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Die Republik auf etwas mehr als einen Blick
Das politische System der Bundesrepublik ist nicht ganz einfach zu durchschauen. Was unterscheidet Vertrauensfrage und konstruktives Misstrauensvotum? Was hat es mit dem Föderalismus auf sich? Wie einflussreich sind Bundespräsident und Bundesverfassungsgericht? Ob in der Schule, der Hochschule oder einfach als interessierter Bürger, manchmal muss man unter anderem wissen, welche Aufgaben die Verfassungsorgane, Parteien und Verbände haben und wie sie zusammenwirken. Und da Deutschland fest in zwischenstaatliche Beziehungen eingebunden ist, geht der Autor auch auf internationale Einflüsse ein.
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Seitenzahl: 481
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das politische System Deutschlands für Dummies
Diese Schummelseite enthält Definitionen wichtiger politischer Begriffe, einige Informationen über die Bundesrepublik als Staat, das Wichtigste über das Grundgesetz, stichwortartiges Wissen über die Verfassungsorgane auf Bundesebene sowie den Gesetzgebungsprozess im Überblick. Außerdem skizziere ich die Verteilung der Gesetzgebungsbefugnisse und nenne die verschiedenen Phasen der Politikentstehung sowie die wichtigsten deutschen Parteien.
Politik: das beziehungsweise ein Gemeinwesen betreffende; kollektiv-verbindliche Entscheidungen
Monarchien haben ein adliges oder gekröntes Staatsoberhaupt, sind aber nicht notwendigerweise undemokratisch.
Republiken haben meist einen Präsidenten als Staatsoberhaupt, sind aber nicht notwendigerweise demokratisch.
Regierungssystem: staatliche politische Institutionen, also insbesondere Regierung (Exekutive), Parlament (Legislative), Gerichte (Judikative) und Behörden
Politisches System: Regierungssystem plus intermediäre Akteure wie Parteien, Interessenverbände und die Medien
Demokratie: Das Wort Demokratie ist griechischen Ursprungs und setzt sich aus demos (Volk) und kratia (Herrschaft) zusammen. Die Bedeutung ist umstritten. Grundsätzlich ist Demokratie das Gegenteil von Fremdbestimmung und daher ein Herrschaftssystem oder eine Verfahrensregel, nach der von Entscheidungen Betroffene an der Herstellung der entsprechenden Beschlüsse (zumindest indirekt) beteiligt sind.
Merkmale moderner Demokratien: Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung, freie Wahlen, pluralistische Interessenvertretung, Wohlfahrtsstaatlichkeit
Repräsentative Demokratie: Politische Entscheidungen werden von gewählten Repräsentanten getroffen.Direkte Demokratie: Sachentscheidungen werden von den Wahlberechtigten direkt getroffen (Volksabstimmung oder Bürgerentscheid).Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist das 1949 in Kraft getretene Grundgesetz. Das Grundgesetz ist folgendermaßen grob aufgebaut:
PräambelGrundrechtsteilStaatsorganisationSchluss- und ÜbergangsbestimmungenFür die freiheitlich-demokratische Grundordnung (FDGO) nach dem Grundgesetz sind die Staatsstrukturprinzipien von besonderer Bedeutung:
DemokratieprinzipSozialstaatsprinzipBundesstaatsprinzipRechtsstaatsprinzip
Das politische System Deutschlands für Dummies
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
2. Auflage 2025
© 2025 Wiley-VCH GmbH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, Germany
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Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autor und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.
Coverfoto: © Bernd Kröger - stock.adobe.comKorrektur: Regine Freudenstein, Frauke Wilkens
Print ISBN: 978-3-527-72225-9ePub ISBN: 978-3-527-84839-3
Als Wissenschaftler schreibt man vorwiegend schwer verständliche Bücher, die in sehr geringer Auflage gedruckt werden und die dann überwiegend in Hochschulbibliotheken verstauben. Oder man verfasst (das ist sogar noch angesehener) möglichst viele Aufsätze für bestimmte englischsprachige Fachzeitschriften, die zu großen Teilen nach langer Begutachtungszeit von deren Redaktionen abgelehnt oder im günstigsten Fall von einer Handvoll Forschender gelesen werden. Dabei ist es meist ziemlich egal, worum es inhaltlich geht, Hauptsache ist, die Fachzeitschrift ist möglichst renommiert. Aber eigentlich sollte man im heutigen Wissenschaftssystem vor allem permanent Drittmittel einwerben und sich nicht allzu sehr um Politik und Gesellschaft und deren echte Probleme kümmern.
Vor diesem Hintergrund war und ist Das politische System Deutschlands für Dummies als populärwissenschaftliches Buch ein willkommenes Experiment für mich. Ich habe mich darauf eingelassen, nicht weil es viel Geld bedeutet oder weil damit wissenschaftliche Lorbeeren verbunden sind. Vielmehr erscheint es mir als eine gute Möglichkeit, einen Beitrag zur politischen Bildung zu leisten, da unsere pluralistische Demokratie aus meiner Sicht zurzeit vor großen Herausforderungen steht – dieser Eindruck ist während der Bearbeitung der 2. Auflage im Jahr 2024 noch stärker als beim Schreiben des Buches sechs Jahre vorher.
Nach dem Verfassen dieses Buches habe ich großen Respekt vor allen, die jemals ein Lehrbuch oder etwas Ähnliches geschrieben haben, denn es kostet unglaublich viel Zeit, und man muss sich in etliche Teilbereiche einarbeiten, mit denen man sich sonst nicht oder nur oberflächlich beschäftigt. Wenn ich übrigens nicht gerade lehre oder forsche, versuche ich mich an mehr oder weniger sinnvollen oder sinngebenden Freizeitbeschäftigungen wie etwa dem Musizieren (besuchen oder besser buchen Sie doch mal meine Band: die-motorsensen.de).
Ich habe beim Schreiben viel Sorgfalt an den Tag gelegt, kann aber natürlich Fehler nicht völlig ausschließen. Außerdem ergeben sich im Laufe der Zeit Veränderungen, die zum Veralten gedruckter Texte führen. Wenn Sie eine falsche Angabe finden, schreiben Sie bitte eine E-Mail an [email protected].
Für meine politisch interessierte Familie und alle, die sich zivilgesellschaftlich für die offene Gesellschaft, pluralistische Demokratie, europäische Integration und Völkerverständigung engagieren.
Ich danke meiner ersten Lektorin Inken Bohn dafür, dass sie mich aus mir unerfindlichen Gründen für dieses Buch angefragt hat und auch dann noch an mir festhielt, als ihr offenbar klar wurde, dass ich wie alle Wissenschaftler – jedenfalls praktisch alle, die ich kenne – Abgabetermine nicht einhalte (natürlich nicht aus Böswilligkeit). Ein herzlicher Dank geht auch an meinen zweiten Lektor Marcel Ferner für die ebenfalls gute Zusammenarbeit. Es freut mich sehr, dass sich dieses Buch bisher offenbar so gut verkauft hat, dass der Verlag eine Neuauflage in die Wege leitete – genug passiert ist auf der politischen Bühne in den letzten Jahren auf jeden Fall. Danke nicht zuletzt natürlich auch an alle, die dieses Buch gekauft haben.
Auch meinen Studierenden möchte ich danken: für anregende Rückmeldungen und Diskussionen, für ihre Geduld, meine manchmal ausufernden Vorträge und stets textlastigen Folien zu ertragen, und für ihre Bereitschaft, als Lehrkräfte wichtige Wissensvermittlungs- und Multiplikatorenaufgaben in unserer Gesellschaft zu übernehmen.
Schließlich danke ich meinen akademischen Lehrern Heidrun Abromeit, Hans Herbert von Arnim und Wolfgang Seibel. Ich habe viel von ihnen – und sehr Unterschiedliches – über das politische System Deutschlands gelernt. Dank Wolfgang Seibel durfte ich früh eine einschlägige Vorlesung halten, ohne die dieses Buch wohl nicht zustande gekommen wäre. Alle drei haben meine Einstellung mitgeprägt, dass Forschende und Publizierende auch eine gesellschaftliche Verantwortung haben.
