Texas Cattleman’s Club: The Showdown - 6-teilige Serie - Kathie DeNosky - E-Book
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Texas Cattleman’s Club: The Showdown - 6-teilige Serie E-Book

Kathie Denosky

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Beschreibung

Wilde Leidenschaft, zärtliches Glück

Zwillingsmädchen. Mit seinen Augen ... Texas-Tycoon Rick wird es erst heiß vor Schock, dann vor Wut. Vor drei Jahren, in der Nacht vor seiner Abreise … in jenen leidenschaftlichen Stunden hat er mit Sadie diese Kleinen fabriziert? Und die heiße Frau, die immer noch so sinnlich nach Sommerregen und wilden Blumen duftet wie damals, hat ihm das bis jetzt verschwiegen? Unfassbar! Trotzdem gibt es für ihn als Ehrenmann nur eins: Heirat. - Doch Sadie ist nicht so einfach dazu bereit. Zumindest nicht ohne die drei kleinen Worte, die Rick noch nie, nie in seinem Leben gesagt hat …

Die Rückkehr des Verführers

Sein Handkuss lässt Macy erbeben, seine tiefen Blicke verraten ihr: Chris begehrt sie noch immer! Warum hat sie sich nur auf ein Dinner im exklusiven Texas Cattleman Club einlassen? Jetzt ist es für ein Nein zu spät - Chris, der einstige Rebell von Royal, ist in Macys Leben zurückgekehrt. Und der sexy Selfmade-Millionär weiß leider genau, was er machen muss, damit sie seinen Verführungskünsten erliegt. Doch genau davor hat Macy Angst! Denn wie wird er reagieren, wenn er im Rausch der Leidenschaft die Narben an ihrem Körper sieht, die sie bei einem Unfall davongetragen hat?

Heute verführe ich den Boss

Heute Nacht oder nie! Auf der Party im exklusiven Texas Cattleman’s Club will Jenny ihren Boss Mitch verführen. Schließlich liebt sie ihn seit Jahren, während er in ihr nur die perfekte Assistentin sieht. Im sexy roten Kleid zieht Jenny die Blicke aller Männer auf sich - und als Mitch sie im Sportwagen heimfährt, kann auch er ihr nicht widerstehen! Zusammen erleben sie Stunden zügelloser Leidenschaft. Umso größer ist der Schock, als Mitch nach der heißen Nacht nichts mehr von ihr wissen will. Doch Jenny fasst einen Plan, damit Mitch keinen ihrer Küsse mehr vergisst …

Vorsicht - süß und sinnlich!

"Sie müssen der Star-Architekt Daniel Warren sein." Elizabeth Miltons dunkle Stimme geht Daniel durch und durch. Wie süße heiße Schokolade … dazu diese sexy Figur und die silberblonde Mähne - diese Frau zieht ihn magisch an! Und das Blitzen ihrer smaragdgrünen Augen verrät ihm: Das Interesse ist durchaus gegenseitig. Eine heiße Affäre beginnt - die aussichtslos scheint. Denn Millionenerbin Elizabeth würde niemals ihre Ranch in Texas verlassen. Daniel dagegen lebt und arbeitet in New York, tausend Meilen von seiner sinnlichen Südstaaten-Schönheit entfernt …

Entflammt von deinem Kuss

Sheila hat sich geschworen, kein zweites Mal mit dem Feuer der Liebe zu spielen. Allerdings fühlt sie sich in Zekes Nähe gefährlich schwach! Der sexy Sicherheitsexperte ermittelt im Fall eines Findelkinds, das Sheila betreut. Auch wenn sein muskulöser Körper und die sanften Augen noch so verlockend sind - ihre Beziehung muss rein beruflich bleiben, entscheidet Sheila. Doch dann steht Zeke - bei Sturm und Stromausfall - vor ihrer Tür! Gehört es etwa zu seiner Ermittlung, sie im Kerzenschein zu küssen - so heiß, dass ihr Widerstand wie Wachs in der Sonne schmilzt?

Diese Lippen muss man küssen

Wie soll er sich auf den Wahlkampf konzentrieren, wenn ihn die roten Lippen seiner Gegenspielerin dazu verführen, sie heiß zu küssen und alles um sich herum zu vergessen? Brad kennt Abigail seit der Schulzeit, doch erst jetzt fällt ihm auf, wie sexy sie ist. Genau zum falschen Zeitpunkt: Sie will wie er die Präsidentschaft im renommierten Texas Cattleman’s Club. Der reiche Finanzier ist entschlossen, die Wahl zu gewinnen, aber Abigail verdreht ihm den Kopf! Brad muss sich entscheiden: Bekämpft er seine Konkurrentin - oder gibt er ihrer süßen Verlockung nach?

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Seitenzahl: 1227

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Maureen Child, Katherine Garbera, Barbara Dunlop, Robyn Grady, Brenda Jackson, Kathie Denosky

Texas Cattleman’s Club: The Showdown - 6-teilige Serie

Maureen Child

Wilde Leidenschaft – zärtliches Glück

IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Redaktion und Verlag: Brieffach 8500, 20350 Hamburg Telefon: 040/347-25852 Fax: 040/347-25991
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Cheflektorat:Ilse BröhlProduktion:Christel Borges, Bettina SchultGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)Vertrieb:Axel Springer Vertriebsservice GmbH, Süderstraße 77, 20097 Hamburg, Telefon 040/347-29277

© 2011 by Harlequin Books S.A. Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1720 - 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Sabine Bauer

Fotos: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format im 06/2012 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86494-162-7

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY, STURM DER LIEBE

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1. KAPITEL

Rick Pruitt, First Sergeant der Marines, blieben dreißig Tage, um über sein weiteres Leben zu entscheiden.

„Immer mit der Ruhe“, sagte er sich, während er schwungvoll die Main Street entlangging. Mit einer lässigen Handbewegung grüßte er Joe Davis, mit dem er seit Kindertagen befreundet war.

Joe fuhr langsamer und kurbelte die Seitenscheibe seines staubbedeckten roten Pick-ups herunter. „Hi! Wen hat denn da der Texaswind nach Hause geweht? Seit wann bist du wieder hier, Rick?“

„Seit gestern.“ Rick schob seinen Hut ein Stück in den Nacken und stützte die Unterarme auf Joes Beifahrertür. Das glühend heiße Metall ließ ihn zusammenzucken, aber als echter Texaner war er von klein auf an Hitze gewöhnt.

Auch an diesem Tag brannte die Julisonne gnadenlos vom wolkenlosen Himmel – ideales Wetter als Vorbereitung für einen Einsatz im Nahen Osten.

„Und, bleibst du?“

„Gute Frage“, sagte Rick. Er wusste selbst noch nicht, was er tun würde. Seit vielen Jahren war er bei den Marines und hatte sich in seinem Corps immer wohlgefühlt. Und er war stolz darauf, seinem Land zu dienen.

Aber ihm entging dadurch auch vieles. Beim Tod seiner Eltern war er nicht im Land gewesen, und er konnte sich nicht selbst um die Ranch kümmern. Die Verantwortung für den Familienbetrieb lag seit vielen Jahren in den Händen eines bewährten Vormanns. Wenn man bedachte, dass die Pruitt Ranch zu den größten in Texas gehörte, wurde klar, welche Last das bedeutete.

Eigentlich komisch, dass keiner in Ricks Corps von seinem Reichtum etwas wusste. Alle sahen in ihm nur den Kameraden – und genau das gefiel ihm.

Er war um die Welt gereist, hatte mehr gesehen und erlebt als die meisten Männer in ihrem ganzen Leben. Aber im Herzen war er immer hiergeblieben, in Royal.

Lächelnd zuckte er die Schultern. „Weiß ich selbst noch nicht. Erst mal habe ich dreißig Tage Urlaub, dann muss ich mich entscheiden.“

„Na gut“, sagte Joe. „Wenn du was brauchst, einen Rat oder was auch immer, ruf mich an.“

„Mach ich.“ Rick betrachtete den Freund. Sie waren zusammen aufgewachsen, hatten gemeinsam zum ersten Mal Bier getrunken und auch den Kater danach gemeinsam durchgemacht. Im Footballteam ihrer Schule hatten sie Seite an Seite gespielt.

Joe war in Royal geblieben und hatte Tina geheiratet, seine Freundin aus Schulzeiten. Jetzt hatte er schon zwei Kinder und führte die Autowerkstatt seiner Familie.

Rick dagegen war aufs College gegangen und danach zu den Marines. Der Liebe war er nur ein einziges Mal wirklich nahegekommen.

Einen Moment dachte er an die Frau, die ihm in der Jugend unerreichbar erschienen war. Die Erinnerung an sie hatte ihm über manch schweren Tag hinweggeholfen. Es gab eben Frauen, die einem Mann unter die Haut gehen. Und sie war eine davon.

„Gehen wir mal angeln?“, fragte Joe und riss ihn damit aus seinen Gedanken.

„Gute Idee. Dann soll Tina uns ein paar von ihren leckeren Brathühnchen mitgeben, und wir machen uns am See auf der Ranch einen schönen Tag.“

„Hand drauf!“, sagte Joe lachend, und Rick schlug ein. „Ist echt gut, dass du wieder hier bist“, fügte Joe hinzu, „und wenn du mich fragst, solltest du auch hierbleiben.“

„Ich freu mich auch“, sagte Rick und lächelte.

Joe lächelte ebenfalls. „Jetzt muss ich wieder in die Werkstatt. Der alte Sedan von Mrs Donley tut’s nicht mehr, und sie lässt mir keine Ruhe damit.“

Mrs Marianne Donley war die gefürchtete Mathematiklehrerin, die bei Generationen von Schülern für ihre Strenge berüchtigt war. Noch bei der Erinnerung an ihren Unterricht schüttelte es Rick.

