Das Geheimnis der Truhe - Gerhard Somieski - E-Book

Das Geheimnis der Truhe E-Book

Gerhard Somieski

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Beschreibung

Als die beiden Geschwister Lisa und Jonas den alten Schuppen im Garten aufräumen, finden sie etwas Seltsames: Eine komische, magische Truhe. Noch ahnen sie nicht, in welche Abenteuer sie und ihr Hund Wolfie verstrickt werden. Mit dem Inhalt der Truhe begeben sie sich auf eine Reise in Raum und Zeit ... Ein Science-Fiction-Roman für Kinder ab 10 Jahre.

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Seitenzahl: 225

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Gerhard Somieski

Das Geheimnis der Truhe

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© 2015 Gerhard Somieski

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN

Paperback:

978-3-7323-3925-9

Hardcover:

978-3-7323-3926-6

e-Book:

978-3-7323-3927-3

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Das Geheimnis der Truhe

Teil I – Die Entdeckungen

1 Ein besonderer Fund

2 Donnerschläge in der Stadt

3 Langeweile und eine alte Truhe

4 Der Unfall

5 Opa liegt im Krankenhaus

6 Wolfie ist verschwunden

7 Drei seltsame Blätter

8 Fahrt nach Skidragen

9 Im Krankenhaus

10 Dr. Hackel besucht den Professor

11 Ein Plan entsteht

12 Aufbruch in die Berge

13 Steinschlag

14 Die Felsnadel

15 Auf der dreieckigen Ebene

16 Wolfie hat eine Spur

17 Das geheime Felsentor

18 Die Höhle im Berg

19 Sind es Menschen?

20 Warum sind sie hier?

Teil II – Die Wiege der Menschheit

1 In der Baumsavanne

2 Ein seltsames Ding

3 Die Entdeckung am Morgen

4 Erster Kontakt

5 Was ist Intelligenz?

6 Rettung aus Gefahr

7 Der entscheidende Test

8 Ein Entschluss mit großer Tragweite

9 Der Anfang ist geglückt

Teil III – Durch den Tunnel

1 Vor 50 Millionen Jahren

2 Das Genprojekt

3 Die Heimat der Stellaner

4 Das große Geheimnis

5 Der Eindringling

6 Weitere Wunder

7 Exotisches zur Stärkung

8 Unterirdische Reise

9 Eine ungewollte Unterbrechung

10 Jonas weiß eine Lösung

11 Weiter im Tunnel

12 Automatik

13 Verirrt!

14 Das Kraftwerk

15 Der Tunnel birgt eine Überraschung

16 Hochgeschwindigkeitsfahrt

17 Das Hindernis

18 Willkommen!

Teil IV – Die Zentrale

1 Am Ziel

2 Begegnung mit einer Uralten

3 Schönheit und Schrecken des Meeres

4 Besuch in der Bibliothek

5 Das Raumschiff

6 Der Landgang

Epilog

Anhang

Geographische Namen

Namen der Menschen zur Urzeit

Begriffe der belaterischen Sprache

Personennamen der Stellaner

Zu diesem Buch

Dieses Buch ist mit großer Zuneigung meinen fünf Enkelkindern gewidmet:

Personen

Lisa Laurin -

13-jähriges Mädchen

Jonas Laurin -

11 Jahre alter Bruder von Lisa

Sisa -

14-jährige Außerirdische

Mark Laurin -

Vater der Kinder, Computerexperte

Dr. Mira Laurin - Mutter der Kinder, Hausfrau und studierte Ethnologin

Prof. Dr. Dr. Hieronymus Laurin - Großvater der Kinder, emeritierter Professor für Geschichte und Astronomie an der Universität von Skidragen

Dr. Barnabas Hackel - früherer Assistent von Professor Hieronymus Laurin

Wolfie -

schwarz-weißer, 1-jähriger Mischlingshund, gehört eigentlich Jonas, liebt aber auch Lisa innig

Ort und Zeit der Handlung:

Ostküste Australiens im Jahre 2034

Teil I – Die Entdeckungen

1 Ein besonderer Fund

„Wollen wir vielleicht zum Fluss schwimmen gehen, mir ist so langweilig?“, fragt eine helle Knabenstimme und kurz darauf taucht der braune Haarschopf eines Jungen aus dem Gewirr von Playmobilteilen, CDs, Computerkabeln, alten Tastaturen, Lautsprechern und Spielzeugautos auf, das den ganzen Boden seines Kinderzimmers gleichmäßig und in beträchtlichem Umfang bedeckt.

