Das Herz des Wüstenprinzen - Teresa Southwick - E-Book

Das Herz des Wüstenprinzen E-Book

TERESA SOUTHWICK

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Beschreibung

Wir haben für Sie die schönsten Romane aus 1001 Nacht zusammengestellt - vom Scheich bis zum Wüstenprinzen - tauchen Sie ein in die faszinierende Welt des Orients.

KÜSSE UNTERM WÜSTENHIMMEL

Heiß wie die Sonne brennt Fariqs Kuss auf ihrer Haut. Crystal vergisst alles um sich herum. Erst als ihr der Prinz sanft die Brille abnehmen und die Haare lösen will, kriegt sie Panik: Auf keinen Fall darf er sie erkennen!

WERDE MEINE KÖNIGIN

Für standesgemäße Bräute interessiert sich Prinz Kamal nicht, solange er endlose Lust mit der Krankenschwester Ali erleben kann. Aber die will nicht seine Geliebte auf Zeit sein ...

DER KUSS DES PRINZEN

Ein luxuriöser Blumenstrauß, eine Einladung zum Lunch - Rose lässt sich davon nicht so leicht beeindrucken. Khalim gibt sich damit aber nicht zufrieden. Er setzt alles auf eine Karte: seine unwiderstehlichen Verführungskünste ...

WIE IM MÄRCHEN

Seit ihrer ersten Begegnung mit Rashid ist Bridget dem attraktiven Scheich total verfallen. Aber er ist der Freund ihrer Cousine! Erst als sie in einer heißen Nacht in seinen Armen liegt, wagt sie zu hoffen ...

IM PALAST DER LEIDENSCHAFT

Jenna soll aus New York weggehen und Scheich Rashid heiraten! Nicht mit ihr. Sie will wahre Liebe. Doch dann sieht sie Rashid und ihre Knie werden weich ...

MEIN GELIEBTER PRINZ

Eine Scheinehe mit Prinz Kaliq ... In seinem orientalischen Luxusloft fühlt sich alles irgendwie echt an! Molly will Kaliq erst abblitzen lassen, doch dafür ist es eigentlich zu gut ...

HERRSCHER MEINES HERZENS

Erotische Kalenderfotos von seiner Traumfrau? Das kann Scheich Hashim eigentlich nicht zulassen. Er trennt sich von Sienna, aber er kann die verführerische Schöne einfach nicht vergessen …

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Seitenzahl: 1195

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Teresa Southwick, Sharon Kendrick, Barbara Mcmahon

Das Herz des Wüstenprinzen

IMPRESSUM

Küsse unterm Wüstenhimmel erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© Teresa Ann Southwick Originaltitel: „To Kiss A Sheik“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 231 - 2004 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Umschlagsmotive: iconogenic, Guenter Guni / iStockphoto Umschlaggestaltung: Sara Gerdes

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733742829

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Sie fühlte sich wie das hässliche Entlein an einem ganz besonders schlechten Tag.

Crystal Rawlins rückte die großen, dicken Brillengläser zurecht, die so viel von ihrem Gesicht verdeckten wie nur irgend möglich. Sie war nicht daran gewöhnt, dass etwas ihre Sicht einschränkte, doch für ihre Tarnung war das Ganze unerlässlich. Und jetzt hieß es Showtime.

„Ich bin Crystal Rawlins“, stellte sie sich Seiner Hoheit Fariq Hassan vor, während sie beide neben dem auf Hochglanz polierten Kirschholzschreibtisch in seinem Büro standen.

„Ja. Das neue Kindermädchen. Willkommen in El Zafir, Miss Rawlins. Es freut mich, Sie kennen zu lernen.“

Er war die Verkörperung von groß, dunkel und – wow! Ohne Probleme hätte er das Vorbild für jeden Märchenprinzen abgeben können. Höflich lächelnd streckte er ihr die Hand entgegen.

Ich schüttele dem Teufel die Hand.

Der Gedanke kam Crystal unweigerlich, als sie die Begrüßungsgeste erwiderte. Der kurze Körperkontakt ließ ihre ohnehin schon zittrigen Nerven vollends durchgehen.

Wenn sie sich sonst zu ihrem ersten Arbeitstag einfand, trug sie normalerweise ein sorgfältiges Make-up und Kleidung, in der sie sich professionell und sicher fühlte. Doch sie hatte nie einen Job wie diesen gehabt, weder was Umstände, Geld noch Bedeutung anbelangte. Und die Risiken waren niemals so groß gewesen. Eine seltsame Wendung des Schicksals hatte dazu geführt, dass ihr gutes Aussehen zu ihrer Entlassung führen konnte. Und wenn das passieren sollte, wer würde dann die Arztrechnungen ihrer Mutter bezahlen? Die Gläubiger drohten ohnehin schon, ihrer Mutter alles zu nehmen, was sie besaß – auch das Haus, in dem Crystal aufgewachsen war – und das würde sie, Crystal, niemals zulassen.

„Es freut mich ebenfalls, Sie endlich kennen zu lernen, Euer Hoheit. Ich habe ein paar Nachforschungen angestellt und dabei viele wunderbare Dinge über Ihr Land erfahren. Ich bin sehr dankbar, dass ich die Chance bekommen habe, hier zu arbeiten.“

Er musterte sie. „Selbst wenn der Vertrag über drei Jahre geht? Von den Ferien mal abgesehen, ist es eine lange Zeit, die Sie fern Ihrer Heimat verbringen.“

„Einen festen Job zu haben ist etwas sehr Gutes.“

Er nickte zustimmend. „Das ist wahr. Genauso wie Stabilität für meine Kinder.“

„Ihre Tante erwähnte, dass Sie in letzter Zeit einige Schwierigkeiten mit der Besetzung dieser Stelle hatten. Fünf Kindermädchen in einem Jahr, wie ich hörte?“

„Ja.“ Er runzelte die Stirn.

„Ich versichere Ihnen, dass es meine volle Absicht ist, den Vertrag zu erfüllen.“

„Gut. Ich verstehe jetzt, warum meine Tante so von Ihnen geschwärmt hat, nachdem sie Sie in New York getroffen hatte.“

„Prinzessin Farrah hat einen ausgezeichneten Geschmack …“ Crystal hielt mitten im Satz inne. Das klang ja furchtbar eingebildet und ganz und gar nicht wie das, was sie gemeint hatte. „Ich wollte sagen, die Prinzessin scheint sehr wählerisch zu sein und eine gute Beobachtungsgabe zu haben. Und außerdem einen wunderbaren Sinn für Mode.“

„Auch für Kindermädchen, wie ich hoffe.“

Fariq war der Vater von den fünfjährigen Zwillingen, um die sie sich kümmern sollte. Es war wichtig, dass sie ihn von Anfang an von sich überzeugte.

Nun stand sie also ihrem zukünftigen Boss gegenüber, der, wenn nicht der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte, doch zumindest zu den Top Drei zählte, und sie hatte nur ihr nacktes Gesicht zu bieten. Was hätte sie für ein wenig Kosmetik gegeben oder hohe Absätze und ein maßgeschneidertes Kostüm!

Stattdessen bemühte Crystal sich um ein unscheinbares Äußeres, wie es in der Jobqualifikation gefordert worden war. Eine ganz schöne Herausforderung für eine ehemalige Schönheitskönigin. Schließlich war sie der Stolz ihrer Heimatgemeinde Pullman, Washington. Dort war ihr ganzer Erfolg nur von ihrer Optik bestimmt worden. Doch jetzt kam der Moment der Wahrheit: Würde der Prinz die Maskerade durchschauen, die aus hässlicher Brille, sackartigem, marineblauem Kostüm, flachen Schuhen und einer Frisur bestand, bei der ihre Haare so streng und fest zurückgebunden waren, dass es schmerzte?

Wenn ja, würde sie sofort in den Flieger gesetzt werden, und zwar ohne das großzügige Gehalt, das der Hauptgrund für ihre Anwesenheit in El Zafir war. Der andere Grund lag darin, dass es ihr die Möglichkeit bot zu reisen und ein fremdes Land kennen zu lernen. Das war ihrer Mutter wichtig gewesen und auch der einzige Weg, auf dem Crystal sie dazu hatte bringen können, finanzielle Hilfe von ihr anzunehmen.

„Bitte setzen Sie sich, Miss Rawlins.“ Er deutete auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch.

„Danke schön.“

Sie nahm Platz und unterdrückte einen wohligen Seufzer, als sie in das weiche Leder sank.

„So“, murmelte er, während er um den Tisch herumging und sich dann dahinter setzte. Er begegnete ihrem Blick. „Wie war Ihr Flug von …“ Er schaute hinunter auf etwas, was vermutlich ihre Bewerbungspapiere waren. „Washington? Dem Anbaugebiet köstlicher Äpfel, wie ich mich zu erinnern glaube.“

„Nicht in Pullman. Dort gibt es überall nur Weizen. Und mein Flug war sehr lang, Euer Hoheit. Ich habe vergessen, wie viele Zeitzonen ich passiert habe.“

„Ja.“

Fariq Hassan war der Mittlere der drei Söhne von König Gamil, und offensichtlich verschwendete er nicht viele Worte. Ihre Nachforschungen über die traumhaft reiche königliche Familie dieses Landes des Mittleren Ostens hatten ergeben, dass die Hassans in der absoluten Oberliga spielten. Der jüngste Sohn Rafiq war so etwas wie ein Playboy. Der älteste Sohn, Kronprinz Kamal, wurde von der Presse als begehrtester Junggeselle der Welt gehandelt, und Fariq war ein Witwer, der von einigen der schönsten Jet-Set-Frauen regelrecht verfolgt wurde.

„Haben Sie sich von der Reise erholt?“, erkundigte er sich höflich.

