Das Mysterium von Notting Hill - Charles Warren Adams - E-Book

Das Mysterium von Notting Hill E-Book

Charles Warren Adams

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Beschreibung

Es ist der Urkriminalroman – der allererste Kriminalroman der Literaturgeschichte: einzigartig in seiner Form und überraschend in seiner Modernität, den Leser mit der Lektüre der Ermittlungsdossiers an der Lösung des Rätsels zu beteiligen. In einer Zeit, in der sich das Genre des Krimis etwa bei Edgar Allan Poe gerade erfand, wagte sich 1862 ein anonymer Autor auf unbekanntes Terrain: erstmalig stand das Aufrollen der Vorgeschichte eines Mordes im Mittelpunkt eines Romans. Der Ermittler Mr. Henderson, beauftragt von der Life Insurance Association, soll herausfinden, ob Baron R**, ein begabter Chemiker, seine Frau vergiftet hat – sie starb an einem Becher Säure. Ihre fünffache Lebensversicherung erhärtet den Mordverdacht. Das zusammengestellte Akten-Mosaik besteht aus Krankenhausberichten, Zeugenaussagen, Heiratsurkunden, Tagebuchauszügen sowie Briefen und beleuchtet quer durch alle Schichten das viktorianische Zeitalter. Die nüchterne Aktenform steht im spannungsreichen Kontrast zum mysteriösen Geschehen: Kinder werden von Zigeunern gestohlen, ein letzter Wille verspricht Reichtum, der Verdächtige hat verdächtig grüne Augen, fragwürdige Heilmethoden bestimmen den Handlungsverlauf, statt einem Mord gab es gleich drei ... Obwohl die Akten die Schuld des Barons nahelegen, scheint es, als habe dieser das perfekte Verbrechen begangen. Virtuos verstößt der erste Kriminalroman gegen die goldene Regel des Genres: Kein Rätsel ohne Aufklärung. »Meine Aufgabe ist erledigt. Im Besitz aller Indizien, die vor ihnen ausgebreitet sind, wird ihr Urteil darüber so gut sein wie meins.« Charles Warren Adams (1833-1903) war der Erfinder des Kriminalromans »Das Mysterium von Notting Hill«, der erstmalig anonym 1862 als achtteiliger Fortsetzungsroman in der Zeitschrift »Once a Week« und 1865 als Buch unter dem Pseudonym Charles Felix erschienen war. Erst in den letzten Jahren konnte ein amerikanischer Literaturprofessor Charles Warren Adams‘ Autorenschaft zweifelsfrei belegen. Der studierte Jurist, der Verlagsleiter wurde, Insolvenz (!) erlitt, danach Sekretär der Gesellschaft gegen Tierversuche wurde und mit der Heirat der Tochter des zweithöchsten Richters einen gesellschaftlichen Skandal erregte, gab sich zeit seines Lebens nicht als Autor zu erkennen.

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Seitenzahl: 279

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Ähnliche


Charles Warren Adams

Das Mysterium von Notting Hill

Roman

Aus dem Englischen übersetzt von Boris Greff und Matthias Marx, nebst dessen Appendix, und mit einem Nachwort versehen von Jürgen Kaube

Die Andere Bibliothek und ihre Kometenwerden herausgegeben von Christian Döring

ISBN 978-3-8477-6004-7

© für die deutschsprachige Ausgabe:

AB – Die Andere Bibliothek GmbH & Co. KG, Berlin www.die-andere-bibliothek.de

Das Mysterium von Notting Hill von Charles Warren Adams ist im März 2014 als Band 5 der „Kometen der Anderen Bibliothek“ erschienen.

In gedruckter Form erhältlich unter:

http://www.die-andere-bibliothek.de/Kometen/Das-Mysterium-von-Notting-Hill::653.html

Übersetzung: Boris Greff und Matthias Marx

Covergestaltung: Cornelia Feyll und Friedrich Forssman

Herausgabe: Christian Döring

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.

E-Book Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, www.le-tex.de

Umsetzung und Vertrieb des E-Book erfolgt über:

Inhaltsübersicht

Impressum

Mr. R. Henderson an das Sekretariat der Lebensversicherungsgesellschaft

Teil I

1. Von Lady Boleton an die ehrbare C.B. (undatiert), etwa Oktober oder November 1832

2. Auszug aus dem Brief derselben Absenderin an dieselbe Empfängerin, etwa vier Tage später verfasst

3. Von Mrs. Ward an die ehrbare C.B., zusammen mit obigen Dokumenten

4. Gleicher Absender und Empfänger

5. Zeitungsausschnitt aus dem »Morning Herald,« vom *. November 183*

6. Mrs. Ward an die ehrbare C.B.

7. Von Mrs. Taylor an die ehrbare C.B.

8. Gleicher Absender und Empfänger

8. Gleicher Absender und Empfänger

10. Mr. Ward an die ehrbare C.B.

11. Mrs. Vansittart an die ehrbare C.B.

12. Mrs. Ward an die ehrbare C.B.

Teil II

1. Bericht von Mr. Henderson

2. Erklärung von Herrn Frederick Morton, ehemaliger Leutnant der Royal Artillery

3. Julies Erklärung

4. Aussage von Leopoldo

5. Aussage von Edward Morris, Angestellter im Testamentbüro, Rechtsanwaltsvereinigung Doctors’ Commons

6. Bericht von Mr. Henderson

Teil III

1. Auszüge aus Mrs. Andertons Tagebuch

2. Aussage von Dr. Watson

3. Auszüge aus Mrs. Andertons Tagebuch – Fortsetzung

Teil IV

1. Bericht von Mr. Henderson

2. Briefe und Nachrichten für Miss Brown, die unverzüglich zu Händen von Baron R** weitergeleitet werden sollten, Postamt, Notting Hill

