Über Nacht kam die Liebe - Kathie DeNosky - E-Book

Über Nacht kam die Liebe E-Book

Kathie Denosky

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Beschreibung

Das Herz von Pilot Hunter gerät in schwere Turbulenzen: Denn seine wundervolle Kollegin Callie hört einfach nicht auf ihn. Dabei wird ihr Ex-Freund immer gefährlicher. Um Callie zu schützen, geht er eine Scheinbeziehung mit ihr ein. Bis er mehr möchte …

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Seitenzahl: 197

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IMPRESSUM

Über Nacht kam die Liebe erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© Kathie DeNosky Originaltitel: „Betrothed for the Baby“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1434 - 2006 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 4/2024

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751529242

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Hunter O’Banyon warf einen verstohlenen Blick zu der zierlichen, überaus attraktiven Blondine, die er eben erst kennengelernt hatte, und sein Adrenalinspiegel stieg plötzlich beträchtlich. Ihre Wangen waren gerötet vor Hitze und Aufregung, und er konnte am Funkeln ihrer veilchenblauen Augen erkennen, dass ihm eine turbulente Fahrt bevorstand.

„Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, aber wir müssen ein bisschen schneller fahren als geplant“, sagte sie und klang dabei ein wenig atemlos.

Schmunzelnd nickte Hunter. „Kein Problem, fahren Sie nur los. Ich liebe Geschwindigkeit.“

„Die Einstellung gefällt mir.“ Ihr Lächeln ließ sein Herz höherschlagen. „Halten Sie sich gut fest. Es könnte ein wenig holprig werden.“

Hunter holte tief Luft und wappnete sich. „Geben Sie Gas, Darling.“

Während sie das Gaspedal durchtrat, drückte sie auf einen Schalter am Armaturenbrett. Zu Blaulicht und dem ohrenbetäubenden Geräusch einer Sirene trat das Aufheulen des Motors und der durchdrehenden Reifen, die eine Wolke von Kies und Staub aufwirbelten, als sie die Landebahn des Flugplatzes von Devil’s Fork verließen.

Als Hunter herausgefunden hatte, dass es keine reguläre Flugverbindung zu dem kleinen Ort gab, hatte er kurz entschlossen eine Cessna gechartert und sich von El Paso nach Devil’s Fork fliegen lassen. Da hatte er sich noch gewundert, warum der Pilot sich halb totgelacht hatte, als er, Hunter, von einem Flughafen gesprochen hatte. Jetzt wusste er, warum. Das Ganze bestand lediglich aus einem asphaltierten Stück Straße, das als Start- und Landebahn diente und kaum den üblichen nationalen Sicherheitsstandards entsprach, einem Vorratsschuppen, der sich gefährlich zu einer Seite neigte, und einem Holzmast mit einem zerrissenen Windsack und den Flaggen der Vereinigten Staaten und Texas daran. So weit Hunter sehen konnte, gab es nicht einmal irgendwelche Lichtquellen für Starts oder Landungen bei Dunkelheit. Er konnte nur hoffen, dass der medizinische Flugdienst „Life Medevac“ einen besseren Eindruck machte.

„Ach, übrigens, ich bin Callie Marshall, die Krankenschwester im Team von Medevac II“, erklärte die blonde Frau neben ihm.

Hübscher Name für eine hübsche Frau, dachte Hunter, während sie sich dem Stadtrand näherten. „Ich bin Hunter O’Banyon.“

„Zum Glück.“ Sie lachte. „Als mein Pieper losging, habe ich Ihnen gar keine Zeit gelassen, sich vorzustellen. Und dann fiel mir plötzlich ein, dass Sie womöglich gar nicht der Mann sind, den ich hier abholen sollte.“

Sein Puls beschleunigte sich, und er musste sich räuspern, weil seine Kehle auf einmal fürchterlich trocken war. Wenn sie lächelte, war Callie Marshall nicht nur hübsch, sondern einfach umwerfend. „Wie groß war denn die Chance, dass noch jemand nach Devil’s Fork geflogen kommt?“, fragte er, als seine Stimmbänder endlich wieder funktionierten.

