Das Geheimnis der Elfenwelt - Stefanie Nickel - E-Book

Das Geheimnis der Elfenwelt E-Book

Stefanie Nickel

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Beschreibung

Ich weiß immer noch, dass es weh tat. An sie zu denken, tat weh. "Komm, folge mir in meine Welt", hatte sie gesagt und mir ihre Hand gereicht... Was wenn... Träume wahr werden!? Das Leben des 17jährigen Tom gerät voll aus den Fugen, als das Mädchen mit dem Silberblick aus seinen gezeichneten Graphic Novels plötzlich in der Schule vor ihm steht. Doch Tom, schockverliebt, kämpft gegen seine Gefühle an. Schließlich überschlagen sich die Ereignisse und zwingen Tom, sich der Wahrheit über seine Herkunft zu stellen. Und ausgerechnet als er Naira küssen will, taucht noch dazu ein Assassine auf, der ihm ordentlich die Tour vermasselt. Na toll, denkt Tom total genervt und springt gemeinsam mit Naira durch ein Mondtor in die Anderswelt hinein, um sich einem Schicksal zu stellen, das er mal so gar nicht für sein eigenes hält. Doch wird Tom dort auch dem Weg des Kriegers folgen, um das Schwert zu holen und die Feendrachen zu befreien? Und, wer ist eigentlich dieser kühne Assassine, über dessen Namen und Herkunft niemand etwas weiß? Denn ganz offensichtlich schlägt Nairas Herz für ihn und nicht für Tom!

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Für

… all jene, die die Zeit anzuhalten vermögen.

»Monde und Jahre vergehen, aber ein schöner Moment leuchtet das Leben hindurch.«

(Franz Grillparzer)

INHALT

Prolog

Out of the Blue

Nur Ein Schatten

In Between

Dankeschön

PROLOG

Ich weiß immer noch, dass es weh tat. An sie zu denken, tat weh. »Komm, folge mir in meine Welt«, hatte sie gesagt und mir ihre Hand gereicht.

Und ich? Ich habe sie genommen. Einfach so. Da lag sie, diese Hand. So klein und fein, wie ihre Welt tief und voller Wunder war. Mein Herz machte einen Sprung. Dabei wollte ich doch nur…! Bloß was, das hatte ich längst vergessen, als sich erst meine Hände in den ihren verfingen. Dann meine Augen. Nein, sie tauchten in ihre ein, wie zwei Perlentaucher auf der Suche nach einem kostbaren Schatz. Doch, ihrem Blick war ich nicht gewachsen. Etwas spiegelte sich darin. Meistens die Sonne. An manchen erschien sie mir wie der Mond; dunkel und geheimnisvoll. Dann musste ich mich selbst kneifen, um mich daran zu erinnern, dass es mich gab. Da und dort. Weil ich mich in ihrer Nähe immer ein kleines bisschen wie diese undurchdringliche Scheibe am Firmament fühlte. Jene, die ihr Strahlen überhaupt erst durch die Sonne erhält.

Heute weiß ich: Ihr zu begegnen war unvermeidlich! Genau wie jene Ereignisse, die das erste Treffen nach sich zog. Sie folgten, wie der Schweif dem Kometen. Und rissen mich mit sich hinfort wie ein nachtschwarzer Strudel, in dem ich unterzugehen drohte. Ja, ich weiß noch immer, dass es weh tat. An sie zu denken, tat weh. Denn was folgte, war Schicksal. Es zwang mich zu erkennen, wer ich war.

Und sie? Die Wände der Häuser vom Regen gesäubert, lief sie durch die Straßen, als wären sie der Golden Pathway ihres Lebens. Sie schien so einfach voranzuschreiten. Begleitet von einem leisen Rauschen, als fühlte sie einen stillen Song in ihrem Ohr. Sie schien die Angst, die Angst schien sie zu kennen. Und dennoch lief sie weiter voran. Den Grund unter ihren Füßen, kam sie schließlich von dort, wo der Wind stürmend durch die Äste weht. Doch, was wusste ich schon davon?

»Ein Geheimnis bestimmt den Weg, der deine Füße trägt. Sag, hast du kurz Zeit? Dann lass uns reden, über etwas, dass nur wir verstehen. Es könnte den Lauf deiner Welt verändern. Vom Kleinen ins Große und umgekehrt. Sag, glaubst du auch, dass das nicht der Ort ist, von dem wir träumten? Dann könnte dies der Beginn von allem sein. Und das Ende. Ist das nicht kurios?«, hatte sie zu mir gesagt. Ihre Augen funkelten silbern und herausfordernd. Also folgte ich ihr in das Reich, dessen Existenz ich 16 Jahre vehement verdrängt hatte, um mich dem Kernschatten zu stellen.