Cover
Titelblatt
Impressum
Über den Autor
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Über dieses Buch
Törichte Annahmen über die Leserinnen und Leser
Konventionen in diesem Buch
Wie dieses Buch aufgebaut ist
Was Sie nicht lesen müssen
Symbole in diesem Buch
Wie es weitergeht
Teil I: Grundlagen des politischen Systems
Kapitel 1: Zu Beginn einige wichtige Begriffe
Eine Annäherung an den Begriff »Politik«
Der Staat – mehr als politische Institutionen
Deutschland als Staat
Das politische System
Demokratie – ein vieldeutiger Begriff
Die Fachdisziplin Politikwissenschaft
Kapitel 2: Historisches: Vergangene politische Systeme
Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation
Der Deutsche Bund
Das Deutsche Kaiserreich
Die Weimarer Republik
Das Dritte Reich
Die Deutsche Demokratische Republik
Kapitel 3: Das Grundgesetz: Grundlegende Spielregeln des politischen Systems
Der Weg zum Grundgesetz
Die deutsche Verfassung im Überblick
Die Grundrechte
Verfassungsrechtliche Lehren aus Weimar
Teil II: Organisierte Interessenvermittlung und Medien
Kapitel 4: Interessengruppen und Verbände
Organisierte Interessen und Lobbyismus
Verschiedene Formen von Interessenorganisationen
Verbändevielfalt: Eine neue Entwicklung
Rechtliche Grundlagen
Aufgaben von Interessengruppen
Vielfalt der Organisationen
Strukturen und Entwicklungen von Interessengruppen
Politische Einflussnahme durch Interessengruppen
Kapitel 5: Politische Parteien
Parteien als Interessenorganisationen
Rechtliche Grundlagen
Parteienfinanzierung: Der ewige Kampf ums Geld
Die Entwicklung des deutschen Parteiensystems
Programmatische Ausrichtungen
Innenleben der Parteien
Kapitel 6: Medien und Politik
Die Deutschen und die Medien
Rechtliche Grundlagen
Die Vielfalt der Medien
Zur Rolle der Medien im politischen System
Teil III: Die Verfassungsorgane auf Bundesebene
Kapitel 7: Der Deutsche Bundestag
Grundlagen des Parlamentsbetriebs
Die Wahl der Bundestagsabgeordneten
Binnenorganisation des Parlaments
Die Artikulationsfunktion des Parlaments
Der Bundestag als Wahlorgan
Die Kontrollfunktion der Volksvertretung
Der Gesetzgebungsprozess auf Bundesebene
Kapitel 8: Die Bundesregierung
Funktionen und Beschränkungen der Regierung
Strukturprinzipien der Bundesregierung
Die eingeschränkte Rolle des Bundeskabinetts
Politische Verwaltung: Die Ministerialbürokratie
Kapitel 9: Bundesrat, Bundespräsident und Bundesverfassungsgericht
Der Bundesrat
Der Bundespräsident
Das Bundesverfassungsgericht
Teil IV: Politik im Bundesstaat
Kapitel 10: Das deutsche Mehrebenensystem
Die Bundesrepublik: Mehr als ein dezentralisierter Einheitsstaat
Das Bund-Länder-Verhältnis nach dem Grundgesetz
Die Finanzverfassung
Gesetzgebung und Gesetzesausführung im Bundesstaat
Der Bundesrat zwischen Bundes- und Landespolitik
Kooperation der Exekutiven im Mehrebenensystem
Kapitel 11: Die Regierungssysteme der Länder
Die Länder und ihre Territorien
Die Landesverfassungen
Die Regierungen der Länder
Parlamente und Gesetzgebung
Gerichte in den Bundesländern
Parteiensysteme auf Landesebene
Kapitel 12: Die kommunale Ebene
Kommunen in Deutschland
Grundgesetzliche Vorgaben für die Kommunalpolitik
Aufgaben der Kommunen
Die Kommunalverfassungen
Wahlsysteme auf kommunaler Ebene
Direkte Demokratie in den Kommunen
Politische Prozesse auf kommunaler Ebene
Kapitel 13: Politik und Verwaltung
Das politisch-administrative System
Der Aufbau der Verwaltung
Formen des Verwaltungshandelns
Staatstätigkeit und öffentliche Verwaltung
Personal im öffentlichen Dienst
Kontrolle der Verwaltung
Teil V: Europäische und internationale Einflüsse
Kapitel 14: Die Europäisierung des politischen Systems
Zur Entwicklung der europäischen Integration
Die EU-Institutionen
Rechtsetzung in der EU
Aufgabenverteilung im europäischen Mehrebenensystem
Die europäische Integration aus Sicht des Grundgesetzes
Europäisierte Institutionen und Politikfelder
Die EU: ein bürokratisches Monster?
Kapitel 15: Außenpolitik und das politische System
Besonderheiten internationaler Politik
Die innerstaatliche Organisation der deutschen Außenpolitik
Internationale Organisationen
Teil VI: Der Top-Ten-Teil
Kapitel 16: Der Politikzyklus: Die (nicht ganz zehn) Phasen der Politikgestaltung
Definition eines Problems
Platzierung des Themas auf der politischen Agenda
Ausarbeitung eines politischen Instruments
Politikentscheidung und -legitimierung
Umsetzung einer politischen Entscheidung
Überprüfung der Maßnahmen
Beendigung eines politischen Instruments
Kapitel 17: Zehn Irrtümer über das politische System Deutschlands
Die Politiker sind doch eh alle korrupt
Politiker machen ohnehin nur das, was ihre Partei will
Das Parlament kontrolliert die Regierung gar nicht
Politik wird nicht mehr im Parlament gemacht
Es wäre besser, wenn die Politiker nicht ständig streiten würden
Die Medien berichten nur im Interesse der politischen Klasse
Während der Corona-Pandemie gab es keine Demokratie
Die Politik kann alle/keine Probleme lösen
Politik kann man eh nicht verstehen
Ich kann eh nichts verändern
Kapitel 18: Die (zehn und zwei) bisherigen Bundespräsidenten
Theodor Heuss
Heinrich Lübke
Gustav Heinemann
Walter Scheel
Karl Carstens
Richard von Weizsäcker
Roman Herzog
Johannes Rau
Horst Köhler
Christian Wulff
Joachim Gauck
Frank-Walter Steinmeier
Kapitel 19: Die (fast zehn) bisherigen Bundeskanzler
Konrad Adenauer
Ludwig Erhard
Kurt Georg Kiesinger
Willy Brandt
Helmut Schmidt
Helmut Kohl
Gerhard Schröder
Angela Merkel
Olaf Scholz
Kapitel 20: Zehn deutsche Parteien
Die SPD
Die CDU
Die CSU
Die FDP
Bündnis 90/Die Grünen
Die Linke
Die AfD
Freie Wähler
Das BSW
Die Heimat (vormals NPD)
Kapitel 21: Zehn Interessenverbände
Deutscher Gewerkschaftsbund
Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände
Bundesverband der Deutschen Industrie
Deutscher Bauernverband
Deutscher Beamtenbund
Verbraucherzentrale Bundesverband
Bund der Steuerzahler
Allgemeiner Deutscher Automobil-Club
Greenpeace Deutschland
Deutscher Städtetag
Kapitel 22: Zehn Bücher zum Weiterlesen
Ein Standardwerk zum politischen System
Regierungssystem und Politikfelder
Verfassungsgeschichte kompakt
Regierungssysteme der Länder
Politik in den Kommunen
Verwaltung und Politik
Das europäisierte Regierungssystem
Internationale Politik im Überblick
Wie Politik entsteht
Eine andere Politik ist möglich
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
Kapitel 11
Tabelle 11.1: Die deutschen Länder im Überblick Ende 2023 (Stand Juni/Oktober 20...
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Über den Autor
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Selbst wenn Sie Einführungen nicht sonderlich mögen, empfehle ich Ihnen, die folgenden Seiten zu lesen. Das mache ich nicht, weil ich den entsprechenden Text ungern umsonst verfasst habe, sondern weil er Ihnen helfen wird, Das politische System Deutschlands für Dummies besser zu verstehen. Zunächst beschreibe ich kurz, was dieses Buch im Unterschied zu einschlägigen politikwissenschaftlichen Lehrbüchern auszeichnet. Dann stelle ich einige Annahmen über Sie als Leserin oder Leser an. Im Anschluss beschreibe ich die in diesem Buch verwendeten Konventionen und Symbole. Abschließend präsentiere ich die einzelnen Teile des Buches im Schnelldurchlauf und teile Ihnen mit, was Sie nicht unbedingt lesen müssen.
Sie finden in den folgenden Kapiteln mehr oder weniger das, was auch politikwissenschaftliche Lehrbücher über das politische System Deutschlands im Kern enthalten:
die Entstehung der Bundesrepublik und die wichtigsten Inhalte des Grundgesetzes;
nichtstaatliche politische Akteure wie Parteien, Interessenverbände und die Medien;
die Verfassungsorgane auf Bundesebene;
Darstellungen zu den Regierungssystemen der Bundesländer und zur Kommunalpolitik;
Gesetzgebung, Regieren und politische Prozesse im deutschen Mehrebenensystem.