Joe sah es und lachte. „So geht’s mir auch. Also, ich ruf dich an wegen dem Angelausflug.“ Er fuhr los.

„Alles klar!“, rief Rick und sah dem Freund gedankenverloren nach. Ja, es war schön, wieder hier zu sein. Noch vor drei Tagen hatte er sich mit seinen Männern inmitten eines Feuergefechts befunden. Heute stand er in seiner friedlichen Heimatstadt und sah dem geschäftigen Treiben zu.

Aber wohin gehörte er wirklich?

Schon als Junge hatte er immer zu den Marines gewollt. Und seit seine Eltern tot waren, gab es nicht viel, was ihn hier in Royal hielt. Natürlich fühlte er sich der Pruitt-Dynastie verpflichtet. Schließlich gehörte die Ranch seit mehr als hundertfünfzig Jahren der Familie. Aber alles lief auch ganz gut ohne ihn. Der Vormann und seine Frau kamen allein klar, und die Stadt erst recht.

Er blinzelte gegen die Sonne und sah sich um. Er fand es beruhigend, dass sich in einer amerikanischen Kleinstadt wie Royal nur wenig änderte. Sogar nach längerer Abwesenheit fand man bei der Rückkehr alles wie gewohnt vor.

Und doch hatte sich etwas verändert: er selbst.

Er zog die Krempe seines Stetson-Hutes ins Gesicht, schüttelte den Kopf und ging in Richtung des Texas Cattleman’s Club. Wenn es doch mal Neuigkeiten gab, erfuhr man sie im TCC als Erstes. Außerdem freute er sich auf die Kühle und die Möglichkeit, in Ruhe nachzudenken. Ganz zu schweigen von einem guten Bier und einem Steaksandwich im Diningroom.

„Bradford Price, du lebst in der Steinzeit.“ Sadie Price starrte ihren großen Bruder an und wunderte sich kein bisschen, dass er sich gegen diesen Vorwurf nicht wehrte.

Ganz im Gegenteil, er schien sogar stolz darauf, denn er erwiderte: „Wie ich dich kenne, willst du mir damit sagen, dass ich traditionsbewusst und auch sonst ganz okay bin. Außerdem hoffe ich, dass meine kleine Schwester nicht extra hergekommen ist, um mir die Leviten zu lesen …“

Sadie zählte im Stillen bis zehn, um sich zu beruhigen, aber es nützte ebenso wenig wie der Gedanke an ihre süßen Zwillinge. Das für die Familie Price typische Temperament ließ sich eben nicht so leicht zügeln, und was zu weit ging, ging zu weit.

Zugegeben, der Texas Cattleman’s Club eignete sich nicht wirklich als Ort für diese Auseinandersetzung, aber daran ließ sich nun nichts mehr ändern.

„Ich bin nicht aus Houston wieder hierher nach Royal gezogen, um nur zu Hause zu sitzen, Brad. Ich muss etwas tun“, eröffnete sie das Duell.

Sie wollte etwas bewegen, von sich reden machen. So gesehen war der TCC gar kein schlechter Ausgangspunkt. Die ganze Nacht hatte sie es sich überlegt, und ihr Bruder würde sie von ihrem Vorhaben nicht abbringen.

„Also gut“, sagte er und hob beschwichtigend beide Hände. „Tu von mir aus etwas. Was du willst. Aber nicht hier.“

„Heutzutage haben Frauen ihren festen Platz in Klubs“, beharrte sie mit einem Seitenblick auf zwei ältere Herren in großen braunen Ledersesseln, die sich schnell hinter ihren Zeitungen verschanzten.

„Daran brauchst du mich nicht zu erinnern“, sagte Brad. „Mich nervt schon Abigail Langley. Die Frau bringt mich noch um den Verstand. Und jetzt fängst du auch noch an.“

Sadie atmete tief ein. „Du bist der hartherzigste, störrischste …“

„Du solltest daran denken, kleine Schwester, dass ich hier Verantwortung trage.“

Das stimmte. Brad strebte sogar das Amt des Klubpräsidenten an. Wenn er tatsächlich die Wahl gewann, würden beim TCC so schnell keine moderneren Zeiten anbrechen.

Sadie biss sich auf die Lippen, um nicht im Zorn etwas zu sagen, was sie später bereuen würde. Dieser rückständige Klub existierte bereits seit mehr als hundert Jahren.

Schon die Einrichtung verriet, dass es sich um eine reine Männerwelt handelte. Das Interieur bestand aus holzvertäfelten Wänden, dunklen Ledersesseln, Bildern mit Jagdmotiven und einem großen Fernsehbildschirm für Sportsendungen.

Bis vor Kurzem hatten sich Frauen nur im Diningroom und auf dem Tennisplatz aufhalten dürfen. Aber seitdem Abby, die Witwe von Richard Langley, als Ehrenmitglied uneingeschränkte Klubprivilegien genoss, änderten sich die Dinge. Langsam und, wie die Frauen in Royal hofften, unaufhaltsam.

Aber das Verhalten ihres Bruders zeigte Sadie klar, als wie schwierig sich solche Veränderungen bisweilen erwiesen.

„Jetzt überleg doch mal“, sagte sie in möglichst sachlichem Ton. „Der Klub sucht einen neuen Standort, und ich bin Landschaftsgestalterin. Und ich kenne einen wirklich sehr guten Architekten. Ich habe schon die ersten Skizzen …“

„Sadie“, unterbrach Brad kopfschüttelnd. „Es ist noch nichts entschieden. Wir brauchen keinen Architekten oder Landschaftsplaner. Und auch keinen Einrichtungsberater.“

„Lass mich doch wenigstens ausreden.“

„Mir reicht es schon, dass ich mich mit Abby Langley herumärgern muss. Da brauche ich nicht noch Probleme mit meiner Schwester. Jetzt geh bitte heim, Sadie“, sagte Brad und ließ sie einfach stehen.

Sadie kochte vor Wut. Am liebsten wäre sie ihm nachgegangen, um ihm die Meinung zu sagen, aber das wäre nur Wasser auf die Mühlen von Männern wie Buck Johnson und Henry Tate gewesen.

Die beiden versteckten sich noch immer hinter ihren Zeitungen, hatten aber natürlich jedes Wort mitbekommen. Und sie würden es garantiert herumerzählen.

Sadie seufzte, klemmte sich ihre Mappe mit den Zeichnungen unter den Arm und ging zum Ausgang. Ihre High Heels klangen auf dem Holzfußboden wie ein schneller Herzschlag.

Sie kämpfte gegen die Enttäuschung an. Irgendwie hatte sie doch auf die Unterstützung ihres Bruders gehofft. Dabei hätte sie es besser wissen sollen. Brad dachte noch wie Männer früherer Generationen. Frauen betrachtete er ausschließlich als angenehme Begleiterinnen, und den Klub mochte er so, wie er war – als ein Bollwerk gegen die Idee der Gleichberechtigung von Mann und Frau.

„Ein echter Steinzeitmensch“, flüsterte sie und trat hinaus ins gleißende Sonnenlicht.

Geblendet von der Sonne und immer noch mit ihrem Ärger beschäftigt, bemerkte sie den Mann erst, als sie mit ihm zusammenstieß.

Es war sein erster Tag wieder zu Hause, und schon hatte Rick eine Begegnung mit einem Tornado. Denn genauso energiegeladen und entfesselt erschien ihm diese Frau. Sie war groß und blond, mit schlanken Beinen, einer unvergleichlichen Figur und Augen so blau wie der Himmel über Texas.

Gerade hatte er an sie gedacht, und jetzt stand sie vor ihm. Wutentbrannt war sie aus dem Cattleman’s Club geradewegs in seine Arme gestürmt.

Um sie zu beruhigen, fasste er sie an den Schultern.

„Guten Morgen, Sadie“, sagte er sanft und betrachtete ihr ebenmäßiges Gesicht, an das er sich so gut erinnerte. „Über den Haufen rennen klappt bei mir nicht. Du müsstest es schon mit Überfahren probieren.“

„Rick!“, stieß sie verblüfft hervor.

Einen Moment lang schwiegen sie beide, und Rick spürte eindeutig, wie sich in ihrer Nähe sein Puls beschleunigte.

Sadie schien leicht zu schwanken.

„Alles klar?“, fragte er.

„Ja, danke“, sagte sie, obwohl sie ziemlich blass wirkte. „Ich bin nur überrascht, dass du wieder hier bist.“

„Seit gestern. Wundert mich ja, dass es sich noch nicht herumgesprochen hat.“

Irgendwie schien sie sich unbehaglich zu fühlen. Aber warum nur?

„Tut mir leid, dass ich dich fast umgerannt habe, aber erstens hat mich die Sonne geblendet, und zweitens habe ich eine solche Wut auf Brad …“

Aha, zum Glück nur auf ihren Bruder – und nicht auf ihn, wie er schon befürchtet hatte. Die eine gemeinsame Nacht mit ihr war ihm drei Jahre lang nicht aus dem Kopf gegangen. Nachts in der Wüste hatte er oft geglaubt, ihren Duft zu riechen und ihre Berührungen zu spüren.

Sie war eben eine Frau, die ein Mann niemals vergisst. Schon deshalb war er froh gewesen, gleich am nächsten Tag wieder Dienst tun zu müssen. Damals hatte er keine feste Beziehung gewollt, und Sadie Price gehörte nicht zu den Frauen, die sich mit einem One-Night-Stand begnügen.

Er atmete tief ein – und genoss ihren unverwechselbaren Duft nach Sommerblumen, den er nie vergessen hatte. Egal wo und in welcher Bedrängnis – es war dieser frische Geruch, der ihn stets begleitet hatte. Sobald er die Augen geschlossen hatte, war sie bei ihm gewesen.

