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Über Jahrzehnte war Steffen Pichler mit einem Seekajak an entlegensten Küsten unterwegs und ernährte sich aus der Natur. Im äußersten Nordosten Australiens begegnete er den größten Reptilien der Erde, den Salzwasserkrokodilen. Dabei machte er eine Entdeckung, die mit Blick auf das für uns furchterregende Aussehen paradox erscheinen mag: Diese mit extremer Körperkraft und ebensolcher Verteidigungsfähigkeit ausgestattete Lebensform hat sich in der Evolution sowohl hinsichtlich aller Merkmale des Körpers als auch des Verhaltens darauf ausgerichtet, die freie Entfaltung der anderen (schwächeren) Lebewesen ihrer Umwelt so geringfügig zu beeinträchtigen oder sie sonstwie zu schädigen, dass es sich für eine absolute Spitze der ökologischen Nahrungspyramide auch theoretisch nicht weiter reduzieren ließe. Im Alltag zeigt sich dies durch lückenlose Eigenschaften extremer Zurückhaltung, Ruhe und Unauffälligkeit. Aber sogar die in der ökologischen Spitzenposition unvermeidliche Tötung der Beute erfolgt so überraschend und schnell, dass das erzeugte Leid nicht geringer sein könnte. Und schließlich wirkt das Salzwasserkrokodil auch noch positiv auf das Dasein der anderen Lebewesen – etwa als effektive “Gesundheitspolizei” (ähnlich den Haien) sowie – im Buch erstmals dokumentiert – als indirekter Beschützer des eingespielten ökologischen Gefüges gegenüber störenden Eindringlingen (hier der Autor selbst). Pichler weist auch unter Verwendung seiner Fotografien freier Salzwasserkrokodile nach, dass all dies zusammen das Ergebnis einer evolutionären Anpassung an fundamentalste Naturgesetze ist und dass genau hier der wirkliche Grund für die beispiellose Beständigkeit der Lebensform “Krokodil” an der Spitze der Nahrungspyramide seit über 200 Millionen Jahren liegt. Er zeigt, dass diese Gesetzmäßigkeiten das Leben seit jeher geordnet haben müssen und dass sie sich ähnlich konkret definieren und benennen lassen, wie es mit den bereits bekannten physikalischen Gesetzen des Raum-Zeit-Gefüges möglich ist. Eine Reflexion, die ein ganzes Feld aus wichtigstem, in den Naturwissenschaften aber bisher nicht erschlossenem Wissen eröffnet und die sogar über die beobachtbare Welt des Universums hinausführt – in einem seriösen Ansatz, der auf reiner Beobachtung und Logik beruht.
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Über Jahrzehnte war Steffen Pichler mit einem Seekajak an entlegensten Küsten unterwegs und ernährte sich aus der Natur. Im äußersten Nordosten Australiens begegnete er den größten Reptilien der Erde, den Salzwasserkrokodilen. Dabei machte er eine Entdeckung, die zunächst absurd erscheinen mag: Das mit extremer Körperkraft und ebensolcher Verteidigungsfähigkeit ausgestattete Tier hat sich in der Evolution sowohl hinsichtlich aller Merkmale des Körpers als auch des Verhaltens darauf ausgerichtet, die anderen (schwächeren) Lebewesen seiner Umwelt so geringfügig zu stören oder zu schädigen, dass es sich für eine absolute Spitze der ökologischen Nahrungspyramide auch theoretisch nicht weiter reduzieren ließe. Im Alltag zeigt sich dies durch lückenlose Eigenschaften extremer Unauffälligkeit, Ruhe und Zurückhaltung. Die in der ökologischen Spitzenposition unvermeidliche Tötung der Beute erfolgt aus dieser Ruhe heraus so überraschend und schnell, dass das erzeugte Leid nicht geringer sein könnte. Pichler weist auch unter Verwendung seiner Fotografien nach, dass all dies das Ergebnis einer evolutionären Anpassung an fundamentalste Naturgesetze ist, welche sich im Krokodil widerspiegeln, und dass hier der wirkliche Grund für die beispiellose Beständigkeit dieser Lebensform an der Spitze der Nahrungspyramide seit über 250 Millionen Jahren liegt. Eine Reflexion, die ein ganzes Feld aus bisher in den Naturwissenschaften nicht erschlossenem Wissen eröffnet und die sogar über die beobachtbare Welt des Universums hinausführt – in einem seriösen Ansatz, der auf reiner Beobachtung und Logik beruht.
STEFFEN
PICHLER
DAS FREIE
KROKODIL
Die größten Reptilien der Erde zeigen das Wesen der Natur und eröffnen einen Einblick in den Hintergrund der Welt
ZEIS
1. Auflage, Juli 2021
ZEIS Verlag e. K. Frankfurt a.M.