Was sind nun aber die Vorteile oder Alleinstellungsmerkmale dieses Buches? Im Unterschied zu klassischen Lehrbüchern
ist
Das politische System Deutschlands für Dummies
vergleichsweise kurz und griffig, auch wenn das Buch von der Seitenzahl her vielleicht nicht so wirkt. Sie erfahren das Wichtigste, was man aus meiner Sicht im Bachelor- oder Lehramts-Grundstudium der Politikwissenschaft, als Nebenfachstudentin, als Schüler im Fach Gemeinschaftskunde der gymnasialen Oberstufe oder einfach als gut gebildete Bürgerin wissen sollte.
ist dieses Buch aus optischer Sicht keine Bleiwüste. Lehrbücher bestehen größtenteils aus vielen eng bedruckten Seiten.
Das politische System Deutschlands für Dummies
kommt in aufgelockerten kurzen Kapiteln, Abschnitten und Absätzen daher, setzt viel auf Häkchenlisten (wie diese hier) und auf ansprechende Symbole sowie Informationskästen.
verzichtet dieses Buch auf unnötige Fachsprache. Feststehende Bezeichnungen oder gebräuchliche Fachbegriffe sind natürlich an vielen Stellen notwendig, aber
Das politische System Deutschlands für Dummies
ist nicht in komplizierter oder extrawissenschaftlicher Sprache gehalten, um damit Eindruck im Fachkollegenkreis zu schinden. Stattdessen habe ich mich um eine leicht verständliche und unterhaltsame Ausdrucksweise bemüht – und wo der Politikwissenschaftler (oder Fachidiot) in mir sich nicht zügeln konnte, hat mitunter die Lektorin Umformulierungen vorgenommen.
finden Sie in
Das politische System Deutschlands für Dummies
auch etliche Angaben zu Rechtsnormen, vor allem aus dem Grundgesetz. Abweichend von anderen Politikwissenschaftlern bin ich nicht der Auffassung, dass man das (Verfassungs-)Recht überwiegend den Rechtswissenschaftlerinnen und Jurastudenten überlassen sollte. Die deutsche Politik wird zu einem beträchtlichen Teil durch Recht gesteuert, und viele wichtige Grundgesetznormen kann man auch ohne rechtswissenschaftliches Studium ausreichend verstehen.
enthält
Das politische System Deutschlands für Dummies
auch an verschiedenen Stellen Informationen über die öffentliche Verwaltung in der Bundesrepublik. Ohne gute Basiskenntnisse der Verwaltung kann man etliche Aspekte der deutschen Politik nur eingeschränkt verstehen, denn Politik und Verwaltung sind vielfach eng miteinander verwoben.
berücksichtigt
Das politische System Deutschlands für Dummies
auch ausführlich die Einbettung des Regierungssystems der Bundesrepublik in das Mehrebenensystem der Europäischen Union. Das erscheint mir notwendig, denn die europäische Politik beeinflusst mittlerweile ganz erheblich politische Prozesse und Inhalte in Deutschland.
liefert
Das politische System Deutschlands für Dummies
Anekdoten und reale Beispiele, um die verschiedenen Wissensinhalte zu veranschaulichen und zu verdeutlichen.
Das … für Dummies-Autorenbüchlein trägt mir auf, Überlegungen über Sie als Leserin oder Leser anzustellen. Zunächst einmal haben Sie offenbar einen ausgesprochen guten Geschmack, denn Sie haben in dieses Buch zumindest schon einmal hineingelesen. Des Weiteren vermute ich, dass Sie
sich – aus welchen Gründen auch immer – für das politische System der Bundesrepublik interessieren und gern mehr darüber erfahren möchten oder
selbst nicht einschlägig interessiert sind, aber ein gutes Buch für jemanden suchen, der es ist (beziehungsweise von dem Sie das zumindest annehmen), oder
in Schule oder Hochschule mit dem politischen System Deutschlands als Lehr- und Prüfungsstoff konfrontiert sind und ein Lernhilfsmittel suchen.
Grundsätzlich eignet man sich Kompetenzen und Wissen besser an, wenn man sich von sich aus für ein Thema interessiert. Wenn das bei Ihnen der Fall ist, wird Ihnen dieses Buch sicherlich helfen, in kurzer Zeit mehr über das politische System Deutschlands zu erfahren und im Gedächtnis zu behalten. Aber auch sonst sollten Sie mit diesem Werk Lernerfolge und Wissenszuwächse erzielen können.
Sie brauchen für dieses Buch kein besonderes Vorwissen (außer solide Kenntnisse der deutschen Sprache). Ich erkläre das politische System Deutschlands hier von Grund auf. Sie sollten natürlich ein wenig Lesebereitschaft mitbringen.
Das politische System Deutschlands für Dummies verzichtet auf unnötige und schwer verständliche Abkürzungen. Viele Abkürzungen erkläre ich bei ihrer ersten Verwendung im Text. Die folgende rechtliche Abkürzung taucht häufiger auf: GG steht für das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, also die deutsche Verfassung.
Über geschlechtergerechte oder gendersensible Sprache ist in den letzten Jahren viel diskutiert worden, und die diesbezüglichen Meinungen gehen in Politik und Gesellschaft zum Teil weit auseinander. Das Thema ist ein Beispiel für Konflikte in pluralistischen Gesellschaften und zeigt auch sehr anschaulich, dass Meinungsfreiheit mitunter mit wechselseitigen Zumutungen verbunden ist. Vor dem Hintergrund, dass es den einzig richtigen Umgang mit dem Gegenstand »geschlechtergerechte Sprache« wohl nicht gibt, habe ich mich in diesem Buch für die folgende Vorgehensweise entschieden:
Bei allgemeinen Erläuterungen oder unspezifischen Beschreibungen mit Geschlechtsbezug gebrauche ich mehr oder weniger abwechselnd männliche und weibliche Formulierungen (zum Beispiel »Rechtswissenschaftlerinnen und Jurastudenten«), gemeint sind aber grundsätzlich immer alle Geschlechter, außer aus dem Zusammenhang ergibt sich etwas Anderes.
Bei Personen in hohen öffentlichen Ämtern verwende ich das jeweilige Geschlecht der realen Person zum Zeitpunkt der Bearbeitung der zweiten Auflage dieses Buches (beispielsweise »der Bundeskanzler« und »die Bundestagspräsidentin«). Die Aussagen gelten aber natürlich auch für vorherige oder künftige Personen in diesen Positionen mit anderem Geschlecht.
Das politische System Deutschlands für Dummies besteht aus verschiedenen Teilen zu unterschiedlichen Gebieten der bundesrepublikanischen Politik. Jeder Teil setzt sich aus mehreren thematisch zusammenhängenden Kapiteln zusammen. Die Kapitel sind wiederum in einzelne Abschnitte unterteilt. Am Anfang jedes Kapitels finden Sie einen einführenden Abschnitt, der einen Überblick über die Inhalte des jeweiligen Kapitels gibt und das Kapitel in den Gesamtzusammenhang des politischen Systems einordnet. Ich habe versucht, dieses Buch möglichst systematisch aufzubauen, um Ihnen dadurch die Lektüre und Wissensaneignung zu erleichtern.
In diesem Teil erfahren Sie einiges über zentrale Begriffe und Konzepte, die für das Verständnis von Politik wichtig sind. Zudem gibt es einen Überblick über frühere Regierungssysteme in Deutschland. Schließlich enthält dieser Teil eine kompakte Einführung in die Inhalte des Grundgesetzes.
Jenseits der staatlichen Institutionen wird Politik in Deutschland maßgeblich durch nichtstaatliche Organisationen geprägt. Dieser Teil behandelt in jeweils eigenen Kapiteln Interessenverbände, politische Parteien und die Medien.
Die Kapitel dieses Teils sind den einzelnen Verfassungsorganen auf Bundesebene – Bundestag, Bundesrat, Bundespräsident, Bundesregierung und Bundesverfassungsgericht – und ihren jeweiligen Beziehungen untereinander gewidmet. Auch den Gesetzgebungsprozess behandele ich hier.
Die innerstaatlichen politischen und administrativen Kompetenzen sind in Deutschland im Wesentlichen auf drei Ebenen verteilt: Bund, Länder und Kommunen. Dieser Teil beschäftigt sich mit Strukturen und Prozessen im föderalen Mehrebenensystem. Er gibt einen Überblick über die Regierungssysteme der Bundesländer sowie die Politik in Gemeinden, Städten und Landkreisen. Außerdem gehe ich auf die Beziehungen zwischen Politik und öffentlicher Verwaltung und den Verwaltungsaufbau in der Bundesrepublik ein.