Der Gedanke an sie hatte ihn durch viele schwierige Situationen begleitet. Als er jetzt in ihre blauen Augen sah, konnte er nur eines denken: Gut, wieder zu Hause zu sein.

„Und, was machst du so?“, fragte er. „Ich dachte, du lebst in Houston.“ In zwei oder drei Tagen hatte er sie dort besuchen wollen, aber natürlich war es viel praktischer, sie in Royal zu treffen.

„Ja, bisher hab ich auch dort gewohnt.“ Sie knabberte an ihrer Unterlippe. „Aber seit ein paar Wochen bin ich wieder hier.“

Sie erschien ihm unruhig, ja regelrecht erschüttert.

Dass sie so blass und zerbrechlich wirkte, weckte seinen Beschützerinstinkt. Und das lange unterdrückte Begehren nach ihr.

„Weißt du was? Gehen wir doch einfach in den Klub. Dort ist es kühl, da kannst du dich etwas ausruhen“, schlug er vor.

Aber Sadie schüttelte den Kopf. „Nein, danke, nicht nötig.“

„Ich weiß nicht recht … Du siehst aus, als würdest du jeden Moment ohnmächtig werden. Heute ist es aber auch besonders heiß. Jetzt komm.“ Er fasste sie am Arm.

„Nein, Rick, ich möchte einfach nur heim.“

„Ja, aber erst setzt du dich einen Moment.“ Er zog sie auf die Bank vor dem Gebäude, die genau unter der Tafel mit dem Wahlspruch des TCC stand: Verantwortung. Gerechtigkeit. Frieden.

Als sie neben ihm saß, bemerkte er, wie fest sie ihre Mappe umklammert hielt. Beim besten Willen konnte er sich nicht erklären, was Sadie so aufgebracht hatte. War ihr etwa ihre gemeinsame Nacht so peinlich?

„Was ist denn eigentlich los?“, wollte er wissen.

Sie lachte kurz auf, aber das Lachen wirkte eigentümlich bitter.

„Jetzt sag schon!“

Seit er denken konnte, hatte er von ihr geschwärmt. Schon immer war sie wunderschön und beliebt gewesen – und eine Nummer zu groß für ihn. Er und seine Freunde hatten nicht zum Kreis derer gehört, die zu ihren Countryklub-Partys eingeladen worden waren.

Für ihn war sie immer die Traumfrau gewesen, abgesehen davon, dass sie sich stets sehr unnahbar gezeigt hatte. Was hätte er darum gegeben, hinter die Fassade sehen zu dürfen.

Dann war er zu den Marines gegangen, und Sadie hatte einen Mann geheiratet, der sie betrogen und unglücklich gemacht hatte. Vor drei Jahren hatte sie sich scheiden lassen.

Kurz bevor Rick mit seinem Corps nach Afghanistan hatte aufbrechen müssen, waren sie einander zufällig in Claire’s Restaurant begegnet. Sie hatten etwas getrunken, gegessen und …

Bei der Erinnerung durchströmte ihn tiefe Sehnsucht, die er sonst nicht von sich kannte. Jetzt, da sie ihm endlich wieder nah war, würde ihn nichts und niemand davon abhalten, seine Chance zu nutzen.

„Du bist genauso schön wie in meiner Erinnerung“, sagte er und strich ihr über das seidenweiche blonde Haar. Als er dabei ihre Wange berührte, war es ein durch und durch elektrisierendes Gefühl.

Sadie atmete tief ein, und er wusste, dass sie ebenso empfand.

„Gehen wir doch zu Claire’s“, sagte er und rückte etwas näher. „Wir könnten etwas essen und uns gegenseitig auf den neuesten Stand bringen. Ich bin gespannt, was du die letzten Jahre gemacht hast.“

„Was ich gemacht habe“, wiederholte sie und sah ihn an. „Das ist nicht so schnell erzählt. Oh Gott, Rick, wir müssen unbedingt reden.“

„Sage ich doch.“ Er lächelte zufrieden.

„So meine ich das nicht. Es ist wirklich wichtig.“ Sie sah sich um, ob irgendjemand zuhörte. „Hier geht es nicht.“

Besorgt sah er sie an. Wieso war sie so … nervös? Aus der Begrüßung, wie er sie sich ausgemalt hatte, würde unter diesen Umständen wohl kaum etwas werden. „Jetzt sag doch endlich, was los ist.“

Sie stand auf, nahm ihre Mappe und sagte: „Rick, würdest du mich zum Haus meiner Eltern bringen? Dort erkläre ich dir alles.“

Er stand ebenfalls auf. Egal, was dies zu bedeuten hatte, er würde schon damit fertig werden. Wie immer. „Also gut. Fahren wir.“

2. KAPITEL

In Rick Pruitts schwarzem Pick-up stürmten die Erinnerungen auf Sadie ein.

Vor drei Jahren hatte sie mit ihm eine unvergessliche Nacht verbracht, die ihr Leben für immer verändert hatte. Am Morgen danach war er mit seiner Einheit in den Nahen Osten aufgebrochen.

Vielleicht hatte sie deshalb versucht, diese Nacht so gut es ging zu verdrängen. Zwar hatte sie von vornherein gewusst, dass er nicht bei ihr bleiben würde, aber sie hatte damals dringend jemanden gebraucht.

Vorher war sie nichts weiter als die Tochter eines reichen Mannes gewesen, die sich nie einen Ausrutscher erlaubt hatte. Eine junge Frau ohne eigenes Leben.

Bis zu jener Nacht. Sie hatten sich keine Versprechungen gemacht, nur den Zauber des Augenblicks genossen.

Dass diese Nacht für sie Folgen gehabt hatte, die sich bis zum heutigen Tag auswirkten, ahnte er bisher nicht.

Unauffällig betrachtete sie ihn aus den Augenwinkeln, und sofort spürte sie ein Kribbeln im Bauch. Mit seiner entschlossenen Kinnlinie, dem sinnlichen Mund und den dunkelbraunen Augen wirkte er auf sie begehrenswert wie kein anderer Mann.

Sie erinnerte sich an alles, was in jener Nacht geschehen war: an die sanften Berührungen, das sehnsüchtige Seufzen und leidenschaftliche Flüstern. Fast war ihr, als würde sie seine Hände spüren, seinen muskulösen Körper, sein leidenschaftliches Begehren …

„Also, wie ist es dir seit damals ergangen?“, fragte er freundschaftlich.

Sadie zwang sich zu einem Lächeln. Hier im Auto würde sie das dringend notwendige Gespräch sicher nicht führen. Daher versicherte sie: „Ganz gut. Kann nicht klagen. Und dir?“

„Weißt du ja“, sagte er schulterzuckend. „Auch ganz gut. Und jetzt freue ich mich, dass ich wieder mal für eine Weile hier bin.“

Für eine Weile?

„Wie lange bleibst du denn?“, fragte sie.

„Möchtest du mich denn schon wieder loswerden?“, scherzte er und sah sie kurz an. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Verkehr auf der Main Street zu.

„Nein, natürlich nicht“, log sie. „Ich frage aus reiner Neugier. Die letzten Jahre warst du selten hier.“

„Wie willst du das wissen? Du hast ja in Houston gelebt.“

„Houston ist nicht aus der Welt. Ich bin mit meinen Freunden und meinem Bruder in Kontakt geblieben. Sie haben mir immer erzählt, was in Royal so vor sich geht.“

„Mir auch“, sagte Rick. „Also, dein Bruder nicht. Er und ich waren nie wirklich befreundet.“

„Stimmt“, bestätigte sie und dachte, dass das jetzt sogar noch viel weniger der Fall war als früher – was Rick nur noch nicht wusste.

„Joe Davis hat mir damals gesagt, dass du wegziehst“, sagte Rick.

Sadie nickte lächelnd. Joe, der inzwischen die beste Autowerkstatt der Stadt leitete, und Rick hatten sich schon immer nahegestanden. Auch deshalb hatte sie sich beeilt, Royal zu verlassen. Joe hätte Rick sonst mit Sicherheit von ihrem Geheimnis erzählt – und der Himmel weiß, was dann passiert wäre.

„Das mit Michael hat er mir auch erzählt. Nachträglich mein Beileid …“

Sie spürte einen Stich in der Brust. Ihr Bruder hatte oft in Schwierigkeiten gesteckt, war irgendwie nie zur Ruhe gekommen und hatte schließlich Trost im Alkohol gesucht. Vor acht Monaten war er in Kalifornien mit seinem Wagen betrunken von der Straße abgekommen und über die Klippen gestürzt.

Sadie vermisste ihn schrecklich, und ihr einziger Trost war, dass er keine unschuldigen Menschen mit in den Tod gerissen hatte. Und wer weiß, vielleicht hatte er jetzt endlich den ersehnten Frieden gefunden.

Sie hob das Kinn. „Danke. Es war schlimm, ihn auf diese Art zu verlieren.“

„Er war ein prima Kerl.“

„Und ein prima Bruder“, sagte sie mit einem traurigen Lächeln. Michael hatte viele gute Seiten gehabt und würde ihr immer in Erinnerung bleiben.

„Und jetzt kehrst du also Houston den Rücken“, sagte Rick und wechselte damit das Thema. „Lebst du wieder bei deinem Dad?“

„Nur vorübergehend, bis ich etwas Passendes gefunden habe. Seit Moms Tod vor ein paar Jahren reist Dad zum Angeln um die Welt. Zurzeit ist er in der Karibik. Brad wohnt auch nicht mehr daheim …“

„Fühlst du dich allein in dem großen Haus nicht einsam?“

„Einsam?“ Fast hätte sie gelacht. „Ehrlich gesagt, schon lange nicht mehr.“

Rick runzelte die Stirn. „Wie heißt denn dein Freund?“

„Ich habe keinen. Dazu fehlt mir gerade wirklich die Zeit.“ Vorerst beließ sie es dabei, denn gleich würde er selbst sehen, warum.