AG Frankfurt a. M. Reg. - Nr.: HRA 49701
ZEIS Verlag c/o Steffen Pichler
Kurmainzer Str. 161
65936 Frankfurt am Main
Website: www.zeis-verlag.de
E-Mail: [email protected]
Layout: Claudia Waigel
© Copyright: Steffen Pichler
ISBN: 978-3-947430-22-2
Dieses Buch wurde geschrieben, um grundlegende Zusammenhänge der belebten Natur zu vermitteln. Die Ausführungen beruhen auf wahren Begegnungen mit dem Leistenkrokodil (Crocodylus porosus), im Buchtext mit dem gebräuchlichen Namen „Salzwasserkrokodil“ bezeichnet, in dessen Lebensraum im äußersten Nordosten Australiens. Das Buch ist jedoch keinesfalls als Anleitung zum Aufsuchen dieser Gebiete gedacht, schon gar nicht mit einem Kajak oder einem Kanu. Der ZEIS Verlag und der Autor Steffen Pichler weisen darauf hin, dass es in diesen entlegenen Gebieten Gefahren gibt, die in diesem Buch allenfalls oberflächlich behandelt werden. Wir warnen hiermit ausdrücklich davor, diese Gebiete aufzusuchen und lehnen jede Art von Haftung und Verantwortung für Unfälle oder Schäden ab, die sich aus der Nichtbeachtung unserer Warnung ergeben.
Generell sollten Touristen und andere Besucher in Regionen, die Lebensraum von Leistenkrokodilen oder auch anderen Krokodilierarten sind, alle von den örtlichen Behörden veröffentlichten Sicherheitshinweise sorgfältig lesen und strikt befolgen.
WARNHINWEIS / DISCLAIMER
EINLEITUNG: Erste Begegnungen mit dem freien Krokodil
KAPITEL 1: Die Realität der Natur und Illusionen der Zivilisation
KAPITEL 2: Das Salzwasserkrokodil - Spiegel der Naturgesetze
KAPITEL 3: Das Salzwasserkrokodil – Absoluter Spitzenprädator
KAPITEL 4: Der extreme evolutionäre Erfolg der Krokodile
KAPITEL 5: Die extreme ökologische Harmonie der Krokodile
KAPITEL 6: Das Salzwasserkrokodil – Der schonendste Jäger
KAPITEL 7: Definition der erkannten Naturgesetze
KAPITEL 8: Folgen der Nichterkennung der Naturgesetze
Nachbemerkungen zu möglichen Gegenargumenten
Quellen und Bildnachweise
Die zivilisatorischen Naturwissenschaften haben seit den 1920er Jahren keine wirklich fundamentalen Neuentdeckungen mehr hervorgebracht. Besonders die Beschreibung des Raum-Zeit-Gefüges durch Albert Einstein scheint wie das Setzen eines Rahmens gewirkt zu haben. Seitdem wurde zumeist nur noch in den Wechselwirkungen der schon bekannten Gesetzmäßigkeiten nach neuem Wissen gesucht, ohne die beobachtbare Welt noch mal daraufhin zu reflektieren, ob vielleicht irgendetwas von grundlegender Bedeutung unbeachtet geblieben ist.
Wirklich große Erkenntnissprünge kamen also in den letzten einhundert Jahren nicht mehr zustande. Es gab keine nennenswerten Definitionen bisher unbeschriebener Naturgesetze. Und erst recht wurde kein solider Ansatz gefunden, durch den das Wissen vielleicht sogar auf empirischen Wegen bis über das Raum-Zeit-Gefüge hinaus führen könnte. Dies wird zwar durchaus versucht, wenn auch nicht offen ausgesprochen, nämlich mittels riesiger Teilchenbeschleuniger, weil man hofft, in den allerkleinsten Strukturen der Materie irgendwie doch noch einen solchen Durchbruch zu erreichen und auf etwas ganz Neues zu stoßen. Aber weder gibt es schlüssige Ideen dazu, um was es sich dabei handeln könnte, noch wurde in den bisherigen Ergebnissen eine erfolgversprechende Spur gefunden.
Ich werde nun in diesem Buch einen neuen Ansatz zeigen, der es ermöglicht, ein ganzes Gefüge aus fundamentalsten Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhängen der Natur zu erkennen, die von den zivilisatorischen Naturwissenschaften unbeachtet blieben. Und darauf aufbauend wird sich ein Weg eröffnen, der tatsächlich auch logische Rückschlüsse ermöglicht, welche bis in den Hintergrund der beobachtbaren Welt, also über das Raum-Zeit-Gefüge hinaus führen. Den Ansatz werde ich durch meine praktische Naturbeobachtung mit Konzentration auf die ökologischen Wirkungen der größten Reptilien des Planeten erschließen. Ergänzt wird dies unter anderem durch Erkenntnisse aus der Paläontologie.
Soweit nun gesagt würde, dass es sich dabei ja um Esoterik handeln müsse, weil es offenbar um das Leben geht, während doch die empirische Erfassung der fundamentalen Zusammenhänge der Welt nur auf jenen Ebenen möglich sei, auf die sich die gängige Physik beschränkt, also praktisch jene unterhalb des Lebens, so wäre dies nichts anderes als ein hilfloser Abwehrreflex. Auf die Gründe dafür, dass die Annäherung an die größeren Zusammenhänge des Lebens solche Reflexe hervorruft, werde ich noch eingehen. Es sind die gleichen, die von vorneherein dafür sorgten, dass die Naturwissenschaften wichtigste Teile der beobachtbaren Welt verpassen konnten. Die folgenden Ausführungen enthalten jedenfalls keinen Ansatz irgendeiner Form von Esoterik oder Spiritualität. Alles gründet auf konkreten Beobachtungen der realen Natur und daraus hergeleiteten logischen Schlüssen.
