Das große Yogabuch - Anna Trökes - E-Book
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Das große Yogabuch E-Book

Anna Trökes

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Beschreibung

Das große Yogabuch von Anna Trökes steht seit vielen Jahren in den Regalen all derer, die sich intensiv mit Yoga beschäftigen. Die Anschaffung der nach 10 Jahren komplett überarbeiteten und um 24 Seiten erweiterten Neuausgabe dieses Standardwerkes lohnt sich jedoch nicht nur für Neulinge, sondern auch für diejenigen, die schon lange mit diesem Buch arbeiten. Bietet es doch nicht nur bekannte Inhalte in einem moderneren, noch übersichtlicheren Gewand. Eingeflossen sind vielmehr 10 Jahre weiterer Erfahrungen auf dem Yogaweg der renommierten Yoga-Lehrerin. So sind auch alle Übungsbeschreibungen überprüft und viele kleine, aber entscheidende Änderungen erfolgt und außerdem ganz neue Themen wie das Üben nach den Atemtypen, Mudras und Ernährungstipps für Yogis ergänzt worden. Kein anderes deutschsprachiges Buch bietet einen so umfassenden Einblick in den Yoga von Geschichte und Philosophie über Grundlagen des Übens bis hin zu komplexen Asanas, Bewegungsabfolgen, Pranayamas und Meditationen.

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EPUB

Seitenzahl: 449

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Impressum

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2012

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2010

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

Projektleitung: Ilona Daiker

Lektorat: Felicitas Holdau

Covergestaltung: Independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Alisa Hese

ISBN 978-3-8338-3198-0

10. Auflage 2019

Bildnachweis

Illustrationen: Golden Section Graphics, Berlin; Nike Schenkl, Brandenburg

Fotos: Nicolas Olonetzky, München; AKP-photo

Syndication: www.seasons.agency

GuU 8-3198 12_2012_01

Das vorliegende eBook basiert auf der 10. Auflage der Printausgabe.

Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de

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LIEBE LESERINNEN UND LESER,

wir wollen Ihnen mit diesem E-Book Informationen und Anregungen geben, um Ihnen das Leben zu erleichtern oder Sie zu inspirieren, Neues auszuprobieren. Wir achten bei der Erstellung unserer E-Books auf Aktualität und stellen höchste Ansprüche an Inhalt und Gestaltung. Alle Anleitungen und Rezepte werden von unseren Autoren, jeweils Experten auf ihren Gebieten, gewissenhaft erstellt und von unseren Redakteuren/innen mit größter Sorgfalt ausgewählt und geprüft.

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GRÄFE UND UNZER VERLAG LeserservicePostfach 86 03 1381630 MünchenE-Mail: [email protected]

Telefon: 00800 / 72 37 33 33*Telefax: 00800 / 50 12 05 44*Mo-Do: 9.00 – 17.00 UhrFr: 9.00 bis 16.00 Uhr (*gebührenfrei in D,A,CH)

Wichtiger Hinweis

Die Inhalte des vorliegenden Ratgebers wurden sorgfältig recherchiert und haben sich in der Praxis bewährt. Alle Leserinnen und Leser sind jedoch aufgefordert, selbst zu entscheiden, ob und inwieweit sie Übungsanleitungen und Anregungen aus diesem Buch umsetzen wollen. Autorin und Verlag übernehmen keine Haftung für die Resultate.

Führen Sie Yogaübungen immer im Rahmen Ihrer Beweglichkeit aus, erzwingen Sie nichts.

Wenn Sie sich im Yoga weiterentwickeln wollen, besuchen Sie einen Kurs. Ein Buch kann einen Lehrer oder eine Lehrerin niemals ersetzen.

Das Üben entwickelt sich weiter

Vorwort zur vorliegenden zweiten, vollständig überarbeiteten und erweiterten Buchausgabe, im Sommer 2010

Seitdem »Das Große Yogabuch« 1999 zum ersten Mal erschienen ist, hat der Yoga einen gewaltigen Aufschwung erlebt. Damals dachten allerdings viele, dass es sich lediglich mal wieder um so eine »Welle« handeln würde, wie sie von Zeit zu Zeit über den Atlantik schwappt, um für eine Weile auch das Freizeitverhalten der Deutschen zu beeinflussen. Doch im letzten Jahrzehnt hat sich der Yoga hier sehr erfolgreich gegen andere Modeströmungen durchgesetzt. Yogakurse wurden zum festen Bestandteil im Angebot von Fitnessstudios, Rehakliniken, Wellnesshotels und Ferienklubs, und in Stadt und Land sprossen die Yogastudios vielerorts hervor wie Pilze nach dem Regen. Keiner wundert sich heute, dass die deutsche Fußballnationalmannschaft auch von einem Yogalehrer gecoacht wird, dass Manager meditieren und dass Krankenkassen in der Regel kommentarlos viele Kurse bezuschussen. Yogastrecken in Magazinen sind normal, und die Reihe der Yogabücher ist enorm gewachsen.

»Jeder Mensch kann Yoga üben – solange er atmet.«

SRI PATTABHI JOIS

Altes Wissen, neue Blickwinkel

All das war möglich, weil sich der Yoga im Laufe der letzten Jahre immer wieder neu erfunden hat. Die vielen neuen Yogaformen, die vor allem aus den USA zu uns kamen, sind keineswegs immer Verflachungen und Verdünnungen der alten Weisheitslehren, sondern zeigen vielmehr erfrischend neue Blickwinkel und unvermutete Herangehensweisen an das überlieferte und bewährte Wissen. Dabei wurden von den neuen Schulen – wie Anusara, Jivamukti, Power, Vinyasa Flow, Bikram und anderen – einerseits die Karten des »Yogablatts« neu gemischt. Andererseits wurden aber auch Karten entdeckt, die vorher nicht im Spiel (oder in Vergessenheit geraten) waren: etwa die innige Verbindung des Hatha-Yoga mit allen vorhergehenden philosophischen Strömungen Indiens, sein Zusammenspiel mit dem Ayurveda oder der Atemtypenlehre.

Diesen Entwicklungen will die Neuausgabe des Großen Yogabuchs gerecht werden. Als Standardwerk für den modernen Yoga möchte es widerspiegeln, was und wie heute geübt wird.

Auch in meiner persönlichen Übungs- und Lehrpraxis haben sich neue Einflüsse etabliert. Die wichtigste Entwicklung ist, dass Übungspraxis und Philosophie immer zusammengehören, um dem Üben Ausrichtung und Sinn zu geben. Durch eine intensive Beschäftigung mit den Lehren des Ayurveda wurde mir zudem klar, dass nicht jeder Mensch auf dieselbe Weise üben kann.

Individuelleres Üben

Form und Methode des Übens sollten ganz stark an die Bedürfnisse, Möglichkeiten und Konstitution jeder/jedes Einzelnen angepasst werden, um nachhaltig wirken zu können. So habe ich zum Beispiel am eigenen Leib die positiven Auswirkungen der Atemtypenlehre erfahren und bei anderen Yoginis und Yogis beobachten können. Fortan habe ich immer die typenpolare Ausrichtung in den Ansagen der Körperhaltungen (Asanas) und der Atmung berücksichtigt. Dieses Zusammenspiel ist nun in den Übungsteil dieses Buches eingeflossen, auf dass die Anleitungen vielen Übenden helfen mögen, endlich auf ihre Weise atmen und aufatmen zu können.

Denn der häufigste Kommentar nach einem ersten Workshop zum Thema »Yoga & Atemtypen« ist: »Endlich bin ich bei mir angekommen! Endlich fühle ich mich in den Yogaübungen zu Hause! Endlich habe ich das Gefühl, ›richtig‹ zu sein, und muss mich nicht mehr verbiegen!«

Die Erkenntnisse aus der typenpolaren Atemlehre schlagen sich auch ganz intensiv im Umgang mit dem Beckenboden nieder. Früher war mir nur das Muster geläufig, bei möglichst allen Bewegungen der Wirbelsäule den Beckenboden anzuspannen, um den Rücken zu schützen. Heute betrachte ich diese Anweisung wesentlich differenzierter, was sich nun auch in meinen Texten niederschlägt.

»Eine Übungspraxis wird nur dann Erfolge zeigen, wenn wir sie über einen langen Zeitraum ohne Unterbrechung beibehalten, wenn sie von Vertrauen in den Weg und von einem Interesse, das aus unserem Inneren erwächst, getragen ist.«

PATAÑJALIS YOGA-SUTRA I.14

Neues und Bewährtes

Die Neuausgabe wurde um eine Reihe von Übungen erweitert – zum Beispiel mit einigen Kundalini-Übungen aus der Tradition von Yogi Bhajan, die ich heute aus meiner Übungspraxis nicht mehr wegdenken könnte. Diese Übungen sind nicht nur genial, um die Muskeln zu erwärmen und damit auf das Üben komplexer Asanas vorzubereiten. Sie sind vor allem hervorragende Energieübungen, die den Geist beruhigen, die Atmung vertiefen und die Lebensenergie intensiv in Fluss bringen.