„Ich bin dabei. Gestern habe ich mich wie ein begossener Pudel gefühlt“, seufzte sie. „Wahrscheinlich habe ich auch genau so ausgesehen“, fügte sie hinzu und testete damit die Wirkung ihrer Maskerade.

„Ich bin sicher, das war nicht der Fall.“

„Sie sind sehr freundlich. Und ich bin dankbar für die Möglichkeit, mich zu akklimatisieren. Ich habe es sehr geschätzt, dass ich mich ein wenig erholen konnte, um auf Sie und die Kinder einen möglichst positiven Eindruck zu machen.“

„Erzählen Sie mir von Ihren Erfahrungen mit Kindern.“

Er betrachtete sie sehr aufmerksam, doch sein Blick zeigte nicht mehr als normale Neugier. Wenn eine Frau es gelernt hatte, mit ihrem weiblichen Radar männliches Interesse zu erkennen, dann war es Crystal. Sie hatte genügend praktische Erfahrung sammeln können und sich geschworen, niemals wieder das dekorative Anhängsel eines Mannes zu sein. Seine neutrale Reaktion deutete an, dass ihre Verkleidung funktionierte. Warum war sie dann leicht enttäuscht, dass er sie offensichtlich kein bisschen attraktiv fand?

„Ich habe mein Studium damit finanziert, dass ich Kinder gehütet habe.“ Und mitdem Preisgeld aus dem Schönheitswettbewerb. „Ich habe einen Abschluss in Erziehungswissenschaften. Nach dem Examen habe ich ein Jahr lang bei einer wohlhabenden Familie in Seattle gearbeitet. Meine Empfehlungsschreiben liegen Ihnen vermutlich vor …“

„Ihre Referenzen sind tadellos. Ein Abschluss in Erziehungswissenschaften?“ Er blickte sie fragend an.

Mit diesen schwarzen Augen schien er geradezu durch sie hindurchzusehen. Wie Röntgenstrahlen.

„Irgendwann möchte ich gerne unterrichten.“ Sie setzte sich so aufrecht hin, wie sie konnte, straffte ihre Schultern und warf ihm ihren besten Ich-habe-nichts-zu-verbergen-Blick zu.

„Sie haben kein Bedürfnis, eine eigene Familie zu gründen?“ Er hob eine mitternachtsschwarze Augenbraue.

„Irgendwann sicher. Aber da sind einige Dinge, die ich vor Liebe, Heirat und Kindern erleben möchte.“

„In dieser Reihenfolge?“

„Welche andere Reihenfolge sollte es geben?“

Seine Mundwinkel nahmen einen zynischen Zug an. „Kinder, dann die Heirat.“

Crystal schoss das Blut in die Wangen bei der Andeutung von Sex vor der Hochzeit. Heutzutage war das wohl völlig normal, und sie beurteilte auch niemanden danach. Aber die Tatsache, dass sie mit diesem Mann über so intime Dinge sprach, trieb ihr die Röte ins Gesicht.

Sie rutschte nervös auf ihrem Ledersessel herum, und schaute ihm dann schließlich in die Augen. „Euer Hoheit, ich bin nicht so naiv, dass ich nicht wüsste, dass das vorkommt. Aber nicht bei mir.“

„Ich verstehe. Ich dachte allerdings, dass amerikanische Frauen so stolz darauf sind, eine Karriere und eine Familie zugleich unter einen Hut bringen zu können. Worin liegt also die Notwendigkeit zu warten, Miss Rawlins?“

„Es ist nun mal nicht die Art und Weise, wie ich es machen möchte. Ich liebe Kinder, weshalb ich auch Erziehungswissenschaften studiert habe. Und wenn ich eigene habe, beabsichtige ich, zu Hause zu bleiben und sie großzuziehen. Aber wenn der Zeitpunkt der Richtige ist, werde ich wieder arbeiten gehen. Mein Beruf als Lehrerin wird es mir ermöglichen, Feiertage und Ferien mit meinen Kindern verbringen zu können.“

„Aha. Eine Planerin. Sehr organisiert.“ Er runzelte die Stirn.

„Ist daran irgendetwas falsch?“

„Im Gegenteil. Ich finde das sehr erfrischend.“

Den Eindruck machte er allerdings gar nicht. Er wirkte vielmehr so, als wenn er ihr nicht glauben würde. Sie schlang die Hände ineinander und ließ sie in ihrem Schoß ruhen. „Darf ich Sie etwas fragen?“

„Ja.“

„Ich bitte um Entschuldigung, wenn das impertinent wirken sollte, aber als Erzieherin habe ich gelernt, dass es wichtig ist, eine Atmosphäre zu schaffen, in der keine Frage als dumm betrachtet wird.“

Er verzog amüsiert die Mundwinkel. „Ich verstehe. Jetzt, wo Sie sich erklärt haben, stellen Sie bitte Ihre dumme Frage.“

Crystal war sich nicht ganz sicher, ob er sich über sie lustig machte oder nicht. Sie entschied aber, dass sie sich davon nicht aus dem Konzept bringen lassen würde. Schon wegen seiner Kinder würden sie miteinander auskommen müssen. Daher war es wichtig, dass er akzeptierte, dass sie eine Frau war, die ihre Meinung sagte.

„Es ist eigentlich keine dumme Frage, sondern geht mehr in Richtung der Klärung eines Sachverhalts. Dieses … Gespräch, das wir hier führen, fühlt sich mehr wie eine Bewerbungssituation an als eine Begrüßung. Ich hatte aber den Eindruck, dass ich bereits für die Stelle engagiert wäre.“

Er nickte. „Meine Tante war sehr von Ihnen beeindruckt, und ich respektiere ihre Meinung sehr. Aber es handelt sich hier um meine Kinder, Miss Rawlins. Die endgültige Entscheidung liegt bei mir.“

„Wenn Sie also anderer Meinung sind als Prinzessin Farrah …“

„Dann sitzen Sie im ersten Flugzeug zurück in die Vereinigten Staaten“, erklärte er vollkommen offen.

„Was eine neue Frage aufkommen lässt.“

„Eine dumme?“ Er grinste sie an, wodurch er den Worten die mögliche Schärfe nahm.

„Ich … ich hoffe nicht.“ Sie räusperte sich. „Warum wollten Sie ein amerikanisches Kindermädchen? Warum nicht eine Frau aus Ihrem eigenen Land, die mit den Sitten El Zafirs vertraut ist?“

„Was meine Kinder über ihr Land wissen müssen, werde ich ihnen selbst beibringen, genauso wie der Rest meiner Familie. Aber viele unserer Geschäftsbeziehungen gehen in den Westen, und aufgrund ihrer Geburt werden Hana und Nuri El Zafir dienen müssen. Sie werden mit vielen amerikanischen Diplomaten und Geschäftsleuten verkehren, und Sie können sie darauf vorbereiten, und zwar in einer Art und Weise wie das niemand aus meinem Land tun könnte. Es ist etwas, was ich als sehr wichtig empfinde.“

Crystal schluckte. „Was die Jobqualifikationen anbelangt, Euer Hoheit.“

„Waren die nicht klar genug?“

„Es ist interessant, dass Sie das fragen. Dürfte ich erfahren, warum ein schlichtes, unscheinbares Kindermädchen gesucht wurde?“

„Ich glaube die eigentliche Formulierung lautete ‚eine schlichte, unscheinbare, unaufdringliche amerikanische Frau von einiger Intelligenz, die gut im Umgang mit Kindern ist‘.“

Crystal konnte mehr als unaufdringlich sein, sie machte sich auch keinerlei Gedanken um den Teil über den guten Umgang mit Kindern. Es war das Adjektiv „schlicht“, das sie verwirrte.

Aus Spaß hatte sie die Definition im Wörterbuch nachgeschlagen, die von diskret und einfach bis zu hässlich und unattraktiv reichte. War ihm eigentlich klar, dass sie sich von der Formulierung beleidigt fühlen könnte? In erster Linie war sie jedoch neugierig.

„Ich verstehe die Bedeutung der restlichen Formulierung. Ihre Tante hatte jedoch nicht erklärt, warum ‚Schlichtheit‘ so ein wichtiges Kriterium ist.“

„Weil schöne Frauen …“ Er zögerte, und währenddessen wurde sein Blick hart. Sein Mund war nur noch eine dünne Linie.

„Was ist mit schönen Frauen?“, hakte sie nach, wobei sie bei seinem Gesichtsausdruck innerlich zitterte.

„Sie sind eine unwillkommene Ablenkung.“

„Ich verstehe.“

Sie hatte Arroganz erwartet und war nicht enttäuscht worden. Schöne Frauen waren eine unwillkommene Ablenkung? Ärger stieg in ihr auf. Sie war dazu erzogen worden, die Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen, aber ein Scheich kam vielleicht damit davon, anderen die Schuld für seine Unzulänglichkeiten zu geben.

„Euer Hoheit“, begann sie. „Lassen Sie mich sichergehen, dass ich Sie richtig verstehe. Wenn Sie nicht in der Lage sind, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, dann ist es die Schuld der Frau – zumindest wenn sie zufälligerweise schön ist?“

Wieder hob sie das Kinn und ließ ihn einen langen Blick auf ihr Gesicht werfen. Wenn ihre Maskerade einer kritischen Musterung nicht standhalten würde, war es das Beste, es gleich zu erfahren.

Sie betrachtete sich selbst nicht als schön – nicht in der Liga, in der Fariq Hassan spielte. Doch zu Hause hatte sie ihren Teil an Aufmerksamkeit erhalten, wenn auch nicht immer in positiver Hinsicht. Und sie fand nicht, dass ihr Aussehen darüber entscheiden sollte, ob sie dazu geeignet war, Kinder zu erziehen oder nicht.

Sie starrten sich mehrere Augenblicke lang an, und Crystal wünschte sich, er würde etwas sagen. Sie befürchtete bereits, dass ihre scharfe Zunge sie einmal mehr in Schwierigkeiten gebracht hatte. Dennoch war es besser, das gleich zu Beginn zu klären – für sie beide. Und besonders für die Kinder.