Was die weitreichende Ausklammerung der größeren Zusammenhänge der belebten Ebenen der Natur in den Naturwissenschaften angeht, so könnte man sich als Metapher das Raum-Zeit-Gefüge wie eine Bühne vorstellen, auf der das gegenüber ihr selbst viel höhere Spiel des Lebens abläuft. Anstatt den großen Rahmen und auch den möglichen Sinn der Handlungen dieses auf der Erde seit Hunderten Millionen Jahren laufenden Spiels in den Fokus der Forschung zu rücken, werden, am Boden des Geschehens herum kriechend, mit immer präziseren Instrumenten die Bühnenbretter zerkleinert und untersucht.
Es ist das durch dieses Versäumnis entstandene Vakuum des Wissens, welches überhaupt erst die Basis für Esoteriken, Sekten und Religionen bildete, denen dadurch nämlich phantasievolle Interpretationen der großen Zusammenhänge des Lebens überlassen wurden. Und darüber hinaus hat das Verpassen wichtigster Anteile der beobachtbaren Welt, bei gleichzeitigem Ausbau der Erkenntnisse zu den Ebenen unterhalb des Lebens, in die Situation eines äußerst gefährlichen und ebenso schädlichen Halbwissens geführt. Dessen fatale Wirkungen summieren sich aktuell in einer eskalierenden Katastrophe, deren Symptome sich über zahlreiche ökologische und andere Themen erstrecken.
Die folgenden Ausführungen sind zu weiten Teilen praktisch orientiert und abwechslungsreich. Sie enthalten fast keine Mathematik und nur wenige Fachausdrücke, so dass sie auch ohne größere naturwissenschaftliche Vorkenntnisse verstehbar sein sollten. Angebracht ist aber ein grundlegendes Verständnis der Funktionsweise der biologischen Evolution im Rahmen von Mutation und anschließender natürlicher Selektion.
Neben den analytischen Beobachtungen und Untersuchungen rund um die größten Reptilien der Erde und die über sie erkennbaren fundamentalen Naturgesetze, reflektiere ich an manchen Stellen auch meine eigene Perspektive als ein Tier, das sich in der freien Natur entfaltet und dabei vom Jagen und Sammeln anderer freier Lebewesen ernährt. Ein realistisches Gespür für diesen uralten, in der Zivilisation aber nicht mehr vorhandenen und durch vielerlei Illusionen ersetzten Blickwinkel, ist wichtig für das Verstehen des großen Spiels des Lebens, so wie es auf der Bühne des Planeten seit Hunderten Millionen Jahren stattgefunden hat.
Steffen Pichler, Frankfurt am Main im Juli 2021
Die Ausführungen in diesem Buch gründen auf meinen eigenen Begegnungen mit den größten existierenden Reptilien der Erde, den Salzwasserkrokodilen. Es war in den Jahren 2004 bis 2009, als ich fünfmal, jeweils für drei bis vier Monate, mit einem Seekajak entlang der von Menschen unbesiedelten Küste im äußersten Nordosten Australiens nördlich von Cooktown unterwegs war. Die Gesamtdauer dieser Expeditionen betrug etwa eineinhalb Jahre, in denen ich mich hauptsächlich durch das Fischen, der Jagd nach Krabben und dem Sammeln von essbaren Wildpflanzen ernährte.
Das betreffende Gebiet ist eine der letzten tropischen Meeresküsten, an denen es über Hunderte von Kilometern keine Straßen und keine Häuser gibt. Nur selten sind mir Menschen begegnet; mehrmals habe ich zwei oder drei Monate lang niemanden gesehen und mit niemandem gesprochen. Stattdessen begegnete ich alltäglich vielen anderen Tieren.
Das war an sich nichts Neues für mich, ich hatte solche Expeditionen an den Küsten anderer Kontinente mit langen Aufenthalten abseits der Zivilisation schon seit vielen Jahren unternommen. Aber die Begegnungen mit den Salzwasserkrokodilen waren mit ganz neuen Erfahrungen verbunden. Dazu gehörte, dass meine Position in ihrem Lebensraum nicht mehr jene am Ende der Nahrungskette war und auch, dass ich mich in weiteren Hinsichten auf eine viel stärkere Lebensform einstellen musste. Darauf werde ich gleich noch genauer eingehen.
Eine kausale Folge dieser neuen Erfahrungen waren drastische Veränderungen meiner Perspektive auf alle Tiere und schließlich auf die gesamte Natur. Man könnte sagen, dass die Krokodile mich gewissermaßen von einer bis dahin auch bei mir noch vorhandenen zivilisatorischen Überheblichkeit auf den Boden der Realität zogen.