Die Frage ist an seine Schwester Lisa gerichtet, die im Nebenzimmer mit irgendeinem ganz offensichtlich unnützen Kram so leidenschaftlich beschäftigt ist.

Und ihm ist so langweilig, zumal er das Gesuchte, eine CD mit seiner derzeitigen Lieblingsmusik nicht gefunden hat. Es ist aber auch ärgerlich, diese Unordnung in seinem Zimmer erreicht allmählich babylonische Ausmaße, und keine Abhilfe ist in Sicht!

„Warten wir lieber noch ein wenig, ich muss erst noch einen Brief an Opa fertig schreiben! Du weißt doch, dass er sich so freut, wenn er von uns wieder mal etwas hört“, antwortet Lisa nach geraumer Zeit und fährt in ihrer Tätigkeit fort.

Lisa liebt es, Bücher zu lesen und ihr streng gehütetes Tagebuch zu schreiben – besonders ihr nerviger Bruder darf es auf keinen Fall finden oder anschauen! Sie findet es spannend kleine Rätsel auszuknobeln und ist gerne mit ihren Eltern und mit Opa unterwegs. Das allerdings kommt selten vor, da ihr Opa – Professor Dr. Dr. Hieronymus Laurin, ein berühmter Gelehrter der Geschichte an der Universität von Skidragen – nur so wenig Zeit für seine Familie hat.

Ganz das Gegenteil zu Lisa ist Jonas. Er mag am liebsten laute, schräge Musik, wilde Computerspiele und allerlei Schabernack, den er Lisa, den Eltern und gelegentlich auch den Nachbarn spielt.

Neben Jonas liegt Wolfie, der schwarz-weiße Hund der Laurins auf einem winzigen, freien Fleckchen am Boden zusammengerollt. Er döst vor sich hin, immer bereit, falls es was zu Fressen gibt oder sich ein Spaziergang anbietet. Wolfie ist eine gelungene Mischung aus einem Border-Collie-Männchen und einem English Pointer und gerade mal ein Jahr alt, also noch fast ein Jugendlicher. Gott sei Dank hat er nicht den Arbeitseifer der Collies geerbt, sondern eher den Spiel- und Bewegungsdrang der Pointer, kurz gesagt, er ist der perfekte Familienhund, der sich gerne bei seiner Familie aufhält.

„Also gut, in einer halben Stunde bin ich fertig und wir können losziehen, falls es dann noch warm genug ist“, lässt sich Lisa vernehmen.

„Warm genug, was fällt dir ein, bei 35 Grad bleibt es doch den ganzen Tag über so heiß, dass ich am liebsten nackt herumlaufen würde“, hat Jonas einzuwenden. Aber es nützt nichts, er muss sich gedulden, bis seine Schwester fertig ist.

Jetzt, zu Beginn der Sommerferien sind die Eltern der beiden Kinder, Vater Mark und Mutter Mira, für ein paar Tage alleine in die nahe Stadt Skidragen gefahren, um einige völlig uninteressante Besorgungen und langweilige Verwandtenbesuche zu erledigen. Sie haben den beiden Kindern strikt aufgetragen, nur zusammen das Haus zu verlassen und im übrigen sich zu vertragen – was auch immer das heißen mag.

Die Zeit zieht sich hin, Jonas hat sich neben Wolfie gelegt, und saust gerade mit zunehmender Geschwindigkeit eine gigantische Wasserrutsche in die Tiefe. Unversehens ergießt sich der Wasserschwall in einen fürchterlichen Abgrund, so dass Jonas zu einem Schrei des Entsetzens ansetzt, als ihn die - viel zu laute – Stimme von Lisa aus seinem Tagtraum reißt:

„Na ja, jetzt ist es plötzlich gar nicht mehr sonnig draußen, ich mag nicht mehr zum Baden gehen. Was machen wir denn jetzt?“

Jonas muss sich erst mal wieder in der Realität einfinden. Er ist froh, dass es nur ein Traum ist, der ihm gerade Angst eingejagt hat und meint nach einem bedauernden Blick auf den bewölkten Himmel:

„Also nicht baden, dann könnten wir doch unseren Schuppen im Garten weiter untersuchen, ob sich da etwas Interessantes findet!“

„Du meinst wohl, weiter den Schuppen aufräumen, wie Papa es uns während seiner Abwesenheit aufgetragen hat.“

Dass Lisa aber auch immer so ein Spielverderber sein muss und sich so ernsthaft wie eine kleine Erwachsene aufführt, das gefällt Jonas gar nicht.

