Das Mecklenburgisch-Vorpommersche Schimpfwörterbuch - Günther Fuchs - E-Book

Das Mecklenburgisch-Vorpommersche Schimpfwörterbuch E-Book

Günther Fuchs

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Beschreibung

Für Freunde der Niederdeutschen Sprache ist dieses Büchlein eine zeitlose Rarität. Deftige und weniger deftige Worte werden heiter ins Hochdeutsche umgesetzt, so dass auch ein Hinterbayer alles versteht. LESEPROBE: Telerbücks, eine Petze. Getreu dem Motto: Gepetzt wird hier nicht, aber gesagt werden muss es! Tittengör, ab einem bestimmten Alter gehen Kinder ihre eigenen Wege — dieser Nesthocker jedoch noch nicht: Is von Murrer ehr Titt noch nich wech wääst. Tittenolsch, Frau mit großer Oberweite, die naturgemäß einen entsprechenden Tittenbüdel anlegen muss, um ihrer Tittelatur den gewissen Halt und Schick zu geben. Toegeljochen und Toegelliesch, er und sie sind gleichermaßen aufreizend langsam in ihrem Tun. Toet, dummes, schwatzhaftes Mädchen. Eine gestandene Frau mit den gleichen Eigenschaften heißt ebenso. Tömiggänger, Faulpelz und Müßiggänger. Torfkopp, hat etwas sehr Dummes angestellt. Töt, analog zur Bezeichnung für die rossige Stute eine auffallend liebeslustige Frau. Trachunkel, Madame Liederlich, auf deren Küchentisch Haare, Kamm, Topflappen, Haarklammern, Brotreste, Lippenstift und Butterschale einträchtig nebeneinander zu finden sind. Trallbüdel, wunderlicher Mensch. Trampeljochen, wie Trampelliesch jeweils unruhige Jungen oder Mädchen. Neutrum ist Trampeltier. Tranpott, auffallend langweiliges und schwerfälliges Wesen. Von dem Zeitpunkt an, da er einen Knuff von seinem Hintermann im Rücken verspürt, bis zum ärgerlichen Umdrehen benötigt so einer etwa fünfzehn Minuten.

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IMPRESSUM

Günther Fuchs & Hans-Ulrich Lüdemann

Das Mecklenburgisch-Vorpommersche Schimpfwörterbuch

Bannich deftige Wörter

ISBN 978-3-86394-864-1 (E-Book)

Die Druckausgabe erschien erstmals 1993 beim Verlag Michaela Naumann, Nidderau.

Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta

© 2012 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Alte Dorfstraße 2 b 19065 Godern Tel.: 03860-505 788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ddrautoren.de

Vorrede

Wenn auch, liebe Leserin, lieber Leser, Mecklenburg-Vorpommern als Land noch jung an Jahren — sozusagen ein Spirrfix — ist, als Sprachraum ist es, salopp gesprochen, hundealt. Er entstand bereits um 1300 als Folge der ostholsteinischen und westfälischen Einwanderungsströme, die beide niederdeutsch sprachen. Im Laufe der Zeit bildete sich innerhalb des Niederdeutschen als etwas Eigenständiges das Mecklenburgisch-Vorpommersche heraus. Die Sprachgrenzen sind in etwa mit den heutigen Landesgrenzen identisch. Trotz vielfältiger sprachlicher Einflüsse in der Vergangenheit, beispielsweise durch die Hanse oder das Französische, hat sich dieser Zweig neben anderen in der niederdeutschen Sprache bewahrt. In diesem Sinne muss es nicht immer negativ sein, wenn gesagt wird, dass manches eben erst mit gut hundertjähriger Verspätung in Mecklenburg-Vorpommern zum Tragen kommt.