„Sehr gering“, erwiderte sie und lachte dabei. „Ich glaube, Sie sind der erste Mensch, der nach Devil’s Fork geflogen ist, seit ich vor zwei Monaten hier angekommen bin.“

Hunter dachte, dass er noch nie so ein wunderbares Lachen gehört hatte wie ihres. „Irgendwie überrascht mich das nicht sonderlich.“ Er hielt sich am Griff fest, als sie wie auf zwei Rädern um eine Ecke jagte. „Sind Sie damals auch mit dem Flugzeug gekommen?“

„Um Himmels willen, nein.“ Sie schüttelte den Kopf, und ihr Pferdeschwanz schwang lustig hin und her. „Ich bin mit dem Auto aus Houston gekommen. In so einer kleinen Kiste wollte ich nicht herfliegen.“

Während sie die Hauptstraße entlangrasten, dachte Hunter, dass man an Devil’s Fork leicht einfach vorbeifahren konnte, denn der Ort schien hauptsächlich nur aus ein paar Geschäften und wenigen Privathäusern zu bestehen.

„Mary Lou, unsere Bürokraft und das Mädchen für alles, hat erzählt, dass Sie aus der Gegend von Miami kommen. Es könnte eine Weile dauern, bis Sie sich an Devil’s Fork gewöhnt haben. Es sind ungefähr sechshundert Meilen bis zum nächsten Strand, und die Gegend ist nicht gerade bekannt für aufregende gesellschaftliche Ereignisse.“

„Was Sie nicht sagen.“ Hunter zuckte zusammen, als Callie am Ortsausgang ein Stoppschild ignorierte. „Ich wusste, dass der Ort klein ist, aber ehrlich gesagt hatte ich ihn mir doch etwas größer vorgestellt.“

„Ich auch“, stimmte sie zu. „Anfangs konnte ich kaum glauben, dass es überhaupt genügend Nachfrage nach einem medizinischen Flugdienst gibt. Aber da habe ich mich getäuscht.“

Hunter überlegte, was er in den Unterlagen über den Betrieb gelesen hatte, dessen Leitung seine Großmutter ihm übertragen hatte. „Wenn ich mich richtig erinnere, sind wir der einzige medizinische Notdienst für insgesamt fünf Landkreise.“

„Genau. Die Bevölkerungsdichte in diesem Teil von Texas ist so gering, dass es sich für die einzelnen Landkreise nicht rechnet, eigene Krankenstationen und Krankenwagen zu unterhalten.“ Achselzuckend lenkte sie den Pick-up auf einen Schotterweg, der zu einem großen Flugzeughangar mit der Aufschrift „Life Medevac Helicopter Service“ führte. „Außerdem würde es mit normalen Ambulanzen in den meisten Fällen viel zu lange dauern, bis man die Leute erreicht hätte, und noch länger, um sie in ein Krankenhaus zu bringen. Mit unserem Helikopter-Service haben die Patienten zumindest eine Chance, gerettet zu werden, wenn es um medizinische Notfälle geht.“

Als sie neben dem Gebäude hielt, atmete Hunter erleichtert auf. Die Bodenstation des „Life Medevac“-Flugdienstes schien in weitaus besserem Zustand zu sein als das Rollfeld von Devil’s Fork. Neben dem solide und neu aussehenden Hangar standen zwei brandneue Rettungshubschrauber, und das gesamte Gelände war mit einer hochmodernen Lichtanlage für nächtliche Start- und Landemanöver ausgestattet.

„Wir sehen uns, wenn ich zurück bin“, meinte Callie, während sie den Motor ausschaltete und die Tür aufriss. „Ich muss zum Helikopter.“

„Danke fürs Abholen!“, rief Hunter ihr noch hinterher, als er aus dem Wagen stieg.

Sie drehte sich um und lachte wieder betörend. „Fast hätte ich es vergessen – nehmen Sie sich vor Mary Lous Kaffee in Acht. Sie wird Ihnen erzählen, dass es der beste Kaffee ist, den Sie je getrunken haben, aber das sollten Sie lieber nicht glauben.“ Sie verzog das Gesicht. „Er ist furchtbar.“

Während er Callie hinterhersah, die zu dem wartenden Hubschrauber lief, überlegte er, was ihm an ihr ein wenig merkwürdig vorkam. Abgesehen von der Tatsache, dass sie den Wagen durch die Stadt gelenkt hatte, als wäre der Teufel hinter ihnen her, und sich jetzt bewegte, als hätte sie alle Zeit der Welt, saß ihr blauer Overall um die Taille herum etwas merkwürdig.

