Das große Buch der Kinderfragen - Petra Maria Schmitt - E-Book

Das große Buch der Kinderfragen E-Book

Petra Maria Schmitt

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Beschreibung

Warum müssen Haie nicht zum Zahnarzt? Warum bekommen Pinguine keine kalten Füße? Wo ist der Wind, wenn er nicht bläst? Um Fragen sind Kinder fraglos nie verlegen. Eltern um Antworten dagegen oft schon. Die sprichwörtlichen Löcher, die Kinder Mamas und Papas in den Bauch fragen – hier werden sie mit klugen und lustigen Geschichten gestopft. Was beispielsweise die Haie betrifft: Deren Zähne wachsen nach. Wieder was gelernt? Das große Buch der Kinderfragen zum zehnjährigen Geburtstag der beliebten Fragenbücher-Reihe!

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Über dieses Buch

In spannenden, lustigen und überraschenden Vorlesegeschichten rund um Tiere, Mensch, Technik und Natur gibt es Antworten auf die häufigsten und klügsten Kinderfragen. Geballtes Wissen – auch für Omas, Opas, Mütter, Väter, Tanten, Onkel, ErzieherInnen und LehrerInnen.

 

Warum ist der Himmel blau? Warum sehen Fledermäuse mit den Ohren? Wie entstehen Blitz und Donner? Welches ist das stärkste Tier? Warum fliegen Flugzeuge? Warum müssen wir schlafen? Warum müssen Haie nicht zum Zahnarzt?

Warum brauchen Haie keinen Zahnarzt?

»Mensch, guck mal. Der Hai da kommt direkt auf den Taucher zu!« Aufgeregt steht Jana mit den anderen Kindern der Seepferdchenklasse und ihrer Lehrerin Frau Berger vor einer riesigen, dicken Glaswand und starrt in die leuchtend blaue Unterwasserlandschaft. Die Seepferdchenklasse macht heute einen Ausflug ins Meereszentrum, und nun gucken alle bei der Haifütterung zu. Zuerst sind einfach nur tote Fische ins Wasser geworfen worden. Die haben die Haie dann nach und nach verschlungen. Aber jetzt ist ein richtiger Taucher bei den Haien! Und der hat eine Eisenstange dabei, an deren Ende ein großes Stück Fisch aufgespießt ist.

Erst haben die Haie ihn nur umkreist. Aber dann ist ein großer Leopardenhai direkt auf ihn zugeschwommen. Einen Moment lang haben alle Angst, dass der Hai den Taucher vielleicht leckerer findet als den Fisch. Aber im allerletzten Moment ändert der Hai seine Richtung und steuert auf das Ende der Eisenstange zu. Er reißt das Maul auf, schlägt seine riesigen, spitzen Zähne in den Fisch und schüttelt ruckartig den Kopf hin und her. Dann hat er den Fisch von der Stange gerissen und gleitet ebenso wie die anderen Haie wieder in die Tiefe des Beckens zurück.

Einen Augenblick lang starren alle noch durch die Scheibe. Doch es passiert nichts mehr. Die Fütterung ist zu Ende.

Während die meisten weitergehen und sich aufgeregt über den Taucher und den Hai unterhalten, starrt Jana immer noch ins Becken. Dort holt der Taucher gerade einen Schwamm hervor, den er sich hinter einen Pressluftflaschengurt geklemmt hat. Doch Jana achtet gar nicht auf den Taucher, sondern guckt wie gebannt auf den sandigen Beckengrund. Dort, ganz dicht an der Scheibe, liegt etwas Seltsames. Zwei komisch aussehende, spitz gezackte Steinchen. Nein, keine Steinchen, denkt Jana. Das sind …

»Mensch, Jana, was ist denn?«, ruft plötzlich Janas Freundin Amelie und zupft sie am Ärmel. »Die anderen sind längst weitergegangen.«

»D…da liegen zwei Haizähne«, keucht Jana und zeigt aufgeregt auf den Beckengrund vor sich. »Die hat der Hai bestimmt eben beim Fressen verloren. Mensch, was ist, wenn der nun krank ist?«

»Was? Haizähne?«, fragt Amelie, die das nicht so recht glauben will. Aber dann guckt sie genauer hin. »Mensch, tatsächlich. Das sind Zähne. Das müssen wir unbedingt den Leuten hier sagen. Vielleicht ist der Hai krank!«

Verzweifelt blicken sie sich um. Aber niemand ist zu sehen. Niemand, außer dem Taucher, der nun im Becken Algen mit dem Schwamm von der Scheibe wischt. Da hat Jana eine Idee.