Teil 1

OUT OF THE BLUE

»O ew’ge Nacht! Wann wirst du schwinden? Wann wird das Licht mein Auge finden? –«

Aurora öffnete die Augen. Der Zustand der Kontemplation wich. Langsam kehrte ihr Geist zurück. Sie atmete tief durch, um ganz im Hier und Jetzt ihrer Wirklichkeit anzukommen. Sie hatte Bilder gesehen. Und eine Botschaft geschickt. Ohne Zweifel war sie angekommen. Alles Weitere lag nicht mehr in ihrer Hand. Ein Schatten legte sich auf das schneeweiße Gesicht der Hüterin des Lichts. Ihre Augen, noch immer entrückt, fokussierten einen Punkt in der Ferne.

»Naira, macht Euch bereit. Es ist soweit.«

»Verstehe«, ertönte eine Stimme, bestimmt und so warm wie Honig. Eine schlanke Gestalt betrat den überkuppelten Raum. Mit einem Gang, der majestätisch wirkte, trat ein Mädchen an die Herrin heran und verneigte sich.

»Ihr wisst um eure Aufgabe.«

Das Mädchen nickte. Ihre Augen blickten stolz, funkelten geheimnisvoll.

»Bring den Sohn des dunklen Magiers zurück in unsere Welt.«

»Ja, Lichtwächterin. So soll es sein.« Schon drehte sich das Mädchen um und verließ den Raum.

***

Lange Zeit geschah nichts. Zumindest gefühlt. Die Welt drehte sich wie eh und je. Und die Stunden zogen dahin, wie ein frischer Kaugummi am Schuh. Tom saß in der Schule. Ein bisschen gelangweilt, ein bisschen desinteressiert. Zumindest hätte man das denken können. Er schaute aus dem hohen Fenster des Backsteingebäudes. Sein Blick war auf einen Punkt in der Ferne gerichtet, als würde er dort etwas suchen. Er hörte weder das Rauschen des Windes in den Zweigen noch den Verkehr auf den Straßen. Auch dem Geschehen im Klassenraum schenkte er wenig Beachtung.

»… und dann schreiben Sie ein paar Sätze darüber, was Freiheit für Sie bedeutet.«

Die tief tönende, raue Stimme des Deutschlehrers erfüllte den Raum mit Klang, drang jedoch nicht bis zu ihm hindurch.

»Es wird geschehen. Sei bereit!«

Tom zuckte zurück. Alle Farbe aus dem Gesicht weichend, flog ihm zudem das Smartphone aus der Hosentasche. Es landete krachend und daher wenig geräuschlos auf dem Boden.

Die Stimme! dachte Tom überrascht; und nicht zum ersten Mal in diesen Tagen.

»Herr Drachenfels, schön, dass wir wieder Ihre wohl geschätzte Aufmerksamkeit haben!«

Die Köpfe seiner Mitschüler wanderten automatisch in die letzte Reihe. Ein paar Mädchen kicherten.

»Packen Sie das Ding bitte unverzüglich in die Tasche, ansonsten muss ich es Ihnen abnehmen. Sie kennen die Regeln!« Der missbilligende Blick aus den tief liegenden Augen unter den gerunzelten Brauen in dem kleinen, runden Gesicht duldete keinen Widerspruch.

Tom verdrehte die Augen. Und ob er sie kannte! Schließlich wusste jeder, dass am Freiherr zu Stein Gymnasium im Unterricht von Dr. Wagner das Buch dem digitalen Endgerät vorgezogen wurde. Wirklich jeder wusste das!

Tom strich sich die kurzen, glatten, ungewöhnlich hellen Haare aus dem Gesicht, nahm sein Smartphone auf und steckte es in die Tasche seiner Jeans.

Was ist das? Diese Stimme …?, überlegte er nach der

kurzen, recht ungewollten Unterredung mit Dr. Wagner.

Sei bereit, hatte sie gesagt. Und das nicht zum ersten Mal! Wozu bereit? Was wird geschehen? Als ob…! Tom schüttelte seinen Kopf; verärgert und so, als wolle er diese seltsame Stimme abwimmeln.