Aber als sie im Hubschrauber verschwand und die Tür sich hinter ihr schloss, schob er seine Überlegungen beiseite und sah zu, wie der Helikopter abhob. Obwohl Emerald Larson ihm versichert hatte, dass sie sämtliches Material auf den neuesten Stand der Technik hatte bringen lassen und damit die gesetzlichen Vorgaben noch übertroffen hatte, beschloss er, möglichst bald neue Overalls zu bestellen. Und zwar in einer Farbe, die sich deutlicher von denen der anderen Ersthelfer unterschied, sodass das Personal von „Life Medevac“ sofort zu erkennen war, wenn es an einem Unfallort eintraf. Und er würde dafür sorgen, dass jeder im Team die richtige Größe trug.

„Sie müssen Hunter O’Banyon sein, der neue Chef des Unternehmens.“

Als die weibliche Stimme hinter ihm ertönte, drehte Hunter sich um und sah eine Frau vor sich stehen, die er auf Ende sechzig, Anfang siebzig schätzte. Mit ihrem lockigen schneeweißen Haar, dem runden Gesicht und der Lesebrille auf der Nase sah sie ein bisschen aus wie die Frau des Weihnachtsmanns in einem Theaterspiel.

Er lächelte und streckte ihr die Hand entgegen. „Richtig. Und Sie müssen Mary Lou Carson sein.“

„Genau die bin ich.“ Grinsend schüttelte sie mit festem Griff seine Hand. „Kommen Sie rein und ruhen Sie sich einen Moment aus. Ich schenke Ihnen einen Becher Kaffee ein – und zwar den besten, den Sie je getrunken haben. Dann zeige ich Ihnen Ihr Zimmer.“

Hunter hievte sein Gepäck von der Ladefläche des Pick-ups und folgte Mary Lou – froh, der stickigen Augusthitze entfliehen zu können. Als sie ihn in das klimatisierte Büro führte, besah er sich die gerahmten militärischen Auszeichnungen, die an der Wand neben der Tür hingen.

„Sind die von Ihrem Mann?“, fragte er interessiert.

„Einige davon.“ Mary Lou ging hinüber zu der kleinen Küchenzeile am anderen Ende des Zimmers und nahm die Kanne mit dem köstlich duftenden Kaffee in die Hand. „Der Rest sind meine.“

Sie reichte ihm einen Kaffeebecher und bedeutete Hunter, sich auf einen der Stühle vor einem zerkratzten Holzschreibtisch zu setzen. „Machen Sie es sich gemütlich, Hunter.“

„In welchem Bereich der Armee sind Sie denn gewesen?“, fragte er und setzte sich.

„Lester und ich waren beide bei der Marine.“ Sie trat hinter den Schreibtisch, auf dem ein Computer und mehrere Telefone standen, und ließ sich auf einen alten Bürostuhl fallen, der noch aus dem Zweiten Weltkrieg zu stammen schien. „Er war Flugzeugmechaniker, und ich war Krankenschwester. Er ist bei einem Unfall an Bord eines Flugzeugträgers gestorben, kurz bevor wir pensioniert werden sollten.“

„Das tut mir leid.“ Hunter wusste nur zu gut, was es bedeutete, jemanden unerwartet zu verlieren.

„Es muss Ihnen nicht leidtun“, antwortete Mary Lou zu seiner Überraschung. „Lester ist bei dem gestorben, was er am liebsten getan hat – bei der Arbeit an einem Flugzeug.“ Bevor Hunter darauf etwas erwidern konnte, fuhr sie fort: „Deshalb arbeite ich hier. Nachdem ich meine Arbeit im Krankenhaus wegen Arthritis aufgeben musste, habe ich diesen Job übernommen. Manchmal, wenn Menschen bei einem Notfall anrufen, rede ich zur Beruhigung so lange mit ihnen, bis eines unserer Teams bei ihnen eingetroffen ist. Es ist fast so befriedigend wie der Beruf als Krankenschwester.“

Hunter trank einen Schluck von dem Kaffee, während er über das nachdachte, was Mary Lou gesagt hatte. Aber als er den bitteren Geschmack spürte, musste er sich zwingen, überhaupt zu schlucken. Hastig stellte er den Becher auf den Schreibtisch und schaffte es gerade noch, kein angewidertes Gesicht zu machen. Mit ihrer Warnung vor dem Kaffee hatte Callie Marshall noch untertrieben. Das Zeug war dick wie Sirup und schmeckte unglaublich bitter.