„Na gut, du räumst dort auf und ich schaue, ob es etwas Wertvolles gibt, das nicht in den Sperrmüll muss und das ich beim nächsten Trödelmarkt zu Taschengeld verwandeln kann!“, versucht Jonas, sich vor der Arbeit zu drücken.

Die beiden springen auf, ziehen ihre festen Turnschuhe an und sausen – begleitet von dem freudig bellenden und ihnen zwischen den Beinen herum tänzelnden Wolfie – in den Garten.

Jetzt zeigt sich, dass Lisa um einen Kopf größer ist als ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Jonas und dass sie mit ihren hellblonden langen Haaren, ihrem schlanken Mädchenkörper in Shorts und Bluse schon ein richtiger 13-jähriger Teenager ist.

Dagegen wirkt Jonas noch viel unreifer, verspielter und hat auch gar nichts dagegen, wenn Mama ihn gelegentlich in die Arme nimmt und ihn richtig fest herzt. Aber andrerseits kann Jonas seine Eltern schon verblüffen, wenn er Weisheiten von sich gibt, wie:

„Wenn wir weiter so verschwenderisch mit unserer guten, alten Erde umgehen, dann wird es für mich später mal ganz schwer werden, hier zu leben“, oder: „Einstein hat doch schon herausgefunden, dass sich das Licht um die schweren Sonnen des Universums herumwinden muss“, oder: „ich werde einmal ein ganz berühmter Detektiv werden, so wie Sherlock Holmes!“

Im hinteren Teil des großen Gartens, der im übrigen ziemlich verwahrlost ist, befindet sich ein alter Brunnen, der notdürftig mit Brettern abgedeckt ist. Mutter hat schon öfter gemahnt: „Der Brunnen darf nicht zum Spielen benutzt werden!“ Daneben gibt es den großen Schuppen vor dem knorrigen Eichenbaum, den noch Großvater selbst in jungen Jahren gebaut hat, damals als er hier gewohnt und das Haus gekauft hat.

Dann aber hat er einen Ruf an die Uni bekommen und ist lieber dorthin umgezogen, da es ihm zu anstrengend und umständlich ist, zu seinen Vorlesungen immer die 16 km in die Stadt Skidragen zu radeln – ein Auto besitzt Opa nicht – wahrscheinlich nicht einmal einen Führerschein.

Der Schuppen ist normalerweise abgesperrt, aber Lisa hat von Mama den Schlüssel ausgehändigt bekommen, eben um ein wenig aufzuräumen.

Lisa steckt den Schlüssel in das große Vorhängeschloss, und nach zwei Umdrehungen springt es laut quietschend auf. Lisa öffnet die knarzende Tür und in diesem Augenblick saust Wolfie mit lautem Gebell wie ein Blitz in den Schuppen. Er springt auf die dort gestapelten Bretter, windet sich zwischen einigen alten Kiste hindurch und knurrt böse den hinteren Teil des Schuppens an, dort wo ein zerlumptes Sofa steht.

„Wolfe!“, ruft Jonas, „komm heraus und mach nicht so ein Theater wegen einer Maus!“

Aber Wolfie kommt nicht, sondern bleibt dort vor dem Sofa mit gesträubtem Fell wie angewurzelt stehen. Nach mehrmaligem Zureden durch Jonas kommt Wolfie, ängstlich winselnd, dicht auf dem Boden kauernd, rückwärts kriechend aus dem Gewirr von Gegenständen heraus. Hier, nahe bei den beiden Kindern, fasst er wieder Mut, und lässt einige Male sein typisches, kurzes, herausforderndes Bellen ertönen.

„Was hat er nur, schau mal, der hat Angst!“, meint Jonas, aber Lisa verbessert ihn:

„Irgend etwas ist dort hinten in der Ecke, was ihm sehr verdächtig vorkommt.“

Die beiden schauen sich kurz an, abwartend, was wohl jetzt am klügsten wäre, und ob einer einen passenden Vorschlag hätte.