In dem so entstandenen neuen Blickwinkel erkannte ich mit einer enormen Klarheit, dass die Wahrnehmungen, die empfundenen Genüsse und der gesamte Erlebnishorizont der freien Tiere in der Natur viel größer und intensiver sind, als es die Menschen im heutigen System der Zivilisation sich auch nur ansatzweise vorzustellen vermögen. Dies wiederum führte mich weiter bis hin zu der Erkenntnis, dass die gesamte belebte Natur seit jeher von fundamentalen Gesetzmäßigkeiten geordnet wird, die darauf ausgerichtet sind, genau diese großen Erlebnishorizonte und Genüsse hervorzubringen, während andererseits jegliche Zustände von Elend und Siechtum stets auf ein Minimum zurückgedrängt werden.
Es geht also wirklich um feste Naturgesetze, deren Bedeutung gar nicht größer sein könnte. Wer sie einmal begriffen hat, der erkennt die Natur als eine seit Hunderten Millionen Jahren sprudelnde Quelle der freien Entfaltung und des intensiven Genusses.
Schon zwischen den damaligen Expeditionen begann ich, meine Entdeckungen auch theoretisch zu überprüfen, indem ich ihre Details mit empirischen Studien aus verschiedenen Forschungsgebieten abglich. Und es war egal wo ich ansetzte, also etwa in der Kognitionsforschung, den Evolutionswissenschaften oder der Paläontologie, niemals fand ich irgendetwas wirklich Solides, das meine in der Realität der Natur gewonnenen Erkenntnisse zu widerlegen vermochte. Umgekehrt fand ich so viele Bestätigungen, dass es keinen vernünftigen Zweifel daran geben kann, dass ich damals wirklich auf dem Boden der Realität angekommen war und der gesehene Gesamtzusammenhang echt ist.
Mit diesem Buch werde ich also versuchen, eine möglichst verständliche Erklärung über all das zu liefern, was ich unter dem Einfluss der großen Krokodile entdeckt habe. Und diese Reptilien werden dabei selbst eine zentrale Rolle spielen. Denn tatsächlich haben sie sich im Prozess der Evolution so genau an die besagten fundamentalen Naturgesetze angepasst, dass man diese in ihnen klar und deutlich erkennen kann, so wie in einem sauber polierten Spiegel.
Alle Bilder von Salzwasserkrokodilen in diesem Buch sind Fotografien, die ich während den genannten Reisen aufgenommen habe. Sie zeigen also ausschließlich freie Individuen, die weder in Gefangenschaft waren und die ich auch nicht durch Anfütterung manipuliert hatte. Dies ist sehr wichtig. Denn nur wenn die riesigen Reptilien ihr gesamtes ursprüngliches Wesen vollkommen frei entfalten, werden an ihnen jene Zusammenhänge sichtbar, um die es hier gehen wird.
Es mag nun etwas angeberisch klingen, aber Bekannte, die schon immer im Norden Australiens leben und die Bilder kennen, haben gesagt, dass wahrscheinlich niemand jemals mehr authentische Fotografien von großen, freien Salzwasserkrokodilen im oder am Ozean in so vielen verschiedenen Situationen ihres Alltags gemacht hat. Sie zeigen unter anderem verschiedene Methoden der Jagd nach Nahrung, das Spielen zum reinen Vergnügen, das neugierige Beobachten ihrer Umwelt, die Anwendung von „Psycho-Spielen“ zum Vertreiben von Eindringlingen, oder auch schlicht das ruhige und friedliche Dasein, welches den Alltag dieser Reptilien weithin bestimmt.
Ich hatte übrigens nur auf dreien der Touren überhaupt eine kleine Kompaktkamera dabei, die auch noch meistens im Kajak verstaut blieb. Es gab nie die Absicht, so etwas wie Reportagen zu veröffentlichen. Meine Reisen abseits der Zivilisation waren stets eine persönliche Sache, entstanden aus meinem intensiven Interesse an der Natur, seit ich denken kann. Ohne die Entdeckungen, von denen ich hier nun berichten werde, hätte wohl kaum ein Leser des Buches jemals etwas von mir gehört.
Es gibt bestimmte Gründe für die ungewöhnliche Anzahl solcher Bilder von freien Salzwasserkrokodilen an der Küste. Einer davon ist, dass diese Tiere dort an den Ufern des Ozeans sehr vorsichtig, scheu und äußerst aufmerksam sind. Hier ist noch anzumerken, dass die meisten Bilder von Salzwasserkrokodilen etwa im Internet Exemplare in Gefangenschaft zeigen, also in Krokodilfarmen oder Zoos. Ansonsten handelt es sich fast immer um Individuen aus solchen Flussabschnitten, in denen sie an die Menschen gewöhnt sind und wo sie oft zu touristischen Zwecken gezielt angefüttert werden. Das besagte ursprüngliche Wesen lässt sich so kaum erkennen.
Jemand, der mit einem Motorboot oder in einer Gruppe mehrerer Menschen an der von der Zivilisation unberührten Küste unterwegs ist, wird nur selten ein großes Salzwasserkrokodil im Meer oder am Ufer sehen – geschweige denn, dass er nahe genug herankommt, um es zu fotografieren. Die Reptilien nehmen solche Eindringlinge wahr, lange bevor diese sie bemerken. Wenn das Krokodil am Strand gelegen und sich gesonnt hatte, dann gleitet es ins Wasser und taucht ab, um sich zu verbergen. Und wenn die Eindringlinge dann ausgerechnet dort ein Lager aufschlagen, wird sich das Tier – weiter unter der Wasseroberfläche verbleibend – unbemerkt an einen anderen Ort begeben, wo es außer Sichtweite ist, und es wird erst zurückkommen, wenn die Eindringlinge weg sind.