Hier gebe ich einen kurzen Überblick über das politische System der Europäischen Union, um dann auf die Europäisierung der deutschen Politik einzugehen. Außerdem behandele ich in Grundzügen Auswirkungen der Außenpolitik – unter anderem am Beispiel verschiedener Internationaler Organisationen – auf das deutsche Regierungssystem.
In diesem Teil finden Sie Listen mit jeweils mehr oder weniger zehn Abschnitten zu den verschiedenen Phasen der Politikgestaltung, zu Irrtümern über das politische System Deutschlands, zu den bisherigen Bundespräsidenten und Bundeskanzlern sowie zu wichtigen Parteien und Interessenverbänden. Außerdem gibt es noch einige Literaturempfehlungen zum Weiterlesen.
Sie können Das politische System Deutschlands für Dummies von vorn bis hinten durchlesen wie einen Roman oder es stattdessen als Nachschlagewerk verwenden, indem Sie nur die Abschnitte zu jenen Themen lesen, die Sie interessieren. Bei der Suche nach den entsprechenden Stellen im Text helfen Ihnen das Inhaltsverzeichnis, dieses Einführungskapitel und das Stichwortverzeichnis am Ende des Buches. Innerhalb der einzelnen Kapitel können Sie bei Zeitnot auf die Ausführungen bei den »Anekdote«-Symbolen verzichten. Die betreffenden Inhalte sind meist nicht so wichtig (aber oft recht unterhaltsam).
In den … für Dummies-Büchern finden Sie bestimmte Symbole, die das Schriftbild optisch auflockern und auf ergänzende Informationen, Hinweise oder Beispiele aufmerksam machen. In diesem Buch habe ich die folgenden Symbole verwendet:
Hier geht es immer um die Erklärung bestimmter politischer Begriffe oder Konzepte. In den Politik- und Sozialwissenschaften sind allerdings viele Definitionen umstritten. Ich stelle Ihnen stets eine übliche beziehungsweise die am häufigsten verwendete Begriffsbestimmung vor oder erläutere unterschiedliche Definitionen.
Bei diesem Symbol skizziere ich Beispiele, um die Inhalte anschaulicher zu machen. Gelegentlich erzähle ich auch eine Anekdote aus der Welt der Politik.
Viele Aspekte des politischen Systems der Bundesrepublik haben europäische oder internationale Bezüge. Dieses Symbol weist auf solche Phänomene hin oder vergleicht die deutsche Situation mit den Regierungssystemen anderer Staaten.
Im ersten Kapitel geht es gleich in die Vollen: Ich erläutere und diskutiere unter anderem Begriffe wie Politik, Staat, politisches System und Demokratie. Sie glauben schon zu wissen, was damit gemeint ist? Sehr gut – dann schauen Sie doch gleich mal nach, ob Sie und ich darunter das Gleiche verstehen … Oder meinen Sie etwa, Sie haben noch keinen blassen Schimmer? Auch gut – dann lesen Sie doch gleich mal weiter. Einerseits werden Sie sehr wahrscheinlich feststellen, dass Sie doch schon einiges wissen, und andererseits kann ein wenig Demut nicht schaden, wenn man sein einschlägiges Wissen verbessern will, denn viele Zeitgenossen sprechen über Politik, als wüssten sie schon fast alles …
Ich wünsche Ihnen nun viel Freude mit diesem Buch und hoffe, dass es Ihr Interesse am politischen System Deutschlands vergrößert. Es geht schließlich um unser Gemeinwesen.
Teil I
IN DIESEM TEIL …
Politik ist in aller Munde. In der Alltagssprache haben manche politischen Begriffe aber teilweise eine andere Bedeutung als in der Politik oder in der Wissenschaft. Deshalb erfahren Sie hier mehr über zentrale Wörter und Konzepte, die für das Verständnis der Politik in Deutschland wichtig sind.
Da politische Systeme nicht einfach vom Himmel fallen, geht dieser Teil auch kurz auf frühere deutsche Regierungsformen ein. Etliche derzeitige Strukturen lassen sich so besser verstehen.
Von besonderer Bedeutung für die Politik in Deutschland ist außerdem das Grundgesetz. Daher präsentiert dieser Teil einen kompakten Überblick über die deutsche Verfassung.
Kapitel 1
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Kompaktes Grundlagenwissen für die Beschäftigung mit PolitikZentrale Begriffe und Konzepte politischer SystemeEinige besondere Merkmale der Politik in DeutschlandWörter wie Politik, Deutschland und Demokratie begegnen Ihnen fast täglich in Zeitungen, Büchern, Fernsehsendungen, dem Internet oder Gesprächen. Vielleicht fragen Sie sich daher, weshalb man sich zunächst mit diesen und anderen Begriffen beschäftigen sollte, wenn man mehr über das politische System Deutschlands erfahren möchte. Sie können natürlich dieses Kapitel überspringen und gleich zu bestimmten Themen blättern, die Sie besonders interessieren. Es ist aber durchaus sinnvoll, sich scheinbar altbekannte politische Begriffe noch einmal bewusst vor Augen zu führen, um ein besseres Grundverständnis für verschiedene Aspekte der Politik in Deutschland und jenseits der Bundesrepublik zu entwickeln.
Bestimmte Wörter werden in der Politik oder in der Wissenschaft teilweise anders verwendet als etwa in einer Diskussion im Freundeskreis, einem Flugblatt, einer Internetkampagne oder einem Streitgespräch am Stammtisch. Außerdem ist man sich häufig nicht einmal in der Politikwissenschaft und benachbarten Wissenschaftsdisziplinen einig, was unter bestimmten Begriffen und Konzepten genau zu verstehen ist. Vor diesem Hintergrund bringt Ihnen dieses Kapitel mehr begriffliche Klarheit und liefert zudem grundlegende Informationen über Politik. Einige Fachwörter, die nicht so zentral sind, werden in späteren Kapiteln erklärt.
Menschen verbinden mit dem Begriff Politik in der Regel unterschiedliche Dinge, etwa Macht, Konflikte, Herrschaft, Gesetze, staatliche Institutionen, Parteien, Lobbyismus oder auch Korruption. Es gibt leider keine Begriffsbestimmung von Politik, die allgemeingültig ist und der beispielsweise alle Politiker oder Wissenschaftlerinnen zustimmen würden. Dennoch ist ein Kern von Politik erkennbar: die gemeinsame oder übergreifende Behandlung von Angelegenheiten (häufig Problemen), die viele Menschen betreffen.
In der Politikwissenschaft wird oft die folgende Definition für Politik verwendet: das Gemeinwesen betreffende, kollektiv-verbindliche Entscheidungen. Die einzelnen Elemente dieser Annäherung an den Politikbegriff sind zwar erneut unscharf, lassen sich aber folgendermaßen genauer bestimmen:
Gemeinwesen
steht für eine auf die Öffentlichkeit oder Allgemeinheit bezogene räumliche Einheit, in der sich meist eine Vielzahl von Menschen aufhält. Das kann eine Gemeinde, ein Bundesland, ein Staat oder auch ein Gebilde wie die Europäische Union sein. Nicht gemeint sind private Zusammenschlüsse wie etwa Firmen oder Vereine. In solchen Einheiten werden zwar auch verbindliche Entscheidungen getroffen, aber sie gelten meist nur für die jeweiligen Mitarbeitenden oder Mitglieder.
Mit
Entscheidungen
sind Beschlüsse oder Regelungen gemeint, die in einem solchen Gemeinwesen gelten. Hiermit ist noch nicht gesagt, wer diese Entscheidungen trifft. In der Regel sind das Organisationen mit einer entsprechenden Entscheidungsbefugnis, zum Beispiel Parlamente (Volksvertretungen). Es gibt unterschiedliche Arten von politischen Entscheidungen und damit zusammenhängend verschiedene Entscheidungsverfahren. Parlamente erlassen beispielsweise Gesetze auf der Grundlage bestimmter Verfahrensregelungen.
Kollektiv-verbindlich
ist eine Entscheidung dann, wenn sie für die Menschen eines bestimmten Gemeinwesens grundsätzlich allgemein gilt. Es kann zwar sein, dass sich nicht immer alle Menschen an sämtliche derartige Regelungen halten (denken Sie etwa an jemanden, der einen Diebstahl begeht und damit gegen das Strafgesetzbuch verstößt). Das ändert aber nichts daran, dass die Entscheidung von ihrer Natur her einen allgemeinen Geltungsanspruch hat und eine Nichtbefolgung gegebenenfalls (wie im Fall des Diebstahls) von staatlicher Seite bestraft werden kann.