»Der Taucher!«, ruft Jana. »Wir sagen dem Taucher Bescheid!«

»Dem Taucher?«, fragt Amelie verblüfft. »Wie …?«

Aber ehe sie ihre Frage ausgesprochen hat, ist Jana auch schon zum Taucher geflitzt. Wie ein Flummiball beginnt sie, vor der Scheibe auf und ab zu hüpfen und wild mit den Armen über dem Kopf zu wedeln. »Hai krank! Hai krank!«, ruft sie dabei und zeigt mit dem Finger auf die Stelle, wo die Haizähne liegen. Jana ist sogar kurz davor, gegen die Scheibe zu klopfen. Aber gerade noch rechtzeitig fällt ihr ein, dass Frau Berger vorhin noch einmal extra davor gewarnt hat. Denn das Klopfen ist unter Wasser so laut zu hören, dass es schädlich für die Tiere ist.

Amelie ist erst völlig baff. Aber dann macht sie es Jana nach. Zu zweit hüpfen, zeigen und rufen sie, was das Zeug hält.

Und es klappt tatsächlich! Der Taucher wird aufmerksam. Zuerst schüttelt er nur den Kopf und droht ihnen mit dem Zeigefinger. Aber als die beiden nicht aufgeben, scheint er zu merken, dass etwas nicht stimmt. Schließlich sieht er dahin, wo Jana und Amelie hinzeigen, und schwimmt endlich zu den Zähnen.

»Hai krank! Hai krank!«, rufen die zwei nun noch lauter und zeigen auf die Zähne.

Der Taucher nickt, nimmt die Zähne auf und macht mit Daumen und Zeigefinger ein Zeichen, das wie ein O aussieht.

»Weißt du, was das heißen soll?«, fragt Jana.

»Hm, vielleicht so etwas wie okay?«, überlegt Amelie.

»Könnte sein«, meint Jana. »Guck mal. Der macht noch ein paar Zeichen.«

Der Taucher zeigt erst mit dem Daumen auf sich, dann zur Seite und hält schließlich drei Finger hoch. Das macht er ein paarmal, bevor er davonschwimmt.

Jana und Amelie gucken in die Richtung, in die der Taucher gezeigt hat. Dort in der Wand neben dem Haifischbecken sehen sie eine Tür.

»Ob er da gleich rauskommt?«, fragt Amelie.

»Kann schon sein«, sagt Jana. »Aber was meint er mit den drei Fingern?«

»Bestimmt, dass er in drei Minuten da ist«, vermutet Amelie.

So ist es. Wenig später kommt ein Mann aus der Tür. Er trägt Sweatshirt, Jogginghose, Badeschlappen, und er hat noch ganz nasse Haare.

»Sind Sie der Taucher?«, fragt Jana.

Der Mann nickt und will etwas sagen, doch Jana lässt ihn gar nicht erst zu Wort kommen.

»Der Hai ist krank!«, ruft sie.

»Genau, dem sind eben zwei Zähne rausgefallen«, fügt Amelie hinzu.

»Sie müssen einen Zahnarzt holen«, sagt Jana.

»Ach, deswegen seid ihr so aufgeregt gewesen!« Der Mann lächelt. »Aber keine Bange, der Hai ist kerngesund. Und dass er ein paar Zähne verliert, ist gar nicht schlimm. Er kriegt nämlich neue.«

»Dann waren das nur Milchzähne?«, fragt Jana erleichtert.

