Das verlorene Paradies (Paradise Lost) mit Illustrationen von William Blake - John Milton - E-Book

Das verlorene Paradies (Paradise Lost) mit Illustrationen von William Blake E-Book

John Milton

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Beschreibung

John Miltons Werk 'Das verlorene Paradies', illustriert von William Blake, ist ein monumentales episches Gedicht, das die Geschichte des Sündenfalls von Adam und Eva im Garten Eden erzählt. Mit seinem klaren, poetischen Stil und seiner tiefgreifenden thematischen Komplexität hat dieses Buch die Weltliteratur geprägt. Miltons episches Werk steht in der Tradition antiker Epen wie Homers 'Ilias' und 'Odyssee', zeigt jedoch eine einzigartige christliche Perspektive. Die Illustrationen von William Blake verleihen dem Text eine zusätzliche ästhetische Dimension und interpretieren Miltons Vision auf faszinierende Weise. Der Autor John Milton, ein führender englischer Dichter des 17. Jahrhunderts, war ein brillanter Gelehrter und politischer Denker. Sein Werk reflektiert sowohl seinen tiefen Glauben als auch seine politischen Überzeugungen in einer Zeit großer gesellschaftlicher Umwälzungen im England des 17. Jahrhunderts. 'Das verlorene Paradies' ist sein bekanntestes Werk und offenbart seine Meisterschaft in der Dichtung und sein kritisches Denken über theologische und gesellschaftliche Fragen. 'Das verlorene Paradies' ist ein unverzichtbarer Klassiker der Weltliteratur, der Leser jeden Alters und Hintergrunds fesseln wird. Seine tiefgründige Darstellung des Ursprungs des Bösen und der menschlichen Natur sowie seine zeitlose Relevanz machen dieses Buch zu einem Muss für jeden, der an Poesie, Religion und philosophischer Literatur interessiert ist.

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John Milton

Das verlorene Paradies (Paradise Lost) mit Illustrationen von William Blake

 
EAN 8596547736523
DigiCat, 2023 Contact: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Erster Gesang – Satan erwacht in der Hölle
Zweiter Gesang – Satan plant, die Erde aufzusuchen
Dritter Gesang – Gott sieht Satan auf dem Weg zur Erde
Vierter Gesang – Satan findet Adam und Eva
Fünfter Gesang – Raphael warnt Adam und Eva vor Satan
Sechster Gesang – Raphael erzählt über den Krieg im Himmel
Siebter Gesang – Raphael erzählt von der Erschaffung der Welt
Achter Gesang – Adam und Raphael sprechen weiter
Neunter Gesang – Adam und Eva essen die verbotene Frucht
Zehnter Gesang – Gott richtet über Adam und Eva
Elfter Gesang – Michael zeigt Adam die Zukunft
Zwölfter Gesang – Adam und Eva werden aus dem Paradies vertrieben

Erster Gesang – Satan erwacht in der Hölle

Inhaltsverzeichnis

DES MENSCHEN ERSTE SCHULD und jene Frucht

Des strengverbotnen Baums, die durch Genuss

Tod in die Welt gebracht und jeglich Weh,

Die Eden raubte, bis ein größrer Mensch

Des Heiles Sitz uns wiederum errang:

Besing' o Himmelsmuse, die auf Horebs,

Auf Sinai's verborgnem Gipfel einst,

Den Hirten entflammte, der zuerst belehrt

Das auserwählte Volk, wie Erd und Himmel

Im Anfang aus dem Chaos sich erhob;

Von dorther, oder wenn des Sion Hügel,

Siloah's Quell, der bei des Herrn Orakel

Hinfloss, dich mehr erfreut, so ruf ich dich

Von dort herab, mein kühnes Lied zu weih'n,

Das nicht gemeinen Flugs Äoniens Berg

Mit solchen Dingen überschweben will,

An die sich Vers und Prosa nie gewagt.

Vor Allem du beseele mich, o Geist,

Der offne Herzen mehr als Tempel liebt:

Du bist allwissend, warst vom Anbeginn

Und ruhtest brütend einer Taube gleich

Mit mächtig ausgespreiztem Flügelpaar,

Den ungeheuern Abgrund fruchtbar machend.

Was in mir dunkel ist, erleuchte du,

Was in mir niedrig, heb' und stütze du;

Dass ich gemäß dem hohen Gegenstand

Die Wege Gottes zu den Menschen preisend

Die ewige Vorsehung verteid'gen mag.

O sprich zuerst – denn Nichts verbirgt der Himmel,

Die tiefe Hölle Nichts vor deinem Blick –

O sprich, was unser erstes Elternpaar

In jener Seligkeit und Himmelsgunst

Bewog, von ihrem Schöpfer abzufallen,

Um ein Verbot sein Wort zu übertreten,

Sie, die doch sonst die Herrscher dieser Welt?

Sprich! Wer verführte sie zu dieser Schuld?

Der Höllendrache, Jener, dessen List

Von Rach' und Neid erregt, der Menschen Mutter

Zu einer Zeit betrog, als ihn sein Stolz

Herab vom Himmel stürzte samt der ganzen

Rebellischen Engelschar, mit deren Hilfe

Er glorreich seines Gleichen zu beherrschen

Und Gott sich gleich zu stellen trachtete,

Da er durch Widerstand und ehrsuchtvoll

Verruchten Krieg im Himmel gegen Gottes

Alleinherrschaft erhob, und stolzen Kampf,

Der fruchtlos blieb. Des Allerhöchsten Macht

Stieß häuptlings ihn aus den äther'schen Höh'n

Furchtbaren Sturzes glutumflammt hinab

Zum bodenlosen Abgrund, dort zu wohnen

In Demantketten und in Feuerpein,

Da dem Allmächtgen er gewagt zu trotzen.

Neun Mal die Zeit, die bei den Sterblichen

Den Tag, die Nacht bezeichnet, lag er dort

Besiegt mit seiner schaudervollen Horde,

Im Feuerpfuhl sich wälzend, sinnverwirrt,

Und doch unsterblich; denn zu größrer Qual

War er verdammt, nun martert der Gedanke

Verlornen Glückes ihn, und ew'ger Pein;

Die düstern Augen wirft er rund umher,

Die Angst und tiefe Traurigkeit verraten,

Worein verstockter Stolz und Hass sich mischt;

Er sieht, so weit als Engel können sehn,

In seiner Lage wüst' und elend sich,

Ein furchtbarlich Gefängnis flammt um ihn,

Gleich einem Feuerofen, doch den Flammen

Entstrahlt kein Licht; nur sichtbar finstre Nacht

Enthüllt ihm hier die Gruppen tiefen Weh's,

Die Gegenden der Sorgen, düstre Schatten,

Wo Friede nicht, noch Ruhe je verweilt,

Wohin selbst Hoffnung, die sonst Allen naht,

Nicht kommen kann; nur endlos grimme Pein

Mischt sich der Feuerflut, genährt von Schwefel,

Der ewig brennt und nimmer sich verzehrt.

Solch einen Ort erschuf der ewge Richter

Für die Empörer, deren Kerker hier

Aus tiefstem Dunkel gähnt, dass sie von Gott

Und Himmelslicht drei Mal so weit entfernt,

Als wie der Mittelpunkt vom letzten Pol.

Wie ungleich jenem Raum, aus dem sie fielen!

Dort sieht er die Genomen seines Fall's

Von Flut und Wirbelwind der Feuermassen

Verschlungen, und an seiner Seite wälzen

Den Einen, an Verbrechen und Gewalt

Ihm selbst der nächste, der bekannt dereinst

In Palästina ward als Beelzebub.