3. Aussage von Mrs. Whitworth

4. Aussage von Dr. Jones, Gower Street, Bedford Square

5. Aussage von Mrs. Throgmorton

6. Aussage von Mr. Andrews

7. Aussage von Sarah Newman

Teil V

1. Bericht von Mr. Henderson

2. Aussage von Mrs. Brown

3. Aussage von Mrs. Troubridge

4. Aussage von Dr. Marsden

5. Auszüge aus Dr. Marsdens Tagebuch

6. Bericht von Mr. Henderson

Teil VI

1. Bericht von Mr. Henderson

2. Doktor Dodsworths Aussage

3. Aussage von Mrs. Edwards

4. Bericht von Mr. Henderson

5. Aussage von Polizeisergeant Edward Reading

6. Mit Bleistift geschriebene Notiz, die auf dem Kissen von Mr. Anderton gefunden wurde

Teil VII

1. Aussage von Mr. Henderson

2. Aussage von Mrs. Jackson

3. Aussage von Mrs. Ellis

4. Aussage von Mr. Westmacott

5. Aussage von Henry Aldridge

6. Aussage von Miles Thompson

7. Aussage von John Johnson

8. Aussage von Susan Turner

9. Kopie eines Briefes von einem führenden Mesmeristen an den Ermittler hinsichtlich der Macht, die Mesmeristen angeblich über die Menschen besitzen, die ihrem Einfluss ausgesetzt sind

10. Fragment eines Briefes, der nach dem Tode von Madame R** im Raum des Barons aufgefunden wurde

11. Ausschnitte aus dem »Zoïst Magazine« No. XLVII., Oktoberausgabe 1854

Teil VIII

Schlussfolgerung

Mr. Adams, wie haben Sie das gemacht?Appendix von Matthias Marx

Der Ursprung des Kriminalromans. Eine Fahndung von Jürgen Kaube

Anmerkungen

Titel-Information

Mr. R. Henderson an das Sekretariat der Lebensversicherungsgesellschaft

Abteilung für Private Nachforschungen,

Clement’s Inn, 17. Jan. 1858

Gentlemen,

jetzt, da ich Ihnen die außergewöhnlichen Enthüllungen vorlege, die meine Nachforschungen im Falle der kürzlich verstorbenen Madame R** ergeben haben, muss ich mich für die verspätete Ausführung Ihrer Anweisungen vom letzten November entschuldigen. Sie kam nicht durch irgendeine Nachlässigkeit meinerseits zustande, sondern durch den unerwarteten Umfang und die Komplexität der Recherchen, zu denen ich mich veranlasst sah. Ich gestehe, dass ich mir nach all diesen minutiösen und arbeitsreichen Untersuchungen ein noch zufriedenstellenderes Resultat gewünscht hätte, allerdings wird Sie ein Blick auf die beigefügten Dokumente – auf deren Fehlerfreiheit und Vollständigkeit Sie sich voll und ganz verlassen können – zweifellos davon überzeugen, wie außergewöhnlich schwierig dieser Fall ist.

Meine Nachforschungen bezogen sich auf eine Versicherungspolice im Wert von 5.000 Pfund (gemäß Ihren Geschäftsbedingungen der Höchstbetrag) für die kürzlich verstorbene Madame R**, datiert auf den 1.November 1855.

Ähnliche Policen wurden bei der — in Manchester, der — in Liverpool, der — in Edinburgh sowie der — in Dublin abgeschlossen, mit einem Gesamtwert von 25.000 Pfund. Die jeweiligen Abschlussdaten sind im Endeffekt nahezu identisch: 23.Dezember 1855, 10.Januar, 25.Januar sowie 15.Februar 1856. Jene Gesellschaften haben mir gemeinsam die Anweisungen gegeben, denen ich bei meinem Handeln gefolgt bin, und angesichts des großen Umfangs dieses Briefes und der beigefügten Dokumente danke ich Ihnen für Ihr Verständnis, dass meine vorliegende Antwort auch an die anderen Gesellschaften gerichtet ist.

Bevor ich auf den Gegenstand meiner Untersuchungen eingehe, ist es wohl ganz nützlich, sich die Umstände in Erinnerung zu rufen, unter denen sie ihren Anfang nahmen.

Da war zuerst einmal die zeitliche Nähe der Daten, wie bereits oben vermerkt, und der offenbar vorhandene Wunsch des Versicherungsnehmers, den verschiedenen Agenturen zu verheimlichen, dass eine ähnliche Police bereits zur gleichen Zeit an anderer Stelle abgeschlossen worden war. Bei näherer Untersuchung der Sachlage war der Vorstand Ihrer Gesellschaft erstaunt über die besonderen Bedingungen, unter denen die Hochzeit anscheinend stattgefunden hatte, und über die Beziehung, in der Madame R** früher zu dem Baron gestanden hatte. Aus diesem Grund wurde meine Aufmerksamkeit in besonderem Maße auf diese Punkte gelenkt, und die auf diese Weise ans Tageslicht gekommenen Fakten stellen ein sehr wichtiges Bindeglied in der einzigartigen Beweiskette dar, die ich erstellen konnte.

Das Hauptverdachtsmoment bestand jedoch in den äußerst ungewöhnlichen Begleitumständen von Madame R**s Tod, besonders die Tatsache, dass dieser, wie es nun einmal der Fall war, so kurze Zeit nach Abschluss einer Versicherung mit einer derart hohen Gesamtsumme eintrat.