Wie gesagt: Diese Begriffsbestimmung versucht nicht, Politik in all ihren unterschiedlichen Aspekten zu beschreiben und zu erfassen. Es geht bei dieser Definition oder Beschreibung um den Kern von Politik, wie er heute nicht zuletzt in der Politikwissenschaft meist verstanden wird.
Das Wort Politik stammt – wie einige andere politische Begriffe auch – aus dem Griechischen. Polis bedeutet Stadt oder Gemeinschaft. Die historische Polis war der antike griechische Stadtstaat. Derartige Gemeinwesen wie Athen und Sparta kennen viele Menschen aus den griechischen Sagen. Heute gibt es nicht mehr viele souveräne Stadtstaaten, aber von Monaco und Singapur haben Sie vermutlich schon einmal gehört. Die deutschen Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg nehmen im Staatsaufbau der Bundesrepublik eine Doppelrolle als Kommunen und Bundesländer ein, sind aber nicht souverän im völkerrechtlichen Sinne.
Während die deutsche Sprache für das Thema dieses Abschnitts nur das Wort »Politik« kennt, gibt es im Englischen gleich drei Begriffe, die sich auf unterschiedliche Dimensionen des Politischen beziehen: polity, politics und policy. Eine kurze Beschäftigung mit diesen Wörtern scheint aus zwei Gründen angebracht: Zum einen werden sie nicht nur in englischsprachigen und wissenschaftlichen Werken, sondern etwa auch in den deutschen Medien und von Politikern des Öfteren verwendet. Zum anderen ist die mit ihnen verbundene Dreiteilung des Politikbegriffs sinnvoll:
Polity
bezeichnet den institutionellen, organisatorischen oder rechtlichen Rahmen von Politik. Hier geht es häufig um die Verfassung, grundlegende Gesetze oder institutionelle Regelungen. Manchmal ist mit dem Begriff auch das politische Gemeinwesen an sich gemeint.
Politics
betrifft politische Prozesse. Parteien, Interessenverbände, Abgeordnete, Regierungsmitglieder, Ministerialbeamte und andere Akteure sowie ihre Handlungen und Netzwerke stehen hier im Zentrum der Aufmerksamkeit. Es wird argumentiert, diskutiert, gestritten, verhandelt und entschieden (oder auch nicht).
Policy
schließlich erstreckt sich auf die inhaltliche Seite von Politik. Einerseits kann man damit Politikfelder beschreiben, also etwa Umwelt-, Wirtschafts- oder Verbraucherschutzpolitik. Andererseits können damit auch ganz konkrete Entscheidungen oder Regelungen gemeint sein, beispielsweise ein Gesetz zum Schutz bestimmter Pflanzen, ein Beschluss zur Unterstützung benachteiligter Betriebe oder eine Verordnung zur Kennzeichnung von Lebensmitteln. In der Politikwissenschaft spricht man gelegentlich auch von
Politiken
. Damit sind häufig inhaltliche Entscheidungen in abgrenzbaren Bereichen oder Politikfeldern gemeint, etwa die Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftspolitiken einer bestimmten Regierung.
Politik findet nicht im luftleeren Raum statt. Im vorigen Abschnitt war davon die Rede, dass sich Politik stets auf ein bestimmtes Gemeinwesen bezieht, unter Umständen sogar auf mehrere. Die immer noch wichtigsten Gemeinwesen unserer Zeit sind Staaten. Sie sind häufig die zentralen Bezugspunkte für Politik, auch wenn – je nach politischem System – organisatorische Einheiten unterhalb und oberhalb der staatlichen Ebene ebenfalls von großer Bedeutung für politische Entscheidungen und ganz allgemein das gesellschaftliche Zusammenleben sein können.
Nach der bekannten Drei-Elemente-Lehre des Staatsrechtlers Georg Jellinek weist ein Staat die Merkmale Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt auf:
Staatsgebiet bedeutet, dass ein Staat über eine klar abgegrenzte und dauerhafte Fläche verfügen muss. Die eindeutige Abgrenzung des Staatsgebiets kann mitunter schwierig sein, etwa weil sich Regierungen verschiedener Territorien nicht über genaue Grenzverläufe einig sind oder der Klimawandel Gebietsveränderungen verursacht.
Das Staatsvolk ist wohl der vieldeutigste und umstrittenste Begriff der Drei-Elemente-Lehre. Mit Volk sind in diesem Zusammenhang meist nicht die Bewohnerinnen eines bestimmten Staatsgebiets gemeint, sondern die Staatsbürger. Hierbei handelt es sich in der Regel um Menschen, die die Staatsbürgerschaft des betreffenden Staates besitzen. Die Regeln zur Erlangung der Staatsbürgerschaft unterscheiden sich von Staat zu Staat mehr oder weniger. Das Staatsvolk zeichnet sich üblicherweise auch in gewissem Rahmen durch ein gemeinsames Bewusstsein aus (der entsprechende Fachbegriff hierfür lautet
kollektive Identität
). Für dieses gemeinschaftsbezogene und wechselseitige Zugehörigkeitsgefühl des Staatsvolks sind meist Aspekte wie gemeinsame Sprache, Religion, Geschichte, Kultur und Werte von Bedeutung.
Mit dem Begriff der Staatsgewalt ist gemeint, dass es für ein bestimmtes Staatsgebiet und Staatsvolk im Prinzip lediglich eine Instanz oder Autorität gibt, die bindende Regeln erlassen und auch durchsetzen kann und darf. Somit dient das staatliche Gewaltmonopol insbesondere der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit. Es ist Ausdruck der internen Souveränität eines Staates: Grundsätzlich dürfen nur staatliche Stellen allgemein verbindliche Rechtsnormen erlassen und ihre Befolgung im Zweifelsfall auch mit Strafmaßnahmen oder sogar mit Waffengewalt erzwingen. Das innerstaatliche Gewaltmonopol kann zum Beispiel infrage gestellt werden durch ausufernde organisierte Kriminalität, gewaltbereite Milizen, ausländische Besatzungstruppen oder terroristische Vereinigungen.
Es gibt keine Mindestgröße im Hinblick auf das Staatsgebiet: Riesige Staatsgebilde wie die Russische Föderation oder die USA haben jenseits ihres tatsächlichen Einflusses grundsätzlich die gleiche völkerrechtliche Staatsqualität wie etwa die Mikrostaaten Liechtenstein oder San Marino. Oft ist von Nationalstaaten die Rede. Dahinter steckt die Idee, dass jeder Staat durch eine bestimmte Nation besonders geprägt ist. Es gibt aber auch Staaten wie Indien mit unzähligen ethnischen Gruppen, Religionen und Sprachen. Die Mitglieder des Staatsvolks können also sehr unterschiedlich und vielfältig sein und sich doch als Angehörige einer Nation verstehen. Staaten, die etwa aufgrund von Bürgerkriegen nicht mehr in der Lage sind, innerstaatlich ein Gewaltmonopol aufrechtzuerhalten, bezeichnet man auch als zerfallende oder scheiternde Staaten (failed states).
Ein Land, das die Kriterien Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt erfüllt, gilt allerdings nicht automatisch in der internationalen Politik als Staat. Jeder Staat ist grundsätzlich darin frei, ein anderes Land als Staat anzuerkennen oder nicht. Einige Länder, die recht eindeutig alle drei Staatsmerkmale erfüllen, werden vor diesem Hintergrund aus politischen Gründen von manchen Regierungen oder Internationalen Organisationen nicht als Staat anerkannt, zum Beispiel Taiwan.
Andererseits gibt es etwa auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion Gebiete, die sich selbst als souveräne Staaten bezeichnen, obwohl bei ihnen vor allem Staatsgebiet und eigenständige Staatsgewalt umstritten sind. Heute sind praktisch alle Staaten Mitglieder der Vereinten Nationen (UNO). Eine UNO-Mitgliedschaft ist der sichere Beweis, dass Sie es mit einem Staat zu tun haben.
»Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat« (Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes). Für uns ist es mittlerweile selbstverständlich, dass Deutschland ein Staat ist. Das war jedoch lange Zeit nicht der Fall.
