Das Kamasutra - Vatsyayana Mallanaga - E-Book

Das Kamasutra E-Book

Mallanaga Vatsyayana

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2023
Beschreibung

Mit Vātsyāyanas Kāmasūtra hatte das Sexualwissen im alten Indien den Höhepunkt erreicht, und so wurde es für die folgenden Generationen zur unumstrittenen Autorität auf dem Gebiet der Erotik." In den Werken weiterer Autoren bis hin ins 15. Jahrhundert "ist Vātsyāyanas Handschrift deutlich zu erkennen. Er prägte in Indien nicht nur den Bereich der Sexualität, sondern auch die Literatur und die Bildhauerei. Das Kamasutra wurde vermutlich zwischen 200 und 300 n. u. Z. von Vatsyayana Mallanaga verfasst. Das Werk gehört zur indischen Tradition der Lehrwerke über Erotik (Kamashastra). In der westlichen Rezeption beeindruckte das Werk vor allem durch Beschreibungen von Positionen beim Sex, es lehrt jedoch in vielen Differenzierungen den Umgang von Männern mit Frauen und umgekehrt – "wie vor 1800 Jahren" von der ersten Annäherung bis zum Ende einer Beziehung. Vātsyāyana bezog sich auf Vorgänger in den 'Liebeswissenschaften' der Gattung der Kāmaśāstras, der Lehrbücher über die Sexualität. Getreu der Disputationstradition des alten Indiens wägte er jede bestehende Lehrmeinung zu bestimmten Fragen über die Sexualität ab und legte anschließend seine eigenen Ansichten über sie dar. So sind die Aphorismen, Sūtras, im Kāmasūtra eher als Zusammenfassung einer vorangegangenen langen Auseinandersetzung zu verstehen, die weitere Erläuterungen benötigt." Nachdem das umfassende Werk eines Vorgängers im Lauf der Zeit zu verschiedenen spezialisierten Büchern verarbeitet worden war, fasste Vatsyayana die nachträglich entstandenen Werke in einer kleineren Schrift zusammen und nannte sie das Kāmasūtra.

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Seitenzahl: 174

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Mallanaga Vatsyayana

Das Kamasutra

Das Kamasutra

Die Kunst der Liebe

Mallanaga Vatsyayana

Impressum

Texte: © Copyright by Mallanaga Vatsyayana

Umschlag:© Copyright by Walter Brendel

Illustrationen: © Copyright by Unbekannt

Übersetzer: © Copyright by Richard Schmidt

Verlag:Das historische Buch, 2023

Mail: [email protected]

Druck:epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Einführung

Erster, Allgemeiner Teil

Zweiter Teil Über den Liebesgenuss

Dritter Teil Über den Verkehr mit Mädchen

Vierter Teil Über die verheirateten Frauen

Fünfter Teil Über die fremden Frauen

Sechster Teil Über die Hetären

Siebenter Teil Die Upanisad (Geheimlehre)

Bilder zur Paarungsstellungen - Erotische Kunst aus Indien

Einführung

Das Kamasutra ist ein im 3. Jahrhundert von Mallanaga Vatsyayana verfasstes indisches Lehrbuch der Liebe. Es ist eines der berühmtesten und auch meist berüchtigten Bücher über die Liebeskunst, da es in aller Ausführlichkeit und frei von Tabus zahlreiche Spielarten der Sexualität beschreibt. Die Freizügigkeit der Darstellung im Kamasutra hatte zur Folge, dass es in der christlich-abendländischen Kultur immer wieder Opfer der Zensur und Entstellung wurde.

