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Thomas Scherz, 1937 in Leipzig geboren, lebt im Süden Deutschlands. Die Handlungsorte des Buches sind München und Mallorca. Sie werden beim Lesen des Buches Raum und Zeit vergessen und mit der Heldin in ein neues Leben eintauchen. * Der Inhalt des Buches ist ein feines Geflecht aus Dichtung und Wahrheit. So oder so hat es sich oder könnte es sich, zumindest so ähnlich, zugetragen haben, denn ……… Roman-Autoren haben die - Lizenz zum Lügen -. poetis mentiri licet, sagte schon Plinius der Jüngere vor 2000 Jahren. * Copyright by Thomas Scherz München 11837 * Impressum: Thomas Scherz 80336 München (Germany) Email: [email protected] * Dieses Buch einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes ist ohne die Zustimmung von Thomas Scherz unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in elektronischen Systemen. * Der Gesamt-Liebesroman besteht aus zwei getrennt erscheinenden Teilen. Der Heldin des Buches habe ich den Namen Sabrina gegeben, Sabrina Boghère. In dem Buch wird Sabrina ihr ein-und-vierzigstes Lebensjahr beginnen. Für viele Frauen - Die - Hemmschwelle. Für sie beginnt hier das Leben. Mit Vierzig ist die Zeit des Show-business oft schon Vergangenheit. Vieles, was bis dahin wichtig war verliert um diese Zeit seine Zwanghaftigkeit. Frau weiß, was sie will. Sie werden eine Frau kennenlernen, die in der Mitte ihres Lebens den Mann ihres Lebens findet. Ohne Tabu schildert sie ihre Erfahrungen, Gedanken, Gefühle, Träume, Sehnsüchte, Wünsche und auch ihre Ängste. Da zum Leben, außer Arbeiten und Schlafen, Essen und Trinken, auch Liebe, Erotik und Sexualität gehören, werden sie durch und über die Beschreibungen von Sabrina Boghère neben der Schilderung der Realität auch die im Land der Phantasie verborgenen Höhen und Abgründe einer Frau kennenlernen. Diese sind, vieleicht in anderer Gestalt, auch in Ihnen verborgen. Sie fördern die Phantasie und die Kreativität. Ohne Liebe, Erotik und Sexualität, Phantasie und Kreativität herrscht Stillstand und dadurch sterben die Sehnsüchte, es sterben die Wünsche, es sterben die Lebensziele, die Ideale, der Sinn des Lebens. Wenn Sie meinen, Sie seien zu alt, über den Dingen stehend, jenseits aller Sehnsüchte, ja, ... dann lesen Sie das Buch nicht. Sabrina Boghère meidet diese Sackgasse und erlebt … wie die in ihr schlummernden Lebens-Geister wieder erwachen. Mallorca, 25.April 2013 Thomas Scherz l
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Veröffentlichungsjahr: 2013
Sie haben den ersten Teil des Tagebuchs der Sabrina B. noch nicht gelesen? Schade. Sie haben den Beginn und die Entwicklung einer nicht alltäglichen Liebesromanze versäumt.
Wir verlassen Sant Jordi auf der einzigen Zufahrtsstraße und biegen nach wenigen Minuten an der ersten Straße, haha, was heißt hier Straße, sie nennt sich jedenfalls so, rechts ab. Nach zwei, drei Kilometern suchen wir uns eine Parkmöglichkeit. Wolfgang dirigiert mich zu einer Stelle an der ein Weg oder genauer gesagt, ein besserer Trampelpfad beginnt.
„So meint er lachend. Sie sind gut gefahren, aber von hier aus müssen wir ungefähr einen Kilometer laufen. Sie nehmen Ihre Tasche und ich den Rest“.
„Was haben Sie denn daaa Alles mitgenommen“? frage ich staunend. „Das ist ja eine ganze Safariausrüstung. Haben Sie eine Trägerkolonne bestellt? Wollen Sie sich ein Muli einfangen? oder wollen Sie das etwa alles allein tragen“?
„Ach“, lacht er, „so viel ist das nicht. Sie werden sehen, wir brauchen es. Als er meine zweifelnden Blicke bemerkt, lacht er und sagt, „es sind nur zwei Kühltaschen mit Getränken und ein paar Kleinigkeiten zu essen“. Von wegen Kühltaschen, das sind zwei Kühlschränke. „Dann habe ich noch zwei Luftmatratzen, zwei große und zwei kleine Handtücher, einen Kassettenrecorder, einen Gaskocher, einen Topf für Kaffee, Geschirr und Besteck und was man sonst noch alles für einen Tag in der Wildnis braucht“.
„Aber Gewehre und Bärenfallen haben Sie nicht dabei? oder doch“? lästere ich lachend. Der spinnt. Ein Irrer. Ein Sicherheitsfanatiker. Typisch Steinbock. Am liebsten das alles noch doppelt und dreifach. Eine Flasche Wasser, vielleicht auch zwei, eine Packung Kekse, das hätte uns doch gereicht.
„Ich nehme noch den Schirm“, bestimme ich „die Luftmatratzen und den Beutel und keine Widerrede“!
….. Und sie durchquerten eine vor Hitze flimmernde, von der gnadenlosen Sonne ausgeglühte Wüste, erklommen den steilen Gipfel eines unwirtlicher Berges, durchwanderten ein ausgedörrtes Tal, in dem selbst die herumliegenden Tierskelette am Wegrand um Wasser bettelten. Sie torkelten erschöpft durch eine einsame Schlucht voller scharfkantiger Steine, die ihre Fußsohlen folterten. Sie quälten sich mühsam durch wucherndes, giftiges Dornengestrüpp, einen fast undurchdringlichen Urwald und erreichten nach zwanzig Minuten der Entbehrung in sengender Hitze, das gelobte Land ihrer Träume. El lobo zeigte mit theatralisch weitausholender Armbewegung stolz auf das Land, welches sich vor ihnen ausbreitete.
„Das Ziel ist erreicht, wo lassen wir uns nieder“? Die Jungfrau, die er entführt hatte, kroch, am Ende ihrer physischen Kraft, auf allen Vieren zu ihm und flehte mit erhoben Händen, mitleiderregend, nur ein Wort.
„… Wasser … „.
Als wir den Pinienwald verlassen, liegt vor uns eine wunderschöne Meeresbucht. Ja, er hat recht. Trotz des Wochenendes ist es hier fast einsam. Nur wenige Menschen liegen weitläufig verstreut in dem weißen Sand des sonnenüberfluteten Strandes. Das kristallklare Wasser kräuselt sich glitzernd vor dem leichten, warmen Wind, der über das Meer weht. Vor der Bucht ragen verstreut zwei größere und mehrere kleine Inseln wie dunkle Schatten aus dem Wasser. Leise rauscht der Wind in den landeinwärts gebogenen Kronen der Pinien. In ruhigem Rhythmus überfluten kleine Brandungswellen ein, zwei Meter des Strandes. Keine Wolke trübt den klaren, blauen Himmel.
„Das ist ja ein Postkartenidyll“, juble ich verhalten und lasse mein Gepäck in den Sand fallen um die Schuhe auszuziehen. „Mensch, ist der Sand heiß“, stöhne ich lachend und ziehe schnell den Fuß zurück. „Hier kann man sich ja nicht hinlegen“.
„Sehen Sie“, sagt er ein bisschen mitfühlend und ein bisschen ironisch zugleich, deshalb habe ich vorgesorgt. Wo möchten Sie sich häuslich einrichten? Dort hinten in den Dünen oder weiter am Wasser, am flachen Strand“? Ich sehe mich suchend um.
„Dort hinten scheint eine schöne Stelle zu sein“, dränge ich, weil ich endlich zur Ruhe kommen möchte und zeige nach links wo ein einsamer Felsen aus dem Sand ragt. „Dort, hinter der ersten großen Düne nach dem Felsen, da ist es etwas windgeschützt. Außerdem stört uns dort niemand, dort sind wir für uns allein“.
„Ja“, stimmt er mir, nach einem kurzen Blick, ohne Zögern zu. „Sehen wir uns doch aus der Nähe an, was Sie ausgesucht haben. Ziehen Sie aber Ihren Schuh wieder an“, lacht er, „es hüpft sich so schlecht auf einem Fuß im Sand“.
„Ekel“! Na warte, Rache ist süß.
Ja. Phantastisch. Die Stelle, die ich vorgeschlagen habe ist genau richtig. Es ist wie eine hufeisenförmige Sandburg mit einer Öffnung zum Meer. Auch Wolfgang scheint es hier zu gefallen, denn er steckt, ohne ein Wort zu verlieren, den Sonnenschirm in den Sand und bläst die Luftmatratzen mit einem Blasebalg auf. Ich lege die Handtücher auf die Matratzen, setze mich und krame die Dose Fanta aus meiner Tasche.