Zu diesem wandt der Erzfeind jetzo sich,

Der in dem Himmel Satan wird genannt,

Mit trotzigem Wort das grause Schweigen brechend:

»Wenn Du es bist, – doch o! wie tief gefallen,

Wie ungleich Dem, der in den Lichtgefilden

Mit höchstem Glanz bekleidet, Myriaden

An Schimmer überstrahlte – wenn Du's bist,

Den wechselseitig Bündnis, gleicher Plan,

Hoffnung und Wagnis in der großen Tat

Mit mir verband, und Elend nun im Sturz –

Du siehst, in welchen Pfuhl, aus welcher Höhe

Gestürzt wir sind, so mächtig war sein Donner,

Wer hat vorher auch dieser grausen Waffe

Gewalt gekannt? doch weder dies, noch auch

Was sonst des mächtigen Siegers Grimm verhängt,

Lässt mich beräuen und meinen Willen ändern,

Ob ich verändert auch im äußern Glanz,

Groll fühl ich ob beleidigten Verdienstes,

Was mit dem Höchsten mich zu kämpfen zwang,

Und mich zum Streit die unermessne Macht

Bewehrter Geisterscharen führen hieß,

Die seine Herrschaft wagten zu verschmähn,

Die mich erwählten, seiner Allgewalt

Sich widersetzten, auf den Himmelsau'n

In zweifelhaften Treffen seinen Thron

Erschütternd. Ob das Schlachtfeld auch verloren,

Ist doch nicht Alles hin; der Wille nicht,

Der unbesiegbar, nicht der Rache Durst,

Der ewge Hass und Mut, sich nie zu beugen,

Und was noch sonst unüberwindlich ist:

Den einen Ruhm soll nimmer mir sein Grimm

Und seine Macht entreißen. Wollt' ich jetzt

Kniebeugend ihn um seine Gnade flehn

Und seine Macht vergöttern, dessen Reich

Jüngst vor dem Schrecken dieses Arms erbebte,

So wär' es wahrlich niedrig, wäre Schmach

Und größre Schande noch als unser Sturz,

Da nach dem Schicksal nie die Macht der Götter,

In uns das Himmlische nie schwinden kann;

Weil die Erfahrung dieses großen Kampfs

An Kräften uns nicht schwächer; ja nur stärker

An Vorsicht machte, können wir mit mehr

Erfolg und Hoffnung ewge Fehde wagen,

Die unversöhnlich mit Gewalt und List

Den größten unsrer Feinde soll bekriegen,

Der triumphierend jetzt im Freudentaumel

Des Himmels Herrschaft ganz allein besitzt.«

So sprach der abgefallnen Engel Herr

Laut prahlend, doch gefoltert von Verzweiflung

Und keck entgegnet ihm sein Mitgenoss:

»O Fürst und Haupt so vieler Herrschermächte,

Die in den Krieg die Seraphim geführt,

Die furchtlos bei der schreckenvollsten Tat

Des ewgen Himmelskönigs Thron bedrohten,

Zu prüfen seiner Oberherrschaft Kraft,

Ob sie auf Zufall oder Macht gestützt:

Wohl seh ich und beklag' ich dies Ereignis,

Das durch der Niederlage grausen Sturz

Den Himmel uns verlor und unser ganzes

Gewaltiges Heer furchtbar zertrümmerte,

So weit als Götter oder Himmelswesen

Zu Grunde gehn, denn Geist und Seele bleibt

Unüberwindlich; bald auch kehrt die Kraft,

Ob unser Ruhm auch schwand und unser Glück

Von endlos arger Pein verschlungen ward.

Doch wie, wenn unser Sieger (dessen Kraft

Ich anerkennen muss, da nicht geringere

Die unsern Kräfte je besiegen konnte)

Uns Geist und Stärke ließ, um unsre Qual

Ganz kräftig zu erdulden und zu leiden,

Dass seinem Rächerzorne wir genügen,

Und ihm als Knechte nach dem Kriegesrecht

Zu Dienste stehn; gleichviel, zu welchem Frohn,

Um hier im Hag der Hölle bei dem Feuer,

Ob in dem Pfuhl als Boten mitzuwirken:

Was frommt es uns, dass unvermindert wir

Die Stärke so wie ewges Dasein fühlen,

Um ewige Bestrafung auszustehn?«

Worauf der Erzfeind rasch erwiderte:

»Gefallner Cherub, schwach zu sein ist elend

Im Tun und Leiden; doch versichert sei,

Nie wird mehr Gutes unser Handeln sein,

Das Böse tun wird unsre höchste Lust,

Als seines hohen Willens Gegenteil,

Den wir bekriegt. Wenn seine Vorsehung

Aus unserm Bösen Gutes schaffen will,

So müssen diesen Zweck wir ihm vereiteln,

Im Guten Stoff zum Bösen stets zu finden.

Dies wird uns oft gelingen, und vielleicht

Ihn öfters kränken, und wenn ich nicht irre

Vom Ziel ihm den geheimsten Willen lenken.

Doch sieh, der grimmige Sieger hat die Diener

Der Rache schon zum Tor des Himmels wieder

Zurückgewinkt; die Schwefelhagelflut,

Die uns im Sturme nachgeschüttelt ward,

Hat ausgetobt, im wilden Flammenmeer,

Das uns umwogt, als wir vom Himmel stürzten;

Der Donner, mit dem roten Blitz beschwingt

Und ungestümer Wut, hat seinen Köcher

Vielleicht erschöpft, und lässt allmählich nach,

Zu brüllen durch den endlos wüsten Schlund.

Lass die Gelegenheit uns nicht versäumen,

Die uns des Feinds gesättigte Wut verschafft.

Siehst du die furchtbar öde Haide dort,

Die Wohnung der Verzweiflung, ohne Licht,

Bis auf den Schimmer dieser fahlen Flammen,

Die blass und schrecklich flimmern? Dorthin lass

Uns retten aus der Feuerwogen Stößen,

Lass dort uns ruhn, wenn irgend Ruhe dort,

Und sammelnd unser tiefbetrübtes Heer

Erwägen, wie wir unsern Schaden bessern,

Und unser furchtbar Elend überstehn,

Wie aus der Hoffnung wir Verstärkung schöpfen,

Wo nicht, Entschlossenheit aus der Verzweiflung.«

Satan erweckt die rebellischen Engel

So sprach der Satan zu dem Leidgefährten,

Das Haupt der Flut enthoben, und die Augen

In Flammen funkelnd; niederwärts gebeugt

Schwamm mehre Hufen weithin ausgestreckt

Sein Körper auf den Wogen lang und breit,

An Größe jenen Riesen gleich der Fabel,

Wie die Titanen oder Erdgebornen,

Die Zeus bekriegt, wie Typhon und Briareus,

Die einst die Schlucht beim alten Tarsus barg,

Wie jenes Seegetier, der Leviathan,

Den Gott als allergrößtes Wesen schuf,

Das in des Ozeans Gewässern schwimmt,

Den, wenn er in Norwegens Schaume schlummert,

Der Schiffer einer nachtereilten Barke

Oft für ein Eiland hält, und, wie man sagt,

Wirft dann der Seemann in die Schuppenhaut

Den Anker, und liegt vor dem Wind geschützt

An seiner Seite, wenn noch nachtumhüllt

Dem Meer nicht der ersehnte Morgen lacht.

So ausgestreckt lag jetzt der Satan da,

Gekettet an den Feuersee; wohl nimmer

Hätt' er sein Haupt erhoben, wenn der Wille

Und die Erlaubnis des Allwaltenden

Ihm Raum zu seinem finstern Werke ließ,

Damit er selbst durch wiederholten Frevel

Verdammnis auf sich häufe, da er Andern,

Zu schaden sucht' und dann voll Grimm gewahrt,

Wie alle Bosheit Gutes nur erschuf,

Und den durch ihn verführten Menschenkindern

Unendlich Huld und Gnad' erwiesen wird,

Doch wälzt auf ihn sich dreifach Rach' und Wut, –

Jetzt richtet aus dem Pfuhl er sich empor,

Gewalt'gen Wuchses, von den beiden Seiten

Zurückgetrieben, senken sich der Flammen

Hochzackige Gipfel, rollen in die Wogen

Und lassen mittendrin ein schrecklich Tal.