Das Kamasutra zählt neben dem Dharmasastra und dem Arthasastra zu den drei grundlegenden Werken der hinduistischen Lehre. Kama (Genuss, Begierde, Lust) bezeichnet – nach Dharma (Recht, Gerechtigkeit, Gesetz) und Artha (Erfolg, Zweckmäßigkeit, Verwertbarkeit) – das dritte Ziel menschlichen Strebens. In sieben Teilen (Adhikarana), bestehend aus 36 Kapiteln (Adhaya) und 64 Paragraphen (Prakarana), werden die Mittel und Wege beschrieben, durch Steigerung des bewussten Empfindungsvermögens an dieses Ziel zu gelangen.

Die Ausgabe basiert auf der Übersetzung des Kamasutra durch Richard Schmidt.

Selbstverständlich wurde das Kamasutra nicht nur wegen seiner ›anstößigen‹ Stellen populär, sondern auch wegen der oft reichhaltigen Bebilderung.

Für heutige Leser und Leserinnen stellt das Kamasutra eine höchst anregende und erstaunlich zeitgemäße Lektüre über sexuelle Lust und Erfüllung dar und vermittelt gleichzeitig interessante Einblicke in die altindische Lebensweise.

Erster, Allgemeiner Teil

1. Kapitel. § 1. Übersicht über das Buch.

Dem Dharma, Artha und Kama Verneinung! Weil sie in dem Lehrbuche immer wiederkehren.  

Verneinung auch den Lehrern, die das Wesen derselben zur Erkenntnis gebracht haben (avabodhaka). Wegen der Verbindung damit.

Prajapati nämlich trug, nachdem er die Geschöpfe erschaffen hatte, vor ihnen die Satzungen der drei Lebensziele, als die Grundbedingung ihrer Erhaltung, in hunderttausend Kapiteln vor.

Davon sonderte Manu Svayambhuva einen Teil ab, der den Dharma betraf. Brhaspati den Teil, der den Artha betraf. Und des Mahadeva Diener Nandin lehrte gesondert in tausend Kapiteln das Lehrbuch der Liebe.

Dasselbe aber verkürzte auf fünfhundert Kapitel Auddalaki Svetaketu. Dasselbe aber verkürzte wiederum auf anderthalbhundert Kapitel Babhravya Pañcala in sieben Abschnitten, einem allgemeinen, einem über den Liebesgenuss, einem über den Verkehr mit Mädchen, einem über die verheirateten Frauen, einem über fremde Weiber, einem über die Hetären und einer Upanisad.

Davon behandelte Dattaka auf eine Aufforderung der Hetären von Pataliputra hin den sechsten Abschnitt, den »über die Hetären«, gesondert.

Im Zusammenhang damit behandelte Carayana den allgemeinen Teil besonders; Suvarnanabha den Abschnitt über den Liebesgenuss; Ghotakamukha den Abschnitt über den Verkehr mit Mädchen; Gonardiya den Abschnitt über die verheirateten Frauen, Gonikaputra den Abschnitt über fremde Weiber, Kucumara die Upanisad. So ward dieses Lehrbuch von vielen Meistern stückweise abgefasst und sein. Zusammenhang unterbrochen. Weil nun dort die von Dattaka usw. verfassten Abschnitte des Lehrbuches nur Bruchstücke sind, das des Babhravya aber wegen seines Umfanges schwer zu studieren ist, wurde der ganze Stoff (von Vatsyayana) zu einem kleinen Texte zusammengefasst und so dieses Kamasutram geschrieben. Hier die Darlegung seiner Abschnitte und Paragraphen: Übersicht über das Buch, Erreichung der drei Lebensziele, Darlegung des Wissens; Leben des Elegants; Erörterung über die Freunde und die Befugnisse der Botin des Liebhabers. Soweit der erste, allgemeine Teil: fünf Kapitel, fünf Paragraphen.

Regeln für das Freien; Prüfung der Verbindungen; Gewinnen des Vertrauens des Mädchens; das Herangehen an ein Mädchen; Erklärung des Äußeren und der Gebärden; die Bemühungen eines einzelnen Mannes; das Aufsuchen des zu gewinnenden Mannes; Erlangung des Mädchens infolge der Annäherung; Hochzeitsfeier. – So weit der dritte Abschnitt, über den Verkehr mit Mädchen. Fünf Kapitel, neun Paragraphen.