„Ich habe Durst wie ein Kamel, ich muss zuerst etwas trinken. Möchten Sie auch“? frage ich ihn nach Luft schnappend, weil die Kohlensäure in meiner Speiseröhre, auf und niederstoßend, ihre ganze Kraft entfaltet und halte ihm die Dose hin.
„Ja, warum nicht“ antwortet er lachend und stellt die Kühltasche unter den Schirm, „ein warmer Orangentee ist jetzt genau das Richtige“.
Er stellt die leere Dose zwischen unsere Luftmatratzen fest in den Sand.
„Unser Aschenbecher“, erklärt er lachend auf meinen fragenden Blick hin, „damit der Strand sauber bleibt. Ich will die armen, verkannten, vierbeinigen Schweine nicht beleidigen“, fährt er fort, „aber die meisten Menschen sind richtige Schweine. Sie lassen einfach ihren ganzen Abfall zurück, und das sind meist die, die sich dann über die verschmutzten Strände aufregen. Aber, was soll`s“, lacht er, „ich will mich heute nicht mit der Dummheit der Menschen beschäftigen sondern nur mit Schönem und Erfreulichem. Wie fühlen Sie sich“, wechselt er in seiner sprunghaften Art das Thema, „gefällt es Ihnen hier oder wären Sie jetzt lieber an dem großen Strand von Es Trenc“?
„Mir gefällt es hier sehr gut“, antworte ich zufrieden nickend, und sehe ihm fasziniert zu wie er sich langsam entblättert. „Es ist hier wirklich wunderbar und, was wichtig ist, es ist so schön ruhig“. Langsam beginnt es in meinem Bauch zu kribbeln. Mein Herz scheint schneller und lauter zu schlagen und ein leises Klingen und leichtes Brausen breitet sich in meinem Kopf aus. Er zieht das Hemd aus und hängt es über das Spanngestänge des Sonnenschirms. Schön braun ist er, ein ganz anderes Braun als meines. Gott sei Dank, ein Stein fällt mir vom Herzen. Er ist nicht so sehr behaart. Ein paar Haare auf der Brust und auf dem Bauch, gut, damit könnte ich mich anfreunden. Ich werde wohl nie verstehen wie manche Frauen Gefallen an Männer mit Affenfellen finden. Allein der Gedanke an so einen Yeti, einfach abartig. Na ja, - die Geschmäcker sind verschieden, sprach der Affe und biss in die Seife -. Er ist nicht so muskulös, wie ich dachte, sieht aber trotzdem topfit aus. Wie er sich wohl anfühlt? Am liebsten würde ich ihm über die Haut streichen. Ich ziehe das Top über den Kopf. Hoffentlich ist das Bikini-Oberteil nicht verrutscht. Nein, alles okay, nur die Nippel proben den Aufstand. Hoffentlich sieht er das nicht, sonst denkt er es ist seinetwegen. Jetzt möchte ich seine Gedanken lesen können. Ob ihm gefällt was er sieht? Er öffnet den Gürtel und streift sich die Jeans ab, und ich -, ich sehe nur seine Badehose. Schwarz, die gleiche Farbe wie mein Bikini. Ein ziemlich knackiger Hintern und kräftige Oberschenkel. Gar nicht so unflott. Wenn ich mir vorstelle wie sein …, mein Gott, Sabrina, wohin treiben Deine Gedanken? Mein Tyrann zwischen den Beinen scheint durch meine Augen zu sehen und reagiert. Irgendwo in meinem Bauch beginnt es ganz leicht zu zucken, zu vibrieren. Schmetterlinge? ja, auch, aber mehr wie ein fernes Seebeben auf dem Meeresgrund, wie ein Tsunami. Ich fühle wie Charly zu schwimmen beginnt. Verflixt. Das Ungeheuer von Loch Nass verzieht lüstern die Lippen. Nichts gibt`s. Dir fehlt eine Abkühlung, na warte. Ich ziehe schnell meine Jeans aus und laufe durch den heißen Sand zum Wasser.
„Kommen Sie“, rufe ich lachend über die Schulter, oder haben Sie Angst vor Wasser“?
Wasser. Endlich! Ich habe das Gefühl als würden meine Fußsohlen zischen. Hoffentlich gibt es hier keine Seeigel oder Feuerquallen. Ich wate weiter in das tiefer werdende Meer, bis das Wasser das tyrannische Ungeheuer überschwemmt und ertränkt. Ich drehe mich um. Keine Spur von Wolfgang.
Liegt der faule Kerl etwa auf der Luftmatratze und sonnt sich? Ein kühle Wasserflut trifft meinen, neiiiiiiiin! aufgeheizten, jungfräulichen Rücken. Ist der Kerl fies! Er hat mich tauchend überholt um dann wie Neptun aus dem Wasser aufzutauchen.
„Sie sind ein gaaanz gemeines Seeungeheuer. Mich soooo zu erschrecken“, beklage ich mich und bespritze ihn ebenfalls mit Wasser, während mein Adrenalin-Spiegel sich langsam beruhigt.
„Ich dachte Sie hätten keine Angst vor Wasser“, grinst er etwas schuldbewusst lachend. „Als Sühne werde ich Ihren Rücken gaaaanz sanft trocken reiben“.
„Das ist keine Sühne, Sie Wüstling“, keife ich ihn lachend an, schöpfe mit beiden Händen Wasser und werfe es ihm in sein grinsendes Gesicht, „das wäre ja eine Belohnung für Sie. Ich verstoße Sie. Ich verlasse Sie. Ich ...., ich gehe jetzt an den Strand und sonne mich und sie müssen mir zuschauen“.
Ich trockne mich schnell ab, creme mich ein, setze mich mit angezogenen Beinen auf die Luftmatratze unter den Sonnenschirm, zünde mir eine Zigarette an und blinzle Wolfgang entgegen, der lachend auf mich zukommt. Während er sich das Salzwasser abtrocknet fragt er etwas atemlos:
„Möchten Sie etwas Kühles trinken? Mein Angebot reicht von Wasser über Limonade, Rotwein. bis Champagner. Oder möchten Sie einen Kaffee oder einen Cappuccino? Wenn Sie etwas essen wollen ...? Wir haben Tapas und Emsaimadas. Als Nachtisch können Sie zwischen Schoko- und Vanille-Eis wäh ......“
„Langsam, langsaaam“, falle ich ihm lachend ins Wort. Am Anfang hätte ich gern ein Wasser. Wenn Sie dann einen Cappuccino herzaubern können, dann, .... dann ...., „ verflixt, was dann, „dann werde ich .. Ihnen den Rücken eincremen“.
„Akzeptiert. Einen Moment, Wasser kommt gleich, mit oder ohne gas“?
„Diesmal ohne bitte“.
Er öffnet einen seiner … Kühlschränke … und nimmt eine große Flasche Wasser heraus. Der anderen Kühltasche entnimmt er zwei Gläser, schenkt ein und hält mir eines davon hin. Das Wasser ist eiskalt und kühlt wunderbar meinen aufgeheizten Körper. Ohne die Kohlensäure kann man es gut trinken.
„Geben Sie mir noch ein Glas voll“, bitte ich Ihn. Trinken Sie denn nichts“?
„Doch“, erwidert er, „aber vorher muss ich den Kaffee aufsetzen“. Er stellt einen Gaskocher in den Sand und füllt einen kleinen Topf mit Wasser. Ich betrachte ihn während er seine Haare trocknet und frisiert.
„Ich kann die Haare nicht so einfach trocknen lassen“, erklärt er mir auf meinen fragenden Blick, „sonst sehe ich aus wie ein zerrupftes Huhn. Die einzelnen Haare sind zwar dünn, stehen aber ab wie zerzauste Federn. Aha, das Wasser kocht“, denkt er laut, „Kaffee hinein, umrühren, kurz ziehen lassen, … fertig“. Er nimmt zwei große Tassen aus der Tasche und schüttet dieses Kaffee-Gebräu durch ein Sieb hinein. „So, zwei Löffel Zucker, umrühren, Sahne drauf“, irre, er hat doch wirklich Sahne in der Sprayflasche dabei, „okay Señora, Ihr Cappuccino, bitte sehr“.
„Sie sind wahrhaftig ein Schatz“, entfährt es mir. „Jetzt setzen Sie sich aber auch ganz brav hin und wir trinken in aller Ruhe den Cappuccino und rauchen eine Zigarette“.