Dann steuert er mit ausgespannten Schwingen

Im Flug empor, auf finstern Lüften schwebend,

Die ungewohnte Last empfinden, bis er dann,

Das trockne Land erreicht, wenn Land es war,

Wo immerfort ein festes Feuer glimmt,

So wie der See von flüssigen Flammen glühte:

An Farbe schien es so, als ob die Kraft

Der unterirdischen Winde Felsen reißt

Von dem Pelorus und dem donnernden

Geborstnen Ätna, dessen Eingeweide

Brandträchtig und verbrennbar Feuer fängt,

Das, durch die Wut der Lava noch erhöht,

Vereint dem Sturme, nur versengten Boden

Voll Qualm und Rauch zurücklässt. Solchen Ort

Der Ruh fand des verfluchten Fußes Sohle!

Ihm folgte schnell sein treuer Mitgenoss,

Frohlockend prahlten Beide jetzt als Götter

Durch eigne neuerlangte Kraft, und nicht

Durch die Erlaubnis einer höhern Macht

Dem stygischen Glutenmeer entflohn zu sein.

Dann sprach der Mund des tiefgefallnen Engels:

»Ist dies die Gegend, dies das Land und Klima,

Der Sitz, den mit dem Himmel wir vertauschen,

Das trübe Dunkel für das Himmelslicht?

So sei's, weil er, der jetzt Gebieter ist,

Verfügen kann, was er als Recht gebeut:

Am besten ist's, recht fern von ihm zu sein,

Den, an Vernunft uns gleich, nur die Gewalt

Erhoben über Gleiche! Fahre wohl

Glückselig Feld, der ew'gen Freude Sitz!

Heil Schrecknis Dir! Heil Dir o Unterwelt!

Und Du o tiefste Hölle huldige jetzt

Dem neuen Herrn, der einen Geist besitzt,

Der unverändert bleibt durch Raum und Zeit.

Es ist der Geist sein eigner Raum, er kann

In sich selbst einen Himmel aus der Hölle,

Und aus dem Himmel eine Hölle schaffen.

Was gilt das Wo, bin ich nur immer ich,

Und was ich sein soll, doch nur größer nicht,

Als er, der durch den Donner mächt'ger ward!

Hier sind wir frei; hier baute nicht der Herr,

Um Neid zu wecken, wird uns nicht von hier

Vertreiben; sicher können hier wir herrschen,

Und wie mich dünkt, ist Herrschen würd'ger Lohn

Und wär's auch in der Hölle; besser ist

Der Hölle Herr sein, als des Himmels Sklave.

Doch warum lassen wir die treuen Freunde,

Die Kampfgenossen und des Falles Brüder,

Betäubt im Pfuhle der Vergessenheit,

Und rufen sie nicht her, um die Behausung

Die unglückselige mit uns zu teilen;

Ha! oder noch ein Mal vereinten Kampfs

Zu wagen, ob vom Himmel wir gewinnen,

Ob in der Hölle noch verlieren können?«

So sprach der Satan, und Beelzebub

Erwidert ihm: »Du Führer dieser Scharen,

Die der Allmächtige nur bezwingen konnte,

Wenn sie nur ein Mal Deine Stimme hören,

Die in Gefahr der Hoffnung Unterpfand,

Und oft in Not gehört ward, in des Kampfes

Gewühle, wutentbrannt, die beste Losung:

Dann wird sie bald ein neuer Mut beleben,

Die krümmend jetzt im Feuermeer sich wälzen,

Wie wir so eben noch, betäubt, erschreckt;

Kein Wunder, nach so schwindeltiefem Sturz!«

Kaum schwieg er still, als schon der Satan sich

Zum Ufer wandte, den gewichtigen Schild,

Groß, breit und rund, und von ätherischem Stoff

Am Rücken tragend. Hing der breite Kreis

Doch auf den Schultern, wie des Mondes Scheibe,

Wann sie durch's Glas Toscaniens Künstler sieht

Des Abends von Fiesole's Gebirg

Und von Valdarno, neues Land entdeckend

Samt Fluss und Bergen auf dem fleckigen Kreise.

Sein Speer, wogegen selbst die höchste Tanne,

Gefällt auf Norwegs Bergen, sie als Mast

Im größten Admiralschiff aufzupflanzen,

Ein schwaches Stäbchen wär', dient ihm als Stütze

Bei seinem Gang auf glühendem Gestein,

Ungleich dem Gang auf dem Azur des Himmels.

Die heisse Luft umloht mit Feuer ihn;

Doch ruhig hielt er's aus bis an's Gestad

Des Feuermeers, hier rief er seiner Horde,

Den Engeln, die betäubt in Scharen lagen,

Herbstblättern gleich, auf Valombrosa's Bäche

Gestreut, wo die Etrurischen Schatten sich

In Bogen wölben, oder so dicht, wie Schilf,

Wann mit entfesseltem Wind bewehrt Orion

Des roten Meeres Küste peitscht, des Wogen

Busiris samt den Reisigen aus Memphis

Versenkt dereinst, als Gosens Gäste sie

Treulosen Grolls verfolgten, die am Strand

Die Leichen schwimmend auf dem Meere sahn

Samt den zerbrochnen Wagen; so verstreut,

Zerrüttet und verloren lagen diese,

Die Flut bedeckend und betäubt ob ihrer

So schmählichen Verwandlung. – Da

Rief er so laut, dass hohl der Hölle Tiefen

Es widerhallten: »Fürsten, Herrscher, Krieger,

Des Himmels Blüten, des euch jetzt verlornen,

Wenn ein Entsetzen ew'ge Geister je

Erschüttern kann; habt ihr den Ort gewählt,

Um nach des Krieges Mühn euch Ruh zu gönnen

Und eurem Mut, weil ihr den Schlummer hier

So süß, wie in den Himmelsthalen findet?

Schwurt ihr, in dieser hingeworfnen Stellung

Den Sieger anzubeten, der nun Seraph

Und Cherub in der Glut sich wälzen sieht,

Mit ringsverstreuten Waffen, bis behend

Der Diener Schar vom Himmelstor den Vorteil

Erblickt und niederstürmt, um uns Erschöpfte

In Grund zu treten, mit verketteten

Blitzkeulen an den Grund des Pfuhls zu schmieden?

Erwacht! erhebt euch oder bleibt gestürzt!«

Sie hörten ihn beschämt, erhoben sich

Auf ihren Schwingen, so wie Menschen wohl,

Die Wache halten, schlafend von dem Obern

Gefunden werden, den sie fürchten, rasch

Auftaumeln, ehe ganz erwacht sie sind.

Noch kannten sie die traurige Lage nicht,

Noch fühlten sie die grenzenlose Pein;

Doch schnell gehorchten wohl Unzählige

Des Herrschers Stimme. Wie der mächtige Stab,

Von Amrams Sohn geschwungen um die Küste,

Einst an Ägyptens unheilvollem Tage

Ein schwarz Gewölk Heuschrecken herbeschwor,

Vom Ost zusammengeblasen gleich der Nacht

Auf jenes frechen Pharao Reiche hängend,

Des Nils Gestad verdunkelnd: so auch schwebten

Zahllos jetzt unter ihrer Hölle Kuppel

Die bösen Engel in den Flammengluten,

Die sie von allen Seiten rings umflossen,

Bis als ein Zeichen den erhobnen Speer

Ihr Sultan schwang, um ihren Flug zu leiten,

Dann ließen sie auf festen Schwefelgrund

Im Gleichgewicht sich nieder und erfüllten

Die ganze Flur, ein Schwarm, wie nie der Norden

Aus seinen Eisgefilden einen sandte,

Die Donau und den Rhein zu überschreiten,

Als die barbarischen Söhne gleich der Sündflut

Nach Süden kamen, unter Gibraltar hin

Bis zu dem Sande Libyens sich verbreitend,

Nun eilten gleich von jeglicher Partei

Die Häupter dahin, wo ihr Führer stand;

Gestalten, die als Götter menschliche

Gebilde weithin übertrafen, würdig,

Gewaltig, die im Himmel früher thronten

Obwohl ihr Name dort nicht mehr verzeichnet,

Denn ausgelöscht sind sie und ausgetilgt,

Seit der Empörung aus dem Buch des Lebens.