Des Weiteren kamen Asanas hinzu, die heute ein fester Bestandteil der Übungspraxis moderner Yogastile geworden sind, wie der erhobene Bogen, der Handstand oder Gleichgewichtshaltungen auf den Händen wie die Krähe. Schließlich war es mir ein persönliches Anliegen, die Übungspraxis mit den Finger-Mudras abzurunden, denn gerade dieser Bereich der Yogapraxis ist in den letzten Jahren intensiv erforscht worden und wird immer populärer.

Alles, was sich über die Jahre bewährt hat, ist unverändert geblieben. Speziell dem, was ich 1998 im ersten Kapitel geschrieben hatte, war über weite Strecken nichts Substanzielles hinzuzufügen. Das ist eben das Einzigartige am Yoga: Viele seiner Weisheitstexte lassen sich – wenn wir nur die altertümliche Sprache, in der sie verfasst sind, etwas anpassen – wie moderne Ratgeber lesen. Offensichtlich haben sich die Natur und der Geist des Menschen über die Jahrtausende erstaunlich wenig verändert. So wirkt sich beispielsweise Stress auf unseren Körper und Atem nach wie vor genauso aus, wie es in den Yogatexten beschrieben wird. Das Einzige, was sich etwas verändert hat, sind die Stress auslösenden Faktoren.

Reichtum und Tiefe

Die Vielfalt der Erfahrungen, die ich im Laufe der Jahre mit verschiedenen Übungsweisen der Yogatraditionen und verwandter Übungswege gemacht habe, ist in dieses Buch eingeflossen. »Das große Yogabuch« ist das Resultat von mehr als 35 Jahren Unterrichtspraxis. Es kann Ihnen vom ersten Schritt an helfen, sicher und effektiv zu üben, und auch Ihre fortgeschrittene Übungspraxis immer wieder befruchten. Es soll ein zuverlässiger Begleiter auf Ihrem Yogaweg sein und Sie darin unterstützen, den Reichtum und die Tiefe dieser seit Jahrhunderten bewährten Übungspraxis für sich zu entdecken.

Der Yoga spricht uns in unserer Ganzheit an. Wenn wir uns auf ihn einlassen und erlauben, dass die Übungen und die mentale Ausrichtung in uns wirksam werden, dann wird er uns verwandeln. Er wird uns ermöglichen, unsere vielfältigen Potenziale, unsere Güte, unsere Empathie und unsere Liebe zu entfalten und zunehmend in den Dienst der Menschheit und der Erde stellen zu wollen.

Ich hoffe, dass ich Sie mit diesem Buch motivieren kann, sich auf den Weg zu sich selbst zu machen, indem ich Sie für den Yoga begeistere!

Anna Trökes

Loka samasta sukino bhavantu.

Mögen alle Wesen glücklich und frei von Leid sein.

FÜHRE MICH VOM UNWAHRENZUR WAHRHEIT.

FÜHRE MICH VON DER DUNKELHEIT INSLICHT.

FÜHREMICHVON DEM, WAS TOT IST, ZU DEM, WAS LEBENDIGIST!

ANRUFUNG AUS DER BRIHADARANYAKA-UPANISHAD, I.3,28

Der Weg des Hatha-Yoga

Neben der indischen Heilkunst Ayurveda und dem chinesischen Taoismus ist Yoga eine der ältesten Wissenschaften, die sich mit dem Menschen in seiner Gesamtheit beschäftigen. Der Yoga ist als Übungsweg seit mindestens 3500 Jahren überliefert, wahrscheinlich aber ist er wesentlich älter. Ob er nun 5000 Jahre alt ist, wie manche behaupten, oder »jünger«: Auf jeden Fall hat sich in den Traditionslinien des Yoga eine schier unvorstellbare Menge an Wissen darüber angesammelt, wie der Körper und der Geist des Menschen strukturiert sind, welche Störungen entstehen, die uns Leid verursachen, und wie man dem am wirkungsvollsten und nachhaltigsten begegnen kann.

Der Schritt in die Yogapraxis

Der Yoga konnte sich über so lange Zeit erhalten und wirkt auf uns so frisch und modern, weil er uns ein Übungssystem anbietet, das viele Probleme des modernen Menschen berücksichtigt. Es beschreibt konkrete, für jeden nachvollziehbare Übungsschritte, mit denen wir einen Zustand, in dem wir uns nicht wohlfühlen, verbessern können.

URALTES WISSEN – ZEITLOS GÜLTIG

Yogatexte – wie das Yoga-Sutra des Weisen Patañjali aus der Zeit um Christi Geburt (>) – schildern in einfacher, klarer Sprache, warum unser Geist oft so unklar und unruhig ist und wie dadurch Leid in allen Lebensbereichen entsteht. Sie geben uns Anweisungen, wie wir unseren Geist trainieren können, stabiler, stiller und klarer zu werden, wie wir mit unseren Ängsten umgehen können und wie sich Leid vermeiden lässt.

Der etwas später entwickelte Hatha-Yoga (>) bezieht auch den Körper mit ein und macht Vorschläge, wie man über den Körper und über den Atem auf den Geist einwirken kann. Hauptsächlich jedoch beschäftigt sich der Hatha-Yoga intensiv mit dem Fließen und Vermehren unserer Lebensenergie (im Sanskrit Prana, entspricht dem chinesischen Chi). Dabei arbeitete er ursprünglich teilweise sehr eng mit der altindischen Heilkunst, dem Ayurveda, zusammen.

Das vorliegende Buch verbindet den »klassischen« Yoga Patañjalis mit dem Hatha-Yoga und zeigt eine Fülle vielfach erprobter, bewährter Methoden. Sie werden Ihnen helfen zu erkennen, was Ihnen Leid verursacht – egal ob körperliches oder seelisches –, wie Sie dieses Leid verringern und es zukünftig vermeiden können. Mithilfe einfacher Übungen und Techniken können Sie Ihre Lebensqualität entscheidend verbessern und durch die positiven Erfahrungen selbstbewusster und selbstverantwortlicher werden.

Der Yoga will die Menschen in einen Zustand führen, der sie unabhängig, handlungsfähig und so frei wie möglich macht – ein Anliegen, das nie an Aktualität eingebüßt hat.

BEGLEITER FÜR ÜBENDE

Der Yogaratgeber macht Sie mit den Grundlagen des Hatha-Yoga bekannt. Er wendet sich an Anfänger und Fortgeschrittene, Yogaschüler/-innen und Yogalehrer/-innen und dient dazu, das eigene Üben zu inspirieren und zu klären. Daneben ist er ein Nachschlagewerk für die klassischen Hatha-Yogahaltungen.

Der Wert des Leichten

Die Körperhaltungen (Asanas) und Übungen in diesem Buch sind bewusst einfach gewählt. Sie unterscheiden sich damit von den meisten der komplizierten klassischen Haltungen, die nur durch jahrelange Übung zu meistern sind. Auch die einfacheren Übungen und Haltungen ermöglichen es, die Prinzipien der Yogaübungspraxis zu erfahren.

Würden Sie gleich mit den schwierigen Asanas beginnen, müssten Sie Ihre gesamte Aufmerksamkeit anfangs der richtigen Ausführung der äußeren Form widmen. Im Yoga ist die äußere Form jedoch zweitrangig. Sie stellt nur den Rahmen dar, denn die Haltungen werden nicht um ihrer selbst willen geübt, sondern sind vielmehr Mittel zum Zweck. Die klassischen Yoga-Asanas sind so konzipiert, dass sie jeweils bestimmte Aspekte unseres Körpers (wie die Verdauung), unserer Seele (zum Beispiel Verinnerlichung) oder unseres Geistes (zum Beispiel Achtsamkeit) ansprechen. Sie dienen dazu, Ihnen diese speziellen inneren Erfahrungen zu ermöglichen.

Da es also um das innere Erfahren und Erleben geht, sollten Sie mit dem Einfachen beginnen und es so lange üben, bis Sie das Prinzip der Bewegung oder Haltung nachvollziehen können.

Wenn die Form einfach ist, können Sie sich viel stärker auf sich selbst konzentrieren. Sie spüren sich besser in Ihren normalen Bewegungs- und Haltungsmustern und gewinnen so Klarheit über das, was Sie können und was Sie noch nicht können und was Ihnen Schwierigkeiten bereitet.

DURCH YOGA

• Mehr Gesundheit und innere Ausgeglichenheit.

• Mehr Beweglichkeit, Vitalität und Kraft.

• Mehr Atemvolumen und Entwicklung eines »langen Atems«.

• Geringere Anfälligkeit für Krankheiten.

• Abbau von Verspannungen und Schmerzen.

• Aufschub oder Vermeidung der üblichen Altersbeschwerden.

• Lebensqualität und geistige Flexibilität bis ins hohe Alter.

• Mehr innere Ruhe.

• Geistige Klärung und Bewusstwerdung von schädigendem Verhalten.

• Mehr Selbstbewusstsein, Sicherheit und Selbstvertrauen.

• Ermutigung zu mehr Selbstverantwortung und Eigeninitiative.