Ganz sanft hatte sie geklungen. Und doch auch irgendwie bestimmend.

Tom starrte auf das Skizzenbuch vor sich. In Gedanken versunken hatte er der Stimme wieder einmal nicht nur ein Gesicht gegeben, sondern sie auch in die Storz seiner Graphic Novel integriert. Jene Stimme, die einige Tage zuvor das erste Mal aufgetaucht war. Aus dem Nichts.

Seitdem dieselbe Botschaft: Es wird geschehen. Sei bereit!

Jetzt sah sie ihn an, diese Stimme, schwarz auf weiß gezeichnet, fast lebendig: Herzförmig und glatt. Hohe Wangenknochen. Durchdringende Augen. Sie wirkten so unglaublich lebendig, als hätten auch sie eine Botschaft. An ihn. Eine, die Tom allerdings nicht verstand.

Oder, verstehen wollte!?

»Alter, gönn dir! Die sieht übelst nice aus«, drang es flüsternd zu ihm.

Schnell klappte Tom seinen Block zu und versperrte seinem allzu neugierigen Sitznachbarn Hannes den Blick auf seine Graphic Novel - sein heimlicher Wunsch.

»Chill deine base, Alter.« Tom winkte genervt ab. »Is bloß fantasy!« Er wollte es selbst so gerne glauben. Doch irgendwas war anders. Etwas, das in gewaltig aufwühlte.

»Bleib cremig!« Hannes verdrehte die Augen und machte ein eindeutiges Handzeichen.

Endlich läutete die Schulglocke. Erleichtert stopfte Tom Block und Stifte in seinen Rucksack. Gerade als er gehen wollte, öffnete sich die Tür. Die große, üppige Gestalt der Schulleiterin trat ein. Mit dem für sie typischen Zahnpasta-Werbelächeln begrüßte sie ihren Kollegen und stellte sich direkt vor die Klasse. Während ihre steingrauen Adleraugen einen nicht vorhandenen Punkt im Raum fixierten, hob sich ihr perfekt sitzendes Kostüm wie ein grauer Fleck von der roten Backsteinwand ab. Dr. Dr. Henriette Kleist wirkte wie ein Fels in der Brandung orientierungsloser Jugendlicher im Ozean der Bits und Bytes.

Einzig ein Windstoß fehlte, der ihrem Haar den nötigen Auftrieb gegeben hätte.

Tom verharrte wie ein Zinnsoldat mit seinem Rucksack in der Hand vor dem wenig gemütlichen Stuhl, zwischen den martialisch anmutenden Sitzreihen im Klassenraum.

»Entschuldigen Sie die Störung so kurz vor Schulschluss. Aber ich möchte Ihnen noch schnell Ihre neue Kommilitonin vorstellen, bevor Sie ins Wochenende entschwinden«. Sie wandte sich mit einer einladenden Handbewegung zur Tür und nickte auffordernd.

Die Schüler der 12a reckten die Köpfe, als eine schlanke Gestalt den Raum betrat. Kerzengerade. Sie musste die ganze Zeit dort gestanden haben. Unbemerkt. Trotz ihrer Haltung. Die allein war schon krass auffallend. Irgendwie ausgesucht erhaben. Und dann ihre Haare: lang und leuchtend rotbraun, wie die Blätter einer Blutbuche, wenn die Abendsonne durch die Zweige scheint. Sie fielen definitiv aus dem Rahmen. Ein Teil war zu einem Knoten gebunden, der Rest umspielte das herzförmige Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den ziemlich spitzen Ohren.

Die Augen!

Wie vom Donner gerührt dachte er an das Bildnis seiner Graphic Novel.

Das Mädchen…! Das kann einfach nicht sein! No way!

Tom fiel erst die Kinnlade runter, dann der Rucksack aus der Hand und schließlich er plumpsend auf den Stuhl. In seinem Kopf explodierte eine Cola-Bombe.

Wump!

Ok, nicht wortwörtlich, bloß gefühlt. Aber dennoch…!

Und er dachte gerade, dass er endlich nach Hause gehen könnte, als das Mädchen ihren Kopf in seine Richtung drehte. Ihr Blick verfing sich in seinem - durchdringend silbern, als hätte sie nur darauf gewartet, ihn zu treffen. Kurz, fast flüchtig, hob sie die Augenbrauen.