Noch führten sie die neuen Namen nicht,

Die unter Eva's Söhnen sie empfingen,

Als sie durch Gottes hohe Zulassung

Auf Erden wallten zu der Menschen Prüfung,

Durch Lug und Trug der Menschheit größten Teil

Verführten, Gott den Schöpfer zu verleugnen,

Und dessen unsichtbare Herrlichkeit

In eines Tieres Bildnis umzuwandeln,

Das sie geschmückt mit heitrer Frömmelei

Voll Pomp und Gold ja Teufel göttlich selbst

Anbeteten. Sie wurden dann bekannt

Der Heidenwelt in mannichfacher Form.

O Muse, nenne jetzt die Namen Jener,

Die aus dem Schlummer in dem Feuerbett

Auf ihres großen Kaisers Ruf erwachten,

Wie einzeln sie nach ihrem Würdegrad

Hinschritten, wo am öden Strand er weilte,

Indes der niedre Haufe ferne blieb.

Die Häupter waren Jene, die, der Hölle

Entsteigend, ihren Raub auf Erden suchten

Und später ihren Sitz bei Gottes Thron

Und ihren Altar bei dem seinen nahmen,

Von Völkern rings als Götter angebetet,

Sie wagten frech Jehovah sich zu nahn,

Der donnernd unter Cherubscharen thronte

Auf Zion, stellten selbst im Heiligtum

Oft ihre Götzen auf, entheiligten

Mit fluchbeladnen Dingen die Gebräuche

Und hehre Gottesfeier, um sein Licht

Mit ihrem Dunkel kecklich zu verhöhnen.

Moloch zuerst, der schreckenvolle Fürst,

Befleckt mit Menschenblut und Älternthränen,

Obwohl durch das Gelärm' der Pauk' und Trommel

Das laute Schrein der Kinder ward betäubt,

Die durch das Feuer zu dem Götzen gingen.

In Rabba und in dessen Wasserfläche

Ehrt ihn der Ammonit, zu Argob und

Zu Basan bis zum Strom des fernen Arnon.

Mit trotziger Nachbarschaft noch nicht zufrieden,

Bethört er auch durch Ränke Salomo's

Hochweises Herz, dass er ihm Tempel baute,

Dem Tempel Gottes gegenüber just

Auf jenem Hügel, der mit Greul bedeckt,

Dass er das reizendholde Tal von Hinnon,

Tophet und schwarz Gehenna dann genannt,

Ein Höllenvorbild, ihm als Hain erteilte. –

Dann nahte Chemos, Schreckbild Moabs Söhnen,

Von Aroer bis Nebo, bis zur Wüste

Von Abarim im Süden weithinein,

In Hesebon und Horonaim Herrscher;

In Seons Reich, noch weiter als das Tal

Von Sibma, welches blüht' und weinumkränzt,

Und Eleale bis zum Asphalt-Sumpf.

Auch Peos hieß er, als er Israel

Auf seinem Zug vom Nil zu Sittim reizte

Ihn anzubeten, was sie schwer dann büßten.

Von da dehnt er die üpp'gen Orgien aus

Bis an den Hain des mörderischen Moloch

Auf jenem Greuelhügel, Wollust wohnte

Dicht bei dem Hasse; bis sie Beide dann

Der fromme Josiah zur Hölle trieb.

Dann kamen jene, die einst von der Flut

Des alten Euphrat bis zu jenem Bach,

Der Syriens Boden von Ägypten scheidet,

Baalim und Astaroth als Namen führten,

Die männlichen, die weiblichen Geschlechts,

Denn Geister können, wenn sie irgend wollen,

Ein jegliches Geschlecht, ja beide führen,

So zart und einfach ist ihr reiner Stoff:

Durch Glieder und Gelenke nicht gezwängt,

Noch auf der Knochen spröde Kraft gestützt,

Wie plumpes Fleisch; nein, was auch für Gestalt

Sie wählen, ob verdichtet, ob gedehnt,

Licht oder dunkel, sie vermögen doch

Die luftigen Geschäfte zu vollziehn

Sowohl des Hasses Werke, wie der Liebe.

Für sie verließ der Stamm von Israel

Oft die lebendge Kraft, und ließ verödet

Den heiligen Altar, sich tiefer beugend

Vor tierischen Götzen; dafür wurden tief

Auch ihre Häupter in der Schlacht gebeugt

Und sanken vor den Speeren schnöder Feinde.

Mit dieser Schar kam Astaroth heran,

Astarte von Phöniciern genannt,

Die Himmelskönigin mit Mondeshörnern,

Vor deren Bild nächtlich bei Mondenschein

Sidoniens Jungfrau'n beteten und sangen;

In Zion auch blieb sie nicht unbesungen,

Wo auf dem Berg der Schmach ihr Tempel stand,

Erbaut von jenem buhlerischen König,

Des großes Herz, von schönen Heidinnen

Verführt, in niedern Götzendienst verfiel.

Nach ihn kam Thammuz, dessen Wunde jährlich

Zum Libanon die Töchter Syriens lockte,

Um einen ganzen Sommertag hindurch

In Liebesklagen sein Geschick zu singen,

Und weil der Quell Adonis aus dem Felsen

Ganz purpurn floss zur See, vermeinten sie,

Es sei das Blut des jährlich wunden Thammuz.

Dies Liebesmärchen weckte gleiche Glut

In Zions Töchtern, deren Leidenschaft

Ezechiel im heiligen Vorhof sah,

Als durch Visionen seinem Auge ward

Des falschen Juda Götzendienst gezeigt.

Dann folgte der, des Trauer ernstlich klagte,

Als die gefangne Bundeslade wild

Sein Bild zermalmte, Haupt und Hände selbst

Im eignen Tempel ihm am Fußgesims

Abschlug, dass rasch es auf den Boden stürzte

Zur Schande der Verehrer, – dies war Dagon,

Ein Ungeheuer des Meers, halb Fisch, halb Mensch,

Doch hat er seinen Tempel hoch erbaut

Zu Azot, längs dem Strande Palästina's,

Gefürchtet auch, in Gad und Askalon,

In Akkaron bis an die Grenzen Gaza's.

Ihm folgte Rimmon, dessen Lieblingsort

Damaskus war, an dem fruchtbaren Strand

Abbana's, Pharphars, der kristallnen Ströme.

Auch er war gegen Gottes Tempel frech,

Verlor einst einen Kranken und gewann

Dort einen König Abas, jenen Narren,

Den keck er zwang, des Herrn Altar zu schänden,

Und einen syrischen dafür zu baun,

Auf dem man die verhassten Opfer brannte,

Und Götter ehrte, die er überwunden.

Dann naht ein Zug mit Namen alten Rufs

Osiris, Isis, Orus und ihr Tross.

Mit Zauberei'n und rätselhaften Bildern

Betrogen sie Ägypten samt den Priestern,

Dass das fanatische Volk in Tiergestalt

Anstatt in Menschenform die Götter suchte.

Auch Israel entging nicht dieser Pest,

Als ihr geborgtes Gold das Kalb erschuf

Am Horeb, und der wildempörte König

Die Sünd' in Bethel und in Dan verdoppelt',

Als er den Schöpfer gleich dem Stiere formte,

Jehovahn, der in einer Nacht zugleich,

Als an Ägypten er vorüberzog,

Die Erstgebornen samt den blöckenden

Abgöttern schlug. – Zuletzt kam Belial,

Gemeinrer Geist fiel von dem Himmel nie,

Der nur das Laster um das Laster liebte;

Ihm stand kein Tempel, rauchte kein Altar,

Doch wer ist mehr in beiden wohl als er,

Wenn selbst der Priester Gottesleugner wird,

Wie Eli's Söhne, die mit Wollust einst

Und mit Gewalttat Gottes Haus beschimpften?

An Höfen und Palästen herrscht er auch,

In üppigen Städten, wo des Schwelgens Jubel

Und Schuld sich über ihre höchsten Türme

Erhebt. Wenn Nacht die Straßen dunkel hüllt,

Dann wanken Belials Söhne wild heraus

Von Wein und frechem Übermut erfüllt.