• Mehr Lebensfreude.

• Mehr Wohlbefinden.

• Mehr Energie.

Sich selbst kennenlernen

Mittels einfacher Übungen und Bewegungen lernen Sie zu erkennen, wie Sie strukturiert sind, welche körperlichen, geistigen und seelischen Verhaltensweisen Sie sich im Laufe Ihres Lebens zu eigen gemacht haben. Sie erkennen, ob sie Ihnen guttun oder Sie behindern oder Ihnen vielleicht sogar schaden. Probieren Sie Alternativen aus, und entscheiden Sie im Üben, also aus Ihrer Erfahrung heraus, womit Sie sich wohler fühlen. Das, was leichter und müheloser geht, was sich besser anfühlt, ist wahrscheinlich auch besser für Sie.

»Gleichgültig, ob man jung, im mittleren oder fortgeschrittenen Alter ist, sogar wenn man krank oder schwach ist – jeder kann mit der Praxis (des Yoga) beginnen.«

HATHA-YOGA-PRADIPIKA I,64

Schritt für Schritt üben

Wenn Sie sich im Einfachen intensiv erfahren haben, können Sie sich auch das Komplexe erarbeiten, ohne dabei zu riskieren, sich zu überfordern oder zu schädigen. Deshalb ist es auch für diejenigen, die schon länger Yoga üben, immer wieder sinnvoll, zum Anfang zurückzukehren und sich darin neu zu erfahren, um die eigene Praxis zu überprüfen und zu verbessern.

Übungsbuch statt Yogaschule?

Kein noch so gutes Yogabuch kann ein Ersatz für eine Yogalehrerin oder einen Yogalehrer sein.

Nur Lehrer können Sie beraten

Heutzutage sind die meisten Yogalehrenden im Laufe ihrer Ausbildung intensiv trainiert worden, zu sehen, mit welchen Fähigkeiten und Einschränkungen Sie in den Kurs kommen und mit welchen Übungen sie Ihnen am wirkungsvollsten helfen können. Sie sehen in der Regel auch genau, ob Sie mehr oder weniger intensiv üben sollten.

Nur Lehrer sind in der Lage, ein maßgeschneidertes Übungsprogramm für Sie zu entwickeln und so ein effektives Üben zu ermöglichen.

Ursprünglich war im Yoga eine ganz enge, persönliche Beziehung zwischen Lehrer und Schüler vorgesehen. Die Unterweisungen fanden ausschließlich im Einzelunterricht statt.

Nur Lehrer können Sie auf Ihrem Weg begleiten und unterstützen

Yogalehrer haben nicht nur eine lange Ausbildung durchlaufen (in der Regel vier Jahre Basisausbildung und Weiterbildungen), sondern vor allem den ganzen inneren Prozess des Sichkennenlernens und An-sich-Arbeitens durchlebt. Sie kennen die Freuden und Mühen dieses Weges. Sie können begleiten, unterstützen und motivieren, denn sie wissen, wie schwer es ist, sich zu verändern, und sei es nur auf der Ebene von Haltung und Bewegung.

Yogalehrer sind Ansprechpartner

Der Kontakt zu einem Lehrer ermöglicht Ihnen einen Austausch über das, was Ihnen widerfährt, wenn Sie sich auf den Weg machen, mithilfe des Yoga sich selbst zu begegnen. Deswegen war der direkte Kontakt zwischen Lehrer und Schüler über die Jahrtausende hinweg die traditionelle Form der Unterweisung. Sie ist hier im Westen mit dem Gruppenunterricht etwas verloren gegangen, aber jede Schülerin/jeder Schüler kann eine solche Betreuung bei einem Lehrer einfordern.

Eine Person Ihres Vertrauens

Ich empfehle also dringend, dass Sie sich einen Lehrer oder eine Lehrerin suchen, und zwar einen Menschen, zu dem Sie Vertrauen fassen können, bei dem Sie sich wohlfühlen und der Kompetenz vermittelt. Dafür müssen Sie eventuell mehrere Lehrer/-innen und auch mehrere Übungstraditionen (>) ausprobieren, bis Sie das finden, was zu Ihnen passt. Die Mühe lohnt sich, denn der oder die Richtige wird Ihnen helfen, Ihr ganzes eigenes Potenzial zu erkennen und zur Entfaltung zu bringen.

Wozu dient also das Buch?

• Es kann Sie motivieren, (wieder) mit der Yogapraxis zu beginnen.

Es unterstützt Sie in Ihrem Üben und ermöglicht Ihnen auch langfristig eine selbstständige Übungspraxis, da es …

• all die Details nennt, die für eine Übung oder Haltung wichtig und hilfreich sind,

• konkrete Übungsprogramme für verschiedene Bedürfnisse vorschlägt (ab >),

• eine Fülle unbedenklicher Yogahaltungen zeigt, um Ihr Üben zu ergänzen oder zu variieren,

• bei der Auswahl der Übungen und Haltungen hilft, wenn Sie körperliche Probleme haben,

• zeigt, wie Sie die Prinzipien des Übens im Alltag verankern können,

• die Verbindung zwischen Körper, Geist und Atem erklärt, sodass Sie gezielt mithilfe von Übungen auf den Atem und somit auf den Geist einwirken können,

• den geistig-philosophischen Hintergrund der Yogaübungen erläutert, wodurch Ihr Üben Sinn und Tiefe bekommen kann.

MIT DEM BUCH ÜBEN

• Bevor Sie die klassischen Yogahaltungen (Asanas) üben, sollten Sie das Kapitel ab > durcharbeiten. Dort werden die anatomischen Grundlagen und das Konzept der Atemtypen erklärt, die Ihnen ein korrektes, körpergerechtes Üben ermöglichen. Es werden wesentliche Prinzipien erklärt, damit ein selbstständiges Üben möglich wird und die Übungen ihre volle Wirksamkeit entfalten können. Außerdem werden Mittel gezeigt, wie Sie Ihren Körper mit einfachen, hochwirksamen Übungen beweglicher und kräftiger machen können.

• Die anschließenden ausführlichen Praxiskapitel stellen eine Vielzahl klassischer Yoga-Asanas vor. Wählen Sie daraus jene, die Sie ansprechen oder deren Wirkung Sie interessiert.

Lesen Sie allerdings auch immer die Vorsichtsregeln durch. Die Hinweise beruhen auf jahrelanger Beobachtung und Erfahrung, dem Austausch mit vielen Kollegen sowie aktuellen medizinischen Studien, wie sie zum Beispiel im Rahmen der »Rückenschule« durchgeführt wurden.

Viele Tipps helfen Ihnen, die typischen Knackpunkte der Übungen zu überwinden.

Die Übungsprogramme (ab >) sind Vorschläge, um Ihnen das eigene Üben zu erleichtern. Sie können sie ergänzen und erweitern, je nach Ihren Bedürfnissen und der Zeit, die Sie zur Verfügung haben.

• Von Anfang an können Sie sich parallel mit dem Kapitel »Der innere Weg« (>) beschäftigen, welches die Themen Entspannung, Atmung, Konzentration und Meditation umfasst.

Die typischen Yoga-Atmungen sollten Sie allerdings erst üben, wenn Sie 10 bis 15 Minuten lang mühelos in einer aufrechten Sitzhaltung verweilen können, denn die Muskeln, die Sie für das tiefe Atmen brauchen, benötigen Sie teilweise auch für die Rumpfaufrichtung. Wenn Sie zu früh mit den Atemübungen beginnen, ermüden diese nur den Rücken und machen keinen Spaß.

Die Übungen zur Konzentration und Meditation dürfen Sie ebenfalls schon nach einiger Zeit mit einbeziehen, da Sie sie in jeder Sitzhaltung üben können, in der Sie eine Weile aufrecht und bequem zu verweilen vermögen – also zum Beispiel auf Ihrem Bürostuhl.

Der folgende Text lädt Sie ein, mehr über die Hintergründe und Ziele des Übens zu erfahren. Sie können sich aber ohne Weiteres nur auf den Praxisteil konzentrieren und mit Gewinn üben.

»Die Verwirklichung kommt nur zu dem, der sich ständig im Geist des Yoga übt. Wie sollte sie auch zu jemandem kommen, der nichts tut? Die Perfektion im Yoga kann nicht dadurch entstehen, dass man Bücher liest. Das Tragen bestimmter Kleidung reicht nicht aus, um die Verwirklichung zu erlangen. Es reicht auch nicht aus, nur über den Yoga zu diskutieren. Einzig das Üben der Methoden des Yoga führt zur Verwirklichung. Das ist die reine Wahrheit, daran besteht kein Zweifel.«

HATHA-YOGA-PRADIPIKA I,65–66

Tradition und Konzept des Yoga

Der Yoga kommt aus Indien. Der Begriff bezeichnet dort nicht nur eines der sechs großen philosophischen Systeme oder Sichtweisen auf die Wirklichkeit (Darshana), sondern auch eine Methode der Geistesschulung, die hilft, den Geist zu klären und zu beruhigen. Yoga wird außerdem als ein Übungsweg angesehen, der zur Selbsterfahrung und Selbstverwirklichung führt.