Benehmen der einzigen Gattin; Wandel während der Reise des Mannes; Benehmen der ältesten Gattin gegenüber den Nebenfrauen; Benehmen der jüngsten Gattin; Benehmen der Witwe, die wieder geheiratet hat; Benehmen der Zurückgesetzten; Leben im Harem; des Mannes Umgang mit vielen Gattinnen. – So weit der vierte Abschnitt, über die verheirateten Frauen. Zwei Kapitel, acht Paragraphen.

Darstellung des Charakters von Mann und Frau (und die) Gründe der Zurückhaltung; die bei den Frauen vom Glück begünstigten Männer; die mühelos zu gewinnenden Frauen; das Anknüpfen der Bekanntschaft; die Annäherungen; die Prüfung des Wesens; die Taten der Botin; das Liebesleben großer Herren; das Treiben der Frauen im Harem; die Bewachung der Frauen. – So weit der fünfte Abschnitt, über die fremden Weiber. – Sechs Kapitel, zehn Paragraphen. Musterung der Besucher; Gründe des Besuchens; Zurückweisen der Besucher; Hingebung an den Geliebten; Mittel für den Erwerb von Vermögen; Kennzeichen eines Gleichgültigen; Erkennen der Gleichgültigkeit; Verfahren bei dem Fortjagen; Wiederannahme eines Ruinierten; Arten des Gewinnes; Prüfung der Aussichten auf Gewinn und Verlust und des Risikos; Arten der Hetären. – So weit der sechste Abschnitt, über die Hetären. Sechs Kapitel, zwölf Paragraphen.

Bezaubern der Frauen; Gefügig machen; Stimulantien; Wiedererweckung der erstorbenen Leidenschaft; Mittel, den Penis zu vergrößern; besondere Praktiken. – So weit der siebente Abschnitt, die Upanisad. Zwei Kapitel, sechs Paragraphen.

So ergeben sich sechsunddreißig Kapitel, vierundsechzig (?) Paragraphen und sieben Abschnitte. Tausend Sloken nebst einem Viertel.

Nachdem diese kurze Übersicht desselben gegeben worden ist, wird nun die ausführliche Darstellung folgen: denn erwünscht ist den Wissenden hienieden eine gedrängte und (zugleich) eine breite Darstellung.

2. Kapitel. § 2. Die Erreichung der drei Lebensziele.

Der Mann, dessen Lebensdauer hundert Jahre beträgt, teile seine Zeit und beschäftige sich mit der Dreizahl der Lebensziele, eins an das andere anknüpfend, ohne daß sie sich dabei untereinander beeinträchtigen.

In der Kindheit (beschäftige man sich) mit der Erlangung des Wissens und ähnlichen Gegenständen des Artha.

Und in der Jugend mit der Liebe.

Im reifen Alter mit Dharma und Erlösung.

Oder man beschäftige sich mit ihnen, wegen der Unbeständigkeit des Lebens, wie es sich gerade trifft.

Man bleibt aber Brahmanenschüler bis zur Erlangung des Wissens.

Dharma ist das lehrbuchsmäßige Anbefehlen von Opfern und ähnlichen Handlungen, die (aber) unterbleiben, weil sie nicht dieser Welt angehören und man (darum) keinen Erfolg sieht; sowie das lehrbuchsmäßige Abhalten vom Fleischgenuss und ähnlichen Handlungen, die (aber) geschehen, weil sie dieser Welt angehören und man den Erfolg sieht. Diesen gewinne man aus der heiligen Überlieferung und dem Verkehr mit Rechtskundigen.

Erwerb von Wissen, Land, edlem Metall, Vieh, Getreide, Geschirrvorrat, Freunden usw. und Mehrung des Erworbenen ist Artha.

