Das Geheimnis von Schloss Auersbach - Heike Scholze - E-Book

Das Geheimnis von Schloss Auersbach E-Book

Heike Scholze

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Beschreibung

Das Geheimnis von Schloss Auersbach ist ein Kriminalroman für Jugendliche ab 12 Jahren und für jung gebliebene Erwachsene. Zwei Mädchen und zwei Jungs schlittern in ihren Ferien in ein Abenteuer. Die Rätsel, die sie gestellt bekommen, sind nicht immer einfach. Alle versuchen ihr Bestes. Können sie am Ende das Geheimnis des Wilhelm von Auersbach, der ihnen immer mehr ans Herz wächst, lösen und einen Schatz heben?

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Seitenzahl: 294

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Kapitel 1 - Ferienbeginn

Kapitel 2 - Die Geschichte der Monstranz

Kapitel 3 - Kolumba

Kapitel 4 - Das Schloss zu Auersbach

Kapitel 5 - Der Schlüssel

Kapitel 6 - Zahlen über Zahlen

Kapitel 7 - Das Geheimnis im Flur

Kapitel 8 - Hilfe, ein Rätsel

Kapitel 9 - Gefährliche Stunden

Kapitel 10 - Verwirrung

Kapitel 11 - Das Labyrinth

Kapitel 12 - Die Falle

Kapitel 13 - Ausgrabung

Kapitel 14 - Ende gut, alles gut

Kapitel 1 - Ferienbeginn

Ferien, endlich… Sophie hätte jubeln können vor Freude. Die letzten Wochen waren anstrengend, doch das spiegelte ihr Zeugnis leider nicht wieder. Gerade mal so versetzt, hatte der Klassenlehrer kopfschüttelnd gesagt und sie dabei durchdringend angesehen. Doch nichts konnte Sophie heute schocken, denn sechs Wochen Sommerferien lagen vor ihr, Schwimmbad, Treffen mit der Clique, Feiern gehen, sie würde es sich schon nett machen. Mit Grauen dachte sie an die vergangene Zeit und hätte nicht gedacht, dass sie es noch schaffen würde. Nach Schulschluss lief sie fröhlich lachend mit ihrer Clique zum Bus. Ihre Freundin Julia und sie ergattern einen Sitzplatz, während sich der Bus schnell füllte. Alle hatten heute nach der dritten Stunde aus, so war das Gedrängel groß. Während der Bus von Haltestelle zu Haltestelle schaukelte, schmiedete sie mit Julia schon die ersten Pläne, was sie alles in der freien Zeit unternehmen wollten. Sie drückte Julia noch einmal, bevor diese ausstieg, vergaß nicht ein „bis morgen in der Eisdiele“ hinterherzurufen, dann ruckelte der Bus weiter. Ein paar Minuten später stand sie vor der Haustür und wunderte sich, warum diese nicht abgeschlossen war. Oben hörte sie ihre Mutter telefonieren. Eigentlich müsste ihre Mutter noch arbeiten, dachte Sophie, irgendwie seltsam, dass sie vor ihr zu Hause war. Sie legte die Schultasche in die Ecke und ging nach oben.

Ihre Mutter packte gerade ihren Koffer mit dem Telefonhörer ans Ohr geklemmt und schaute nur kurz auf. Das sah jetzt gar nicht nach gemütlichen Ferien zu Hause aus. Sophie ahnte nichts Gutes, als ihre Mutter das Gespräch beendete und zu erzählen begann. Ein Kollege war erkrankt und so sollte sie für ungefähr eine Woche nach Köln, um dort ein Bauprojekt zu betreuen.

„Ja aber“, war alles, was Sophie sagen konnte, während vor ihrem geistigen Auge der Ferienanfang zu zerplatzen drohte wie Seifenblasen. Das war ja mal wieder total ungerecht, dachte Sophie, während ihre Mutter ihr einen Vortrag über die Stadt und deren Vorzüge hielt.

Sophie verzog noch weiter das Gesicht als ihr einfiel, dass aus ihren Unternehmungen mit Julia und der Clique zunächst nichts werden würde.

Ihre Mutter schien die Gedanken zu erraten und redete weiter auf sie ein während Sophie ihrerseits versuchte, sie zu überzeugen, sie doch alleine zu Hause zu lassen. Davon wollte ihre Mutter natürlich nichts wissen. Immerhin war sie erst sechzehn, alleine zu Hause bleiben war also nicht.

„Geh packen Sophie!“, meinte ihre Mutter, „Wir müssen morgen früh sehr zeitig los.“

Sophie ging in ihr Zimmer, nicht ohne vorher der Schlafzimmertür einen kräftigen Schwung zu geben, so dass diese ins Türschloss flog. Genervt kam ihre Mutter hinterher.

„Was ist los, Sophie? Ich kann verstehen, dass du dir die Ferien anders vorgestellt hast, aber ich muss an meinen Job denken und bin froh, wenn ich mich weiter in meinem Beruf etablieren kann. So einfach und selbstverständlich ist das nicht als Architektin. Du weißt selbst, wie schwer ich es bisher hatte.“

„Ich würde so gerne hier bleiben, Mama“, versuchte sie ein letztes Mal, ihre Mutter umzustimmen. „Julia könnte doch zu mir ziehen und wir würden uns auch oft bei dir melden.“

Schon während Sophie diese Worte sagte, spürte sie, dass sie das besser nicht erwähnt hätte. Ihre Mutter war auf Julia nicht gut zu sprechen, war sie doch mit Schuld an Sophies schulischen Leistungen.