Besagte Lady verstarb plötzlich am 15.März 1857 an den Folgen einer starken Säure, die aus dem Labor ihres Gatten genommen worden war, vermutlich im Schlaf.

In den Antwortschreiben des Barons auf die gewöhnlichen Voruntersuchungen, die man mir als Unterstützung zukommen ließ und die ich hiermit wieder zurücksende, findet sich nirgendwo ein Eingeständnis, dass es eine Neigung zum Schlafwandeln gäbe. Kurze Zeit, nachdem dieses Ereignis in der Presse allgemein wahrgenommen worden war, gab ein Brief an das Sekretariat der Gesellschaft, geschrieben von einem Gentleman, der unlängst in demselben Haus wie Baron R** logiert hat, Anlass dazu, Vermutungen in dieser Hinsicht anzustellen, woraufhin die Angelegenheit in meine Hände gelegt wurde.

Nach Erhalt Ihrer Anweisungen setzte ich mich unverzüglich mit Mr. Aldridge in Verbindung, dem Verfasser des besagten Briefes. Die Zeugenaussage des Gentleman läuft ohne Zweifel darauf hinaus, dass, im Zeitraum von lediglich wenigen Monaten nach Datierung der letzten Police, nicht nur Baron R** selbst von solcherlei Neigungen seiner Frau Kenntnis hatte, sondern dass er auch den Wunsch hegte, selbige vor anderen zu verbergen. Die Angaben von Mr. Aldridge werden bis zu einem gewissen Grad von zwei weiteren Zeugenaussagen unterstützt; unglücklicherweise sind jedoch, wie wir nachher sehen werden, Umstände arrangiert worden, um erhebliche Zweifel an all diesen Zeugenaussagen laut werden zu lassen, besonders im Hinblick auf die Zeugenaussage von Mr. Aldridge; auf ihr allein beruht der wichtigste Teil unserer Schlussfolgerungen. Unseligerweise muss dasselbe im Hinblick auf andere Teile der Zeugenaussagen festgestellt werden, was Ihnen noch viel deutlicher werden wird, sobald Sie den gesamten Fall vorliegen haben.

Anhand dieser Zeugenaussage erfuhr ich, in Verbindung mit anderen Gegebenheiten, genug, um mich dazu verleiten zu lassen, meine Nachforschungen auf einen anderen, einzigartigen Fall auszudehnen, der vor gar nicht allzu langer Zeit für viel Gesprächsstoff gesorgt hat.

Sie werden sich zweifellos daran erinnern, dass im Herbst des Jahres 1856 ein Gentleman namens Anderton verhaftet wurde, weil man ihn verdächtigte, seine Frau vergiftet zu haben, und dass er sich das Leben nahm, während er das Resultat einer chemischen Untersuchung bezüglich der Todesursache seiner Frau abwartete. Das Ergebnis dieser Untersuchung war der Freispruch, da sich keinerlei Spuren des vermuteten Giftes fanden; und man breitete möglichst schnell den Mantel des Schweigens über diese Affäre, hatte Mr. Anderton doch über viele hoch angesehene gesellschaftliche Kontakte verfügt, die naturgemäß darauf bedacht waren, die Ehre der Familie zu wahren. Ich muss allerdings die Bereitschaft würdigen, mit der man mir im Interesse der Justiz alle Hilfsmittel zukommen ließ, um meine Untersuchungen voranzutreiben, deren Resultate Ihnen nun vorliegen.

Bei der Durchsicht der gesamten Fakten, insbesondere der bemerkenswerten Reihe an Übereinstimmungen hinsichtlich der Daten usw. – und ich bitte Sie, Ihre ganz besondere Aufmerksamkeit darauf zu lenken–, stellen sich mir zwei Alternativen dar. Bei der ersten müssen wir eine ganze Kette nebensächlicher Beweise vollkommen außer Acht lassen, die so vollständig ist und in jeder Hinsicht ineinandergreift, dass es fast unmöglich scheint, sie zu ignorieren; bei der zweiten Möglichkeit werden wir unweigerlich zu einer Schlussfolgerung geführt, die so sehr von allen feststehenden Naturgesetzen abweicht, dass es nahezu unmöglich scheint, sie zu akzeptieren. Die eine Möglichkeit führt uns geradewegs dorthin zurück, wo wir angefangen haben; die andere macht es notwendig, jemanden einer ganzen Reihe sehr schrecklicher und komplizierter Verbrechen zu beschuldigen.

Vor diese beiden Alternativen gestellt, muss ich nach langen, sorgfältigen Untersuchungen meine eigene Unfähigkeit eingestehen, eine Entscheidung zu treffen. Ich habe mich deshalb dazu entschlossen, Ihnen lediglich für Ihre eigenen Überlegungen die Fakten des Falles zu übermitteln, so wie sie von den unterschiedlichen Parteien, von denen ich meine Informationen bezogen habe, eidesstattlich zu Protokoll gegeben worden sind. Ich habe sie, so weit wie möglich, in der Form arrangiert, wie man sie dem Anwalt vorlegen würde, sollte es letztlich als ratsam erachtet werden, die Angelegenheit vor Gericht zu bringen. Angesichts des extremen Umfangs dieses Falles habe ich allerdings bei jenen eidesstattlichen Aussagen, bei denen dies aller Wahrscheinlichkeit nach ohne Einbußen möglich ist, das Wesentliche in komprimierter Form wiedergegeben. Die wichtigeren Aussagen habe ich im Original belassen, damit sie ihre eigenen Geschichten erzählen, und in jedem Fall können meine Zusammenfassungen unmittelbar mit den Originalen abgeglichen werden, die komplett beigelegt sind.

