Das Lauermännchen - Anja Brand - E-Book

Das Lauermännchen E-Book

Anja Brand

4,8

Beschreibung

Lauermännchen sind komische Wesen, aber von Kindern heiß geliebt. Manchmal, wenn Kinder traurig oder niedergeschlagen sind, erscheint eines von ihnen. In diesem Buch gehen Bubu Das Lauermännchen, Julia und Malte gemeinsam auf die Reise und bringen den Kindern, durch allerhand Spiele, ihre Kreativität und ihre Fantasie zurück.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 127

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,8 (18 Bewertungen)
14
4
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


„...und wenn du mir das nicht glaubst, lüge ich dir nie wieder was vor!“

Ausspruch meines Vaters, wenn er mir wieder eine seiner Geschichten erzählt hatte.

Inhaltsverzeichnis

Treffen bei Nacht

Die erste Reise

Maltes Wandlung

Träume sind nicht immer Schäume

Spiele spielen will gelernt sein

Die zweite Reise

Das große Treffen

Die Entscheidung

Die Schreckschlicker

Wieder Zuhause

Stelzenlauf und andere geheimnisvolle Dinge

Besuch bei Malte

Wir gründen eine AG

Besprechung in der Nacht

Ein guter Anfang

Der Erfolg greift um sich

Die letzte Reise

Ein Versprechen wird eingelöst

Abschied

Julias Spiele

Vorwort

Fantasie, die wohl wichtigste Gabe, die man als Kind besitzen kann.

Mit ihr reist man durch ferne Länder, lernt Fabelwesen und fremdartige Gestalten kennen. Man kann fliegen, unwirkliche Dinge sehen, Wunder vollbringen, Abenteuer bestehen und für sich selbst eine Traumwelt erschaffen.

Hier trifft man Freunde und Verbündete, aber auch Gegner und machthungrige Widersacher. Die Fantasie kann Geschichten erzählen. Sie lässt Menschen all das erleben, was sie schon immer erleben wollten.

Man soll nicht aufhören Geschichten zu erfinden, Spiele zu spielen und der Fantasie freien Lauf zu lassen.

Auf die Fantasie muss man aufpassen, damit sie nicht verloren geht. Ich bewahre sie tief in mir. Sie ist bis heute ein wichtiger Teil in meinem Leben und ich versuche sie an meine Enkel und an viele andere Kinder weiterzugeben, damit sie auch so schöne Geschichten erleben, wie ich sie erleben durfte.

Anja Brand

Das Lauermännchen

Treffen bei Nacht

Wie jeden Abend ging Julia mürrisch in ihr Bett. Der Tag sollte schon wieder zu Ende sein? Unbegreiflich.- Sie hatte doch noch so viel vor.

Das Bild musste noch ausgemalt werden, die Knetefigur für den Kunstunterricht hatte noch keine Arme und das Fahrrad musste endlich von den Stützrädern befreit werden. Sie musste unbedingt noch mit Papa darüber reden. Das war ja lächerlich, erst hatte sie so spät Fahrradfahren gelernt und jetzt waren immer noch die großen Stützräder an dem Rad. Auf dem Land hatte sie kein Fahrrad gehabt und hier in der Stadt hatte es dann doch eine Weile gedauert, bis sie endlich richtig fahren konnte. Aber Papa hatte mal wieder eine geschäftliche Besprechung und kam später. Mama konnte da wenig helfen, die hatte ja darauf bestanden, dass sie zu Bett ging.

Unglaublich, obwohl Julia ihr davon erzählt hatte, wie wichtig das alles noch war.

Jetzt saß sie in ihrem Schlafanzug auf dem Bett, sie hatte heute wieder nur eine Katzenwäsche gemacht, aber wenigstens die Zähne waren geputzt. Sie konnte sich noch gut an die letzte Standpauke beim Zahnarzt erinnern, der sie finster ansah, als sie ihm gestand, das Zähneputzen auch schon mal auszulassen. Die anschließende ellenlange Erklärung über Zahnschmerzen und faule, hässlich braune Zähne hatte doch eine große Unbehaglichkeit bei Julia hinterlassen.

Wo Mama nur blieb? Vielleicht konnte sie ja doch erreichen, dass sie wenigstens die Arme für Murmel, ihr Knetemännchen fertig machen konnte. Bei Julia hatte alles einen Namen, sogar die Bastelfiguren. „Namen gehören einfach dazu“, hatte sie zu Mama gesagt, als diese sich darüber lustig machte. Jetzt hörte sie das leise klapp, klapp, klapp von Mamas Schlappen auf der Treppe.

