehene reden müssen.“

„Nein, das müssen wir nicht.“ Heftig schüttelte sie den Kopf. „Es ist vorbei, Matt. Es ist seit neun Monaten vorbei.“

„Kayla …“

Stirnrunzelnd sah sie ihn an. „Findest du das nicht ein bisschen sarkastisch?“

„Was?“

„Vor neun Monaten ohne ein Wort zu verschwinden und jetzt reden zu wollen?“

„Ach, komm schon“, erwiderte er ärgerlich.

„Nein.“ Sie trat einen Schritt zurück, als bräuchte sie die körperliche Entfernung von ihm, um die emotionale Distanz, die er schon in ihren Augen aufblitzen sah, aufrechtzuerhalten. „Wir sind zufällig auf die gleiche Hochzeit eingeladen. Und das ist schon alles, was wir gemeinsam haben. Lass uns die nächsten Wochen einfach mit so viel Anstand wie möglich hinter uns bringen, okay?“

Dem hatte er so einiges hinzuzufügen, aber wie er gerade selbst gesagt hatte, war das weder der Ort noch die Zeit.

„Jetzt“, sagte sie und setzte ihr schönstes professionelles Lächeln auf, „holst du dir ein Glas Champagner und siehst dir an, was unsere Künstler hier zu bieten haben. Amüsier dich.“

Klar doch, dachte er und beobachtete, wie Kayla sich plaudernd unter die Gäste mischte und Männer wie Frauen gleichermaßen bezauberte. Er würde sich schon amüsieren. Obwohl er völlig angespannt war und sich alle erdenkliche Mühe geben musste, sie sich nicht einfach über die Schulter zu werfen und mit ihr zu verschwinden.

Endlich waren sie in dem Club, wo die Band spielte, die Evan sich unbedingt anhören wollte. Kayla fühlte sich, als wäre jeder Nerv ihres Körpers in Alarmbereitschaft. Sie hatte den ganzen Abend gespürt, dass Matt sie beobachtete, und das hatte sie völlig aus dem Konzept gebracht.

Die Künstler aus der Gegend vertrauten ihr. Insgesamt war die Ausstellung zwar gut angekommen, Kayla fühlte sich aber irgendwie schuldig, weil sie sich nicht voll auf den Job konzentriert hatte. Stattdessen hatte sie sich ständig zusammenreißen müssen, damit ihre Gedanken nicht so häufig zu Matt abschweiften wie ihr Blick.

Warum sah er aber auch so gut aus! In der kalifornischen Sonne hatte er einen honigfarbenen Teint bekommen, der seinen grünen Augen ein fast überirdisches Strahlen verlieh.

Sie hatte es den ganzen Abend lang geschafft, ihm nicht zu nahe zu kommen. Aber jetzt saßen sie zu viert an einem winzigen Tisch, und Matt nutzte jede Gelegenheit, um mit seinem Bein das ihre zu streifen. Bei jeder Berührung bekam sie eine Gänsehaut, und Angie glaubte ihr sicher langsam nicht mehr, dass ihr immer noch kalt war. Denn diese Schauder rührten nicht von der Kälte draußen her, sondern von der Hitze, die nur Matt in ihr entfachen konnte.

Verdammt.

Wenigstens hatten sie kaum die Möglichkeit gehabt, ein Wort zu wechseln. Die Band hatte ohne Unterbrechung gespielt, seit sie hier waren. Bis jetzt. Denn kaum hatte Kayla diesen Gedanken zu Ende gebracht, hörte die Musik auch schon auf, und die Sängerin kündigte eine Pause an. Stille senkte sich über den Raum und wurde Sekunden später vom Lachen und den Gesprächen an den anderen Tischen durchbrochen. Die perfekte Gelegenheit, zu verschwinden, dachte Kayla, aber Angie kam ihr zuvor.

„Evan und ich gehen. Wir haben genug gehört, oder?“

Evan nickte. „Einverstanden. Wir bleiben bei der Band, die wir gebucht haben.“

Misstrauisch sah Kayla zu ihrer Freundin und bemerkte gerade noch, wie Angie ihrem Zukünftigen ein verschwörerisches Lächeln zuwarf. Das hätte sie sich ja denken können. Angie hatte das alles nur arrangiert, damit Matt und Kayla sich trafen. Tja, das würde nicht funktionieren.

Hastig schnappte Kayla sich ihre Handtasche. Doch als sie sich erheben wollte, hielt ihre beste Freundin sie auf. „Kayla, warum bleibst du nicht noch ein bisschen mit Matt? Vielleicht wird die Band doch noch besser.“

„Oh“, sagte sie und schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, dass …“

„Das machen wir doch gern“, fiel Matt ihr ins Wort und legte eine Hand auf ihren Unterarm.

Verzweifelt versuchte sie die Hitze zu ignorieren, die ihren Arm hinaufkroch und mitten in ihrer Brust ein Feuer entfachte. Eine einzige Berührung, dachte Kayla. Nur eine einzige Berührung, und sie brannte lichterloh. Das war nicht fair! Hatte ihr Körper in den letzten neun Monaten nichts gelernt? Dass sie nicht zulassen durfte, etwas für ihn zu empfinden? Dass sie ihren Empfindungen nicht trauen durfte, weil er gar nicht an ihr interessiert war?

„Das ist toll, danke“, sagte Evan und nahm Angies Hand. „Bis dann.“

„Ja, bis dann“, sagte Matt, hatte seinen Blick aber schon wieder auf Kayla gerichtet. Er betrachtete sie so intensiv, dass sie nicht wusste, wo sie hinschauen sollte.