Salzwasserkrokodile leben nicht ständig im Meer, sie verbringen auch viel Zeit in Flüssen und anderen Wasserläufen und ihre Brutreviere liegen stets im Süßwasser. Aber besonders die großen Exemplare halten sich oft und gerne für Wochen oder gar Monate im Ozean auf. Sie unternehmen dabei manchmal weite Reisen, die sie bis zu Inseln in mehreren hundert Kilometern Entfernung im offenen Ozean führen können. Doch die meiste Zeit verbringen sie rund um gewohnte Lieblingsplätze an der Küste, die oft nicht weit entfernt von jener Gegend liegen, in der sie aufgewachsen sind.
Wenn man nun nicht in einer Gruppe von Menschen oder mit einem Motorboot unterwegs ist, sondern alleine mit einem leisen Kajak von gerade mal sechzig Zentimeter Breite, dann wird man von diesen Tieren anders wahrgenommen und es ergeben sich Situationen, die ansonsten unmöglich wären. Die Salzwasserkrokodile sind nicht nur extrem aufmerksam und vorsichtig. Sie sind auch sehr neugierig. Durch meine eher ruhige Position wurde ich nicht als solch eine hochgradige Störung und Bedrohung wahrgenommen wie eine Gruppe von Menschen oder ein motorisiertes Boot. Wenn ich mich mit dem Kajak entlang der Küste bewegte, dann bemerkten mich die Reptilien zwar auch meistens schon bevor ich sie sah, glitten ins Wasser und tauchten ab. Erkennen konnte ich dies zunächst nur durch Spuren, welche sie im Sand hinterließen und die ich an fast jedem Strand fand.
Aber wenn ich mein Lager aufgeschlagen hatte, dann kam es häufig vor, dass sie schon bald danach an der Wasseroberfläche oder etwas weiter entfernt am Ufer wieder erschienen, um aus sicherer Entfernung neugierig zu beobachten, was es mit diesem seltsamen Besucher auf sich hat. Später, wenn es dunkel war und ich in Höhe meines Lagers (welches sich immer hinter der Vegetationsgrenze befand) mit einer starken Taschenlampe auf die Wasseroberfläche strahlte, dann entdeckte ich oft innerhalb weniger Sekunden die sehr hell leuchtenden Reflexe von Krokodilaugen. (Anmerkung: Ich habe dieses nächtliche Anstrahlen nur auf den beiden ersten Touren gemacht). Salzwasserkrokodile können auch in der mondlosen Nacht gut sehen, sie sind quasi mit so etwas wie einem starken Restlichtverstärker ausgestattet. Und offenbar versuchten sie noch bis in die Nacht hinein einen Blick auf mich zu erhaschen.
Nun würden die meisten unerfahrenen Menschen sicher annehmen, dass all das gar nicht wegen der Neugierde der Krokodile geschah, sondern weil sie mich wohl als potentielle Beute betrachteten und fressen wollten. Dies wäre jedoch ein Irrtum. Zumindest die Krokodile, die mich bei Tageslicht – aber sehr wahrscheinlich auch die in der Nacht – aus sicherer Entfernung beobachteten, ohne sich zu verbergen, haben das wirklich vor allem aus Neugierde getan. Hätten sie mich als potentielle Beute betrachtet, wäre alles ganz anders gewesen. Auf dem nächsten Bild kann man die Neugierde sogar allein an der Fotografie erkennen. Dieses Krokodil, welches da eine gute halbe Stunde lang kaum verborgen zwischen den Felsen am Ende meiner Lagerbucht zu mir rüberblickte, wäre für mich niemals so sichtbar gewesen, wenn es daran gedacht hätte, mich als Nahrung zu erbeuten.
Wer Fressbeute eines großen Salzwasserkrokodils wird, der nimmt das Tier mit höchster Wahrscheinlichkeit erst wenige Sekunden vor dem Eintritt seines Todes wahr. Das liegt daran, dass diese Reptilien spezialisierte Lauerjäger sind und der Angriff auf größere Beutetiere mit solch extremer Explosivität, Schnelligkeit und Kraft einhergeht, dass diese zumeist aus völliger Überraschung heraus vom Leben in den Tod gerissen werden, ohne vorher auch nur eine leise Ahnung gehabt zu haben, dass überhaupt ein Krokodil in ihrer Nähe war.
Das ganze Ereignis vom explosionsartigen Start des Angriffes bis zum Tod der Beute verläuft durchschnittlich in einer so kleinen Zeitspanne, dass diese sich – bei dermaßen großen Körpern auf beiden Seiten – in einem ökologischen Erbeutungsprozess auch theoretisch nicht weiter reduzieren ließe. Ich werde auf diesen quasi „technischen“ Aspekt in den späteren Kapiteln zurückkommen.