„Ihr Wunsch ist mir Befehl“ antwortet er artig und setzt sich mir gegenüber. Genussvoll trinken wir, rauchen und sehen auf das Meer. Vor der größeren Insel kreuzen zwei Surfer vor dem Wind hinaus auf das offene Meer. Zwei Möwen schweben mit gesenkten Köpfen das Ufer entlang und die Sonnenstrahlen stechen heiß in meine Haut, die nicht durch den Schirmschatten geschützt ist.
„Rücken Sie mit Ihrer Matratze dicht an meine, damit Sie auch im Schatten sitzen und sich keinen Sonnenbrand holen“, fordere ich ihn auf „und legen Sie sich hin, damit ich Sie eincremen kann. Auf den Bauch“, befehle ich lachend, als er sich wie ein toter Fisch auf den Rücken legt und Arme und Beine weit von sich streckt.
„Da kann ich Sie aber nicht sehen“, mault er verhalten lächelnd, dreht sich aber gehorsam um. „Behandeln Sie mich aber gaaaanz vorsichtig, denn ich bin ein ganz sensibles Kerlchen“.
Endlich! endlich ist er mir ausgeliefert. Ach, wie das kribbelt, wie die Schmetterlinge aufgeregt flattern. Ich kann ihn berühren, seine Wärme spüren. Ich bin ihm näher als jemals zuvor. Mein Gott, bin ich durcheinander. Mit zittrigen Händen schütte ich die Sonnenmilch in die linke Hand, verteile sie auf beide Hände und, … wo fange ich an? Oben? Unten? Langsam nähern sich meine zittrigen Hände seinen Schulterblättern. Ein seltsames Gefühl. Sein Rücken zieht mich magnetisch an und stößt mich gleichzeitig zurück. Wie zwei gleiche Magnetpole. Meine Hände schweben wie auf einem unsichtbaren Luftkissen. Langsam nähern sie sich der Haut. Ich spüre nicht die Wärme der Sonne. Meine Umgebung wird unwichtig, die Geräusche ringsherum werden uninteressant. Alle meine Gedanken und Gefühle kreisen nur um ihn. Ich kenne mich nicht wieder. Seine Duftstoffe dringen ungehindert auf mich ein und feiern Triumphe. Meine Hormone jubilieren. Wie fremdgesteuert nähern sich meine Hände seinem Rücken und … berühren ihn. Alles wird leicht. Alle Anspannungen in meinem Körper lösen sich. Gut fühlt er sich an, warm und weich. Ich spüre, wie seine Muskulatur, sein Körper, unter meinen Händen nachgibt, als würde sich, genauso wie bei mir, jegliche Anspannung lösen. Ganz sanft erkunden meine Hände streichelnd seine Schultern und seine Oberarme. Sie gleiten wie im Trancezustand die Wirbelsäule entlang. Ich zähle unbewusst seine Wirbel - neun, zehn, elf, zwölf, eins zwei, drei, vier, fünf. Ich folge dem Verlauf seiner Rippen. Wie Traumwandler bewegen sich meine Hände über seinen Rücken. Ich könnte stundenlang so weitermachen, streicheln, - fühlen, - genießen.
Ein leises Lachen löst mich aus meinen Träumereien.
„Sie sind ein Biest“, murmelt er, „was Sie da tun ist Vergewaltigung eines Wehrlosen“.
„War es denn nicht schön“, frage ich noch halb benommen und stütze mich mit beiden Händen auf seine Schultern, „und was heißt hier Vergewaltigung. Ich habe doch nichts getan, nur den Rücken eingecremt“.
„Ja, ja, das reicht schon aus“, lacht er „und wenn Sie dieses Trauma nicht umgehend behandeln, bleiben bei mir wirklich ernsthafte psychische Schäden zurück“.
„Und wie stellen Sie sich diese Behandlung vor“? frage ich unschuldig. Mal sehen was er wieder vorhat?
„Das ist ganz einfach“, flüstert er diabolisch grinsend, „der Geschädigte zahlt es der Schädigerin mit gleicher Münze zurück“.
„Sie sind ja ganz schön mutig“, sage ich übermütig, „aber verbrennen Sie sich nicht die Finger, ich bin ganz schön heiß“. Erst als er laut zu lachen beginnt, wird mir der Lapsus linguae bewusst. Ich spüre, wie mir das Blut ins Gesicht schießt und wie ich rot werde. „Ich meine heiß durch die Sonne Sie Ekel, was Sie schon wieder denken“, versuche ich mich zu verbessern. Aber gesagt ist gesagt. So ein saublöder Versprecher. Freud kichert nicht nur, er brüllt vor Lachen. „Okay“, sage ich ergeben und lege mich auf den Bauch, da sieht er mein Gesicht nicht, „tun Sie, was Sie tun möchten, aber …“ Mist, schon wieder, der Kerl macht mich wahnsinnig, und? .... und? … was kommt jetzt für eine anzügliche Bemerkung?
„Wirklich“? fragt er wie die Unschuld vom Lande. Natürlich, ich wusste es doch. Er wäre nicht er, wenn er darauf nicht sofort anspringen würde. Am besten, ich bin ruhig und reagiere nicht. Ich schließe die Augen und waaarttteeeee. Wie wird es sein? Meine Muskeln verspannen sich, und ich spüre innerliche Vibrationen. Der Count-down läuft. Die Spannung wird immer unerträglicher. Zehn, neun, die Knospen sprießen. Acht, sieben, die Erde bebt. Sechs, ‚fünf, der Berg kreißt. Vier, drei, die Quelle beginnt zu sprudeln. Zwei, der Himmel reißt auf und, - eins zszszsch, ein Blitz zuckt herab - und wühlt sich in heißen Wellen durch meinen Körper. Waaaahhhnsinn.!!! Ich schwimme, ich fliege, ich schwebe, leicht wie eine Feder, frei wie ein Vogel im Wind. Tausend warme, zärtliche Hände gleiten, leicht wie die Spitzen von Pfauenfedern, über meine erwartungsvoll angespannte Haut, über meine Arme, den Hals, die Schultern. Sie kreisen über meinen Rücken und hinterlassen glühende Spuren. Schneeflocken wechseln sich ab mit glühenden Funken. Immer weiter wandern die zarten Federspitzen die Wirbelsäule hinab bis hin zu der schwarzen Grenze. Sie überfliegen das Bikini-Atoll und umschmeicheln die Fersen des Achill. Sie umflirren die Waden, necken die Kniekehlen und meine Gedanken und Gefühle verlieren sich in der Unendlichkeit zwischen Sein und Nichtsein…..
Aus weiter Ferne höre ich eine Stimme, die immer näher kommt.
„Halloohhhh! Aufwachen“!
„Ja? was ist los“? höre ich meine schlaftrunkene Stimme.
„Sie müssen sich wenden, sonst verbrennt die Sonne Ihren zarten Rücken“. lacht er leise. „Möchten Sie weiterschlafen? … oder möchten Sie etwas trinken“?
„Habe ich lange geschlafen“, frage ich und richte mich auf.
„Na ja“, antwortet er lachend nach einem kurzen Blick auf seine Uhr. „Es ist jetzt zwei, Sie haben also ungefähr zwei Stunden geschlafen“. Und was haben Sie in dieser Zeit gemacht“?
„Ahh.., ich habe Rotwein getrunken, ein paar Zigaretten geraucht und Sie bewacht, wie der dreiköpfige Höllenhund Cerberus, der den Eingang zum Hades bewachte“.
„Bekomme ich auch einen Schluck Rotwein? … Und was haben Sie Schnuckliges zu essen dabei“? Während er mein Glas mit Wein füllt, zählt er auf, was er zu essen dabei hat. Oliven, Weißbrot, Knoblauch-Salami, eingelegte Muscheln, Garnelen und Knoblauchsoße, Ensaimadas und Ananas-Eis.
„Sie sind unmöglich, nehmen Sie immer so viel mit wenn Sie an den Strand gehen“? frage ich lachend.
„Nein, ehrlich gesagt nein. Ich wollte nur möglichst viel Zeit mit Ihnen allein verbringen“.
„Sie sind ein Filou“, sage ich und schüttle lächelnd meinen Kopf „aber … ein liebes“. Mist, muss das ausgerechnet jetzt sein? Sonst hab' ich doch auch nicht so ein Pennäler-Bläschen.
„Gibt es hier Schlangen oder andere beißende Tiere“, frage ich ihn etwas verlegen.
„Nein, warum“? fragt er erstaunt.
„Ich muss mal für kleine Mädchen“.
„Ach sooo“. Er nimmt mich bei den Schultern, dreht mich zum Meer hin, und zeigt mit ausgestrecktem Arm in die Ferne.