Sophie ging mürrisch in ihr Zimmer, um ihre Sachen zusammen zu packen, dabei hing sie ihren Gedanken nach. Sie konnte ihre Mutter schon verstehen, die letzten Wochen waren einfach chaotisch gewesen. Genau konnte sie es eigentlich gar nicht mehr sagen, aber vermutlich, als der neue Lehrer ihre Klasse übernommen hatte, hatte es angefangen. Er war sehr streng, kontrollierte jeden Tag die Hausaufgaben und vergab gerne Strafarbeiten. Den Stoff behandelte er zügig, so dass kaum noch jemand mitkam. Irgendwann hatte Sophie resigniert, so wie viele Mitschüler auch und ab einem gewissen Zeitpunkt ging es nach unten. Dazu kam, dass ihr Hobby viel Zeit in Anspruch nahm. Sie tanzte in einer Tanzgruppe, die an Fasching und zu anderen Feierlichkeiten auftrat. Die Proben verschlangen schon einen großen Teil ihrer Freizeit. Ihre Freundin Julia hatte sie zu allem Überfluss auch noch oft von den Hausaufgaben abgehalten. Julia konnte sich den durchgenommenen Stoff aus dem Unterricht schon immer gut merken. Sie brauchte zu Hause nur wenig nachbereiten und schrieb trotzdem gute Noten. Sophie musste sich alles immer hart erarbeiten und so war es kein Wunder, dass ihre Noten den Bach hinunter gingen. Der blaue Brief hatte alle wach gerüttelt. Sie bekam sofort Nachhilfe, ihre Mutter nahm sich Zeit, um mit ihr abends zu lernen und sie selbst büffelte, was das Zeug hielt. Es grenzte fast an ein Wunder, aber sie wurde versetzt. Das hieß aber auch, dass sie in den Ferien einiges aufarbeiten musste, um fit für das nächste Schuljahr zu werden. Das war kein schöner Gedanke.

Sie schaute sich noch mal im Zimmer um. Hatte sie alles, was sie brauchte? Gerade als sie den Koffer nach unten tragen wollte, rief ihre Mutter nach ihr. Sophie betrat das Schlafzimmer.

„Ich habe es mir noch mal überlegt“, meinte ihre Mutter seufzend. „Vielleicht ist es keine schlechte Idee, wenn du jemanden mit nach Köln nimmst. Dann bist du nicht so alleine, denn den ganzen Tag wirst du sicher nicht lernen.“

Sophie jubelte innerlich und sagte „Ich könnte Julia fragen, ob sie Zeit hat. Bitte Mama“, bettelte sie und wunderte sich selbst, dass ihre Mutter den Widerstand aufgab. Vielleicht hatte sie ein schlechtes Gewissen, auf jeden Fall durfte Julia mit. Sofort griff Sophie zum Telefon, um Julia die freudige Botschaft mitzuteilen und alles Weitere zu besprechen. Nun konnten die Ferien beginnen.

Am nächsten Tag ging es zeitig los. Zunächst hatten sie Julia abgeholt und die beiden Mädchen machten es sich auf dem Rücksitz bequem. Hier konnten sie ungestört besprechen, was sie alles unternehmen wollten. Köln bot herrliche Möglichkeiten, schwärmte Julia und steckte Sophie mit ihrer guten Laune an. Die Fahrt verging im Fluge und als sie im Hotel ankamen erfuhren sie, dass die Firma für ihre Mutter und die Tochter zwei getrennte Zimmer gebucht hatte. Sophie und Julia waren ganz sprachlos über so viel Freiheit und begannen sofort, ihre Koffer in ihrem eigenen Zimmer auszupacken. Sophies Mutter kam nur schnell vorbei um ihnen mitzuteilen, dass sie sofort mit ihrer Arbeit beginnen müsste und nicht vor dem Abendessen zurück wäre. Wenn etwas wäre, sollten sich die Mädchen auf ihrem Handy melden.

„Was machen wir zuerst?“, wollte Julia wissen, nachdem die Kleidung halbwegs im Schrank und auf dem Bett verteilt war.

„Schwimmen?“

„Eine gute Idee und dabei schmieden wir Pläne, was wir alles unternehmen wollen. Hier gibt es einiges zu sehen. Lass uns noch schnell aufräumen, Ärger mit deiner Mutter wollen wir nicht bekommen.“

Die Mädchen holten ihre Schwimmsachen aus dem Schrank, schlossen die Tür und gingen zum Fahrstuhl. Im Schwimmbadbereich angekommen zogen sie sich um und bespritzten sich schon während des Duschens gegenseitig mit Wasser. Sie waren guter Laune und stellten fest, dass nicht viele Leute um diese Uhrzeit dem Wasserspaß frönten.

„Los!“, rief Sophie, „Wer zuerst im Wasser ist“. Fast gleichzeitig standen sie am Beckenrand und Julia berührte das Wasser zu erst.

„Muss das sein?“, ein älterer Herr zog seine Runden und fühlte sich durch die laute Ankunft der Mädchen gestört.

„Komm!“, meinte Julia, „Lass uns da hinten in die Ecke schwimmen, da sind wir hoffentlich ungestört.“

Während sie quer ans andere Ende des Schwimmbeckens schwammen, sahen sie eine ältere Dame, die in ein Buch vertieft war, im Liegestuhl sitzen. Hinten in der Ecke hatten eine Frau und ein Mann an einem Tisch Platz genommen. Er redete wild gestikulierend auf sie ein. Obwohl sie hier in einer Schwimmhalle waren, hatte er nur die Schuhe und Strümpfe ausgezogen. Ansonsten war er vollständig bekleidet. Auf dem Kopf trug er eine seltsame Kappe, die an eine Baskenmütze erinnerte. Von Weitem sah es so aus, als versuchte die Frau, ihn immer wieder zu beschwichtigen, aber er wollte sich nicht beruhigen. Auch sie hatte keine Badesachen an, war aber in kurzer Hose und T-Shirt irgendwie angemessener gekleidet. Als Sophie in ihre Nähe kam, konnte sie ein paar Wortfetzen aufschnappen: „Heute Abend, keine Angst, Pistole geladen“ – ihr Kopf drehte sich ruckartig zu dem Pärchen. Sofort sprachen diese leiser miteinander, als sie merkten, dass Sophie interessiert zuhörte.