„Julia, bist du fertig? Es wird Zeit das Licht aus zu machen. Morgen ist wieder Schule und du bist immer noch wach. Papa hat gerade angerufen, es dauert noch etwas bis er kommt. Das Auto eines Kunden muss unbedingt noch fertig werden, du weißt doch wie wichtig das für uns ist. Ausgerechnet das Ersatzteil für den Wagen von Hellmerings kam erst ganz spät.“

Julia war sauer! So war es immer! Autos wurden direkt repariert und ihr Fahrrad war mal wieder Nebensache! Murrend kroch sie unter die Decke.

„Mama, wieso muss ich eigentlich jetzt schon ins Bett? Ich bin doch kein Kleinkind mehr! Ich wollte noch sooooo viel machen. Wenigstens die Knetefigur für den Unterricht sollte heute noch fertig werden. Und mit Papa muss ich unbedingt über mein Fahrrad sprechen. Die doofen Stützräder müssen endlich ab, die Anderen lachen schon, wenn ich mit meinem Babyfahrrad ankomme.“

Mama setzte sich auf ihr Bett. „Julia, besprich das doch am Wochenende mit Papa. Am Samstag muss er nicht in die Werkstatt und er will sich für dich richtig viel Zeit nehmen. Dann könnt ihr alles besprechen und er wird dir sicher die Stützräder dann abnehmen können. Dein Knetemännchen wird sicher bis morgen warten können. Du brauchst es doch erst zum Anfang der nächsten Woche. Wichtiger ist es jetzt, dass du schläfst, morgen hast du einen langen Schultag. Du kommst erst um zwei aus der Schule. – Husch husch, schlaf gut mein Schatz und träume schön. Gute Nacht.“ Ein dicker Gutenachtkuss und schon war Mama wieder weg.-

Julia starrte ins Dunkle. Einen schönen Traum aussuchen, wie sollte das denn gehen? Wenn man schläft dann träumt man etwas oder eben nicht. Aber ausgesucht hatte sie sich noch nie einen Traum. „Ach soll mich doch der Bububuhmann besuchen!“ Julias Lippen zitterten, als sie das leise vor sich hin flüsterte, dabei war ihr gar nicht kalt. Manchmal war sie froh, wenn sie endlich wach wurde, so gruselig waren die Träume. Dunkle Tannen, rauschende Wälder, ein Käuzchen rief. Man hörte das hu hu hu…

„Hu hu hu…..huhu“…Was war das? Da war doch Licht! Leuchteten da Augen im Dunkeln? Julia zog die Decke ein Stückchen höher. Da, wieder,…sie atmete tief, ein Schauer kroch ihr über den Rücken.

“Hu hu hu…huhu…huhuhups…na endlich, da bist du ja! Wo hast du eigentlich so lange gesteckt?“

Da sprach doch etwas! Wer sprach denn da?

„Huhu, hier bin ich, ja meine Güte, siehst du mich denn nicht? Sapperlot, huhu, hallo, hier!“

Julia musste an den Lichtschalter, aber sie traute sich nicht. Sie strengte die Augen an, kniff sie zusammen und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Langsam sah sie die Einzelheiten in ihrem Zimmer. Da war das Fenster, ihr Schreibtisch, darüber ihr Bücherregal, unaufgeräumt wie immer, daneben,…..halt stopp, war da nicht was?

Sie sah die Umrisse eines kleinen Männchens, oder war es doch bloß ihre Puppe? Julia konnte es nicht richtig sehen. Da winkte doch etwas! Rasch knipste sie die Nachttischlampe an und blinzelte in die Richtung des kleinen Männchens.

„Jaja, blinzele ruhig weiter, ich bin hier, hier oben, sapperlot ist das ungemütlich hier, diese Bücher hier drücken mich ja weg!“ Emsig versuchte dieses Etwas an den Büchern zu ruckeln, die kreuz und quer herumlagen.

„Kannst du nicht mal aufräumen, damit man hier ganz normal sitzen kann? Das ist ja scheußlich, alles drückt und die Ecken der Bücher pieken im Rücken!“

Julia traute ihren Augen nicht. Da kramte ein kleines Männchen auf dem untersten Bord ihres Bücherregals, schimpfte vor sich hin und mahnte sie zur Ordnung. Überhaupt, was war das für ein Wesen? Klein wie ein Gartenzwerg, mit Flügeln auf dem Rücken, ein runzliges Gesicht, die kleine Schlägerkappe auf der hervorquellenden Lockenpracht, kohlrabenschwarze wuselige Locken übrigens, die mit Flicken übersäte Latzhose war ganz staubig und voller Wollmäuse. Jetzt sah er sie direkt an. Sein sonst eigentlich liebes Gesicht schaute ganz zornig und er schnaubte.