„Am besten Sie gehen jetzt immer geradeaus durch den weichen, weißen, warmen Sand bis Sie an das Ufer des silbern schimmernden Meeres kommen. Gehen und schwimmen Sie im Wasser immer geradeaus. An der ersten großen Muschel biegen Sie scharf rechts ab. Nach fünfzehn Schritten steht dort eine große Languste, die zeigt Ihnen den Weg zum Meer-Wasser-Klosett“. Sein Lachen ist bestimmt in Palma zu hören. Palma, ja. Dafür jage ich dich nachher auf die Palme und lass dich nicht mehr herunter.
Ich schwimme ungefähr fünfzig Meter hinaus und öffne schwimmend das Ventil des Wassertanks. Hoffentlich schade ich nicht der Meeresfauna und -flora. Umweltverschmutzung? Na ja, so schlimm wird es nicht sein, die Fische tun`s ja auch. Mit geleertem Ballasttank treibe ich mit halber Kraft zurück zu den heimatlichen Gestaden. Etwas unsicher sehe ich mich um. Nein, okay. Kein einziger toter Fisch treibt in meinem Kielwasser. Ohne dass ich mich viel bewege tragen mich nun die kleinen Brandungswellen zurück zum Ufer. Mal sehen was es in der Strandkneipe von El lobo zu essen gibt.
Toll hat er das gemacht. Ein im Sand ausgebreitetes Handtuch dient als Tisch. Darauf hat er alle die … Kleinigkeiten …, die er mitgebracht hat, in kleinen Plastikschalen verteilt. Wir setzen uns, den - Tisch - zwischen uns, auf die Luftmatratzen. Er schenkt Wasser und Rotwein ein, bricht ein Stück von dem Weißbrot ab und reicht es mir über den ... Tisch.
„Guten Appetit, greifen Sie zu. Ich möchte möglichst nichts mehr mit nachhause nehmen“. Schweigend kämpfen wir uns durch das Schälchen-Angebot.
„Super, so habe ich noch nie gegessen“, schwärme ich, mit Allem zufrieden, während ich genussvoll mit dem letzten Garnelenschwanz den Rest der Knoblauchsoße aus der Schale wische. „Am Meer, unter strahlender Sonne, inmitten von Sandbergen, als Musik das Rauschen des Meeres und das Säuseln des Windes in den nahen Pinien, und das alles in der Gesellschaft eines Mannes, den ich vor wenigen Tagen noch gar nicht kannte, und den, als ich ihm zufällig begegnete, auch nicht näher kennenlernen wollte, ein Mann, den der Zufall wie in trojanisches Pferd in mein Leben eingeschleust hat um mich zu verführen“.
„Ich danke dem Zufall“, lacht er und legt seine Hände, wie die von Dürer gemalten, vor seiner Brust zusammen, „aber ich glaube, dass es nicht der Zufall sondern die Vorsehung war. Außerdem ist noch nicht bewiesen wer hier wen verführen will“.
„Na, nicht schwindeln“, drohe ich mit dem Finger. „Das Glitzern in Ihren Augen verrät mir, dass Sie nicht nur Ihre Fähigkeiten als Verbalerotiker an die Frau bringen wollen. Theorie ist gut, muss sein, aber wie sieht es bei Ihnen in praxi aus“? fordere ich Ihn etwas heraus.
„Das weiß ich nicht so genau“, grinst er verhalten. „Ich bin in einer Klosterschule groß geworden. Unsere Leistungen wurden mit Punkten bewertet. Ein Punkt war ganz schlecht, sexchs war das Höchste. Meine sexchs Lehrerinnen gaben mir im theoretischen Unterricht immer drei Punkte, das ist, glaube ich, befriedigend. Für meine praktischen Übungen bekam ich am Anfang immer nur einen Punkt. Deshalb musste ich auch sehr viel nachsitzen und üben. Die Schwester Oberin sagte jeden Tag zu mir, - Amadeus! - sie nannte mich nur Amadeus, - du musst noch viehhhl, viehhl üben, nuuuur Übung macht den Meister -. Die Schwester Oberin hat auch jeden Tag für mich gebetet“. sagt er mit toternstem Gesicht und nickt dazu bestätigend, „Ja, ja“, meint er und sieht mit verklärtem Blick zum Himmel, als erwarte er das Hosianna der himmlischen Heerscharen, „das war eine sehhhhr fromme Frau. Vor jeder Übungsstunde mit ihr, morgens um sexchs, war ihr Stoß-Gebet, „ohhhh Herr, stehhh bei mihhhhr in meiner Not -. Am anstrengensten waren die täglichen Einzelübungen. Sexchs Lehrerinnen nacheinander, und sie hatten alle schwierige Fächer. Jeden Freitag war Gruppenprüfung. Da traten sie immer als Sextett auf. Am Anfang sangen sie immer das Lied. - Ahhhh, mah Deus -, und ich war immer der Solist mit dem Instrument. Am Schluss sangen wir dann gemeinsam, Ex aaamen -. Nur Samstag und Sonntag, wenn der Herr Bischoff zu Besuch war, hatte ich frei. Meine Abschlussprüfung habe ich als Jahresbester bestanden. Jede Lehrerin belohnte mich mit sexchs. Als Gesamtbeurteilung stand, von der Frau Oberin in Sütterlin-Schrift geschrieben, - primus inter pares -. Sie meinte nach der Feier, sie hätte noch nie einen so guten Schüler gehabt. - Der Erste unter Gleichwertigen -, da war ich sehr stolz. Als ich das Kloster verließ weinten alle bitterlich und sangen, - Ohhh Herr, verlass uns nicht -. Er macht eine kurze Pause. „Reicht Ihnen meine Beichte“? fragt er scheinheilig mit schräg gelegtem Kopf und lachenden Augen, „oder soll ich Ihnen meine Zeugnisse zeigen“.
„Zeugnisse“? frage ich etwas überrascht und noch etwas verwirrt.
„Ja“, sagt er mit ernster Miene, beugt sich zu mir und flüstert mir ins Ohr „Nur Danksagungen und Bittbriefe“.
Mein Gott, an wen bin ich da geraten? Alles was er sagt ist mit Sexismen gespickt wie ein Hasenrücken mit Speck. Na, das kann ich auch, vielleicht sogar noch besser. Mich heiß machen, dass meine Nerven die Schüttellähmung bekommen, meine Hormone verrücktspielen und meine Gefühle ekstatisch durcheinander wirbeln. Na warte mein Freund. Ich mach dich so scharf, so scharf wie ein Skalpell. Wie du mir, so ich dir.
„Ja, das ist aber ein Zufall“, mime ich die Erstaunte. Ich war nämlich auch in einer Klosterschule. Ich war aber in einem strengen Mönchskloster. Wenn ich daaaran denke. Ich muss ein richtiges kleines Biest gewesen sein. Jeeeden Tag musste mir der Teufel ausgetrieben werden. Zuerst kam immer der Herr Abt. Ich musste mich bücken und dann hat er mich drei Minuten mit seiner dünnen Rute gezüchtigt. Wenn er fertig war hat er mich immer mit heiligem Saft gesalbt. Danach musste ich zur Buße mit jedem Bruder einzeln Glocken läuten. Das war sehr schwierig, denn manchmal waren die Glocken länger als der Strick und da kann man nicht gut läuten. Zuletzt kamen immer die Novizen. Das war immer lustig. Wir spielten Fangen. Ich war immer diejenige, die sie fangen mussten. Wenn Sie mich erwischten, musste ich mich zur Strafe überall kitzeln lassen. Nach, ein paar Tagen bin ich nicht mehr weggerannt, sondern habe mich gleich kitzeln lassen. Das Fangen war immer anstrengend, aber das Kitzeln war schön. Als es langweilig wurde, machten wir Liegestütz-Übungen. Ich spielte immer die Matte. Männer sind blöd. Sie quälten sich, bis sie keuchten, nur um Muskeln zu bekommen. Sie schwitzten dabei sehr. Am Schluss war immer mein ganzer Bauch nass. Später machten wir nur noch Bock-Springen. Ich war die Kleinste und musste immer der Bock sein. Das war lustig. Sie lachten immer fröhlich, wenn sie hängenblieben. Als der Herr Bischoff einmal zu Besuch da war, und uns zufällig zusah, wollte er es auch versuchen. Er blieb aber nie hängen. Der heilige Mann hat einmal richtig geflucht. - Verfluchter Satan -, hat er gesagt, - fahr in die Hölle -! Er hat es immer wieder versucht, er konnte es einfach nicht. Vielleicht war der Satan zu klein, vielleicht hat er auch den Eingang zur Hölle nicht gefunden. Ich weiß es nicht. Nach ungefähr zwanzig Versuchen bekam er plötzlich einen ganz roten Kopf und fiel um. - Der Herr hat ihn zu sich genommen -, erklärte uns später der Abt. Aber ich habe gehört wie der Arzt zum Bruder Antonius sagte, „- der geile, alte Bock hatte einen Herzschlag durch die Überanstrengung-. Er war aber auch schon alt, der arme Herr Bischoff, sehr dick und gar nicht mehr sportlich. Als ich Bruder Matthias ein paar Tage später fragte, was geil sei, erklärte er mir lachend, das sei schön. Ich habe seitdem immer darauf geachtet dass ich schön bleibe. Aber das Begräbnis vom Herrn Bischoff war außergewöhnlich geil. An seinem Grab haben wir alle geweint und sehr feierlich gesungen. Weil ich glaubte, dass ich schuld sei an seinem Herzschlag, habe ich ein Gelübde abgelegt. - Nie wieder Teufelaustreiben, nie wieder Glockenläuten und nie wieder Bockspringen -. Ich will nie wieder weinen, und, singen kann ich auch nicht. ...... Und nun machen Sie bitte den Mund zu“, lache ich laut heraus, „sonst erkälten sich Ihre Mandeln“! Haha ...., diehhhses zerstööhrte Gesicht, naiiin, haha. Alle Gesichtszüge sind entgleist. Ein Bild, als hätte es Picasso in seiner Spätphase mit zitternder Hand gemalt. Ich stehe auf, sehe ihn mitleidtriefend an und sage, „schonen Sie sich ein wenig, ruhen Sie sich aus, und wenn Sie sich erholt haben, Sie finden mich im Wasser“.