„Lassen Sie mich sehen, ob ich die Frage richtig verstehe“, meinte der Prinz schließlich. In seinen Augen funkelte es, was Humor bedeuten konnte. „Wenn ich mich in der Gegenwart einer schönen Frau nicht konzentrieren kann, dann fragen Sie, wessen Schuld das ist?“

„Das fasst es in etwa zusammen.“

„Es ist natürlich die Schuld der Frau.“

Wieder wusste sie nicht, ob er scherzte, beschloss dann aber, so zu tun, als meine er es ernst. „Dann sollten Sie etwas über mich wissen, bevor wir weiterreden.“

Er legte die Hände zusammen und lehnte sich über den Schreibtisch hinweg weiter vor. „Und was ist das?“

„Die Basis meiner Philosophie im Umgang mit Kindern liegt darin, dass ich von ihnen verlange, dass sie immer die Verantwortung für ihre Taten übernehmen.“

„Nun, dann ist da auch etwas, dass Sie über mich wissen sollten.“

„Und das wäre?“

„Ich bin kein Kind. Und ich habe immer recht.“

Über seine erste Aussage ließ sich zweifellos nicht streiten. Er war durch und durch maskulin! Sie schluckte trocken. Durch diese provozierende Antwort, wäre ihr beinahe die Arroganz in seiner zweiten Aussage entgangen. Er hatte immer recht?

„Es ist immer gut zu wissen, wie sein Arbeitgeber einen bestimmten Sachverhalt sieht“, erwiderte sie. „Ich gehe mal davon aus, dass Sie noch mein Arbeitgeber sind.“ Sie hielt den Atem an.

„Ich denke, meine Tante hat weise ausgesucht. Sie werden Ihre Sache gut machen.“

Crystal war klar, dass sie erleichtert darüber sein sollte, der Musterung standgehalten zu haben. Sie hatte es geschafft. Sie war eingestellt. Bevor sie den Prinzen persönlich getroffen hatte, hatte genau darin ihre Hoffnung gelegen. Unglücklicherweise fühlte sie sich jetzt, wo ihr der Job sicher war, seltsam enttäuscht über ihren Erfolg. Er glaubte also tatsächlich, dass sie so schlicht und bieder war, wie sie vortäuschte. Er nahm ihre Kleider, ihr Haar und die Brille wahr und schaute nicht weiter.

„Ich würde jetzt sehr gerne die Kinder kennen lernen“, meinte sie. Wenn das hier ein Jobinterview war, dann war sie diejenige, die es führte, aber sie wollte wirklich so bald wie möglich die beiden Kleinen treffen.

„Ich werde Sie zu ihnen bringen und Sie vorstellen.“ Sie hörte Stolz aus seiner Stimme, und in seinen Augen lag ein zärtlicher Ausdruck.

Fariq stand auf, umrundete den Schreibtisch und bedeutete dann mit einer Geste, dass sie vorgehen solle. Sie hielt an der schweren Holztür, und während sie beide nach der Klinke griffen, berührten sich ihre Hände.

„Erlauben Sie mir“, sagte er mit seiner samtweichen, tiefen Stimme, die ihr Schauer über den Rücken jagte.

„Danke schön.“

In der Halle vor seinem Büro schaute sie sich neugierig um. Ihre flachen Schuhe versanken förmlich in dem dicken, teuren Teppich. Die holzgetäfelten Wände waren mit Fotos von El Zafir in verschiedenen Phasen seiner Entwicklung behängt.

In ihrem ganzen Leben hatte Crystal noch nie einen solchen Luxus gesehen wie seit ihrer Ankunft im Palast. Marmorböden, elegante Treppenhäuser, ein Springbrunnen im Foyer, üppige Gärten. Die Räume waren mit sündhaft teuren, teils antiken Möbeln ausgestattet, und überall sah man Gold und Dekor im Überfluss – unschätzbare Kunstwerke, Gemälde, Vasen und Tapisserien. Verdammt beeindruckend.

Es gab vier Büros. Das des Königs war das erste, dann folgte das des Kronprinzen und schließlich Fariqs, vor dem sie gerade standen. Ein letztes Büro befand sich am Ende der Halle auf der rechten Seite, und sie vermutete, dass es Rafiq, dem jüngsten Bruder gehörte. Sie glaubte, daraus Kinderstimmen herauszuhören, begeistertes Gekicher und Gelächter.

Sie blickte zu ihrem Arbeitgeber auf und deutete mit dem Daumen in Richtung des Lärms. „Sie sind in diese Richtung entkommen.“

„Eine Zeile aus einem der B-Western Ihres Landes?“, fragte er.

„Sie kennen die Filme?“

„Ich habe in Amerika studiert.“

„Oh ja, natürlich.“

Sie gingen in das letzte Büro, und dort auf dem Ledersofa an der Wand saßen zwei Kinder und ein Mann, der nur Fariqs Bruder sein konnte. Ein kleines Mädchen hockte auf seinem Knie und verwuschelte seine Haare, während er gleichzeitig den Jungen auf seinem anderen Knie kitzelte. Der Kleine lachte aus vollem Hals und bettelte gleichzeitig darum, dass er doch aufhören möge. Zweifellos waren dies die beiden fünfjährigen Zwillinge, die in ihre Obhut übergehen würden.

„Papa!“, riefen beide Kinder wie aus einem Munde.

Sie sprangen von der Couch und rannten zu ihm, wobei beide ihre kleinen Arme um einen seiner Oberschenkel legten. Er bückte sich und umarmte die zwei.

„Hallo, meine Süße“, sagte er und strich seiner Tochter liebevoll über die Wange, die ihn anbetend ansah. „Und du?“ Fariq grinste seinen Sohn an und verwuschelte ihm das Haar. „Hier ist jemand, der euch gerne kennen lernen möchte.“ Plötzlich richteten sich zwei dunkle, neugierige und auch ein bisschen schüchtern wirkende Augenpaare auf Crystal. „Das ist Miss Rawlins. Was sagt man?“

„Hi.“ Der Junge blickte zu seinem Vater auf. „Ich meine, wie geht es Ihnen?“

Fariq nickte zustimmend.

Das kleine Mädchen krallte sich an seinem Hosenbein fest. „Wie geht es Ihnen?“, ahmte sie ihren Bruder nach.

Der Prinz schaute zärtlich auf seine Tochter herab, dann deutete er mit einer Kinnbewegung auf den anderen Mann im Raum. „Dieser lahme Ersatz für ein Kindermädchen ist mein Bruder Rafiq.“

„Euer Hoheit“, grüßte sie und wandte sich damit zuerst an den Erwachsenen.

Der Prinz stand auf und fuhr sich durchs Haar, das seine Nichte mit so viel Freude in Unordnung gebracht hatte. Jeder Mann, der gerne mit Kindern spielte und dabei nicht auf seine Erscheinung achtete, war in ihren Augen mehr als in Ordnung.

„Es ist eine Freude, Sie kennen zu lernen, Miss Rawlins“, sagte er und streckte ihr die Hand entgegen.

„Für mich ebenso, Euer …“

„Nennen Sie mich Rafiq. Ich bestehe darauf“, erwiderte er, bevor sie protestieren konnte.

„Vielen Dank.“ Sie sah zuerst zu dem Jungen, dann zu seiner kleinen Schwester hinüber. „Und ihr könnt nur Hana und Nuri sein.“

„Woher kennen Sie unsere Namen?“, fragte das Mädchen beeindruckt. Sie blinzelte mit ihren großen schwarzen Augen und den unglaublich langen Wimpern.

In fünfzehn Jahren, wahrscheinlich auch schon weniger, würde sich die männliche Bevölkerung von El Zafir warm anziehen müssen, dachte Crystal. „Eure Tante Farrah hat sie mir genannt. Als ich sie in New York getroffen habe, hat sie mir auch Fotos von euch beiden gezeigt.“

„Ihre Brille ist sehr groß“, meinte Nuri. „Und sehr hässlich.“ Er war genauso hübsch wie seine Schwester und hatte sich zweifellos von seinem Vater schon eine Spur Arroganz abgeguckt.

„Du hast eine gute Beobachtungsgabe“, entgegnete sie trocken. Crystal schaute rasch von einem Mann zum nächsten und richtete den Blick dann auf den Vater der Kinder. „Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Euer …“

„Fariq“, unterbrach er sie. „Mein Bruder hat recht. Es gibt keinen Grund, so förmlich zu sein. Und ich werde Sie Crystal nennen.“

„Einverstanden, Fariq.“ Sie testete seinen Namen auf ihrer Zunge und fand, dass sie den exotischen Klang mochte.

„Handelt es sich um eine dumme Frage?“, wollte er mit einem Blick wissen, von dem sie nun ahnte, dass er scherzhaft gemeint war.

„Sie werden dafür sorgen, dass ich diese Bemerkung noch bereuen werde, richtig?“, entgegnete sie mit einem Lächeln. „Wie auch immer, ich werde es riskieren. Ich habe mich eigentlich nur gefragt, ob Sie die Kinder oft mit zur Arbeit nehmen?“

„Sie meinen, weil sie jetzt bei meinem Bruder sind? Die Antwort darauf lautet Nein. Aber Rafiq hat sich erboten, nach den beiden zu sehen, weil er dafür verantwortlich ist, dass das letzte Kindermädchen einen eher schnellen und wenig ruhmvollen Abgang gemacht hat.“

„Es war nicht meine Schuld“, protestierte der andere Mann mit einem Funkeln in den Augen.

„Nicht schwindeln, Onkel“, sagte Nuri. „Nanny war in deinem Bett.“

„Woher weißt du das?“ Ein leichtes Lächeln umspielte seine strenge Miene.