„Sieh dir das mal an, wie ich aussehe! Staub und Dreck wohin man schaut.“ Er hustete und schnaubte sich die Nase. „Vielen Dank, wenn du mich schon rufst, dann bitteschön sorge dafür, dass es hier nicht so elendig staubig ist. Das kann ich überhaupt nicht vertragen.“ Das Husten und Prusten wurde langsam weniger.

Sie hatte jemanden gerufen? Neenee, das musste sie doch erst mal klarstellen, und schon gar nicht so einen garstigen Rumnörgler, Staub wischen, das hatte sie schon immer gehasst, kam ja gar nicht in die Tüte, sollte er doch wegbleiben. „Ich habe hier gar keinen gerufen“, schimpfte Julia, „was willst du eigentlich hier und warum sitzt du in meinem Bücherregal? Wer bist du eigentlich?“

„Tstststststssssss“, das Männlein schüttelte den Kopf, „erst wird man gerufen, dann kommt man, sitzt hier in dem Dreck und nun will Madame es nicht gewesen sein. Die habe ich am allerliebsten! Natürlich hast du mich gerufen, gerade eben erst. Also an den Ohren habe ich noch nichts, wenn ich auch sonst schon mal etwas vergesslich werde auf meine alten Tage. Deutlich hast du mich gerufen und ich habe mich schon gewundert, dass du meinen Namen so gut kennst, obwohl ich die Kurzform Bubu eigentlich bevorzuge.“

Bubu? So etwas hatte sie ja noch nie gehört! „Wann soll ich dich gerufen haben, Bubu?“

„Na gerade, ich habe laut und deutlich gehört, dass du nach dem Bubumann gerufen hast, und hier bin ich Bubumann Lauermann, falls du den vollständigen Namen behalten kannst.“

Jetzt war es klar, Julia hatte gerade mit den Lippen gezittert und irgendetwas vom Bubumann gemurmelt, dabei wollte sie doch nur sagen, dass es ihr egal sei, auch wenn der Buhmann käme. Von dem hatte Mama immer gesprochen, früher, als sie noch klein war. „Dann kommt der Buhmann“, hatte sie immer gesagt. Aber Bubu das jetzt klar zu machen war fast unmöglich, so aufgeregt wie der im Moment war. Da wollte sie lieber noch einige Fragen stellen, die ihr auf den Nägeln brannten.

„Woher kommst du? Was bist du und warum kommst du ausgerechnet zu mir?“

„Viele Fragen junge Dame, die ich dir schnell beantworten kann, wenn du mich auch angeblich nicht gerufen haben willst. Aber erst mal muss ich hier von diesem staubigen Etwas runter.“ Jetzt klang seine Stimme schon ein bisschen versöhnlicher. Er hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, da saß er auch schon auf der Bettkante neben Julia, die ihn mit kreisrunden, großen Augen ansah. Vor lauter Staunen stand ihr der Mund weit auf.

„Und, und, und wie hast du das wieder gemacht? Du warst doch gerade noch bei meinen Büchern!“

Bubu lächelte mild, schüttelte kaum merklich den Kopf und legte den Zeigefinger an die Nase. „Nun junge Dame, da werde ich wohl noch viel erklären müssen.“ Langsam und mit leiser rauchiger Stimme begann Bubu zu erzählen:

„Also meinen Namen kennst du ja schon. Bubumann Lauermann, kurz Bubu genannt. Ich erscheine, wenn mich jemand ruft und dringend meine Hilfe braucht. Bei dir war ich mir nicht so ganz sicher, aber ich dachte mir, komm sieh mal nach warum sie dich gerufen hat, vielleicht kannst du ihr ja helfen. Du hast irgendwie bedrückt gewirkt und ängstlich warst du auch, das konnte ich nämlich an deiner Stimme hören. Die hat richtig gezittert! Ich bin übrigens ein Lauermännchen, die lauern auf verwirrte Gedanken bei Kindern, so wie bei dir. Eigentlich gab es mal eine ganze Menge von uns, damals, als sich die Elfen und Trolle zusammengefunden haben. Du musst wissen, dass meine Mama eine tolle Elfe ist, mit einer glockenklaren Stimme und ihre Flügel funkeln im Sonnenschein. Papa ist ein Troll, aber nicht irgendeiner, nein, er ist der Vorsteher der Trollgruppe, die sich immer auf den Weg zu den Elfen gemacht hatten. Große Besprechungen haben sie abgehalten, du verstehst schon, diese wichtigen Gespräche, wie wir mit den Menschenkindern weiterhin umgehen wollen, ob wir wirklich alle besuchen können, die unsere Hilfe brauchen und so. Naja und dabei ist es dann passiert. Mama Cyrinda und Papa Trollkan haben sich gesehen und schwupps, schon war es geschehen, die große Liebe, wie beide immer wieder erzählt haben. Den Rest kannst du dir ja denken. Ich bin ihr, wie haben sie noch immer gesagt, geliebter Sohn, ein Kind der großen Liebe und etwas ganz Besonderes.“ Er rollte wichtig mit den Augen. „Deshalb habe ich von beiden einiges mitbekommen. Papa hatte pechschwarze Locken, und er sah auch so aus wie ich. Von Mama habe ich die tollen Flügel, aber meine schimmern nicht so silbern wie ihre, leider. Aber die Hauptsache ist doch, dass sie funktionieren, da, schau mal“, und er wedelte wie wild mit den Flügeln. Dabei hob er sogar ein Stückchen von der Bettkante ab.