„Was trödelst du denn so?“, Julia hatte es sich in einer Ecke des Schwimmbades bequem gemacht und spielte mit den Füßen an der Wasseroberfläche.

„Ich bin mir nicht sicher“, meinte Sophie, „aber das Pärchen da hinten, irgendwie – ach ich weiß nicht.“

„Also, was wollen wir heute noch unternehmen?“, fragte Julia, „Ich könnte mir vorstellen, wir nehmen nachher die U-Bahn und fahren zum Museum. Ich möchte mir dort unbedingt die Ausstellung ansehen, wenn wir schon mal hier sind.“

Sonderlich begeistert war Sophie darüber nicht, sie war nicht unbedingt für alte Ausgrabungen zu haben. Aber sie wollte auch keine Spielverderberin sein und ein bisschen Bildung konnte vermutlich nicht schaden. Außerdem würde das ihrer Mutter gefallen und sie könnte Pluspunkte sammeln. Man konnte ja nie wissen, wofür man die mal brauchte.

„Aber anschließend gehen wir Eis essen, das ist ja wohl klar!“, meinte Sophie.

„Heute Abend will Deine Mutter bestimmt auch noch ein bisschen unsere Gesellschaft genießen“, lachte Julia. „Wer zuerst auf der anderen Seite ist“ rief sie und schwamm los.

Sophies lautes „Moment mal…“ hörte sie schon nicht mehr. So verbrachten sie eine ganze Weile mit Wettschwimmen und faul im Wasser abhängen, bis Julia auf die Uhr schaute.

„Wenn wir noch was vom Tag haben wollen.“, ermahnte sie Sophie, lies aber offen, was sie sich weiter darunter vorstellte. Die Mädchen stiegen aus dem Wasser und gingen zu ihren Handtüchern. Das Pärchen war verschwunden, der ältere Herr hatte sich zu seiner Frau gesetzt, die beiden waren angeregt in ein Gespräch vertieft. Unter der Dusche dachte Sophie, wie schön es war, dass sie Julia mitnehmen durfte und sie fand es gar nicht mehr so schlimm, dass ihre Mutter beruflich nach Köln musste. Julias Mutter hatte sich sehr für ihre Tochter gefreut und sofort zugestimmt. Sie selbst hätte diese Ferien kaum Zeit für Julia gehabt und so war es bestimmt eine nette Abwechslung.

Nachdem sie sich die Haare trocken geföhnt hatten, warteten sie auf den Fahrstuhl. Sie wollten gerade einsteigen, da rief von hinten eine Stimme: „Stopp! Wartet auf mich.“

Sophie drehte sich um und sah einen Jungen, ungefähr in ihrem Alter, der einen Wagen mit Utensilien zum Putzen vor sich herschob.

„Vielen Dank, dass ihr mich mitnehmt“, meinte er und drückte den Knopf für das Erdgeschoss. „Der Fahrstuhl braucht so ewig, bis er kommt, da muss man jede Gelegenheit nutzen, um mitzufahren.“

Sophie schaute ihn von der Seite an. Braunes Haar, größer wie sie, durchtrainierte Figur.

„Macht ihr hier Urlaub?“ wollte er wissen. „Blöde Frage, ich weiß“ und schaute Sophie verschmitzt an.

„Wie man es nimmt“, entgegnete Julia, hatte aber wenig Lust, ihm weitere Einzelheiten zu erzählen. Sie fand, das ginge ihn gar nichts an.

„Meine Mutter“, setzte Sophie gerade an, da hielt der Fahrstuhl im Erdgeschoss, er musste aussteigen.

„Viel Spaß noch“, wünschte er ihnen und rollte mit seinem Wagen davon.

Die Fahrstuhltür schloss sich. Im ersten Stock hielt der Fahrstuhl wieder und das Pärchen aus dem Schwimmbad stieg ein. Stumm starrten alle auf den Boden. Im dritten Stock stieg das Pärchen aus. Schade, dass wir nicht hinterherschleichen können, dachte sich Sophie noch, da schloss sich die Fahrstuhltür. Julia bemerkte gerade noch, dass die Beiden etwas verloren hatten. Sie schubste Sophie an, die den Zettel auf dem Boden liegen sah. Aber es half nichts, die Tür ging nicht mehr auf und sie mussten zunächst in den fünften Stock fahren, der Tür zuschauen, wie sie sich öffnete und wieder schloss, um dann wieder in den dritten Stock zu gelangen. Die Fahrstuhlfahrt kam ihnen endlos lange vor und als sie aussteigen wollten wären sie beinahe mit dem Jungen von eben zusammen gestoßen.

„Was machst du denn hier?“, fragte Sophie ungeduldig. „Gerade bist du im Erdgeschoss ausgestiegen.“

„Ich habe hier etwas aus der Besenkammer holen müssen“, meinte er, erstaunt über die Frage. „Wollt ihr hier aussteigen?“, erinnerte er sie an ihr Vorhaben und so stolperten die Mädchen aus dem Fahrstuhl heraus. Langsam gingen sie den Gang hinunter und warteten, bis sich die Fahrstuhltür sicher geschlossen hatte. Sie schauten sich um und hoben unbeobachtet den Zettel auf. Schnell steckte ihn Julia in ihre Hosentasche, sie schlenderten zurück zum Fahrstuhl und fuhren nach oben. In ihrem Zimmer angekommen entfalteten sie den Zettel und konnten damit absolut nichts anfangen:

„Ging ich einen Schatz… . Meine… du haben

Schriebe ich hin mit eignem Blut

Und so zog ich Kreis´ um Kreise,…

Stellte wunderbare

Kraut und Knochenwerk zusammen“.