Sollten Sie zu den Schlussfolgerungen gelangen, die sich auch mir aufgedrängt haben, werden Überlegungen hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise notwendig werden; was diesen Punkt angeht, muss ich gestehen, dass ich mich im vorliegenden Falle ebenso außerstande sehe, einen Rat zu erteilen. Ob es in einer Angelegenheit, die dermaßen mit Verdachtsmomenten gespickt ist, nicht vielleicht besser wäre, in jedem Falle auf eine Anklage zu verzichten, ist sicherlich eine Frage, die es zu erörtern gilt. Andererseits müsste man, selbst wenn man davon ausginge, dass es für die schrecklichen Verbrechen, um die es hier geht, vollständige Beweise gäbe, nicht minder sorgfältig erwägen, ob sie auch dazu geeignet wären, den Verbrecher dem Arm des Gesetzes zuzuführen. Gegenwärtig sind jedoch die Fakten dieses Falles unser Hauptanliegen, und weiterführende Fragestellungen sollten besser hintangestellt werden, bis ich, und damit will ich schließen, weitere Informationen von Ihnen über dieses Thema erhalte, um in dieser Angelegenheit zu einer Entscheidung zu gelangen.

Zum Schluss muss ich Sie noch mit ein paar Worten bezüglich eines Punktes behelligen, der scheinbar noch der Klärung bedarf. Ich spiele auf die Bedeutung an, die ich zwangsläufig den Aktivitäten der sogenannten »Mesmerischen Agentur« einräumen musste. Jene Menschen, die tatsächlich so unglückselig sind, Opfer dieser Täuschung zu werden, würden darin zweifellos eine einfache, jedoch schreckliche Lösung jenes rätselhaften Falles sehen, den zu lösen wir uns bemühen.

Während ich jedoch freimütig zugebe, dass es jene im Lauf der Beweisaufnahme zitierte Passage aus dem Zoïst Magazine war, die mir zuerst den Gedanken an die einzige mir bisher vorstellbare Schlussfolgerung eingab, möchte ich von vornherein auf die Feststellung Wert legen, dass ich eher zugestehen würde, bei meinen Recherchen durch trügerische Zufälligkeiten in die Irre geführt worden zu sein, als dass ich der Anschuldigung Raum gäbe, ich hätte auch nur im Mindesten dieser unverschämten Betrügerei Glauben geschenkt. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass jene, deren Lebensinhalt darin besteht, andere übers Ohr zu hauen, sich nicht selten am Ende selbst hinters Licht führen. Daher ist die Idee keineswegs unglaubwürdig, dass Baron R** den oben erwähnten Aussagen des Zoïst soweit Glauben geschenkt haben könnte, dass er dadurch zu einem Plan inspiriert wurde, der womöglich durch die Einwirkung eines wahrhaftigen, wenn auch meist mysteriösen Naturgesetzes in die Tat umgesetzt worden ist. Dies ist zumindest die einzige Theorie, mit der ich irgendwie versuchen kann, dieses ansonsten undurchdringliche Mysterium zu erhellen.

In ehrerbietiger Erwartung weiterer Anordnungen verbleibe ich, Gentlemen,

Ihr ergebener

RALPH HENDERSON

DER FALLTeil I

Auszüge aus der Korrespondenz der ehrbaren Catherine B1

1. Von Lady Boleton an die ehrbare C.B. (undatiert), etwa Oktober oder November 1832

Oh, Tantchen, Tantchen, was soll ich nur machen? Drei Nächte lang habe ich kein Auge zugetan, und ich habe noch nicht einmal Dir geschrieben, Tantchen, weil ich immer noch gehofft habe, dass am Ende vielleicht alles noch gut wird und dass er zurückkommen würde. Oh, wie habe ich auf jedes Geräusch gehorcht und die Straße beobachtet, bis mir meine armen Augen wehtaten! Und heute ist schon der vierte Tag, seit er fortgegangen ist, und oh je, Tantchen, ich habe solche Angst, ich bin nämlich sicher, dass er diesem furchtbaren Mann gefolgt ist, und oh weh!, ich bin sicher, dass etwas Schreckliches passieren wird, wenn er ihm begegnen sollte, denn man kann gar nicht beschreiben, wie er aussah, der arme Edward, als er wegging, meine ich. Du darfst ihm aber wirklich nicht böse sein, Tantchen, denn ich weiß, dass alles meine Schuld war, denn ich hätte ihm schon längst alles erzählen sollen, obwohl ich mich ja wirklich, wirklich nie um ihn gekümmert habe, wo ich meinen lieben Edward doch so sehr liebe. Ich hatte Angst … [hier ist das Manuskript an manchen Stellen fleckig und unleserlich] … und ich dachte, es wäre alles aus, und dann … und vor zwei Wochen erst waren wir so glücklich … kaum sieben Monate verheiratet und … aber Du darfst nichtdenken, dass ich mich über ihn beschwere, liebes Tantchen, denn Du weißt gar nicht, wie … Wenn Du irgendwie kannst, komm zu mir, denn ich merke, dass ich sehr krank werde, und Du weißt, es ist nur … Gott segne Dich, Tantchen; oh, komm doch her zu mir, wenn Du kannst.

GERTRUDE BOLETON

2. Auszug aus dem Brief derselben Absenderin an dieselbe Empfängerin, etwa vier Tage später verfasst

Es tut mir so leid zu hören, dass Du so krank bist; versuch nur nicht hierherzukommen, liebstes Tantchen, ich werde schon irgendwie zurechtkommen, und selbst wenn nicht, alles ist besser als diese unerträgliche Spannung … immer noch keine Nachricht, allerdings kann ich nicht mehr schreiben, ich kann nämlich kaum noch sehen, um den Füllfederhalter zu führen, und in meinem armen Kopf pocht es. Gott segne Dich, Tantchen.G.