Die Autoren wären jedoch Doesbaddels, würden sie nicht darauf hinweisen, dass Sprachgrenzen schon immer fließend waren und es demzufolge auch mundartliche Abweichungen gibt, die das Mecklenburgisch-Vorpommersche weiter gliedern. Schreibweise und Aussprache können in den einzelnen Gegenden etwas voneinander abweichen. So wird ganz offenkundig auch hin und wieder mit dem Brandenburgischen gekungelt. Dort sind Ballertrien, Dalf, Murkel oder Pomuchelskopp ebenso bekannt. Ein Brandenburger riecht einen Fiester oder Hunnenschiet und kann sich einen Schmeerbuk anfressen.

Nehmen Sie es, liebe Leserin, lieber Leser, also bitte nicht so pinnenschietig mit den Sprachgrenzen zu Mecklenburg-Vorpommern und sehen Sie es uns nach, wenn wir auch aus Platzgründen nicht in jedem Falle der mundartlichen Vielfalt gerecht werden konnten.

Die Autoren sind keine Nägenklaukers, sie haben sich für Sie sachkundig gemacht und empfehlen Interessenten wärmstens das »Mecklenburgische Wörterbuch«. Der Vater aller Sprachforscher im Niederdeutschen, Richard Wossidlo, hat dieses enzyklopädische Werk anhand seiner mehr als zwei Millionen Sprachbelege begründet; fortgeführt und herausgegeben wurde es von Hermann Teubert. Als sehr ergiebige Quelle für Wörter und Redewendungen diente auch das von Renate Herrmann-Winter verfasste »Kleine plattdeutsche Wörterbuch«. Ebenso hilfreich waren Editionen aus dem Hinstorff Verlag; Arbeiten von Hans Balzer, Jürgen Gundlach und Siegfried Neumann; niederdeutsche Schriftsteller wie Ernst-Moritz Arndt, John Brinckman, Berthold Brügge, Hans Draehmpaehl, Klaus Groth, Fritz Reuter, Felix Stillfried u. a. Auch wenn wir den Vorwurf, Huscher-Muscher zu sein, als Tünkram abtun würden, so sind wir uns doch bewusst, dass dieses Schimpfwörterbuch weder vollständig noch in jedem Fall ausschließlich treffend sein kann. Nur Grotspräker irren nie.

Viele dieser entfamichten Wörter unterlagen dem Wandel der Zeit — wurden vergessen; andere erleben eine Wiedergeburt, vielleicht auch mit Hilfe dieses Büchleins. Also tun Sie sich auf der nächsten Dienstfahrt oder während Ihres Urlaubes im östlichen Norden Deutschlands keinen Zwang an: Wat rut möt, dat möt rut! Aber immer auf eigene Gefahr und nach Möglichkeit nicht gegen die Autoren, auch wenn diese keine Bangbüxen sind. Und sorry: das sich betont witzig gebendes Meck-Pomm ist insofern ein unsäglich peinlicher Missgriff, da dem -e- ein so genanntes Dehnung -c- folgt. Daher wird eine Änderung der Schreibweise nach dem mutigen Vorbild der Hamburger angemahnt; die per Gesetz 1949 alle überlieferten alten Flurnamen wie Barmbek oder Wandsbek (vorher durch Sprachschluderei als Wandsbeck bzw. Barmbeck geschrieben) gemäß dem niederdeutschen Sprachbild in die ursprüngliche Schreibweise zurückgeführt haben. Schließlich heißt es auch im Plattdüütschen nicht Mäckelbörger sondern Mäkelbörger. Altes sollte nicht gefälligen Modernismen geopfert werden. Schnackenburg z. B. kommt nicht von schnacken für schwätzen; es wird wie Schna: kenburg gesprochen. Der deutsche Name Schnackenburg scheint sich aus dem niederdeutschen Snaak oder Snack „Schlange“ (engl. snake) und Borg „Burg“ gebildet zu haben ...

Schimpen up Platt - die Aussprache des Mecklenburgisch-Vorpommerschen ist eigentlich kinderleicht — wenn Sie es bereits können; andernfalls macht die Übung immer noch den Meister. Und denken Sie daran — im richtigen Ton liegt die Musik: Schimpfwörter können, leise gesprochen, mehr oder weniger liebevoll gemeint sein. Na denn — hollt Juch stief bi dat Läsen!