„Was soll denn das sein?“, Julia las den Zettel nun schon zum dritten Mal.

„Klingt irgendwie schaurig und auch alt. Vielleicht aus alter Zeit überliefert?“, Sophie drehte den Zettel herum, aber da stand leider nichts weiter darauf. Auch das Papier war nicht sonderlich alt. Vielleicht gehört der Zettel gar nicht dem Pärchen, dachte Sophie und sie hatten ihn nur gelesen und dann achtlos weggeworfen. Nun erzählte sie Julia doch von den Beiden im Schwimmbad und von den Wortfetzen, die sie aufgeschnappt hatte.

„Wir sollten dem Pärchen den Zettel bringen und an ihrer Reaktion sehen, ob sie den Zettel wirklich vermissen“, meinte Julia, zückte ihr Handy und machte ein Foto vom Text. Für alle Fälle meinte sie.

„Vielleicht treffen wir die Beiden morgen früh beim Frühstück, dann können wir sie fragen, ob sie den Zettel vermissen“, meinte Sophie.

„Das ist eine gute Idee“, sagte Julia.

Sie zogen sich um, packten ihre Taschen und zogen los. Sie fuhren mit der U-Bahn zur Haltestelle Dom und stiegen aus. Der Dom war schon ein imposantes Gebäude und so machten sie erst ein paar Fotos bevor sie die Kirche betraten. Auch im Inneren des Domes konnte man die Geschichte förmlich spüren. Julia hatte sich vorher erkundigt und ging zielstrebig auf den Eingang zur Domschatzkammer zu. Die Mädchen hatten sich geeinigt, dass sie erst die Domschätze anschauen wollten und dann, wenn noch Zeit blieb, die Ausgrabungen besichtigen wollten. An der Kasse kauften sie ihre Eintrittskarten und schlossen an der Garderobe ihre Taschen ein. Im Inneren des Museums war es recht dunkel, die Exponate aber gut beleuchtet. Die beiden Mädchen schlenderten durch die Gewölbe und schauten sich die glitzernden und funkelnden Gegenstände an. Vor der Prunkmonstranz verweilten sie etwas länger. Julia bekam ganz glitzernde Augen, denn dieses Ausstellungsstück hatte es ihr besonders angetan. Gerade hatten sie in Religion die Bedeutung der Monstranz durchgenommen und diese hier war ein besonders schönes Stück. Sophie, die für solche Sachen nicht ganz so viel übrig hatte, zog sie ungeduldig weiter. Julia wehrte sich und so kamen die beiden Mädchen überein, jede für sich die Räume weiter zu erkunden. Julia blieb zurück, während Sophie in den nächsten Raum schlenderte. Plötzlich blieb sie ruckartig stehen. Waren das nicht die Beiden, die in ihrem Hotel wohnten? Sie versuchte näher an sie heranzukommen, ohne dass das Pärchen etwas bemerkte. Zum Glück war es nicht so hell und gut besucht war die Ausstellung außerdem, so konnte sich Sophie zwischen den einzelnen Ausstellungsbesuchern ganz gut verstecken. War das nun Zufall oder planten die Beiden etwas? Sophie kam der Zettel ins Gedächtnis und sie holte ihr Handy hervor. Julia hatte ihr das Foto in der Zwischenzeit geschickt und sie las noch einmal die Worte, die darauf standen: „Ging ich einen Schatz…“ Was wäre, wenn das Pärchen einen Einbruch in die Domschatzkammer plante? Sophies Phantasie ging mit ihr durch, doch rasch verwarf sie den Gedanken wieder. So wie die Schatzkammer gesichert war, war das bestimmt eine Nummer zu groß für das Pärchen. Langsam und in gesichertem Abstand folgte Sophie den Beiden. Das entpuppte sich aber als ein sehr langweiliges Unterfangen, so wie es aussah, waren die Beiden wirklich nur als Museumsbesucher da. Ich sollte mir wirklich mehr die Ausstellungsstücke ansehen, mahnte sich Sophie, sonst schimpft Julia nachher, dass ich so gar nichts davon gesehen habe. Und für den Religionsunterricht wäre es sicher hilfreich, solche Gegenstände schon mal live gesehen zu haben. Sie gab also ihre Verfolgung auf und widmete sich wieder den Ausstellungsstücken. Gerade als sie vor einem besonders schönen Stück, einem Epitaph, stand, wurde sie von hinten berührt. Erschrocken fuhr sie herum, Julia hatte sie zwischenzeitlich eingeholt und knuffte sie in die Seite.

„Ich dachte, ich würde dich erst am Ausgang wiedertreffen“, lachte sie.

„Wer glaubst du, ist auch hier?“, fragte Sophie.

„Keine Ahnung, der Papst?“, kicherte Julia weiter.

„Nein, das Pärchen aus unserem Hotel“, schilderte Sophie Julia ihre Begegnung mit den Beiden.

„Schon komisch, dass wir die Beiden ausgerechnet hier wieder treffen“, meinte auch Julia.

Während Sophie ihre Freundin noch auf den Zettel und den ersten Satz darauf mit dem Schatz hinwies und ihr erklärte, dass das Pärchen bestimmt einen Coup in die Domschatzkammer plante, schlenderten sie weiter.