Wieder ist es Lisa, die meint: „Wir sollten mal da hinten nachsehen, vielleicht ist dort eine große Ratte – Igitt – oder irgendein gefährliches Ding, das sein Misstrauen erregt hat. Hunde haben ja viel bessere Sinne als wir, sie hören besser, sie riechen besser und manchmal haben sie sogar den 7. Sinn!“

„Was du nicht sagst, woher willst du das wissen?“, fragt Jonas zweifelnd und aus Prinzip, denn er kann es gar nicht ausstehen, wenn seine Schwester immer so vieles weiß, oder zumindest vorgibt zu wissen.

„Hunde sind nicht klüger als ich, aber sie können besser eine Spur riechen, das ist alles!“, versucht Jonas, sich aus der Affäre zu ziehen.

Lisa sagt nichts weiter, denn sie hat einfach keine Lust, alles dreimal erklären zu müssen, soll er doch meinen, klüger zu sein!

Sie packt ein paar Bretter, zieht daran, bis sie aus dem Stapel heraus rutschen, dann kann sie einen alten Campingstuhl beiseite schieben, und eine der Kisten wegdrücken. An der Wand steht jetzt nur noch dieses alte, verschlissene Sofa mit hoher Lehne und mit seltsam geschwungenen, kunstvoll geschnitzten braunen Holzbeinen. Warum man das noch nicht zum Sperrmüll gebracht hat? Hinter dem Sofa ist noch ein wenig Platz bis zur Holzwand des Schuppens. Seltsamerweise hängt an der Wand ein großes Bild in einem Barockrahmen, es zeigt eine Kirche mit ein paar Ruinen im Hintergrund.

Nun kommt auch Jonas hinter ihr her, drängt sich vorbei und springt auf das Sofa, dass die Stahlfedern nur so quietschen und federn und sich eine große Staubwolke erhebt. Er beugt sich über die hohe Lehne und schaut nach unten.

„Da steht eine Kiste, na ja, eher eine Schachtel, halb unter dem Sofa versteckt!“, ruft Jonas ganz aufgeregt.

„Halte mich mal fest, ich möchte sehen ob ich sie über die Sofalehne hochheben kann.“

Lisa packt ihn recht grob an den Beinen und sagt: „O.k.“

Aber so sehr Jonas an der Truhe auch zieht und rüttelt, er kann sie keinen Millimeter bewegen.

„Mist, ich bekomme sie nicht hoch, sie wiegt sicher eine Tonne, was da wohl drinnen ist?“

„Bist wohl zu schwach, Brüderlein“, höhnt Lisa, aber als sie nun selbst versucht, die Truhe hochzuzerren, muss auch sie bald einsehen, dass die Truhe nicht fortzubewegen ist.

„Wir müssen versuchen, das Sofa wegzuschieben, vielleicht kommen wir dann weiter.“

In der nächsten halben Stunde arbeiten die beiden mit großem Eifer daran, das Sofa beiseite zu schaffen. Das aber ist gar nicht einfach, da ja der ganze Raum mit anderen Dingen und Gerümpel voll gestellt ist: Lampenschirme, kaputte Rasenmäher, alte zerschlissene Koffer, ein klappriger Schrank mit angestaubtem Geschirr, einige Schachteln mit gesammelten Apfelsinenpapieren, Kronkorken, Streichholzschachteln und Bierdeckeln, eine Gesteinssammlung in schönen Holzkästen, und noch vieles mehr.

Doch dann ist es endlich geschafft, vor dem Sofa ist nun ein wenig freier Platz entstanden. Gemeinsam drehen und schieben sie das Sofa nach vorne, so dass jetzt die kleine Truhe dahinter ganz zum Vorschein kommt.

Rings um die Truhe verstreut liegen neben anderem Kram ein paar alte Schlüssel, einige Münzen, Büroklammern und Knöpfe auf dem Bretterboden.

Die Truhe ist etwa so groß wie eine Schuhschachtel. Sie ist aber seltsamerweise nicht rechteckig sondern hat die Form eines Dreiecks. Der Deckel leuchtet in strahlendem Blau, während die drei Seiten gelb, rot und metallisch grün sind. An der schmalen gelben Seite befindet sich die Andeutung eines Schlosses. Jedenfalls sieht man dort eine winzige, dreieckige Öffnung, wie bei einem Schlüsselloch.

Jonas greift nach der Truhe und will sie hochheben, doch er kann sie auch jetzt keinen Millimeter bewegen. Er zieht mit aller Kraft nach oben, doch vergebens. Enttäuscht und mit rotem Kopf lässt er davon ab. Aber auch Lisa gelingt es nicht, die Truhe zu bewegen. Missmutig stapft sie nach draußen.