Günther Fuchs und Hans-Ulrich Lüdemann

A

Aap, Ap, soll keine Anspielung auf denjenigen sein, der dieses Mecklenburgisch-Vorpommersche Schimpfwörterbuch zur Hand nimmt. Der Affe kann als Neck- oder Schimpfwort verstanden werden. Wie bei vielen folgenden Wörtern macht der Ton die Musik. Gegenüber einem Angeber heißt es: Büst 'n hellschen Kierl; wenn du oewer in 'n Speigel kickst, mööst doch seggen: Goden Dag, Aap.

Aaskreih, wenn auch im übertragenen Sinne die Aaskrähe weiblich ist, so kann sich dennoch jeder Halsabschneider angesprochen fühlen.

Aasluder, jedes deutsche Telefonverzeichnis, das etwas auf sich hält, beginnt mit einem Doppel vom ersten Buchstaben unseres Alphabets. Aber wer möchte schon einen Namen tragen, der gleichzeitig ein derbes Schimpfwort gegenüber jedermann ist?

Achterliek, wer von einem Vorpommer oder Mecklenburger dieses Wort hört, der sollte sich sein Gegenüber genauer ansehen: Als Mann wird einer garantiert als Arsch angesehen; bei einer Frau kann auch zärtlich ihr Hinterteil gemeint sein.

Adder, eine Frau, die als Natter tituliert wird, hat wohl keine Chancen mehr beim sogenannten starken Geschlecht. Ein Vorpommer oder Mecklenburger mit einschlägig schlechten Erfahrungen stöhnt verbittert: Wenn man sick 'ne Fru nimmt, dat 's grad, as wenn 'n 'ne Katt ut'n Sack vull Addern rutsöcht ...

Angäwer, da braucht einer kein Nordlicht zu sein, um zu kapieren, dass die Einheimischen schnell sauer sind über jede Art von Angebern aus der großen weiten Welt.

Angstfaut, ein Hasenfuß wird sich immer damit herausreden, dass feige sein allemal besser ist als tot.

Angstkoetel, ... und ein Angsthase wird ihm selbstverständlich zustimmen, um so vielleicht doch noch Mut zu fassen.

Anökeler, mit Angebern oder Petzern kommen wohl nicht nur die Vorpommern und Mecklenburger schwer zurecht.

Apenbaud, hier stinkt es ja wie in einer Affenbude! riefen die Urlaubsgäste und flohen.

Aschebödeling, Schmutzfinken gibt es nicht nur im ostdeutschen Norden der Bundesrepublik.

Äsel, dat ik 'n Äsel bün, dat weit ik, oewer dat du Äsel mi dat seggen mööst, dat argert mi ... Kommentar wohl überflüssig!

Äselbänk, vielleicht haben Redner und Zuhörer des vorigen Dialogs einmal gemeinsam auf dieser Bank für dumme Schüler gesessen?

Asenkierl, wer dortzulande als Sudelkerl beschimpft wird, sollte sich fragen lassen, ob er sich nicht in irgendeiner Weise daneben benommen hat.

Äweltrine, nicht immer leicht zu definieren — die Kriterien für ein übles Mädchen.

Äwerborstiger, das hat nun ganz und gar nichts mit einem Tiger zu tun, sondern bezeichnet eher das Gegenteil: Ein Prahlhans!

Äwernäsig-Hannes, dieser überdrehte junge Mann kriegt es fertig, sich in Grippe-Zeiten nach dem Telefonieren wegen einer möglichen Infektionsgefahr seine Ohren zu waschen. So geht jedenfalls die Rede.

B

Babbel hollen, Halt den Mund! Oder auch im Hochdeutschen etwas moderner ausgedrückt: Ende der Fahnenstange!

Babbellies, ein Klatschweib ernährt sich und gedeiht am besten auf Kosten der Freizeit ihrer bereits genervten Nachbarn.

Backbeer, egal ob weiblich oder männlich — eine rostige Haarnadel oder ein halber Knopf sind wertvoller als dieses Wesen.