„Hast Du die tolle Prunkmonstranz in der Schatzkammer gesehen?“ wollte Julia wissen. Sophie überlegte rasch und meinte dann „Ja, ja…“.

„Du hast sie also nicht gesehen“, Julias Stimme klang vorwurfsvoll. „Die hat vielleicht einen Wert. Hast Du die vielen Edelsteine gesehen?“

Sophie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. „Da stand so viel Zeug rum“ versuchte sie sich herauszureden und ihre Freundin rollte nur mit den Augen.

Sie schlenderten weiter durch die Ausstellung. Im zweiten Untergeschoss hingen vorwiegend alte Kirchengewänder und Teppiche, die die beiden Mädchen nicht sonderlich interessierten. Sie begannen etwas schneller durch die Ausstellung zu gehen. Als sie in Richtung des Fahrstuhls gingen, um mit ihm wieder nach oben zu fahren, kam ihnen das Pärchen aus dem Hotel entgegen. Sie hatte einen großen Zettel in der Hand und Sophie versuchte, einen Blick darauf zu erhaschen. Das gelang ihr aber nicht. Er redete wild aber leise auf sie ein und so konnten die Mädchen wieder nur unbedeutende Wortfetzen verstehen.

„Komm!“, drängte Julia Sophie in den Fahrstuhl. „Ich zeige dir die herrliche Monstranz noch einmal, die musst du gesehen haben, diese Edelsteine“ schwärmte sie.

Zwischenzeitlich war es im Museum noch etwas voller geworden und sie schoben sich vorsichtig an den Besuchern vorbei, bis sie in der Schatzkammer vor der Monstranz standen. Julias Augen glitzerten vor Freude und Sophie erkannte, dass sie dieses Stück vorhin bereits gesehen hatte. Julia störte das nicht im Geringsten und sie hielt Sophie einen Vortrag über den Wert der vielen Edelsteine. Sophie hörte nicht richtig zu, horchte dann aber doch auf, als Julia von einem Schatz und einer alten Geschichte erzählte.

„Diese Monstranz wurde im 17. Jahrhundert von einem Goldschmied in Köln erschaffen. Er hatte die Steine von einem hohen Kirchenfürsten erhalten und sollte sie in diese Monstranz einfügen. Woher der Kirchenfürst die vielen Steine hatte, blieb schon damals ein Rätsel. Man vermutete, dass er sie auf nicht ganz legalem Wege beschafft hatte. Die Monstranz stand zunächst in einer anderen Kirche bis sie erst verschollen und dann auf mysteriösen Wegen in den Kölner Dom gelangte. Die Legende besagte, dass sie zusammen mit einem anderen erschaffenen Kunststück des Künstlers zusammengebracht werden muss und dann einen Schatz freigeben würde, sobald sich die Stücke vereinen. Weder der Ort noch das andere Stück konnten jedoch jemals ausfindig gemacht werden. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Geschichte immer dürftiger und kaum einer glaubte noch an sie.“

„Woher kennst du die Geschichte?“ fragte Sophie staunend, während Julia die Augen rollte.

„Man braucht sich über deine Leistungen in der Schule eigentlich nicht wirklich zu wundern“, Julias Stimme klang etwas giftiger als sie das wollte.

„Wenn du dich erinnerst hat uns unser Religionslehrer vor ein paar Wochen diese Geschichte erzählt, als wir über die katholische Kirche und ihre Reichtümer sprachen.“ Er hatte sie nur beiläufig erwähnt und doch stand diese Geschichte für viele Exponate aus vergangenen Jahrhunderten. Oft wollten die Künstler ihre Arbeiten damit interessanter machen, trotzdem konnte man nie sicher sein, ob an diesen alten Geschichten nicht doch etwas dran war. Sophie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern.

„Ich muss mal“, jammerte sie und Julia schaute sich um.

„Komm, Toiletten waren am Eingang“, tröstete sie Julia.

Die Mädchen schoben sich an den Besuchern vorbei und gingen die große Treppe nach oben. Sophie huschte hinein, Julia blieb vor der Tür stehen. Zum Glück war hier nicht so viel los und so konnte Sophie gleich in eine Kabine verschwinden. Nebenan telefonierte eine Frau. Was für ein ungewöhnlicher Ort für ein Telefongespräch dachte Sophie und hörte unfreiwillig zu, was die Frau mit dem Anrufer zu besprechen hatte. Gerade als sie sich die Hände abtrocknete kam die Frau aus ihrer Toilettenkabine. Sophie zuckte zusammen. Es handelte sich um die Dame aus dem Hotel. Die Frau schien von Sophie keine Notiz zu nehmen legte ihre Handtasche und den großen Zettel ab und begann sich die Hände zu waschen. Nun konnte Sophie einen Blick auf das Blatt werfen. Sie erschrak. Es handelte sich um einen Lageplan des Museums. Kein Plan, den man von der Museumsleitung erhält, um sich in den Räumen und seinen Exponaten zu recht zu finden. Nein. Ein mit Hand gezeichneter Plan, der wie ein Bauplan aussah. Sophie starrte auf das Papier. Nun merkte auch die Frau, dass Sophie den Plan wie gebannt betrachtete und faltete diesen rasch zusammen. Mit großen Schritten verließ sie den Raum. Schnell ging auch Sophie hinaus und suchte Julia. Sie zog sie in eine ruhige Ecke und fing atemlos an, Julia von dem belauschten Telefongespräch und dem Lageplan zu erzählen.