Sobald sie allein waren, nahm Kayla ihr Glas und trank einen großen Schluck. Nachdem sie es wieder abgestellt hatte, sah sie Matt in die Augen. „Okay. Warum sagst du nicht einfach, was du zu sagen hast? Bringen wir es hinter uns.“

4. KAPITEL

„Ich freue mich auch, dich wiederzusehen.“

Geräuschvoll atmete Kayla aus. „Über solche Höflichkeitsfloskeln sind wir wohl hoffentlich hinaus.“

„Gut.“ Er ergriff ihre Hand und hielt sie fest, als Kayla sie wegziehen wollte. „Lass uns über diese Nacht reden.“

Röte stieg ihr in die Wangen. Ihr wurde so heiß, als würde ein flammendes Inferno in ihr wüten, das völlig außer Kontrolle geraten war. „Das möchte ich lieber nicht.“

„Schade.“

Sie sah ihm in die Augen. Sein Griff wurde fester.

„Lass mich los, Matt“, sagte Kayla durch ihre zusammengebissenen Zähne.

„Wenn ich das tue, wirst du davonlaufen.“

„Du hast da was falsch verstanden. Du bist derjenige, der bis nach Kalifornien davongelaufen ist. Du erinnerst dich doch?“

Matt runzelte die Stirn. „Ja, ich erinnere mich. Aber vielleicht erinnerst du dich auch daran, dass ich befördert wurde und jetzt dort arbeite?“

„Ich erinnere mich vor allem, dass du nicht einmal angerufen hast, bevor du abgereist bist.“

Dem konnte er kaum etwas entgegensetzen.

„Und außerdem“, fuhr sie fort, „warum sollte ich weglaufen? Ich habe keine Angst vor dir.“

„Das ist gelogen“, flüsterte er, und auf seinen Lippen zeigte sich ein wissendes Lächeln.

Das genügte, damit sie sich entschlossen aufrichtete und sich fest vornahm, nicht nachzugeben. Vor ihm hatte sie vielleicht keine Angst, vor den Gefühlen, die sie für ihn empfand, aber schon. Das würde sie Matt gegenüber natürlich nie zugeben. Auf keinen Fall wollte sie ihm noch mehr Munition liefern, die er auf sie abfeuern könnte. Er konnte sie immer noch verletzen, ob ihr das gefiel oder nicht, und sie würde nicht zulassen, dass er ihr noch mehr Schmerzen zufügte.

Dass er damals ohne ein Wort verschwunden war, hatte sie völlig fertiggemacht. Die letzten neun Monate waren lang, kalt und einsam gewesen. Sie war erschöpft.

Um sie herum saßen Pärchen an kleinen Tischen, lehnten sich vertraut aneinander, lachten, redeten. Kellnerinnen bewegten sich durch den Raum und servierten Snacks und Drinks. Gläserklirren und Stimmengewirr bildeten ein stetes Hintergrundgeräusch.

Kayla starrte in Matts strahlend grüne Augen und unterdrückte den Impuls, ihm eine braune Haarlocke aus der Stirn zu streichen.

Sanft drückte er ihre Hand. Verzweifelt kämpfte sie darum, die Selbstbeherrschung zu bewahren, die sie sich in den letzten Monaten aufgebaut hatte. Es war nicht leicht.

„Ich habe nicht angerufen“, sagte Matt.

Fragend zog Kayla die Augenbrauen hoch. „Das weiß ich selbst“, gab sie kurz angebunden zurück.

Die Erinnerung an die ganze Sache war so lebendig, dass es ihr einen Stich versetzte. Außerdem weckte sie die albernen Fantasien, die sie nach dieser wundervollen Nacht mit Matt gehabt hatte. Schon die zwei Monate davor waren sie umeinander herumgeschlichen, bis sich die wachsende erotische Spannung endlich in einer überwältigenden Explosion entladen hatte. Selbst heute wachte Kayla manchmal noch mitten in der Nacht auf und verspürte ein unstillbares Verlangen.

„Ich wollte anrufen“, setzte Matt nun seinen Gedanken fort.

Kayla wurde beinahe wütend. Warum wollte Matt unbedingt die Vergangenheit aufwühlen? Es war schließlich nicht gut, in Erinnerungen zu schwelgen.

„Ach ja? Was hat dich davon abgehalten? Wurdest du von Außerirdischen entführt?“, hakte sie unwirsch nach.

Es zuckte in seinem Mundwinkel. „Nicht direkt.“

„Was dann? Zeigefinger gebrochen, dass du nicht wählen konntest? Telefon verlegt?“ Oh ja, sie klang wie eine furchtbare Zicke. Aber sie hatte neun Monate lang in Wut und Trauer geschmort, und anscheinend war jetzt der Moment, endlich überzukochen.

„Nichts davon“, gab er zurück. Trotz des Lärms um sie herum sprach er leise. Während er sich mit einer Hand durch das volle, dunkle Haar fuhr, sah er sie an und sagte einfach: „Es ist kompliziert.“

„So kompliziert, dass dir in neun Monaten keine bessere Erklärung eingefallen ist?“

„Ja“, gab er zu, „irgendwie schon.“

Sie fragte sich, warum sie immer noch enttäuscht war. Warum sie Schmerz fühlte. Er erzählte ihr ja nichts Neues. Er versuchte noch nicht einmal zu erklären, was er damals getan hatte. Oder besser nicht getan hatte. Egal, jedenfalls würde sie nicht einfach hier herumsitzen und so tun, als wäre das für sie in Ordnung.

„Na prima.“ Sie stand auf. Diesmal versuchte er nicht, sie aufzuhalten. „Schön, dass wir das geklärt haben.“

„Wo willst du hin?“

„Nach Hause.“ Sie blickte sich um und sah ihm dann wieder in die Augen. „Es gibt keinen Grund, noch hier zu bleiben, oder?“ Das war keine Frage.