„Es wird schon Abend, und dunkle Wolke ziehen vom Meer heran, mir reicht es, reine Zeitverschwendung, ich gehe jetzt ins Haus!“ Lisa ist sehr unzufrieden und lässt das auch spüren.

„Gut, ich habe sowieso Hunger wie ein Wolf, ich brauche jetzt mein Abendessen!“, pflichtet Jonas fordernd bei. Beim Klang seines Namens spitzt Wolfie die Ohren, bellt kurz und auffordernd und saust ihnen voran zum Elternhaus.

2 Donnerschläge in der Stadt

Am Mittag des nächsten Tages lastet die Hitze wieder schwer auf der kleinen Stadt Hummer am Fuße der Haven Mountains. Und auch die normalerweise in dieser Jahreszeit – es ist gerade Frühsommer geworden – Abkühlung bringenden Winde und Gewitter aus dem nahen Bergland verschaffen keine wirkliche Erholung. Alles scheint irgendwie vor der Hitze verstummt und schläfrige Ruhe macht sich zur Tagesmitte breit.

Da aber ertönen laute, donnernde Schläge, wie auf großen Blechplatten mit dem Hammer geführt. In der engen Glockengasse hört sich das wie Kanonenschläge an und alsbald öffnen sich ein paar der verschlossenen Fensterläden. Einige Frauen stecken ihre Köpfe heraus um nach den Ursachen des Lärms zu forschen.

„Das kommt doch von den Laurins, die sollten mehr Rücksicht auf die Mittagsruhe nehmen“, lässt sich Frau Dall vernehmen, eine kleine, dunkelhaarige Alte aus dem zweiten Stockwerk.

„Aber die Eltern sind doch gar nicht zu Hause, ich habe sie mit ihrem Wagen gestern am Morgen wegfahren sehen“, wirft Elisabeth Kingly aus dem Erdgeschoss ein.

„Na, dann können es doch nur die beiden Kinder sein, die so einen Lärm veranstalten. Wenn Eltern ihnen zu viel freie Hand lassen, dann kann das doch nicht gut gehen!“, empört sich ganz griesgrämig Frau Dall.

Auch im ersten Stockwerk des gegenüber liegenden Hauses wird jetzt einer der Rollläden mit lautem Rasseln hochgezogen und eine junge Frau ruft begütigend:

„Ach lasst doch die Kinder in Ruhe, denen ist halt langweilig, sie müssen zu Hause bleiben, denn die Laurins fahren heuer in den Ferien nicht weg. Sie haben es mir vorgestern im Supermarkt erzählt.“

„Aber so ein Lärm, es ist doch schon schwer genug, so eine Hitze auszuhalten, und dann auch noch das …“, mault Frau Kingly mürrisch und schmeißt ihren Fensterladen wütend zu. Die Frauen verstummen und verschwinden von den Fenstern, nur das Gehämmere hallt weiterhin noch eine Zeitlang ohrenbetäubend durch die Straßen.

3 Langeweile und eine alte Truhe

„Halte doch endlich mal die Truhe fest, damit ich arbeiten kann!“ Jonas meckert seine Schwester Lisa an, die sich ehrlich bemüht, die alte, seltsame, dreieckige Schachtel mit beiden Händen fest zu halten.

„Du haust ja immer so fest mit dem Hammer auf das Schloss, dass ich nicht richtig festhalten kann!“ Lisa ist empört und lässt es ihren Bruder auch wissen.

„So geht das gar nicht, du solltest lieber deinen Grips einsetzen, damit wir vorankommen.“

„Dann probiere du doch mal, ob du es besser kannst!“, entgegnet Jonas, nicht ohne ein wenig geknickt zu sein.

Diese Truhe haben sie gestern beim Aufräumen des Gartenschuppens entdeckt, und sogleich beschlossen, ihren Inhalt in Augenschein zu nehmen. Aber, die Truhe lässt sich weder verrutschen noch öffnen. Ein kaum sichtbarer Mechanismus, eine Art Schloss, das sehr unauffällig in der Seitenwand eingearbeitet ist, versperrt den Zugang.