Die Straßen Sodoms waren Zeugen des,

Und jene Nacht in Gibeah, wo ein Weib

Gastfrei man preisgab, Ärgres zu verhüten.

Die Ersten waren dies an Rang und Macht,

Die Übrigen zu nennen wär' zu lang.

Wenn auch die Namen weit und breit berühmt,

Ioniens Götter, von dem Stamme Javan's

Verehrt als Götter, doch nach eigner Beichte

Weit spätern Ursprungs als wie Erd und Himmel,

Die hohen Eltern; Titan, Erstgeborner

Des Himmels mit der ganzen Riesenbrut,

Dem von dem jüngern Bruder, vom Saturn

Das Recht der Erstgeburt entrissen ward.

Saturn empfing von seinem Sohn mit Rhea,

Vom Jupiter dafür ein gleiches Los;

So herrschte Jupiter! Zuerst bekannt

War diese Schar in Creta und auf Ida,

Beherrschte dann auf des Olympus Schnee

Die Mittelluft, als ihren höchsten Himmel,

Auch auf der Klippe Delphis, zu Dodona,

Entlang die Grenzen all des Dorerlands;

Dann jene, welche mit Saturn entflohn

Hesperien zu, hin über Adria,

Der Celten fernstes Inselmeer durchstreifend.

Sie all' und Andre kamen scharenweis

Doch mit gesenktem und betrübtem Blick,

Worin ein schwacher Freudestrahl nur glänzte,

Dass sie verzweifelt nicht ihr Haupt gefunden

Und im Verlust sich selber nicht verloren.

Zweideutige Röte färbte sein Gesicht,

Doch schnell den alten Stolz zusammennehmend

Erhob er schmeichelnd ihren schwachen Mut

Mit hohen Worten, die nach Würde klangen

Ob sie gehaltlos auch, und bannte so

Der Seinen Furcht. Sogleich befahl er dann,

Dass unter lautem, kriegerischen Klang

Der Zinken und Trompeten sein Panier

Erhoben werde; dieser Ehre wert

Hielt Azazel, ein stolzer Cherub, sich,

Der unverweilt am glanz'gen Stabesschaft

Die königliche Fahn' entrollt, die frei

Ein Meteor im Windeszuge blitzte,

Mit goldnem Prunk und Gemmen reich besetzt,

Den Waffen und Trophän der Seraphim.

Nun schallt aus lauterklingendem Metall

Der kriegerische Ton, drin allgemein

Der Krieger Schrei sich mischt, dass die Gewölbe

Der Hölle dröhnen, und das Reich des Chaos,

Die alte Nacht von außen selbst erschüttert.

Im Nu sah man zehntausend Banner wehn,

Durch's Dunkel in den hellsten Farben flatternd,

Ein Wald von Speeren hob sich hoch empor,

Es drängten Helme sich, geschlossne Schilde

In dichten Reihn aus unermessner Tiefe.

In regelrechtem Phalanx schritten sie,

Nach dorischen Flöten und Schalmeienklängen,

Die vor der Schlacht des Altertumes Helden

Dereinst zum edelsten Gefühl erhob,

Wut ward gemildert zur Besonnenheit,

Dass unbewegt sie Flucht und Rückzug mehr

Als Sterben fürchteten; auch war's die Macht

Der Töne den verstörten Sinn zu stillen,

Und Zweifel, Furcht und Angst und Schmerz zu bannen

Aus menschlichen und göttlichen Gemütern.

So rückten sie, vereinte Stärke hauchend,

Mit festem Sinne, schweigend, unter sanftem

Getön der Flöten an, das ihre Pein

Beim Schreiten auf dem Glutgrund linderte.

Jetzt hielten sie, als näher sie gerückt,

In einer Schreckensfronte grauser Länge,

Mit blendenden Waffen, wie sie Krieger tragen,

Die lang bei Schild und Speer ergraut, erwartend,

Was ihres mächtigen Oberhaupts Befehl.

Rundum schweift sein erfahrnes Auge jetzt,

Durchfliegt gewandt die ganze Kriegerschar,

Die Ordnung und ihr Äußeres, wie Götter;

Dann überzählt er sie, und Stolz erfüllt

Sein Herz, und pocht verhärtet auf die Stärke.

Denn nie, seitdem der Mensch erschaffen, ward

Ein großes Heer gesehn, das im Vergleich

Mit diesem nicht ein kleines Völkchen wär',

Von Kranichen bekriegt, und wenn sich auch

Mit ihm vereint die Riesenbrut von Pflegra,

Die Helden, die bei Ilion und Teben

Gefochten unter Götterschutz und Schirm,

Ob auch mit ihm vereint die Ritterschaft

Britaniens und Armorica's, die einst

Mit Artus kämpfte, wie Romanzen melden,

Samt allen Gläub'gen und Ungläubigen,

Die in Asparamont und Montalban,

Damaskus und Marocco, Trapezunt

Seitdem gefochten, oder samt den Truppen,

Die einst Biserta sandt' aus Afrika,

Als Karl der Große mit den Palatinen

Bei Fontarabia fiel. – So weit dies Heer

Auch den Vergleich mit Menschen übertraf,

So fügt es doch dem Führer sich, der Alle

An Wuchs und Haltung, einem Turme gleich

Stolz überragte, denn noch hatte seine

Gestalt nicht all den frühern Glanz verloren.

Er sah wie ein gestürzter hoher Engel,

Des Glanzes Übermaß nur war verdunkelt;

Wie wenn die eben aufgegangne Sonne

Durch nebelhafte Luft des Horizonts,

Beraubt der hellen Strahlen, schimmert, oder

In düsterer Verdunklung hinterm Mond

Ein Zwielicht wirft auf unsrer Erde Hälfte,

Mit Furcht vor Wechsel Könige bedrohend:

Also verdunkelt, doch vor Allen strahlend

Stand Satan, auf der Stirne zwar die Narben

Des Donners, und auf seiner welken Wange

Das Mal des Kummers, aber wilder Mut

Und Stolz lag in den Augenbrauen, die

Auf Rache harrten; grimmig blickt das Auge,

Doch reuig auch und schmerzlich, wenn es jetzt

Die Mitgenossen seiner Schuld erblickt

– Wie anders waren sie im Heil zu schaun –

Verdammt zu gleichem, ewigen Los der Pein;

Millionen Geister, die durch seine Schuld

Vom Himmel ausgestoßen, und dem ew'gen Licht

Verschlossen waren, blieben doch ihm treu,

Nach dem Verlust der ew'gen Glorie selbst:

So streckt sich, wann des Himmels Glutenstrahl

Waldeichen oder Bergesfichten trifft,

Ihr stolzer Wuchs mit dem versengten Wipfel

Und laubentblößt auf öder Haid' empor.

Jetzt regt er sich zu sprechen, rasch umgeben

Die Doppelreihen ihn und schließen dann

Im Halbkreis ihn mit seinen Großen ein.

Aufmerkend schweigen sie. Drei Mal beginnt,

Und drei Mal bricht er, seinem Stolz zum Trotz,

In Tränen aus, sowie sie Engel weinen;

Zuletzt, gemischt mit Seufzen, fand er Worte:

»O Myriaden von Unsterblichen,

Ihr Mächte, die nur den Allmächtigen

Als Gleichen haben – und mit ihm war selbst

Der Kampf nicht ohne Ruhm, wiewohl zuletzt

Furchtbar, wie dieser Ort bezeugt und Wechsel,

Fluch! es zu sagen; doch welch eine Kraft

Des Geistes, die des Wissens Quell, Vergangnes

Und Gegenwärtiges enthüllen mochte,

Ließ fürchten, dass solch einige Göttermacht

Wie unsre, je vertrieben werden könnte?

Denn wer kann jetzt, nach dem Verluste selbst

Wohl glauben, dass die Legionen all,

Durch deren Sturz der Himmel leer geworden,

Nicht wieder eigenmächtig sich erheben

Und ihren Heimatsitz erobern würden?