„Wahrscheinlich nicht“, stimmte er zu und erhob sich ebenfalls. Aus seiner Gesäßtasche fischte er ein Bündel gefalteter Banknoten, zog zwei heraus und warf sie auf den Tisch. Dann packte er Kayla am Arm, und bevor sie sich seinem Griff entwinden konnte, schob er sie schon zur Tür.

Sobald sie draußen in der Kälte standen, ließ er sie los. Schnell zog sie den Mantel über und wickelte ihn fest um ihren Körper. „Gute Nacht, Matt.“

„Ich bringe dich nach Hause.“

Unwillkürlich schlug ihr Herz ein bisschen schneller. „Nicht nötig. Mein Wagen steht um die Ecke.“

„Gut. Dann fahre ich dir nach.“

„Brauchst du nicht.“ Als sie sich in Bewegung setzte, machte er einen Schritt zur Seite und versperrte ihr den Weg. „Ich will aber.“

„Du musst schon entschuldigen, aber es ist mir ziemlich egal, was du willst oder nicht.“

Er wich nicht zurück. Im Gegenteil, er trat näher an sie heran. „Entweder du machst so weiter, oder du hörst mir endlich in Ruhe zu.“ Entschlossen sah er ihr in die Augen. „Deine Entscheidung.“

Kayla war hin- und hergerissen. Einerseits war sie neugierig, warum er damals einfach verschwunden war. Nach der magischsten, romantischsten und unglaublichsten Nacht ihres ganzen Lebens. Andererseits gönnte sie ihm nicht die Genugtuung, zu wissen, dass er ihr etwas bedeutete. Aber je länger sie ihm in die Augen sah, desto überzeugter war sie, niemals über ihn hinwegzukommen, wenn sie ihm jetzt nicht zuhörte. Vielleicht hatte er Antworten für sie, und sie würde mit ihm abschließen können.

Abschließen – mein Gott, wie sie dieses Wort hasste!

„Meinetwegen. Fahr mir hinterher“, sagte sie schließlich.

„Wohnst du noch am selben Ort?“

Er meinte ihr kleines Häuschen am Stadtrand von Cheyenne. „Ja.“

„Gut. Dort können wir reden.“

Was sollte er ihr bloß sagen? Auf der kurzen Fahrt zu Kaylas Haus zermarterte Matt sich das Hirn. Dass es seinen selbstzufriedenen Egoismus vollkommen erschüttert hatte, sie getroffen und mit ihr geschlafen zu haben, war wohl kaum eine angemessene Erklärung.

Ihretwegen war er über das Jobangebot in Kalifornien ziemlich froh gewesen – aber ihretwegen dachte er auch ständig an Cheyenne. Er bekam diese Frau einfach nicht aus dem Kopf. Konnte sich nicht dazu bringen, sie einfach als eine Frau unter vielen zu sehen. Nur ein kurz aufblitzender Punkt auf seinem Radar, der ansonsten so perfekt eingestellt war, dass er feste Bindungen bisher immer weit umschifft hatte.

Genau deshalb war sie wie ein Blitz bei ihm eingeschlagen. Er war so daran gewöhnt, glatt und geschmeidig durch seine Liebschaften hindurchzusteuern, dass Kayla ihn einfach umgehauen hatte. Von Anfang an hatte er sich zu überzeugen versucht, dass sie nichts Besonderes war. Dass er überreagierte, weil sie ihn auf so vielen Gebieten reizte. Aber diese Gereiztheit war in Wirklichkeit erotische Spannung gewesen – so heftig, dass sie ihm praktisch den Atem raubte. Als er sie dann im Bett hatte, unter sich, über sich … als er tief in ihre feuchte Hitze eingedrungen war … da hatte er sich nichts mehr vormachen können. Sie war anders. Besonders.

Und für etwas Besonderes war er nicht bereit gewesen.

Die große Frage war: War er es jetzt?

Und wenn, konnte er sie davon überzeugen, Cheyenne mit ihm zusammen zu verlassen? Oder würde er zurückkehren und vielleicht auf seine Karriere verzichten müssen?

Er parkte am Straßenrand vor ihrem kleinen Häuschen. Bei seinem letzten Besuch hier war Sommer gewesen. Die Beete im Vorgarten hatten in voller Blüte gestanden und bis zur Straße ihren Duft ausgesandt. Jetzt hatte der Winter Cheyenne fest im Griff. Die Pflanzen waren grau und vertrocknet. Die Fassade des Hauses lag im Dunkeln. Dann sah er Kayla, die den Pfad zur Haustür entlanglief.

Nur Sekunden später folgte er ihr ins Haus. Es war klein und gemütlich, genau wie er es in Erinnerung hatte. Im Wohnzimmer standen eine grüne Couch und zwei Sessel vor einem offenen Kamin. An den Wänden hingen ein paar Werke von Künstlern aus der Gegend. Als Kayla den Schalter betätigte, ergoss sich goldenes Licht über die polierten Hartholzböden.

Matt warf den Mantel über die Sofalehne, drehte sich um und sah direkt in die blauen Augen, die ihn monatelang verfolgt hatten. „Du bist so wunderschön“, murmelte er, ohne nachzudenken.

Kayla schwankte, als hätten seine Worte ihr einen Schlag versetzt. „Hör auf“, sagte sie und schüttelte vehement den Kopf. „Ich bin wütend, ich will das nicht hören.“

Es blitzte in ihren Augen, und ja, er erkannte darin ihre Wut, aber auch so etwas wie Begierde. Das gleiche Verlangen, das auch ihn selbst nicht mehr losließ. „Ich hab’s kapiert. Du bist wütend. Aber das bedeutet auch, dass die ganze Geschichte dir noch etwas ausmacht. Sonst wäre dein Zorn längst verraucht.“

Sie biss sich auf die Unterlippe, stritt es aber nicht ab. Das genügte ihm. Matt hielt es nicht länger aus. So lange Zeit war er von ihr getrennt gewesen und hatte sie viel zu sehr begehrt. In wenigen Schritten war er bei ihr. Er nahm sie bei den Schultern, zog sie an sich und küsste sie.