„Tante Farrah hat es Großvater erzählt“, erklärte der Junge. „Und Opa meinte, dann müsste die nächste Nanny eine vertrocknete, alte Pflaume sein.“

„Woher hast du denn das?“ Fariq klang eindeutig missbilligend.

„Nuri hatte sich wieder hinter dem Sofa von Tante Farrah versteckt“, gab Hana fröhlich preis. Sie sah Crystal schüchtern an. „Ich bin froh, dass Sie nicht alt oder vertrocknet sind.“

„Das spricht ja dann doppelt für mich“, antwortete Crystal, dankbar, dass wenigstens ein Mitglied der königlichen Familie den Wald noch vor lauter Bäumen sah.

Fariq räusperte sich. „Wie jede Frau, der Rafiq begegnet, steigerte sie sich in eine Schwärmerei für ihn hinein. Ihre Aktionen zielten darauf ab, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das Endergebnis war dann aber wohl nicht ganz so, wie sie es sich vorgestellt hatte.“

Crystal bekam große Augen. „Ich schätze, ich weiß, was für ein Ende sie genommen hat, da ich hier bin und sie nicht.“

„Fristlose Kündigung“, bestätigte Rafiq. „Ich habe es dem König ausgeredet, sie köpfen zu lassen.“

Hana kicherte. „Du schwindelst schon wieder, Onkel.“

„Ja, meine Kleine, dein Onkel ist ein großer Schwindler“, stimmte Fariq zu. „Er behauptet, er hätte ihre Annäherungsversuche zurückgewiesen.“

„Das ist auch die Wahrheit“, protestierte er. „Wirklich, ich bin ins Schlafzimmer gekommen, und da war sie. Ich habe mich sofort umgedreht und bin wieder hinausgegangen. Vater hat mir geglaubt.“

„Der König hatte kein Interesse an Erklärungen“, meinte Fariq zu Crystal gewandt. „Seine exakten Worte lauteten, dass er keine Gerechtigkeit wolle, sondern Frieden und Ruhe.“

„Ich kann verstehen, warum“, antwortete sie.

Fariq hatte seinem Vater nicht widersprochen. Tatsächlich hielt er die Addition zu den Jobqualifikationen für eine gute Idee. Er hatte nicht den Wunsch, es mit einer Frau zu tun zu haben, die ihr intrigantes Herz hinter einem engelsgleichen Gesicht verbarg. Einmal war mehr als genug.

Er entschied, dass Crystal genau das darstellte, was der König im Sinn gehabt hatte, als er seine Vorgabe machte. Und seine Kinder hatten ein gutes Auge für Details, stellte er stolz fest. Ihre Brille war in der Tat sehr groß und hässlich, und dennoch konnte sie nicht ganz die ansprechenden, bernsteinfarbenen Augen dahinter verbergen. Katzenaugen. Sie schimmerten voller Intelligenz und Humor. Und obwohl die Brille einen Großteil des Gesichts der Amerikanerin verdeckte – die Haut, die er sehen konnte, war glatt und makellos.

Ihr Haar war braun und so streng zurückgekämmt, dass keine attraktiven Tönungen zu erkennen waren. Die Frisur wirkte durchaus schmerzhaft, aber er konnte ihr nicht den Vorwurf machen, dass auch nur ein Härchen nicht am Platz war.

Der sackartige Rock reichte bis zu den Knöcheln und wurde von einer Jacke ergänzt, von der er sich gewünscht hätte, dass sie ein wenig kürzer und figurnäher geschnitten gewesen wäre, so dass er eine bessere Vorstellung von ihren Formen bekommen hätte. Die Knöchel, die er sehen konnte, versprachen einiges für den Rest ihrer Beine. Doch seine Neugier war fehl am Platz, und er sollte über ihr konservatives Outfit dankbar sein. Er brauchte ein Kindermädchen, und seine Tante hatte ihm versichert, dass Crystal perfekt wäre.

Und Fariq musste ihr zustimmen. Er schätzte die offene, direkte Art der Amerikanerin. Crystal sprach aus, was sie dachte. Das war äußerst erfrischend.

Dann war da ihr Sinn für Humor, den sie im Gespräch zu erkennen gegeben hatte. Er war ein Beweis für einen wachen und scharfen Verstand. Er bemerkte, dass er sie mochte, und dieser Gedanke erzeugte eine Warnung in ihm, die er aber geflissentlich überging. Es bedeutete nur, dass ihre Verständigung bezüglich der Kinder noch reibungsloser ablaufen würde.

Er gab seiner Tante Recht. Sie schien perfekt zu sein. Abgesehen von einer Kleinigkeit – ihrem Lächeln. Er hatte es vor wenigen Minuten gesehen, und es war einfach bezaubernd gewesen.

Als Crystal wieder lächelte, diesmal mit einem sanften Blick auf seine Tochter, verspürte Fariq eine seltsame Empfindung in seiner Brust. Er beschloss, sie zu ignorieren. Crystal hatte einfach eine sehr warmherzige Art, etwas, dass für Kinder sehr wichtig war.

In diesem Moment nahm Rafiq wieder seine Proteste auf. „Mit deiner Darstellung der Ereignisse ruinierst du meinen guten Ruf“, beschwerte er sich bei seinem Bruder. „Ich weiß nicht, warum du mich für das Verhalten dieser Frau verantwortlich machst. Es war nicht mein Fehler.“

„Was war es, was Shakespeare über denjenigen gesagt hat, der zu viel protestiert?“, konterte Fariq.

Aber vielleicht konnte sein Bruder wirklich nichts dafür, dass Frauen ihn charmant fanden. Es war leicht, wenn man niemals betrogen und zum Narren gemacht worden war. Denn wenn das geschah, tat ein Mann gut daran, lieber nicht die Aufmerksamkeit des anderen Geschlechts auf sich zu ziehen.

Rafiq wandte sich an Crystal. „Glauben Sie, dass ich die Art Mann bin, die unehrlich ist?“

„Ich kenne Sie kaum“, entgegnete sie. Dann blinzelte sie, und ihre Augen wurden groß. „Ich meine …“

„Keine Sorge“, unterbrach Fariq sie. „Und auch kein Grund, ihm jetzt Honig um den Mund zu schmieren. Ihre erste Antwort war vollkommen richtig.“

„Dann lernen Sie mich kennen“, bot Rafiq ihr an. „Heute Abend beim Essen. Die ganze Familie wird da sein. Dann können Sie für sich selbst entscheiden.“

Und da wären wir mal wieder, dachte Fariq. Immer der Charmeur. Doch aus irgendeinem Grund störte ihn die Aufmerksamkeit seines Bruders gegenüber Crystal.

„Ja, bitte“, bettelte Hana und streckte Crystal die Hände entgegen.

Fariq kannte seine Tochter. Das kleine Mädchen, das für gewöhnlich nicht schnell Vertrauen fasste, hatte dieser Frau sofort ihr Herz geöffnet. „Mein Bruder hat recht. Sie müssen die Familie kennen lernen. Das Abendessen wird um sieben serviert.“

„Das ist sehr freundlich. Vielen Dank.“

Sie sagte die richtigen Worte, doch Fariq fragte sich, warum sie eher so wirkte, als hätte man sie zur Hinrichtung auf dem Marktplatz verurteilt. Er würde dafür sorgen, dass er es herausfand.

2. KAPITEL

Vor vier Stunden hatte Crystal den Büroflügel des Palasts weiß wie ein Gespenst verlassen, nachdem sie von ihrem Boss eine Einladung zum Abendessen mit der gesamten königlichen Familie erhalten hatte. Nun saß sie mit ihnen bei Tisch und fragte sich, ob sie wieder etwas Farbe bekommen hatte. Obwohl sie für die Stelle als Kindermädchen mehr als qualifiziert war, machte es sie nervös, nun auch noch vor der kompletten Familie mit ihrer Maskerade bestehen zu müssen.

„Ich glaube, die neue Nanny ist eine Schwindlerin.“ Prinzessin Farrah beobachtete sie aufmerksam.

Crystal erstarrte. Mit wild klopfendem Herzen konnte sie sich gerade noch daran hindern, nervös über den Goldrand ihres Tellers zu wischen – und wenn ihre Wangen wieder etwas Farbe bekommen hatten, so war die jetzt garantiert wieder verschwunden. Sie zwang sich dazu, den Blick der Prinzessin zu erwidern. „Wie bitte?“

„Sie sind so still – gar nicht wie die lebhafte, junge Frau, die ich in New York kennen gelernt habe.“

Okay. Das nannte man wohl königlichen Humor. Sie speicherte die Information im Hinterkopf ab. „Laut meiner Mutter ist es immer besser, nichts zu sagen und damit zu riskieren für einfältig gehalten zu werden, als den Mund aufzumachen und diese Annahme voll zu bestätigen.“

„Eine weise Frau, Ihre Mutter“, meinte König Gamil.

„Ja, das ist sie.“

Vicki Rawlins hätte es geliebt, mit der königlichen Familie von El Zafir zu Abend zu essen. Sie selbst hatte schon als Teenager geheiratet und ihr erstes Kind bekommen und immer wieder den Umstand beklagt, dass sie dadurch nie etwas anderes als das Leben in Pullman erlebt hatte. Nachdem Crystal ihren Abschluss gemacht hatte, wären ihre Eltern endlich in der Lage gewesen, die Reisen zu unternehmen, nach denen ihre Mutter sich immer gesehnt hatte. Doch sie schockierten alle, indem sie sich stattdessen scheiden ließen. Dann hatte ihre Mutter diesen furchtbaren Autounfall gehabt, und ihre Genesung war schmerzhaft, lang und teuer.

Vielleicht gerade deswegen hatte sie ihr jüngstes Kind und zugleich einzige Tochter immer wieder dazu ermutigt, sich zuerst die Welt anzusehen, bevor sie sich mit Mann und Kindern niederließ.