Das ganze Heer des Himmels zeuge mir,

Ob ich voll Widerspruch geraten, oder

Gefahren scheuend, Hoffnung je verlor?

Doch Er, der als Monarch des Himmels herrscht,

Saß sicher auf dem Thron bisher, gestützt

Auf alten Ruhm, Gewohnheit und Vertrag,

Und prunkte mit dem königlichen Pomp,

Doch barg er seine Kraft, was uns zum Kampfe

Verlockt und unsern Sturz herbeigeführt.

Nun kennen seine Macht wir und die unsre,

So dass wir weder Ihn zum Kampfe reizen,

Noch auch gereizt uns fürchten vor dem Krieg;

Das Beste bleibt verborgen nun zu wirken

Durch List und Trug, was nicht Gewalt vermocht;

Damit er endlich von uns lerne, dass

Wer durch Gewalt den Feind besiegt, nur halb

Ihn überwunden hat. Erzeugen kann

Der Raum noch neue Welten, denn die Sage

Ging schon im Himmel, dass er eine Welt

In Kurzem schaffen wolle, drin ein neues

Geschlecht zu pflanzen, das mit gleicher Gunst

Er segnen würde, wie des Himmels Söhne.

Dahin vielleicht geht unser erster Ausfall,

Und sei's als Späher. Sei's auch anderswo!

Denn dieser Höllenpfuhl soll nimmermehr

Des Himmels Geister ketten, noch das Dunkel

Des Abgrunds lang sie decken. Doch der Plan

Erfordert, dass im vollen Rat er reife,

Dem Frieden Fluch! Wer denkt an Unterwerfung?

Zum Kriege! Krieg! sei's offen oder heimlich!«

Er sprachs, und zu bestätigen seine Worte,

Erblitzten Millionen Flammenschwerter,

Von mächtgen Cberubshüften rasch gezückt,

Erleuchtet war die Hölle weitherum;

Sie ras'ten gegen den Allmächtgen wild,

Und schlugen grimmig mit geschwungnen Waffen

Auf ihren klingenden Schilden Kriegeslärm,

Zum Himmelsdom die stolze Fordrung brüllend.

Unweit davon erhob ein Hügel sich,

Des großer Gipfel Rauch und Feuer spie,

Sonst war der Berg von glanz'ger Rind' umstrahlt,

Ein sichres Zeichen, dass in seinem Bauch

Metallisches Erz, das Werk des Schwefels, war.

Dort eilt beflügelt hin ein dichter Trupp

Schanzgräbern gleich, mit Spaten und mit Schaufeln,

Die vor dem königlichen Heere laufen,

Das Feld mit Wall und Graben zu umziehn.

Mammon voran, er, der gebeugteste

Der Geisterschar, die aus dem Himmel fiel.

Im Himmel selbst war immer niederwärts

Bei ihm Gedank' und Blick, bewundernd mehr

Des Himmels reiches Gold auf dem Getäfel,

Als all' das Heilige, was sich göttlich wies

In seligen Visionen; erst durch ihn

Erlernt der Mensch, die Tiefen zu durchplündern,

Und mit verruchter Hand die Eingeweide

Der Mutter Erde zu durchwühlen, nur

Der Schätze halb, die besser drin verborgen.

Geräumige Wunde hatte bald sein Trupp

Im Berg geschlagen und des Goldes Rippe

Herausgegraben. Niemand staun' etwa,

Dass Reichtum in der Hölle Tiefe wachse,

Des teuern Fluchs ist dieser Boden wert.

Lasst Jene hier, die irdische Dinge preisen,

Von Babel staunend reden und von Werken

Der Könige von Memphis; lernen, wie

Des Ruhmes größtes Monument voll Kraft

Und Kunst von der verworfnen Höllenschar

Leicht übertroffen wird in einer Stunde,

Was voller Fleiß kaum in Jahrhunderten

Zahllose Menschenhände bilden können.

Nah bei der Ebne schmelzt' in mancher Zelle,

Auf deren Grund ein flüssig Feuer quoll

Aus jenem See, ein zweiter Haufe künstlich

Erzmassen, von dem Gold die Schlacken sondernd;

Ein dritter hat im Boden schon gebildet

Verschiedne Formen und erfüllt die Rinnen

Durch wundersame Gäng' aus jenen Zellen:

So wie der Schall in einer Orgel schnell

Vom Windeshauch aus mancher Pfeife tönt.

Dann aus der Erde stieg ein Riesenbau

Gleich einem schnellen Dunst empor, beim Klang

Der zartsten Melodien und reinsten Stimmen,

In Tempelform, mit Pfeilern ringsumbaut,

Und dorischen Säulen, deren Architrav

Von Golde war; auch fehlte weder Fries,

Kranzleisten, noch erhabene Skulptur,

Das Dach war echtes Gold. Nicht Babylon

Noch Alcairo reicht' an diese Pracht,

Wenn sie im größten Flor für ihre Götter

Belus, Serapis Tempel bauten oder

Paläste für die Fürsten, als an Reichtum

Und Pomp Ägypten mit Assyrien stritt.

Die Säulen standen stattlich und vollendet,

Die ehernen Flügel öffnet schon das Tor,

Enthüllt den weithin ausgedehnten Raum

Auf glattem Estrich; vom gewölbten Dach

Hängt durch Magie so manche Reihe Leuchter

Und Sternenlampen, von Asphalt und Naphta

Genährt und voller Glanz wie Himmelslicht.

Bewundernd trat der hastige Haufen ein,

Der pries das Werk und jener dort den Meister,

Des Hand berühmt durch manchen hohen Bau

Im Himmel war, wo ihren Thron die Engel

Mit Szeptern hatten und wie Fürsten saßen,

Weil sie der höchste Herr mit Macht begabt,

Der sie beherrschen ließ die lichten Scharen,

Und Jeden zwar im eigenen Bezirk.

Sein Name war bekannt und hochgeehrt

In Griechenland; und in Ausonien

Ward er vom Volke Mulciber genannt,

Und da er aus dem Himmel stürzte, ging

Die Sage, dass ihn Zeus geschleudert habe

Im Zorn herab von den kristallnen Zinnen,

Wo er vom Morgen bis zum Mittag fiel,

Und immerfort bis zum betauten Abend;

Worauf er mit der Sonne vom Zenith

Ein fallender Stern herab auf Lemnos sank, –

Doch irrte das Gerücht, denn dieser fiel

Schon lang vorher mit der Rebellenschar,

Nichts frommt es ihm, dass er erhab'ne Dome

Im Himmel türmte, denn mit allen Künsten

Ward häuptlings er mit seiner ems'gen Schar

Herabgestürzt, die Hölle zu bebaun.

Indes verkünden auf Befehl des Satans

Beschwingte Heroldsboten mit Trompeten

Und hohem Pomp dem Heere feierlich:

Dass sich der höchste Rat versammeln möge

In Pandämonium, als dem hohen Sitz

Des Satans und der Seinen; ihre Ladung

Berief von jeder Schar und Legion

Die Würdigsten nach Stellung oder Wahl.

Gleich nahten sie von Tausenden begleitet,

Durch jeden Zugang war Gedräng. Die Tore,

Vorhallen, und zumeist die große Halle

(Sie glich mehr einem überdeckten Feld,

Wo Kämpfer sich auf Rossen tummelten

Und vor des Sultans Thron die besten Ritter

Der Heiden in den Zweikampf forderten)

War dicht umschwärmt, und Erd' und Luft erklang

Vom Rauschen ihrer Flügel. Wie die Bienen

Im Lenz, wann in den Stier die Sonne tritt,

Ihr zahlreich Völkchen aus dem Stock in Schwärmen

Aussenden, und auf Blumen hin und her

Im Taue fliegen, oder auf dem Bret,

Dem glatten Hof der strohgeflochtnen Burg,

Mit Balsam neu bestrichen, die Geschäfte

Des kleinen Staats beraten: also dicht

Drängt sich das luftige Heer, bis ein Signal

Ertönt – und sieh ein Wunder! die vorhin

Der Erde Riesen überragten, sie

Sind kleiner als die kleinsten Zwerge jetzt,

Und dringen zahllos in den engen Raum,

Wie die Pygmä'n, jenseits von Indiens Bergen;

Wie Elfen, deren mitternächtigen Tanz

Bei einem Waldplatz oder einem Quell

Der Landmann sieht, vielleicht auch träumt zu sehn;

Indes der Mond herrscht über seinem Haupt,

Im blassen Gange sich der Erde naht,

Ergötzen jene, nur auf Scherz bedacht,

Das Ohr ihm mit der lieblichsten Musik,

Dass Lust und Furcht zugleich im Herzen wallen.