Obwohl sich spätestens im Laufe des 19. Jahrhunderts eine deutsche Nation herausbildete – das heißt ein entsprechendes gemeinsames Bewusstsein und Zugehörigkeitsgefühl –, wurde erst mit dem Deutschen Kaiserreich von 1871 ein Nationalstaat geschaffen, der die beschriebenen Kriterien (Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt) erfüllte. Davor gab es eine variierende Anzahl größerer und kleinerer Staatswesen – meist Monarchien – auf einem Gebiet wechselnder Größe, dessen Bewohner sich als mehr oder weniger deutsch verstanden neben ihrer beispielsweise badischen, bayerischen, preußischen oder sächsischen Identität und Staatsangehörigkeit.
Die Fläche des Deutschen Reiches veränderte sich im 19. und 20. Jahrhundert mehrere Male, häufig infolge kriegerischer Auseinandersetzungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland 1945 zunächst von ausländischen Truppen besetzt und in Besatzungszonen aufgeteilt. Die Alliierten (Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion, USA) übten vorübergehend die Staatsgewalt aus. Im Hinblick auf diese Nachkriegsjahre kann man – wenn überhaupt – höchstens von einer eingeschränkten Staatlichkeit Deutschlands sprechen. Der Wiederaufbau politischer Strukturen erfolgte zunächst auf kommunaler Ebene (Städte und Gemeinden) sowie regionaler Ebene (Länder).
Im Jahr 1949 kam es dann zur Gründung von zwei Staaten auf Teilgebieten des ehemaligen Deutschen Reiches. Die Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) waren zumindest aus rechtlicher Sicht spätestens ab Mitte der 1950er-Jahre weitgehend souverän. Allerdings behielten sich die Alliierten gewisse militärische Befugnisse sowie Entscheidungsrechte etwa in Bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes vor. Erst im Zuge der Wiedervereinigung – des Beitritts der DDR zur BRD – erlangte Deutschland 1990 aus staats- und völkerrechtlicher Perspektive grundsätzlich die volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten zurück.
Die sogenannten Reichsbürger und andere rechte Verschwörungstheoretikerinnen bestreiten die Existenz oder die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik Deutschland. Ihrer Meinung nach bestehe das Deutsche Reich beziehungsweise dessen Regierungssystem weiter, stelle die Bundesrepublik lediglich eine Firma dar oder sei völlig fremdgesteuert. Manche Angehörige dieser Szene sehen sich auch als Staatsoberhaupt oder Regierungsmitglied des Deutschen Reiches oder von selbst gegründeten beziehungsweise erfundenen Mini-Staaten. So verführerisch und scheinbar einleuchtend manche angeblichen Argumente dieser zum Teil sehr unterschiedlichen Gruppierungen auch klingen mögen: Schenken Sie ihnen keinen Glauben. Reichsbürger erwecken nicht selten den Eindruck, dass sie die vorteilhaften Leistungen des von ihnen abgelehnten und abgestrittenen Staates gerne und häufig in Anspruch nehmen, aber in eine renitente Verweigerungshaltung verfallen, wenn es mal um Gebühren, Bußgeldbescheide oder die Beachtung von Vorschriften und Verwaltungsakten geht …
Das wiedervereinigte Deutschland mit dem Regierungssystem der Bundesrepublik ist das einzige rechtmäßige sowie international anerkannte deutsche Staatswesen. Das sagen nicht nur Politikerinnen, Medienvertreter, Lehrerinnen oder … für Dummies-Autoren, sondern auch Menschen, die der deutschen Politik ansonsten zu Recht oder zu Unrecht sehr kritisch gegenüberstehen. Außerdem ist die Republik des Grundgesetzes – bei all ihren vielleicht diskussionswürdigen Mängeln – nach gängigen Kriterien der Demokratieforschung der freieste deutsche Staat, den es bisher gab. Ist dem das Regierungssystem des Deutschen Reiches vorzuziehen, das zuletzt bekanntlich alles andere als demokratisch und rechtsstaatlich war? Wohl kaum.
Das Staatsgebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland umfasst seit 1990 die Territorien von 16 deutschen (Bundes-)Ländern. Die Begriffe »Land« und »Bundesland« werden häufig identisch verwendet, aus verfassungsrechtlicher Sicht ist allerdings die Bezeichnung »Land« korrekt. Das gilt übrigens auch für Berlin, Bremen und Hamburg in ihrer Eigenschaft als Gliedstaaten des deutschen Bundesstaats. Umgangssprachlich kann es jedoch sinnvoll sein, zumindest in bestimmten Situationen den Begriff »Bundesland« zu verwenden, weil der Gesprächspartner sonst möglicherweise denkt, dass von einem souveränen Staat die Rede ist (»Land« wird in der Alltagssprache häufig mit »Staat« gleichgesetzt).
Die Länder bezeichnen sich zwar zumindest teilweise als Staaten – zum Beispiel der »Freistaat Bayern« –, aber sie sind trotz ihrer Verfassungen, Regierungsinstitutionen, begrenzten Gesetzgebungsrechte und Traditionen keine souveränen Staaten im völkerrechtlichen Sinne (mehr). Das ist lediglich die Bundesrepublik Deutschland. Andererseits sind die Länder mehr als bloße Untergliederungen oder Verwaltungseinheiten: So darf die Bundesebene nur unter genau festgelegten Bedingungen in ihre Belange eingreifen. Ansonsten sind die Länder grundsätzlich politisch selbstständig. Die Bundesrepublik ist daher ein föderales Staatswesen und nicht bloß ein dezentralisierter Einheitsstaat.
Politische Systeme produzieren Politik. Sie tun das nach gewissen Regeln und Regelmäßigkeiten, aber natürlich nicht so automatisiert und schematisch, wie etwa eine Maschine Waren herstellt. Politische Systeme sind schließlich von Menschen gemacht und funktionieren vorrangig nur durch Menschen; im günstigsten Fall produzieren sie für eine größtmögliche Zahl an Menschen bestmögliche Politik. Allerdings gehen die Meinungen darüber, was gute Politik ist, häufig ziemlich auseinander. Das ist übrigens eines der Probleme oder eine der Aufgaben, mit denen politische Systeme umgehen müssen. In der Wissenschaft widmet sich insbesondere die politische Philosophie der Frage nach der guten Politik.
Das Wort System wirkt wie ein technischer, feststehender Begriff. Dabei ist ein politisches System in seinen Bestandteilen und Prozessen nicht immer eindeutig von seiner Umwelt abgrenzbar. Das politische System ist zunächst einmal ein Teilsystem des gesamtgesellschaftlichen Systems (etwa eines Staates). Von anderen Teilsystemen unterscheidet es sich durch seine charakteristische Regelungs- und Steuerungsfunktion: die Erzeugung von Politik, beispielsweise den Erlass und die Umsetzung von Gesetzen.
Verschiedene Gemeinwesen weisen unterschiedliche politische Systeme auf. So kann man etwa auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene sowie hinsichtlich anderer Staaten und der Europäischen Union jeweils von eigenen politischen Systemen sprechen. Politische Systeme befinden sich in vielfältigen wechselseitigen Abhängigkeits- und Austauschverhältnissen mit anderen gesellschaftlichen Teilsystemen (etwa den Bildungs-, Rechts- und Wirtschaftssystemen) sowie weiteren politischen Systemen.
Regierungssystem oder politisches System? Umgangssprachlich werden beide Wörter oft identisch verwendet. Im Prinzip ist das Regierungssystem aber ein engerer Begriff. Zum Regierungssystem zählen die staatlichen Institutionen, also insbesondere Regierung, Parlament, Gerichte und Behörden. Der weitere Begriff des politischen Systems umfasst nicht nur diese Institutionen, sondern auch nichtstaatliche Akteure mit besonderer Bedeutung für die Politik. Dazu zählen vor allem Parteien, Interessenverbände und die Medien. Sie bezeichnet man auch als intermediäre Akteure, weil sie für Austausch, Beziehungen und Vermittlung zwischen Gesellschaft und Regierungssystem sorgen.
Sosehr sich politische Systeme auch von Staat zu Staat oder auf verschiedenen Ebenen des Regierens unterscheiden, sie müssen alle dieselben grundlegenden Aufgaben und Funktionen erfüllen:
Sie benötigen
regelmäßige Strukturen
mit unterschiedlichen Organisationseinheiten auf verschiedenen Ebenen, denen systematisch bestimmte Aufgaben zugewiesen sind. Anzahl, Form und Bezeichnung dieser Einheiten (etwa Ministerien, Ämter und Behörden) sowie die Verteilung und Koordinierung der Aufgaben können sich im Laufe der Zeit ändern. Damit ein politisches System in der Lage ist, seine Funktionen fortlaufend zu erfüllen, müssen aber zumindest einige wichtige Strukturen und Verfahren langfristig oder auf Dauer angelegt sein.