„Und wie konntest du jetzt so schnell von meinem Bücherregal auf die Bettkante kommen? Geflogen bist du ja nicht, das hätte ich gesehen. Sag schon, wie macht man so was?“ Julia wurde ganz aufgeregt.

Wichtig zwinkerte ihr Bubu zu. „Tja, das ist eine seltsame Sache. Ich denke ganz fest daran, wo ich hin will und schon bin ich da. So ganz genau weiß ich das auch nicht, aber wie du siehst, es geht.“

„Wie“, sagte Julia verblüfft, „das ist alles? Nicht mal ein winziger Zauberspruch, Handgedrehe oder sonst was? Einfach nur denken wohin man will und das war`s?“ Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Das konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen! Wenn das so einfach wäre, hätte sie schnell mal eben zu Papa in die Werkstatt gekonnt, dann wäre die Sache mit den Stützrädern schon längst erledigt. –

Bubu nickte eifrig, „ja das war´s, einfach nur denken, wohin es gehen soll, und zack ist man da. Aber jetzt meine junge Dame musst du wirklich schlafen. Ich habe nämlich den Traumwurzsirup vergessen, den ich mitbringen wollte. Ein kleiner Schluck davon und wir könnten die ganze Nacht zusammen verbringen, und du wärest morgens trotzdem ausgeschlafen. Du weißt schon, wegen der Schule, nicht dass du noch mitten im Unterricht einschläfst. Also, Augen zu und ruhig einschlafen. Morgen Nacht komme ich wieder, dann haben wir etwas mehr Zeit.“

Die letzten Worte hörte Julia schon wie durch einen Wattefilter. „Oh ja“, dachte sie, „ich freue mich auf dich, Bubumann Lauermann.“

Die erste Reise

Schrill schellte der Wecker. Julia blinzelte ins Sonnenlicht, das durch den Vorhang ihres Fensters schien. War das eine komische Nacht gewesen. Viel zu kurz und sie war noch sooooooo müde. Langsam streckte sie sich und krabbelte aus ihrem Bett. Jetzt aber schnell ins Bad und dann zum Frühstück. Gut, dass Mama ihre Anziehsachen schon auf den Stuhl gelegt hatte. Während sie sich anzog, fiel ihr Blick auf das Bücherregal.

Das war ja ein komischer Traum gewesen. – Sie schüttelte den Kopf. „Bubu“, flüsterte sie leise, wie konnte sie nur so etwas träumen. Besser sie erzählte davon niemandem etwas, sie machte sich ja nur lächerlich. Heute standen Englisch und Mathe auf dem Plan, wie schrecklich, beide Fächer fand sie zum Fürchten!

Der Morgen zog sich zäh dahin. Malte und Tobias, die beiden Rabauken aus der 4a, machten ihr mal wieder Ärger. Ausgerechnet Malte war sie am Vortag mit ihrem Fahrrad begegnet und der hatte natürlich sofort die Stützräder bemerkt und siegessicher gelacht. „Na Kleine“, hatte er gerufen, „darf das Baby noch nicht ohne Stützräder fahren?“ Sofort war ihr klar, dass er das in der gesamten Schule verbreiten würde. Wie sie ihn hasste! Genau so war es, Julia war geliefert! Die Jungen aus ihrer Klasse tuschelten leise und Julia hörte nur einige Sprachfetzen wie: „Stützräder und das jetzt noch…“ Papa war aber auch unmöglich, nie hatte er Zeit, und vor allem nicht wenn sie ihn brauchte!