So schufen diese körperlosen Geister

Aus Riesenform die niedlichste Figur,

Und saßen ganz geraum, wiewohl unzählig,

Inmitten dieser unterirdischen Halle.

Doch tiefer drin, und im gehörigen Maß

Sich selbst gleich, saßen im verborgnen Raum

Geheim die Seraphim und Cherubschar,

Zahlreich auf goldnen Sesseln, wohl an tausend

Halbgötter. Dann begann nach kurzem Schweigen,

Verles'nem Aufgebot der große Rat.

Zweiter Gesang – Satan plant, die Erde aufzusuchen

Inhaltsverzeichnis

HOCH AUF DEM THRON von königlichem Prunk,

Der all den Reichtum Indiens und Ormuz's,

Wie den, wodurch des Ostens reiche Hand

Mit Perl' und Gold die Fürsten überströmt,

Weit überstrahlte, saß der Satanas.

Durch sein Verdienst zu solcher Höh' erhoben

Und durch Verzweiflung über alles Maß

Gestiegen, strebt er höher noch hinaus,

Um unersättlichen, doch eitlen Krieg

Mit Gott zu führen, achtlos des Erfolgs,

Enthüllt er seine stolzen Pläne so:

»Ihr Herrschermächte, Herrn und Himmelsgötter,

Weil keine Tief' im Abgrund ew'ge Kraft,

Wenn auch gestürzt sie ist, erhalten kann,

Geb' ich noch nicht den Himmel für verloren.

Von diesem Fall erstehend, wird die Kraft

Die himmlische, weit herrlicher erscheinen,

Und hat den zweiten Fall nicht zu befürchten.

Zwar hat mich Recht und himmlisches Gesetz

Zu eurem Haupt erwählt, dann freie Wahl,

Nebst dem, was ich im Rat und im Gefecht

Mir an Verdienst erwarb; doch der Verlust,

So weit er wiederum ersetzt, hat mir

Den Thron, noch unbeneidet, mehr befestigt,

Den volle Beistimmung mir übergab.

Des Himmels Heil, von Würde stets begleitet,

Mag im Geringern wohl den Neid erregen,

Doch wer beneidet Den, des höchster Stand

Zum Ziel des Donnerers zuerst ihn stellt,

Als euer Bollwerk, und verdammt zur Fülle

Endloser Pein? Wo keine Güter winken

Als Kampfesziel, regt sich kein Streit zur Spaltung;

Denn Keiner wünscht der Hölle Vorzug wohl,

Und Keiner, dessen Qual nur wenig wiegt,

Wird größre noch verlangen. Einigkeit

Und feste Treue, wie sie kaum im Himmel,

Lässt unser altes rechtes Erbe fordern,

Gewisser des Erfolgs, als je das Glück

Uns zuerteilte; was der beste Weg,

Ob offnes Kämpfen, ob verdeckte List,

Erwägen wir: wer Rat weiß, möge sprechen.«

Er schwieg, und ihm zunächst stand Moloch auf,

Ein szeptertragender Fürst, der stärkste Geist,

Der wild im Himmel focht, und wilder jetzt

Noch aus Verzweiflung war; er hielt an Stärke

Dem Ewigen sich gleich und wollte lieber

Nicht sein, als weniger; bei diesem Glauben

Schwand alle Furcht, um Gott, um Höll' und Ärg'res

Ganz unbekümmert, sprach er diese Worte:

»Mein Rat ist offner Krieg, nicht rühm' ich mich

Der List, worin ich unerfahren bin;

Lasst Dem sie, wem sie nötig, oder wenn

Sie nötig, nur nicht jetzt. Soll, während Solche

Nachgrübelnd sitzen, die bewaffnete

Million, die das Signal zum Kampf ersehnt,

Als Flüchtlinge des Himmels müßig schmachten,

Als Wohnsitz diesen dunkeln Pfuhl der Schmach,

Den Kerker seiner Tyrannei, der nur

Durch unsre Zögerung regiert, empfangen?

Nein, lasst uns lieber mit der Hölle Feuer

Und Wut uns waffnen, um auf Einmal all'

Unwiderstehlich zu des Himmels Zinnen

Vorschreitend unsre Marterqual als Waffe

Dem Peiniger entgegen zu verwandeln.

Dann soll auf seines Wurfgeschosses Tosen

Der höllische Donner dröhnen; statt des Blitzes

Nur schwarze Glut, mit gleicher Wut geschossen,

Die Engelschar umlodern und sein Thron

Mit Schwefel sich und fremdem Feuer, erst

Als Folter uns erwählt, umflutet sehn.

Doch Manchem scheint vielleicht der Weg zu steil

Mit ausgespreizten Schwingen gegen jenen

Gewalt'gern Feind; drum lasst bedenken uns,

Wenn nicht der Trank aus dem Vergessenspfuhl

Sie noch umnebelt, dass wir in die Heimat

In uns gebührender Bewegung steigen,

Zu fallen, wär' zuwider unserm Wesen.

Wer fühlte jüngst nicht, als der trotz'ge Feind

An des geschlagnen Heeres Nachtrab hing,

Uns in die Tiefe trieb, mit welchem Zwang

Und mühevollem Flug so tief wir sanken?

Aufsteigen ist drum leicht, der Ausgang ist

Gefürchtet; reizten wieder wir den Stärkern,

Kann schlimmre Wege zum Verderben uns

Sein Zorn erwählen, wenn wir in der Hölle

Noch Furcht vor ärgerer Zerstörung kennen.

Was gibt es Schlimmres wohl, als hier zu wohnen,

Fern von der Seligkeit, in grauser Tiefe,

Zu grenzenlosem Weh verdammt zu sein?

Wo unauslöschbar quälend Feuer uns

Ganz ohne Hoffnung eines Endes foltert,

Als seines Zorns Vasallen, wenn die Peitsche

Und Folterstund' uns ruft zur Züchtigung?

Noch mehr zerstört, als jetzo, würden wir

Durchaus vernichtet sein und aufgerieben.

Was fürchten wir, was zaudern wir, den Zorn

In ihm auf's Äußerste zu reizen? Wenn

Zur größten Wut wir ihn entflammen, wird

Er uns zerstören und in Nichts verwandeln,

Ein größer Glück, als ewig elend sein!

Wenn aber unser Wesen göttlich ist,

Nicht lassen kann zu sein, so droht uns auch

Nichts Schlimmres mehr, und die Erfahrung spricht

Für unsrer Kräfte Fülle, seinen Himmel

Zu stören und mit stetem Kampfe seinen

Zwar unersteiglich grausen Thron zu schrecken.

Ist dies nicht Sieg, so ist's doch mind'stens Rache.«

Er endete mit finstrer Stirn, sein Blick

Verkündet Rache der Verzweiflung, Krieg,

Gefährlich für Geringere, denn Götter.

Drauf regt sich Belial auf der andern Seite,

Mehr zierlich, so wie menschlich an Gebärde.

Wohl schönern Geist verlor der Himmel nie,

Er schien gebildet nur für würd'ge Taten,

Doch Alles war noch falsch und hohl an ihm,

Obwohl ihm Manna von der Zunge floss,

Dass selbst die schlimme Sache besser schien,

Womit der reifste Rat vereitelt ward.