Für den Bruchteil einer Sekunde dachte er, sie würde zurückweichen – aber es geschah nicht. Stattdessen lehnte sie sich an ihn und erwiderte seinen Kuss, als ob es um ihr Leben ginge. Ihre Zungen berührten sich und spielten miteinander. Heiße Lust durchströmte ihn, verwirrte seine Sinne und setzte seinen ganzen Körper in Brand.

Matt fühlte ihre Hände auf seinem Rücken. Durch den Stoff der Anzugjacke hindurch brannten sie heiß auf seiner Haut. Zärtlich fuhr er mit einer Hand durch ihr seidenweiches Haar und ließ sich die Strähnen langsam durch die Finger gleiten.

Die ganze Nacht lang hätte er sie so küssen können. Er hätte auf Essen, Wasser und sogar die Luft zum Atmen verzichtet, wenn er seinen Mund dafür nie wieder von ihrem lösen musste. Aber plötzlich war der Moment vorbei. Viel zu schnell wich sie zurück, löste sich aus seiner Umarmung und sah ihn aus großen Augen erschrocken an.

„Ich kann nicht glauben, dass du das getan hast“, flüsterte sie atemlos.

„Du warst durchaus daran beteiligt“, erinnerte er sie.

Kayla verschränkte die Arme vor der Brust und reckte das Kinn hoch. „Das war nichts weiter als Instinkt.“

„Ein Hoch auf den Instinkt“, gab er trocken zurück.

Sie lachte, aber es war kein lustiges Lachen. Langsam hob sie eine Hand an den Mund und sagte leise: „Das geht einfach nicht.“

„Oh doch, wir sind dafür bestimmt, genau das zu tun“, widersprach Matt. Seine Stimme war tief und heiser, erfüllt von dem gleichen wahnsinnigen Verlangen, das er in ihren Augen sah.

„Wenn das wahr wäre“, sagte sie, „dann wärst du nicht für neun Monate verschwunden.“

„Okay.“ Er schaute zu Boden und seufzte. „Ich hätte anrufen sollen. Ich hätte mit dir sprechen müssen, bevor ich abgereist bin.“

„Genau.“

Plötzlich hob er den Kopf und sah ihr tief in die Augen. „Es war deinetwegen, weißt du? Deinetwegen bin ich so plötzlich weg.“

„Du gibst mir die Schuld?“ Er hörte die Entrüstung in ihrer Stimme und konnte sie ihr nicht wirklich übel nehmen.

„Natürlich nicht. Ich bin wegen des Jobs in L. A. weg. Aber ich bin so schnell abgereist, weil ich diese Gefühle für dich hatte.“

Kayla schüttelte den Kopf und schlang sich die Arme um die Taille. „Hattest du Angst?“, fragte sie leise.

Matt ließ ein raues, kurzes Lachen hören. „Vielleicht. Auch wenn ich das ungern zugebe …“

„Aber warum?“, fragte sie. „Ich habe neun Monate gewartet, um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen. Warum bist du einfach weggegangen? Kein Brief. Kein Anruf. Kein gar nichts. Du hast dich in Luft aufgelöst.“

„Ich dachte, so wäre es leichter für dich …“

Jetzt lachte Kayla bitter auf. Ihm wurde klar, dass sie sich nur mit der Wahrheit zufriedengeben würde – also würde er ihr die Wahrheit sagen, soweit er konnte.

„Entschuldige, du hast ja recht. Ich wollte es mir selbst leichter machen.“ Er presste die Lippen aufeinander und rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht. Er war immer noch nicht bereit, ihr alles zu sagen. Wie er sich damals gefühlt hatte und was er jetzt fühlte. Also sah er ihr in die Augen und sagte: „Aber jetzt bin ich wieder da.“

„Vorübergehend.“

„Und ich musste dich sehen. Es erklären.“

Sie schluckte. „Was genau erklären?“

„Dass diese Nacht mit dir mich völlig verwirrt hat. Ich war nicht auf so etwas vorbereitet. Ich dachte, etwas Distanz würde mir helfen. Aber ich habe ständig an dich denken müssen“, sagte er und ging einen Schritt auf sie zu. „Jede Nacht habe ich von dir geträumt. Jeden Tag an dich gedacht. Verdammt, Kayla, ich kann dich nicht vergessen, und ich musste zurückkommen, um dir das zu sagen.“

Hastig atmete sie ein, wandte sich aber nicht ab. „Ich verstehe nicht, warum du dich nicht einmal verabschiedet hast. Du hast mich wirklich verletzt.“

Schuldbewusst wand er sich unter ihrem Blick. „Ich weiß.“

„Ich lasse nicht zu, dass du mich noch einmal verletzt.“

„Ich will dich nicht verletzen.“

„Dann geh.“

„Das kann ich nicht.“ Er ging noch einen Schritt auf sie zu. Innerlich jubelte er, als sie nicht zurückwich. „Und du willst es eigentlich auch nicht.“

„Doch …“ Sie brach ab, als er sie an sich zog. „Nein, eigentlich will ich es nicht.“

5. KAPITEL

„Das wollte ich hören.“ Er küsste sie wieder und legte all die Sehnsucht, all die Gefühle in diesen Kuss, die ihn in den letzten neun Monaten verfolgt hatten.

Als hätte sie plötzlich jeden Widerstand aufgegeben, schmiegte Kayla sich an ihn, schlang ihm die Arme um den Hals und erwiderte all seine Leidenschaft.

Genau wie damals verschlug es Matt den Atem. Die Verbindung war sofort wieder da. Die heißen Flammen, die zwischen ihnen hochschlugen, drohten, ihn zu verschlingen. Aber diesmal wollte er es. Er hatte all das hier viel zu lange vermisst. Diesen Ort. Diese Leidenschaft.