»Nein, keine Milchzähne«, antwortet der Taucher. »Haie verlieren häufig mal einen Zahn. Aber deswegen müssen sie nicht zum Zahnarzt. Denn ihnen wachsen dauernd neue Zähne nach. Sie haben nämlich ein Revolvergebiss.«

»Ein Revolvergebiss?«, fragen Amelie und Jana fast gleichzeitig. Darunter können sie sich nun gar nichts vorstellen.

»Ja, komischer Name, nicht? Aber ich kann euch das mal zeigen.« Er führt die beiden ein paar Meter weiter zu einer großen Schautafel. »Hier seht ihr, wie das funktioniert. Fällt einem Hai ein Zahn aus, wird der nächste aus der Reihe dahinter automatisch nach vorne geschoben. Sozusagen wie bei einem Förderband. Dieses Förderband funktioniert ein ganzes Haileben lang. Bis zu zehntausend Zähne verbraucht ein Hai in seinem Leben.«

»Zehntausend Zähne!« Das kann Jana gar nicht fassen, und auch Amelie guckt den Taucher nur mit großen Augen an.

»Genau«, sagt der Mann. Dann greift er in seine Tasche und holt die beiden Haizähne heraus. »Und zwei davon schenken der Hai und ich euch jetzt. Weil ihr so nett wart und euch um ihn gekümmert habt.«

Jana und Amelie wissen erst gar nicht, was sie sagen sollen, als der Mann ihnen die Zähne gibt. Doch dann bedanken sie sich und verabschieden sich schnell. Denn auf einmal können sie es gar nicht mehr erwarten, wieder bei den anderen zu sein: um ihnen die Zähne zu zeigen … und zu erzählen, warum Haie keinen Zahnarzt brauchen.

Welches Tier ist das stärkste?

»Aufstehen, die Schule ruft«, sagt Mama, als sie ins Zimmer kommt. »Guten Morgen, du Schlafmütze.«

Schweren Herzens schiebt Malte die Bettdecke zur Seite.

Eigentlich geht er ja gern zur Schule. Wenn da nur nicht Kevin wäre! Kevin geht auch in die 2a, genau wie Malte. Doch Kevin ist einen ganzen Kopf größer und viel kräftiger als Malte. Und nur weil Malte der Kleinste aus der Klasse ist, nennt Kevin ihn »Winzling« und schubst ihn bei jeder Gelegenheit herum.

Einen kurzen Moment überlegt er, ob er nicht plötzlich ganz schreckliche Bauchschmerzen bekommen sollte. Andererseits müsste er dann den ganzen Tag im Bett bleiben und Kamillentee trinken. Schon beim bloßen Gedanken daran verzieht er das Gesicht. Da lässt Mama nämlich nicht mit sich handeln. Und das gerade heute, wo Papa die kleinen Dschungeltierchen aus der Uni mitbringt! Unmöglich, da im Bett zu bleiben!

Maltes Papa ist Mikrobiologe. Das sind Leute, die winzig kleine Tiere erforschen. Die Tiere sind so klein, dass man sie mit bloßem Auge nicht oder kaum sehen kann. Aber wenn man diese kleinen Lebewesen unter dem Mikroskop ansieht, sind sie plötzlich riesengroß und sehen mit ihren langen Haaren, Fühlern und Krallen tausendmal gruseliger aus als King Kong!

Kein Wunder also, dass Malte darauf brennt, die kleinen Dschungeltierchen anzusehen. Ein eigenes Binokular hat Malte auch. Das hat Papa ihm geschenkt.

Ein Binokular ist so etwas Ähnliches wie ein Mikroskop. Nur dass es nicht ganz so stark vergrößert. Für Malte ist das prima. So kann er nämlich Tiere und Pflanzen im Ganzen sehen und nicht nur einzelne Beine oder Fühler, wie unter dem Mikroskop.

Zu Hause hat Malte schon alles untersucht, was er finden konnte. Tote Fliegen, Mücken und Schnaken. Ja sogar Apfelkerne, Kartoffelschalen, Pilze, Salatblätter, Petersilie, Erdbeeren und, und, und … Selbst langweilige Kartoffelschalen sehen unter dem Binokular aus wie Gebilde aus einem Zauberwald.

Malte fühlt sich dann wie ein Forscher, der eine völlig neue Welt entdeckt. Das ist einfach toll!