Diesen erwerbe man von dem Auftreten der Aufseher, den Kennern der Satzungen der Überlieferung und den Kaufleuten.

Das in der gehörigen Ordnung und je auf ihrem Gebiete stattfindende Wirken der in dem zur Seele gehörenden Empfinden zusammengefassten (Sinne): Gehör, Gefühl, Gesicht, Geschmack und Geruch ist Kama.

Das erfolgreiche, infolge der besonderen Berührungen von der Wonne des Selbstbewusstseins begleitete richtige Empfinden derselben aber ist hauptsächlich Kama.

Diesen lerne man aus dem Lehrbuche der Liebe und aus der Verbindung mit der Lebewelt.

Bei einer Kollision derselben ist immer der Vorangehende der Wichtigere.

Für den König der Artha, weil darin der Gang der Welt wurzelt; und ebenso für die Hetäre. – Soweit die Erreichung der drei Lebensziele.

Für den Dharma, der ja nicht dieser Welt angehört, ist ein Lehrbuch, welches darüber handelt, angebracht (und ebenso für den Artha), da er nur unter Beobachtung gewisser Regeln glücklich zustande gebracht wird. Die Regeln (aber) ersieht man aus dem Lehrbuche.

Da jedoch sogar bei den Tieren der Kama von selbst geübt wird und angeboren ist, so ist mit einem Lehrbuche (darüber) nichts anzufangen, sagen die Lehrer.

Da (der Kama) in der fleischlichen Vereinigung von Mann und Frau besteht, verlangt er ein Hilfsmittel.

Und die Kenntnis dieser Hilfsmittel schöpft man aus dem Lehrbuche der Liebe, sagt Vatsyayana.

Bei den Tieren dagegen findet die Ausübung (der geschlechtlichen Funktionen) ohne Hilfsmittel statt, da die Weibchen nicht versteckt gehalten werden, der Geschlechtstrieb während, der Brunstzeit bis zur Befriedigung gebracht wird und (der Akt) von keiner Überlegung begleitet ist.

Man vollbringe keine Taten des Dharma, da der Lohn dafür erst künftig kommen soll und wegen der Zweifelhaftigkeit.

Denn welcher Nichtkindische würde wohl das in der Hand Befindliche einem andern einhändigen?

Besser heute eine Taube als morgen ein Pfau.

Besser als ein zweifelhafter Brustgoldschmuck ist ein unzweifelhaftes Goldstück – Das sind die Ansichten der Materialisten.

Da das Lehrbuch zum Misstrauen keine Veranlassung geben kann; da man sieht, daß Behexung und Beschwörung, bisweilen Erfolg hat; da man sieht, dass die Mondhäuser, der Mond, die Sonne und der Kreis der Planeten gleichsam mit Überlegung für die Welt wirken; da das Treiben der Welt durch das Leben nach den Satzungen der Kasten und Stadien gekennzeichnet wird, und da man sieht, daß man den in der Hand befindlichen Samen um des künftigen Getreides willen auswirft, so vollbringe man die Handlungen des Dharma. So lehrt Vatsyayana.

Man vollbringe keine Taten des Artha: denn selbst mit Mühe erstrebt werden Gelder (bisweilen) niemals erlangt; sogar ohne dass man danach strebt, kommen sie ganz von selbst.

Das alles wird vom Schicksal bewirkt.

Das Schicksal nämlich bringt die Menschen zu Reichtum und Armut, Sieg und Niederlage, Glück und Unglück.

Vom Schicksal wurde Bali zu Indra gemacht, vom Schicksal wurde er gestürzt; eben das Schicksal wird ihn auch wieder erhöhen. – Das ist die Meinung der Fatalisten.

Die Grundlage aller Betätigungen sind die Hilfsmittel, da sie von der menschlichen Wirksamkeit abhängen.

Auch ein notwendig erfolgendes Vermögen ist durch Hilfsmittel bedingt: ein Untätiger hat kein Glück. – So lehrt Vatsyayana.