URSPRÜNGLICH EIN SPIRITUELLER WEG

Der Yoga war ursprünglich im Herzen des komplexen religiösen Systems angesiedelt, das im Westen Hinduismus genannt wird. Seit der Entwicklung des Yogasystems durch den Weisen Patañjali (sprich: Patanndschali) vor etwa 2000 Jahren hat sich der »klassische« Yoga jedoch weitgehend von seiner religiösen Bindung gelöst und gilt heute zumindest in Indien eher als atheistisch. Tatsächlich aber verbindet sich die geistige Disziplin des Yoga, wie sie von Patañjali niedergeschrieben wurde, mit allen Religionen Indiens und des Westens. Daher konnte sich in den letzten Jahrzehnten sogar ein christlich gefärbter Yoga herausbilden.

Trotzdem kann man sagen, dass der Yoga in seiner reinen, klassischen Form nicht-religiöse, universale Spiritualität ist. Der Yoga als psychologische Wissenschaft ist ebenso neutral wie etwa Physik oder Psychotherapie. Sein Erkenntnisweg kann sowohl vom Gläubigen wie auch vom Atheisten und Skeptiker beschritten werden.

Der im Westen so populäre und viel praktizierte Hatha-Yoga ist ursprünglich in ein religiöses Weltbild eingebunden, und zwar in das des Shivaismus. Dieser Yogaweg gilt in Indien als von Gott Shiva geoffenbart und zeigt Methoden auf, den Übenden zur Einheit mit Gott zurückzuführen. Da sich nur wenige Lehrende der theistischen Ausrichtung des Hatha-Yoga bewusst sind, ist dieser Aspekt im heutigen Üben weitgehend verloren gegangen.

»Yoga ist die Fähigkeit, sich ausschließlich auf einen Gegenstand, eine Frage oder einen anderen Inhalt auszurichten und in dieser Ausrichtung ohne Ablenkung

zu verweilen. Dann scheint in uns die Fähigkeit auf, etwas vollständig und richtig zu erkennen.«

YOGA-SUTRA 1.2–3

Yoga heißt »die Zügel in die Hand nehmen«

Das Wort Yoga geht auf die indogermanische Wurzel yuj zurück. Yuj bedeutet »anschirren« und »zusammenführen von zwei oder mehreren Pferden vor einem (Streit-)Wagen«, aber auch »zusammenbinden«, »anjochen« oder »ins Joch spannen«.

Das Bild des Jochs als Sinnbild des Yoga ist früher sehr weit verbreitet gewesen. Gerne wurde auf die enge Wortverwandtschaft von Yoga und dem deutschen Wort Joch, dem französischen joug, dem spanischen yugo oder dem lateinischen iugum verwiesen. Der berühmte französische Indologe Jean Varenne zieht jedoch inzwischen die Übersetzung »Gespann« vor. Warum, wird klar, wenn man etwas mehr über den historischen Hintergrund dieses Begriffs erfährt.

Die wilden Rösser der fünf Sinne zügeln

Indien ist seit ungefähr 1500 v. Chr. in weiten Teilen von den Indoariern erobert worden, die ihre Kriegszüge und Landnahmen mit Streitwagen machten, die von edlen Rössern gezogen wurden. Diese Pferde waren der wichtigste Besitz der Häuptlinge, und ihr Prestige hing wesentlich von der Anzahl und Kraft ihrer Hengste ab. Die Tiere zu bändigen und sie vor einem Wagen anzuschirren, erforderte Kraft und Geschicklichkeit.

Es gibt die Theorie, dass die Eroberer – neben der Kunst, Streitwagen zu lenken, das Schwert zu führen und mit Pfeil und Bogen zu schießen – eine Art der Geistesdisziplin mitbrachten, die sie Yoga nannten. Sie zeigte Methoden auf, die unruhigen und »wilden Rösser der fünf Sinne« zu zügeln und vor den Wagen zu spannen, der den Körper symbolisiert. Wagenlenker ist der Geist, der bestimmt, wohin sich der Körper und die Sinne bewegen sollen.

Dementsprechend ist es für die heutigen Indologen näherliegend, den Begriff Yoga mit »Gespann« zu übersetzen, da »Joch« sich eher auf die Ackerbaukultur der eroberten Völker bezieht.

Neben dieser historischen Bedeutung wurde der Begriff Yoga aber auch schon sehr früh sinngleich verwandt für alle Techniken der Konzentration, Verinnerlichung und der Verbindung mit etwas Höherem, in der Regel mit dem Göttlichen.

DIE LANGE GESCHICHTE

Yoga ist in Indien seit 3500 Jahren bekannt – dieser Zeitraum zumindest lässt sich zuverlässig durch Quellen belegen. Es gibt immer wieder Spekulationen, dass der Yoga viel älter sei, aber für die Zeit davor ist die Quellenlage ungewiss; man kann nur vermuten, dass yogaähnliche Techniken sowohl in der Induskultur (Jungsteinzeit) als auch im Rahmen schamanischer Techniken auf dem indischen Subkontinent ausgeübt wurden. Wenn es so war, sind diese frühen Strömungen mit größter Wahrscheinlichkeit so mit dem sich später herausbildenden klassischen Yoga verschmolzen, dass sie sich heute nicht mehr von ihm trennen lassen.

Askese und Fakirtum waren vor gut 1000 Jahren fester Bestandteil der religiösen Praxis. Die Asketen glaubten, dass extremer Verzicht und Selbstgeißelung – zum Beispiel das Sitzen zwischen fünf Feuern an glutheißen Tagen oder jahrelanges Stehen auf einem Bein – die Götter zwingen würden, die Gebete zu erfüllen. Fakire dagegen wollten zeigen, dass Gott in ihnen so stark sei, dass ihr Körper unempfindlich gegen Verletzungen werden konnte. Viele Sadhus, die »heiligen Männer« Indiens, leben noch heute in dieser Tradition.

Die Frühzeit – Yoga als magisches Ritual

Uralte Textsammlungen, Vedas genannt, belegen, dass der Yoga in seiner Frühzeit viel mit magischen Opferhandlungen und Ekstasetechniken zu tun hatte. Er diente dazu, durch intensive Konzentration auf die angerufenen Götter zu Visionen oder ekstatischen Zuständen zu finden, die den Erfolg magischer Praktiken wie Opferhandlungen oder Feuerrituale garantieren sollten.

Diese Rituale und Opfer wurden im Laufe der Zeit immer aufwändiger und komplizierter. Opfer--te man früher ein Pferd, so wurden den vedischen Göttern nun schon mal 1000 Hengste dargebracht. Entsprechend wurden auch die Anstrengungen im Yoga verstärkt, sodass Fakirtum und extreme Askese entstanden – beides wird heute noch oft mit dem Yoga in Verbindung gebracht.

Meditation als Weg zur Selbsterkenntnis

Diese Entwicklung führte dazu, dass eine Gegenbewegung aufkam: Das äußere Opfer wurde mehr und mehr durch ein inneres Opfer ersetzt, und statt Reis, Blumen oder Tieren opferte man nun zum Beispiel symbolisch den Atem.

An die Stelle von Askese trat die Meditation darüber, was das eigentliche Selbst des Menschen ausmacht und in welchem Zusammenhang es mit dem kosmischen Selbst steht.

Diese vielfältigen Reflexionen und Spekulationen fanden ab etwa 800 v. Chr. ihren Niederschlag in den Upanishaden. In diesen Textsammlungen wurde in Gesprächsform zwischen Lehrer und Schüler über die existenziellen Fragen der Menschheit nachgedacht. Die Upanishaden entwickelten die Lehre, dass Gott und die Schöpfung identisch sind, dass also alles eins ist. Da Gott in allem ist und alles in Gott, wurden äußere Opfer und Rituale überflüssig. Stattdessen ging es nun darum, in sich den göttlichen Wesenskern, das Selbst (Atman) zu entdecken, also das, was unsterblich, ewig und unbeeinflussbar ist.

Zu dieser Zeit entstand auch die Vorstellung von der Wiedergeburt und einem persönlichen Schicksal, das von Wiedergeburt zu Wiedergeburt mitgeführt wird, in Form der Konzepte von Svadharma (die Aufgabe hier und jetzt in der Welt) und Karma (das Gesetz von Ursache und Wirkung).

Ein Weg zu unmittelbarer religiöser Erfahrung

In dieser Zeit wurde der Yoga in Indien zum ersten Mal populär. Während er vorher vor allem von weltabgewandten Asketen und Suchern (Rishis) ausgeübt worden war, gewann er nun zunehmend Einfluss bei all den Kasten, die sich nicht mit der Ausübung der »offiziellen« Religion, also des Hinduismus, beschäftigen durften.