Politische Systeme beziehen aus anderen Gesellschaftsbereichen Ressourcen wie insbesondere Geld, Personal, Informationen und Sachmittel. Wichtig sind zudem Kommunikationsformen zur Vermittlung von Anforderungen, Erwartungen und Interessen aus der Gesellschaft in das Regierungssystem. Diese Ressourcen, die in das Regierungssystem eingespeist werden oder die es bezieht, nennt man auch
Input
.
Schließlich müssen politische Systeme in der Lage sein, politische Entscheidungen zu produzieren und in die anderen Gesellschaftssysteme zu vermitteln. Hierbei geht es vor allem darum, allgemeingültige Regelungen zu beschließen und anzuwenden. Dazu gehört auch, staatliche Leistungen zu erzeugen, anzubieten und zu verteilen sowie Rechtsnormen bei Konfliktfällen verbindlich auszulegen und notfalls gegen Widerstände durchzusetzen. Die Leistungen oder Handlungen eines politischen Systems für seine Umwelt bezeichnet man auch als
Output
.
Über die Frage, wie demokratische Staaten aufgebaut sind oder sein sollten, wurden schon unzählige Bücher geschrieben und Debatten geführt. Demokratie ist ein zentraler politischer Begriff, der unterschiedlich verstanden und umgesetzt werden kann. Das zeigt sich bereits an einem häufig verwendeten Zitat des früheren US-Präsidenten Abraham Lincoln: »government of the people, by the people, for the people« (Regierung des Volkes, durch das Volk, für das Volk). Wer gehört hier zum Volk, wer wird ausgeschlossen? Wie soll das Regieren dieses Volkes in der Praxis tatsächlich vonstattengehen? Was ist gut für das Volk (und wer entscheidet wie darüber)? Auf diese Fragen kann man verschiedene Antworten geben.
Der Kern von Demokratie ist wohl die Idee der Selbst- oder Mitbestimmung in größeren Entscheidungssituationen mit mehreren Personen. Fremdbestimmung kann daher als das Gegenteil von Demokratie begriffen werden. Versteht man unter Politik allgemein verbindliche Beschlüsse für ein Gemeinwesen, dann bedeutet Demokratie vor allem die Mitwirkung oder Einbeziehung der von den Entscheidungen Betroffenen (darauf hat etwa die Politikwissenschaftlerin Heidrun Abromeit hingewiesen).
Damit ist allerdings noch nicht gesagt, wann Beteiligung in politischen Entscheidungszusammenhängen welche Formen annehmen muss, damit man von »Demokratie« oder »demokratisch« sprechen kann oder sollte. Dieser Umstand deutet bereits darauf hin, dass es unterschiedliche Ausgestaltungen und Grade oder Stufen von Demokratie geben kann. Das derzeitige politische System Deutschlands ist eine von sehr vielen möglichen Ausprägungen demokratischen Regierens.
Das Wort Demokratie ist griechischen Ursprungs und setzt sich aus demos (Volk) und kratia (Herrschaft) zusammen. Frühe Formen demokratischen Regierens fanden sich in den antiken griechischen Stadtstaaten. Dort waren allerdings nur sehr wenige Menschen voll stimm- und beteiligungsberechtigt, nämlich einheimische, männliche, wohlhabende Familienoberhäupter. Das bedeutet, dass unter anderem Frauen, Ausländer, Jüngere, Arbeits- und Besitzlose sowie die zahlreichen Sklaven von der politischen Mitbestimmung ausgeschlossen waren. Nach heutigem Verständnis waren diese Gemeinwesen daher – wenn überhaupt – höchstens sehr begrenzt demokratisch.
Trotz aller Begriffsunklarheiten, gewandelter Wertvorstellungen und Diskussionen gibt es einige unumstrittene Merkmale, die ein Regierungssystem im 21. Jahrhundert erfüllen muss, um als demokratisch zu gelten. Zunächst einmal sind Demokratien auch Rechtsstaaten. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit (auf Englisch rule of law) besagt insbesondere, dass staatliche Machtausübung grundsätzlich an Rechtsnormen gebunden und staatliche Willkür verboten ist. Jeder Mensch des betreffenden Gemeinwesens verfügt über individuelle, in der Regel schriftlich – zum Beispiel in der Verfassung – festgelegte Rechte. Diese Rechte sind im Streitfall auch einklagbar und durchsetzbar. Dadurch unterscheiden sich Rechtsstaaten von Unrechts- oder Nichtrechtsstaaten, in denen Grundrechte oft nur auf dem Papier stehen.
Zu den besagten Rechten gehören auch garantierte Beteiligungs- und Bürgerrechte (in bestimmten Bereichen sind die Rechte von Bürgern mitunter weitreichender als jene von Menschen ohne die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates). Inhaber einflussreicher politischer Ämter – beispielsweise Parlamentsabgeordnete – werden in Demokratien durch wettbewerbsförmige, freie Wahlen bestimmt. Der Zugang zu öffentlichen Ämtern steht grundsätzlich allen Bürgerinnen offen. In der Realität existieren zahlreiche unterschiedliche Wahlsysteme mit jeweils verschiedenen Vor- und Nachteilen. Man unterscheidet zwischen Formen repräsentativer Demokratie durch gewählte Entscheidungsträger (Volksvertreter) sowie Elementen direkter Demokratie, bei denen die Stimmberechtigten selbst über Sachfragen abstimmen.
In demokratischen Regierungssystemen werden staatliche Institutionen von gewählten Repräsentantinnen direkt oder indirekt geleitet, besetzt oder kontrolliert. Nichtstaatliche Interessenverbände können grundsätzlich frei gegründet und organisiert werden. Unter Beachtung gewisser Regeln dürften sie Mitgliederinteressen vertreten sowie neben anderen Gruppierungen und Einzelpersonen ihre Einschätzungen und Standpunkte gegenüber politischen Entscheidungsträgern zum Ausdruck bringen. Nach heutigem Mehrheitsverständnis sind Demokratien pluralistisch, das heißt verschiedene Anschauungen, Meinungen und Einstellungen dürfen prinzipiell frei geäußert und in politische Prozesse eingebracht werden.
Charakteristisch für Demokratien sind zudem verschiedene Formen der Gewaltenteilung. Damit sind die Trennung, Verschränkung und wechselseitige Kontrolle staatlicher Machtbefugnisse gemeint. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass einzelne staatliche Akteure ihre Position missbrauchen oder die ganze Macht an sich ziehen. Man unterscheidet insbesondere zwischen
horizontaler Gewaltenteilung: gesetzgebende Gewalt (
Legislative
), ausführende Gewalt (
Exekutive
) und rechtsprechende Gewalt (
Judikative
);
vertikaler Gewaltenteilung: Aufteilung von Staatsmacht zwischen der zentralstaatlichen Ebene und unteren Ebenen (etwa Regionen und Gemeinden);
funktionaler Gewaltenteilung: Aufgabenverteilung zwischen verschiedenen Organisationseinheiten (etwa Behörden oder Abteilungen);
temporaler Gewaltenteilung: (Wahl-)Ämter mit wichtigen Entscheidungsbefugnissen werden nur auf Zeit vergeben.
Die Demokratie, wie sie hier beschrieben wird, ist eine ausgesprochen junge Staatsform. Im Jahr 1900 gab es selbst unter den damals demokratischsten Regierungssystemen (etwa Großbritannien und den USA) noch kein allgemeines Wahlrecht für alle Bürgerinnen und Bürger. Die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung oder deren Direktwahl musste historisch ebenso errungen werden wie die Ausweitung des Wahlrechts auf Besitzlose, ethnische Minderheiten, Frauen und Jüngere.
Viele Demokratien entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg, dem Ende der Kolonialzeit und der Überwindung der sozialistischen Regime in Mittel- und Osteuropa. Inzwischen ist ungefähr die Hälfte aller Staaten mehr oder weniger demokratisch. Es existieren aber immer noch etliche Autokratien, die die hier beschriebenen Merkmale demokratischer Regierungssysteme nicht (mehr) oder nur bruchstückhaft erfüllen, auch wenn sie sich selbst meist als demokratisch bezeichnen. Es gibt keine unumstrittene, eindeutige Abgrenzung zwischen Demokratien und undemokratischen Regierungssystemen, sondern eine beträchtliche Grauzone.