Mit lautem Getöse lässt Jonas noch mal den schweren Vorschlaghammer auf das Schloss sausen, aber das Ergebnis ist enttäuschend: Nichts rührt sich! Eigenartig, die Truhe zeigt auch keinerlei Beschädigung oder Delle, sie ist vollkommen unversehrt. Und, sie hat sich kein bisschen von der Stelle bewegt. Seltsam! Zu allem Überfluss sagt seine Schwester jetzt auch noch:

„Hör auf, so schaffen wir es nicht, wir müssen es auf eine gescheitere Art versuchen. Komm, wir schauen noch mal gründlich im Schuppen nach, ob wir etwas finden, das uns weiterhilft.“

Da Jonas die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen erkannt hat, lässt er den Hammer fallen und mürrisch seine Augen im Schuppen umher schweifen, ob er einen Hinweis zum Öffnen der Truhe finden könnte.

Der Schuppen ist mit vielerlei Gerätschaften voll gestellt: Kisten, wurmstichige Schränke, Werkzeuge, alte kaputte Maschinen, Stapel mit Zeitschriften, an den Wänden Regale mit Farbtöpfen und Tapetenresten, Sortierkästchen mit Schrauben und Nägeln und vieles mehr. Also gleicht ihre Nachforschung eher der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.

Jonas öffnet alle Schranktüren, findet aber nur alte Kleider darin, oder Tiegel und Dosen mit Farbresten. Lisa widmet sich den Schubladen der alten Kommode, zieht eine nach der anderen auf und inspiziert den Inhalt.

„Alte Postkarten, Knöpfe, Stoffreste, ein rostiges Küchenmesser, eine grässliche Mausefalle“, seufzt sie enttäuscht. In der untersten Lade liegt eine Blechdose mit alten, möglicherweise wertvollen Münzen, sowie eine Schachtel ohne Deckel mit einem Sammelsurium von Schlüsseln aller Art.

„Schau mal, mit den Münzen und den Schlüsseln haben wir doch als kleine Kinder immer gespielt. Mama hat sie wohl hierher weggeräumt.“

Jonas wirft einen prüfenden Blick darauf und pfeift durch die Zähne:

„He, siehst du, was ich sehe Schwesterherz! Diese blau schimmernde Stange mit Griff da könnte passen, sie sieht aus wie eine Art Schlüssel. Gib mir doch mal schnell den komischen Schlüssel.“

„Das heißt bitte“, belehrt ihn Lisa, packt den bewussten Schlüssel und läuft damit geschwind zur Truhe. Sie steckt den Schlüssel sogleich in das Schlüsselloch, will ihn herumdrehen, doch das ist nicht möglich – und auch gar nicht mehr notwendig.

Kaum ist der Schlüssel in dem Schlüsselloch der Truhe verschwunden, als sich ein heller, melodiöser Ton vernehmen lässt und der Deckel der Truhe sich wie von Zauberhand öffnet und empor klappt.

„Na so was, wir haben es geschafft, die Truhe ist offen!“ Jonas ist begeistert.

Lisa greift nach der Truhe und kann sie jetzt mühelos emporheben und auf den alten Tisch stellen, so dass sie bequemer zu untersuchen ist.

„Es liegt etwas in der Truhe, das sieht aus wie ein Papier mit einer Zeichnung darauf“, meint Lisa.

„Ja, gut, aber warum ist die Truhe plötzlich so leicht geworden?“, wundert sich Jonas.

„Klappe doch noch mal den Deckel zu, Lisa.“ Kaum ist der Deckel heruntergeklappt, ertönt wieder der Klang von vorhin, und – seltsam – die Truhe kann keinen Millimeter mehr weg bewegt werden.

Jonas nimmt den Schlüssel und steckt ihn wie Lisa in das Schloss, und wieder erklingt der Ton und der Deckel öffnet sich ganz von selbst. Ganz leicht lässt sich die Truhe jetzt bewegen, hochheben und herumtragen.

„Es muss mit dem Schlüssel zusammenhängen, wenn sie offen ist, dann ist sie ganz leicht, und wenn sie verschlossen ist, so unendlich schwer.“

Jonas stellt die Truhe auf dem Gartentisch ab und schaut hinein:

„Da liegen ein paar dreieckige, hellblau leuchtende Blätter aus Aluminium oder so was Ähnlichem drinnen. Soll ich eins raus holen?“

„Ja, aber sei vorsichtig, man weiß ja nie, was uns hier sonst noch für Überraschungen erwarten“, antwortet Lisa etwas ängstlich.