Diese Frau.

Ohne den Kuss zu unterbrechen, der ihre Körper und Seelen miteinander verband, hob er sie hoch. Auf seinen starken Armen trug er sie durch das kleine Haus in ihr Schlafzimmer, wo er sie wieder auf die Füße stellte. Sekunden später waren sie beide nackt und ließen sich auf das breite Bett fallen, zwischen einen Haufen Kissen und die seidenweiche Daunendecke.

Zärtlich umarmte er sie. Als Kayla sich bereitwillig an ihn schmiegte und mit ihren Beinen seine Hüfte umklammerte, rollte er mit ihr in die Mitte des Bettes. Matt erkundete jeden Zentimeter ihrer samtigen Haut und spürte ihre wachsende Erregung. Sein Puls beschleunigte sich, und jeder Atemzug durchbrach die Stille wie ein erwartungsvoller Seufzer.

Stöhnend unterbrach Matt den Kuss. „Bitte sag mir, dass du noch Kondome in der Nachttischschublade hast.“

Kayla schob sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, sah lächelnd zu ihm auf und nickte. „Habe ich noch.“

Erleichtert atmete er auf. Er rutschte zur Bettkante, holte ein Kondom aus der Schublade und zog es über, bevor er sich wieder zu ihr legte. „Ich habe dich vermisst, Kayla.“

„Ich habe dich auch vermisst. Sehr.“ Sie umfasste sein Gesicht mit ihren Händen und sah ihn an. „Eigentlich verstehe ich immer noch nicht, warum du fortgegangen bist, aber im Augenblick hat es keine Bedeutung.“

In seiner Brust spürte er ein leises Schuldgefühl. Er hatte ihr wehgetan und hielt genau genommen weiterhin etwas vor ihr zurück, aber er schob diese Gedanken beiseite. Dafür war jetzt nicht der Augenblick. Diesen Augenblick sollten sie einfach genießen. Sich wieder miteinander vereinigen. Noch einmal finden, was sie in jener Nacht erlebt hatten und was er wie ein Idiot einfach weggeworfen hatte.

Dann schaltete sein Gehirn sich aus. Es gab nur noch die Wahrnehmung seiner Sinne. Das Gefühl von Haut auf Haut, das Geräusch der beschleunigten Atmung und des sanften Stöhnens, das dröhnende Pochen ihrer Herzen. Er wollte sie langsam nehmen, die Erfahrung, wieder zusammen zu sein, so lange wie möglich auskosten. Aber dieser Plan wurde von wildem Verlangen durchkreuzt, das so heiß und mächtig drängte, dass er es nicht ignorieren konnte.

Voller Hingabe drängte Kayla sich an ihn und schob die Hüften vor, während sie mit der flachen Hand seine Brust liebkoste. „Jetzt, Matt. Bitte.“

„Ja, Kayla. Jetzt.“

Langsam drang er in sie ein und schloss die Augen. Er spürte sofort, dass alles richtig war. Ihr Körper nahm ihn bereitwillig auf. Sie schlang die Arme um ihn und presste ihn an sich. Alles passte. So war es auch damals gewesen, er erinnerte sich jetzt mit aller Klarheit.

Beinahe lautlos bewegten sie sich in einem leidenschaftlichen Tanz, der schneller zum Höhepunkt kam, als beide erwartet hatten. Matt spürte, wie ihr Körper sich zitternd zusammenzog, hörte Kaylas keuchenden Atem, spürte die scharfen Kanten ihrer Fingernägel, als sie mit den Händen in fieberhafter Erregung über seinen Rücken fuhr. Als sie sich ihm schließlich ein letztes Mal entgegenwölbte und mit geschlossenen Augen seinen Namen rief, ließ auch Matt alles los.

Und fand, was er so lange vermisst hatte.

Sie war eine Idiotin. Es gibt keine andere Erklärung dafür, dachte Kayla, als ihr Gehirn endlich wieder anfing zu arbeiten. Ihre Haut prickelte noch immer von seinen heißen, lustvollen Berührungen. Aber ihr Kopf listete bereits die zahllosen Gründe auf, wegen derer sie nicht hätte tun dürfen, was sie gerade getan hatte. Punkt eins auf der Liste war, dass sie Matt aus gutem Grund nicht vertraute.

Eigentlich hatte er ihr überhaupt nichts erklärt. Aber das hatte sie offensichtlich nicht davon abgehalten, den gleichen Fehler ein zweites Mal zu begehen.

Wie leicht war es doch für ihr Herz und ihren Körper, die Vergangenheit zu vergessen und ganz im Hier und Jetzt zu leben. Es war unfassbar! Aber tief in ihrem Inneren mischten sich Schmerz und Trauer mit dem immer noch mächtigen Brodeln der Leidenschaft zu einem einzigen großen Gefühlschaos.

Sie schloss die Augen und unterdrückte ein reuevolles Stöhnen. Als sie spürte, wie Matt sich bewegte und den Kopf hob, machte sie sich auf das Schlimmste gefasst. Wenn man aus der Geschichte etwas lernen konnte, würde er jetzt jeden Moment aufspringen und zum Flughafen fahren.

„Auf diesen Moment habe ich lange gewartet“, sagte er mit tiefer und kehliger Stimme.