„Die Tatsache, dass Sie so still sind“, fuhr der König fort, „bedeutet die, dass Sie sich heute Abend nicht wohl fühlen?“

„Ganz im Gegenteil, Euer Majestät. Ich habe noch nie ein angenehmeres Dinner erlebt.“

Von der ganzen Familie unter die Lupe genommen zu werden, das war es, was sie so nervös machte.

„Ich bin froh, dass Ihnen das Essen schmeckt.“ Der König lächelte ihr aufmunternd zu.

„Die Gesellschaft ist genauso außergewöhnlich“, bemerkte sie höflich.

Während sie sich so umschaute, erkannte sie, dass die Söhne des Königs allesamt nur bestes Genmaterial mitbekommen hatten, wahrscheinlich von ihrem gut aussehenden und distinguierten Vater. Während des Cocktailempfangs vor dem Essen hatte sie schließlich auch Kronprinz Kamal kennen gelernt, den dritten der Söhne. Wie seine beiden Brüder war er groß, dunkel und teuflisch attraktiv. Obwohl ihrer bescheidenen Ansicht nach Fariq der bestaussehende war.

Prinzessin Farrah war die Schwester des Königs und schien für den Witwer die weibliche Führung der Familie übernommen zu haben. Die Frau sah fantastisch aus, die dunklen Haare elegant geschnitten, in ein royalblaues Chanel-Kostüm gekleidet, die schwarzen Augen dezent geschminkt, so dass sie groß und exotisch wirkten.

Prinzessin Johara, das jüngste Kind des Königs und einzige Tochter, war siebzehn. Sie war ein außergewöhnlich hübsches Mädchen und saß auf derselben Seite des Tischs wie Crystal. Hana saß zwischen ihnen und Nuri auf der anderen Seite des Teenagers.

„Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass es noch einen anderen Grund für Ihre Zurückhaltung gibt“, schaltete sich nun Fariq ein. „Etwas anderes als Vorsicht.“

„Wirklich?“, entgegnete sie langsam, um Zeit zu gewinnen. Der Mann hatte für ihren Geschmack eine zu gute Beobachtungsgabe.

„Ist es möglich, dass Sie sich von der Umgebung einschüchtern lassen?“

„Ich? Einschüchtern?“

Sie kam aus einer Kleinstadt im Osten des Bundesstaats Washington. Heute Abend umfasste ihre Umgebung die komplette königliche Familie eines aufstrebenden Ölstaats im Mittleren Osten.

Crystal gelang es gerade noch so, ein hysterisches Gelächter zu unterdrücken, während sie über die Tafel blickte, die so lang war, dass sie sich fragte, ob der Hofpilot wohl den königlichen Jet darauf landen konnte. Sie war sicherlich kein ungebildetes Landei, aber ihre Umgebung war einschüchternd.

„Jetzt, wo Sie es erwähnen“, antwortete sie, wobei sie Fariqs amüsiertem Blick begegnete, „ja, ich fühle mich von meiner Umgebung ein klein wenig überwältigt.“

„Das müssen Sie nicht“, versicherte Prinzessin Farrah. „Wir sind ganz normale Menschen.“

„Definieren Sie normal“, lachte Crystal. „Euer Hoheit, bei meiner Familie gibt es keinen Cocktailempfang vor dem Essen, und formelle Kleidung bedeutet T-Shirt, Jeans und Turnschuhe.“

Neben ihr rutschte Hana von ihrem Stuhl und duckte sich unter den Tisch, um die Serviette aufzuheben, die ihr vom Schoß geglitten war.

Der König runzelte die Stirn, während er sich räusperte. „Vielleicht sind wir etwas formeller als die Durchschnittsfamilie. Aber ich gebe Farrah Recht. Bitte entspannen Sie sich, und seien Sie sie selbst. Darf ich Ihnen sagen, dass meine Schwester hervorragend gewählt hat? Sie werden eine wunderbare Nanny für Nuri sein. Und vielleicht auch für Hana, wenn sie unter dem Tisch hervorkommt“, fügte er missbilligend hinzu.

Das kleine Mädchen legte eine Hand auf ihren Mund, um das Kichern zu unterdrücken, während sie zu ihrem neuen Kindermädchen hochschaute. Crystal wünschte sich, man hätte ihr bereits die Aufsicht über die Kinder übertragen, damit sie die unruhigen Zwillinge retten und fürs Bett vorbereiten könnte. Sie sollte allerdings erst morgen mit ihrer Arbeit beginnen. Nachdem sie dem kleinen Mädchen zugezwinkert hatte, klopfte sie auf den Stuhl neben sich, und das Kind krabbelte hinauf.

„Vielen Dank, Euer Majestät. Ich weiß Ihre Zuversicht zu schätzen.“ Sie lächelte ihn an und atmete dann langsam aus.

Allmählich legte sich ihr Adrenalinspiegel. So weit, so gut. Niemand hatte hinter die hässliche Brille und die geschmacklose Kleidung geschaut. Sie sollte dankbar sein. Ekstatisch. Sie sollte vor Freude tanzen. Doch das tat sie nicht. Und das verwirrte sie.

„Natürlich habe ich hervorragend gewählt“, nahm nun Prinzessin Farrah das Thema wieder auf. „Die New Yorker Agentur, die sie vermittelt hat, hat nur den allerbesten Ruf. Hana und Nuri sind in exzellenten Händen. Crystal ist eine bewundernswerte junge Frau.“

„Das wird die Zeit zeigen“, äußerte Fariq.

Crystal fand, dass seine Worte und auch der zynische Ausdruck seines Gesichts eine verborgene Herausforderung darstellten. Bevor sie entscheiden konnte, ob sie sich deshalb Sorgen machen sollte oder nicht, rutschte Nuri diesmal wegen seiner Serviette unter den Tisch.

Johara bemerkte es nicht. Sie starrte ihren Vater an. „Ich möchte in New York studieren.“

„Es ist nur eine Stadt wie jede andere“, fertigte ihr Vater sie ab. „Hier bist du wesentlich besser dran. Es ist dein Zuhause, und hier gehörst du hin.“

„Es geht mir nicht darum, wo ich hingehöre. Ich will Erfahrungen sammeln. Ich möchte mein Leben leben, ohne dass jeder mir sagt …“

Der König winkte ungeduldig ab. „Genug. Ich will nichts von deinen kindischen Fantasien hören. Das Thema ist beendet.“

Die junge Frau warf ihm einen bitterbösen Blick zu. Zwar gehorchte sie seinem Befehl und schwieg, doch die Feindseligkeit, die sie ausströmte, war förmlich greifbar. Und Crystal konnte sie verstehen.

Sie wusste, dass der König in dem Ruf stand, ein offenes Ohr für die Belange seines Volkes zu haben. Doch wenn er nicht bald unter seinem eigenen Dach ein ähnliches Verhalten an den Tag legte, würde hier die Hölle losgehen.

„Crystal, sagen Sie, stehen Sie einer politischen Partei in Ihrem Heimatland nahe?“ Damit wandte sich der König an sie und wechselte somit gekonnt das Thema.

Auch wenn sie ihn am liebsten geschüttelt und gesagt hätte, dass er seiner Tochter zuhören soll, hielt sie sich zurück. Sie erwiderte seinen Blick und antwortete: „Ja, das tue ich, Euer Majestät. Ich bin eine Republikratin.“

An der Tafel trat ein plötzliches Schweigen ein, und sie fühlte, wie sich sechs Augenpaare auf sie richteten. Es wären acht gewesen, wenn die Zwillinge nicht ungeduldig auf ihren Stühlen rumgerutscht wären und sich aus ihren Servietten Hüte gebastelt hätten.

„Republikratin?“ Fariq runzelte verwirrt die Stirn. „Ich habe die Politik Ihres Landes studiert, aber von dieser Partei habe ich noch nie gehört.“

„Das hat auch sonst niemand. Diese Partei hat genau ein Mitglied. Im Grunde genommen suche ich mir das Beste bei Republikanern und Demokraten heraus und entscheide dann nach meinem Gewissen.“

„Ah“, meinte der König, während er zustimmend nickte. „Das beweist sowohl Verantwortungsgefühl als auch Intelligenz. Sie folgen nicht einfach der Masse, sondern Sie sind eine Frau, die für sich selbst denken und entscheiden kann.“

„Wenn das so ist, dann würde ich gerne wissen, wie Sie über Kindererziehung denken. Wir haben noch gar nicht darüber gesprochen“, schaltete sich an dieser Stelle Fariq ein.

Wenn er das als Herausforderung gemeint hatte, so hatte sie kein Problem damit, ihm ihre Ansichten über Kindererziehung mitzuteilen. „Ich werde Ihnen meine Philosophie gerne jederzeit erläutern.“

„Wie wäre es mit jetzt?“, fragte er, während er in die Runde blickte.

„Gut. Es spart Zeit, da gerade alle anwesend sind. Was möchten Sie wissen?“

„Was halten Sie von Disziplin?“ Fariq legte seine Damastserviette neben dem Teller ab.

„Viel, aber ich denke, jede Strafe sollte dem Verbrechen angemessen sein.“

In diesem Moment streifte die kleine Hana ihren Teller versehentlich mit dem Ellbogen, so dass dieser gegen ein Glas rutschte, welches umkippte und zerbrach und Wasser über die feine Tischdecke ergoss.

„Oh, Nanny“, rief das Mädchen erschrocken aus und verbarg ihr Gesicht hinter Crystals Schulter.