Ich möchte Dir am Anfang meines Briefes herzlich dafür danken, dass Du mir die liebe Mrs. Ward geschickt hast; sie kam so unerwartet hier herein [in blauer Tinte geschrieben]2 gerade so, als wäre sie vom Himmel herabgekommen. Ich frage mich, ob sie Edward gesehen…

[Hier reißt das Manuskript plötzlich ab].

3. Von Mrs. Ward an die ehrbare C.B., zusammen mit obigen Dokumenten

Beechwood3, Dienstagnacht

Meine liebe Catherine,

Ich fürchte, ich kann Dir nur einen unzulänglichen Bericht über unsere arme Gertrude geben. Das arme Kind! Als ich den Raum betrat und sie so bleich und elend sah, mit tiefen schwarzen Ringen unter den Augen, konnte ich kaum die Tränen zurückhalten. Sie stieß einen spitzen Schrei des Entzückens aus, als sie mich sah, und fiel mir um den Hals; allerdings wandte sie sich im nächsten Moment ihrem Schreibtisch zu und riss den Brief auf, den ich Dir mitschicke; er lag dort, um zur Post gebracht zu werden. Die andauernde Belastung scheint zu viel für sie gewesen zu sein, und kaum, dass sie eine Zeile verfasst hatte, konnte sie sich nicht mehr konzentrieren, wie Du anhand des Nachsatzes am Ende des Briefes sehen kannst; und als sie versuchte, den Namen ihres Ehemanns zu schreiben, brach sie vollkommen zusammen und erlitt einen hysterischen Anfall, der mehrere Stunden lang anhielt.

Sie ist im Moment, und ich bin dankbar, dies sagen zu können, wieder vergleichsweise ruhig, obwohl sie zeitweilig immer noch ganz abwesend ist und scheinbar kein Auge zumachen kann, sie liegt in ihrem Bett und starrt ins Leere, gelegentlich murmelt sie leise vor sich hin, allerdings ohne irgendetwas wahrzunehmen, wie es scheint. Ich habe mich bemüht, soweit ich mich getraut habe, ihr die Geschichte dieser traurigen Affäre zu entlocken, allerdings kam nichts dabei heraus, das arme Kind, außer der Versicherung, es sei »alles ihre Schuld« und dass man »ihm wirklich, wirklich nichts vorwerfen« könne. Es scheint so, dass meine Ankunft – die sicherlich eine große Erleichterung für sie darstellte – bewirkte, dass sie ständig auf der Hut war, damit ihr nur ja nichts Nachteiliges über ihren Ehemann entfuhr, und scheinbar konzentriert sie all ihre geistigen Kräfte auf das Bemühen, ihn gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen. Ich fürchte jedoch, dass es keinen Zweifel daran gibt, dass man ihm schwerste Vorwürfe machen muss; nach allem, was ich mir zusammenreimen kann, scheint er ganz allein an allem schuld zu sein. Mir ist es nicht gelungen, in Erfahrung zu bringen, was der genaue Hintergrund bei dieser unseligen Angelegenheit ist, allerdings scheint es, dass Sir Edward, der zweifellos ein äußerst ungestümer junger Mann und, wie ich fürchte, von sehr eifersüchtiger Wesensart ist, Verdacht schöpfte im Hinblick auf Mr. Hawker, der die arme Gertrude im vorletzten Winter so hartnäckig verfolgte, und Beechwood nach einer sehr peinlichen Szene verlassen hat, um selbigem nachzustellen. Mr. Hawker soll sich auf dem Kontinent aufhalten, und man weiß, dass Sir Edward die Dover Road genommen hat, die, wie Sie wissen, in der Nähe dieses Ortes vorbeiführt. Das ist alles, was ich im Augenblick mit einiger Sicherheit in Erfahrung bringen konnte, wobei ich jedoch allerhand von den Bediensteten höre, die alle dermaßen empört darüber sind, wie Sir Edward ihre Herrin behandelt, dass ich mich selbst nur mit Mühe davon abhalten kann, meinem Herzen Luft zu machen. Sollte mir noch Weiteres zu Ohren kommen, werde ich es Dich selbstverständlich sofort wissen lassen; gleichzeitig kann ich Dir allerdings nicht verheimlichen, wie sehr ich mich um unsere liebe Gertrude ängstige, deren armes kleines Herz wohl ganz gebrochen ist und bei der ich jede Stunde voll banger Sorge an die Auswirkungen denke, die sich wohl, aller Wahrscheinlichkeit nach, angesichts ihres jetzigen heiklen Zustands bemerkbar machen werden, bei all der Angst und Panik, die sie quälen… Du weißt, wie sehr ich immer gegen diese Verbindung gewesen bin, und mehr denn je empfinde ich es als unangemessen, ein so junges und sensibles Mädchen der Fürsorge eines Mannes zu überlassen, der für sein unkontrollierbares Temperament bekannt ist. Das arme Ding! Offensichtlich ist es nicht das erste Mal, dass sie darunter zu leiden hat, und selbst wenn sie ohne bleibende körperliche Schäden davonkommen sollte, mache ich mir große Sorgen über die Folgen für das Kind… nun muss ich diesen langen, traurigen Brief beschließen, allerdings werde ich Dir wieder schreiben, sobald es Neuigkeiten gibt. Ich kann Gertrude jetzt nicht länger allein lassen. Ich hoffe, es geht auch Dir gesundheitlich besser. Liebe Grüße an den kleinen Henry, sage ihm, er soll brav sein, solange ich nicht da bin.