„Zunächst sprachen sie nur belangloses, übers Wetter, die Stadt, wie man als Tourist eben erzählt“, begann Sophie. „Dann aber wurde ihre Stimme leiser und sie erzählte, dass sie die Sache gefunden hätte. Das Wort Steine hätte sie dann in den Telefonhörer geflüstert. Die Stimme wurde wieder lauter und sie erzählte von einem tollen Ausflug, den sie in den vergangenen Tagen unternommen hatten. Auch dort hätte es ähnliche Exponate gegeben.“

„Ja und?“, Julia konnte der Sache nicht so ganz folgen. „Was ist so ungewöhnlich an diesem Gespräch?“

„Denk doch mal nach“, Sophie verstand gar nicht, dass die Freundin ihr nicht folgen wollte. „Der Bauplan, die Wortfetzen im Schwimmbad, der Zettel, das belauschte Gespräch in der Toilette…, irgendetwas stimmt doch da nicht oder?“

Julia konnte sich zwar keinen Reim darauf machen aber so richtig mysteriös fand sie die Story nun auch wieder nicht. Auf der anderen Seite, etwas komisch war es schon. Aber was sollten die beiden Mädchen schon unternehmen?

„Lass uns ins Hotel fahren und ein bisschen im Internet recherchieren, vielleicht finden wir etwas heraus“, meinte sie.

Es dauerte eine ganze Weile, bis sie wieder im Hotel waren. Zunächst war ihnen eingefallen, dass sie sich am praktischsten mit etwas Proviant ausstatten sollten, um den Nachmittag ungestört auf dem Hotelzimmer verbringen zu können. An der Rezeption angekommen, ließen sie sich das Passwort für den Internetzugang geben. Sophie konnte es kaum erwarten, bis sie auf dem Zimmer waren. Während Julia noch vor sich hin kaute, hatte sie bereits Zettel und Stift ausgepackt und begann ein Gedächtnisprotokoll zu erstellen.

„Was willst du denn damit?“, Julia schaute etwas irritiert auf ihre Freundin.

„Damit wir nichts vergessen, das macht man doch so“, entschuldigte sich Sophie.

Julia hatte sich in der Zwischenzeit den Computer geschnappt, den Sophies Mutter dagelassen hatte. Sie versuchte etwas über die Monstranz in Erfahrung zu bringen, aber leider gab das Internet kaum etwas her. Sie wurde von einem Christian Schweling erschaffen, der Goldschmied in Köln war. Verarbeitet wurden Bergkristalle, Edelsteine und Perlen. Außerdem wurde Gold und Silber verwendet. 1975 wurde sie bei einem Raub ziemlich zerstört und in den folgenden zehn Jahren aus den vorhandenen Teilen rekonstruiert. Das alles half nicht weiter. Kein Hinweis auf ein Geheimnis hinter der Monstranz. Enttäuscht legte Julia den Computer zur Seite. Einfach schade, dass das Internet nicht schon Jahrhunderte vorher erfunden worden war, es würde so manche Recherche vereinfachen.

Sophie brütete über ihrem Zettel, den sie in der Zwischenzeit in ein altes Schulheft übertragen hatte. Sie kaute auf ihrem Bleistift und dachte angestrengt nach.

„Komm!“, Julia kam aus dem Badezimmer und hatte ihren Badeanzug angelegt. „Lass uns ein bisschen schwimmen gehen. In meinem Kopf schwirrt es.“

Die beiden Mädchen verbrachten den Rest des Nachmittags im Schwimmbad. Danach gingen sie duschen und zogen sich an. Julia las und Sophie saß über ihren Büchern und versuchte Englischvokabeln in ihren Kopf zu bekommen.

Es klopfte an der Tür. Julia und Sophie erschraken, wer konnte das sein? Vorsichtig öffnete Sophie die Tür. Dort stand ihre Mutter mit einem eher vorwurfsvollen Blick.

„Ich dachte, wir hätten uns zum Abendessen verabredet und ich hoffte auch, ihr würdet unten auf mich warten“, ihre Stimme klang etwas genervt. „Stattdessen muss ich euch suchen und hier auf dem Zimmer habt ihr euch verkrochen. Auch das Handy habt ihr nicht gehört.“

Sie setzte sich auf das Bett und schaute auf Sophies Schulheft. Leider hatte Sophie das Heft offen liegen lassen als sie zur Tür ging, was sie jetzt natürlich bereute. Ihre Mutter las die Aufzeichnungen.

„Was soll denn das sein?“, sie schaute ihre Tochter erwartungsvoll an.

„Nichts“, das kam sehr gedehnt von Julia.

„Glaube ich euch nicht“, sie kannte ihre Tochter und auch wegen ihrer vorgefassten Meinung über Julia ließ sie das Gelesene aufhorchen.

„Was sind das für Stichpunkte? Pistole, Lageplan? Was sind das für Aufzeichnungen?“, langsam wurde sie ungeduldig.

„Mama“, kam es gedehnt aus Sophies Mund. „Julia und ich arbeiten gerade an einer Deutschaufgabe. Du weißt doch, ich bin so schlecht im Formulieren, Julia meinte, ich soll mal eine Kurzgeschichte schreiben, damit wir im Anschluss meine Formulierungen verbessern können und ich aus meinen Fehlern lernen kann. Immerhin muss ich mich nach den Ferien für meine Prüfungsfächer fürs Abitur entscheiden und um Deutsch kommt man nun mal nicht herum. Das hier sind meine Stichpunkte für meine Kurzgeschichte.“

Man konnte förmlich hören, wie Julia ausatmete doch tatsächlich, Sophies Mutter gab sich mit dieser Erzählung zufrieden. Während die Mädchen sich für das Abendessen umzogen berichteten sie Sophies Mutter, was sie heute alles unternommen hatten. Der Bericht stimmte Sophies Mutter versöhnlich und sie freute sich darüber, dass sie gleich am ersten Tag ein Museum besichtigt hatten, sie ahnte auch, wem sie das zu verdanken hatte. Ihre Tochter interessierte sich leider überhaupt nicht für solche Sachen, es war schon Julias Verdienst, dass sie heute im Museum waren.