Dass jene Salzwasserkrokodile, die mich an meinen Lagerplätzen beobachteten, in mir keine potenzielle Beute erkannten, hat wieder bestimmte Gründe. Zunächst ist es so, dass größere Landtiere generell nicht die typische Beute an der Küste darstellen. Auch die großen Exemplare jagen dort meist nach Fischen und Schlammkrabben, die sie unmittelbar schlucken können. Ein Grund dafür dürfte bereits darin liegen, dass schon kleine Mengen Blut innerhalb von Minuten Haie anlocken könnten. Diese sind hochspezialisiert auf das Detektieren von verletzten oder kranken Tieren und funktionieren entlang der Küstenlinie wie eine straffe Gesundheitspolizei. Sie können mit ihren Sinnen wenige Blutmoleküle wahrnehmen und im ständig strömenden Meereswasser die Spur zu deren Ursprung verfolgen.
Die Salzwasserkrokodile wiederum töten größere Beutetiere zwar durchschnittlich sehr schnell, aber anschließend müssen sie den Kadaver noch etwa durch das Herausdrehen von schluckbaren Teilen zerlegen, weil sie nämlich nicht kauen. In den Flüssen sind sie dabei weitgehend ungestört, auch wenn wahrscheinlich hin und wieder mal ein nerviger Bullenhai erscheinen wird, dessen Verbreitungsgebiet bis tief in die Flusssysteme hineinreicht. Aber direkt hinter den Uferzonen des offenen Ozeans sind zahlreiche der bis zu über sechs Meter langen Tigerhaie unterwegs. Ein stressfreies Zerteilen einer großen Beute wäre da eher unwahrscheinlich. Und da die Salzwasserkrokodile eben sehr vorsichtig sind, werden sie diesen Stress bestimmt vermeiden.
Abgesehen von diesem Grund rund um die Haie stellte ich mit meinem Kajak und meiner insgesamt seltsamen Erscheinung sicherlich auch etwas dar, das ohnehin weit außerhalb ihres regulären Beuteschemas lag. Als Brücke zum Verständnis kann man sich vorstellen, dass man etwa beim Sammeln von Früchten ein Exemplar findet, das seltsam anders aussieht als alle verschiedenen Früchte, die man jemals gesehen und gegessen hat. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man in einer solchen Situation überhaupt auf die Idee käme, da hinein zu beißen, um das seltsame Gebilde zu essen.
Anzumerken ist hier noch, dass die Gefahr, von einem Salzwasserkrokodil als potenzielle Nahrung erkannt und erbeutet zu werden, in anderen Situationen durchaus gegeben war, und zwar dann, wenn ich mich bei meinen täglichen Streifzügen abseits meines Lagers oft viele Kilometer zu Fuß durch das Land bewegte und etwa auf Flussläufe traf. Es gab sogar zwei oder drei Situationen während meiner ersten Tour, in denen ich dann beim Angeln oder bei der Jagd mit dem Speer nach den bis zu drei Kilogramm schweren Schlammkrabben am Ufer von Wasserläufen Fehler machte und praktisch im letzten Moment entdeckte, dass sich ein großes Krokodil nur wenige Meter von mir entfernt unter der Wasseroberfläche versteckte. Dort, abseits meines Lagers, jetzt ohne die ganze seltsame Ausrüstung und Gesamterscheinung, passte ich halbwegs in das normale Beuteschema. Ich ähnelte vielleicht sogar so etwas wie einem älteren Känguru, das nicht mehr aufmerksam ist und sich deshalb unvorsichtig dem Ufer nähert – typische Beute großer Krokodile an Flussläufen.
Diese Situationen während der ersten Tour waren also gefährlich. Am Ende der Expedition, während ich am Strand von Thursday Island das Kajak auspackte, entdeckte mich ein Reporter der örtlichen Lokalzeitung und stellte Fragen. Ich sagte ihm, dass es keine gefährlichen Situationen gab. Von heute rückblickend und offen erklärt, hatte ich aber Glück, die Reptilien noch rechtzeitig zu erkennen. Meistens sind sie gar nicht zu sehen, wenn sie sich unter der Wasseroberfläche verstecken. Wäre ich damals in meiner Unerfahrenheit näher an die Wasserkante herangetreten oder im eigenen Jagdeifer sogar in das Wasser hinein gewatet, dann gäbe es dieses Buch wahrscheinlich nicht.
Bei den weiteren vier Touren war diese Gefahr zur Fressbeute zu werden, dann allerdings tatsächlich nicht mehr relevant, weil ich es einfach verstanden und mein Verhalten angepasst hatte. Das ist im Grunde ganz ähnlich wie bei jemandem in der Großstadt, der an den dortigen Straßenverkehr angepasst ist und aufgrund dieser Anpassung selbst über Jahrzehnte nicht von den vielen tonnenschweren Fahrzeugen überrollt wird. Dem hingegen würde ein Mensch, der noch nie ein Auto und Straßenverkehr gesehen hat, wenn er sich plötzlich in einer Großstadt wiederfände, wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit sehr bald überfahren werden.
Der wichtigste Punkt bei meiner Anpassung bestand darin, dass ich mich fortan immer so verhielt, als ob sich unter der Wasseroberfläche ein Krokodil befindet, wenn ich mich zu Fuß dem Ufer eines Wasserlaufes oder eines Mündungsgebietes näherte, und dabei nicht über mehrere Meter hinweg klare Sicht bis auf den Grund vorhanden war.