Hustend schaute er auf und merkte, dass Mary Lou ihn erwartungsvoll beobachtete. Ganz offensichtlich hoffte sie darauf, dass er ihren Kaffee lobte.

„Sie mögen gern starken Kaffee, was?“, fragte er.

Sie schmunzelte. „Ich mag meinen Kaffee so, wie ich einen Mann mag – stark und der Beste, den es gibt.“

Ihr Kaffee hatte ihm schon einen Schock versetzt, aber ihre Offenheit setzte dem Ganzen die Krone auf. Hunter war völlig fassungslos und wusste nicht, was er sagen sollte. Also wartete er darauf, dass Mary Lou weitersprach. Wenn er sich in ihr nicht allzu sehr täuschte, dann würde es nicht lange dauern.

Ihr spöttisches Lächeln verriet ihm, dass sie erwartet hatte, ihn sprachlos zu sehen. „Es gibt da ein paar Dinge über mich, die Sie lieber von Anfang an wissen sollten, Hunter. Ich rede nicht um den heißen Brei herum. Ich sage genau das, was ich denke, denn ich bin alt genug, um mir das erlauben zu können. Außerdem habe ich noch nie zu den Leuten gehört, die eine Sache nicht beim Namen nennen.“

„Damit kann ich leben.“ Hunter hatte keine Ahnung, worauf Mary Lou hinauswollte, aber es war offensichtlich, dass sie noch nicht fertig war.

„Freut mich zu hören, denn was ich Ihnen jetzt noch sagen werde, wird Ihnen vielleicht nicht gefallen.“

„Ich höre.“

„Ich werde Sie wie alle anderen hier auch behandeln, denn ich lasse mich nicht mehr so schnell von irgendetwas oder irgendwem beeindrucken. Und das heißt auch, dass es mir völlig schnuppe ist, dass Sie der Enkel von Emerald Larson sind.“

Hunter runzelte die Stirn. Er hatte Emerald ausdrücklich gebeten, seine verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihr geheim zu halten. Zum einen hatte er keine Lust, den möglichen Erwartungen anderer Leute zu entsprechen. Zum anderen hatte er selbst sich noch immer nicht so ganz an die Tatsache gewöhnt, dass er ihr Enkel war.

„Woher wissen Sie, dass …“

„Emerald und ich kennen uns schon ewig. Sie hat schließlich auch mal klein angefangen. Als Teenager hat sie im Drugstore meines Vaters gearbeitet.“ Mary Lou grinste. „Sie war für mich wie eine ältere Schwester, und wir sind stets in Verbindung geblieben.“

Hunter war nicht gerade glücklich darüber, dass eine von Emeralds alten Freundinnen für ihn arbeitete. Der Gedanke, keinen Schritt machen zu können, ohne dass seine dominante Großmutter davon erfuhr, gefiel ihm gar nicht.

„Wenn Sie Angst haben, dass ich zu Emerald laufe und ihr berichte, was Sie tun, dann verschwenden Sie Ihre Zeit“, meinte Mary Lou, als hätte sie seine Gedanken gelesen. „Ich tratsche nicht. Wenn sie wissen will, was Sie so treiben, dann muss sie Sie schon selbst fragen.“

„Das freut mich zu hören.“ Hunter glaubte ihr.

Mary Lou trank den Rest ihres Kaffees aus, stellte den Becher auf den Schreibtisch und stand dann auf. „Da wir das geklärt haben, kann ich Ihnen jetzt Ihr Zimmer zeigen. Sie können auspacken, während ich das Abendessen vorbereite.“ Sie deutete auf seinen Becher. „Möchten Sie den noch einmal warm gemacht haben?“

Hastig schüttelte er den Kopf. „Ich bin kein großer Kaffeetrinker.“ Er wollte ihre Gefühle nicht verletzen, aber gleichzeitig schwor er sich, nie wieder einen Tropfen von diesem scheußlichen Zeug anzurühren.

Sie runzelte die Stirn. „Ich weiß gar nicht, was mit euch jungen Leuten los ist. Ich bin hier die Einzige, die Kaffee mag.“

Während Hunter sich seinen Koffer schnappte und ihr hinaus in den Flur folgte, überlegte er, dass die anderen Mary Lous Kaffee aus reinem Selbsterhaltungstrieb mieden und nicht, weil sie keinen Kaffee mochten.

„Dies hier ist Ihr Büro“, teilte Mary Lou ihm mit, als sie auf dem Weg zum hinteren Ende des Gebäudes an einer Tür vorbeikamen. Sie deutete auf die Tür gegenüber und fügte hinzu: „Und dies ist der Raum, den das Dienst habende Team zum Schlafen nutzt. Wir haben drei Rettungsmannschaften, die rund um die Uhr in Bereitschaft sind – jede Crew ist zwei Tage und Nächte im Dienst und hat dann vier Tage frei. Während der ersten beiden Tage, die eine Mannschaft freihat, ist sie noch in Rufbereitschaft, falls es einmal zwei Notfälle gleichzeitig geben sollte.“

„Was ist mit Ihnen? Zu welchen Stunden arbeiten Sie?“

„Ich bin auch rund um die Uhr hier. Wenn ich mich nicht um die Organisation kümmere, koche ich und erteile Ratschlage, denen niemand Gehör schenkt.“ Sie lachte, als sie auf eine Tür neben dem Aufenthaltsraum für die Crew deutete. „Das ist mein Zimmer. Ich habe eine Alarmglocke installieren lassen, die mich weckt, wenn es einen nächtlichen Notfall gibt oder ich mich tagsüber mal hingelegt habe.“

Hunter runzelte die Stirn. „Wer vertritt Sie, wenn Sie Ihren freien Tag haben?“

Sie marschierte weiter zu einer Tür am Ende des Ganges. „Bei den seltenen Gelegenheiten, wenn ich mal einen Tag freinehme, übernimmt einer aus der Crew, die gerade keinen Dienst hat, meine Arbeit.“

„Sie haben keinen regulären, festgelegten freien Tag?“ Das gefiel Hunter gar nicht. Abgesehen davon, dass Emerald Mary Lou ausnutzte, fragte er sich, ob es überhaupt legal war, dass jemand so viel arbeitete.

„Nun machen Sie sich mal nicht ins Hemd, Junge“, erklärte Mary Lou, die anscheinend schon wieder seine Gedanken gelesen hatte. „Ich habe keine Familie, und die Arbeit hier macht mich glücklich und hält mich in Schwung. Was ich tue, macht mir Spaß, also kommen Sie nicht auf die Idee, mir einen freien Tag aufzuzwingen, denn den würde ich sowieso nicht nehmen.“ Sie öffnete die Tür zu einem weiteren Zimmer und deutete dann auf seinen Koffer. „Haben Sie all Ihr Zeug darin?“

Er nickte. „Meine restlichen Sachen habe ich einlagern lassen, bis ich in Devil’s Fork ein richtiges Dach über dem Kopf gefunden habe.“

„Sehr vernünftig.“ Mary Lou nickte zustimmend. „Dann packen Sie in Ruhe aus, während ich Evac II anfunke, um zu hören, wie es der Patientin geht und wann die Crew wieder hier eintrifft.“

Hunter starrte Mary Lou hinterher, als sie den Gang entlangmarschierte. Ihr schien es gar nichts auszumachen, dass sie hier arbeitete, ohne die ihr zustehenden freien Tage zu bekommen. Das musste er auf jeden Fall überprüfen. Es ging ja nicht nur um die gesetzlichen Regelungen. Er musste auch ihr Alter und ihre Gesundheit im Auge behalten. Sie wirkte zwar wie ein Dynamo mit unerschöpflicher Energie, aber rund um die Uhr zu arbeiten wäre schon für einen jüngeren Menschen ziemlich hart gewesen, für eine Frau von fast siebzig Jahren aber war es eigentlich undenkbar.