Gemeinsam gingen sie zum Fahrstuhl und fuhren in die Hotelhalle. Von dort gingen sie in das Hotelrestaurant zum Abendessen. Der Ober wies ihnen einen Tisch ein bisschen Abseits im hinteren Teil des Restaurants zu und brachte die bestellten Getränke, während die Drei die Speisekarte studierten. Sophie fiel auf, welchen Hunger sie hatte. Sie hätte am liebsten zwei Gerichte bestellt. Julia hatte einen fürchterlichen Durst und trank ihre Limo in drei Zügen aus. Sophies Mutter schüttelte den Kopf.

„Was habt ihr heute Mittag gemacht? Die eine ist fast verdurstet, die andere verhungert. Kann man euch wirklich alleine lassen?“, fragte sie besorgt.

„Alles in Ordnung“, beschwichtigte Sophie ihre Mutter. „Wir kommen sehr gut alleine klar.“, und fügte entrüstet hinzu: „Wir sind doch keine Babys mehr.“

Das Abendessen verlief ohne weitere Störungen. Sophies Mutter berichtete von ihrer Arbeit und der Baustelle. Die Mädchen hörten aufmerksam zu, erwischten sich aber immer mal wieder, wie sie mit ihren Gedanken abschweiften. Sophie war während des Essens ein weiterer Gedanke gekommen, den sie dringend mit Julia besprechen wollte. Aber noch gab es keine Chance, das Abendessen frühzeitig zu beenden. Gerade war Sophies Mutter mit ihrem Bericht über ihren heutigen Tag beim Mittagessen mit den Kollegen angekommen als ein Mann mittleren Alters an ihren Tisch trat. Er stellte sich als Arbeitskollege von Sophies Mutter vor und bat diese zu einem kurzen Gespräch an seinen Tisch. Die Mädchen konnten sehen, dass am Tisch des Kollegen noch weitere Herren saßen, während Sophies Mutter sich zu ihnen setzte. Das war die Gelegenheit, Julia von ihrer Idee zu unterrichten.

„Hör mal…“, weiter kam Sophie nicht, denn Julia stupste sie unterm Tisch mit dem Fuß an. Sie schaute Julia an, die mit dem Kopf in Richtung des Tisches nickte, an dem Sophies Mutter saß.

„Ja und?“, Sophie konnte nicht erkennen, was Julia meinte.

„Schau doch!“, flüsterte Julia, „Unser Pärchen trifft sich mit einem anderen Mann. Der sieht vielleicht finster aus.“

Tatsächlich saß der Typ, der wieder eine Baskenmütze trug, mit der Dame und einem weiteren Mann gleich neben Sophies Mutter an einem Nebentisch.

„Viel zu weit weg, als das wir da etwas verstehen könnten“, meinte Sophie.

Sophie versuchte erneut, Julia von ihrem Einfall zu berichten aber Julia schaute gebannt in Richtung der drei Gestalten. Es schien, als würden sie sich über einen großen Plan beugen, der vor ihnen auf dem Tisch lag. Wenn man nur näher heran käme. Zu gerne hätte Julia einen Blick auf das Dokument geworfen.

„Sophie!“, sie drehte sich zu ihrer Freundin um, doch die hatte ihren Platz gerade verlassen, um in Richtung ihrer Mutter zu gehen. „Was hast du vor?“

„Abwarten“, grinste Sophie und ging zum Tisch ihrer Mutter. Sie sprach kurz mit ihr, gab ihr etwas in die Hand und schlenderte betont langsam zu Julia zurück.

„Und?“, Julia, rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her.

„Ich habe meiner Mutter Handy und Handtasche gebracht“, lächelte Sophie Julia an. „Außerdem habe ich ihr erklärt, dass wir mittlerweile fertig sind und unseren Nachtisch gerne auf dem Zimmer essen würden. Sie meinte, das ginge in Ordnung, wir sollten uns etwas bestellen und aufs Zimmer bringen lassen.“

„Ja und weiter?“, Julia konnte sich kaum beherrschen, „Konntest du sehen, was auf dem Tisch der Drei lag?“

Sophie musste grinsen, so ungeduldig hatte sie ihre Freundin selten gesehen.

„Hm.“, sie dehnte sich erst mal in aller Ruhe. „Auf ihrem Tisch lag der gezeichnete Lageplan, den ich heute Mittag schon einmal am Waschtisch gesehen habe. Außerdem hatte der finstere Kerl ein Bild der Monstranz in der Hand, unserer Monstranz, verstehst du?“, nun überschlug sich fast ihre Stimme.

Einen weiteren Zettel konnte Sophie nicht deuten, es war ein großes Blatt Papier auf dem ein Gedicht oder so etwas stand. Zumindest hatte man den Eindruck bei der Anordnung der Wörter auf dem Schreiben. Außerdem lagen dort Stifte und weiße Zettel, mehr konnte Sophie während des Vorbeigehens nicht erkennen.

Die Mädchen suchten sich einen leckeren Nachtisch aus der Speisekarte, den sie beim Kellner bestellten. Sie winkten Sophies Mutter noch einmal zu und gingen zum Fahrstuhl. Im Zimmer angekommen, holte Sophie ihr Schulheft hervor und sie begannen die weiteren Fakten einzutragen. Endlich konnte Sophie Julia auch berichten, was ihr noch eingefallen war.