Menschen niederer Kasten, Kastenlose, zu denen auch die Ureinwohner des indischen Subkontinents zählen, und Frauen (!) hatten keinen Zugang zum Ritual und religiösen Wissen, sondern ausschließlich Männer der drei oberen Kasten. Die Ausübung religiöser Praktiken wie Opfer und Gebet wurde durch eine übermächtige Priesterschaft geregelt, die die Tempel wie kleine Unternehmen verwaltete. Die Brahmanen ließen sich ihr Wissen, wie man mit Gott in Verbindung treten kann, teuer bezahlen und machten Religion zunehmend zu einer Angelegenheit der Wohlhabenden.

Im Gegensatz dazu ermöglichten die Techniken des Yoga theoretisch jedem Menschen die unmittelbare religiöse Teilhabe, da Gott nun im eigenen Inneren gesucht wurde. Er zeigte Methoden, Zugang zu Gott zu finden, Selbsterkenntnis zu erlangen und das eigene Schicksal positiv zu beeinflussen. Somit waren die Menschen nicht mehr darauf angewiesen, dass ihnen die Priester bei der Befreiung aus dem »ewigen Rad der Wiedergeburten« halfen. Jeder konnte sein Geschick selbst in die Hand nehmen und Verantwortung für sein Leben im Hier und Jetzt übernehmen.

Praktisch sah es jedoch weiterhin so aus, dass dieser Weg nur den wenigen offenstand, welche die Texte lesen konnten oder deren Lebensumstände es erlaubten, dass sie eine Weile mit einem spirituellen Lehrer (Guru) zusammenleben konnten.

Im 5. und 6. Jahrhundert v. Chr. entwickelte sich in Indien der Buddhismus. Der historische Buddha hatte selbst jahrelang Yoga praktiziert – daher lassen sich viele Elemente des Yoga in den Meditationspraktiken des Buddhismus finden.

Vor allem das Sitzen in der Stille (Asana), die Atembeobachtung (Pranayama) und das Zurückziehen der Sinne (Pratyahara) wurden fester Bestandteil des buddhistischen Übungswegs.

Der Yoga in der Bhagavadgita

Einer der berühmten Texte, der den Weg des Yoga beschreibt, ist die Bhagavadgita (Der Gesang des Erhabenen), die jedem Inder von Kindesbeinen an geläufig ist. Sie ist Teil eines der großen indischen Nationalepen, des Mahabharata.

Im zentralen Teil dieser Geschichte legt der Gott Krishna dem Kriegshelden Arjuna den Weg des Yoga dar. Genauer gesagt zeigt er ihm drei sich ergänzende Yogawege auf, die dem unterschiedlichen Naturell der Menschen gerecht werden:

• der Yoga des aktiven Tuns (Karma-Yoga),

• der Yoga der Erkenntnis (Jnana-Yoga) und

• der Yoga der liebenden Hingabe an das Göttliche (Bhakti-Yoga).

Krishna erklärt Arjuna, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner Kaste, die Methoden des Yoga nutzen und im Geist des Yoga leben kann.

Ein ganz wesentlicher Gedanke dieser Belehrung besagt, dass der Mensch die Umstände annehmen muss, unter denen er geboren wurde, also Kastenzugehörigkeit, Gesundheitszustand und Grad des Wohlstands, um dann daraus das Beste zu machen. Die Bhagavadgita zeigt aber auch auf, dass unserer inneren Einstellung viel Leid entspringen kann, und sie lehrt, wie wir zu einer Geisteshaltung gelangen können, die uns tatsächlich und unter allen Umständen hilft, solches Leid zu vermeiden. Sie gibt außerdem Hinweise darauf, wie wir unserem Leben Sinn und Perspektive geben können.

Ähnlich wie die Lehren Buddhas, die etwa zeitgleich entstanden, sind auch die Gedanken der Bhagavadgita zeitlos und heute noch hilfreich, obwohl sie unter dem Einfluss anderer Herrschaftsstrukturen entwickelt worden sind.

Der »klassische« Yoga

Da das Yoga-Sutra für den gesamten Yoga bis zum heutigen Tag so wichtig ist, wird es später noch ausführlicher behandelt (>).

Der Einfluss des Tantrismus

Ab ungefähr 500 n. Chr. erschütterte eine große kulturell und religiös gefärbte Revolution Indien, die unter dem Namen Tantrismus bekannt wurde.

Ausgehend von den Randgebieten des indischen Subkontinents, vor allem von Assam und Kaschmir – also Gebieten, die die Indoarier nie wirklich kolonialisiert hatten –, zog eine große Frömmigkeitsbewegung über das ganze Land. Sie gewann schnell Einfluss bei allen »offiziellen« Religionen dieser Zeit: dem Hinduismus (hier vor allem bei den Anhängern des Gottes Shiva), dem Buddhismus und dem Jainismus (siehe auch Glossar >).

Die Tantriker forderten als Erstes, allen Menschen den Zugang zur Religion zu gewähren. Wurde bis dahin das gesamte religiöse Wissen in der alten geheiligten Sprache Sanskrit bewahrt, die nur bestimmte Menschen lernen durften, so wurden das Ritual und das Wissen nun in die unzähligen regionalen Sprachen Indiens übertragen und damit zum ersten Mal allen zugänglich gemacht.

Alles, was ist, ist Ausdruck des Göttlichen

In der Weltsicht der Weisen und Philosophen der vortantrischen Zeit herrschte die Ansicht vor, dass alles, was wir sehen, erfahren und erleben, Illusion (Maya) ist, also ein Trugbild, das sich unser Geist erschaffen hat. Im Tantrismus dagegen wurde die Welt mit allen uns erfahrbaren Erscheinungen als real angesehen. Die Vorstellung, dass die Schöpfung eine Täuschung sei, würde schließlich bedeuten, dass auch Gott eine Täuschung ist. Gott aber war den Tantrikern eine erfahrbare Wirklichkeit. Also wurde und wird von ihnen unterschiedslos alles, was war, was ist und was sein wird, als Ausdruck des Göttlichen verehrt.

Dadurch änderte sich die Wertschätzung des Körpers ganz entscheidend. Noch im klassischen, vortantrischen Yoga wurde er als Hindernis angesehen, weil er uns mit seinen Bedürfnissen vom Wesentlichen, zum Beispiel der Meditation, abhalten kann oder weil er uns über die Sinne immer wieder aus der Konzentration in die Zerstreuung führt. Der Körper sollte beherrscht und bezwungen werden, damit er dem Geist willig diente. Das Ideal war, dass er völlig in den Hintergrund trat und nicht wahrgenommen wurde. Deshalb kannte man im vortantrischen Yoga zwar Sitzhaltungen und einige Atemübungen, aber sehr wahrscheinlich keine Körperübungen in der Art, wie wir sie heute mit dem Yoga verbinden.

Das Wort Tantra kommt von der Wurzel tan, was »ausbreiten, vermehren« heißt und »das, was die Erkenntnis ausdehnt«, bezeichnet. Eine andere Wortbedeutung von Tantra ist »Gewebe«. Sie bezieht sich darauf, dass sich alle großen Geistesströmungen dieser Zeit im Tantrismus wie in einem Gewebe miteinander verbanden.

Hatha-Yoga – der Körper als Ausgangspunkt des Weges

Der körperbezogene Übungsweg des Hatha-Yoga entwickelte sich ungefähr im 8. Jahrhundert n. Chr. in Nordindien auf der Grundlage des Tantrismus. Er war sehr stark von der Verehrung Shivas geprägt, da seine Begründer, die Nath-Yogins, dieser Richtung des Hinduismus folgten. Sie erklärten, dass der Hatha-Yoga den Menschen vom Gott Shiva geoffenbart worden sei, damit sie einem methodischen Weg folgen könnten, der sie zur Quelle ihres Seins zurückführte.

Das wichtigste Ziel des Hatha-Yoga war ursprünglich, den Übenden die Begegnung mit Gott zu ermöglichen. Durch das Üben erfahren sie, dass sie von Lebensenergie (Prana) durchströmt sind, dass ihr Körper ein Wunderwerk ist und dass der Atem, der sie »inspiriert«, von Gott kommt und sie mit ihm verbindet. Indem sie das Schwingen und das Pulsieren des Atems und der Lebensenergie in sich wahrnehmen, erfahren sie Gott in sich, denn diese Energie ist der reine, uranfängliche Ausdruck des Göttlichen (Shakti), und die Tatsache, dass man sie überhaupt wahrnehmen kann, ist Ausdruck des reinen Bewusstseins (Shiva).

Die Meister des Hatha-Yoga entwickelten in den folgenden Jahrhunderten einen komplexen Übungsweg mit Körperhaltungen (Asana), Reinigungsübungen (Kriya), Atemtechniken (Pranayama), Konzentrationen (Dharana), Visualisationen (mittels Bhavana, Yantra und Mandala) und Übungen, die den Klang (Nada) mit einbeziehen. Dieses Konzept berücksichtigt in genialer Weise die vielfältigen Erscheinungsformen der menschlichen Natur sowie die Stärken und Schwächen der menschlichen Psyche. Dadurch ist es wohl auch zu erklären, dass der »Körperyoga« so viele Jahrhunderte lang überleben konnte und auch heute noch die Menschen in aller Welt fasziniert.