Er legte den Koffer auf das Bett, um seine Sachen auspacken zu können, und beschloss, sich möglichst bald um verschiedene Dinge zu kümmern. Zum einen wollte er für alle Angestellten neue Arbeitskleidung bestellen, und zum anderen würde er sich das Arbeitsrecht von Texas genauer anschauen müssen.

Er machte den Koffer auf und sah sich um. Zum Glück reiste er immer mit wenig Gepäck. Das Zimmer war kaum groß genug für das Bett, die kleine Kommode und den Nachtschrank. Für mehr als seine Kleidung wäre gar kein Platz gewesen.

Aber er brauchte auch nicht viel. Während der vergangenen fünf Jahre war es ihm völlig gleichgültig gewesen, wie geräumig seine Unterkunft gewesen war oder wo sie sich befand. Er hatte jeden Tag hart auf dem Bau gearbeitet, bis er zu müde gewesen war, um nachzudenken oder sich zu erinnern, und dann hatte er lediglich einen Platz zum Schlafen, Duschen und Umziehen gebraucht. Wenn er Glück hatte, dann gab es auch hier genügend Arbeit, damit er gar nicht erst wieder ins Grübeln kam.

Als er das Geräusch eines landenden Hubschraubers hörte, ging er den Flur entlang zurück ins Büro. „Die waren ja nicht lange weg.“

„Stimmt“, antwortete Mary Lou. „Juanita Rodriguez hat gedacht, die Wehen hätten eingesetzt, aber es war falscher Alarm.“ Lächelnd fügte sie hinzu: „Sie ist erst neunzehn, und es ist ihre erste Schwangerschaft. Sie und ihr Mann Miguel haben Angst, dass sie es nicht rechtzeitig ins Krankenhaus schaffen.“

„Wie ich gehört habe, ist das eine weit verbreitete Sorge bei Paaren, die zum ersten Mal Eltern werden.“ Ein leichtes Bedauern überkam Hunter. Der Geburt eines Kindes entgegenzufiebern war etwas, was er nie erleben würde.

Doch er hatte keine Zeit, diesen düsteren Gedanken nachzuhängen, denn die Crew kam herein. Abgesehen von Callie bestand das Team aus einem Mann mit sandfarbenem Haar um die vierzig und einem jungen Burschen um die zwanzig.

„Hallo, ich bin George Smith“, meinte der Mann und kam herüber, um Hunter die Hand zu schütteln. Er war fast so groß wie Hunter mit seinen eins fünfundachtzig und hatte die Figur eines Preisboxers. Seinem Händedruck nach zu urteilen, war er auch genauso kräftig. „Ich bin der Pilot des Evac-II-Teams.“ Er nickte zu dem jüngeren Mann. „Und dieser Junge da drüben ist Corey Timmons, der Sanitäter unserer Crew.“

„Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mr. O’Banyon“, sagte Corey und trat zu Hunter, um ihm begeistert die Hand zu schütteln. „Wir haben schon darauf gewartet, dass Sie endlich den Laden hier übernehmen.“

„Nennen Sie mich Hunter.“ Er war nicht überrascht, dass die Angestellten froh über einen Wechsel in der Firmenspitze waren. Den Akten hatte er entnehmen können, dass die Angestellten schon seit Wochen keine Löhne mehr ausbezahlt bekommen hatten, bevor Emerald den medizinischen Flugdienst übernommen hatte.

Grinsend meinte Corey: „Wir sind froh, dass Sie die Fahrt durch die Stadt mit Callie hinter dem Steuer überlebt haben.“

Hunter lachte. „Gab es da Zweifel?“

„Da Sie mit Crash Jenson in seiner kleinen Kiste nach Devil’s Fork geflogen sind, haben wir überlegt, ob Callies Fahrkünste Ihnen nicht den Rest geben würden“, fügte George lachend hinzu.

„Wenn ihr zwei nicht aufhört, mich wegen meiner Fahrweise zu ärgern, dann backe ich euch keine Schokoladenkekse mehr“, warnte Callie gutmütig und ging hinüber zur Küchenzeile, wo Mary Lou gerade das Abendessen abschmeckte.

„Wir nehmen alles zurück“, erwiderte Corey hastig und schnappte sich einen Teller, um sich bei Mary Lou eine ordentliche Portion ihres Eintopfes abzuholen.