Die meisten heutigen Demokratien sind auch Wohlfahrtsstaaten. Sie kümmern sich für die Menschen in ihrem Hoheitsbereich bis zu einem gewissen Grad um den Schutz vor gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Risiken (zum Beispiel Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit im Krankheitsfall) und betreiben etwa öffentliche Bildungs- und Kultureinrichtungen. Demokratische Regierungssysteme sind aber nicht notwendigerweise besonders wohlhabend. Arme Demokratien mit geringen staatlichen Leistungen sind ebenso möglich wie relativ reiche, aber undemokratische Wohlfahrtsstaaten.
Demokratie bedeutet im Kern eine Beteiligung an gemeinschaftlichen Entscheidungsprozessen, aber keine Garantie auf Durchsetzung der eigenen Interessen. Aus praktischen Gründen gilt häufig die Mehrheitsregel. Ein zentrales demokratisches Prinzip lautet, dass die Verlierer einer Abstimmung oder Wahl eine faire Chance haben, das nächste Mal zu gewinnen, und dass sie nicht fürchten müssen, von den Gewinnern unterdrückt zu werden. Demokratien verfügen über Verfahren, um politische Konflikte auf friedliche Weise auszutragen und politische Führungswechsel ohne Gewalttätigkeiten zu ermöglichen. Die tatsächliche Ausgestaltung der hier beschriebenen demokratischen Merkmale kann sich jedoch von Regierungssystem zu Regierungssystem stark unterscheiden.
Die Zahl der Monarchien, also der Staatswesen mit einem adligen oder gekrönten Staatsoberhaupt, hat weltweit seit dem 19. Jahrhundert deutlich abgenommen. Allein die Existenz einer Königin oder eines Großherzogs muss aber nicht bedeuten, dass es sich um ein undemokratisches Regierungssystem handelt. So hat der Monarch in vielen europäischen parlamentarischen Monarchien heute nur noch identitätsstiftende und zeremonielle Bedeutung und keine politischen Machtbefugnisse mehr. Umgekehrt ist eine Republik mit einem Präsidenten an der Spitze des Staates nicht notwendigerweise demokratisch – es kann sich hierbei auch um eine Diktatur handeln.
In diesem Buch ist des Öfteren von »Politikwissenschaft« oder »Politikwissenschaftlern« die Rede. Die Politikwissenschaft ist, wie ihr Name schon nahelegt, die wissenschaftliche Fachdisziplin, die sich vorrangig mit der Erforschung, Erklärung und Erläuterung von Politik beschäftigt.
Auch andere Wissenschaftsdisziplinen behandeln häufig politische Themen, etwa die Geschichtswissenschaft, Rechtswissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft. Wie Forschende anderer Sozialwissenschaften auch
verarbeiten und untersuchen Politikwissenschaftlerinnen Daten, die sie beispielsweise Beobachtungen, Befragungen oder Texten entnehmen;
versuchen Politikwissenschaftler, Theorien zu entwickeln (das heißt allgemeine Annahmen und Aussagen, wie sich etwa bestimmte Zusammenhänge ergeben oder wie sich ein Sachverhalt oder Umstand auf ein spezielles Phänomen auswirkt);
stellen Politikwissenschaftlerinnen Wissen zusammen und vermitteln es in Bildungseinrichtungen, Fachveröffentlichungen oder Büchern wie diesem hier.
Auf politische Institutionen, Prozesse und Inhalte hat die Politikwissenschaft in Deutschland eher geringen Einfluss. So werden Politikwissenschaftler beispielsweise nicht systematisch zu Gesetzentwürfen angehört. Wenn sie oder andere Forschende dann doch einmal bei Expertenanhörungen Stellungnahmen abgeben, als Mitglieder von Beratungsgremien Studien erstellen oder sich sonst in der Öffentlichkeit äußern, schließen sich politische Akteure selten offen ihren Einschätzungen an, außer sie sehen ihre bereits bestehende Haltung bestätigt.
Die wichtigsten Teilbereiche der Politikwissenschaft in Deutschland lauten: das politische System Deutschlands, Vergleich und Analyse politischer Systeme, Internationale Beziehungen, Politische Theorie und Ideengeschichte, Methoden der Politikwissenschaft und Politikdidaktik. Man studiert Politikwissenschaft in der Regel nicht, um Politikerin zu werden. Ein Studium der Politikwissenschaft ist erst recht keine Voraussetzung, um in die Politik zu gehen – aber es schadet in der Regel auch nicht.
Politikwissenschaft, Politische Wissenschaft, Politologie, Politikwissenschaften, Politische Wissenschaften – für ein und dieselbe Wissenschaftsdisziplin gibt es erstaunlich viele Bezeichnungen. Mittlerweile ist »Politikwissenschaft« der gebräuchlichste Begriff, auch unter Politikwissenschaftlern selbst. Das Fach wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg als eigenständige Wissenschaft flächendeckend an Hochschulen in Deutschland etabliert. Damals ging es vor allem darum, nach der nationalsozialistischen Diktatur einen Beitrag zur Demokratisierung der Gesellschaft zu leisten. Heute findet man politikwissenschaftliche Studiengänge vor allem an Universitäten.
Kapitel 2
IN DIESEM KAPITEL
Frühere Staats- und Regierungsformen in DeutschlandWichtige Weichenstellungen für das heutige politische SystemKontinuitäten und Brüche in der politischen EntwicklungMöglicherweise fragen Sie sich, warum Sie sich mit Verfassungsgeschichte beschäftigen sollten, wenn Sie doch mehr über das derzeitige politische System Deutschlands wissen möchten. Hier gilt Ähnliches wie beim ersten Kapitel: Sie können natürlich die folgenden Abschnitte überspringen und direkt bei einem Thema weiterlesen, das Sie mit Blick auf die aktuelle Politik in Deutschland besonders interessiert. Wenn Sie sich allerdings doch für die Lektüre dieses Kapitels entscheiden, so werden Sie danach einige grundlegende Aspekte des heutigen politischen Systems mit großer Wahrscheinlichkeit besser verstehen.
Wie andere Dinge auch entstehen politische Systeme nicht aus dem Nichts. Völkerrechtliche Verträge, Verfassungen und andere Übereinkünfte, die politische Systeme begründen, sind oft das Ergebnis langwieriger Beratungen, Machtkämpfe und Verhandlungen. Üblicherweise erfolgt hierbei eine Orientierung an zuvor bestehenden Regierungssystemen: Entweder übernimmt man bewusst ausgewählte frühere Elemente, oder man wählt aus bestimmten Gründen andere Modelle. Nicht ungewöhnlich ist eine Mischung aus alten, veränderten, von ausländischen Systemen übernommenen und neu entwickelten Regelungen.
Das politische System Deutschlands für Dummies ist kein Geschichtsbuch. Daher beschäftigt sich dieses Kapitel nicht mit Kriegen, kulturellen Entwicklungen, Wirtschafts-, Religions- oder Sozialgeschichte. Im Folgenden gehe ich besonders auf einige zentrale Themen ein, bei denen sich aus politikwissenschaftlicher Sicht Verbindungslinien bis zum heutigen politischen System ziehen lassen: die jeweiligen Regelungen von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Bund-Länder-Beziehungen in früheren deutschen Regierungsformen.
Noch heute spricht man in Deutschland von »Kleinstaaterei«, beispielsweise wenn es um eher nebensächlich erscheinende Streitigkeiten zwischen Bundesländern beziehungsweise zwischen Bund und Ländern geht oder um nicht einleuchtende Rechtsunterschiede zwischen den Ländern. Bis zur Gründung eines deutschen Nationalstaats in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es zahlreiche Staatswesen sehr unterschiedlicher Form und Größe in den Grenzen der heutigen Bundesrepublik Deutschland. Teilweise waren ihre Gebiete noch nicht einmal zusammenhängend, sodass insbesondere für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation öfters der Begriff »Flickenteppich« verwendet wurde.
Das »Alte Reich«
bestand im Wesentlichen aus Monarchien, Reichsstädten und kirchlichen Territorien;
hatte eine deutlich größere Fläche als die Bundesrepublik Deutschland und umfasste auch nicht deutsch(sprachig)e Gebiete;
beruhte mehr oder weniger auf dem »Reichsmythos«, das heißt der Annahme des Weiterbestehens des Römischen Reiches mit einer besonderen Sendung als Hort des Christentums unter der Herrschaft der »Deutschen«;
war kein Nationalstaat im heutigen Sinne, sondern ein vormodernes Gebilde, bei dem sich die Machtverhältnisse und Rechtsbeziehungen zwischen der Reichsebene (Kaiser) und den Teilgebieten im Laufe der Jahrhunderte wandelten;