Sie legte ihren Arm um das Kind. „Keine Angst, Süße, Unfälle passieren schon mal.“

„Johara“, mahnte der König streng. Er warf dem Teenager einen bösen Blick zu, während ein Diener herbeieilte, um das Chaos zu beseitigen. „Heute Abend unterliegen die Kinder deiner Verantwortung. Sieh zu, dass sie sich benehmen.“

„Aber Vater, sie sitzen einfach schon zu lange …“

Er winkte ihren Einwand mit einer Hand ab. „Bring sie sofort auf ihr Zimmer.“

„Mit Vergnügen.“ Die Prinzessin warf ihre Serviette auf den Teller und stand auf. „Hana, Nuri, kommt mit mir.“

Crystal umarmte das kleine Mädchen schnell, bevor sie sie mit ihrer jungen Tante davongehen ließ. Als die drei verschwunden waren, legte sich ein unangenehmes Schweigen über den Raum.

Schließlich räusperte Fariq sich. „Und welche Strafe halten Sie für dieses Verbrechen für angemessen?“

„Zuerst einmal war es kein Verbrechen, sondern ein Missgeschick. Wenn sie es absichtlich getan hätte, wäre es etwas ganz anderes gewesen.“ Sie blickte zum König hinüber und fragte sich, wie offen sie sein sollte. Doch dann nahm sie ihren Mut zusammen und fuhr fort: „Zweitens stimme ich Prinzessin Johara zu. Fünfjährige können sich maximal eine Dreiviertelstunde lang mustergültig verhalten, und diese Zeitspanne war bereits lange abgelaufen. Die beiden haben zu lange gesessen und brauchten wieder Raum, um Kinder zu sein.“

„Was hätten Sie getan?“, wollte Fariq wissen. Sein Gesichtsausdruck war unlesbar.

„Ich hätte sie schon vor einiger Zeit auf ihr Zimmer gebracht.“

„Aber sie sind Teil der königlichen Familie“, protestierte Gamil.

„Kinder der königlichen Familie“, betonte Crystal. „Nicht nur kleine Erwachsene. Wenn sie älter sind, werden sie mit den Erfordernissen von Etikette und Repräsentanz umgehen können. Aber sie sind erst fünf, kaum mehr als Babys.“

„Crystal, Sie haben ja so recht.“ Prinzessin Farrah tupfte sich elegant mit der Serviette die Mundwinkel ab und legte sie dann neben dem Teller ab. „Ich selbst habe ja wenig Erfahrung darin, Kinder großzuziehen, da ich selbst keine habe. Und Gamil ist sicher auch kein Experte, denn seine Kinder wurden von Nannys betreut und wuchsen später im Internat auf. Ich wusste, dass Sie perfekt wären, sobald ich Sie kennen gelernt hatte.“

Crystal war der Prinzessin dankbar, während sie durch die Runde blickte und sah, wie die Männer zustimmend nickten. Befriedigung, gemischt mit aufrichtiger Freude breitete sich in ihr aus.

Normalerweise war es ihr Äußeres, das ihr Aufmerksamkeit eintrug. Sie hätte sogar beinahe einen Mann geheiratet, der der Meinung gewesen war, sie wäre die perfekte, dekorative Frau für einen aufstrebenden Anwalt. Er hatte ihr sogar gesagt, sie solle ihre Gedanken für sich behalten und einfach nur neben ihm stehen und schön aussehen. Was für eine Unverschämtheit!

Es war sehr angenehm, wegen seines Verstandes ernst genommen zu werden. Doch die Erregung, die sie verspürte, wenn sich Fariqs dunkler Blick auf sie richtete, ließ sie wünschen, ein wenig Lippenstift, Mascara und ein hübsches Kleid tragen zu können.

„Vielen Dank, Euer Hoheit“, sagte sie zu der Prinzessin, während sie mühsam ein breites Grinsen unterdrückte.

„Warum haben Sie selbst keine Kinder?“, wollte die Prinzessin wissen.

Fariqs Augen funkelten, während er sie ansah, und ihr lief ein Schauer über den Rücken. „Miss Rawlins glaubt an Liebe, Heirat und Kinder. In dieser Reihenfolge“, bemerkte er.

„Ah“, meinte die Prinzessin. „Und Sie haben noch keinen Mann getroffen, der ihr Herz schneller schlagen lässt? Jemand, der Sie an Liebe denken lässt?“

Gegen ihren Willen wanderte Crystals Blick zu Fariq. Rasch schlug sie die Augen nieder und schaute dann zu der Schwester des Königs hinüber. „Nein, Euer Hoheit. Ich war einmal beinahe verlobt. Aber …“

„Beinahe?“, hakte Fariq nach. „Und jetzt?“

„Er ist nicht mehr in meinem Leben“, antwortete sie mit einem Achselzucken. Allmählich fühlte sie sich wie die Hauptakteurin in der spanischen Inquisition.

„Um also über ein gebrochenes Herz hinwegzukommen, haben Sie diese Position so weit von Ihrer Heimat entfernt angenommen?“, fragte Kronprinz Kamal.

Sie ignorierte den Teil über das gebrochene Herz. „Seit ich ein kleines Mädchen war, hat meine Mutter mir eingetrichtert, dass es besser ist, das Leben zu genießen und Erfahrungen zu sammeln, bevor man sich Verantwortungen zulegt.“

„Eingetrichtert? Eine interessante Wortwahl“, meinte Fariq.

„Ich habe vier Brüder, die dem Beispiel meiner Eltern gefolgt sind und jung geheiratet und Kinder bekommen haben. Ich bin die letzte Hoffnung meiner Mutter, dass eines ihrer Kinder es anders macht.“

„Also ist der Ratschlag Ihrer Mutter unser Gewinn“, bemerkte Fariq.

„Ich hoffe, Sie werden auch weiterhin so denken.“ Sie nahm für einen Moment die Brille ab und rieb sich über die Nase, wo sie Druckstellen von dem relativ schweren Gestell hatte. Sie vermisste ihre Kontaktlinsen …

Prinzessin Farrah beugte sich zu ihr hinüber. „Crystal, brauchen Sie wirklich eine Brille, um Ihre Sicht zu korrigieren?“

Die Frage verblüffte sie. Gerade als sie geglaubt hatte, es wäre sicher, ihr Schutzschild zu senken, kam eine neue gefährliche Wendung. Rasch setzte sie die Brille wieder auf und stach sich dabei beinahe ins Auge.

„W…warum fragen Sie?“

„Weil Sie sehr schöne Augen haben. Und Ihre Haut ist absolut makellos – soweit ich sehen kann, benutzen Sie gar keine Kosmetik.“

„Nein, das tue ich auch nicht.“ Sie seufzte und beschloss, es dabei zu belassen. „Ich bin so blind wie ein Fisch ohne Sehhilfe. Weitsichtigkeit kombiniert mit einem Astigmatismus.“ Zumindest das war die reine Wahrheit. „Ohne Brille könnte ich nicht mal über den Tisch hinwegsehen.“ Sie begegnete Fariqs funkelndem Blick und entschied, dass das vielleicht gar nicht so schlecht wäre. „Obwohl ich zu meiner Verteidigung sagen möchte, dass es ein wirklich großer Tisch ist.“

„Ja, das ist er“, stimmte die Prinzessin zu. „Aber wie schade. Ohne diese Brille könnten Sie, glaube ich, wirklich sehr hübsch sein. Haben Sie jemals daran gedacht, Kontaktlinsen zu tragen?“

„Was für eine Rolle spielt denn das?“, unterbrach Fariq sie ärgerlich. „Sie ist gut so wie sie ist. Schönheit wird bei weitem überbewertet.“

Rafiq stützte seine Ellbogen auf dem Tisch auf und lehnte sich vor. „Also mein Bruder, du würdest wohl eine Frau mit einem Gesicht hässlich wie die Nacht bevorzugen?“

„Das habe ich nicht gesagt …“

„Wenn Schönheit dich nicht berührt, welche weiblichen Qualitäten dann?“, wollte nun Kamal wissen.

„Ehrlichkeit“, antwortete Fariq ohne zu zögern.

Crystal atmete scharf ein. Dieser Mann wurde mit einigen der schönsten Frauen dieser Welt in Verbindung gebracht, und er war mehr an Aufrichtigkeit als an Optik interessiert. Diese Erkenntnis war ganz schön schockierend.

Sie konnte nur hoffen, dass Prinzessin Farrah aufhören würde, ihren Typ ummodeln zu wollen. Und was sollte das überhaupt? Wofür dann das ganze Theater um ein „schlichtes Kindermädchen“? Es war doch mehr als offensichtlich, dass König Gamil es nicht guthieß, wenn einer seiner Söhne mit dem weiblichen Personal anbändelte.

Crystal entschied schließlich, dass es so ein typisches Frauending war. Frauen konnten einfach nicht widerstehen, wenn man etwas verschönern konnte. Aber sie wollte gar nicht darüber nachdenken, was passieren würde, wenn Fariq herausfand, dass sie besser aussehen konnte, wenn sie wollte.

3. KAPITEL

Fariq warf die Dokumente, die er gelesen hatte, auf den Schreibtisch in seiner Suite. Je mehr er versuchte, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, desto stärker schweiften seine Gedanken zu dem neuen Kindermädchen seiner Zwillinge ab. Beim Abendessen vor wenigen Stunden hatte er entdeckt, dass sie eine seltene und anziehende Mischung aus Mut und Intelligenz besaß.

Er betrachtete die offenen Flügeltüren, die zum Balkon führten, als ein Geräusch von draußen zu ihm drang. Er stand auf, ging zum Balkon hinüber und spähte hinaus. Die Nacht war finster, da Wolken den Mond verdeckten, doch in den Schatten zu seiner Rechten erkannte er eine Gestalt, die sich über das Geländer vor dem Zimmer seiner Kinder lehnte.

„Hallo“, sagte er in die Dunkelheit hinein.