Jonas fasst in die Truhe und ist sehr erstaunt, dass sich eines der Blätter sofort in seine Hand schiebt, er muss gar nicht danach greifen.

„Seltsam, es ist nicht aus Papier und auch nicht aus Alu, ein wenig dicker und schwerer als Papier fühlt es sich an.“

Als Jonas das Stück ganz aus der Truhe emporhebt, da wäre es ihm fast aus der Hand gefallen. Denn plötzlich entfaltet sich das Dreieck von der Mitte her nach allen Seiten und es entsteht ein sechseckiges Blatt.

Lisa drängt sich heran und fordert: „Leg es doch auf den Tisch, damit wir sehen können was es darstellt.“

Jonas legt das papierähnliche Blatt vorsichtig auf den Tisch und beide Kinder starren gespannt darauf. Das Blatt ist mit Linien und Symbolen bedeckt, es erinnert entfernt an eine Landkarte.

„Holen wir doch auch die anderen Stücke aus der Truhe, vielleicht verstehen wir dann das Ganze“, meint Lisa und greift hinein.

Noch zwei weitere Dreiecke kann sie mit den Händen greifen – besser gesagt, sie schweben in ihre geöffneten Finger, und entfalten sich auf gleiche Weise, so dass schließlich drei sechseckige Blätter auf dem Tisch Platz finden.

„Jetzt ist die Truhe aber leer“, stellt Jonas fest, nachdem er nochmal gründlich nachgeschaut und mit der Hand den Boden der Truhe abgetastet hat.

„Was haben wir also gefunden?“

Doch bevor Lisa antworten kann, meldet sich ihr Handy mit einem melodischen Klingelton.

4 Der Unfall

Nachdem die Einkäufe erledigt sind, parkt Mark Laurin das Auto in einer Seitengasse nahe der Universität und sagt zu Mira: „Gut, dann wollen wir doch mal zu meinem Vater schauen, gehen wir rauf zu dem alten Bücherwurm!“

Sie schlendern eingehakt die paar Schritte von ihrem Parkplatz zu einem stattlichen Haus, vor dessen mit eigenwilligen Mustern verzierter Haustüre sie das Klingelschild finden: Prof. Dr. Dr. Hieronymus Laurin, und Mark drückt den Klingelknopf. Irgendwo im Haus ertönt der Gong, aber sonst bleibt alles still.

Hier in dieser ruhigen Wohngegend, fernab vom geschäftigen Lärm der Hauptstraße kann man jedes Geräusch deutlich vernehmen.

„Es rührt sich nichts, versuch es doch nochmal!“, fordert Mira. Aber auch nach erneutem, längeren Klingeln zeigt sich keine Reaktion im Haus.

„Seltsam, Vater weiß doch, dass wir ihn heute besuchen wollen, er ist doch sicher nicht aus dem Haus gegangen. Wo er nur steckt?“

Marks Stimme klingt etwas besorgt und unschlüssig tritt er von einem Bein auf das andere.

„Ob er nicht zu Hause ist? Sollen wir ihm eine Nachricht in den Briefkasten legen?“

Sein Blick richtet sich auf den Briefkasten von Professor Laurin und er muss feststellen, dass er von Zeitungen, Werbeprospekten und Briefen überquillt.

„Sieh mal, der Kasten ist schon länger nicht mehr geleert worden, das ist aber seltsam.“

Miras Stimme hat einen ängstlich beunruhigten Ton, als sie sagt: „Hier stimmt etwas nicht, wir müssen den Notdienst, die Feuerwehr und die Polizei verständigen. Vielleicht ist Papa etwas zugestoßen und er braucht unsere Hilfe.“

Auch Mark ist nun besorgt und er zieht sein Handy heraus, um seinen Vater anzurufen. Aber es meldet sich nur der Anrufbeantworter, nicht aber sein Vater.

„Ich verständige lieber mal die Polizei“, meint Mark und dann warten sie auf das Eintreffen eines Streifenwagens.

Nach zehn Minuten kommen zwei Polizeibeamte, lassen sich nochmal die Situation schildern und der jüngere sagt: „Ich habe einige Schlüssel dabei, und ich habe einen Kurs zum Öffnen von Haus- und Wohnungstüren mitgemacht, ich glaube, die Situation rechtfertigt ein Eindringen in das Haus.“

Er versucht verschiedene Schlüssel und Dietriche, mit dem letzten hat er Erfolg und mit einem Knarren schwingt die Türe auf.