Lachend laufe ich durch die leichte Brandung, wate, bis ich den Boden unter den Füßen verliere und schwimme ein Stück an der großen Muschel vorbei. Das Wasser kühlt meinen von der Sonne erhitzten Körper und meine heißen, - schönen - Gedanken. Ich wende mich zum Ufer, um zu sehen, was Wolfgang macht. Er stürzt sich gerade ins Wasser. Huch, wie das dampft und zischt, als wäre eine unterirdische heiße Quelle aufgebrochen. Ist deeer heiß, der muss ja richtig geglüht haben. Ob er sich jemals wieder abkühlt? Als er ungefähr zehn Meter vor mir auftaucht legt er seine Hände als Trichter vor den Mund und ruft lachend:
„Hallo, Fräulein Bock, Amadeus hat Wasser aufgesetzt und lässt fragen ob Sie einen Carajillo möchten“.
„Wenn Sie mich noch einmal Fräulein Bock nennen“, knurre ich ihn an, „dann drehe ich Amadeus den Hals um. Sind Sie nur gekommen um mich das zu fragen“? will ich wissen und schwimme ihm entgegen.
„Ja, ich muss zurück, außerdem ist es mir im Wasser zu kalt, ich brauche Wärme“.
„Okay, ich komme mit“. Dicht nebeneinander schwimmen wir zum Ufer und verlassen das Wasser. Wauhhh, ist das schön warm.
„Kommen Sie“, fordere ich ihn auf und deute auf unseren Platz, „wir wollen mal sehen wer zuerst da ist“. Kurz vor ihm erreiche ich meine Luftmatratze und lasse mich fallen.
„Sie haben gewonnen“, lacht er etwas außer Atem, auf seiner Luftmatratze kniend. „Die Kandidatin hat sexchs Punkte und hat damit eine Freikarte für die Oper - Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mo.........“.
„Ruhe“, sage ich lachend, gebe ihm einen Schubs, dass er überrumpelt in den Sand fällt. Reflexartig hält er sich an meinen Schultern fest und zieht mich im Fallen mit sich, sodass ich schräg auf seinen Körper falle.
„...zart“ spricht er leise lächelnd weiter und bleibt ganz ruhig liegen. „Zarter“! er nimmt mich in die Arme. „Ganz zart“. Ganz zart drückt er mich leicht an sich. „Zärtlicher“. Das geht so schnell, dass ich gar nicht weiß wie mir geschieht.
„Sie ....., Sie......“, keuche ich, vollkommen überrascht von dem Sturm, der plötzlich heiß durch meinen Körper tobt, der mein logisches Denken hinwegfegt und meine Gefühle in einem grellen Lichtblitz explodieren lässt. Sterne werden geboren und verlöschen. Ein lauter Gong ertönt, dessen Ton sich auf- und ab schwingend in der Unendlichkeit ausbreitet. Tausend Glöckchen läuten. Meine Gedanken verlieren sich irrlichternd im Irgendwo. Hitzewellen fegen über meine Haut und wechseln sich mit Eiskristallschauern ab. Wünsche drängen, Wollen fordert, Verlangen wächst, Wolfgang, Enge, Wärme, Geborgenheit, Zärtlichkeit. Die Zeit bleibt stehen. Alles geschieht auf einmal. Kraftlos und machtlos ergebe ich mich den inneren Urgewalten und presse meine glühenden, gierig zitternden Lippen auf seine. Ich versinke in ihrer Weichheit und Wärme. Unsere Zähne treffen aufeinander. Ich gebe seinem Drängen nach, öffne mich, und das wilde Ringen unserer Zungen lässt die kläglichen Reste meiner klaren Gedanken verlöschen. Wie junge, spielerisch kämpfende Raubtiere verbeißen wir uns ineinander, knabbern an allem, was wir erreichen, saugen uns aneinander fest, züngeln über die salzige Haut, streicheln fahrig über unsere Körper. Alles in mir ist willenlos, ungezügelt, triebhaft, chaotisch. Beginnender Irrsinn. Alles geht unter in einem roten Feuerball explodierender Lustgefühle.
Die rote, wabernde Glut hüllt sich langsam in einen warm leuchtenden, blauen Mantel, der das Chaos zurückdrängt. Gedanken tauchen auf, werden mehr, und das Bewusstsein kehrt, wie aus einem Trancezustand, langsam, leicht taumelnd, aus einem Irgendwo zurück. Mein Gott, was ist nur mit mir passiert? Wo war ich? Was ist geschehen? Ich war ja wie abgeschaltet. Ich bin ja vollkommen ausgeflippt. Das war nicht ich. Das war der pure Wahnsinn. Da war ein Tier in mir. Das bin ich nicht. Das kann ich nicht sein. Das war Doktor Boghère und Mister Hyde. Dieses bisschen Knutscherei. Ich bin noch ganz benommen. Alles schwirrt, flimmert, vibriert. Das war ein rein mentaler Orgasmus. Ich schüttle den Kopf, als könne ich damit das Gefühl der Benommenheit abschütteln und lasse ihn erschöpft auf Wolfgangs linke Brustseite sinken, damit er mich nicht ansehen kann. Ganz eng kuschle ich mich an ihn, spüre seine Wärme, rieche den Duft seiner Erregung, höre und fühle seinen Herzschlag. Kleine elektrische Funken flackern zwischen seiner Haut und meiner. Und ich genieße seine Hände, die mich ganz leicht, ganz ruhig, ohne Bewegung festhalten.
Die entfesselten Naturgewalten im Bikini-Atoll beruhigen sich etwas. Die Fluten aus der Tiefe der Lagune verebben langsam, und hinterlassen auf dem verwüsteten Land Schaumkronen ihrer ungezügelten Lebenslust. Gott sei Dank kann er das nicht sehen. Ob er weiß, was er angerichtet hat? Die Nachbeben beruhigen sich. Die heißen Wellen weichen einer wohligen Wärme und Zufriedenheit. Mein Herzschlag löst sich aus der Infarktgefährdung. Nur die Schmetterlinge wollen ihr aufgeregtes Flattern nicht lassen. Wenn wir nicht hier am Strand wären, dann wäre jetzt meine Jungfräulichkeit in echter Gefahr.
Was tue ich jetzt? So tun, als sei Nichts geschehen? Was denkt er jetzt von mir? Nichts ist mehr so wie vorher. Ist das das Gefühl, das alle erleben möchten? Ich bin verrückt! Ich glaube, ich liebe ihn. Ist es wirklich Liebe? oder bin ich nur ausgehungert nach Zuwendung, Geborgenheit und Zärtlichkeit? nach Streicheleinheiten und Liebe? nach Sex? War es nur eine Kurzschlusshandlung, die nicht viel bedeutet? Bin ich neununddreißig oder neunzehn? Meine Gedanken sagen neununddreißig, meine Gefühle sagen neunzehn. Mein Denken unterliegt meinen Gefühlen. Ich fühle mich glücklich, nein, nein, ich bin es.
Ihm scheint es ebenso zu gehen. Hahaha. Ich fühle instinktiv, dass Amadeus seinen Taktstock schwingt, aber das Orchester macht Siesta. Resigniert, mit hängendem Kopf zieht er sich zurück. Er tut mir direkt leid, der Arme. Am liebsten würde ich ihn zur Beruhigung streicheln. Nein, das lass ich lieber, sonst will er für mich ein Solokonzert geben. Heute nicht, jetzt nicht, vielleicht später, irgendwann einmal.
Was, um Himmels Willen, tue ich jetzt? Ich liege oben, also muss ich erst einmal runter von ihm. Ich kann ja nicht ewig so liegen bleiben. Was soll`s. Aber wehe er macht einen seiner berühmt-berüchtigten Witze. Ein einziger anzüglicher Spruch und ich kratze ihm die Augen aus.
Ich lege ihm die Hände auf die Schultern, stemme mich hoch, bleibe dicht neben ihm sitzen und sehe ihm ins Gesicht. Ganz ruhig, lächelnd sieht er mich an. Lacht er mich an oder aus?
„Du bist ein ganz bösartiger, hinterhältiger, gieriger Lustmolch“, sage ich lächelnd, etwas verlegen aber glücklich. Warum wird mir denn schon wieder so heiß. Mein Gesicht muss ja glühen. „Dafür werde ich dich furchtbar bestrafen“.
„Rede nicht so viel“, flüstert er, nimmt mein Gesicht in beide Hände und zieht mich langsam zu sich heran, „küss mich lieber“! Widerstand ist sinnlos. Ich weiche der Gewalt. Ganz langsam und sanft lasse ich meine Zungenspitze von seinem rechten Mundwinkel zum linken wandern. Immer wenn er mehr will und mich heranzieht, stemme ich meine Arme gegen seine Schultern und halte ihn auf Distanz. Lüstern erscheint seine Zungenspitze und das Spiel um die Macht beginnt. Ha, ist das schön. Wie er sich windet und gierig nach mir schnappt. So ist es richtig! Leide! Werde süchtig! Verliere Deinen Verstand! Diese kleinen verhaltenen Gluggser, dieses verhaltene gurrende Lachen, diese seltsamen kieksenden Laute, kommen die etwa aus mir? Egal, ich könnte jubeln, ich bin glücklich. Und in mir erwacht die dämonische Schlange der Lust. Sie windet sich zuckend, vibrierend, pulsierend durch meinen Körper, und mit einem triumphierenden Lachen durchstößt meine Zunge die Reihen seiner Zähne und dringt in ihn ein. Im Bikini-Atoll lösen unterirdische Eruptionen Überschwemmungen aus, und Prinz Charly geht in dem kochenden Wasser des Venusberges Sa-Bri-Na unter.
Tief atmend, nein keuchend, löse ich mich aus dem Gewirr von Armen und Beinen. Hoffentlich hat uns niemand beobachtet. Ich setze mich auf meine Luftmatratze und sehe ihm zu wie er sich aufrichtet. Jetzt im Sonnenlicht sehe ich was ich angerichtet habe. An seinen Oberarmen sind tiefe rote Krallenabdrücke zu sehen. Oberhalb der linken Brust sehe ich die Abdrücke meiner Zähne und dicht über dem Schlüsselbein leuchtet ein großer, roter Knutschfleck.
„Zeig mir mal deinen Rücken“, fordere ich ihn auf und bin richtig erschrocken als ich das Bild der Verwüstung sehe. Schräg von der Wirbelsäule weg ziehen sich blutunterlaufene, leicht angeschwollene, teilweise offene Striemen. Du meine Güte, was habe ich da getan? Auch seine rechte Oberlippe sieht etwas lädiert aus, das geht aber. Trotzdem, ich habe ein richtig schlechtes Gewissen.
„Tut das weh“? frage ich schuldbewusst und streiche im ganz leicht über die angeknabberte Lippe.
„Nur wenn ich lache“, grinst er mit absichtlich schmerzverzerrtem Gesicht.
„Du sollst ja auch nicht lachen“, sage ich streng, obwohl zärtliche Gefühle meine Stimme schwingen lassen. „Bei mir hast du nämlich Nichts zu lachen“. Ich greife hinter mich nach meiner Tasche und nehme die Heilsalbe heraus, die ich fast immer bei mir habe.
„Sieht es so schlimm aus“, fragt er lachend.
„Na ja“, antworte ich, froh, dass er es mit Humor hinnimmt, „ein bisschen tiefer und du hättest keinen Arzt mehr gebraucht“.
„Okay, warte einen Moment, lass mich erst noch Wasser für den Carajillo aufsetzen, das erste ist bis auf ein paar Tropfen verdampft.“ Nachdem er Wasser nachgefüllt hat, nehme ich die Flasche, wasche ihm die Lustwunden und creme sie vorsichtig ein.
„Du darfst jetzt mindestens bis morgen Nachmittag nicht ohne Hemd herumlaufen“, sage ich lachend, weil er die ganze Zeit maunzt und jammert, „sonst sperrt man mich wegen Grausamkeit ein und, stell dich nicht so wehleidig an. Du hast es nicht anders gewollt“.
Dicht nebeneinander sitzen wir auf meiner Luftmatratze, rauchen und trinken den carajillo, den er dieses Mal nicht mit so viel Brandy aufgefüllt hat und sehen schweigend in die Ferne.
„Frierst du immer noch“? frage ich, um das Schweigen zu unterbrechen.
„Ja,“ antwortet er und sieht mich dabei lächelnd und mit einem zärtlichen Blick verlangend an, „denn Niemand wärmt mich“, fährt er in leicht jammernden Tonfall fort, wie ein Kleinkind, dem man sein liebstes Spielzeug nicht gibt, „niemand liebt mich“.
„Sei nicht so gierig“, sage ich laut lachend, „oder reichen dir die Blessuren, die du hast, noch nicht“?
„Doch, Frau Doktor“, antwortet er mit versagender Stimme, „aber Sie können einem Sterbenden doch nicht seinen letzten Wunsch verwehren“.
„Und wie ist der Wunsch des Herrn Patienten“? gehe ich auf sein Geplänkel ein.
„Ich möchte nur ein Glas Champagner und ein wenig Wärme und Zärtlichkeit“.
„Gut“, der Champagner ist gestattet“, sage ich lachend, „die Wärme gibt die Sonne und ich werde dem Wind sagen, dass er gaaaanz zärtlich über dich hinweg streichen soll“.
„Du bist ein Biest“, klagt er lachend. „Erst machst du mich süchtig und dann lässt du mich in meiner Not allein“.
„Du hast ja recht“, antworte ich, weil ich daran denken muss, dass ich morgen um diese Zeit schon auf dem Heimflug bin. „Trinken wir auf unsere letzten gemeinsamen Stunden“. Einerseits bin ich glücklich wie noch niemals zuvor, andererseits, wenn ich daran denke, dass morgen alles vorbei ist, dann ...., ein besch……. Gefühl. Und ich dachte, ich hätte alles hinter mir. Jetzt beginnt alles wieder von Neuem. Liebeskummer, Sehnsucht, Verlangen nach Zärtlichkeit, Angst vor dem Alleinsein, Wut auf die Umstände, die trennen. Warum muss ausgerechnet mir das passieren? am letzten Tag?
Ich ziehe die Beine an, lege den Kopf auf die Knie und starre auf das glitzernde Wasser während er hinter mir irgendwo herumkramt. Mein Blick verschwimmt. Ein unerklärliches, gemischtes Gefühl von Schmerz, Verlangen, Traurigkeit, Zärtlichkeit und Verlassensein, ein nicht fassbares Vernichtungsgefühl zerreißt mein Herz. Ein Zittern ohne Kälte im ganzen Körper. Ein Gefühl als würde sich mein Inneres nach außen stülpen. Gefesselte Gedanken und Gefühle toben ohne Ausweg durch meinen Körper. Schweigende Tränen fallen auf meine Beine und hinterlassen die einsamen Spuren meiner Hilflosigkeit. Ich kann die Tränen nicht abstellen. Am liebsten würde ich sterben, jetzt, hier, in seinen Armen. Ja, genau so! Halte mich fest! Ich spüre seine Arme, die mich umarmen und festhalten. Ich spüre die Wärme seines Körpers, seine Hände, die mich zärtlich streicheln.
„Nichts sagen“, flüstert er, „komm her, lass dich einfach gehen! Lass dich einfach fallen! Nicht weinen! Wir werden eine Lösung finden“. Er nimmt meinen Kopf in beide Hände, dreht ihn trotz meiner leichten Gegenwehr leicht zu sich, küsst die Tränen von meinen geschlossenen Augen, und drückt mich zärtlich an sich. Ich will nicht, dass er sieht, dass ich weine. Ich will nicht, dass er merkt, was mit mir los ist.
„Ich weine ja gar nicht“, wehre ich mich, gebe aber seinem leichten Druck nach und lehne meinen Kopf, ohne ihn anzusehen, an seine Schulter.
„Nichts sagen“, flüstert er mir ins Ohr und streichelt mit der rechten Hand ganz leicht meinen Arm und mit der anderen spielt er, zärtlich streichelnd mit meinen Fingern. Ich genieße diese Einfachheit seiner Zuneigung, seine Wärme, diese Geborgenheit und Zärtlichkeit, … nur da sein ..., nur im Gefühlsstrom treiben lassen. Nichts denken, nur fühlen, alles tun, alles nehmen, ohne Absicht ohne Ziel. Ich fühle mich wie ein Kind, weit weg und doch hier. So müsste es bleiben. Ich genieße seine Hände und Finger, die über meine Haut streifen, die prickeln und warme Spuren hinterlassen. Gedankenverloren spiele ich dieses Spiel mit. Streicheln, Ertasten, Erkunden. Seine Haut ist ganz anders als meine, irgendwie fester, dicker und wie elektrisch aufgeladen. Ich streiche sanft mit meinen Lippen über den Kratzer auf seiner Brust. Ob es ihm weh tut? Ich lege mein Ohr auf seine Brust und höre auf seinen Herzschlag. Es schlägt kräftig und ganz gleichmäßig, keine Extrasystolen. Nicht schlecht für sein Alter. Wie ist die Lunge? Auch gut! Bauchgeräusche? Na ja, dieses leichte Grummeln ist normal. Plötzlich beginnt sein Bauch leicht zu zittern.
„Na Frau Doktor“, reißt er mich, leise lachend, aus meiner Abwesenheit, „wie sind meine Überlebenschancen“? Blöd, ich kann es einfach nicht lassen. Helfersyndrom? Muttertrieb? Neugier oder Spiel? Egal. Hauptsache, er ist jetzt hier. Wer weiß, was morgen ist.
„Hattest du mir nicht ein Glas Champagner verordnet“? fragt er und stellt die Gläser in den Sand, hält die Flasche schräg in der rechten Hand und lockert mit der linken den Korken.
Mit einem leichten - Plobb - fliegt der Korken aus der Flasche und ein schäumender Champagnerstrahl füllt die Gläser.
„Salud Sabrina, auf dein Wohl und dass das Ende deines Urlaubs ein neuer Anfang für dich .., für mich.., für uns ... ist“
„Salud Wolfgang“, proste ich ihm zu und sehe ihn überrascht und fragend an. Denkt er etwa daran, dass ich hierbleibe? Schön wäre es schon. Immer Zärtlichkeit, Geborgenheit, Wärme, Sonne, die Finca. Ein Traum würde wahr werden. Aber .., nein! es ist unmöglich. Außerdem kenne ich ihn viel zu wenig. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob ich verliebt bin, ob ich ihn liebe, ob es nicht nur ein momentaner Gefühlsausrutscher ist.
„Was meinst du denn daaamit? Denkst du denn nicht daran, dass ich morgen abfliege und dann .., nein“! ich streichle ihm über den Arm, „Sieh doch ein, es ist aussichtslos. Ich in München und du hier, was soll das werden? So ein Verhältnis ist doch total sinnlos. Es war ein Gefühlsausbruch, reine hormonelle Diktatur. Ich mag dich, ich mag dich im Moment sogar sehr, mehr kann ich nicht sagen und, das ist mehr als ich jemals einem Mann sagen werde. Ich habe mir geschworen mich niemals wieder in eine tiefe Gefühlsabhängigkeit hineinfallen zu lassen. Das Ende ist immer schrecklich. Lass uns die letzten Stunden zusammen genießen und dann kehren wir beide in die Realität zurück“.
„Aber….“.
„Kein aber“, unterbreche ich ihn lachend und lege ihm die flache Hand über den Mund. „Ich sagte genießen und nicht diskutieren. Ich möchte jetzt Champagner trinken und dann“, ich sehe ihn aufreizend an, … Sabrina du bist ein Biest … klingt es in meinem Kopf, „darfst du mich küssen und streicheln, aber nur, wenn du mir versprichst nicht mehr darüber zu reden“.
Ich lege mich zurück und schließe, geblendet von der Sonne, die Augen und überlasse mich vollkommen seiner Phantasie. Spielerisch, sanft, gleiten seine Hände über meine Arme, meine Schultern, meinen Hals. Zärtlich streichelnd umwandern seine Finger die Umrisse meiner Finger und Hände. Leicht wie ein Windhauch folgt ein Finger den Bögen der Augenbrauen. Ein anderer balanciert federnd wie ein Seiltänzer auf meinem Nasenrücken, umrundet die Konturen meines Mundes, so leicht, dass ich ihn mehr ahne als spüre. Prickeln, Wärme, Schläfrigkeit. Virtuos spielt er auf der Klaviatur meiner Gefühle. Leicht wie der Flügelschlag eines Schmetterlings berühren seine Lippen meinen Körper und hinterlassen kleine heiße Abdrücke. Aus Vibrationen werden Harmonien. Aus Wärme wird Zufriedenheit, aus Schläfrigkeit Körperlosigkeit. Ich schwebe, bin nur noch schwingendes Gefühl, wie ein Glockenton, der als Echo durch die Berge wandert.
Und hundert Jahre sollten vergehen bis es einem Prinzen gelang die Dornenhecke, welche die Prinzessin wie eine Mauer umgab, zu überwinden. Der Prinz von einer fernen Insel, den eine böse Hexe in einen Wolf verwandelt hatte durchdrang die Hecke und kein Dorn konnte ihn durch sein dickes Fell verletzen. Nach Jahren der Einsamkeit, in denen sich die Prinzessin in ihren Träumen nach Zärtlichkeit und Liebe sehnte, stand er endlich vor ihr, beugte sich zu ihr und berührte ihre Lippen mit den seinen. Im gleichen Augenblick verwandelte er sich in seine wirkliche Gestalt, die stachelige Dornenhecke in einen rot leuchtenden Rosenstrauch und die Prinzessin erwachte und schlug die Augen auf .
„Küssen kannst du, etwas feucht, aber die Küsse schmecken nach mehr“, sage ich leise lachend zwischen zwei Atemzügen, lege die Hände um seinen Hals und ziehe ihn fest an mich. „Halte mich nur fest. Ich möchte nur deine Wärme spüren.“
Mein Gott ist das eine irrsinnige Situation, irrsinnig aber schön, irrsinnig-schön. Es ist zum Lachen. - Lache, wenn es zum Weinen nicht reicht -. Grönemeyer hat recht. Morgen ist alles vorbei. Morgen um diese Zeit bin ich Zuhause. Zeit!?
„Wie spät ist es eigentlich“, frage ich, fasse nach seinem linken Arm, hebe ihn hoch und sehe auf seine Armbanduhr. „Dreiviertel sechs, wie die Zeit vergangen ist. He, Faulpelz! Aufwachen“. Ich versuche ihn von mir herunter zu schieben. Himmel bist du schwer. „Hejjii! fauler Wolfspelz! sieh mal! da läuft leckeres, zartes, junges Weiberfleisch“!
„Das interessiert mich überhaupt nicht, ich stehe auf alten, abgelagerten und zähen Restfleischbeständen“, knurrt er satt und zufrieden und blinzelt mich grinsend mit einem Auge von unten her an.
„Du bist das bösartigste, alte Ekel, das ich kenne“, sage ich laut lachend. „Runter mit Dir! Von wegen Restfleischbestand. Sowas hat noch niemand zu mir gesagt. Dafür wirst du ab morgen hungern. Hungern wirst du nach mir, hörst du, jammern, winseln, jaulen wie ein Cojote in der Wüste. Auf, auf, gleich verschwindet die Sonne hinter der Landzunge und dann wird es kühl“.
„Gut, ich beuge mich der Gewalt“, lacht er und setzt sich auf. „Trinken wir noch den Rest Champagner, rauchen eine Zigarette und dann gehen wir, okay“?
„Si, Señor“, stimme ich zu und zünde die Zigaretten an, während er die Gläser füllt.
„Dreh dich bitte um und zähle die Möwen, die vorbeifliegen, ich muss mich umziehen. Wenn du dich umdrehst“ drohe ich leise lachend „bevor ich es erlaube, wirst du blind“.