Man vollbringe keine Taten des Kama, wegen ihrer Rivalität mit den beiden Hauptsachen Dharma und Artha und anderen trefflichen Menschen. Sie bewirken bei dem Menschen Verkehr mit Niedrigen, schlechte Unternehmungen, Unreinlichkeit und Vernichtung der Zukunft.

Ferner Nachlässigkeit, Leichtsinn, Misstrauen (bei Anderen) und Meidung (seitens der Mitmenschen).

Man hört von vielen der Liebe Ergebenen, die sogar samt ihrer Begleitung untergegangen sind.

So ging der Bhoja namens Dandakya, welcher die Tochter eines Brahmanen beschlafen hatte, infolge der Liebe samt Sippe und Reich unter.

Die Taten des Kama stehen auf gleicher Stufe mit dem Essen, da sie das Gedeihen des Leibes bedingen; und sind die Frucht von Dharma und Artha.

Wie an den Nachteilen muss man lernen. Denn man unterlässt die Bereitung der Topfspeisen nicht, weil es Bettler gibt (die sie wegessen könnten); man unterlässt die Aussaat des Getreides nicht, weil es Gazellen gibt (die es abweiden könnten). – So lehrt Vatsyayana.

Hier folgen einige Sloken:

Der Mann, der so dem Artha, dem Kama und dem Dharma obliegt, der erlangt hier wie dort dornenloses, unendliches Glück.

Bei einer Tat, wo die Befürchtung nicht entsteht, was anderswo geschehen mag, und wo ein Glück erlangt wird, welches den Artha nicht tötet, bleiben die Edlen stehen.

Was die drei Lebensziele erreichen hilft, zwei oder auch nur eines, die Tat vollbringe man, aber nicht eine, die die beiden anderen schädigt.

3. Kapitel. § 3. Die Darlegung des Wissens.

Der Mann soll das Lehrbuch der Liebe und dessen Nebenzweige studieren, ohne die richtigen Zeitpunkte für die Wissenschaften des Dharma und Artha, sowie deren Nebenzweige zu verpassen.

Die Frau vor der Jugendzeit, und, wenn hingegeben, nach der Meinung des Gatten. – Da die Frauen ein Lehrbuch nicht erfassen können, ist auch der Unterricht der Frauen in diesem Lehrbuche hier unnütz, sagen die Lehrer.

Aber die Praxis können sie erfassen; die Praxis aber beruht auf dem Lehrbuche. – So lehrt Vatsyayana.

Das geschieht nicht nur hier: denn überall in der Welt gibt es nur wenige, die das Lehrbuch kennen; die Praxis aber gehört allen Menschen.

Auch ist für die Praxis selbst ein fernstehendes Lehrbuch noch die Ursache.

Es gibt Grammatik: dabei wenden die Kenner des Opfers, die doch keine Grammatiker sind, bei den Opferhandlungen den uha an.

Es gibt Astrologie: und doch vollbringen an den geeigneten Tagen (auch Nichtastrologen) ihre Werke.

Ebenso verstehen Rosse- und Elefantenlenker, die doch die Lehrbücher darüber nicht studiert haben, mit Pferden und Elefanten umzugehen.

Ebenso gibt es Könige: aber selbst weit entfernte Völker überschreiten die Schranken nicht: das ist ebenso.

Es gibt freilich auch Frauen, deren Geist von dem Lehrbuche getroffen wird: die ganika(-Hetären), die Töchter von Königen und die Töchter von hohen Beamten.

Von einer solchen Vertrauensperson lerne die Frau heimlich die Praxis, das Lehrbuch oder nur einen Teil.

Als Mädchen lerne sie die zu den vierundsechzig Künsten in Beziehung stehenden und wiederholt anzuwendenden Werke in der Einsamkeit und allein.