Eine Weile hörte man nur den Motor und das leise Rauschen der Klimaanlage.

Sadie sah aus dem Fenster. Sogar die Bäume litten unter der enormen Hitze.

„Irgendwie habe ich dich besser gelaunt in Erinnerung“, sagte Rick.

Oh ja, daran erinnerte sie sich gut! So gut sogar, dass sie unwillkürlich auf dem Beifahrersitz herumrutschte. Von den Bildern, die unwillkürlich vor ihrem geistigen Auge auftauchten, wurde ihr siedend heiß. Rick und sie. Umarmungen … leidenschaftliche Küsse und nie gekannte Gefühle …

Trotz ihrer Aufregung würde sie schon bei der geringsten Berührung in Flammen stehen, das war ihr bewusst.

„Aber wenn du sagst, dass alles bestens ist …“, sagte er mit seiner dunklen Stimme, die ihre Haut zu streicheln schien.

Das konnte sie nun beileibe nicht behaupten. Trotzdem log sie: „Ja, wie gesagt, mir geht’s gut.“

Die vertraute Landschaft glitt vorüber, als sie auf dem Highway zum exklusiven Pine Valley fuhren. Dort lag das Haus der Familie Price, aus dem Sadie vor drei Jahren ausgezogen war, um in der Anonymität der Großstadt neu anzufangen.

Jetzt, da sie zurück war, holte die Vergangenheit sie ein.

Wieder betrachtete sie Rick mit seinen kurz geschnittenen braunen Haaren. Sie kannte ihn schon ihr ganzes Leben, aber nähergekommen waren sie sich nur dieses eine denkwürdige Mal. Er wirkte älter, ernster – und noch selbstbewusster als früher. Mit seinen kräftigen Händen steuerte er sicher den Wagen.

„Ist wirklich alles in Ordnung?“ Er sah sie kurz an und dann sofort wieder auf die Straße.

Typisch Rick. Er nahm seine Verantwortung ernst und ließ sich nicht so leicht ablenken. Ordnung und feste Regeln waren ihm wichtig, und er gehört zu den Männern, die stets taten, was sie für richtig hielten.

Aber was ihr richtig erschienen war, würde er kaum gutheißen. Nein, dieser Tag würde nicht gut enden, so viel stand fest. Natürlich würden die Leute reden, und dass Rick bisher noch nichts wusste, lag nur daran, dass er erst am Vortag angekommen war.

Von Außenstehenden sollte er es auf keinen Fall erfahren. Sie würde es ihm selbst erzählen. Das war sie ihm schuldig.

„Ja klar. Absolut“, versicherte sie völlig wahrheitswidrig. Natürlich, früher oder später hatte dieser Tag kommen müssen. Sie hatte allerdings auf später gehofft. Auf viel später …

Eine lächerliche Hoffnung, schalt sie sich selbst. Sie lebte wieder in Royal, und dass Rick irgendwann hierher zurückkommen würde, war ihr von vornherein klar gewesen. Außerdem ließ sich in einer Kleinstadt wie dieser nichts geheim halten. Darum war sie ja weggezogen.

Sie betrachtete die vorüberziehende Landschaft und versuchte, nicht an das zu denken, was gleich passieren würde.

„Wenn du es sagst …“ Sehr überzeugt klang seine Stimme nicht. „Was hast du eigentlich im TCC gemacht? Deinen Bruder geärgert?“

„Genau andersherum. Brad ist, glaube ich, der größte Sturkopf in ganz Texas.“

„Ist das für dich etwas Neues?“ Er lächelte.

„Nein, eigentlich nicht. Nur hatte ich gehofft, dass er eines Tages im einundzwanzigsten Jahrhundert ankommen würde. Aber das wird wohl nie passieren. Na ja, wie auch immer, ich wollte ihm Entwürfe für das neue Klubhaus zeigen.“

„Ein neues Klubhaus?“, fragte Rick und stieß einen Pfiff aus. „Wer hätte das gedacht? Im Klub hat sich doch seit über hundert Jahren nichts geändert.“

Sadie verdrehte die Augen. „Und darum soll es immer so bleiben? Wozu Strom und Telefon? Wozu überhaupt Fortschritt?“

Rick lachte. „Tradition bedeutet dir wohl gar nichts?“

„Jetzt klingst du genau wie Brad. Sind denn nur Frauen bereit, nach vorn zu sehen?“

„Nein, sicher nicht. Aber bei allem Fortschritt sollte man auch die Vergangenheit nicht vergessen.“

„Wer redet denn von vergessen? Es geht doch nur um etwas zeitgemäßen Komfort, damit sich alle Mitglieder wohlfühlen.“

„Ah, daher weht der Wind“, sagte Rick und lächelte. „Abby Langley gehört ja jetzt auch dazu. Und deshalb wittern die Frauen in Royal ihre Chance …“

„Sind denn wirklich alle Männer so? Oder ist das nur typisch Texas?“, fragte Sadie mehr sich selbst als ihn.

„Wie?“

„Du hörst dich an wie alle hier.“

„Ich habe es nicht so gemeint. Ich will bestimmt keinen Streit“, versicherte er.

„Weiß ich doch“, lenkte sie ein. „Ich bin nur gerade etwas empfindlich. Sorry.“

„Halb so wild. Manchmal lässt man die Wut an jemandem aus, der nichts damit zu tun hat.“

Sie nickte. „Eigentlich ist es ja Brad, der mich ärgert.“

„Zum Ärgern sind Brüder in erster Linie da, glaube ich manchmal.“

„Ja, stimmt wahrscheinlich“, bestätigte sie lächelnd. „Außerdem ist es eine gewisse Genugtuung, dass Brad sich jetzt mit Abbys Ideen herumschlagen muss.“

„So grausam kannst du sein? Die Seite kenne ich ja gar nicht an dir“, scherzte er.

„Ich bin eine Price, vergiss das nicht.“

„Wie könnte ich!“ Er steuerte den Wagen in eine lang gezogene Linkskurve. „In den letzten Jahren habe ich viel nachgedacht, Sadie.“

„Wirklich?“ Wieso hatte gerade dieser Mann eine so starke Wirkung auf sie?

Er trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad. „Ja. Der Gedanke an dich hat mich oft davor bewahrt, verrückt zu werden.“

„Rick …“

„Du brauchst jetzt nichts zu sagen. Aber du sollst wissen, dass ich unsere gemeinsame Nacht nie vergessen habe.“

„Ich auch nicht“, sagte Sadie, ohne ihn anzusehen.

Wie auch, wenn sich ihr Leben dadurch von Grund auf verändert hatte! Ihr schlechtes Gewissen, das sie so lange unterdrückt hatte, machte sich bemerkbar. Immer wieder hatte sie sich gesagt, dass sie Rick eines Tages alles erklären müsste.

Natürlich hätte sie ihm schreiben können. Aber aus Sorge um ihn hatte sie sich dagegen entschieden. Als Sergeant bei den Marines stand er Tag für Tag in der Schusslinie. Eine Ablenkung dieser Art war das Letzte, was er gebrauchen konnte.

Außerdem war ihr ein Brief zu feige erschienen. So etwas musste sie ihm von Angesicht zu Angesicht sagen, das war der einzig ehrenhafte Weg. Und als eine Price bedeutete Ehre für sie alles. In diesem Geist war sie großgezogen worden.

Das hieß nicht, dass in ihrem Leben Platz für einen Ehemann war. Sie hatte weiß Gott schon genug um die Ohren.

Aber die Wahrheit sollte er erfahren, auch wenn sie vor diesem Moment noch so viel Angst hatte.

Er sah sie kurz an und zog dabei einen Mundwinkel hoch – ein unwiderstehliches Lächeln. Sadie fühlte sich von flammender Hitze durchströmt, genau wie in jener Nacht.

„Und, was hast du in Houston so gemacht?“

„Ziemlich viel Wohltätigkeitsarbeit. Unsere Familienstiftung hat ihren Sitz in Houston. Und ich habe Vater in seinem Kunstmuseum geholfen.“

„Macht dir das Spaß?“

„Ja, aber …“

„Aber?“

„Eigentlich interessiere ich mich mehr für Landschaftsgestaltung.“ Sie sah ihn an. „Gärten und Parks, Straßenplanung …“

„Wenn dir das liegt, dann solltest du es auch machen. Das macht das Leben erst richtig lebenswert.“

„Bist du darum noch immer bei den Marines?“

Er lachte. „Einmal Marine, immer Marine, sagt man bei uns.“

„Ja schon, aber du tust nach wie vor aktiv Dienst. Du könntest ja auch heimkommen und dich um deine Ranch kümmern. Warum bleibst du bei deinem Corps?“

„Aus Pflichtgefühl. Ich weiß, das ist ein altmodisches Wort, aber mir bedeutet es viel. Mein Vater war auch ein Marine.“

„Ja, ich weiß.“ Sie nickte.

„Als ich klein war, sind wir um die ganze Welt gereist. Nach Ende seiner Dienstzeit haben wir uns hier niedergelassen, wo meine Mom ihre Wurzeln hat. Wenn man wie ich auf Stützpunkten aufgewachsen ist und die Einsatzbereitschaft der Menschen erlebt hat, empfindet man es als Ehre, ebenfalls etwas für sein Land zu tun.“

Sadie blinzelte. Da redete er von Pflicht und Ehre, und sie war seit Jahren unaufrichtig zu ihm!

In diesem Moment bogen sie in die Straße ein, in der ihr Haus lag.