Malte geht also doch lieber zur Schule. Vielleicht hat Kevin sich in den Ferien ja auch geändert.

Als er in die Küche kommt, frühstücken Mama und Papa schon.

»Na, du Langschläfer?«, sagt Mama. »Die Herbstferien sind vorbei. Heute geht’s wieder los!«

»Hm«, macht Malte und schüttet einen kleinen Berg Cornflakes in seine Schüssel.

»Bist du noch böse auf mich?«, fragt Papa. »Es tut mir wirklich leid, dass ich in den Ferien so wenig Zeit für dich hatte. Aber heute mache ich früher Schluss. Wenn du möchtest, kann ich dich von der Schule abholen.«

»Mit den Dschungeltierchen?«, fragt Malte erwartungsvoll.

»Natürlich! Dann können wir uns den ganzen Nachmittag damit beschäftigen.«

Malte fällt Papa um den Hals und denkt: Da wird Kevin aber Augen machen! Außerdem sieht er in der Schule auch Clara wieder. Malte mag Clara. Und plötzlich hat er richtig große Lust, zur Schule zu gehen.

Gut gelaunt macht er sich auf den Weg. Als er den Schulhof betritt, kommt auch Kevin an. Kevin ist sofort umringt von anderen Jungs aus der Klasse. Als Kevin Malte erblickt, geht er geradewegs auf ihn zu. Das hat nichts Gutes zu bedeuten, und Malte wünscht sich zurück in sein kuscheliges Bett. Wie konnte er nur glauben, dass Kevin sich in den Ferien geändert hätte?

Und tatsächlich. Kevin baut sich vor Malte auf und sagt spöttisch: »Na, du Winzling? Bist ja immer noch genauso klein wie vor den Ferien!« Die anderen lachen. Alles ist wie immer. Doch bevor Kevin Malte einen Schubs verpassen kann, klingelt es. Malte war noch nie so froh über die Schulklingel. Die Jungs stürmen in die Klasse. Ausgerechnet da kommt Clara vorbei! Malte würde am liebsten in Grund und Boden versinken. Bestimmt hat sie alles gesehen und will nun nichts mehr mit ihm zu tun haben.

 

Für die erste Stunde nach den Ferien denkt Frau Neumann, die Lehrerin, sich immer etwas Besonderes aus. So auch heute. Kaum sitzen alle auf ihren Plätzen, fragt sie: »Welches ist das stärkste Tier?«

Aus dem Stimmengewirr hört man »Elefant, Bär, Tiger, Löwe, Krokodil« heraus. Und Kevin brüllt: »Quatsch! Der Tyrannosaurus Rex ist das stärkste Tier!«

»Der zählt aber nicht! Dinosaurier sind doch schon längst ausgestorben!«, ruft Clara.

Frau Neumann nickt und sieht sich in der Klasse um, ob noch jemandem etwas einfällt. Für einen Moment ruht ihr Blick auf Malte. Normalerweise sagt Malte nicht viel im Unterricht. Auf keinen Fall will er auffallen. Sonst lachen Kevin und die anderen Jungs noch mehr über ihn. Doch jetzt, wo Frau Neumann und auch Clara ihn so erwartungs voll ansehen, nimmt er seinen ganzen Mut zusammen und sagt: »Das stärkste Tier ist eine winzig kleine Milbe, die noch nicht mal einen Millimeter groß ist und gerade mal ein zehntausendstel Gramm wiegt!«

Das Klassenzimmer bebt vor Lachen. Nur Frau Neumann und Clara lachen nicht. Nach und nach verstummt das Gelächter. Und als es in der Klasse wieder einigermaßen ruhig ist, sagt Frau Neumann: »Sehr gut. Malte hat recht. Dieses kleine Tierchen heißt Hornmilbe und lebt im Urwald von Puerto Rico.«

Frau Neumann geht zur Weltkarte und zeigt auf ein kleines Land zwischen Nord- und Südamerika. »Hier liegt Puerto Rico. Forscher haben die winzige Hornmilbe dort im Boden des Urwalds entdeckt. Sie ist so stark, dass sie das 1200-Fache ihres eigenen Körpergewichtes stemmen kann!«

 

»Hahaha! Milben sollen die stärksten Tiere sein! Das glaube ich nie im Leben!«, ruft Kevin. »Ein Elefant ist tausendmal stärker! Der kann mit seinem Kopf sogar Bäume fällen! Das habe ich im Fernsehen gesehen!«

»Das ist richtig. Aber im Vergleich zu seinem Gewicht ist die Leistung dann gar nicht mehr so großartig«, antwortet Frau Neumann.

»Wie?«, fragt Kevin. »Das versteh ich nicht!«

»Am besten erkläre ich das an einem Beispiel. Wie schwer bist du?«

»40 Kilo«, murmelt Kevin und wird ein bisschen rot.

Frau Neumann rechnet kurz und sagt dann: »Wenn du genauso stark wärst wie die Hornmilbe, dann könntest du 28 Autos übereinandergestapelt tragen!«

Alle staunen.

»Und woher wissen Sie das?«, fragt Kevin

»Das kann man leicht ausrechnen«, erklärt Frau Neumann. »Wenn du 40 Kilo schwer bist, rechne ich dein Gewicht mal 1200, also 40 mal 1200. Das macht 48000 Kilo. Und genau diese 48000 Kilo müsstest du tragen können. Ein Auto wiegt aber nur ungefähr 1700 Kilo. Das weiß ich so genau, weil ich mir vor Kurzem ein neues Auto gekauft habe. Wenn ich nun 48000 Kilo durch 1700 Kilo teile, kommt 28 heraus. Also müsstest du 28 Autos tragen können.«

»Dann ist die Hornmilbe ja eine richtige Herkulesmilbe!«, staunt Kevin. »Aber wieso ist sie so stark?«

»Das ist eine interessante Frage!«, antwortet Frau Neumann.

»Noch rätseln die Mikrobiologen, warum gerade die Hornmilbe solche Kräfte besitzt. Man vermutet, dass der Bodenbewohner ab und zu schwere Brocken aus dem Weg räumen muss und deshalb so stark ist. Bisher dachte man ja, dass die Ameisen die stärksten Tiere seien. Ameisen können immerhin das 50-Fache ihres eigenen Gewichtes tragen. Doch ob Hornmilbe oder Ameise, eines bleibt gleich: Es kommt nicht immer auf die Größe an! Manchmal sind es nämlich gerade die Kleinen, die ganz besondere Stärken haben!«

Bei diesen Worten legt Frau Neumann ihre Hand auf Maltes Schulter.

»Und das hast du alles gewusst?«, fragt Clara Malte bewundernd.

Malte nickt und sagt: »Hmm. Mein Vater ist Mikrobiologe! Das ist superspannend! Du kannst ja mal zu mir kommen. Dann darfst du durch mein Binokular gucken!«

»Ein Bino-was?«, fragt Clara.

»Das erkläre ich dir, wenn du bei mir bist«, antwortet Malte und lächelt.

Selbst Kevin wird neugierig und fragt: »Und die Herkulesmilbe? – Hast du die auch?«

»Die Hornmilbe und noch viele andere Dschungeltierchen aus Puerto Rico«, antwortet Malte stolz.

Plötzlich wollen sich alle mit Malte verabreden. Und bevor er bis drei zählen kann, ist er für die ganze Woche ausgebucht.

Und als Papa Malte von der Schule abholt, kommt Kevin gleich mit. Doch vorher musste Kevin schwören, Malte nie wieder »Winzling« zu nennen oder ihn zu schubsen. Und damit Kevin seinen Schwur auch ja nicht wieder vergisst, hat Frau Neumann ihn Wort für Wort in ihr schlaues Notizbuch geschrieben. Für alle Fälle.

Ist das Faultier wirklich faul?

Finja ist schrecklich aufgeregt. Heute besucht sie ihren großen Bruder Lasse im Tierpark. Lasse macht dort nämlich ein Praktikum. Das dauert drei Wochen. Im Tierpark hat Lasse schon die tollsten Geschichten erlebt. Im Moment ist er bei den Faultieren.

Da es in der Heimat der Faultiere immer schön warm ist, sind sie im Tropenhaus, genauer gesagt, im Südamerikagehege untergebracht. Finja ist schon sehr gespannt, wie es dort aussieht. Obwohl es noch früh am Morgen ist und der Zoo noch gar nicht geöffnet hat, sind hier schon viele Menschen bei der Arbeit. Bevor die Besucher kommen, werden die Gehege gereinigt und die Tiere gefüttert.

Als Finja und Mama am Tropenhaus ankommen, steht ein Mann in Arbeitskleidung vor dem Eingang.

»Das ist bestimmt Willi!«, ruft Finja aufgeregt. »Lasse hat mir schon von ihm erzählt.«

»Hallo, ich bin Willi, der Tierpfleger. Und wer bist du?«, fragt er.

Da weiß Mama, dass Finja in guten Händen ist, und winkt ihr zum Abschied zu.

»Ich bin Finja«, antwortet Finja und hält Ausschau nach Lasse.

»Ah, Lasses kleine Schwester! Dein Bruder ist im Moment nicht da«, sagt Willi. »Wir sind nämlich gerade mit dem Saubermachen fertig geworden, und nun entsorgt er unseren Biomüll.« Beim Wort Biomüll grinst Willi von einem Ohr zum anderen. »Du kannst ja solange mit mir in die Futterküche kommen. Morgens haben die Tiere immer besonders großen Hunger.«

»Oh ja!«, ruft Finja begeistert.

Auf dem Weg zur Futterküche sieht Finja sich um. Überall stehen Palmen, Gräser und andere exotische Pflanzen, und darüber befinden sich dichtes Geäst und jede Menge dicke Taue, an denen einige Faultiere hängen.

»Hängen die Faultiere immer an den Ästen, oder kommen sie auch manchmal herunter?«, fragt Finja etwas ängstlich.

»Du brauchst keine Angst zu haben«, versucht Willi Finja zu beruhigen. »Faultiere verbringen fast ihr ganzes Leben hoch oben in den Baumkronen, und sie sind für Menschen nicht gefährlich. Sie hängen am liebsten mit dem Rücken nach unten an Ästen. Sogar der Haarstrich ihres langen Fells verläuft vom Bauch zum Rücken. Also genau andersherum als bei allen anderen Tieren. So kann der Regen besser ablaufen.«

»Stimmt.« Finja staunt. »Das sieht ja lustig aus! Sie haben den Scheitel mitten auf dem Bauch!«

»Das Fell der Faultiere besteht aus zwei Schichten«, erklärt Willi weiter. »Die untere Fellschicht ist kurz und sehr dicht, die obere besteht aus langen, strohigen Haaren mit ungewöhnlichen Längsrillen. In diesen Rillen siedeln sich in ihrem natürlichen Lebensraum Algen an, die ihr Fell grünlich schimmern lassen. Zwischen den grünen Blättern ist das eine ganz tolle Tarnung. So können Raubvögel, wie die großen, südamerikanischen Adler, die Faultiere nicht so leicht sehen. Ja, und wenn du dir ihre Hände und Füße anschaust, dann siehst du, dass sie jeweils drei riesige Klauen an den Fingern und an den Zehen haben. Damit halten sie sich wie mit Haken an den Ästen fest.«

»Die sind ja gruselig lang!«, stellt Finja fest.

»Weil Faultiere drei sichelförmige Krallen an jeder Hand und an jedem Fuß haben, nennt man sie Dreifingerfaultiere«, sagt Willi. »Es gibt auch Zweifingerfaultiere. Aber die haben wir hier nicht.«

»Und wann kommen die Faultiere herunter?«, fragt Finja noch einmal.

»Nur wenn es unbedingt sein muss. Um den Baum zu wechseln oder um ihr Geschäft zu erledigen. Wenn sie unten sind, sind Faultiere nämlich ziemlich unbeholfen.«

»Ihr Geschäft?«, fragt Finja.

»Na ja, du weißt schon. Zur Toilette gehen«, sagt Willi.

»Ach so! Dann kommen sie also doch manchmal herunter!«, stellt Finja erschrocken fest.

»Ja, aber nur ungefähr alle acht Tage.«

»Was? So selten?«, fragt Finja erstaunt.

»Bei Faultieren geht alles sehr langsam, sogar die Verdauung.«

»Na, dann machen sie mir wenigstens nicht auf den Kopf!« Finja sieht beruhigt nach oben. »Und wie langsam sie sich bewegen. Wie in Zeitlupe. Ist das immer so?«

Willi nickt. »Obwohl Faultiere Säugetiere sind, verändert sich ihre Körpertemperatur, wenn sie schlafen. Das gibt es sonst eigentlich nur bei Reptilien. Die Körpertemperatur kann bei Faultieren im Schlaf bis auf vierundzwanzig Grad Celsius absinken, sonst beträgt sie dreiunddreißig bis vierunddreißig Grad. Deshalb nutzen Faultiere – wie Echsen – tagsüber ein Sonnenbad zur Temperaturregulierung. Es gibt zwar auch noch andere Säugetiere, die ihre Körpertemperatur senken, aber nur im Winterschlaf, wie zum Beispiel Igel, Bären oder Siebenschläfer.«

»Heißen Faultiere Faultiere, weil sie immer faul in der Sonne rumhängen?«, fragt Finja.

»Das kann gut sein. Als man Faultiere in den tropischen Regenwäldern von Mittelamerika entdeckt hat, hat man bestimmt nicht gewusst, dass die Tiere die Sonne zur Temperaturregulierung brauchen. Und da hat man wahrscheinlich gedacht, dass sie einfach nur faul seien. Und schwups, hatten sie auch schon ihren Namen: Faultiere! Dabei ist ›faul sein‹ eine eindeutig menschliche Wertung. Die Tiere haben durch das ›Herumhängen‹ einfach eine super Überlebensstrategie entwickelt«, erklärt Willi.

»Was fressen Faultiere denn so?«, möchte Finja wissen.

»Dreifingerfaultiere sind sehr bescheiden. Sie ernähren sich fast ausschließlich von Laub«, antwortet Willi.

»Echte Minis eben!«, sagt Lasse, während er ins Tropenhaus kommt.

»Lasse!«, ruft Finja und läuft ihrem Bruder entgegen. »Da bist du ja endlich!«

»Ich musste nur schnell ein paar Häufchen entsorgen«, sagt Lasse und stellt einen übel riechenden Eimer ab.

Finja rümpft die Nase und geht ein Stück zurück. »Wieso Minis? So klein sind Faultiere nun auch wieder nicht. Mit ihren langen Armen und Beinen sind sie bestimmt so groß wie ein Schäferhund.«

»Mit Minis meine ich ja auch nicht ihre Größe, sondern ihr Verhalten. Und darin sind sie echte Minimalisten.«

»Was ist denn das?«, fragt Finja neugierig.

»Lebewesen, die geringe Ansprüche haben und diese mit möglichst wenig Aufwand erfüllen. Sie schlafen und essen viel und dösen die meiste Zeit. Ich finde das richtig cool.«

»Ja, das ist echt cool!«, findet auch Finja.

Lasse nickt. »Faultiere führen mit möglichst wenig Energie ein bequemes Leben. Im Zoo werden sie immerhin über dreißig Jahre alt und schlafen ungefähr sechzehn Stunden am Tag.«

»Ja, aber nur im Zoo«, sagt Willi. »In den Regenwäldern in Mittelamerika schlafen sie nur ungefähr acht bis neun Stunden täglich. So, jetzt muss ich aber ganz schnell in die Futterküche.«

Das will Finja sich auf keinen Fall entgehen lassen.

»Kommst du?«, fragt sie mit Blick auf Lasse.

Kaum sind die drei unterwegs, huscht ein Lächeln über Finjas Gesicht. »Jetzt weiß ich, was ich werden will, wenn ich groß bin!«

»Tierpfleger?«, fragt Willi.

Finja schüttelt den Kopf.

»Biologin?«, fragt Lasse.

Wieder schüttelt Finja den Kopf. »Ein Mini natürlich! Aber einer mit Sonnenbrille und Hängematte!«