Sein Sinn war niedrig, nur für Laster emsig,

Bei edlern Taten aber feig und träg';

Dem Ohre schmeichelt seine Rede wohl,

Und überredend sprach er sanften Tones:

»Ich stimme ganz für offnen Krieg, ihr Herrn,

Denn in dem Hasse steh' ich Keinem nach,

Wenn nicht der Grund, der angeführet ward,

Um unbedingt den Krieg uns anzuraten,

Mir ihn am meisten widerriet' und schlimme

Vorahnung dem Erfolg zu drohen schien;

Wenn er, der in den Waffen ausgezeichnet,

Dem eignen Rat, so wie dem Krieger selbst

Misstrauend auf Verzweiflung und Vernichtung

Den Mut begründet, als ob dies der Zweck,

Das ganze Streben grauenvoller Rache.

Doch welche Rache! Sind ja doch die Zinnen

Des Himmels mit Bewaffneten besetzt,

Die jeden Zugang unerreichbar machen.

Oft lagern Legionen an dem Rand

Des Abgrunds, mit den dunkeln Schwingen tief

Und weit in's Reich der Nacht hinein zu spähn,

Des Überfalles spottend. Könnten wir

Bahn brechen uns zum Himmel mit Gewalt,

Und folgte mit der schrecklichsten Empörung

Die Höll' uns auf den Fersen, um des Himmels

Licht zu vertilgen, würde dennoch unser

Gewalt'ger Feind unüberwindlich auf

Dem ewig unbefleckten Throne sitzen,

Und der äther'sche Stoff, der Flecken bar,

Vermöchte bald das Unheil auszustoßen,

Vom niedern Feuer glorreich sich zu läutern.

Zurückgeschlagen so, bleibt unsre Hoffnung

Verzweiflung nur; wir müssen den Allmächt'gen

Erbittern und zu höchster Wut ihn reizen,

Die uns vernichtet und dann unser Nichtsein

Als Heilung bringt; o schreckenvolle Heilung!

Wer würde wohl, wenn er auch voller Qual,

Dies geist'ge Sein verlieren, die Gedanken,

Die durch die Ewigkeiten wandern, nur,

Um zu vergehn, verloren und verschlungen

Vom weiten Schoß der unerschaffnen Nacht,

Bewegungslos und des Gefühls beraubt?

Wer weiß, wenn dies ein Gut auch selber wär',

Ob der ergrimmte Feind es geben kann,

Und ob er's jemals will? Ob er es kann,

Ist zweifelhaft; dass er's nicht will, gewiss.

Wird er, der Weise, seinen Zorn auf einmal

Entzügeln, um aus Unbedacht und Schwäche

Den Feinden ihr Begehren zu erfüllen?

Im Grimm sie zu vernichten, die sein Grimm

Endlosen Strafen aufbewahrt? Was zaudern!

So rufen Jene, die zum Kriege raten,

Wir sind zu ew'gen Leiden ja bestimmt,

Was wir auch immer tun, was können wir

Noch mehr erdulden und wohl Schlimm'res leiden?

Ist es das Ärgste, dass beratend wir

Also im Waffenschmuck hier niedersitzen?

Wie, wenn wir schnell entflöhn, verfolgt, getroffen

Vom Himmelsdonner und die Tiefe bäten,

Uns zu beschirmen? Dann erscheint die Hölle

Uns Zuflucht für die Wunden. Oder wenn

Gekettet auf dem Feuersee wir lägen?

Dies wär' ja ärger noch. Wie, wenn der Hauch,

Der dieses grimm'ge Feuer zündete,

Zu siebenfacher Wut er steigern wollte,

Um in die Flammen uns zu stürzen? Oder

Von oben die beruhigte Rache wieder

Die rote rechte Hand bewaffnete,

Uns neu zu quälen? Wie, wenn alle Räume

Geöffnet und der Hölle Firmament

In Feuerkatarakten sich ergösse

Und niederhängende Schrecken unsre Häupter

Mit grausevollem Einsturz einst bedrohten,

Indessen wir vielleicht glorreichen Kampf

Beraten, und ein Feuerstrudel uns

Ergriff und an die Felsen heftete,

Ein Spiel und Raub der wilden Wirbelwinde,

Wenn wir in Ketten für die Ewigkeit

In jenen siedenden Ocean versänken,

Dort unter ew'gem Stöhnen, unerleichtert,

Mitleidlos, unerlöst, jahrtausendlang

Ganz hoffnungslos zu weilen? Ärger wär's!

Zum Krieg, zum offnen, zum verborgenen,

Mag ich mit meiner Stimme drum nicht raten.

Was täte List und Stärke wider Den,

Der Alles ja auf Einmal übersieht?

Von Himmelshöhn verlacht er all die eitlen

Empörungen, und macht all' unsre Pläne

Zu nichte, weil er der Gewalt durch Allmacht

Zu widerstehn vermag. Im Elend leben,

Wie sollten wir's, ein Volk des Himmels, das

Gedrückt, verstoßen, Qual und Ketten trägt?

Eh' dies als Ärg'res – ist mein Rat, dieweil

Ein unvermeidlich Schicksal uns bewältigt,

Der Wille des Besiegers und sein Rat.

Und leiden, so wie handeln können wir;

Gerecht ist das Gesetz, das es befiehlt.

Wenn klug wir waren, rieten wir dazu

Schon damals, als wir mit dem mächt'gen Feind

Es wagten, wo der Sieg so ungewiss.

Ha! lachen muss ich, zittern solche, die

Kühn auf die Waffen trotzten, wenn sie fehlen,

Und Jenes fürchten, was doch, wie sie wussten,

Erfolgen musste: Schande, Ketten, Elend

Und Pein, wozu der Sieger sie verdammt.

Dies ist nun unser Los, und wenn wir's dulden,

Wird unser höchster Feind vielleicht dereinst

Ablassen von dem Zorn, und so entfernt

Von ihm beleid'gen wir ihn nicht, und er

Begnügt mit der erteilten Strafe sich.

Dann wird sich mindern auch des Feuers Wut,

Sobald sein Atem nicht die Flammen facht

Das rein're Wesen überwindet dann

Den grassen Dampf; vielleicht auch würden wir,

Daran gewöhnt, ihn nicht mehr fühlen, oder

Verändert und mit diesem Ort vertraut,

Die Schmerzen nicht der grimm'gen Hitze fühlen;

Der Schrecken wird uns mild, das Dunkel hell.

Wer weiß, welch eine Hoffnung die beständ'ge

Flucht künft'ger Tage mit sich bringen kann,

Welch einen Wechsel, wert, darauf zu warten,

Da unser jetzig Los zwar glücklich nicht,

Nur schlimm ist; schlimm jedoch das schlimmste nicht,

Wenn wir uns selbst nicht größres Weh erzeugen.«

Also riet Belial, gehüllt die Worte

In der Vernunft erborgtes Kleid, zur Ruh',

Zu freudevoller Trägheit, doch nicht Frieden,

Und nach ihm redete der Mammon so:

»Entweder streiten wir, wenn Krieg das Beste,

Damit den Himmelskönig wir entthronen

Und wiederum verlornes Recht gewinnen.

Ihn zu entthronen können dann wir hoffen,

Sobald das ew'ge Schicksal sich in Zufall

Verwandelt und das Chaos Richter wird.

Das Erstere zu erhoffen, ist zu eitel

So wie das Letztre. Welchen Platz im Himmel

Vermögen zu erringen wir, wenn nicht

Den höchsten Herrn des Himmels wir bezwingen?

Wenn er besänftigt uns auch Gnade böte,

Sobald Gehorsam wir und Treu verhießen,

Mit welcher Stirne beugten wir uns ihm,

Um des Befehls zu lauschen, seinen Thron

Mit Hymnen hoch zu feiern, seiner Gottheit

Gezwung'nes Halleluja singend, während

Als Herr er auf dem Thron beneidet herrschte,

Und sein Altar ambrosisch duftete

Von Blumen, die wir sklavisch opferten?

Dies wär' im Himmel unser Tagsgeschäft

Und unsre Lust; welch eine Ewigkeit,

Wenn, den wir hassen, wir verehren müssten.