Jeder Mensch, der mit dem Üben beginnt, kann die in den Grundlagentexten beschriebenen Erfahrungen »am eigenen Leibe spüren« und nachvollziehen. Jeder, der sich auf diesen Weg einlässt, wird feststellen, dass das Üben ihn im Laufe der Jahre in seiner Gesamtheit verändert und transformiert.

Die dunkle Zeit

Der Hatha-Yoga stand im Mittelalter allen Menschen in Indien als Übungsweg zur Verfügung, egal welcher Religion oder Kaste sie angehörten. Im Gegensatz zum klassischen Yoga war auch Frauen das Üben erlaubt.

Ab 1500 n. Chr. verlor der Hatha-Yoga jedoch an Popularität, da sich die ursprünglichen, strengen religiösen Strömungen wieder durchsetzten. Das führte zum Beispiel dazu, dass Frauen erneut ausgeschlossen wurden und dass wie vorher das Üben des Yoga an eine bestimmte Kastenzugehörigkeit geknüpft wurde.

Wegen seiner teilweise absonderlich anmutenden Techniken (wie Körperhaltungen oder Reinigungsübungen) kam der Hatha-Yoga sogar zunehmend in Verruf. Nur noch wenige authentische Traditionslinien existierten weiter und bewahrten das alte Wissen bis in unser Jahrhundert. Den Wissenschaftlern, die sich mit indischer Geistesgeschichte beschäftigen, ist über den Zeitraum von 1600 bis 1900, in dem der Yoga gewissermaßen in der Versenkung verschwand, wenig bekannt.

Neubelebung alten Wissens

Erst im 20. Jahrhundert erfuhr der Yoga eine ungeahnte Wiederbelebung, denn nach der langen Zeit der Kolonialisierung durch den Islam und durch die Engländer begannen die Inder, sich wieder auf ihre eigene Kultur zu besinnen. Nicht zuletzt trug das große Interesse europäischer Indologen und Religionswissenschaftler dazu bei, dass wichtige Grundlagentexte des Yoga aus dem jahrhundertelangen Dämmerschlaf in verstaubten Bibliotheken geholt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Die alten Techniken wurden überprüft und den Bedürfnissen der modernen Menschen angepasst. Man begann mit ersten wissenschaftlichen Forschungen zu den Wirkungen des Yoga. Und es entstand ein Bedürfnis, die Botschaft des Yoga mit den Menschen anderer Kulturen zu teilen, um auch ihnen die Möglichkeit zu geben, gesünder, klarer und verantwortlicher zu werden.

»Unter Yoga versteht der Inder das Streben, vermittels systematischer Schulung des Körpers und Geistes auf dem Weg innerer Sammlung durch unmittelbares Schauen und Erleben die erlösende Erkenntnis oder die Erlösung selbst zu erlangen. Er ist also keine Lehre, sondern eine Methode, und kann als solche mit den verschiedensten Lehren in Verbindung treten.«

ERICH FRAUWALLNER (INDOLOGE)

Der Yoga kommt in den Westen

Das einschneidende Ereignis in dieser Hinsicht war der Auftritt von Swami Vivekananda beim »Weltparlament der Religionen«, das 1893 in Chicago stattfand. Als »Botschafter« des Hinduismus begeisterte Vivekananda in einer Rede sein Publikum für die Geisteswelt Indiens, was dazu führte, dass er im Anschluß eine Tournee durch die USA unternahm und mit seinen Ausführungen die Neugier und den Forscherdrang der Amerikaner weckte.

In Europa tauchten der körperbetonte Hatha-Yoga und der klassische Yoga Patañjalis um 1930 auf. Während sich zu dieser Zeit eher einzelne Sucher mit den Grundlagentexten und den Übungen beschäftigten, wurde der Yoga ab den 1960er Jahren zu einer äußerst populären Methode, was sich in einer Vielzahl von Publikationen und Sendereihen in Radio und Fernsehen niederschlug. Dabei wandelte sich allerdings der Akzent von einem spirituellen zu einem gesundheits- und fitnessorientierten Übungsweg. Yoga wurde nun geübt, damit man (zumeist allerdings frau) gesund, schlank, leistungsfähig, konzentriert und entspannt den Alltag bewältigen konnte.

Der moderne Yoga heute

Erst in den späten 1990er Jahren setzte sich im Yoga wieder mehr der Aspekt der Selbstfindung, der Selbstverwirklichung und der Spiritualität durch. Gleichzeitig wurden die Körperübungen immer weiter verfeinert, um verschiedenen therapeutischen Ansprüchen zu genügen. Der Yoga wurde dabei einerseits wieder authentischer und puristischer, andererseits verband man seine Grundgedanken mit einer Vielzahl anderer, neuerer Körpertechniken wie Stretching, Feldenkrais, Alexander-Technik, Pilates oder der Rückenschule.

Es gibt heute Schulen, die vor allem die Körperübungen in den Mittelpunkt stellen, andere, die sehr therapeutisch orientiert sind, und schließlich solche, in denen Philosophie und Meditation im Vordergrund stehen (siehe >). Das vorliegende Buch versucht eine Verbindung dieser drei großen Strömungen, so wie es ursprünglich im Hatha-Yoga gedacht war.

Der kurze Überblick über die Geschichte des Yoga zeigt, dass sich dieser in den vier Jahrtausenden seines Bestehens vielfältigen Wandlungen unterzog. Die Zeitströmungen veränderten ihn jedoch nie so stark, dass seine Essenz verloren ging. Immer wieder zeigt er sich frisch, lebendig und faszinierend. Da sich die grundlegenden Probleme des Menschen offenbar ebenso wenig ändern wie seine Natur, ist anzunehmen, dass der Yoga auch alle weiteren Wellnessmoden überstehen wird, denn er hat eine Vielfalt erprobter, hilfreicher Antworten und Lösungsvorschläge anzubieten.

Jede dieser Yogatraditionen setzt andere Akzente und leistet auf ihre Weise ihren Beitrag zu den Schätzen, die der Yoga den Menschen über die Jahrtausende hinweg zur Verfügung stellt. Jede Tradition bringt ihre eigenen Meister hervor, die ihren Schülern helfen, ihren Geist, ihren Körper und damit ihr Leben zu meistern und mit Sinn zu erfüllen (siehe dazu »Die 7 Schätze des Yoga«, Büchertipps >).

DIE WICHTIGSTEN TRADITIONSLINIEN, DIE HEUTE DEN YOGA BESTIMMEN

Die folgende kurze Übersicht ist als Orientierungshilfe gedacht, wenn Sie nach einem Yogalehrer suchen. Sie beruht auf den Erfahrungen der Autorin mit den unterschiedlichen Traditionen, ist also subjektiv. Probieren Sie selbst aus, welcher Stil – ob indisch oder westlich – und welche Lehrerin/welcher Lehrer Ihnen entspricht.

• Iyengar-Yoga (sprich Aijengar): Begründet von B. K. S. Iyengar (Poona/Indien) und weltweit verbreitet. Kraftvoller, körperorientierter Yoga im indischen Stil. Bedingt geeignet für reine Anfänger/-innen. Menschen mit ernsthaften körperlichen Problemen (Rücken, Knie) finden guten Einzelunterricht.

• Ashtanga-Yoga: Begründet von Pattabhi Jois (Mysore/Indien). Sehr kraftvoller, körper-orientierter Yoga im indischen Stil. Lange Übungsreihen, die sehr dynamisch geübt werden. Geeignet für alle, die eine strukturierte, kraftvolle und doch meditative Körperübungspraxis suchen.

• Yoga der Energie: Begründet von Lucien Ferrer und Roger Clerc (Paris). Verbreitet in Frankreich, zunehmend auch in Deutschland. Kraftvoller Hatha-Yoga unter Einbeziehung aller Techniken (Atmung, Konzentration, Meditation, Visualisierungen, Mantra-Singen) und der klassischen Texte, angepasst an die Möglichkeiten und Bedürfnisse westlicher Menschen. Geeignet für alle, für Anfänger und Fortgeschrittene jeden Alters.

• Vini-Yoga: Begründet von Sri Krishnama-charya (Madras/Indien) und seinem Sohn Desikachar. Verbreitet in Europa und den USA. Verbindung von Hatha-Yogatechniken und der Philosophie Patañjalis. Oft sehr therapeutisch ausgerichtet (Einzelunterricht) und stark an den Bedürfnissen der Übenden orientiert. Geeignet für alle, auch für Menschen mit gesundheitlichen Problemen.

• Sivananda-Yoga: Begründet von Swami Siva-nanda (Rishikesh/Indien) und weltweit verbreitet. Klassischer Hatha-Yoga im indischen Stil. Kurse in Philosophie (Vedanta), Meditation und Ernährungslehre. Geeignet für gesunde Menschen mit gutem Körpergefühl.

• Kundalini-Yoga: Begründet von Yogi Bhajan in der religiösen Tradition der Sikhs und weltweit verbreitet. Klassischer Hatha-Yoga im indischen Stil mit intensiven Körper- und Atemübungen (>). Kurse in Mantra-Singen, Ernährungslehre und Lebensführung. Geeignet für körperlich und seelisch gesunde, stabile Menschen mit gutem Körpergefühl.