Empört riss Kayla die Augen auf. „Du hast gewartet?“ Es war einfach nicht zu glauben. Sie versetzte ihm einen kleinen Stoß, und er rollte zur Seite. Da er sie fest umarmt hielt und nicht losließ, nahm er sie mit, bis sie auf ihm zu liegen kam. Wütend legte Kayla eine Hand auf seine breite Brust, stützte sich ab und sah auf ihn hinunter. „Du bist derjenige, der sich rargemacht hat, Matt.“

„Ich weiß. Die Marketingabteilung von Lassiter Media L. A. hat mich zwar ziemlich in Atem gehalten, aber ich hätte früher zurückkommen sollen.“

„Da hast du vollkommen recht.“ Sie entwand sich seiner Umarmung, rutschte an den Rand des Bettes und stand auf. „Ich dagegen“, und sie deutete mit einer Hand auf ihn und die zerwühlten Decken, „hätte das hier nicht tun sollen.“

„Es ist unsere Bestimmung, das zu tun. Das habe ich schon gesagt“, gab er zurück.

Er hat recht damit, rief ihr dummes Herz. Absolut recht.

„Aber klar doch. Zumindest bis du wieder abreist.“ Sie sah auf eine imaginäre Uhr an ihrem Handgelenk. „Musst du dich nicht eigentlich schnell anziehen und wegrennen?“

Auch Matt bewegte sich jetzt und stand vom Bett auf. Stirnrunzelnd starrte er sie an. „Ich renne nicht weg. Ich bleibe wenigstens bis nach der Hochzeit. Cheyenne ist immer noch mein Zuhause. Kayla, diesmal werde ich nicht einfach verschwinden. Ich will dich in meinem Leben.“

Einem Teil von ihr wurde bei diesen Worten warm ums Herz. Aber wie konnte sie Matt glauben? Wie sollte sie ihm je wieder vertrauen? Er würde nach Kalifornien zurückkehren, und sie hatte ihr Leben hier. In Cheyenne.

„Du solltest jetzt gehen“, sagte sie nur. Das war gut! Besser, sie sagte ihm, wann er zu gehen hatte. Schnell, bevor sie ihm doch noch Glauben schenkte.

„Du willst nicht, dass ich gehe, Kayla.“

„Es geht nicht darum, was ich will“, sagte sie ruhig. Dann würde sie ihn einfach packen und sich wieder mit ihm aufs Bett fallen lassen. „Es geht darum, was das Beste für mich ist. Und in diesem Augenblick ist es besser für mich, wenn du gehst.“

Matt sah aus, als ob er ihr widersprechen wollte. Es funkelte in seinen Augen, und sein Mund bewegte sich stumm, als kämpfe er darum, einen ganzen Schwall von Worten zurückzuhalten. Sekunden vergingen, und Kayla hielt den Atem an. Hoffentlich war er weg, bevor ihre Selbstkontrolle sich in Wohlgefallen auflöste …

„Gut“, sagte er schließlich.

Kayla war sich nicht sicher, ob sie froh oder enttäuscht sein sollte.

Bevor sie etwas sagen konnte, sprach er weiter. „Ich gehe. Für den Moment. Aber ich gehe nicht weit weg.“

Sie atme tief durch und zögerte. Sie war sich nicht sicher, was er damit meinte.

Er kam um das Bett herum zu ihr, zog sie an sich und sah ihr unverwandt in die Augen. „Ich bin hier. Jedenfalls für den nächsten Monat bin ich ein Teil deines Lebens. Gewöhn dich also besser daran, mich in der Nähe zu haben.“

Kayla war durcheinander, obwohl sie sich dagegen wehrte. Sie wollte der Tatsache, dass Matt bei ihr gewesen war, keine Bedeutung beimessen. Aber die hatte es. Während der nächsten zwei Wochen fand sie in ihrem Haus keine Ruhe. Die Erinnerung an ihn war viel zu präsent. Sogar sein Geruch hing noch an ihren Kissen. Nachts träumte sie, dass er seine Arme um sie geschlungen hatte, und jeden Morgen beim Aufwachen war Matt ihr erster Gedanke.

Und er hatte nicht ein einziges Mal versucht, sie wieder ins Bett zu kriegen. Was sie ebenfalls wahnsinnig machte. Wie konnte er behaupten, sie zu wollen, dann jedoch nichts unternehmen? Machte er das mit Absicht? Um sie am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen?

Sie hatte ein echtes Problem und war sich nicht einmal sicher, ob sie es wirklich loswerden wollte. Ihre Vernunft beschwor sie immer wieder, diesem neuen, angeblich besseren Matt nicht zu trauen. Aber ihr Herz und ihr Bauch bettelten darum, dass sie ihm eine Chance geben sollte. Dass sie ihnen beiden eine Chance geben sollte.

Er machte es Kayla nicht gerade leicht, schlau aus ihm zu werden. Einerseits ließ er sie schmoren, andererseits suchte er ständig Kontakt. An den Abenden, an denen sie nicht Angie und Evan bei der Organisation der Hochzeit halfen und daher ohnehin zusammen verbrachten, lud Matt sie zum Essen, ins Kino oder zu Ausstellungen in anderen Galerien ein. Er machte sich unentbehrlich. Inzwischen war er ein so wichtiger Teil ihres täglichen Lebens geworden, dass Kayla sich kaum vorstellen konnte, ihn nicht ständig um sich zu haben.

Erst gestern war er mittags mit einem Picknickkorb in die Galerie gekommen. Um draußen zu sitzen, war es zu kalt gewesen, also hatte er im Lager eine Decke ausgebreitet. Eine Stunde lang hatte er sie mit Geschichten über seine Zeit in Kalifornien zum Lachen gebracht.

Nachdem er gegangen war, fühlte Kayla sich noch mehr in der Zwickmühle als vorher. Sie war gern mit ihm zusammen. Sie liebte sein Lächeln, liebte es, ihm zuzuhören, selbst wenn er von seinem neuen Leben in L. A. erzählte. Andererseits hatte er sein Haus in Cheyenne behalten. Was konnte das bedeuten? Kam er zurück? Würde er zwischen beiden Städten pendeln? Und was hieß das genau? Wie kam sie darauf, dass er mit ihr zusammen sein wollte? Er war schon einmal ohne einen Blick zurück davongegangen. Das könnte er jeden Moment wieder tun.