Die Lehrer aber der Mädchen sind: die zusammen aufgewachsene Milchschwester, die sich bereits mit einem Manne fleischlich vermischt hat; oder eine ebensolche Freundin, mit der man gefahrlos reden kann und eine gleichaltrige Tante; an deren Stelle eine vertraute alte Dienerin oder eine von früher her bekannte Bettelnonne und eine Schwester, wenn man ihr trauen kann.

Gesang, Instrumentalmusik, Tanz, Zeichnen, das Einritzen von Zeichen, Verfertigen mannigfacher Linien aus Reis und Blumen, (kunstgerechtes) Blumenstreuen, Zähne und Gewänder zu färben, Auslegen des Bodens mit Juwelen, Herstellung des Lagers, Wassermusik, das Schlagen mit Wasser, wunderbare Kniffe, die verschiedenen Arten Kränze zu winden, die Anordnung von Diademen und Kronen, Toilettenkünste, die verschiedenen Arten die Ohren zu schmücken, das Mischen von Wohlgerüchen, das Anlegen von Schmucksachen, Zauberei, die Kniffe des Kucumara, Geschicklichkeit der Hände, die Verfertigung der verschiedenen Arten von Gemüse, Brühen und Speisen, die Herstellung von Getränken, Fruchtsäften, Würzen und Likören, die Arbeiten des Webens mit der Nadel, das Fadenspiel, das Musizieren auf der Laute und der Trommel, Rätselspiel, Versespiel, das Hersagen schwerer Worte, das Vorlesen von Büchern, Kenntnis des Schauspieles und der kleinen Erzählungen, Ergänzung eines gegebenen Verses eines Gedichtes, die verschiedenen Arten, Zeug und Rohr zu flechten, Drechslerarbeiten, Behauen, Baukunst, Prüfen von Silber und Edelsteinen, Metallurgie, Kenntnis des Färbens und der Herkunft der Juwelen, Anwendung der Lehre von der Pflege der Bäume, Einrichtung der Kämpfe von Widdern, Hähnen und Wachteln, Sprachenlehre der Papageien und Predigerskrähen, Erfahrung im Frottieren, Massieren und Frisieren des Haares, das Erzählen vermittelst der Fingersprache, die verschiedenen Arten verabredeter Sprachen, Kenntnis der Dialekte, die Kunst der Blumenwagen, Kenntnis der Vorzeichen, Alphabet der Diagramme, Kenntnis des Abc der Gedächtniskunst, Zusammendeklamieren, Geistspiel, Anfertigung von Gedichten, Kenntnis des Lexikons, Kenntnis der Metrik, Kenntnis der literarischen Arbeit, Vortrag von Liedern unter Gestikulation, das Verstecken in Kleidern, die verschiedenen Glücksspiele, das Würfelspiel, die Spiele der Kinder, und die Kenntnis der Wissenschaft des guten Tones, der Strategie und der körperlichen Übungen: das sind die vierundsechzig einzelnen Nebenzweige des Lehrbuches der Liebe.

Die Vierundsechzig nach Pañcala sind anders. Deren Anwendungen werden wir in dem Abschnitte über den Liebesgenuss besprechen, indem wir ihnen nachgehen; denn die Liebe besteht ihrem Wesen nach aus ihnen.

Eine Hetäre, die sich durch diese auszeichnet und mit Charakter, Schönheit und Vorzügen begabt ist, bekommt den Titel ganika und eine hohe Stellung im Kreise der Leute.

Geehrt ist sie stets bei dem Könige und bei den Trefflichen gepriesen; begehrenswert ist sie, des Besuchens würdig und ein Vorbild.

Die Tochter eines Königs und ebenso eines hohen Beamten, die sich auf (jene) Praktiken versteht, macht den Gatten sich geneigt, auch wenn er tausend Frauen im Harem hat.

Ebenso kann eine Frau während der Trennung von dem Gatten und wenn sie in schweres Missgeschick geraten ist, sogar im fremden Lande von (diesen) Wissenschaften bequem leben.