• Kriya-Yoga: Der bekannteste Vertreter war Yogananda. Weltweit verbreitet. Körper- und Atemübungen, vor allem aber Meditation und geistige Schulung im indischen Stil. Geeignet für alle.

• Integraler Yoga: Begründet von Sri Aurobindo (Pondicherry/Indien) und weltweit verbreitet. Ein hauptsächlich geistiger Weg, der Selbsterfahrung und Meditation in den Mittelpunkt stellt.

Der Yogaweg des Weisen Patañjali

Patañjali gilt als der Verfasser des Yoga-Sutra (Leitfaden des Yoga), eines der wichtigsten Grundlagentexte des sogenannten klassischen Yoga. Er fasste darin das zu seiner Zeit vorhandene Wissen über den Yoga zusammen und gab ihm eine Struktur.

So entstand eine methodische Darlegung der Natur des Geistes und eine Analyse der normalen menschlichen Situation, die von Unklarheit und Leid gekennzeichnet ist. Außerdem erläutert er den Achtstufigen Yogaweg oder Achtgliedrigen Pfad (Ashtanga Marga). Diesen Pfad zu befolgen hilft, den Geist zu klären, die Ursachen des Leids zu erkennen und künftiges Leid zu vermeiden. Da Patañjalis Konzept so genau beobachtet und so zeitlos gültig ist, soll es hier etwas genauer erläutert werden.

In den Yoga-Sutras finden wir zwei hilfreiche Vorschläge, um den Geist zu ordnen und zu klären: das Einhalten einer bestimmten Übungspraxis – des Achtstufigen Weges – und das Entwickeln einer inneren Einstellung von Gelassenheit. Für beides ist es wichtig, darauf zu vertrauen, dass sich der Geist verändern lässt, egal wie schwierig uns unser Unterfangen erscheint und wie viele Rückschläge wir erleiden.

UNSER GEIST BESTIMMT UNSER HANDELN

Patañjali stellt zu Beginn seines Leitfadens fest, dass unser gesamtes Handeln durch den Zustand unseres Geistes bestimmt ist.

Wir brauchen nur einen Augenblick unseren eigenen Geisteszustand zu beobachten, um festzustellen, dass er unruhig und zerstreut ist und uns ständig viele Dinge gleichzeitig durch den Kopf gehen oder dass die Aufmerksamkeit laufend zwischen verschiedenen Objekten hin und her springt. Ein solcher Geisteszustand bewirkt, dass auch unsere Handlungen unkonzentriert und zerstreut sind, und vor allem, dass sich unsere Energie zerstreut. Nach einem Tag, an dem wir »viel um die Ohren hatten« und von allen Seiten gefordert wurden, sind wir körperlich und geistig erschöpft.

Patañjali analysiert nun, wie es zu diesem Energieverlust kommt. Er beobachtete, dass sich unser Geist nicht nur mit dem beschäftigt, was gerade anliegt, sondern dass er auch noch ständig Sinneseindrücke zu verarbeiten hat. Daneben beschäftigen ihn Erinnerungen und/oder die Planung der Zukunft. Wenn wir uns diese Flut von Aktivitäten vor Augen führen, wird deutlich, dass der Geist gar nicht anders kann, als so unorganisiert und durcheinander zu sein. Es wird auch verständlich, dass ein solcher Geist nicht hilfreich ist, um ein klares, unkompliziertes Leben zu führen.

Kleshas – Hindernisse auf unserem Weg

Die Lebenserfahrung zeigt, dass der Geist sich dem Versuch, seine Struktur zu verändern, immer wieder entzieht oder dem sogar massive Widerstände entgegensetzt. Deshalb ist es sinnvoll, uns der Hindernisse auf diesem Erkenntnisweg bewusst zu werden, damit wir sie registrieren, wenn sie auftauchen. Manchmal zeigen sie sich allerdings nicht deutlich, sondern wir merken nur, dass wir ohne wirklich erkennbaren Grund bedrückt sind oder uns unwohl fühlen. Wenn wir diese Symptome nicht ernst nehmen, erklärt Patañjali, werden sie sich im Körper niederschlagen und uns mit dem Gefühl innerer Enge und Unruhe konfrontieren. Je mehr wir wegschauen, desto stärker werden die Symptome werden, bis es uns so schlecht geht, dass wir etwas tun müssen, weil wir es nicht mehr aushalten.

Die Hindernisse sind vielfältig, aber Patañjali führt sie auf fünf Hauptverursacher zurück, die Kleshas (Leid verursachende innere Spannungen, tief sitzende störende Neigungen):

»Solange der Ursprung unserer Handlungen in den Kleshas liegt, werden die Kleshas diese Handlungen in jeder Hinsicht beeinflussen: in ihrer Ausführung, in ihrer Dauer und in den daraus entstehenden Folgen.«

YOGA-SUTRA 2.13

Falsches Wissen: Wahrheit ist immer subjektiv

Das Haupthindernis für mehr Ruhe, Klarheit und Zufriedenheit ist das erste Klesha. Die Bezeichnung »falsches Wissen« (Avidya) bezieht sich darauf, dass wir normalerweise glauben, über ein Wissen zu verfügen, mit dem wir uns und die Welt objektiv erfahren und wahrnehmen können. Aber gerade das ist uns in diesem Geisteszustand nicht möglich. Unser Wissen ist geprägt durch unsere Erziehung, unsere Erfahrungen, unsere Weltsicht und unsere Glaubenssätze – und damit zutiefst subjektiv. Wir geben Einschätzungen und Urteile über die Welt und unsere Mitmenschen ab, die immer gefärbt sind von unseren Wünschen, Erwartungen, Ängsten und Projektionen.

Avidya bedeutet aber auch »Irrtum, Verwechslung« und bezieht sich darauf, dass wir oft leiden, weil wir das Vergängliche mit dem Ewigen verwechseln (man denke nur an die berühmte »ewige Liebe«) und das Wesentliche (was ist wirklich wichtig in meinem Leben?) nicht vom Unwichtigen (dem täglichen Getriebe) zu trennen wissen.

Bin ich wirklich der, der ich glaube zu sein?

Das zweite Klesha, die falsche Einschätzung der eigenen Person (Asmita), hängt damit ganz eng zusammen. Es geht um das Konzept, das wir von unserer Person und unserem Image haben. In der Kindheit sagen uns unsere Eltern und die Menschen um uns herum, wie wir sind und was wir sind.

Eigentlich sagen sie nur, wie sie uns sehen. Wir identifizieren uns jedoch mit diesen Aussagen, die unser Aussehen, unsere Fähigkeiten und unseren Wert betreffen. Wir entwickeln ein Bild von uns, eine Identität, und glauben, dass wir objektiv so seien.

Wenn wir erwachsen sind, ist es vor allem das, was unsere Mitmenschen über uns sagen, was unser Selbstbild formt. Zusätzlich legen wir uns – bewusst oder unbewusst – ein Image zu, um uns zu schützen oder um andere dazu zu bewegen, unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Schließlich ist unsere Persönlichkeit aus so vielen Facetten zusammengesetzt, die wenig mit unserem wahren Selbst zu tun haben, dass wir gar nicht mehr wissen, wer wir eigentlich sind. Und oft haben wir auch keine Ahnung, warum wir wertvoll und liebenswert sind und was der Sinn und Zweck unseres Daseins in diesem Leben ist.

Haben-Wollen macht unfrei

Das dritte Hindernis (Raga) bezieht sich auf unser Verlangen und unsere Bedürfnisse, die darauf dringen, gestillt zu werden. Dieses »Haben-Wollen« richtet sich nicht nur auf Sachen, sondern vor allem auf das Erlangen von Aufmerksamkeit, Anerkennung, Zuwendung und Liebe. Da es sich hierbei um die frühesten Bedürfnisse des Menschen handelt, die leider oft nicht genügend erfüllt wurden oder nicht erfüllt werden konnten, sind sie meist unbewusst und außerordentlich drängend. Wenn wir in uns hineinhören, können wir schnell erkennen, wie häufig unsere (gerechtfertigten!) Bedürfnisse die Triebfeder unseres Handelns sind oder dass sie uns auf eine bestimmte Art reagieren lassen, wenn wir merken, dass sie nicht gesehen, anerkannt oder befriedigt werden. Häufig genug lassen uns unsere Bedürfnisse sogar wider besseres Wissen Dinge tun, die uns schaden.

Nicht-haben-Wollen auch!

Das nächste Klesha, die Abneigung, das Nicht-haben-Wollen, die Vermeidung (Dvesha), steht in ganz engem Zusammenhang mit dem Vorhergehenden. Anstatt den Realitäten des Lebens klar ins Auge zu sehen, ziehen wir es immer wieder vor, wegzuschauen, weil das, was wir sehen – zum Beispiel die Tatsache, dass wir Bedürfnisse haben –, uns mit Scham erfüllt oder uns mit seelischem Schmerz konfrontiert. Es ist erstaunlich zu erkennen, was für einen beträchtlichen Teil seiner Energie der Geist darauf verwendet, Unangenehmes zu vermeiden und Schutzschilde um die Seele zu errichten und aufrechtzuerhalten.