Seufzend atmete sie ein und kehrte mit ihren Gedanken in die Gegenwart zurück. Ihr gegenüber auf ihrem Stammplatz im Diner saß Angie, und die beiden gingen gemeinsam die letzten Vorbereitungen für die Hochzeit durch. Also versuchte Kayla, sich auf das Leben ihrer besten Freundin zu konzentrieren statt auf ihr eigenes. Das war im Moment auch weniger kompliziert.

„Nun“, sagte Angie und nahm noch einen Schluck Kaffee. „Ich habe endlich meinen Bruder Sage überredet, morgen Abend von seinem Berg herunterzukommen und an der Generalprobe teilzunehmen.“

Kayla nickte abwesend, während Angie sich auf ihrem Tablet-Computer Notizen machte. Diese Frau war so organisiert, dass sie selbst Generäle in strategischer Planung unterrichten könnte. Das war auch ein Glück. Kayla versuchte zwar, eine gute Freundin zu sein und ihre Gedanken allein auf Angies Hochzeit zu richten, aber Matt tauchte immer wieder vor ihrem inneren Auge auf. Ganz gleich, wie sehr sie auch versuchte, nicht an ihn zu denken.

Sie fühlte sich wie eine Hochseiltänzerin, die verzweifelt versuchte, bei starkem Wind ihre Balance zu halten.

„Dylan hat natürlich mitgeholfen“, sagte Angie. „Sage ist so stur, dass man allein bei ihm nichts ausrichten kann.“

Angelicas Brüder waren beide völlig in sie vernarrt. Eigentlich war es also keine große Überraschung, dass selbst Sage bereit war, ihr einen Gefallen zu tun. Sage war ein ziemlicher Einzelgänger und hatte zudem kein einfaches Verhältnis zu seinem Vater. Er hatte sogar die Lassiter-Gruppe verlassen und eigenständig ein Milliardenvermögen aufgebaut. Plötzlich hatte Kayla das komische Gefühl, dass die Generalprobe dramatischer werden könnte, als Angie glaubte.

„Sogar Dad fühlt sich einigermaßen wohl und kann dabei sein“, sagte Angie lächelnd. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin. Colleen, seine Krankenschwester, kommt mit. Dann kann sie ein Auge auf ihn haben, obwohl sie natürlich auch als Gast dabei ist. Sie ist schon fast ein Mitglied der Familie.“

„Ich bin froh, dass es deinem Dad besser geht.“

„Ich auch“, sagte Angie. „Aber in letzter Zeit wirkt er trotzdem so … zerbrechlich auf mich.“

Die geschwächte Gesundheit des Familienoberhaupts traf alle Lassiters in irgendeiner Weise. J. D. war fast eine Legende in Cheyenne. Es war hart, wenn eine so überlebensgroße Persönlichkeit plötzlich gebrechlich wurde. Für alle.

„Dabei fällt mir etwas ganz anderes ein“, fuhr Angie fort. „Du und Matt, ihr habt euch in letzter Zeit gar nicht mehr gestritten. Ich habe nicht einmal spitze Bemerkungen gehört …“

„Wir haben uns arrangiert“, sagte Kayla, ohne zu viel preiszugeben.

„Und wie?“

„Ich weiß es nicht genau.“ Stirnrunzelnd dachte Kayla an die letzten beiden Wochen. Sie hatten so viel Zeit miteinander verbracht, aber er hatte kein einziges Mal versucht, sie zu verführen. Er hatte sie nicht einmal geküsst. Was hatte er vor? Nach ihrer verrückten Nacht hatte er sich absolut zurückgehalten. Aber er war noch hier. Wie er versprochen hatte, nahm er an ihrem Leben teil und machte es ihr unmöglich, ihn zu vergessen.

„Was meinst du damit?“

Kayla trank einen Schluck Kaffee und drehte nachdenklich den Becher in ihren Händen. Sie spürte die Wärme auf ihrer Haut. „Ich glaube, es ist gut, dass er hier ist. Aber es ist auch verwirrend.“

Angie lächelte. „Nach dem zu urteilen, was du mir erzählt hast – und übrigens hättest du mir das eigentlich schon vor neun Monaten erzählen sollen …“

„Ich weiß“, fiel Kayla ihr schuldbewusst ins Wort. Vor zwei Wochen hatte sie ihrer Freundin endlich gestanden, was zwischen Matt und ihr geschehen war. Erst hatte Angie getobt, dass Kayla sie die ganzen Monate im Dunkeln gelassen hatte. Aber dann war sie für ihre Freundin da gewesen. „Du hast völlig recht.“

Angie nickte ihr wohlwollend zu. „Vielleicht will Matt, dass du dich an den Gedanken gewöhnst, auch ohne sexuelle Spannung Zeit mit ihm zu verbringen.“

„Das glaubst auch nur du“, murmelte Kayla.

Angie lachte. „Aha! Es knistert also immer noch. Die Frage ist doch, ob du Matt gern um dich hast.“

„Sehr.“ Das Wort war draußen, bevor sie überhaupt darüber nachdenken konnte, es vielleicht nicht auszusprechen.