Ein Mann, der in den Künsten erfahren, gesprächig und Schmeichler ist, findet das Herz der Frauen schnell, auch wenn er nicht bekannt ist.

Infolge der Erlernung der Künste eben entsteht das Glück; je nach Ort und Zeit aber soll ihre Anwendung stattfinden oder nicht.

4. Kapitel. § 4. Das Leben der Elegants.

Nach Erlangung des Wissens und nach Gründung des Hausstandes für die Gelder, die man durch Geschenke, Siege, Handel oder Bezahlung erworben oder ererbt hat oder auch für beide, führe man das Leben eines Elegants.

In einer Großstadt, einer Hauptstadt, einem Flecken oder einem großen (Orte) kann er leben, wo es treffliche Menschen gibt, oder (sonst wo) unter Berücksichtigung des Lebensunterhaltes.

Dort lasse er, mit Wasser in der Nähe, eine Wohnung mit einem Baumgarten, einem geräumigen Hofe für die Arbeiten und zwei Schlafgemächern bauen.

Nachdem er am Morgen aufgestanden ist, die ständigen Verrichtungen vollbracht, seine Zähne geputzt, mäßig Salben gebraucht, Räucherwerk und einen Kranz genommen, einen Mundvoll gekochten Reis genossen und Lack aufgelegt, sein Gesicht im Spiegel betrachtet und Mundkügelchen sowie Betel genommen hat, soll er seinen Beschäftigungen nachgehen.

Beständig baden, alle zwei Tage einreiben, alle drei Tage Sepia, alle vier Tage Rasieren, alle fünf oder zehn Tage Glätten; ohne Ausnahme. Beständiges Entfernen des Schweißes an den verhüllten Höhlungen; am Vor- und Nachmittage Abhaltung der Mahlzeit, nach Carayana am Abend; nach dem Essen Unterrichtserteilung an die Papageien und Predigerskrähen; Wachtel-, Hahnen- und Widderkämpfe; diese und jene Kunstspiele; Beschäftigungen, die dem Pithamarda, Vita und Vidusaka zukommen; Mittagsschlaf; am Nachmittage, wenn er Toilette gemacht hat, belustigende Unterhaltungen; am Abend Musizieren; wenn das vorüber ist, zusammen mit den Freunden in dem zurechtgemachten, vom Dufte des Räucherwerks durchzogenen Schlafzimmer auf dem Lager Erwarten der zum Liebesbesuche kommenden Frauen; Absenden der Unterhändlerinnen oder persönliches Hingehen; zusammen mit den Freunden Begrüßung der Angekommenen mit freundlichen Reden und Höflichkeiten; eigenhändiges Wiederzurechtmachen der durch den Regen in Unordnung geratenen Toilette der bei schlechtem Wetter zum Liebesbesuche kommenden Frauen; oder Bedienen durch die Schar der Freunde: das ist das Treiben bei Tage und in der Nacht. Abhaltung von Prozessionen; gesellschaftliche Unterhaltungen; Zechgelage; Besuch der Gärten und gemeinschaftliche Spiele möge er unternehmen; an einem bekannten Tage des Halbmonates oder Vollmonates beständige Zusammenkunft der Aufgeforderten im Tempel der Sarasvati. Ihnen sollen die fremden Künstler ein Schauspiel geben; am Tage darauf sollen sie von ihnen Ehrungen und ihre festgesetzte (Belohnung) empfangen. Darauf, je nachdem die Neigung ist, (abermaliges) Zusehen oder Entlassung; bei Unfällen und Festen derselben sollen sie gegenseitig die gleichen Rollen spielen. Ehrung und Schutz der Gäste, die in ihre Gesellschaft kommen. Das sind die gesellschaftlichen Sitten. – Damit sind auch die Prozessionen abgetan, die bald dieser, bald jener besonderen Gottheit gelten und ihrem Wesen nach feststehen.