Angst – das Hindernis, dem keiner entfliehen kann

Das letzte der fünf Kleshas ist die Angst (Abhinivesha) – das Hindernis, das am tiefsten in uns verwurzelt ist. Es ist verbunden mit der Unsicherheit, ob und wie wir den nächsten Tag erleben werden, und der Angst, nicht geliebt zu werden. Diese Angst wird durch das Leben, das sich unaufhörlich wandelt, ständig genährt. Wir können nie wissen, ob das, was gestern galt, heute oder gar morgen noch gelten wird, ob man uns noch lieben wird, ob wir noch gesund sein werden oder ob wir unsere Arbeit behalten werden.

Aber nicht nur solche Veränderungen, die uns jederzeit treffen können, machen Angst. Auch die Formulierung unserer Bedürfnisse, die Bitte um Zuwendung oder Liebe oder das Aufzeigen eigener Grenzen bereiten Angst, denn wir riskieren damit Zurückweisung oder sogar Ablehnung. Folglich leben viele Menschen in Kompromissen. Sie wissen in ihrem Innersten, dass etwas nicht stimmt, aber wagen nicht – um des lieben Friedens willen –, eine unbefriedigende Situation anzusprechen und sich dem Konflikt zu stellen.

Je unbewusster und je stärker unsere Ängste sind, desto mehr wird unsere innere Ruhe gestört und die Klärung des Geistes behindert. Jedes Mal, wenn die Angst unbemerkt in uns hochsteigt, reagiert nicht nur unser gesamtes Nervensystem mit Panik, sondern der Geist ist wie gelähmt und außerstande, uns bei der Lösung unserer Probleme wirklich behilflich zu sein. Patañjali sagt, dass diese Angst jedem Menschen innewohne, selbst dem Weisen, und dass es das Klesha sei, das man am schwierigsten abbauen könne.

Angst erfordert eine hohe Achtsamkeit, damit sie nicht beginnt, uns zu kontrollieren. Es geht nicht darum, die Angst zu unterdrücken. Hilfreicher ist es, sie als Ausdruck unserer Verletzlichkeit anzunehmen. Schließlich ist sie ja entstanden, weil sie uns vor etwas schützen und uns Vorsicht lehren wollte. Damit ist sie ein wichtiger Teil unserer biologischen Grundausstattung.

DIE FÜNF KLESHAS

• Falsches Verstehen, falsches Wissen (Avidya)

• Falsche Einschätzung der eigenen Person/des Egos (Asmita)

• Das drängende Verlangen, etwas haben zu wollen (Raga)

• Abneigung, Abwehr und Vermeidung (Dvesha)

• Angst, insbesondere die Angst vor dem Tod (Abhinivesha)

Das Reiz-Reaktions-Schema verlassen

Der erste Schritt, die Wirkung der Kleshas abzuschwächen, ist die Entwicklung einer ständigen Achtsamkeit. So können wir uns bewusst werden, wann die Kleshas auftauchen, was sie hervorlockt und wie wir auf sie reagieren.

Dafür empfiehlt uns Patañjali, im Laufe des Tages, wenn uns irgendetwas irritiert, kurz innezuhalten und uns zu fragen: »Stopp! Was geht hier vor? Ist die Situation so in Ordnung für mich? Wo steuert sie hin? Entspricht das meiner Absicht?« Dieser Reflexionsprozess, der in Sekundenschnelle abläuft, erlaubt es uns, das Reiz-Reaktions-Schema zu verlassen, bewusst zu entscheiden und zu handeln.

Patañjali macht klar, dass sich keines dieser Hindernisse je ganz beseitigen lassen wird, da die Grundtendenz aller fünf Kleshas in unserer Biologie ganz tief verankert ist: Aus biologischer Sicht ist es gut, sich von Annahmen über die Welt leiten zu lassen, ein Ego zu entwickeln, Bedürfnisse und Abneigungen zu haben und Angst spüren zu können. Wichtig ist jedoch ein bewusster Umgang mit den Kleshas, denn er hilft, sie abzuschwächen, damit sie nicht unser Wesen und unser Handeln dominieren. Mit dem Konzept der Kleshas haben wir daher ein wirkungsvolles Mittel in der Hand, unseren Geist und unser Handeln zu klären und zu versuchen, zukünftiges Leid für uns und andere zu erkennen und zu vermeiden.

Dafür müssen wir lernen, den analytischen Teil unseres Verstandes gezielt und konstruktiv einzusetzen, um zu unterscheiden und zu differenzieren. Das wird im Yoga Viveka, Unterscheidungsfähigkeit, genannt und gilt als eine hohe Qualität. Die in uns wirksam werdenden Kleshas zu erkennen und zu kontrollieren, ist ein Prozess, der nur Schritt für Schritt geschieht und – einmal in Gang gesetzt – unser ganzes Leben lang anhalten wird, bis wir eines Tages bewusst und ruhig unserem Tod ins Auge schauen können.

Um diesen Prozess zu unterstützen, hat Patañjali ein methodisches Vorgehen entwickelt, den Yogaübungsweg der acht Stufen.

Um die Hindernisse auf dem Weg zu erkennen und ausräumen zu können, ist es am besten, innezuhalten und gegenüber den Geschehnissen in den Zustand des inneren Beobachters (>) zu gehen.

DER ACHTSTUFIGE YOGAWEG

Die acht »Stufen« sind wie die Maschen eines Netzes miteinander verbunden, alle beziehen sich aufeinander. Jede Masche ist innerhalb des Netzes unverzichtbar, keine ist besser oder wertvoller als eine andere. Das ganze Modell ist wie eine Spirale angeordnet. Wenn wir die acht Stufen, die zunächst einmal ein theoretisches Konzept darstellen, mit Leben und Erfahrung gefüllt haben, werden wir mit einem anderen Bewusstsein auf unsere ersten Schritte schauen. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn wir, nachdem wir Meditationserfahrung gemacht haben, wieder zum Üben von Körperhaltungen (Asanas) zurückkehren, werden wir sie anders, nämlich bewusster und ruhiger ausführen als zu der Zeit, als die Meditation uns noch fremd war.

»Wenn das Denken im Selbst ruht, die Begierden bewältigt sind und auch Wünsche nicht mehr stören, dann ist das Yogaziel erreicht.«

BHAGAVADGITA 6,18

1 Vom Umgang mit der Welt – Yama

Yama ist die erste Stufe. Sie beinhaltet Vorschläge zum Handeln in der äußeren Welt:

• Ahimsa: Ein bewusster und rücksichtsvoller Umgang mit allen Lebewesen, wobei wir besonders darauf achten sollen, anderen kein Leid zuzufügen. Ahimsa meint, liebevoll und rücksichtsvoll mit uns und anderen umzugehen.

• Satya: Wahrhaftigkeit und Offenheit.

• Asteya: Bewusster Umgang mit unserem Begehren. Aufgeben des Haben-Wollens, und zwar insbesondere von Dingen, die uns nicht gehören.

• Brahmacharya: Das richtige Maß im Handeln. Hier ist auch an die Sexualität gedacht, um zu verhindern, dass sie unser Denken beherrscht und wir uns in unseren Leidenschaften verzetteln.

• Aparigraha heißt wörtlich übersetzt »nicht horten«. Wir können es als einen sehr aktuellen Vorschlag Patañjalis interpretieren, wie wir mit dem Überfluss der Natur und der Gesellschaft umgehen sollten, nämlich nur so viel davon besitzen zu wollen, wie wir wirklich brauchen. Da Besitz bekanntlich belastet, hat derjenige, der sich mit wenig begnügt, auch weniger Sorgen und dafür mehr Zeit, sich den Dingen im Leben zu widmen, die wirklich wichtig sind.

2 Vom Umgang mit sich selbst – Niyama

Niyama, die zweite Stufe, beinhaltet Vorschläge, die uns selbst betreffen:

• Shauca: Reinheit. Gemeint ist, dass wir darauf achten, unseren Körper, unseren Geist und unsere Umgebung nicht zu verunreinigen. Shauca meint auch, die übertriebene Sorge um die Vergänglichkeit unseres Körpers aufzugeben und uns der Entwicklung unserer inneren Schönheit zu widmen.

• Santosha: Zufriedenheit mit dem, was wir haben, und Wertschätzung unseres Lebens in allen Aspekten anstelle eines ständigen Verlangens nach dem, was wir noch nicht haben und was wir noch nicht sind. Sich selbst annehmen und sich okay finden. »Tiefe Zufriedenheit lässt uns grenzenloses Glück erfahren«, stellt Patañjali fest (Sutra 2.42), denn sie erlaubt uns, zur Ruhe zu kommen und nicht ständig auf der Suche nach Glück und Erfüllung durch das Leben zu hetzen.

• Tapas: