Das schwarze Element - Band 5 - Nicole Böhm - E-Book
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Das schwarze Element - Band 5 E-Book

Nicole Böhm

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Beschreibung

Nach den erschütternden Ereignissen in Seattle liegt Kala schwer verletzt im Koma. Auch die anderen Seelenwächter müssen ihre Wunden lecken. Verstört und gebrochen sind sie nun im Tempel auf Sirona.Der Rat der Seelenwächter beschließt, Lionsgate und die Drahtzieher hinter dem Mindblower aufzusuchen. Die Chance für Matthew und Rose, sich endlich wiederzusehen. Doch das Treffen führt sie an einen Ort, den sie beide nicht erwartet hätten. Während Rose und Matthew sich mit ihren Herausforderungen auseinandersetzen, schmiedet Prue eigene Pläne – und geht einen Handel ein, der ein weiteres Leben kosten könnte.

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Inhaltsverzeichnis

****4

1. Kapitel5

2. Kapitel10

3. Kapitel17

4. Kapitel25

5. Kapitel35

6. Kapitel40

7. Kapitel48

8. Kapitel52

****57

10. Kapitel71

11. Kapitel79

12. Kapitel88

13. Kapitel92

14. Kapitel107

15. Kapitel116

16. Kapitel126

17. Kapitel132

18. Kapitel140

19. Kapitel151

20. Kapitel160

21. Kapitel166

22. Kapitel171

23. Kapitel178

****183

24. Kapitel184

Impressum192

Das schwarze Element

Eine Geschichte aus der Welt der Seelenwächter

Von Nicole Böhm

Das schwarze Element

Teil 5

Von Nicole Böhm

****

Einst war ich nichts, jetzt bin ich hier. Ich wandelte zwischen den Welten und suchte nach Leben.

Es empfängt mich. Es nährt mich. Es ruft nach mir.

Ich antworte.

Es ist ganz einfach.

Ich bin alles, was bleibt.

Es wird wunderschön.

1. Kapitel

Rose

»Mpf«, das war das erste Geräusch, was ich hörte, als ich aufwachte. Gefolgt von einem unverständlichen Murmeln und Geraschel einer Bettdecke.

Ich atmete durch, blinzelte die Müdigkeit aus den Augen und hatte Mühe, zu mir zu finden. Mein rechter Arm war eingeschlafen, mein Fuß schmerzte, und ich konnte nicht richtig atmen, weil etwas Schweres auf meinem Brustkorb lag. Ich versuchte, es von mir zu schieben, doch es wehrte sich gegen mich.

»Ch wlll schlafen, Rose.«

Ich stöhnte. Alles roch nach abgebranntem Feuer und Kohle und es war brütend heiß. Als läge ich neben einem Ofen, der auf Hochtouren brannte. Träge hob ich den Kopf und sah Daniels dunklen Haarschopf auf meinem Brustkorb ruhen. Er hatte mich offenbar als Kissen missbraucht.

»Daniel«, keuchte ich und versuchte mich ein weiteres Mal zu befreien. »Das ist unbequem!«

»Überhaupt nich.«

Ich ächzte, spannte mich an und rollte unter ihm weg, doch leider war da das Bett schon zu Ende und ich plumpste auf den Boden. »So eine Scheiße.«

Daniel brummte, zog die Decke und ein Kissen zu sich und kuschelte sich daran statt an mich.

Ich richtete mich auf, rotierte meinen steifen Nacken, den Arm und den schmerzenden Fuß. Nur langsam wachte mein Körper auf. Seelenwächter brauchten zwar nicht viel Schlaf, doch die wenigen Stunden, die wir ruhten, sollten erholsam sein. Und das waren die letzten beiden Nächte definitiv nicht gewesen.

Seit drei Tagen saßen wir im Ratstempel fest, mit fast fünfzig anderen Seelenwächtern. Jeder, der in Seattle an jenem Abend von der Stimme betroffen gewesen war, war hergebracht worden. Plus Teammitglieder.

Der Tempel war zwar nicht klein, aber auch nicht darauf ausgerichtet, so viele Personen zu beherbergen. Es wurde um die Duschen genauso gerangelt wie um die Küche. Die Teams mussten in einem Zimmer wohnen, nur leider hatten nicht alle genügend Schlafmöglichkeiten, sodass Alec gerade auf der viel zu kleinen Couch lag und ich mir mit Daniel das Bett teilte. Kala weilte noch an ihrem Kraftplatz, aber Akil hatte angekündigt, sie heute zurückzuholen. Hoffentlich hatte ihr Element sie heilen können.

Die Sorge um sie zerfraß uns alle. Daniel machte sich nach wie vor große Vorwürfe, weil er auf sie eingestochen hatte, und wir versuchten, ihn so gut es ging aufzufangen. Er brauchte uns mehr denn je. Das merkte ich nicht nur, wenn er sich nachts an mich klammerte, als hätte er Angst, mich zu verlieren, sondern in jeder seiner Gesten und jedem seiner Worte. Er redete viel über den Vorfall und die grausige Stimme, die ihm befohlen hatte, auf seine Freunde loszugehen. Mittlerweile wussten alle, dass Anna dieses Wesen in einer Vision gesehen hatte – und dass es aussah wie ich. Zudem hatte sich rumgesprochen, dass es Seelen fraß. Wie die von Tamira und Samuel.

Die Angst hing genauso in diesen Mauern fest wie der Verlust, und alle Blicke richteten sich seither auf mich. Auf die Frau, die das zu verantworten hatte.

Das dachten zumindest die meisten. Manche sprachen es offen aus, andere starrten mich nur an oder mieden komplett den Kontakt. War es vorher schon schlimm für mich gewesen, hatte es nun den Höhepunkt erreicht. Es machte mich fix und fertig. Wenn ich schon sah, dass eine Gruppe zusammenstand, mied ich es entweder, an ihnen vorbeizugehen und suchte einen anderen Weg, oder ich richtete den Blick zu Boden und schottete mich innerlich ab. Es kratzte an meinen Nerven und zermürbte mich, auch wenn ich wusste, dass ich nichts dafür konnte. Ich war die Aussätzige geworden, die nichts in dieser Gemeinschaft verloren hatte. Manche sprachen sogar offen aus, dass ich besser gehen und nie mehr zurückkehren sollte.

Ich wollte ihnen kein Gehör schenken, doch die Ablehnung sickerte mit jedem feindseligen Wort tiefer in meine Seele und verstärkte die Schuld, die ich sowieso schon spürte.

Dieses ganze Chaos hatte also mit meiner Wiedergeburt zu tun, denn es war sicher kein Zufall, dass diese andere Rose auf dem Altar gehockt hatte. Mit den gleichen Klamotten, die ich damals getragen hatte, und der Wunde über ihrem Herzen. Meine Narbe gab kaum noch Ruhe, ich spürte sie bei jedem Atemzug dumpf auf meiner Haut pochen.

Wenigstens hielten Alec und Daniel zu mir. Genau wie Akil, Will, Anna. Selbst Kjell und Ikarius blieben mir gegenüber neutral.

Ich half dem Rat, so gut ich konnte. Hatte wieder und wieder von meiner Geburt als Seelenwächterin erzählt und wie ich sie erlebt hatte. Ikarius war sogar in meinen Geist eingedrungen und hatte sich die Erinnerung mit mir angesehen, für den Fall, dass ich etwas vergessen hatte. Das Einzige, das Anna und ich beide wahrgenommen hatten, war ein Tropfen gewesen. Wie von Wasser, das kontinuierlich auf Stein fiel. Leider wusste noch niemand, was das zu bedeuten hatte.

Daniel nannte diese andere Rose scherzhaft Misses Hyde oder Evil Rose. Mir gefiel beides nicht. Natürlich hatte er auch Theorien entwickelt, warum sie da war. Er meinte, dass diese Evil Rose aus einem anderen Multiversum käme und ein seelenwächterfressendes Monster wäre, das wir bekämpfen müssten. Erstaunlicherweise hatte der Rat seine Worte nicht sofort weggewischt, sondern uns erklärt, dass es durchaus andere Dimensionen gab, die man betreten könnte. Sie hatten sogar schon gegen einige Gefahren dort kämpfen müssen.

Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr brummte mir der Schädel, bis ich das Gefühl hatte, mich komplett im Kreis zu drehen. Außerdem hingen meine Gedanken viel bei Matthew. Alec und Daniel hatte ich bereits eingeweiht, und sobald Kala zu sich kam, würde ich es auch ihr erzählen.

Drei Tage war es nun her, dass wir uns getroffen hatten. Mich zerfraß es innerlich, wenn ich daran dachte, wie er daheim hockte und auf mich wartete. Ich hatte ihm versprochen, zurückzukommen, nun ließ ich ihn doch wieder hängen. Der Rat hatte aber versichert, dass sie sich darum kümmern würden. Sie mussten nur erst alles sortieren.

Ein Gähnen riss mich aus meinen Überlegungen. Alec streckte sich. Irgendwo knackte ein Wirbel in seinem Rücken und er stöhnte halb schmerzverzerrt, halb genüsslich.

»Du solltest heute im Bett schlafen«, sagte ich. »Die Couch ist eine Zumutung.«

Er richtete sich auf, fuhr sich durch die langen schwarzen Haare, die ihm wirr vom Kopf standen, und blickte mich an. »Dann habt ihr aber keinen Schlafplatz mehr.«

»Ich kann auch mal ‘ne Nacht auf den Boden.« Wäre vermutlich bequemer, als Daniels Kopfkissen zu spielen.

»Das mach natürlich ich«, sagte dieser hinter mir. »Mal abgesehen davon, dass wir uns sowieso ein anderes Schlaflager einrichten müssen, wenn Kala zurückkommt.«

Falls sie zurückkommt.

Wir mussten unsere Sorge nicht mehr aussprechen. Sie begleitete uns tagtäglich in unseren Gedanken.

»Ich hoffe ja, dass wir nicht ewig hier festsitzen«, sagte Alec.

Ich seufzte, weil das ebenfalls noch im Raum stand. Unser Haus in Seattle war zurzeit unbewohnbar. Will hatte Zac bereits dorthin geschickt, er war für unsere Anwesen zuständig. Er hatte zwar bestätigt, dass dort keine bösen Energien mehr wirkten, aber gemutmaßt, dass der Wiederaufbau ein oder zwei Monate dauern könnte. Viele waren auf die Anwesen von Will und Kjell verteilt worden, doch auch da war es zu eng für alle.

»Ich hab uns ganz schön in die Scheiße geritten«, sagte ich. »Meine verdammte Ungeduld hat uns einfach in …« Auf einmal traf mich etwas Hartes am Hinterkopf. »Hey!«

»Die Nackenschelle kriegst du jetzt jedes Mal, wenn du dir die Schuld gibst«, sagte Daniel und wackelte mit seinen Fingern. »Du kannst nämlich nichts dafür.«

»Ich …«

Er hob drohend die Hand und presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Ich stieß die Luft aus und hätte ihm so gern geglaubt, aber im Moment erschien es mir unmöglich, aus diesem Kreis der Reue und des permanenten Was wäre, wenn auszutreten.

»Ich wäre übrigens bereit für Frühstück«, sagte Daniel. »Wie spät ist es denn? Müssen wir uns in die Schlacht um die Küche stürzen, oder ist die Rush Hour durch?«

Ich sah zum einzigen Fenster hinaus. Wir hatten Blick aufs Meer, doch der Ozean verschwand unter einem trüben Nebelschleier. »Schwer zu sagen.«

»Dann schauen wir einfach nach und …«

Es klopfte an der Tür. Alec murmelte ein Herein.

Akil öffnete und blickte sich im Zimmer um. Er runzelte die Stirn, weil ich noch auf dem Boden hockte und Daniel gemütlich das Bett für sich hatte. »Ausgeschlafen?«

»Nicht wirklich«, erwiderte ich. »Aber geht schon.«

»Dann zieht euch an und kommt mit. Ich hab Kala aus ihrem Kraftplatz geholt.«

Sofort waren alle hellwach. Daniel sprang als Erster aus dem Bett und eilte auf Akil zu. »Wie geht es ihr? Was hat sie gesagt?«

Er hob die Hand. »Sie sammelt noch ihre Kräfte, aber sie hat gleich nach euch gefragt und will euch sehen.«

»Also wird sie wieder gesund?« Daniels Stimme überschlug sich beinahe.

Akil schenkte ihm ein sanftes Lächeln. »Es sieht ganz danach aus.«

Daniel war nicht mehr zu halten und warf sich Akil in die Arme. Der taumelte etwas perplex ein paar Schritte zurück, erwiderte die Geste dann aber.

Ich schloss die Augen und nahm diese Nachricht auf, die seit Tagen der erste Lichtblick war. Wärme flutete mein Herz, genau wie Erleichterung und Dankbarkeit. Vielleicht war doch nicht alles so finster, wie es gerade den Anschein hatte.

2. Kapitel

Matthew

Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Der Schweiß rann mir den Rücken und die Schläfen hinunter, ich atmete schwer. Lange würde ich dieses Tempo nicht durchhalten. Meine Beine zitterten. Ich sah bereits wirre Punkte vor meinen Augen aufblitzen.

»Noch zehn Sekunden, Matthew«, rief Amy über den Lärm des Laufbands hinweg. Sie zählte für mich runter, und ich quetschte den letzten Rest Energie aus meinen Muskeln.

»Und Ende!« Sie drückte auf einen Knopf, und das Gerät ließ mich in einem gediegeneren Tempo zur Ruhe kommen.

Ich japste nach Luft und wartete, dass sich mein Puls beruhigte. Im Knast hatte ich mir zwar oft die Zeit mit Sport vertrieben, dabei aber eher gepumpt, statt mein Herz-Kreislauf-System zu trainieren.

»Das ist gar nicht mal übel.« Amy betrachtete meine Werte auf ihrem Rechner.

»Ist nicht übel die nette Version von: Du hast die Ausdauer eines Kettenrauchers, der jahrelang auf der Couch gegammelt hat?«

Sie lachte. »So schlimm ist es nicht. Dein Puls könnte sich zwar schneller beruhigen, aber im Großen und Ganzen bist du fit. Wenn du künftig etwas mehr Ausdauertraining einbaust, ist alles bestens.«

»Ich werde es versuchen.«

Sie stellte das Laufband ganz aus und reichte mir eine Flasche Wasser. Ich trank davon, während sie mir die Elektroden von der Brust nahm, die meine Werte erfasst hatten. Amy hatte auf diese Untersuchungen bestanden, weil nach wie vor im Raum stand, mich ein weiteres Mal in den Mindblower zu schicken. Sie wollte sichergehen, dass ich mich von der vorherigen Behandlung komplett erholt hatte. In diesen letzten drei Tagen hatte sie mir täglich Blut abgenommen, mich gründlich untersucht und gefühlt einmal von innen nach außen gedreht.

Immerhin war ich gesund. Bis auf die merkwürdigen Nebenwirkungen, die sich nach wie vor zeigten, wenn ich meinen Bruder anschaute. Der Schleier um seine Augen tauchte sporadisch auf, und bisher hatte keiner eine Erklärung dafür, warum ich ihn sah.

Amy vermutete, dass es eine Form von Synästhesie sein könnte. Ich hatte mich mittlerweile ein wenig belesen und festgestellt, dass es viele verschiedene Arten davon gab. Manche Leute konnten Farben schmecken oder Töne sehen, andere nahmen Gefühle als Formen wahr.

»Also von meiner Seite aus spricht nichts dagegen, dass du noch mal in den Mindblower gehst.«

Ich tupfte mir den Schweiß mit einem Handtuch ab, zog mir aber das Shirt nicht an, weil mir zu warm war. »Du klingst nach wie vor nicht begeistert.«

»Bin ich nicht. Deine Nebenwirkungen könnten explodieren, wenn du es noch mal machst.«

Und genau das war auch meine Angst. Bisher war es auszuhalten, diesen Schleier nur um Vincent zu sehen. Ich hatte keine Lust, dass es sich auf mein Umfeld ausdehnte. Zumal wir gar nicht sicher wussten, ob es einen Grund für mich gab, den Mindblower ein zweites Mal zu durchlaufen. Wir hatten einen Test gemacht, ob ich von einem Seelenwächter beeinflusst worden war, und der war positiv gewesen. Das war zwar noch kein Beweis, denn die Geräte hatten eine hohe Fehlerquote, doch es hing im Raum.

»Überleg es dir in Ruhe, Matthew. Du musst diese Entscheidung nicht übers Knie brechen, und je länger du wartest, desto besser wird dein Körper die Behandlung vertragen.«

Ich nickte und trank einen weiteren Schluck Wasser. Selbst wenn ich mich dagegen entschied, blieb noch die Sache mit meinem Bruder offen.

Vincent wollte ebenfalls in den Mindblower, weil er zum einen Angst hatte, schon mal von einem Seelenwächter manipuliert worden zu sein, zum anderen wollte er immun werden, falls es in Zukunft geschehen sollte. Seit Tagen redete er von nichts anderem mehr. Amy machte auch an ihm viele Tests, besprach sich mit Kollegen und wägte die Risiken ab. Einige waren sehr dafür, weil sie sich dadurch neue Ergebnisse erhofften – schließlich war noch niemand, der das Serum zur Heilung erhielt, im Mindblower gewesen –, andere blieben skeptisch.

Ich hasste alles an dieser Vorstellung. Wenn es schlecht lief, konnte Vincent sogar erneut erblinden, aber nicht mal das hielt ihn von seinem Vorhaben ab.

Diese Risikobereitschaft war kein neues Verhalten. Als Kind war er stets auf den höchsten Baum geklettert oder hatte mit seinem Rad waghalsige Stunts versucht. Am heftigsten war es eskaliert, als wir mit unseren Eltern unterwegs gewesen und von Jugendlichen angegriffen worden waren. Vincent hatte sich auf die Gruppe gestürzt, als wäre er ein verdammter Superheld, und als Quittung für seinen Irrsinn war er blind geworden, weil einer der Jungs ihm das selbstgebaute Pfefferspray in die Augen gesprüht hatte.

»Danke, Amy.«

»Dafür bin ich da.« Sie lächelte mich zaghaft an. In diesen letzten Tagen war sie mir gegenüber zugänglicher geworden. Oder es lag an mir, weil ich mich mehr öffnete. Seit wir alle über die Seelenwächter Bescheid wussten, waren wir enger zusammengerückt. Wir teilten nun dieses Geheimnis und mussten schauen, wie wir damit umgingen.

Je nachdem, ob Rose sich je melden würde.

Es war erst drei Tage her, seit wir uns gesehen hatten, doch jeder Moment, der ohne Zeichen von ihr verstrich, machte mich nervöser. Rose hatte mich schon mal sitzen lassen. Wer sagte, dass sie nicht erneut wegrannte und im Nichts verschwand?

Der Gedanke schmerzte mich zutiefst. Ich wünschte, ich könnte etwas tun, um ihn zu vertreiben. Aber die Einzige, die mit den Seelenwächtern Kontakt aufnehmen konnte, war Claire. Und die regte sich kein bisschen.

»Ich wollte mich gleich mit Vincent treffen, um ihn zu untersuchen«, sagte Amy. »Willst du mitkommen?«

»Gern, muss mich aber erst frisch machen.«

»Nebenan ist eine Dusche. Ich hol ihn am Empfang ab und bring ihn hoch.«

»Dann bis gleich.«

Sie nickte, suchte ihre Papiere zusammen und verschwand aus dem Zimmer.

Ich hockte mich auf die Liege an der Wand, lehnte meinen Kopf an und trank mein Wasser leer. Sobald sich meine Beine nicht mehr wie Pudding anfühlten, würde ich das Angebot annehmen. Vielleicht war Bishop heute auch in der Firma und wir konnten gemeinsam zu Mittag essen. Ich kramte das Handy aus der Tasche und wollte ihm gerade schreiben, als die Tür erneut aufging.

»Hast du was verg…« Ich hielt inne. »Vincent?«

»Hey, ich hab einen Termin mit Amy.«

»Sie ist gerade weg, um dich am Empfang abzuholen. Habt ihr euch nicht gesehen?«

»Bin die Treppen gelaufen. Sie hat doch gesagt, dass wir uns hier treffen.« Er kratzte sich am Kopf und schüttelte ihn. Es passierte ihm nicht zum ersten Mal, dass er Dinge durcheinanderbrachte. Seit er von den Seelenwächtern und dem Mindblower wusste, wirkte er verwirrt. »Ich schreib ihr gleich.« Er zückte sein Handy und tippte eine Nachricht. »Wie waren denn die Tests?«

»Gut. Amy meinte, ich wäre fit genug für den Mindblower.«

»Und wann geht es los?«

»Keine Ahnung, Vinc. Ich weiß nicht mal, ob ich das erneut mitmachen will. Sie meinte, dass meine Nebenwirkungen explodieren könnten, und im Moment sind sie gut auszuhalten.« Ich musterte meinen Bruder. Gerade war der trübe Schleier nicht sichtbar, doch das konnte sich binnen Sekunden ändern.

Vincent rieb sich über die Stirn und blinzelte, als würde er nicht scharf sehen.

»Ist denn bei dir alles in Ordnung?«, fragte ich.

»Ach, nun ja. Meine Augen brennen nur ziemlich. Fühlt sich an, als hätte ich Sandkörner drin. Deshalb wollte Amy mich noch mal gründlich durchchecken.«

Ich hüpfte von der Liege und musterte ihn genauer. Vincents Augen hatten früher die gleiche Farbe wie meine gehabt. Dunkelbraun mit ein paar goldenen Sprenkeln darin. Jetzt waren sie fast schwarz. Außerdem wirkten sie trüber als sonst, und feine rote Äderchen durchzogen das Weiß.

»Hör auf, mich so anzustarren, das ist gruselig.«

»Sorry. Ich mach mir nur Sorgen.«

»Auch damit könntest du aufhören, weißt du?«

»Ja. Nein. Ich weiß, dass es nervt.«

Vincent lehnte sich an den Schreibtisch, an dem Amy eben gesessen hatte, und verschränkte die Arme vor der Brust. Er wirkte traurig. Oder energielos. Irgendwas schien ihm auf der Seele zu brennen.

»Was ist wirklich los?«, fragte ich also.

»Nichts, ich … weiß nicht. Seit Rose hier war, fühl ich mich komisch.«

»Kannst du das näher beschreiben?«

Er schüttelte den Kopf. »Es ist so eine Unruhe in mir und ein Drücken hinter meinen Augen. Wird schlimmer, wenn ich allein bin.«

»Ist das normal?«

Er zuckte die Achseln. »Was ist schon normal mit diesem Serum? Das Zeug hat mir mein Augenlicht geschenkt, wo alle Ärzte meinten, es wäre nicht möglich. Vermutlich ist das der Preis für das Wunder.«

»Ein Grund mehr, warum du den Mindblower nicht testen solltest.« Ich musste ihm das ausreden. Auf keinen Fall würde ich zulassen, dass mein Bruder seine fragile Gesundheit weiter aufs Spiel setzte.

Er schnaubte. »Darüber machst du dir echt Sorgen, was?«

»Ja.«

»Im Moment bin ich eher …« Auf einmal keuchte er und presste sich die Hände auf die Augen. Ich war sofort bei ihm und packte ihn an den Schultern.

»Vinc! Was ist?«

Statt zu antworten, schüttelte er den Kopf und beugte sich vornüber. Er schrie, presste die Handballen so fest auf seine Augen, dass die Sehnen an seinen Armen hervortraten.

»Vinc!«

»Ich … fuck … Es brennt!«

Ich fluchte, wandte mich von ihm ab und griff mein Handy. Es dauerte nur zwei Sekunden, bis ich Amy dran hatte.

»Bin schon auf dem Weg zurück, der Aufzug kommt nicht.«

»Dann nimm die Treppen! Irgendwas stimmt mit Vincent nicht.«

»Was?«

»Er hat Schmerzen in den Augen und …« Neben mir gab es einen dumpfen Knall. Vincent war auf die Knie gesunken und stöhnte.

»Scheiße!« Ich legte auf, hockte mich vor ihn und verharrte, unsicher, was ich tun sollte. »Wie kann ich helfen?«

»N-nicht …«

»Ist dir was ins Auge gekommen? Müssen wir es auswaschen?«

Vincent schüttelte den Kopf. Ich hätte am liebsten die Hände von seinem Gesicht gezogen, um nachzusehen, doch ich traute mich kaum, ihn anzufassen.

Zwischen seinen Fingern trat auf einmal der schwarze Schleier heraus. Er waberte über seine Hände, seine Arme hoch und leckte auch nach mir. Ich streckte meine Finger danach aus und ließ ihn kommen. Er fühlte sich eiskalt an und verursachte mir eine Gänsehaut.

Was zum Teufel war dieses Zeug? Warum konnte nur ich es sehen und … Mein Herz krampfte, als es sich weiter um meinen Arm schloss.

Ich bemerkte eine Bewegung am Rande meines Sichtfelds und fuhr herum. »Fuck!«, rief ich, denn dort stand Rose. Aber nicht so, wie ich sie vor Kurzem erst getroffen hatte, sondern wieder in der Kleidung, die sie im Trailerpark getragen hatte, als sie davongelaufen war. Ich blinzelte ein paarmal, um sicherzugehen, dass ich nicht halluzinierte, doch sie blieb.

»Du …«

»Matthew«, flüsterte sie. Vincent stöhnte wieder und sank in sich zusammen.

»Du musst mich beschützen, bis ich stark genug bin, alles zu vernichten.«

»Was?!« Mein Herz begann zu rasen. Das hier fühlte sich falsch an. Das war nicht Rose. Nicht so, wie ich sie vor Kurzem erst getroffen hatte. Das hier war dunkler, bedrohlicher.

Sie trat näher, auf einmal änderten sich ihre Züge zu denen eines Mannes. Er war deutlich größer als Rose, seine grauen Haare waren zu einem Zopf zusammengebunden und er trug eine Augenklappe. Auch die Kleidung setzte sich neu zusammen. Die Jeans und das Shirt verschwammen zu einer Hose aus fein gegerbtem Leder und einem edlen Hemd. Der Mann sah mich an. Ich hatte keine Ahnung, wer das war, aber er wirkte erhaben und unglaublich weise.

»Seelenwächter«, hauchte er und streckte mir die Hand entgegen.

In dem Moment ging die Tür auf und Amy stürzte herein. Sie eilte auf uns zu, direkt durch die merkwürdige Gestalt, die aufflackerte und sich in feinen Nebel auflöste.

»Vincent!«, rief Amy und kniete sich neben ihn. »Ich brauch Platz, Matthew.«

Sie schob mich zur Seite. Ich blickte abwechselnd zu ihr, dann auf die Stelle, wo eben der Mann gestanden hatte. Doch er blieb verschwunden.

»Was ist passiert?«, hörte ich Amy fragen. Ich drehte mich wieder zu den beiden. Sie versuchte, seine Hände von den Augen zu ziehen. »Ich muss mir das ansehen.«

»Z-zu hell!«

Ich reagierte sofort und schaltete das Licht aus. Nun brannten nur noch kleine LEDs in der Fußbodenleiste.

»Gib mir mein Notfallset aus dem Schrank da vorn«, befahl sie und deutete auf eine Schublade.

Ich nickte und riss sie auf. Amy redete weiter auf Vincent ein, während ich ihr das Set reichte. Sie öffnete die kleine Tasche, griff hinein und suchte eine Phiole heraus.

»Ich träufle dir ein Schmerzmittel ein, nicht erschrecken, ja?«

Vincent brummte als Zustimmung und ließ sich von Amy versorgen. Ich blieb hilflos neben den beiden stehen und beobachtete, wie sie meinem Bruder langsam die Schmerzen nahm. Dabei kehrte der schwarze Schleier zurück, wanderte um seinen Kopf, seinen Nacken, seine Schultern und löste sich schließlich auf.

Wie die Wellen am Strand strömte er hin und her. War mal da und dann wieder weg.

Ich biss hart die Zähne aufeinander und konnte nichts weiter tun, als danebenzustehen und abzuwarten. Ein hässliches Ziehen breitete sich in meinem Magen aus. Irgendetwas entglitt mir gerade — und ich hatte keine Ahnung, was ich dagegen tun konnte.

3. Kapitel

Anna gähnte herzhaft und rieb sich über ihren schmerzenden Nacken. Ihre Beine waren taub, weil sie seit Stunden im Schneidersitz vor diesen Büchern saß und eins nach dem anderen durchblätterte. Sie war müde, ihre Augen brannten, sie hatte Hunger und jegliches Zeitgefühl verloren. In der Bibliothek des Ratstempels gab es keine Fenster, nur die Helligkeit der Fackeln, die überall hingen. Anna könnte schon Tage festsitzen oder erst wenige Stunden.

»Alles gut?« Will strich mit seinen warmen Fingern über ihren Nacken und massierte sanft die Verspannung weg. Sein Feuer sickerte in sie und erfüllte sie mit all der vertrauten Liebe, die sie teilten.

Mit einem genüsslichen Stöhnen ließ sie sich gegen ihn sinken und gab sich seinen Berührungen hin. »Mach einfach so weiter, dann ist alles perfekt.«

Er lachte leise, küsste sie auf die Haare und glitt mit den Händen nach vorn über ihr Schlüsselbein, ihre Kehle und schenkte ihr diesen wertvollen Moment der Ruhe.

»Was hast du denn gefunden?« Will deutete auf die Bücher, die vor Anna ausgebreitet auf dem Boden lagen, küsste sie auf die Ohrmuschel und ließ sie schließlich los.

»Es dreht sich im Kreis. Ich hab nun zig Regelwerke über unsere Welt gelesen, wie die Elemente funktionieren, wie Damia damals ihre Seele aufspaltete, um uns zu erschaffen, und wie das Universum entstand. Gibt übrigens sehr wilde Theorien darüber. Mein Favorit ist die mit dem Riesen, der aus seinem Achselschweiß Mann und Frau erschuf.«

»Aha.«

»Er könnte allerdings auch von einer Urkuh genährt worden sein, die aus einem salzigen Stein Buri, den Stammvater der Götter, freigeleckt hat.«

Will runzelte die Stirn.

»Mein Kopf explodiert, wenn ich noch irgendwas dazu lesen muss.« Sie griff ein kleineres Buch, das sie erst vor ein paar Minuten aus einem der Regale gezogen hatte. »Das zeigt übrigens wieder in eine neue Richtung. Hier geht es um Tropfsteinhöhlen.«

»Was?«

»Weil ich dieses Tropfen gehört habe und auch Rose bei ihrer Wiedergeburt, wollte ich dazu recherchieren. Das hat mich dann hierzu geführt. Wie Wasser mit der Zeit Stein formt und dadurch etwas Neues entsteht.«

»Ein Tropfen nach dem anderen.«

»Ja, genau.«

»Mh.« Er nahm das Buch und blätterte es auf. »Vielleicht soll es darauf hinweisen, dass diese Macht langsam entstand? Dass sie aus einem Tropfen nach dem anderen geformt wurde und erst zu dem wurde, was sie heute ist?«

»Aber wie?«

»Ich weiß es nicht.«

Anna seufzte frustriert und rieb sich über die Stirn. »Wie bist du denn vorangekommen?«

Will zückte sein Buch, in das er seit Tagen schrieb. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Jaydees wirre Notizen zu entschlüsseln, die er in jener Nacht aufgeschrieben hatte, als er in die Vision gefallen war.

»Ich hab viele Varianten probiert und bin bei der hier hängen geblieben: Das Leben sickert in mich mit der Beständigkeit der Jahrtausende. Es quält mich, reizt mich, hält mir vor, was ich sein könnte, wenn mich meine Fesseln nicht begrenzen würden. So viel. Ich kann alles sein, ich kann alles bringen. Ich kann Leben geben und Leben zerstören. Ich bin die Macht des Nichts. Ich bin das, was übrig bleibt, wenn alle weggegangen sind.«

»Klingt noch immer sehr mystisch«, sagte Anna. »Ich hab das Gefühl, dass wir keinen Schritt vorankommen.«

»Nicht wirklich.« Will seufzte und klappte sein Notizbuch zu.

Irgendetwas übersahen sie. Doch leider war Anna zu müde, darüber nachzudenken. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen. Sie hatte sich, so gut es ging, um die jungen Seelenwächter gekümmert, die hier mit ihnen festsaßen, und dafür gesorgt, dass alle hatten, was sie brauchten. Wenn sie damit fertig war, begab sie sich mit Will in die Bibliothek, um bei den Recherchen zu helfen. Auch Akil gab, was er konnte. Nachdem er Jaydee überzeugt hatte, dass er in den Ratstempel kommen sollte, war er zurückgekehrt und hatte mit angepackt.

Kjell organisierte in der Zeit auf seinem Anwesen alles Weitere und richtete alternative Unterkünfte für die Seelenwächter ein, damit sie von der Insel wegkämen. Und Ikarius tüftelte über der Sache mit Lionsgate und dem Organhandel. Er hatte viel mit Prue und Daniel darüber geredet und alle Informationen besorgt, die er benötigte.

Prue war nach wie vor außer sich, weil sie nun nicht mehr zu ihrer Tochter konnte, um sie mit dem Serum zu versorgen, aber darum würden sie sich noch kümmern. Genau wie um das Treffen mit Matthew.

Sie streckte ihren Rücken durch und richtete sich auf. »Wann wollen denn Jess und Jaydee kommen?«

»Demnächst, wir sollten langsam los.«

»Wie geht es ihm?«

»Nicht gut. Jess meinte, dass er sehr unruhig ist. Aber das ist wohl verständlich.«

»Wie wollen wir vorgehen? Ihn durch einen Hintereingang schleusen? Die anderen sind nicht dumm, sie werden merken, dass er hier ist. Je mehr wir ein Geheimnis draus machen, desto mystischer wird das Ganze.«

»Sehe ich genauso. Es gibt nur einen richtigen Weg. Mitten durch. Wir rufen alle zusammen und sagen ihnen, dass er eintreffen wird.«

Anna war gespannt, wie die Gemeinschaft auf ihn reagieren würde. Jaydee war eine urbane Legende in ihrer Welt. Jeder wusste um den Mann, der einst die Elemente vereint und das Chaos über die Menschheit gebracht hatte. Da Jaydee sich nie zeigte, war sein Mythos nur noch gewachsen. Dabei wollte er diese Aufmerksamkeit gar nicht. Er hatte immer nur sein Leben leben wollen, Frieden finden, still sein.

Auf einmal streifte eine Windböe über Annas Haut, obwohl hier kein Fenster offen war. Sie wehte durch ihre Haare, über die Bücher und blätterte sogar eins davon auf. Anna legte den Kopf schräg und beobachtete ihr Element dabei, wie es ihr anscheinend etwas zeigen wollte.

Will nahm das Buch in die Hände. »Es handelt von unserer Entstehung.«

»Damia.« Anna und Will hatten das Volk der Dowanhowee, aus dem Damia einst stammte, sehr gut gekannt. Sie hatten sogar Zeit mit ihnen verbracht, und Will hatte die Geburt der Seelenwächter live miterlebt.

»Damia gab ihre Seele für die vier Elemente«, las Will vor. »Ihre unerschütterliche Liebe für die Menschen war die Grundlage für die heutige Magie. Alles basiert auf ihrem Opfer. Auf ihrer Reinheit.«

Anna seufzte leise, weil sie diese Sätze schon zigmal gelesen hatte, aber ahnungslos war, wie sie diese in Zusammenhang mit dem bringen sollte, was gerade passierte.

»In der Nacht in Seattle war mein Element schwarz statt rot«, sagte Will.

»Und in der Vision, in der ich mit Jess und Jaydee war, hatten sie ebenfalls andere Farben.« Anna und Jess waren in den Tempel der Wiedergeburt gezogen worden, wo alle Elemente zusammenkamen. Dort hatten sie auch dieses Wesen gesehen, das wie Rose aussah. »Und das Wesen redete immer davon, dass wir die Sünder seien und die Elemente nicht verdient hätten.«

»Also ist etwas passiert, das diese Reinheit beschmutzt hat«, sagte Will. »Tropfen für Tropfen, möglicherweise.«

»Du meinst, es ist gar nicht erst mit Rose’ Ritual entstanden?«

»Ich weiß nicht. Ich spinne mir nur Theorien zusammen. Aber dieses Tropfen ist ein Muster, das wir nicht ignorieren dürfen.«

»Okay, gehen wir mal davon aus, dass es innerhalb von Jahren oder Jahrtausenden entstanden ist wie bei einer Tropfsteinhöhle. Es ist offensichtlich erwacht. Aber was will es?«

»Die Elemente rächen, weil wir sie nicht verdient haben? Wir sind anscheinend die Sünder in ihren Augen.«

Anna nickte und dachte darüber nach. »Dann wissen wir aber noch immer nicht, wie wir es aufhalten.«

»Das stimmt.«

Sie schüttelte den Kopf. Die Gedanken tanzten wild umher. »Ich weiß nicht, ob wir hier weiterkommen. Ich gehe mit Zac in den Tempel der Wiedergeburt und schau mich vor Ort um.«

»Tu das. Ich kümmer mich um die weltlichen Dinge und besuche die Leute, die Tamira, Prue und Kala mit dem Serum versorgt haben.«

»Von Jon wissen wir immer noch nichts, oder?«

»Nein, aber Ikarius lässt sein Zimmer auf den Kopf stellen, in der Hoffnung, irgendeinen Hinweis zu finden, für wen er es gebraucht hat. Er hat auch schon seine Freunde auf dem Anwesen ausgefragt, doch niemand konnte was dazu sagen. Jon hat ein großes Geheimnis daraus gemacht.«

Anna bekam Gänsehaut, denn große Geheimnisse bargen sehr oft auch große Gefahren. Von denen hatten sie wirklich mehr als genug zurzeit. Sie seufzte, verwob ihre mit Wills Fingern und erhob sich von dem harten Steinboden. Sie gingen Richtung Ausgang der Bibliothek, wo sie erst mal Jess und Jaydee begrüßen würden. Immer eins nach dem anderen. Das war ihr Motto, sonst würde sie durchdrehen.