Nachdem ich mich an diese einfachen Sicherheitsregeln, welche ich aufgrund meiner anfänglichen Fehler für mich selbst entwickelte, gewöhnt hatte, fand ich dennoch immer gut erreichbare Stellen für die eigene Nahrungsbeschaffung – ohne die Gefahr, selbst gefressen zu werden. Da ich mich zumeist in Gebieten mit hoher Populationsdichte der Salzwasserkrokodile aufhielt, kann ich somit aus eigener Erfahrung sagen, dass es sogar dort möglich ist, gefahrlos zu Fischen und Krabben zu jagen; es ist einfach nur eine Frage der Disziplin.
Jene Krokodile, die mich aus sicherer Entfernung beobachteten, ohne sich dabei zu verbergen, haben das also wirklich aus Neugierde getan. Manchmal kam es aber auch vor, meist einige Stunden und nicht mehr als ein oder zwei Tage nach meiner Ankunft, dass sie anfingen, mir zu zeigen, dass ich „nicht willkommen“ bin. Dafür haben sie Taktiken, die es vielleicht schon bei Krokodilen gab, als es darum ging, große Raubdinosaurier zu verscheuchen. Das können komplexe „Psycho-Spiele“ sein, die oft verschiedene Operationen beinhalten. Die einfachste Variante besteht darin, ziemlich nah am Ufer in Höhe des Eindringlings aufzutauchen und den letzten, angespannten Teil des Schwanzes sowie den Kopf aus dem Wasser zu halten. Das nächste Bild zeigt einen solchen Vorgang.
Es handelt sich dabei immer noch um eine passive Taktik. Erkennbar wird eine solche daran, dass das Reptil sich niemals auch nur einen einzigen Zentimeter sichtbar an den Eindringling annähert und es auch nicht den Kopf zu ihm hin richtet.
Dem, wie gesagt, sehr vorsichtigen Krokodil geht es darum, ohne Aussendung jeglicher aktiver Signale der Aggression – welche ja einen riskanten Kampf mit dem seltsamen und dadurch auch unberechenbaren Gegner einläuten könnten – seine Präsenz und die volle Länge des Körpers zu zeigen. Die psychische Wirkung ist aber trotzdem bereits heftig. Man versteht deutlich, dass man sich im Fokus des Tieres befindet und dieses sich stark auf einen konzentriert. Und wenn es nah genug ist, dass man auch noch dessen Augen erkennen kann, so fühlt es sich mitunter an, als würde der Blick wie ein scharfes Messer durch das eigene Gehirn schneiden.
Manche der Taktiken sind viel komplexer. Eine der eindrucksvollsten, welche ich drei Male beobachtet – oder besser gesagt durchlitten – habe, ähnelt dem „Bad Cop - Good Cop“ Schema. Das Krokodil erscheint ziemlich weit draußen an der Meeresoberfläche, pumpt seinen Körper auf und hält seinen Schwanz weit aus dem Wasser, um ihn in nervöser Weise schlängelnd zu bewegen. Die Gesamterscheinung ist aggressiv, auch wenn sich das Tier nicht sichtbar annähert. Dann taucht es ab. Und kurz darauf taucht ein „anderes“ Krokodil (das eigentlich dasselbe ist) ziemlich nahe am Strand auf – nun sehr ruhig und entspannt, fast schon friedlich. Diese Abfolge kann sich mehrere Male hintereinander wiederholen.
Allerdings waren sämtliche der verschiedenen Taktiken bei mir sowieso immer erfolgreich. Man hält es einfach nicht aus, an einem Ort zu lagern, während man weiß, dass da ein so extrem starkes und potenziell ebenso gefährliches Lebewesen in der Nähe ist, das ein Problem mit einem selbst hat und das will, dass man sich entfernt.
Also habe ich den jeweiligen Lagerplatz auch immer verlassen, um einen besseren Ort zu finden, meistens mehrere Kilometer weiter an der Küste entlang. Ich muss zugeben, dass ich manchmal große Angst hatte, wenn ich dann mit dem Kajak über eine Wasseroberfläche lospaddelte, an der sich vorher so ein riesiges Reptil befand, welches mir signalisiert hatte, dass ich hier nicht willkommen war.
Aber ich wurde nie angegriffen. Wenn ich mich in solchen Situationen dem Ufer näherte und das Kajak hinter mir über den Strand zog, tauchten die Salzwasserkrokodile niemals an der Wasseroberfläche auf. Mehrere Male kam es allerdings vor, dass, wenn ich mich dann ein paar hundert Meter draußen auf dem Ozean befand und nochmal zurückblickte, ich das Reptil wieder vor dem Strand an der Oberfläche sah, mitunter ganz nahe der Stelle, von der ich gerade losgepaddelt war. Es schaute offenbar mit großer Zufriedenheit diesem seltsamen Eindringling nach, den es so erfolgreich von seinem Lieblingsplatz verscheucht hatte.