„Auf jeden Fall“, stimmte George heftig nickend zu. „Wir haben nur Spaß gemacht, Callie. Was du auch tust, hör auf keinen Fall auf, diese Kekse zu backen.“ Er wandte sich an Hunter und vertraute ihm an: „Sie haben in Ihrem Leben noch nie etwas so Leckeres gegessen wie Callies Schokoladenkekse.“

„Ich freue mich schon darauf, sie zu probieren“, meinte Hunter, dem der lockere Umgangston gefiel.

Als George an ihm vorbeiging, um sich auch einen Teller voll Eintopf zu holen, beobachtete Hunter, wie Callie die Kühlschranktür öffnete und einen Orangensaft herausnahm. Dabei fiel ihm erneut auf, dass ihr Overall komisch saß. Überall saß er locker, nur um Callies Taille nicht. Es sah aus, als …

Plötzlich dämmerte es Hunter. Callie Marshall hatte nicht nur ein paar Pfund zu viel auf den Hüften. Sie war schwanger.

2. KAPITEL

Callie setzte sich auf einen der Stühle vor Mary Lous Schreibtisch und wunderte sich, weil Hunter sie so eingehend musterte. Seit sie ins Büro gekommen war, hatte er sie nicht aus den Augen gelassen, was ihre Haut zum Kribbeln gebracht hatte, als hätte er sie berührt.

Sie schüttelte kurz den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben, und entschied, dass diese für sie so untypische Reaktion etwas mit den Schwangerschaftshormonen zu tun haben musste. Das war die einzig vernünftige Erklärung, die ihr einfiel.

Vermutlich hatte er sie nur deshalb so intensiv gemustert, weil er ihren dicken Bauch bemerkt hatte und sich jetzt fragte, ob sie einfach nur pummelig war oder ein Baby erwartete.

Mit gesenkter Stimme, damit die anderen nicht mitbekamen, dass sie ihn dabei erwischt hatte, wie er sie angestarrt hatte, meinte sie lächelnd: „Falls Sie sich über meine komische Figur wundern: Ich bin im fünften Monat schwanger.“

Hunter fuhr sich nervös mit der Hand durchs Haar und wirkte sichtlich verunsichert. „Ich wollte nicht …“

„Keine Sorge.“ Sie lächelte und hoffte ihn damit zu beruhigen. „Es ist kein Geheimnis. Und wie Sie ja sehen können, versuche ich auch nicht, meine Schwangerschaft zu verheimlichen.“

„Hat Ihr Mann nichts dagegen, dass Sie während der Schwangerschaft fliegen?“ Er schüttelte den Kopf. „Entschuldigung, das geht mich natürlich nichts an.“

Es war eine merkwürdige Frage, aber in seinem Gesicht stand echte Sorge geschrieben. „Auch darüber brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen. Ich bin weder verheiratet noch liiert und habe auch nicht vor, daran etwas zu ändern.“

„Ich wollte nicht neugierig sein.“

„Kein Problem. Genau genommen freue ich mich darauf, eine allein erziehende Mutter zu sein.“

Hunter wollte anscheinend noch etwas sagen, doch in diesem Moment kam Corey zu ihnen und ließ sich auf den Stuhl neben Callie fallen. „Haben wir schon genügend Reue gezeigt, um wieder Kekse zu bekommen, oder müssen wir noch ein wenig mehr zu Kreuze kriechen?“

Callie sah den sympathischen jungen Mann an und lachte. „Nein, ich werde euch wohl verzeihen und noch ein paar Schokoladenkekse spendieren.“

„Wenn Sie mich entschuldigen. Ich werde mir mal mein Büro anschauen“, sagte Hunter plötzlich und marschierte hinaus.

Callie starrte ihrem neuen Chef hinterher und fragte sich, was diesen jähen Stimmungswandel hervorgerufen hatte. Als sie ihn auf dem Flugplatz kennen gelernt hatte, war er noch liebenswürdig und offen gewesen. Doch innerhalb von wenigen Minuten war er auf einmal nachdenklich und ernst geworden. Fürchtete er etwa, dass sie ihren Job nicht vernünftig erledigen würde?