„Rick, bevor wir gleich da sind, solltest du etwas wissen …“

„Wenn es mit diesen komischen Flamingos zu tun hat, solltest du deine Karriere als Landschaftsplanerin lieber überdenken.“

„Was?“

Rick lenkte den Pick-up in die Einfahrt, und da sah Sadie den Schwarm kitschiger Kunststoffflamingos auf dem Rasen. Gut, dass ihr Vater in der Karibik war und das nicht mitbekam! So etwas würde sich Robert Price nicht gefallen lassen.

Sobald der Wagen hielt, sprang sie heraus und sah sich die Tiere näher an. Dann lachte sie. Deplatzierter konnte kaum etwas wirken.

„Was soll das denn sein?“, fragte Rick, der hinter sie getreten war. „Ein neuer Trend?“

Seine Nähe empfand sie brennender als die Julisonne, die sich schon kaum aushalten ließ. Kein anderer Mann hatte je solche Gefühle in ihr ausgelöst. Nicht einmal ihr Exmann, dieser Lügner.

Sie atmete tief ein und wandte sich zu ihm um. Schwierig, ja unmöglich, nicht in den Bann seiner dunklen Augen gezogen zu werden. Er war ein großer, schlanker und kräftiger Mann, dem man auch in Jeans und T-Shirt anmerkte, dass er es gewohnt war, Befehle zu erteilen.

Er verkörperte den Urtyp eines Texaners. Dass er außerdem zu den Marines gehörte, war eine unwiderstehliche Kombination. Sadies Herz schlug bis zum Hals.

„Die Flamingos sind ein Spendenaufruf des Frauenhauses von Royal“, erklärte sie. „Summer Franklin leitet es.“

„Die Frau von Darius?“

„Genau. Wer den Schwarm bekommt, muss etwas spenden, damit er wieder abgeholt und dem nächsten Kandidaten vors Haus gestellt wird. So geht das immer weiter.“

Rick lachte, hob einen der Flamingos hoch und sah ihn sich an. „Gute Idee. So kommt Geld für einen guten Zweck zusammen.“

„Ja, schon. Aber sie sehen so albern aus! Zum Glück ist Vater nicht da. Er würde sich aufregen, was die Nachbarn denken.“

Rick steckte die Metallfüße des Tieres wieder in die Erde. „Das klingt nach Sadie Price, wie sie leibt und lebt: immer um ihren untadeligen Ruf besorgt. Ich kenne aber auch noch eine andere.“

Ja, als Price-Erbin hatte sie auf ihren guten Ruf achten müssen. Aber das lag lange zurück. „Ich bin kein kleines Mädchen mehr. Kommst du einen Moment mit rein? Ich will dir etwas zeigen.“

„Okay.“

Lang würde es nicht dauern. Sie ging zur Haustür, schloss auf und ging hinein. Dank der Klimaanlage umfing sie angenehme Kühle. Eine blonde Frau Mitte fünfzig mit ersten grauen Haaren begrüßte sie. „Hallo, Miss Sadie. Oben ist alles in Ordnung. Sie schlafen wie die Engelchen.“

„Danke, Hannah“, sagte Sadie und lächelte. Sie sah sich nicht nach Rick um. Jetzt war es so weit, es gab kein Zurück. „Ich schaue trotzdem mal nach.“

Einen langen Moment sah die Haushälterin Rick nachdenklich an. Dann lächelte sie und sagte zu Sadie: „Ich bin in der Küche, wenn Sie mich brauchen.“

Rick hatte den Hut abgenommen. Als Hannah gegangen war, fragte er: „Was meint sie?“

„Wirst du gleich sehen.“ Über den Marmorboden ging sie voraus zu der mächtigen geschwungenen Treppe. „Komm doch mit.“

Ohne ihn anzuschauen, legte sie die Hand auf das Geländer aus Walnussholz und ging nach oben. Ihr Herz pochte heftig.

„Was ist denn eigentlich los, Sadie? Erst sagst du, wir müssen uns unterhalten. Dann willst du mir plötzlich etwas zeigen.“ Er überholte sie, und im Flur des ersten Stocks blieb er vor ihr stehen. „Jetzt rede doch.“

„Gleich. Sobald du gesehen hast, was ich dir zeigen will.“

„Also gut. Aber du solltest wissen, dass ich Überraschungen nicht so mag.“

Der dicke gemusterte Teppich dämpfte ihre Schritte, als sie den langen Flur hinuntergingen. Vor der letzten Tür auf der linken Seite blieb Sadie stehen, atmete tief ein und betrat den lichtdurchfluteten Raum.

Darin standen zwei Betten, zwei Kommoden, zwei Spielzeugboxen. Auf dem Boden saßen die Zwillinge, die eindeutig nicht wie Engelchen schliefen.

Ihr Töchter.

Ricks Töchter.

Mit großen braunen Augen schauten sie ihre Mutter an und lachten.

Sadie kniete sich auf den Boden und zog die beiden an sich.

Während sie die Mädchen an sich gedrückt hielt, drehte sie sich zu Rick um. „Überraschung“, flüsterte sie.

3. KAPITEL

Rick fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen.

Zwillinge.

Und sie hatten seine Augen!

Gut gelaunt plapperten sie drauflos, und ihre Mutter schien sie auch zu verstehen.

Sadie Price war die Mutter seiner Töchter!

Nach dem ersten Schock wurde er so wütend, wie er es nie für möglich gehalten hatte. Dabei konnte er seiner Verärgerung in Gegenwart der Kinder nicht Luft machen.

Die Kleinen trugen pinkfarbene Strampelanzüge und weiß-pink gemusterte T-Shirts. Die winzigen Füßchen steckten in weißen Söckchen.

Sie lachten und hüpften in Sadies Armen.

Als sie ihn ansah, bemerkte er ihr schlechtes Gewissen. Dazu hatte sie auch allen Grund. Ihretwegen hatten die Zwillinge ihn ihr ganzes Leben lang nicht gesehen!

Darüber würden sie noch reden müssen.

Aber im Augenblick forderten die Kleinen seine volle Aufmerksamkeit. Er kniete sich auf den Boden und sah sie an. Ihre braunen Haare lockten sich um die kleinen Gesichter, und die braunen Augen sprühten vor Leben. Vor Liebe.

Bei diesem Anblick brach Rick fast das Herz.

Eines der Mädchen sah ihn an und lächelte zaghaft.

„Es sind zwei Mädchen“, erklärte Sadie und lachte, als das Geplapper der Kinder nicht aufhörte.

„Logel, Mommy.“

„Ja, Vogel. Viele Vögel“, bestätigte Sadie und küsste die Kleine.

„Mann?“, fragte die Kleine.

Rick schluckte. Seine Töchter kannten ihn nicht. Für sie war er ein Fremder. Das tat weh. Sehr weh sogar.

„Das ist euer Daddy, meine beiden Engel“, sagte Sadie und schuf damit eine neue Wirklichkeit.

Rick setzte sich, zog ein Knie hoch und stützte den Unterarm darauf.

Nein, er würde sich den Mädchen nicht aufdrängen. Dabei wünschte er nichts sehnlicher, als sie in den Arm zu nehmen. „Ihr seid die hübschesten Mädchen, die ich je gesehen habe“, sagte er und lächelte ihnen zu.

Eine der Kleinen erwiderte schüchtern sein Lächeln. Unter dichten Wimpern sah sie ihn an. Sie würde später sicher eine Schönheit werden.

„Daddy?“, fragte sie und löste sich aus den Armen ihrer Mutter.

Während sie auf ihn zutapste, wagte Rick kaum zu atmen. Nur jetzt nichts Falsches tun! Nur nicht den Zauber des Augenblicks zerstören!

Die Kleine blieb vor ihm stehen und patschte mit ihrer winzigen Hand auf seine Wange.

„Daddy?“, wiederholte sie und umarmte ihn.

Rick hielt sie so vorsichtig wie eine Handgranate.

Das kleine Mädchen hatte ihn ohne Weiteres spontan als Vater akzeptiert! Welch unfassbares Glück!

„Daddy!“, rief nun auch das zweite Kind, lief auf ihn zu und kuschelte sich ebenfalls an ihn.

Rick schloss die Augen und spürte die Körperwärme der beiden. In diesem Moment änderte sich sein Leben für immer.

Als er die Augen wieder aufschlug, sah er, dass Sadie eine Träne über die Wange lief. Freute sie sich, dass Vater und Töchter nun endlich Kontakt hatten? Oder bereute sie es womöglich?

„Gefichte!“, verlangte eines der Mädchen und holte ein Bilderbuch. Das andere setzte sich auf seinen Schoß und spielte mit seinem Hut.

„Wie alt sind sie?“, flüsterte Rick.

„Das weißt du genau“, flüsterte Sadie zurück.

„Und wie heißen sie?“ Welche Frage, dachte er. Nicht einmal die Namen wusste er!

Sadie rückte näher zu ihm. „Das hier ist Wendy“, sagte sie und drückte ihr einen Kuss auf die Nase.

„Wenny!“, rief die Kleine fröhlich und setzte sich den Hut auf, unter dem ihr Gesichtchen fast völlig verschwand. Sie gluckste vergnügt.

„Sie hat kleine Sommersprossen.“ Lächelnd zog Sadie die andere Tochter an sich, die gerade mit dem Buch zurückkam. Sie küsste sie auf die Stirn und sagte: „Und das ist Gail.“

Noch eine Überraschung, dachte Rick. Er spürte, wie ihm doch tatsächlich Tränen in die Augen stiegen! Er sah Sadie an. „Du hast sie nach meiner Mutter benannt.“

Sadie nickte, und Gail schlug das Buch auf und fing an, selbst „vorzulesen“.

Rick hörte nicht auf den Sinn der Worte, dazu war er viel zu sehr mit seinen Gefühlen beschäftigt. Verzweifelt rang er um die Selbstbeherrschung, die ihm sonst nie Probleme bereitete.

Allerdings – welchem Mann an seiner Stelle wäre es anders ergangen?