„Na also, dann wollen wir mal nachschauen, kommen Sie doch bitte gleich mit!“

Zu viert gehen sie nun in das Haus, zuerst im Erdgeschoss in Küche, Salon, Toilette, dabei laut rufend:

„Papa, bist du hier?“

Aber keine Antwort ist zu hören, so dass sie nun die Treppe in den ersten Stock hoch eilen. Hier sind ein Wohnzimmer, das Schlafzimmer und ein geräumiges Bad untergebracht. Schnell haben sie die Räume abgesucht, ohne Erfolg.

„Papa, wir sind hier, wo bist du?“, ruft Mira erneut, und kurz darauf ist ein leises Stöhnen zu vernehmen.

„Es kommt von oben, vom Dachboden oder vom Turmzimmer!“, raunt Mark.

Mit langen Sätzen stürmt er ins oberste Stockwerk, wo ein weiteres Bad und ein gemütliches Gästezimmer eingerichtet sind. Nichts! Keine Spur von Großvater. Die Tür zum Turmzimmer ist nur angelehnt, und jetzt ist erneut ein deutlich vernehmbarer Laut zu hören, aus dem Turmzimmer!

Sie stürmen in das Heiligtum des Professors, sein Turmzimmer. Es ist geräumiger als es von außen erscheint, es ist als Bibliothek und Studierzimmer eingerichtet. Das Besondere daran ist die kleine Sternwarte, die mit einem – für Amateure beachtlich großen – leistungsfähigen Teleskop ausgestattet ist. Das Fernrohr ist zum Himmel gerichtet, auf das offene, bewegliche Dach weisend. Und davor liegt der Professor, auf dem Boden neben dem Hocker, und er bewegt sich nur mühsam und stöhnt leise.

Mira stürzt zu ihm, nimmt seine Hand und versucht seinen Kopf empor zu heben, der am Boden liegt.

Langsam schlägt Großvater die Augen auf, seufzt und versucht zu sprechen.

„Holt Wasser, und ruft einen ärztlichen Notdienst“, stößt Mark hervor, nachdem er den riesigen Bluterguss am Kopf seines Vaters entdeckt hat.

„Er hat offensichtlich einen Schwächeanfall beim Blick durchs Teleskop erlitten, ist zu Boden gestürzt und hat sich an irgend etwas am Kopf verletzt.“

Einer der Polizisten telefoniert bereits, und nach etwa 10 Minuten kommt mit Sirenengeheul und Blaulicht ein Notarztwagen vorgefahren und drei Männer, ein Arzt und zwei Sanitäter mit Trage eilen die Treppen empor.

„Gut … dass … ihr … gekommen … seid“, bringt Großvater mühsam hervor, nachdem er einen Schluck Wasser getrunken hat, und vom Arzt gründlich untersucht worden ist.

„Ich kann mich an gar nichts mehr erinnern, nur dass ich die Nachricht von dem neu entdeckten und bei uns sichtbaren Kometen gleich selbst überprüfen will und am Abend mit dem Teleskop nach ihm gesucht habe …“

Mark unterbricht ihn: „Das ist vor drei Tagen gewesen, ich habe die Meldung auch im Radio gehört, das heißt also, dass du jetzt schon fast drei Tage hier liegst, du Armer, was wäre gewesen, wenn wir nicht gekommen wären?“

Die Frage bleibt unbeantwortet, denn nun meldet sich der Arzt zu Wort:

„Herr Professor, Sie kommen ein paar Tage ins Krankenhaus. Wie ich nach einer ersten Untersuchung feststellen konnte, haben sie sich nichts gebrochen. Aber nach so einem Sturz müssen wir die Folgen abklären und außerdem sind Sie vollkommen entkräftet. Also los, packt ihn auf die Trage! Aber vorsichtig, damit ihr nicht die Treppen hinunter fallt!“, ordnet er an.

Die beiden Sanitäter heben Großvater – noch ehe er protestieren kann – auf die Trage, schnallen ihn dort fest und bugsieren ihn so die Stockwerke hinunter zu dem mit blinkenden Lichtern wartenden Krankenwagen.

„Wir fahren ins Zentral-Krankenhaus, es wäre gut, wenn Sie ein paar Sachen zusammen packen und auch dorthin kommen“, wendet der Arzt sich an Mira und Mark. Dann steigt er eilends in den Krankenwagen, der mit Sirenengeheul davon saust.