Crystal zuckte beim Klang seiner Stimme zusammen. Das schwache Licht aus der Suite zeigte ihm, wie sie erschrocken eine Hand gegen die Brust presste. „Guter Gott“, flüsterte sie atemlos, „ich dachte, ich wäre allein.“

„Das waren Sie auch, bis ich hinausgekommen bin. Der Balkon verläuft um die ganze Länge meiner Wohnung. Alle Räume sind durch ihn miteinander verbunden, und von hier aus kann man das Meer sehen. Mein Schlafzimmer liegt dort drüben.“ Er deutete auf eine Stelle hinter dem Wohnzimmer.

„Oh, ich habe die Anlage gar nicht begriffen. Ich bin nur rausgekommen, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Es tut mir leid, wenn ich Sie gestört habe.“

„Das haben Sie nicht“, log er.

Sie hatte ihn gestört, indem sie in seinen Gedanken herumgespukt war, und zwar bereits bevor er ihre einsame Gestalt auf dem Balkon ausgemacht hatte. Er bemerkte, dass ihr Haar nicht mehr in der extrem strengen Art, die sie bevorzugte, zurückgebunden war. Eine plötzlich aufkommende, frische Brise des Ozeans wehte ihr einige Strähnen ins Gesicht. Obwohl die exakte Tönung ihres Haars immer noch vor der Dunkelheit verborgen blieb, erkannte er, dass die langen Locken bis zu ihrer Taille reichten. Sein plötzlicher Drang, mit den Fingern durch diese schimmernde Fülle zu streichen, ärgerte ihn.

Während seine Augen sich allmählich an die Finsternis draußen gewöhnten, fielen ihm noch weitere Dinge an ihr auf. Sein Pulsschlag beschleunigte sich, als er realisierte, was sie anhatte. Ihr Nachthemd war hochgeschlossen und züchtig. Doch als er näher hinsah, erkannte er, dass es weiß war und aus Seide und Spitze bestand. Irgendwie wurde es dadurch erotischer.

Er bewegte sich auf sie zu und stoppte erst, als er nahe genug war, um den verführerischen Duft ihrer Haut einatmen zu können.

„Es ist spät“, erklärte sie. „Ich gehe jetzt besser hinein.“

Ihre Stimme hatte einen rauchigen, heiseren Klang, den er viel zu anziehend fand.

„Natürlich. Sie müssen sich noch an die Zeitumstellung gewöhnen. Sie dürften müde sein.“

„Seltsamerweise konnte ich nicht schlafen.“

„Dann bleiben Sie bitte“, sagte er. „Leisten Sie mir Gesellschaft.“

Warum hatte er diese Bitte geäußert? Es war unklug und leichtsinnig, die Nähe einer Frau zu suchen – jeder Frau. Was hatte diese nur an sich, dass er nicht auf die Stimme der Vernunft hören konnte?

„Okay.“

Das kleine Wort, das sie mit ihrer samtigen Stimme ausgesprochen hatte, ließ seine Nervenenden vibrieren. Er schüttelte den Kopf. Schluss mit diesem Unsinn. Sie war die Nanny seiner Kinder. Er würde mit ihr über die beiden sprechen.

„Hana und Nuri – schlafen sie?“

Sie nickte. „Wie kleine Engel.“

„Ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie heute Abend ihre Partei ergriffen haben – gegenüber dem König.“

„Dafür brauchen Sie mir nicht zu danken. Sie haben sich exakt wie Fünfjährige verhalten und absolut nichts falsch gemacht. Ihr Vater hat selbst vier Kinder. Er sollte das verstehen.“

„Es ist lange her, dass meine Brüder, meine Schwester und ich klein waren. Wie meine Tante bereits erwähnte, hat er unsere Erziehung anderen überlassen.“

„Natürlich. Er war mit dem Regieren Ihres Landes beschäftigt.“ Sie kreuzte die Arme über der Brust und lehnte sich wieder über das Eisengeländer.

„Sie müssen verstehen, Crystal, dass bei Hana und Nuri höhere Maßstäbe angelegt werden als bei anderen Kindern.“

„Sie sind aber immer noch Kinder“, protestierte sie.

„Königskinder. Die beiden werden wesentlich mehr Druck auferlegt bekommen, einfach weil sie sind, wer sie sind. Aufgrund ihrer Geburt und ihres Status wird von ihnen allerhand erwartet werden.“

„Zu viel Druck wird sie kaputt machen, wenn sie nicht darauf vorbereitet sind.“

„Es ist Ihr Job, dafür zu sorgen, dass das nicht geschieht“, antwortete er.

„Und ich werde mein Bestes tun. Aber sie werden auch die Führung und den Einfluss von jemandem brauchen, der dasselbe durchgemacht hat wie sie und weiß, wie es sich anfühlt.“

„Jemand wie ihr Vater?“

„Ja“, stimmte sie zu. „Und ihre Onkel und Tante. Johara geht sehr gut mit Kindern um. Sie verfügt über ein natürliches Einfühlungsvermögen.“

„Genau wie Sie.“ Er schob seine Hände in die Hosentaschen. Der Beschützerinstinkt, den sie gegenüber seinen Kindern bewies, gefiel ihm.

„Vielen Dank.“ Sie räusperte sich. „Ich habe mich gefragt, warum …“

„Ja?“

„Na ja, ich will nicht neugierig wirken, aber was ist mit den anderen Kindermädchen passiert. Warum fünf in einem Jahr?“

„Es ist klug, die Unzulänglichkeiten der eigenen Vorgänger zu kennen, um deren Fehler zu vermeiden.“

„Ich werde andere machen“, neckte sie.

„Dann wollen wir hoffen, dass darauf nicht die Todesstrafe steht.“

„Wollen wir hoffen, dass Sie gerade scherzen.“

„Das tue ich.“ Er lachte. „Also, wollen mal sehen. Was mit der letzten Nanny passiert ist, wissen Sie bereits.“

„Allerdings. Sie können ganz beruhigt sein, ich werde unangekündigt in niemandes Bett erscheinen.“

„Ich bin erleichtert, das zu hören.“ Obwohl ein Teil von ihm nicht so beruhigt war. „Eine hatte Heimweh, eine andere mochten die Kinder nicht, und wieder eine andere mochte ich nicht. Und die davor …“ Er versuchte sich zu erinnern, doch Crystals langes Haar wehte ihm entgegen, und das lenkte ihn ab.

„Ja?“

„Die ist mit dem Chauffeur durchgebrannt“, erzählte er schließlich.

„Das Palastleben ähnelt also alles in allem einer Seifenoper.“ Crystal lachte.

Es war ein wunderbarer Klang und einer, den er selten hörte. Zumindest nicht hier auf dem Balkon seiner Suite. Schon lange bevor seine Frau ihn verlassen hatte, war er nicht mehr mit einer Frau hier gewesen. Crystals momentanes Verhalten widersprach auch ganz ihrem bleichen Gesicht, als sie die Einladung zum Abendessen mit seiner Familie angenommen hatte. Jetzt erkannte er, dass sie bei der Aussicht auf das Dinner nervös gewesen sein musste. Dennoch hatte sie dem König gegenüber nicht einen Zoll nachgegeben.

„Ich hoffe, dass das Abendessen keine zu große Belastung für Sie gewesen ist“, äußerte er. „Als Rafiq die Einladung ausgesprochen hat, sahen Sie aus, als müssten Sie zu Ihrer eigenen Hinrichtung gehen.“

„Es war sehr nett. Einfacher als ich erwartet hatte“, antwortete sie vorsichtig. In ihre Stimme hatte sich eine plötzliche Spannung geschlichen.

„Was halten Sie von meiner Familie?“

„Sie erinnert mich an meine eigene. Dabei war ich zunächst nervös, weil ich dachte, dass Reichtum einen Unterschied macht.“

„Snobs?“

„Ihr Wort, nicht meines“, entgegnete sie höflich. „Aber ich habe mich getäuscht. Sie sind wie jede Familie, die sich liebt, respektiert und gegenseitig neckt.“

Stolz und Liebe für alle von ihnen erfüllten seine Brust. „Reichtum und Status verändern und verbessern nur die Umstände. Sie sollten keine Auswirkungen auf den grundsätzlichen Charakter einer Person haben.“

„Dem stimme ich zu. Jeder hat mir das Gefühl gegeben, willkommen zu sein. Selbst Johara scheint ein typischer Teenager zu sein. Begierig auf Abenteuer und vielleicht ein wenig aufbrausend. Obwohl verglichen mit Jugendlichen in Amerika hat sie sich bemerkenswert beherrscht gezeigt und geschwiegen, als man ihr das befohlen hatte.“

„Das liegt daran, dass man in meinem Land die Zunge verlieren könnte, wenn man es nicht tut.“

Sie holte erschrocken Luft und starrte ihn entgeistert an. „Sie scherzen, oder?“

„Ja.“

Sie lachte. „Ich bin froh, das zu hören. Aber ganz ehrlich, Prinzessin Johara geht wunderbar mit den Zwillingen um.“

„Die beiden beten meine kleine Schwester an.“

„Sie haben Glück, dass sie zwischen den einzelnen Nannys einspringen konnte.“

„Vielleicht. Aber sie ist zu rebellisch.“ Zu sehr wie die Mutter seiner Kinder für seinen Geschmack. „In jedem Fall ist es gut, dass Sie nun die tägliche Obhut der Kinder übernehmen. Hana und Nuri haben Sie sofort ins Herz geschlossen.“

„Das freut mich. Natürlich ist es gut, wenn ich ihnen als Vorbild dienen kann“, gab Crystal zurück.

„Mein Instinkt sagt mir, dass Sie ein beständiges, sensibles und extrem aufrichtiges Vorbild sind.“

„Ich würde nicht das Familiensilber mitgehen lassen, wenn es das ist, was Sie meinen.“

„Das wollte ich keineswegs andeuten. Um genau zu sein, wurde Ihr Hintergrund sorgfältig überprüft.“

„Natürlich.“ Ganz plötzlich zog sie sich von dem Geländer zurück.