Herzlichst,

Deine

HELEN WARD

4. – Gleicher Absender und Empfänger –

Beechwood, Montagmorgen

Meine liebe Catherine,

es tut mir leid, dass ich Dir keine besseren Nachrichten von der armen Gertrude übermitteln kann. Seit ich Dir das letzte Mal geschrieben und den Brief am Samstagabend zur Post gegeben habe4, hat sich nur sehr wenig getan, wobei sie allerdings noch ruheloser ist, das arme Kind, und ich fürchte auch, dass sie eher noch schwächer geworden ist. Sie fragt nun ständig nach Briefen, und scheinbar hat sie den Eindruck, dass wir sie ihr vorenthalten, was ich in ihrem gegenwärtigen Zustand auf meine Verantwortung hin auch tatsächlich besser tun werde, denke ich, falls einer kommt. Die Zeitung habe ich ihr immer erst dann gegeben, wenn ich sie vorher sorgfältig untersucht habe. Ich habe Angst, dass sie Fieber bekommen könnte, obwohl ich auf Anraten des Arztes nicht versucht habe, sie am Aufstehen zu hindern. Die Anstrengung ist jedoch fast zu viel für sie, und ich erwarte angstvoll seinen nächsten Besuch. Sie liegt den ganzen Tag auf dem Sofa und schaut aus dem Fenster, von dem man die Dover Road im Blick hat. Heute Morgen scheint sie immer unruhiger zu werden, und ich warte mit unaussprechlicher Besorgnis auf Dr. Travers.

Elf Uhr

Der Doktor ist dagewesen und hat meine Sorge über aufkommendes Fieber bestätigt, das jedoch, wie er sagt, wohl wieder weggehen wird. Er hat angeordnet, dass ich mich unverzüglich für ein paar Stunden hinlegen soll, da ich seit meiner Ankunft kaum im Bett gewesen bin, und er hat auch gesagt, dass ich für den Fall, dass das Fieber steigt, so viel Kraft sammeln soll, wie ich nur kann. Ich lasse den Briefumschlag offen, um dir mit der Abendpost zu berichten, was es Neues gibt.

Mittwoch

Es ist alles vorbei. Ich kann mich kaum dazu zwingen weiterzuschreiben, und dennoch muss ich Dir erzählen, was geschehen ist. Ach, meine liebe Catherine, wie kann ich es mir je verzeihen, dass ich die arme, liebe Gertrude verlassen habe; und doch weiß ich, dass es närrisch ist, hat man mir doch Anweisung gegeben, genau das zu ihrem Besten zu tun. Aber ich muss ohne Umschweife zu der traurigen Nachricht kommen, die ich Dir mitteilen muss. Ich ließ die arme Gertrude in Obhut ihres Dienstmädchens zurück, mit der strikten Anweisung, mich bei jeder Veränderung zu rufen; aber das arme Kind schien plötzlich immer stiller geworden und schließlich eingeschlafen zu sein. Das Dienstmädchen wachte über sie bis genau um vier Uhr, bis sie selbst, von Müdigkeit übermannt, einschlummerte, und als sie um kurz vor fünf Uhr erwachte, stellte sie entsetzt fest, dass sie allein war. Sie eilte sofort zu mir, ich hatte jedoch kaum den Treppenabsatz erreicht, als jemand hinaufgerannt kam, um mir mitzuteilen, dass der Briefträger unten stünde und dass er der armen Gertrude begegnet sei, die am Tor auf ihn gewartet habe. Sie fragte begierig nach Post, und als sie erfuhr, dass kein Brief für sie dabei war, fragte sie nach den Zeitungen, mit denen sie dann sogleich in einen Teil des Grundstücks verschwand, der »die Wildnis« genannt wird, während der Briefträger, der aufgrund ihres Verhaltens befürchtete, dass da irgendetwas nicht stimmte, zum Haus ging, um von diesem Vorfall zu erzählen. Ich brauche Dir nicht zu erzählen, wie verängstigt ich in »die Wildnis« geeilt bin, und dort haben wir sie gefunden, das arme Mädchen, ausgestreckt auf dem Rasen liegend, ganz in der Nähe des Seeufers, die todbringende Zeitung in der Hand. Ich ließ sie vorsichtig ins Haus zurückbringen und schickte einen Mann, um nach dem Doktor zu reiten, bevor er jedoch dort ankam, hatte sie bereits das Bewusstsein wiedererlangt, allerdings nur, um sofort wieder von den Symptomen der ihr bevorstehenden Beschwerden ergriffen zu werden, das arme Kind. Von diesem Augenblick an bis zu ihrem letzten Atemzug – vor einer Stunde – bin ich nicht von ihrer Seite gewichen. Nach beinahe dreißig Stunden des schlimmsten Leidens, das ich je gesehen habe, brachte sie schließlich zwei arme kleine Mädchen zur Welt, beide so winzig und schwächlich wirkend, dass es ein ganz mitleiderregender Anblick ist.

Besonders das ältere, das etwa eine Stunde vor dem zweiten zur Welt kam, ist so schwach und kränklich, dass der Doktor meint, es sei kaum lebensfähig, und tatsächlich wagt man es kaum zu hoffen. Das zweite scheint stärker zu sein, aber beide sind sie sehr klein und schwächlich, selbst wenn man ihre verfrühte Geburt berücksichtigt.