Es ist hier noch wichtig anzumerken, dass es Situationen geben kann, in denen das Lospaddeln mit einem Kajak, nachdem ein Salzwasserkrokodil sichtbare Signale gesendet hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit tödlich enden wird. Die Signale kann man wie eine Zeichensprache betrachten. Ich selbst habe sie schnell verstanden, denn sie ist eigentlich recht einfach. Hauptsächlich geht es um eine klare Unterscheidung zwischen passiven Signalen und solchen, die aktiv sind. Ein wirklich aktives Signal besteht dann, wenn das Krokodil sich dem Eindringling annähert, während es an der Oberfläche sichtbar ist.
Wenn ein großes Salzwasserkrokodil diese Grenze überschritten hat, dann hat es damit dem Eindringling sozusagen „den Krieg erklärt“. Und wenn er danach trotzdem mit einem Kajak oder Kanu auf das Wasser kommt, wird es ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit angreifen und töten. Ich habe das selbst besonders in einer Situation sofort gespürt. Das nächste Bild zeigt den Anfang des Geschehens. Kurz danach hat sich das Krokodil frontal angenähert.
Mir war sofort klar, dass ich unter keinen Umständen an dieser Stelle lospaddeln kann, auch nicht, wenn ich eine Woche warten würde. Also habe ich den nächsten Tag von Sonnenaufgang bis in den späten Nachmittag damit verbracht, das Kajak und die gesamte Ausrüstung über mehr als zwei Kilometer, teilweise durch dichten und dornigen Busch, auf die andere Seite einer Landzunge zu schleppen, um dann von dort schnell das Weite zu suchen. Das war sehr harte Arbeit.
Wie richtig ich lag, zeigt ein Fall aus dem August des Jahres 2005, bei dem im Nordosten Australiens ein Kanufahrer von einem Salzwasserkrokodil getötet wurde. Das Unglück passierte etwas abseits der Küste auf einem über Land mit Allradfahrzeugen erreichbaren Gewässer, das zum Flusssystem des großen Normanby River gehört. Zufällig hielt ich mich zum Zeitpunkt des Geschehens kaum 100 Kilometer Luftlinie entfernt an der Küste auf. Als ich später wieder in der Zivilisation war und davon erfuhr, versuchte ich natürlich Genaueres herauszufinden, fand aber in den Medien nicht viele Details. Es hieß, dass das Krokodil nach den Angaben der Ehefrau als Zeugin, plötzlich in der Nähe des Kanus auftauchte und sich zügig annäherte. Der Mann versuchte wohl noch, es mit dem Paddel abzuwehren, wurde aber bei dem folgenden Angriff ins Wasser geschleudert und verschwand dann unter der Oberfläche.
Als ich zwei Jahre später, nach meiner vierten Tour, in der Polizeistation von Cairns eine Meldung zu einem älteren Skelett abgab, das ich unterwegs entdeckt hatte, da war der aufnehmende Polizist zufällig jener, der damals auch den Krokodilunfall bearbeitet hatte. Und so erfuhr ich von ihm, dass die Eheleute von ihrem Camp aus schon tagelang Blickkontakt zu dem Tier gehabt hatten. Währenddessen nutzen sie das Kanu jeden Tag zum Angeln, ohne dass es dabei Probleme gab.
Am Vormittag des Unglückstages geschah es allerdings, dass das Krokodil sich plötzlich an der Wasseroberfläche aufpumpte und in diesem Zustand ganz kurz auf sie zu bewegte, während sie noch an Land waren. Dann tauchte es ab und blieb unsichtbar. Das war eindeutig eine solche aktive „Kriegserklärung“, die der Mann aber leider nicht als solche erkannt hatte. Das Krokodil hat deutlich gemacht, dass es sich so weitgehend gestört fühlt, dass eine Grenze überschritten ist, an der es seine Vorsicht aufgeben wird. Die Leute hätten nun ihr Lager abbrechen und den Ort verlassen sollen. Als der Mann sich stattdessen am Nachmittag in das Kanu setzte, da war er praktisch dem Tod geweiht.
Nun möchte ich einige Illusionen ausleuchten, die in der Perspektive der Zivilisation den Blick auf die belebte Natur weitreichend verzerren und verengen und die auch das Begreifen der ab dem nächsten Kapitel behandelten Naturgesetze zumindest sehr erschweren, wahrscheinlich aber sogar unmöglich machen würden. Sie betreffen unter anderem die Prozesse des Jagens und Tötens zwischen den verschiedenen freien Lebewesen zur Nahrungsbeschaffung sowie die dabei vorhandenen Wahrnehmungen. Und darüber hinaus erstrecken sie sich bis über grundlegendste Fragen hinsichtlich des Bewusstseins und des Erlebnishorizontes anderer Tiere.
Das Salzwasserkrokodil kann bei der Ausleuchtung der gegenständlichen Illusionen in mehrerer Hinsicht hilfreich sein. Das beginnt schon damit, dass genau dieses Tier im englischen Sprachraum besonders häufig mit Begriffen wie „evilness“ charakterisiert wird, also als etwas „Bösartiges“. In der Realität aber konnte ich schon bald deutlich erkennen, dass sich bei nüchterner Reflexion in den großen Krokodilen nicht mal die allergeringste „Bösartigkeit“ finden lässt, egal wie man sie definieren und in welcher Richtung man nach ihr suchen würde.