„Gail hat ein Grübchen auf der linken Wange. Und Wendy nicht.“ Sie strich den beiden über die weichen Haare. „Außerdem sind Gails Haare glatter als die von Wendy. Wenn du sie besser kennst, werden dir noch mehr Unterschiede auffallen. Und auch vom Wesen her sind sie sehr verschieden.“

„Sadie …“

„Wendy ist die Abenteurerin. Schon seit sie krabbeln kann, ist nichts vor ihr sicher“, fuhr sie fort. Sie sprach jetzt immer schneller, als fürchtete sie sich davor, ihn zu Wort kommen zu lassen. „Gail ist mehr der anhängliche Typ. Am liebsten sitzt sie mit einem Buch auf dem Schoß. Aber mutig ist sie auch, darin steht sie ihrer Schwester in nichts nach, und manchmal sind sie beide stur, das …“

„Sadie!“, wiederholte er, jetzt mit tieferer, fast befehlender Stimme.

Sie atmete tief aus und sah ihn an. „Ich weiß schon, was du jetzt sagen willst.“

„Oh, ich glaube, davon machst du dir keine Vorstellung“, widersprach er mit kaum verhohlenem Ärger.

„Lass es mich erklären, ja?“

„Ich kann es kaum erwarten“, sagte er, obwohl er schon im Voraus wusste, dass er ihr Verhalten unentschuldbar fand.

Sie hatte ihm die Kinder verschwiegen und ihm damit die Möglichkeit genommen, mit ihnen in Kontakt zu treten.

Wendy riss sich den Hut vom Kopf und setzte sich zu ihrer Schwester auf den Schoß ihrer Mom. Sadie las die Geschichte vor.

Durch das Lachen der Mädchen wurde Rick warm ums Herz, woran sogar seine Wut nichts änderte.

Während er den dreien zusah, bekam er ein völlig neues Bild von Sadie. Zuerst war sie ihm unerreichbar erschienen – eine echte Südstaatenprinzessin eben. Bis zu jener Nacht hätte er darauf gewettet, dass sie nie im Leben etwas auch nur annähernd Ehrenrühriges tun würde.

Und jetzt saß sie hier auf dem Fußboden und beschäftigte sich mit den zwei Kindern, als ob sie die restliche Welt nicht interessierte.

„Daddy! Gefichte!“, rief Wendy und streckte ein Händchen nach ihm aus.

Rick nahm sich vor, Antworten auf seine Fragen zu verlangen, aber nicht jetzt. Im Augenblick erschien es ihm wichtiger, die verlorene Zeit wiedergutzumachen. Er wollte mit seinen Töchtern zusammen sein.

Und mit der Frau, die ihn von ihnen ferngehalten hatte.

Er rückte näher und nahm Wendy auf den Schoß.

Während Sadie die Geschichte vorlas, wurde aus ihnen eine Familie.

Eine Stunde später, als die Mädchen eingeschlafen waren, verließ Sadie mit Rick das Zimmer. Sie war so angespannt, dass ihr Nacken und Rücken wehtaten.

„Lässt du sie einfach so allein?“, fragte er, als sie leise die Tür schloss.

„Keine Sorge. Im Kinderzimmer ist ein Babyfon mit Empfängern im Erdgeschoss und in meinem Zimmer. So bekomme ich alles mit und kann sofort reagieren.“

Er nickte – und hielt die Krempe seines Hutes so fest, dass die Fingerknöchel sich weiß abzeichneten.

Sadie spürte förmlich, wie verärgert er war. Und das konnte sie ihm nicht verdenken. Was sollte man auch von einem Mann erwarten, der gerade erst erfahren hat, dass er seit mehr als zwei Jahren Vater ist?

„Es wird wirklich Zeit, dass wir reden“, sagte er und berührte ihren Ellbogen. Gemeinsam gingen sie den langen Flur entlang.

„Dann komm mit ins Wohnzimmer“, sagte sie und schüttelte seine Hand ab. Auch wenn er einen guten Grund für seine Wut hatte – sie würde sich nichts gefallen lassen. Nie wieder.

Hocherhobenen Hauptes ging sie voraus, die Treppe hinunter und ins Wohnzimmer. „Setz dich. Ich sage Hannah Bescheid, dass sie Eistee bringt. Möchtest du auch etwas?“

„Ja. Antworten.“

„Bekommst du.“ Gefallen würden sie ihm nicht, dessen war sie sich sicher. Aber das ließ sich leider nicht ändern. Die Vergangenheit war unwiederbringlich vorbei. Nur die Zukunft ließ sich beeinflussen.

Sie ging in die gemütliche Küche, wo Hannah mit einer Tasse Tee und Keksen am Tisch saß. „Miss Sadie, brauchen Sie etwas?“

„Danke, dass Sie fragen, Hannah. Ja, ich möchte gern zwei Mal Tee. Und auch etwas von den Keksen, falls noch welche da sind.“

Hannah lachte. „Mit den beiden Engelchen im Haus habe ich immer Kekse da. Gehen Sie nur wieder ins Wohnzimmer. Ich bringe alles.“

„Danke.“ Während sie zurückging, dachte Sadie, dass der Eistee vielleicht helfen würde, Ricks Temperament ein wenig abzukühlen.

Er stand am großen Fenster und betrachtete die Flamingos auf dem Rasen.

Sie sahen aber auch wirklich zu albern aus! Wieder musste Sadie lachen.

Aber als sich Rick zu ihr umdrehte und sie mit einem vernichtenden Blick ansah, gefror ihr Lächeln.

„Jetzt rede endlich!“, forderte er sie auf und warf seinen Hut in einen Sessel.

„Es ist eine lange Geschichte.“

„Sag mir einfach, warum du es nicht für nötig befunden hast, mir von meinen Kindern zu erzählen.“

„Rick, so simpel ist das Ganze nicht.“

„Doch. Lügen an sich sind nicht kompliziert. Mit ihnen zu leben schon.“ Er schob die Hände in die Taschen seiner Jeans. „Obwohl du damit anscheinend keine Probleme hast!“

Im Sonnenlicht glänzte der Holzboden, auf dem bunte Teppiche ausgelegt waren. Große Sessel und Stühle ließen den Raum ausgesprochen heimelig wirken – trotz Ricks unterkühlter Ausstrahlung.

Dies hier war immer Sadies Lieblingszimmer gewesen. Würde sie es je wieder betreten können, ohne Ricks vorwurfsvolles Gesicht vor sich zu sehen?

Sie seufzte und schaltete das Babyfon ein, das auf einem Beistelltisch stand. Dann ging sie auf Rick zu. An einer sonnigen Stelle blieb sie stehen, als könnte das gegen das Gefühl der Kälte helfen, das sie verspürte.

Rick stand da, unüberwindbar wie ein Fels. So wütend hatte sie ihn noch nie gesehen. Er hatte die Brauen zusammengezogen, und auch den Schultern war seine Anspannung deutlich anzumerken.

„Du hättest es mir sagen müssen.“

„Wollte ich ja.“

„Das kannst du jetzt leicht behaupten.“

„Nichts an der ganzen Geschichte ist leicht, Rick.“ Sie atmete tief aus und verschränkte die Arme. „Du warst nicht da, weißt du noch? Du bist weggefahren, nachdem wir …“

„… Zwillinge gezeugt hatten?“

„Genau.“ Wie oft hatte sie sich auf diesen Moment vorbereitet, ja sogar durchgespielt hatte sie ihn! Und jetzt, wo es darauf ankam, fiel ihr nichts ein.

„Als ich erfahren habe, dass ich schwanger bin, warst du gerade in einem Krisengebiet.“

„Trotzdem hättest du mir schreiben können. Meine Mutter hatte ja meine Anschrift. Über sie hättest du zu mir in Kontakt treten können.“

„Das weiß ich.“ Sie rieb sich die Oberarme, als würde sie frieren. „Ich war ja auch bei ihr.“

„Was?“, fragte er verblüfft.

„Ja, ich bin zu ihr gefahren und habe mit ihr geredet.“

In diesem Augenblick kam Hannah mit einem Servierwagen herein. „So, bitte sehr.“ Sie lächelte und schob den Wagen mit Tee, Eiswürfeln und einem Teller mit Keksen vor eines der beiden Sofas. „Bedienen Sie sich. Ich hole den Wagen später wieder ab.“

„Danke, Hannah.“ Froh, etwas zu tun zu haben, goss Sadie Tee in die Gläser. „Möchtest du Tee?“, fragte sie.

„Nein, danke. Und hör endlich auf, so verdammt höflich zu sein!“ Er kam näher und wartete, bis sie einen Schluck getrunken hatte. Dann fragte er: „Warum hast du mit meiner Mutter geredet?“

Sadie stellte ihr Glas ab. Angesichts von Ricks Kälte wäre ein warmes Getränk wohl die bessere Wahl gewesen.

Sie setzte sich aufs Sofa und lehnte sich in die Kissen zurück. „Weil ich fand, sie sollte wissen, dass die Zwillinge unterwegs waren.“

„Sie wusste es?“, stieß Rick hervor. Verständnislos schüttelte er den Kopf.

Sadie begriff, dass er jetzt noch geschockter war als zuvor.

„Wie bitte? Meine Mutter wusste es und hat mir auch nichts davon gesagt?“

„Das hatten wir so besprochen“, erwiderte Sadie und wartete, bis er sich neben sie gesetzt hatte. „Wir wollten nicht, dass du dir Sorgen machst, während du dich in einem Kampfgebiet aufhältst. Und da haben wir beschlossen …“

Er lachte kurz und rau auf. „Ihr habt es beschlossen! Einfach so. Ich kann es nicht glauben!“

Sie legte ihm die Hand auf den Arm, zog sie aber schnell wieder zurück, als sie seinen Blick auffing.