„Wir könnten mal die Worte von unserem Zettel über das Internet laufen lassen, vielleicht finden wir etwas dazu.“ meinte sie.

Julia hatte sich sofort den Computer genommen und gab den ersten Textfetzen ein.

„Bingo“, jubelte sie, „ich habe etwas gefunden“ und sie drehte den Computer um, damit auch Sophie mitlesen konnte.

„Das ist aber ein komisches Gedicht. Und Goethe soll das geschrieben haben? Was soll uns das nun sagen?“, Sophie schaute Julia ratlos an.

„Na ja“, meinte Julia. „So recht schlau werde ich auch noch nicht aus diesem Text.“

Es klopfte und Julia sprang zur Tür.

„Das ist bestimmt unser Nachtisch“, erklärte sie und öffnete mit einem Schwung.

Es war der Nachtisch, der von dem Jungen aus dem Fahrstuhl, gebracht wurde.

„Oh, danke“, sagte Julia, nahm das Tablett in die Hand und wollte die Tür mit einem Fußtritt schließen. Doch der Junge war schneller und sein Fuß hielt die Tür auf.

„Eigentlich müsste ich euch das Tablett auf den Tisch stellen, einfach an der Tür abgeben, das darf ich gar nicht“, meinte er.

„Schon gut“ rief Sophie vom Bett her.

Er schaute zu ihr rüber und sofort ärgerte Sophie sich, dass sie sich überhaupt bemerkbar gemacht hatte. Das Bett sah ziemlich unordentlich aus und darauf waren alle ihre Unterlagen ausgebreitet.

„Seid ihr auf Schatzsuche?“, fragte er und lächelte, als er Sophies erschrockenes Gesicht sah. „Ich habe also Recht“, triumphierte er.

Sophie sah Julia an und diese meinte: „Nein, da täuschst du dich, was für einen Schatz könnte man denn hier überhaupt suchen?“

Kapitel 2 - Die Geschichte der Monstranz

Am nächsten Morgen wachte Sophie früh auf. Ihr ging noch einmal der gestrige Tag durch den Kopf. Das Pärchen, was sich zugegeben, doch recht seltsam benahm. Auf der anderen Seite hatten sie nichts Verwunderliches unternommen. Einen Zettel mit Wortfetzen zu verlieren und ein Museum zu besuchen machte einen noch nicht verdächtig. Der selbstgezeichnete Lageplan in der Hand der Frau vielleicht schon eher, aber auch hierfür konnte es eine harmlose Erklärung geben. Als äußerst schwierig hatte es sich später gestaltet, den Jungen aus dem Fahrstuhl, wie sie ihn nannten, wieder los zu werden. Tobias hieß er, hatte hier einen Ferienjob im Hotel und war sehr neugierig. Er erzählte ihnen, dass er in die elfte Klasse des hiesigen Gymnasiums gehe und im Moment für einen neuen Computer sparen würde. Den Ferienjob machte er schon im zweiten Jahr, um sich das Geld dafür zu verdienen. Nachtisch den beiden Mädchen zu bringen, war sein letzter Auftrag am gestrigen Tag gewesen und anschließend hatte er Feierabend. Zunächst hatte Julia noch versucht, ihn mit ein paar belanglosen Erzählungen über den gestrigen Tag abzuspeisen. Doch man plauderte und plauderte und irgendwann hatte er die verstreuten Unterlagen auf dem Bett der Mädchen genauer betrachtet. Auch er kannte die Geschichte über die Monstranz, die, wie er sagte, im Kölner Raum hinreichend bekannt war. Es gäbe sogar mehrere Hobbyhistoriker, die sich mit den Hintergründen beschäftigten.

Die Edelsteine aus der Monstranz gehörten vorher einer reichen Adelsfamilie. Sie sollten der jüngsten Tochter einer anderen Adelsfamilie als Hochzeitsgeschenk überreicht werden, doch diese starb an hohem Fieber drei Tage vor der Hochzeit. Aus Kummer über ihren Tod schenkte der Bräutigam die schönsten Steine der Kirche, um sie in eine Krone oder Ähnliches einarbeiten zu lassen. Der damalige Bischof ließ die Monstranz anfertigen und die Steine darin einfassen. Das war die offizielle Geschichte. Es gab auch noch eine andere Version. Die beiden Adelsfamilien waren verfeindet, aber die jüngste Tochter hatte sich trotzdem in den Sohn verliebt. Dieser war bereits einer Prinzessin versprochen, die er wiederum nicht liebte. Sie trafen sich heimlich bis der Vater des Sohnes dahinter kam. Er sperrte den Sohn in ein Verlies in dem er unter mysteriösen Umständen starb. Mit den Edelsteinen hatte der Sohn einen Diener bestechen wollen, damit er aus dem Verlies befreit wurde. Der Diener nahm die Edelsteine an sich und verschwand. Später fand man ihn ermordet in seiner Dachkammer, von den Edelsteinen fehlte jede Spur. Aus Kummer über den Verlust ihres Liebsten starb die jüngste Tochter kurz nach ihrem Geliebten. Sophie schüttelte sich. Seltsame Geschichte fanden alle drei. Sophie schaute Tobias an und überlegte. Irgendwie war er ihr sympathisch und sie hätte ihn gerne in ihre bisherigen Erkenntnisse eingeweiht. Julia hielt sie immer wieder davon ab und wechselte so beharrlich das Thema, dass es fast schon auffiel. Als es schon sehr spät war, hatten sie sich für heute mit Tobias verabredet. Er hatte seinen freien Tag und sie planten, gemeinsam Eis essen zu gehen. Sophie wollte sich gerade noch einmal umdrehen und noch ein wenig weiter schlafen, da wachte Julia auf.