Backsbüdel, auch in Mecklenburg-Vorpommern werden die Dummen nicht alle.

Ballerkierl, um allen Widrigkeiten aus dem Wege zu gehen, sollten solche Typen ab und an mal ein ehrliches Inserat in der Zeitung drucken lassen: Poltriger Mann sucht ebensolche Frau zwecks gemeinsamen Polterabends.

Ballerolsch, das muss diejenige gewesen sein, die als einzige vorstehende Annonce beantwortet hat.

Bambusen, keinesfalls ist die Mehrzahl vom Bambus gemeint: Es handelt sich um Strolche oder ungezogene Jungen.

Bammelfik, das ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine liederliche Frau.

Bammelkierl, wer jetzt messerscharf schließt, dass es sich hier um einen ebensolchen Mann handelt, der irrt: Dieser Kerl ist ausgesprochen langsam im Denken und Tun. Und da es bekanntlich immer zwei Menschen braucht zum Paradies — zu ihm passt wie die Faust aufs Auge eine Bammelolsch.

Bangbücks, wer nachts durch einen dunklen Wald gehen muss — mit diesem Feigling oder auch Bangbüx an seiner Seite wird er keiner Gefahr ins Auge sehen können.

Barmjochen, dieser Mann scheint einer zu sein, der ständig über Geldnot jammert. Dabei ist er nur zu geizig, etwas von seinem Konto abzuheben! Und wenn dann noch eine Barmmudder dazukommt — nicht auszuhalten!

Bauzfik, genaugenommen wäre das eine Frau, der zuzutrauen ist, dass sie partout den untersten Teller eines Stapels herauszieht, wenn der Tisch gedeckt werden soll. Um der ausgleichenden Gerechtigkeit willen gibt es natürlich auch einen Bauzheiner und seine kleine Freundin, die Bauztrine.

Bäwerbücks, das sind solche, die wegen ihrer permanenten Feigheit immer das Wort vom Hannemann-geh-du-voran im Munde führen.

Beddmiger, wegen der gleichen Bedeutung kommt das Schimpfwort Bedd'vulmiger für Bettnässer einem Nicht-Mecklenburger und Nicht-Vorpommer schon etwas bekannter vor. Das Aufreizende liegt aber in der Unterstellung, einer zu sein — ein kranker Mensch sollte zu seinem Leiden nicht auch noch die Beschimpfung ertragen müssen.

Bedreiger, wer als Landei einen geräucherten Aal ohne Kopf kauft und zu Hause beim Abendbrot feststellt, dass dieser Fisch überraschenderweise grüne Gräten hat, hat sich von einem Betrüger schlichten Hornaal andrehen lassen.

Bengel, solch ein etwas missratener Junge kann harmlos sein gegen die ursprüngliche, meist mit Schmerzen verbundene Bedeutung wie Knüppel oder Knotenstock: Hür, du Bengel! Segg'dienern Bengel, dat dien Bengel mienen Bengel nich Bengel schellen deit.

Betschjohann, nicht alle Männer können Kritik vertragen. So einer reagiert bissig auf Vorhaltungen jedweder Art.

Bieräsel, es ist beileibe nicht der einzige Unterschied zum Goldesel im Märchen, dass Trunkenbolde erst eine Menge intus haben müssen, ehe sie etwas — selbstredend Wertloses — von sich geben.

Blackschiter, selbst einem gebürtigen Vorpommer fallt es schwer zu erklären, warum dieses Schimpfwort ausgerechnet gegen den sogenannten gebildeten Stand Anwendung findet.

Blag'kopp, was ist Übles dran an einem Rotschopf, dass er partout wegen seiner flammenden Haarpracht beschimpft werden muss?

Blatnwiw, mancher wackere Mann ist schon mit einem Tampen in der Hand auf der Suche nach einem zugfesten Nagel unters Dach gestiegen, weil er das ständige Jammern seines Weibes nicht mehr ertragen konnte.

Blarrfiken, diese Kleine hat's mit dem Weinen und ist schwerlich wieder aufzumuntern.

Blenner