„Es kommen aber keine Möwen“, murrt er lachend. „Kann ich nicht die Pinie hinter dir ansehen, dieses Bild ist viel schöner“.
„Nein“! Verflixt, wo habe ich nur den Slip hingetan? Ah, hier. So, den BH, die Dessertschalen, die Stütze des Alters für die süßen Kleinen, Kleid an, fertig. „So, jetzt darfst du dir die Pinie ansehen“.
Nachdem wir alles zusammengepackt haben marschieren wir zurück zum Wagen. Als wir alles verstaut haben und im Auto sitzen fragt er, indem er den Wagen anlässt“.
„Was tun wir jetzt? Fahren wir gleich zum Essen oder willst Du noch irgendwo gemütlich im Freien sitzen und etwas trinken? Es ist jetzt dreiviertel sieben, wir haben also noch viel Zeit“. Er fährt den gleichen Weg wie Paco und genauso schlimm. Als wir den Berg nach Arenal hinunterfahren liegt die Bucht von Palma in der Abendsonne. Das ruhige, glitzernde Meer, die Berge zum Greifen nah, ein Flugzeug, das scheinbar lautlos vom Flugplatz aufsteigt, die Phalanx der Hotels, die sich bis Palma und darüber hinaus auf der gegenüberliegenden Buchtseite wie eine Abwehrmauer erstreckt, das vermittelt eine Atmosphäre der Ruhe und südländischer Gelassenheit, die im krassen Gegenteil zu dem Trubel in Arenal, der Hochburg aller Säufer und Lebenshungrigen, steht.
„Kennst du den Club Nautico“? fragt er und sieht mich an. Als ich nicke sagt er, indem er mich weiterhin fragend ansieht, „ich meine nicht die Touristenkneipe am Ende der Playa sondern den Club für Bootsbesitzer und Mitglieder“.
„Nein“, gebe ich zu, „da war ich noch nicht. Ich wusste gar nicht, dass dort noch ein Cafè oder Restaurant ist“.
„Okay, dann werden wir uns dort verwöhnen lassen“.
Neben dem Clubrestaurant hält er vor einem großen Schiebetor, nimmt aus seinem Portemonnaie eine Plastikkarte und hält sie dem Wachmann entgegen.
„Buenas tardes Señora, buenas tardes Señor Faust, como estas“?
„Bien, muy bien Mihael, gracias“. Hier gibt es genug Parkplätze. Als wir aussteigen fragt er:
„möchtest du Dir die Schiffe im Yachthafen ansehen“? Ich nicke nur, weil ich schon neugierig durch die Bäume zu den Anlegestellen sehe, die gleich hinter den Parkplätzen beginnen. Er nimmt seinen Fotoapparat aus dem Handschuhfach und setzt eine etwas verblichene Baseballmütze auf. Hand in Hand spazieren wir um das riesige Areal.
„Du meine Güte“, entfährt es mir, „hier liegen ja Millionen“.
„Ja“, lacht er, „dafür bekommt man bestimmt einhundertfünfzig bis zweihundert Fincas. Der Motorsegler dort drüben kostet ungefähr zweieinhalb Millionen Deutsche Mark“. Als er mein ungläubiges Gesicht sieht sagt er lachend, „ja, du hast richtig gehört, ich sagte, Deutsche Mark, nicht Peseten. Das Schiffchen soll einem amerikanischen Filmschauspieler gehören, der sich auf der Insel einen Landsitz kaufen will. Und das dort, neben dem roten Flitzer, das mit der Deutschen Flagge, ist eines der billigsten, die hier liegen. Es wird so zwischen fünfundzwanzig- und dreißigtausend Mark kosten. Es gehört Emilio, dem Immobilienmakler. Du hast ihn ja auf der Fiesta kennengelernt. Wenn du dir einmal ein Boot kaufen willst“, lacht er, „sag mir Bescheid, ich habe gute Beziehungen. Wollen wir jetzt unsere einfache Genusssucht befriedigen“?
„Ja natürlich“, stimme ich ihm lachend zu und setze die Sonnenbrille auf, weil mich die tiefstehende Sonne blendet. „Das hier ist sowieso einige Nummern zu groß für mich. Komm, ich habe jetzt Appetit auf einen Cappuccino“.
Wir sitzen kaum, steht ein etwas untertänig wirkender Kellner an unserem Tisch. Wolfgang bestellt zwei Cappuccino. Der alte Knabe nimmt unsere Bestellung hoheitsvoll, ohne das Gesicht zu verziehen, entgegen. Ich sehe Wolfgang fragend an, der lächelnd mit den Schultern zuckt.
„Ich glaube wir haben ihn etwas irritiert“, meint er leise lachend. „Er kann uns scheinbar nicht so richtig einordnen. Man konnte ihm direkt ansehen wie er in seiner Beurteilung zwischen hochstapelnden Paddelbootbesitzern und tiefstapelnden Hochseeyachteignern schwankte“.
Der Cappuccino ist ein Espresso mit Sahnehäubchen, aber die ruhige gediegene Atmosphäre versöhnt mich damit. Es sitzt sich schön hier, aber, … es muss nicht sein.
Auf der überdachten Terrasse neben dem Pool sind nur wenige Tische besetzt. Es ist überhaupt wenig Betrieb hier draußen, und auch im Restaurant drinnen sind kaum Gäste. Entweder das Essen ist zu teuer oder zu schlecht. Im ersten Moment nehme ich an, es ist zu teuer, denn der Schwarm schwarzgekleideter Stelzvögel, camareros genannt, arbeitet bestimmt nicht auf Provisionsbasis. Aber als ich neugierig die Speisekarte ansehe, werde ich schwankend, denn wenn das Essen genauso gesalzen ist wie die Preise, ist es ungenießbar.
Plötzlich sieht Wolfgang mit leicht zusammengekniffenen Augen an mir vorbei.
„Ja, wen haben wir denn da“? flüstert er vor sich hin. Ich will mich gerade umdrehen, da legt er schnell seine Hand auf meinen Arm und sagt leise „dreh dich wie unabsichtlich um und sieh nur ganz desinteressiert hin“.
Zwei elegant gekleidete Männer steigen gerade aus dem Fond eines silber-metallic-farbenen Mercedes. Zwei andere, die eben ausgestiegen sein müssen, stehen neben dem Wagen. Der eine, der gerade die Beifahrertür zuschlägt, steht mit dem Rücken zu uns. Der Fahrer zeigt mit ausgestrecktem Arm zur Anlegestelle, wo die großen Hochseeyachten liegen.
Klick, klick, klick. Überrascht wende ich mich Wolfgang zu, der konzentriert eine Bilderserie von den vier Männern schießt.
„Komm, wir gehen noch eine Runde spazieren“, sagt er bestimmt. „Frag jetzt bitte nicht, ich erkläre dir alles später“. Er setzt diese abscheuliche Baseballmütze und die Sonnenbrille auf, legt denArm um mich und wir schlendern am Pool vorbei zu den Anlegestellen auf der rechten Seite des Hafenbeckens, während die vier Männer auf der linken ihrem Ziel zusteuern. Wolfgang fotografiert das Panorama des Yachthafens, sich umdrehend auch das Clubhaus und die Restaurantanlage. Dazwischen aber, fotografiert er immer wieder, aus der Deckung der Boote, die vier Männer, die jetzt nebeneinander auf ein Motorboot, nein, das ist schon ein Hochseekreuzer, zugehen. In großen, roten Buchstaben steht an der Vorderseite des Schiffes der Name - Fatima -. Ein Jeep steht seitlich auf dem Vorderdeck und eine kreisende Antenne auf dem Dach der Deckskajüte zeigt, dass jemand an Bord ist. Als der Erste der Vierergruppe die Gangway betritt, erscheinen oben an Deck zwei Männer in weißen Anzügen, die die Ankömmlinge mit Handschlag begrüßen.
„Was machen denn die hier“, murmelt er überrascht. „Na, das ist ja interessant. Der fette Kariman und El Gindi auf Mallorca“. Während er noch einige Fotos macht, gehen wir zurück zu unserem Tisch.
Der Rechnungsbetrag für die zwei Cappuccino ist inclusiv Hafenbesichtigung, Eintritts- und Parkgebühr, Luft-, Sonnen- und Mittelmeehhrwertsteuer. Na ja, wer so ein Schiff hat kann sich diese Preise leisten, … ich nicht.
Auf zu Enrice. Die lenguados warten. Kurz bevor wir Enrices Lokal betreten, bleibt Wolfgang plötzlich kurz stehen.
„Ich habe vergessen anzurufen, hoffentlich ist noch ein Tisch frei“.