Tom wurde schwindelig. Etwas in ihm drehte sich.

Was geschieht mit mir? Mir ist, als würde alles Vertraute verschwinden. In ein Loch im Boden, unter mir.

***

Mit der schwarzen Kapuze seines Hoodies über dem Kopf und den Kopfhörern in den Ohren füllte die Musik jene Zwischenräume in ihm, die sich an manchen Tagen zu einem schwarzen Loch auswuchsen, das ihn förmlich mitreißen wollte.

Since we’re feeling so anesthetized In our comfort zone

Nun nahm ihn Brian Molkos Stimme ein und Tom ließ es geschehen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte Frau Dr. Dr. Kleist die Klasse endlich ins Wochenende entlassen. Sichtlich erleichtert hatte er den plötzlich so eng gewordenen Klassenraum hinter sich gelassen und war wie ein Dieb davongeschlichen. Vorbei an dem seltsamen Mädchen mit dem durchdringenden Blick.

Diese Augen …, dachte Tom und kickte einen Stein über die Straße. Er rollte und blieb liegen, am Wegesrand.

Sie wollten ihn nicht mehr loslassen! Die smaragdgrüne Strenge darin hatte ihn erschauern lassen. Wie eine Wand aus flüssigem Silber war sie gewesen. Und ihm nicht erlaubt, ein Dahinter wahrzunehmen. Sie dagegen hatte in ihm gelesen, wie in einem offenen Buch.

Ungefragt. Unverfroren. Unerreicht.

Disgusting!

Tom beschleunigte seine federnden Schritte. Die Gummisohlen seiner Sneakers bewegten sich beinah geräuschlos über den aschgrauen Asphalt, als kannten sie das Ziel. Sein Versteck. Seine Base!

Reminds me of the second time

Der stillgelegte Güterbahnhof lag etwas abseits der Kleinstadt unter einer Autobahnbrücke. Zwischen ausrangierten Waggons und alten, verfallenen Steinmauern wucherte das Grün. Hierher zog es ihn. Immer dann, wenn das schwarze Nichts wie ein gefräßiges Ungeheuer an ihm zerrte. Dieser Ort wirkte befreiend auf ihn. Hier war er save. So unvollkommen dieser Ort auch war, er gab ihm die Ruhe, die er brauchte, um das auszudrücken, was sich in ihm bewegte.

Die Spraydosen, sicher verwahrt in einem zerfallenen Abteilwagen, waren für Tom die ultimative Waffe gegen …

Ja, gegen was eigentlich?

Tom hielt eine Dose in der Hand und starrte auf sein Angesicht in einer zerbrochenen Scheibe.

Gegen das Gefühl des betäubt seins, das dich wieder und wieder einholt, echote es in ihm.

That I followed you home

Tom nickte seinem Spiegelbild zu. Sein Spiegel-Ich hielt dem Blick stand. Nicht vorwurfsvoll, nur mit der schonungslosen Wahrnehmung eines großen, sportlichen fast 17-Jährigen: Markantes, fast spitz zu nennendes Kinn. Hohe, feste Wangenknochen. Tief liegende, nachdenkliche Augen - das eine grün, das andere blau. Und helle Haare. So eierschalenweiß, dass man meinen könnte, er wäre bereits ergraut. Sie waren wohl das Auffälligste und zugleich Seltsamste an ihm. Seit seinem 16. Geburtstag nämlich hatten sie alle Farbe verloren. Einfach so. Gendefekt nannten es die Ärzte. Scheiße und nicht zu ändern war seine Ansicht dazu. Punkt!

Tom drückte auf die Dose. Feiner schwarzer Nebel legte sich sanft zischend auf sein Spiegel-Ich.

We‘re running out of alibis

Der Song von Placebo bringt es auf den Punkt. Nur, dass ich niemandem folge. Bloß den hauchdünnen Farbnetzen, wenn ich spraye, dachte er und drehte der Glasscherbe den Rücken zu.

Die Welt versank. Und Tom mit ihr; wie immer, wenn er zeichnete oder sprayte. Etwas Anderes nahm den Platz ein, wo zuvor noch steinerne Häuser und betonierte Autobahnbrücken standen. Selbst der monotone Lärm, der Blech an Blech rollenden Trucks verlor sich, als Tom mit dem Sprayen an der Betonwand begann. So musste sich Tolkien gefühlt haben, beim Schreiben von Herr der Ringe