Wenn in der Wohnung einer Hetäre, im Saale oder in der Behausung des einen oder anderen die an Wissen, Verstand, Charakter, Vermögen und Alter Gleichen unter entsprechenden Unterhaltungen mit den Hetären zusammen Platz nehmen, so ist das eine Gesellschaft. Dabei findet unter ihnen ein Gedankenaustausch über Gedichte und über die Künste statt. Währendem sind die glänzenden, Weltgeliebten zu verehren, und an Liebe gleiche Frauen werden herbeigeholt.

Zechgelage (sollen) gegenseitig in den Wohnungen (stattfinden).

Hierbei sollen die Hetären zutrinken und mittrinken: madhu, maireya, Branntwein und Likör, mit verschiedenen Reizmitteln, Salzigem, Früchten, Grünem, Gemüse, Bitterem, Scharfem und Sauerem. Damit wird der Besuch der Gärten angedeutet.

Am Vormittage sollen sie schön geschmückt und zu Pferde mit den Hetären und begleitet von Dienern sich (dorthin) begeben; und nachdem sie dort die täglichen Festlichkeiten genossen und mit Hahnenkämpfen und Spielen, Schauspielbesuch und gefälligen Unternehmungen die Zeit hingebracht haben, sollen sie am Nachmittag mit den Beweisen des Gartengenusses ebenso zurückkehren. Damit ist das Aufsuchen des Wasserspieles in der heißen Jahreszeit seitens derjenigen, die sich von Raubtieren freie Wasserbehälter gebaut haben, angedeutet.

Yaksa-Nacht, Erwachen der kaumudi, das Fest des Liebesgottes.

Das Brechen von Mangofrüchten; das Essen von gerösteten Körnern; das Essen von Lotuswurzelfasern; Jungblattspiel; Wasserspritzspiel; Nachahmung mit Puppen; Wollbaumspiel; Kadamba-Kämpfe; diese und andere allgemeine und lokale Spiele sollen sie im Gegensatz zu den übrigen Leuten spielen. – Das sind die Gesellschaftsspiele.

Damit ist zugleich das seinem Vermögen entsprechende Treiben eines Alleinstehenden sowie der Ganika und der Liebhaberinnen mit den Freundinnen und den Elegants gekennzeichnet.

Einer aber, der kein Vermögen hat, nichts als seinen eigenen Leib besitzt, dessen ganze Habe in einem Klappstuhl, Sepia und einem braunroten Gewande besteht, der aus einer ehrenwerten Gegend stammt, in den Künsten erfahren ist und durch Unterrichten in denselben sich selbst in der Gesellschaft und den zur Hetärenwirtschaft gehörenden Geschäften bewegt, der heiß Pithamarda.

Einer aber, der nur einen Teil des Wissens besitzt, eine lustige Person und der Vertraute ist, heißt Vidusaka oder Spaßmacher. – Diese sind für die Hetären und Elegants die Minister, die über Krieg und Frieden gesetzt sind.

Mit diesen sind in den Künsten erfahrene Bettlerinnen, Kahlköpfige, gemeine Weiber und alte Hetären angedeutet.

Nachdem der auf dem Lande wohnende seine gewandten, Interesse, zeigenden Angehörigen in Spannung versetzt hat, indem er das Treiben der Elegants schildert und (dadurch) Verlangen erweckt, soll er dasselbe nachmachen und Gesellschaften abhalten, die Leute durch den Verkehr mit ihnen entzücken, durch Beistehen in ihren Unternehmungen gewinnen und ihnen Dienste leisten. – Das ist das Leben des Elegants.

Hier folgen einige Verse:

Wer nicht mit allzu gekünstelter, aber auch nicht gar zu gewöhnlicher Sprache in den Gesellschaften die Unterhaltung führt, der ist bei den Menschen hoch angesehen.