„Verstehst du denn nicht?“, fragte sie. „Deine Mom wollte nicht, dass dir etwas passiert. Deinen Vater hatte sie ja schon verloren, da war das nur verständlich.“

Er biss die Zähne aufeinander, wie um einen Kommentar zu unterdrücken.

„Jedenfalls fanden wir, dass eine solche Ablenkung für dich zur Gefahr werden konnte. Du solltest dich weiterhin voll und ganz auf deine Aufgaben konzentrieren können.“

„Ich hatte ein Recht, es zu erfahren.“

„Wir wollten nur dein Bestes.“

Wieder lachte er. „Na großartig. Du und Mom, ihr habt mir verschwiegen, dass ich Kinder habe. Vielen Dank.“ Seine Augen funkelten vor unterdrückter Wut.

„Ich verstehe, dass du dich ärgerst.“

„Welche Untertreibung!“

„Trotzdem glaube ich nach wie vor, dass wir das Richtige getan haben“, sagte sie.

„Tatsächlich?“ Er wandte sich ihr zu. „Da bin ich aber ganz anderer Meinung. Ihr hättet es mir unbedingt sagen sollen.“

„Das hatten wir ja auch vor. In deinem Urlaub. Aber dann …“

„… ist Mom mit dem Auto tödlich verunglückt. Und statt hierherzukommen, zu ihrer Beerdigung, habe ich meinen Urlaub auf Hawaii verbracht. Ich hätte es nicht ausgehalten, an ihrem Grab zu stehen.“

Sadie nickte.

Er rieb sich das Gesicht und den Nacken. „Was soll ich nur dazu sagen, Sadie?“ Fragend sah er sie an. „Aber eines möchte ich noch wissen.“

„Was denn?“

„Wenn wir uns heute Morgen nicht zufällig begegnet wären, hättest du mir dann überhaupt je von den Kindern erzählt?“

Nun war sie es, die wütend wurde. „Ja, natürlich! Wie du vielleicht bemerkt hast, hatten die Mädchen keinerlei Angst vor dir. Es war ja fast so, als würden sie dich schon kennen.“

Er runzelte die Stirn, nickte dann aber. „Ja, das stimmt.“

„Weil ich ihnen dein Bild gezeigt habe. Jeden Tag. Und ihnen erzählt habe, dass du ihr Daddy bist. Darum haben sie dich gleich erkannt.“

Nach einem tiefen Atemzug sagte er: „Ich weiß nicht, ob es das besser oder schlimmer macht.“

Er stand auf und ging unruhig im Zimmer auf und ab. „Du hast ihnen Bilder gezeigt, aber mich selbst haben sie nie gesehen. Haben sie nicht gefragt, warum? Glaubst du nicht, dass Kinder mehr mitbekommen, als wir ahnen?“

Auch Sadie stand auf. Geistesabwesend nahm sie das laute Ticken der altmodischen Standuhr wahr. Sie schlug zur Viertelstunde, und noch immer herrschte Schweigen.

Als sie es nicht mehr länger aushielt, sagte sie: „Du bist ja jetzt da. Jetzt könnt ihr euch kennenlernen. Ich will die Mädchen nicht von dir fernhalten, Rick. Ich wollte nur …“

„Deshalb bist du nach Houston gezogen, stimmt’s? Weil du schwanger warst.“

„Ja.“ Sie hob das Kinn und sah ihn an. Auf keinen Fall würde sie sich dafür rechtfertigen, wie sie mit der größten Herausforderung ihres Lebens umgegangen war. Sie hatte ihr Bestes gegeben und keinen Moment mit ihrem Schicksal gehadert. „Hier konnte ich nicht bleiben. Ich wollte nicht, dass die Kinder unter dem Kleinstadttratsch leiden müssen.“

Wieder runzelte er die Stirn.

„Ich wollte einen Neuanfang.“

„Aber jetzt bist du wieder hier. Weshalb denn?“

„Weil es an der Zeit war. Ich war … einsam. Mir haben mein Zuhause und meine Familie gefehlt. Ich wollte, dass die Mädchen ihren Großvater und ihren Onkel kennenlernen.“

„Und ihren Vater?“

„Ja, ihren Vater auch.“

„Und der Klatsch macht dir jetzt nichts mehr aus? Was hat sich denn seitdem verändert?“

„Ich. Ich habe mich geändert. Ich liebe meine Kinder, und was die Leute reden, interessiert mich nicht. Und wenn jemand die Kleinen schlecht behandeln sollte, bekommt er es mit mir zu tun.“

„Und mit mir“, versicherte Rick.

Sadie hatte volles Verständnis, dass er anfangs so ungehalten gewesen war. Aber es stimmte, dass sie vorgehabt hatte, ihm von den Zwillingen zu erzählen. „Ehrlich, Rick, ich wollte hier in Royal auf deine Rückkehr warten, um dir alles zu sagen. Ich will, dass die Kinder ihren Daddy kennen.“

Ohne sie aus den Augen zu lassen, ging er auf sie zu. Dabei schüttelte er leicht den Kopf.

Für einen so großen Mann bewegte er sich sehr langsam.

Sadie spürte förmlich die Anspannung, unter der er stand.

Dann fasste er sie an den Oberarmen und zog sie an sich.

Als Sadie seine Körperwärme spürte, überlief es sie heiß. Unter seinen Händen prickelte ihre Haut. Ihr Herz schlug so laut, dass sie glaubte, er würde es hören.

Er streichelte ihr Gesicht mit seinem Blick.

Doch die widerstreitenden Gefühle waren ihm noch immer anzumerken.

„Ich möchte dir glauben, Sadie.“

Sie sah ihm in die Augen. „Glaub mir, du kannst mir vertrauen.“

„Das werden wir sehen. Aber eins nach dem anderen.“ Er ließ sie wieder los und stand jetzt breitbeinig und mit verschränkten Armen vor ihr. „Jetzt gibt es nur eine Lösung.“

Sadie schwante etwas. „Welche denn?“, fragte sie zaghaft.

„Wir werden heiraten.“

4. KAPITEL

„Hast du jetzt völlig den Verstand verloren?“

Erschrocken trat Sadie einen Schritt zurück und vergaß dabei völlig, dass das Sofa hinter ihr stand. Sie stolperte und fiel nach hinten in die Polster, rappelte sich aber sofort wieder auf.

Ja, Rick musste verrückt geworden sein. Bis gerade eben hatte er bestimmt noch nie einen Gedanken ans Heiraten verschwendet. Natürlich war er nicht gegen die Ehe – soweit sie andere betraf. Aber er als Marine wollte doch sicher nicht monatelang Frau und Kinder allein lassen. Von den Risiken, die sein Beruf mit sich brachte, ganz zu schweigen.

Auch wenn es jede Menge verheiratete Soldaten gab, war die Belastung für eine solche Ehe enorm, und bestimmt hatte Rick viele Scheidungen oder sogar Todesfälle mitbekommen.

Und jetzt dieser Vorschlag!

„Es ist das einzig Ehrenhafte“, sagte er und sah ihr nach, wie sie ans Fenster trat.

„Ehrenhaft nennst du das? Wenn du eine Frau heiratest, ohne sie zu lieben?“ Sie lachte auf und schüttelte den Kopf. „So läuft das nicht, Rick Pruitt!“, sagte sie und wies mit Finger auf ihn, als er auf sie zukam. „Lass mich damit in Ruhe!“

„Keine Chance.“ Die Ereignisse dieses Nachmittags hatten ihm jede Menge Flexibilität abverlangt. Kein Wunder also, wenn er sich etwas verwirrt fühlte.

Er war Vater!

Der Vater von Zwillingen, die seine Augen und den Mund ihrer Mama hatten. Bis vor ein paar Stunden hatte er nicht einmal gewusst, dass es die beiden überhaupt gab. Wie konnte so etwas sein? Ein Mann sollte wissen, wenn er neues Leben gezeugt hatte. Wenn er eine Familie hatte.

Bis zu diesem Tag war er davon ausgegangen, allein auf der Welt zu sein. Spätestens seit seine Eltern nicht mehr lebten, hatte er sein Corps als seine Familie betrachtet. Eigentlich hatte er nicht einmal vorgehabt, seinen Urlaub in Royal zu verbringen. In dem leeren Ranchhaus war es immer so … einsam. Wie sollte er sich dort wohlfühlen? In der Stille, mit den vielen Erinnerungen?

Dennoch war er gekommen, pflichtbewusst, wie er war, um ein paar Dinge zu ordnen und nach dem Rechten zu sehen.

Stimmte es, dass Sadie ihm auf jeden Fall von den Kindern erzählt hätte? Konnte er ihr glauben? Was, wenn er keinen Heimaturlaub genommen hätte?

„Ich glaube, wir brauchen jetzt beide ein wenig Abstand, Rick“, sagte sie steif. „Besser, du gehst jetzt.“

Mit wenigen Schritten war er neben ihr und zog sie wieder an sich. Dieses Mal legte er die Arme um sie, damit sie ihm nicht mehr entwischen konnte.

„Du hast eine Bombe platzen lassen – und jetzt denkst du, ich lasse mich einfach so wegschicken? Wenn du das glaubst, musst du verrückt sein.“

„Ich will dich nicht wegschicken“, sagte sie und versuchte, sich aus seinen Armen zu befreien. „Ich finde nur, dass uns eine Pause guttut. Wenn wir unsere Gedanken geordnet haben und die Dinge wieder klarsehen, können wir weiterreden.“

„Ich brauche keine Pause. Ich sehe jetzt schon klar genug, um zu erkennen, dass du die Mädchen von mir fernhalten willst.“

Sadie blieb der Mund offen stehen. „Wie bitte? Ich habe dich doch hergebracht und euch miteinander bekannt gemacht. Ich möchte, dass du einen Platz in ihrem Leben einnimmst.“

„Aber zu deinen Bedingungen. Ich soll kommen und gehen, wenn es dir passt – zu vereinbarten Besuchsterminen. Sadie, ich bin ihr Vater! Ich möchte die Mädchen nicht nur an den Wochenenden sehen.“

„So muss das auch nicht laufen“, sagte sie sanft.