Mit der armen Gertrude ging es nun rasch zu Ende, und obwohl alles Menschenmögliche versucht wurde und sie es immerhin drei oder vier Stunden hinauszögerte, sank sie am Ende ganz in sich zusammen und verstarb letztendlich so still, dass wir es kaum bemerkten, als sie von uns ging. Armer Schatz, ich habe sie immer geliebt, war sie doch der Liebling von Euch allen… Ein Wort noch, bevor ich zum Schluss komme, zu der Zeitung, die der Auslöser für diesen furchtbaren Rückschlag war. Sie enthielt, wie ich befürchtet hatte, die lange angstvoll erwartete Nachricht über Sir Edwards tödlichen Streit mit Mr. H., und ich schicke sie mit derselben Post mit, denn Du willst wohl sicher die traurigen Einzelheiten erfahren.

Mehr kann ich im Moment nicht schreiben, ich bin völlig erschöpft und muss mich etwas ausruhen. Du weißt, wie tief ich mit Dir fühle …

Mit herzlichsten Grüßen,

Deine HELEN WARD

5. Zeitungsausschnitt aus dem »Morning Herald,« vom *. November 183*

Tödliches Duell in Dieppe.– Wir haben aus der Pariser Presse erfahren, dass sich vor ein paar Tagen ein außergewöhnliches Duell mit tödlichem Verlauf in der Gegend von Dieppe zwischen zwei noch nicht näher identifizierten Engländern ereignet hat. Scheinbar trafen sich beide Parteien im Innenhof des Hotel de l’ Europe, wo einer der beiden, dessen Wäsche die Initialen C.G.H. trug, für ein paar Tage abgestiegen war. Der Neuankömmling belegte sein Gegenüber mit den infamsten Schimpfnamen, woraufhin Mr. H. nicht minder hitzig antwortete; da die Unterhaltung jedoch auf Englisch geführt wurde, konnte sie unseligerweise keiner der Augenzeugen verstehen. Die Auseinandersetzung wurde im weiteren Verlauf derart hitzig, dass sich der Hotelbesitzer gezwungen sah einzuschreiten, sodass beide Partien zusammen das Hotel verließen. Ein paar Stunden später kehrte Mr. H. zurück, verlangte die Rechnung, packte hastig seinen Koffer und reiste ab. Seitdem hat man seine Spur bis nach Paris verfolgt, wo man ihn daselbst aus den Augen verloren hat. Früh am nächsten Morgen kam das Gerücht auf, die Leiche eines Engländers sei in einem Weinberg gefunden worden, etwa eine Meile von der Stadt entfernt, und die Nachforschungen ergaben, dass es sich bei dem Opfer um niemand anderen als den Gentleman handelt, mit dem es nachts zuvor Streit gegeben hatte. Untersuchungen ergaben, dass der unglückselige Mann offensichtlich im Rahmen eines fairen Kampfes gefallen sein musste, obwohl scheinbar keine Sekundanten bei der Auseinandersetzung dabei waren. Der tote Mann hielt eine vor kurzem abgefeuerte Pistole fest umklammert, und ein Dutzend Schritte entfernt lag das Gegenstück dazu, offenkundig die Waffe, mit der er getötet worden war. Die tödliche Wunde befand sich außerdem genau in dem Bereich der Brust, der sich auf Höhe der feindlichen Feuerwaffe befand; offenbar war sein Herz durchbohrt worden, sodass der Tod wohl sofort eingetreten sein musste. Auch die Waffen, mit denen das fatale Duell ausgetragen worden war, hatten scheinbar dem Verstorbenen gehört. Es handelte sich um ein sehr schönes Paar Duellpistolen, mit leichtgängigem Abzug, offensichtlich englische Bauart. Bei beiden war am Griff ein silbernes Schildchen mit den Initialen E.B. angebracht, sowie eine bewaffnete Hand, die eine Armbrust hielt. Die Initialen des Gegners dieses unglücklichen Gentlemans waren, wie bereits erwähnt, C.G.H., und wir haben Grund zu befürchten, dass es sich bei dem Opfer um einen jungen Baron handelte, mit beachtlichem Grundbesitz, über dessen plötzliche Abreise nach dem Kontinent schon seit einiger Zeit eifrig spekuliert wird.

Seit unsere Erstauflage in Druck ging, haben wir weitere Details erfahren, die keinen Raum für Zweifel lassen, dass es sich bei dem Opfer des oben erwähnten tödlichen Zwischenfalls, wie wir befürchtet hatten, um Sir Edward Boleton handelt, einen Adeligen aus Beechwood, Kent; allerdings bleiben die Gründe für das Duell sowie der Name seines Gegners immer noch ein Rätsel. Der unglückselige Gentleman lässt eine junge Frau zurück, mit der er erst seit ein paar Monaten vereint war. Mangels männlicher Nachkommen wird das Adelsgeschlecht, so wir richtig verstehen, aussterben, während der größte Teil der Ländereien entfernten Verwandten zufallen wird. Die Witwe ist jedoch, wie wir glauben, im Besitz einer ansehnlichen, freistehenden Immobilie.