„So wie bei jedem, der im Palast arbeitet. Farrah sagte mir, dass es in dem endgültigen Bericht nichts Unerwartetes gegeben hat.“

„Hat sie sonst noch etwas gesagt?“

„Nur, dass Sie perfekt für mich wären – das heißt, für die Stelle.“

„Gut zu wissen.“ Sie ging zu den Flügeltüren hinüber, und das Licht von drinnen betonte die Spannung um ihre vollen Lippen. „Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden. Ich glaube, es ist Zeit für mich, ins Bett zu gehen. Es war ein langer Tag, und morgen beginne ich meine Arbeit. Gute Nacht, Fariq.“

Plötzlich war sie verschwunden. Er fragte sich, ob er irgendetwas gesagt hatte, womit er sie beleidigt hatte. Doch das war unmöglich. Er hatte nur die Wahrheit gesprochen, wie er es immer tat. Aufrichtigkeit war das Wichtigste im Leben.

Die Begegnung mit Crystal ließ ihn bedauern, dass er für die nächsten Wochen so viele geschäftliche Auslandsreisen angesetzt hatte. Doch er war froh, dass er seine Kinder in den Händen von jemandem wusste, der ehrlich und verantwortungsbewusst war.

Einige Sekunden lang starrte er die Stelle an, an der sie eben noch gestanden hatte. Er hatte ihre Gesellschaft genossen und fühlte sich auf einmal sehr allein. Wie konnte das sein? Nichts Weltbewegendes hatte sich in seinem Leben verändert, dennoch verspürte er plötzlich eine drückende Einsamkeit. War es immer so gewesen? Oder hatte er es bis jetzt einfach nicht bemerkt?

Crystal räumte das Frühstücksgeschirr vom Küchentisch in Fariqs Suite und dann in die Spülmaschine. Sie hatte immer noch ein wenig Probleme mit dem Luxus und der Eleganz, die ihr überall im Palast begegnete.

Während sie Schüsseln und Porzellan kurz abspülte, bemerkte sie, dass sie mittlerweile schon sechs Wochen in El Zafir war und davon jede Minute genossen hatte. Die Kinder schienen in der täglichen Routine, die sie für sie geschaffen hatte, regelrecht aufzublühen.

Fariq hatte die meiste Zeit mit Reisen verbracht, was sie doch ein wenig erstaunte. Die erste Geschäftsreise hatte am Morgen nach ihrer zufälligen Begegnung auf dem Balkon stattgefunden und war nur von ein, zwei Nächten zu Hause unterbrochen worden. Seine damalige, beiläufige Bemerkung über die Prüfung ihrer Person hatte sie vollkommen kopflos gemacht, so dass sie schnellstens geflüchtet war. Erst als sie sich wieder ein wenig beruhigt hatte, war ihr klar geworden, dass sie gar nicht erst eingestellt worden wäre, wenn man etwas Kritisches gefunden hätte.

Nach dieser Nacht, in der sie sich in der Dunkelheit unterhalten hatten, war ihr weiblicher Radar auf Hochtouren gelaufen. Er rief jeden Abend an, und nachdem er sich mit den Kindern unterhalten hatte, sprach er mit ihr und verlangte einen Bericht über den Tagesablauf der Zwillinge. Diese Gespräche minderten ihre Faszination nicht im Geringsten – im Gegenteil, sie steigerten sie nur noch. Seine tiefe, verführerische Stimme trug nicht unerheblich zu seinem Sex-Appeal bei. Wenn er mit ihr redete, fühlte sie …

„Guten Morgen.“

Da war sie wieder – diese Stimme, samtweich und ein wenig rauchig, und sie merkte, wie Nervenenden an Stellen in ihrem Körper vibrierten, wo es am gefährlichsten war. Sie wandte sich vom Spülbecken ab und begegnete seinem dunklen Blick. „Willkommen zu Hause. Wann sind Sie zurückgekommen?“

„Sehr spät gestern Abend.“ Sein Blick wanderte über ihren ganzen Körper, von oben bis unten, wobei er die schlichte, weiße Bluse registrierte, die sie trug, und den knöchellangen, blauen Rock. „Wo sind die Kinder?“

„Ich habe ihnen gesagt, dass sie sich die Zähne putzen sollen und das Gesicht waschen. Danach müssen sie in den Unterrichtsraum.“

Er schaute erst sie, dann die Spülmaschine an. „Was machen Sie da?“

„Ich spüle. Die Kinder haben sich ihr eigenes Frühstück gemacht. Ich wollte, dass sie etwas Gesundes essen und habe eine Mischung aus Zimt, Rosinen, Nüssen und Honig vorgeschlagen. Sie hatten Spaß dabei, sich ihr Müsli selbst anzurühren.“

„Sie hätten die Diener kommen lassen können, um das Geschirr zu beseitigen.“

„Ich weiß. Aber …“ Sie schob sich die Brille höher auf die Nase und suchte nach einer passenden Erklärung. „Ich versuche eine Atmosphäre für die beiden zu schaffen, die …“, sie zuckte mit den Schultern, „normal ist. Ich möchte ihnen ein Verständnis dafür vermitteln, in welcher Umgebung sie aufwachsen, aber auch wie der Rest der Welt lebt. Macht das Sinn?“

„Absolut.“

„Da bin ich froh. Ich habe einen ausgewogenen Tagesablauf für die Kinder entworfen. Er beinhaltet Musik und Kunst durch einen Lehrer der hiesigen Universität, zusammen mit Lesen, Rechnen und einigen Fremdsprachenstunden, so wie Sie es gefordert hatten.“

Fariq nickte, lehnte sich gegen den Kühlschrank und verschränkte die Arme vor der Brust. Unter seinem makellosen, weißen Hemd zeichneten sich die Muskeln ab. „Es ist wichtig, dass die beiden mehrere Sprachen fließend beherrschen. Und jetzt würde ich sie gerne sehen.“ In diesem Moment hörte man kindliches Gelächter aus dem Wohnzimmer.

„Papa!“ Hana stürmte mit einem riesigen Pandateddy im Arm in die Küche. „Danke für mein Geschenk.“

„Für meins auch“, rief ihr Bruder hinter ihr, der ebenfalls ein niedliches Stofftier mit sich schleppte.

Die Kinder warteten, bis Fariq die Arme ausbreitete. Dann rasten sie zu ihm, und er drückte sie gegen seine Beine, bückte sich und küsste die dunkel schimmernden Köpfe. Crystal wünschte sich, er wäre häufiger zu Hause. Die Kinder brauchten ihn. Die rührende Szene verursachte einen Kloß in ihrem Hals, und so wandte sie sich ab und widmete sich wieder dem Geschirr.

„Nanny hat uns Müsli gemacht, Papa“, erzählte Hana.

„Ich mag es“, fügte Nuri hinzu.

„Also ist sie eine gute Köchin?“ Ein Lächeln lag in seiner Stimme.

„Oh ja“, bestätigten beide wie aus einem Munde.

„Vielleicht wird sie dann auch einmal für mich kochen“, sagte er in seinem tiefen, dunklen Timbre.

Sie fragte sich, ob in dieser Äußerung eine doppelte Bedeutung lag. Es war jedoch mehr als offensichtlich, dass sie das wohl nie herausfinden würde. Sie faltete das Geschirrhandtuch und legte es neben das Spülbecken. „Hey, ihr zwei, es ist Zeit für die Schule. Heute Morgen habt ihr Musik und Kunst bei Miss Kelly. Ich bringe euch hin.“

„Papa, kommst du auch mit?“, bettelte Hana.

„Natürlich. Ich habe euch beide ganz schön vermisst.“ Er lächelte seine Tochter an, dann hob er den Blick und schaute zu Crystal hinüber.

Hatte er sie auch vermisst? Was für ein lächerlicher Gedanke, doch sie konnte ihn nicht unterdrücken, nachdem sie sich selbst bereits eingestanden hatte, dass ihr seine Abwesenheit mehr als nur ein wenig aufgefallen war.

Fariq zog sich ein Nadelstreifenjackett über, und dann verließen sie die Suite. Da die Kinder darauf bestanden, dass sie sich alle an den Händen fassten, gingen sie zu viert nebeneinander durch die Korridore zu dem Schulraum, wo die Lehrerin bereits wartete.

„Ich werde ein Bild für dich malen, Nanny“, verkündete Hana, als sie vor der Tür ankamen.

„Darüber freue ich mich sehr.“ Crystal beugte sich hinunter und gab dem Mädchen einen Kuss. „Und was ist mit dir, junger Mann? Was machst du heute?“

„Ich lerne ein Lied, das ich dir singe“, antwortete er feierlich.

„Das gehört zu meinen Lieblingsdingen“, sagte sie und nahm das Gesicht des Jungen in ihre Hände, dann küsste sie ihn auf beide Wangen. Daraufhin erschien bei dem Kleinen ein Grinsen, das so charmant war, wie das seines Vaters, so dass ihr Herzschlag für eine Sekunde aussetzte. Sie öffnete die Tür. „Ab mit euch. Miss Kelly wartet schon. Ich hole euch dann später ab.“

„Bye, Nanny“, riefen sie beide, während sie in den Raum gingen und winkten. „Bye, Papa.“

Die Tür wurde geschlossen, und sie war mit Fariq allein. Sie fühlte den Drang, das unangenehme Schweigen zu brechen. „Sie haben gerade einen für uns typischen Morgen miterlebt. Die Kinder haben Sie sehr vermisst.“

„So sehr, dass sie für Sie singen und malen.“

Oh, oh. Da galt es wohl, einen Anfall königlicher Eifersucht zu besänftigen, dabei fassten die Kinder lediglich zu ihrer ersten Bezugsperson Vertrauen und Nähe. „Das liegt nur daran, dass Sie so viel unterwegs waren. Es wird eine kleine Weile dauern, bis sie wieder mit Ihnen warm werden, jetzt wo Sie zurück sind.“