„Nein, muss es nicht.“ Der Gedanke, aus dem Leben seiner Kinder ausgeschlossen zu sein, tat weh. Er hatte schon so viel versäumt. Er hatte Sadie nicht schwanger gesehen, war nicht bei der Geburt an ihrer Seite gewesen, hatte nicht den ersten Schrei der Babys gehört und nicht ihr erstes Lächeln gesehen.

Gerade weil er keine Familie mehr hatte, bedeutete ihm Familienleben alles. Und hier bot sich ihm eine einmalige Chance, seine Chance, die er nicht ungenutzt lassen würde.

„Wir können zusammen sein.“ Er schöpfte tief Atem. „Wir sind ihre Eltern. Da ist es nur recht und billig, dass wir heiraten.“

„Wir leben nicht mehr im viktorianischen Zeitalter. Auch ohne Trauschein können wir gute Eltern sein.“

„Wie sich das schon anhört! Wie aus einem Erziehungsratgeber.“ Verächtlich verzog er den Mund.

„Finde ich nicht. Für mich klingt das sehr vernünftig“, widersprach sie.

„Für mich nicht. Ganz und gar nicht“, sagt er, ohne sie loszulassen.

Sadie versuchte loszukommen, nur rieb sie sich dabei so ungestüm an ihm, dass er hart wie Stein wurde und sie vor Verlangen schwer zu atmen begann.

Als ihr auffiel, dass er es bemerkt hatte, hielt sie still.

Rick lächelte. „Wusste ich doch, dass du spürst, wie heiß du mich machst.“

Sie vermied es, ihm in die Augen zu sehen.

„Und du willst mich genauso wie ich dich“, sagte er und strich ihr über den Rücken bis zum Po.

Sie seufzte, schloss die Augen und flüsterte: „Darauf kommt es doch gar nicht an.“

Er streichelte ihren Rücken und Po, bis sie Wachs in seinen Händen war. In jener Nacht hatte er hinter der Fassade der anständigen und stets distanzierten Sadie Price die sinnliche empfindsame Frau entdeckt. Drei Jahre lang hatte er nur an sie gedacht, und nun, da er sie endlich wieder in den Armen hielt, würde er sie nicht mehr gehen lassen.

Nie wieder.

Jetzt musste er sie nur noch überreden, ihn zu heiraten. Das konnte nicht so schwer sein.

„Baby, wir haben doch wirklich gut zusammengepasst. Nicht alle Paare können das von sich sagen“, sagte er.

Offenbar kam dieses Argument nicht gut an, denn Sadie riss entsetzt die Augen auf. Sie war immer wieder für eine neue Überraschung gut.

„Nenn mich nicht Baby! Außerdem ist es kein Heiratsgrund, wenn man im Bett gut zusammenpasst.“

„Wie du meinst. Dann heiratest du mich eben, weil wir zwei Kinder haben.“

„Und ich dachte immer, sturer als mein Bruder kann ein Mann nicht sein.“

Verständnislos schüttelte Rick den Kopf und versuchte, mit seiner Enttäuschung klarzukommen. Die meisten Frauen an ihrer Stelle hätten seinen Antrag nur zu gern angenommen. Natürlich war Sadie finanziell unabhängig, sein Reichtum spielte für sie deshalb keine Rolle. Ihr Bankkonto war ebenso dick wie seines.

Aber egal, wie sehr sich die Welt verändert haben mochte: Rick fand es noch immer schwieriger, Kinder allein großzuziehen als in einer richtigen Familie. Mit einem Partner ließ sich die Verantwortung teilen. Dachte Sadie etwa anders?

„Mit Sturheit hat das nichts zu tun“, sagte er. „Sondern damit, was das Beste für dich, mich und unsere Kinder ist.“

„Und du glaubst, es ist das Beste für die Kleinen, wenn sie bei Eltern leben, die einander nicht lieben?“

Sie stieß ihn von sich, und widerstrebend entließ er sie aus der Umarmung.

„Um Liebe geht es doch gar nicht. Ich finde, wir sind den beiden gegenüber dazu verpflichtet.“

„Pflichtgefühl ist erst recht kein Heiratsgrund. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede.“

„Okay.“ Rick schob die Hände in die Hosentaschen, um der Versuchung zu widerstehen, Sadie wieder an sich zu ziehen. „Lassen wir die Pflicht beiseite. Wir heiraten, und wir lieben die Kinder. Das reicht doch für ein glückliches Familienleben.“

„Nein.“ Sie lachte kurz auf. „Ganz sicher nicht. Ich heirate bestimmt keinen Mann, der mich nicht liebt. Nicht noch mal.“ Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass Rick sich fragte, wen sie überzeugen wollte: ihn oder sich selbst?

„Wenn du auf den Trottel anspielst, der ungefähr eine Viertelstunde lang dein Mann war …“

„Sieben Monate und zehn Tage, um genau zu sein.“ Ihre blauen Augen glänzten so intensiv, dass sie einen Mann um den Verstand bringen konnten. „Dann habe ich ihn in flagranti mit einer Anderen erwischt. Später habe ich von meinen ‚Freunden‘ erfahren, dass er mich von Anfang an betrogen hat.“

„Du vergleichst mich aber nicht mit diesem …“ Er brach ab. Dann ging er wieder auf sie zu, wie ein Raubtier auf seine Beute. „Ich betrüge nie jemanden. Und ich lüge nicht. Wenn ich einer Frau etwas verspreche, halte ich es auch.“

„Schön für dich!“, stieß sie hervor. „Trotzdem werde ich nicht deine Frau.“

Entnervt hob er die Hände und ließ sie wieder sinken. „Und warum nicht?“

„Das habe ich dir doch schon gesagt.“ Sie senkte die Stimme, damit Hannah nicht unfreiwillig Zeugin dieses Gesprächs wurde. „Ich habe Taylor Hawthorne geheiratet, weil es von mir erwartet wurde. Von meiner Familie, weil es gut fürs Geschäft war“, sagte sie bitter. „Mein Vater wollte diese Ehe, also habe ich eingewilligt. Ich bin dazu erzogen worden, das Richtige zu tun und meine Pflicht zu erfüllen. Und genau das habe ich gemacht. Aber damit ist jetzt Schluss. Schließlich ist es mein Leben, und darüber bestimmt niemand außer mir.“

Sie zitterte am ganzen Körper, und ihre Augen schimmerten feucht.

Rick hatte Mitleid mit ihr. Er hat gewusst, dass in ihrer Familie viel zu viel Wert daraufgelegt wurde, stets einen guten Eindruck zu machen.

Trotzdem hatte er sich Sadies Hochzeit mit diesem Hawthorne bisher damit erklärt, dass sie vermutlich nur einen fürchterlichen Männergeschmack hatte. Und jetzt erfuhr er, welches Opfer diese Ehe für sie bedeutet hatte.

„Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst“, sagte er. „So etwas finde ich eine Zumutung. Aber es ändert nichts.“

Überrascht sah sie ihn an. „Worauf willst du hinaus?“

„Wir haben Kinder zusammen, Sadie. Darum sollten wir heiraten.“ Er trat näher zu ihr, dieses Mal mit vorsichtigen Schritten. Dann spielte er seinen Trumpf aus. Er brachte das eine Argument an, von dem er wusste, dass es Eindruck auf sie machen würde: „Ich will nicht, dass die Mädchen Bastarde genannt werden. Du etwa?“

„Natürlich nicht!“

Sie biss sich auf die Unterlippe, und Rick wusste, dass er einen Volltreffer gelandet hatte. Auch er selbst sah bei dieser Vorstellung rot. Genau wie Sadie wusste er, dass ein Leben in einer Kleinstadt wie Royal nicht nur schöne Seiten hatte. Natürlich würden die Leute tratschen, und die Kinder würden es den Erwachsenen nachplappern.

Auf keinen Fall sollten die Mädchen für seine Fehler büßen.

„Nur den Kindern zuliebe heirate ich nicht, Rick. Das wäre keine gute Ausgangsbasis.“

In ganz Texas konnte es keine sturköpfigere Frau geben! Wie um die Kluft zwischen ihnen zu überwinden, zog er sie an sich. Wenn er sie mit Worten nicht überzeugen konnte, musste er eben zu anderen Mitteln greifen.

Er umfasste sie und drückte sich so fest an sie, dass sie spüren musste, was er für sie empfand. Prompt atmete sie heftiger. Die Anziehungskraft zwischen ihnen ließ sie nicht kalt, darüber bestand kein Zweifel.

Sie schloss die Augen, schüttelte aber gleichzeitig den Kopf. „Nein.“

„Denk darüber nach, Sadie“, flüsterte er und küsste ihren Hals.

Sie erbebte – genau wie er selbst. Sie roch und schmeckte so gut, dass er nur noch an sie denken konnte. Plötzlich waren alle anderen Gedanken wie weggeblasen. Nichts wollte er mehr, als sie aufs Sofa zu werfen und leidenschaftlich zu lieben. Wie er es sich schon viel zu lange wünschte.

Seit er denken konnte, ließ ihm diese Frau keine Ruhe. Schon in der Kindheit war sie ihm aufgefallen. Und jetzt, als erwachsener Mann, musste er sich eingestehen, dass er mehr für sie empfand als für jede andere Frau – auch wenn er sie nicht liebte.

Für eine Ehe würde, musste das reichen.

Sie seufzte und drückte sich mit einer Sehnsucht an ihn, die sicher nicht kleiner war als seine eigene.