6. Mrs. Ward an die ehrbare C.B.

Juli 1836

Meine liebe Catherine,

Du fragst mich, ob ich mit dem, was ich neulich von den Kleinen der armen Gertrude Boleton gesehen habe, zufrieden bin. Es würde wohl kaum der Wahrheit entsprechen, wenn ich sagen würde, ich wäre zufrieden damit, so wie sie jetzt aussehen, die armen kleinen Dinger, sie sind nämlich alles andere als gesund – insbesondere die arme Gertie sieht wie eine verblühte Lilie aus. Der Jüngeren der beiden geht es allerdings besser, und sie wird, wie ich hoffe, wieder genesen; jedenfalls denke ich, dass sie dort, wo sie sich jetzt befinden, besser aufgehoben sind als an irgendeinem anderen Ort. Es ist traurig, dass die armen Dinger tatsächlich keine nahen Verwandten haben sollen, bei denen sie leben können, aber ich bin ganz Deiner Meinung, dass Du nicht nur Dir selbst bei Deinem Gesundheitszustand zu viel zumuten würdest, sondern dass es auch ihnen in keinerlei Hinsicht nützen würde. Ich bin in der Tat davon überzeugt, dass sie in jeder Hinsicht dort, wo sie jetzt sind, am besten aufgehoben sind. Die Luft in Hastings scheint ihnen gut zu tun, und im höher gelegenen Teil der Stadt, wo Mrs. Taylor lebt, geht ein kühler Wind, der jedoch nicht zu kalt ist. Mrs. Taylor ist ein ganz feiner Mensch und hängt in höchstem Maße an den Kindern. Sie scheint sich ganz besonders für die arme Gertie zu interessieren, und sie wird nie müde, Beispiele für die wundervolle Zuneigung der Zwillinge zueinander anzuführen. Diese Zuneigung scheint mehr körperlicher als mentaler Art zu sein. Laut Mrs. Taylor empfindet die eine das kleinste Unwohlsein, das auch die andere fühlt, und der einzige Unterschied besteht darin, dass Deine Namensvetterin, Katie, nur sehr leicht von Gerties Beschwerden berührt wird, wohingegen jenes arme Kind, wohl aufgrund seiner anfälligeren körperlichen Verfassung, wie ich annehme, ernsthaft erkrankt, sobald ihre Schwester sich auch nur im Geringsten unwohl fühlt. Ich habe oft von der starken körperlichen Bindung bei Zwillingen gehört, habe aber selbst noch nie so ein deutliches Beispiel erlebt. Unseligerweise sind beide leider sehr nervös, wobei auch in diesem Fall die ältere mehr darunter leidet, wohingegen sich die Nervosität bei der jüngeren in Form einer extrem raschen Auffassungsgabe niederschlägt… natürlich sollten sie, wenn sie größer sind, bei jemandem unseres Standes wohnen, aber für den Moment macht die arme Mrs. Taylor das sehr gut… Ich werde nächsten Monat wieder in Hastings sein und werde Dir schreiben, sobald ich wieder bei ihnen gewesen bin…

Mit liebevollem Gruß

HELEN WARD

7. Von Mrs. Taylor an die ehrbare C.B.

(Irgendwann im Januar 1837)

Ser geärte miss,

als Ihre untergepene Dinerin mus isch Mylädi leider mittailen das sisch Miss Gerterud furschtbar erkeltet hat was isch schon befürschtet hatte hat Miss Kattaren doch daselpe gehabt for zwai Tagen wie isch laider sagen mus denn miss gertrud geht es schlächter als miss kattareen aber isch hoffe das ses ihr bald wieder bessa ghet wie isch es Eusch verärte Lädi es ist imer derselpe Ärga mit der armen miss gerterud ihr geht es imma am schleschtästen. Verärte Lady der Doktoa war schon da unn er hat gesagt das es miss Kattaren schon fiel bessa geht er sagt verehrte Lädi das er hofft das es gerterund auch bald wida gut geht

Ihre untertänikste Dienerin verärte Lädi zu Ihren Dinsten

SARAH TAYLER

8. Gleicher Absender und Empfänger

(Irgendwann im Juni 1837)

Verärte miss

als Ihre untergepene Dinerin binn isch dankpar mittailen zu könen das es den baiden Kindan gut get nachdem miss Kattaren zimlisch krangk gäwesen is am Dinstag unn es däswegen der armen miss gerterud trei tage lang sär schläscht gegang is aba es get ihr wida gut.

Ihre untertänikste Dienerin verärte Lädi zu Ihren Dinsten

SARAHTAYLER

9. Gleicher Absender und Empfänger

Juli 1837

Verärte miss

als Ihre untergepene Dinerin komen Si bite sofort etwas schräklisches is der armen mis Kattaren pasirt

Ihre untertänikste Dinerin verärte Lädi zu Ihren Dinsten

SARAHTAYLER

10. Mr. Ward an die ehrbare C.B.

Marine Hotel, Hastings,

12.Juli 1837

Liebe Miss B.,

leider war es Helen unmöglich, das Haus zu verlassen, als Ihr Brief ankam, sodass ich es angesichts des offenbar dringenden Sachverhaltes für das Beste hielt, selbst zu kommen. Ich bedauere, dass ich Ihnen diese äußerst unerquicklichen Informationen übermitteln muss. Die arme kleine Catherine ist verschwunden – von Zigeunern geraubt, wie ich fürchte –, und es ist mir bisher unmöglich gewesen, irgendeinen Hinweis bezüglich ihres Aufenthaltsortes zu bekommen. Scheinbar hat Mrs. Taylor sie zu einem Ausflug mit ein paar ihrer Freundinnen nach Fairlie Down mitgenommen, wo sie auf eine Zigeunerbande trafen, die sie jedoch nicht weiter beachteten. Sie hatten zusammen zu Abend gegessen und saßen danach noch zusammen und unterhielten sich, als auf einmal das Kind vermisst wurde; und obwohl sie in allen Himmelsrichtungen stundenlang nach ihr suchten, war sie spurlos verschwunden. Als sie zu dem Ort zurückkamen, an dem die Zigeuner gesichtet worden waren, fand man das Lager verlassen vor, und die Spuren, die sich in der Nähe der Stelle fanden, wo sie zuvor gesessen hatten, verloren sich auf dem harten Untergrund. Unseligerweise konnte die arme Mrs. Taylor – die durch die Geschehnisse ganz geistesabwesend schien – zuerst