„Das sind die guten Neuigkeiten. Und was sind die schlechten?“

„Ganz einfach.“ Kayla stellte den Kaffeebecher auf den Tisch. „Er lebt in L. A., Angie. Und ich lebe hier. Was mache ich, wenn er wieder abreist? Wie kann ich ihm vertrauen?“

„Manchmal lernen Menschen dazu und wachsen“, sagte Angie ruhig. „Und es klingt so, als hätte er gemerkt, dass er nicht ohne dich leben will. Also ist er zurückgekommen.“

„Aber für wie lange?“

„Du willst Garantien?“ Angie schüttelte den Kopf. „Die gibt es nicht. Nie. Schau dir Evan und mich an. Er ist wundervoll, und wir sind so glücklich miteinander – aber auch für uns gibt es keine endgültige Sicherheit.“

„Und das macht dir keine Sorgen?“

„Wahrscheinlich würde es das, wenn ich mich darauf konzentrieren würde“, gab Angie zu. „Aber ich konzentriere mich darauf, ihn zu lieben. Und ich weiß, dass er mich liebt.“

Was Kayla von Matt jedoch nicht wusste. Diese besonderen drei Worte hatte er nie zu ihr gesagt. Drei Worte, die es wahrscheinlich einfacher machen würden, etwas zu riskieren …

6. KAPITEL

Es war eine große Gesellschaft.

Matt sah sich im Raum um. Zahlreiche Freunde und Familienmitglieder hatten sich für die Generalprobe von Evans und Angelicas Hochzeitsessen versammelt. Sage Lassiter lehnte abseits an einer Wand, trank ein Bier und sah aus, als wäre er lieber irgendwo anders. Marlene Lassiter, Angies Tante, brachte J. D. eine Flasche Wasser, und Matt war sich sicher, dass dem alten Mann ein Whisky lieber gewesen wäre. Seine Krankenschwester Colleen trug ein umwerfendes rotes Kleid und konnte sich auch unter den Damen der High Society durchaus sehen lassen.

Angie und Evan standen dicht nebeneinander, und als das glückliche Paar miteinander flüsterte und geheimnistuerisch lächelte, runzelte Matt die Stirn. Wo, zum Teufel, blieb Kayla? Als Trauzeugin hatte sie an der Generalprobe der Trauung teilgenommen, aber als er ihr angeboten hatte, sie zum Restaurant mitzunehmen, hatte sie unbedingt ihren eigenen Wagen nehmen wollen. War sie etwa nach Hause gefahren? Ging sie ihm aus dem Weg?

Schlecht gelaunt nippte er an seinem Scotch. Wenn sie in ein paar Minuten nicht auftauchte, würde er nach ihr sehen. Die letzten beiden Wochen hatten ihn fast umgebracht. Ihr so nah zu sein und sie nicht berühren zu können war viel schwieriger gewesen, als er gedacht hatte. Aber das war sein Plan: bei ihr zu sein. Ein Teil ihres Lebens zu werden. Ihr zu zeigen, dass er ihr nah sein wollte. Dass sie ihm vertrauen konnte.

Aber das Ganze dauerte so verdammt lange. Am liebsten würde er den ganzen Plan über Bord werfen, sich Kayla schnappen und ins nächste Bett entführen. Wenn er sie erst einmal dort hatte, könnte er ihr in aller Ruhe zeigen, wie sehr er sie liebte. Wie wichtig sie für ihn war.

Ihm war klar, dass er an seiner Situation selbst schuld war, aber er war auf die Liebe nun mal nicht vorbereitet gewesen. Vor neun Monaten war er völlig in Panik geraten und so schnell und weit geflohen, wie er konnte. Jetzt musste er der einzigen Frau, die ihm je etwas bedeutet hatte, irgendwie beweisen, dass er das nie wieder tun würde. Noch hatte er nicht für alles eine Lösung gefunden. Er konnte ihr nicht versprechen, für immer in Cheyenne zu bleiben. Aber er wusste mit Sicherheit, dass er sein Leben nicht ohne Kayla verbringen wollte. Er musste nur noch ein wenig darüber nachdenken, wie er alles organisieren könnte.

Ungeduldig sah er auf die Uhr. Das Essen würde gleich anfangen. Dylan Lassiter kam in letzter Sekunde in den Saal gerannt, rückte mit einer Hand die Krawatte zurecht und strich sich mit der anderen das Haar glatt. Er sah aus, als hätte er gerade mit jemandem … Matt lächelte grimmig. Nun, wenigstens einer von ihnen.

Als Kayla den Raum betrat, wusste er es sofort. Er spürte, wie die Luft sich magnetisch auflud. Er drehte sich zu ihr um und sah sie an. Als sie lächelte, kribbelte es in seinem ganzen Körper. Sie trug Blau. Ein tief ausgeschnittenes Kleid mit schmalen Spaghettiträgern und einem engen, kurzen Rock. In den schwarzen, extrem hohen Pumps sahen ihre Beine noch großartiger aus als sonst.

Es verschlug ihm den Atem. Und dem wissenden Lächeln nach zu urteilen, das ihre Augen erstrahlen ließ, war ihr absolut bewusst, welche Wirkung sie auf ihn hatte. Rasch ging er zu ihr, und entgegen seinem eigenen dämlichen Plan zog er sie an sich und gab ihr einen kurzen, aber leidenschaftlichen Kuss. „Du siehst hinreißend aus.“

„Danke“, sagte sie und hob unwillkürlich eine Hand an ihre Lippen, als könnte sie den Kuss dort fühlen.

Oh ja. Plötzlich konnte er sich nicht mehr vorstellen, wie er es die ganze Zeit geschafft hatte, sie nicht zu berühren. Wie war er bloß auf die idiotische Idee gekommen, es langsam anzugehen, wenn er sie in Wirklichkeit packen und nie wieder loslassen wollte?

Aber er würde sie bald loslassen müssen. Es sei denn, er fände eine Möglichkeit, wie sie zusammenbleiben könnten. Sein Herz schlug heftiger, die Gedanken in seinem Kopf rasten – und plötzlich hatte er eine Idee. Schlagartig wusste er, was er unbedingt brauchte und mehr als alles in der Welt wollte. Er musste nur noch Kayla davon überzeugen.

„Matt!“ Evan eilte auf sie zu. „Tut mir leid, Kayla, ich muss kurz mit Matt sprechen.“