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Die Grosvenor - In den Sturm In diesem ersten Band erzählt William Clark Russell die dramatische Geschichte des Handelsschiffes Grosvenor und seiner Besatzung, die in einen gewaltigen Sturm gerät. Als die Elemente entfesselt sind und die Natur mit aller Kraft auf das Schiff einschlägt, ringen Kapitän und Mannschaft um jeden Meter auf hoher See. Intrigen und Spannungen unter den Seeleuten spitzen die Lage weiter zu und machen diesen Kampf ums Überleben zu einem erbitterten Wettlauf gegen Zeit und Schicksal. Ein fesselnder Einstieg in die Welt der maritimen Abenteuer und die unberechenbare Kraft des Meeres.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Über dieses Buch
Das Wrack der Grosvenor zählt zu den eindrucksvollsten Seegeschichten des 19. Jahrhunderts. William Clark Russell erzählt die dramatische Geschichte eines Handelsschiffes, dessen Besatzung nicht nur gegen die Naturgewalten, sondern auch gegen Ungerechtigkeit und Verrat kämpfen muss.
Mit eindringlicher Präzision schildert Russell die raue Wirklichkeit des Lebens auf See, die Kameradschaft unter den Seeleuten und die Herausforderungen, die sie auf ihrer gefährlichen Reise bewältigen müssen. Ein zeitloser Klassiker, der die Härte und die Schönheit des maritimen Lebens in unvergesslichen Bildern einfängt.
Über den Autor
William Clark Russell war ein produktiver britischer Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, dessen Werke ihn zum Meister der Seegeschichte machten. Er wurde 1844 in New York als einer von vier Söhnen des englischen Komponisten Henry Russell und seiner Frau Isabella Lloyd geboren, die ihm ihre literarische Leidenschaft und ihren Sprachwitz vererbten. Russell verbrachte seine Schulzeit in England und Frankreich und plante sogar eine Reise nach Afrika, bevor er mit 13 Jahren die Schule verließ, um zur britischen Handelsmarine zu gehen.
Seine Jugendjahre auf See prägten ihn tief und dienten ihm später als unerschöpfliche Quelle für seine Geschichten. An Bord der „Duncan Dunbar“ lernte er die Härte und Strenge des Seemannslebens kennen und reiste bis nach Asien und Australien. Eindrücke wie die Eroberung der Taku-Festungen vor der chinesischen Küste oder die dramatische Begegnung mit einem psychisch labilen Offizier inspirierten ihn, seine Erlebnisse aufzuschreiben. Diese Berichte führten schließlich zu einer Karriere als Schriftsteller, die ihm trotz gesundheitlicher Rückschläge großen Erfolg brachte.
Russells Werk ist bekannt für seine packenden Schilderungen des Lebens auf See und die Darstellung menschlicher Schicksale vor dem Hintergrund der rauen Natur. Sein bekanntestes Buch, The Wreck of the Grosvenor (1877), zählt zu den bedeutendsten Seefahrtsromanen seiner Zeit und vermittelt dem Leser Einblicke in die Gefahren und sozialen Dynamiken des viktorianischen Schiffsalltags. Russell verstand es, Spannung mit Authentizität zu verbinden und prägte damit das Genre des Seefahrerromans entscheidend.
Auch wenn sein Bekanntheitsgrad heute nicht an den seiner Zeitgenossen Charles Dickens oder Robert Louis Stevenson heranreicht, bleibt Russell für Liebhaber der Seefahrtsliteratur eine wichtige Figur. Werke wie The Frozen Pirate (1887) und An Ocean Tragedy (1890) zeigen seine Fähigkeit, Abenteuer und Übernatürliches miteinander zu verweben und die psychologische Tiefe seiner Figuren auszuloten. Neben seinen Romanen verfasste Russell zahlreiche Kurzgeschichten und Essays, die von der Seefahrt und dem Überlebenswillen der Menschen handeln.
Russells Werk umfasst auch biografische und historische Werke über die britische Seefahrtsgeschichte, die von seiner profunden Kenntnis und Leidenschaft für dieses Thema zeugen. Seine Erzählungen sind nicht nur Abenteuergeschichten, sondern auch eindrucksvolle Porträts der menschlichen Natur, von Mut und Verzweiflung bis hin zu Hoffnung und Sehnsucht. William Clark Russells Vermächtnis bleibt eine eindrucksvolle literarische Brücke in eine Zeit, als die Seefahrt noch Abenteuer und Entbehrung bedeutete und das Meer Bedrohung und Verheißung zugleich war.
Neben seinen Romanen war Russell auch für seine Kurzgeschichten und Essays bekannt, die oft in Zeitschriften veröffentlicht wurden und sich mit Themen der Seefahrt und des menschlichen Überlebenswillens befassten. Sie zeugen von seinem ausgeprägten Sinn für dramatische Erzählungen und seinem tiefen Respekt für die Menschen, die ihr Leben auf See verbrachten.
Russells literarisches Spektrum umfasste auch biografische und historische Werke, in denen er die Geschichte der britischen Seefahrt und berühmter Schiffsreisen nachzeichnete. Diese Schriften tragen zum Umfang seines Werks bei und zeugen von seinem umfassenden Wissen und seiner Leidenschaft für das Thema.
Zusammen bilden diese Werke ein beeindruckendes Vermächtnis, das den Leser in eine Zeit zurückversetzt, in der das Meer sowohl Verheißung als auch Bedrohung war - eine Welt, die Russell mit unvergleichlicher Detailtreue und erzählerischer Kraft wiedergab.
Über das Buch
Der erste Band von Das Wrack der Grosvenor beginnt mit der Einführung von Mr. Royle, dem ersten Offizier des gleichnamigen Handelsschiffes, das unter dem Kommando eines unerbittlichen Kapitäns steht. Schon bald wird deutlich, dass die Besatzung unter harten Bedingungen arbeitet und der Kapitän keinerlei Nachsicht mit seinen Männern hat. Sein erster Offizier, Mr. Duckling, ist ebenso skrupellos und führt Befehle ohne Rücksicht auf Verluste aus. Royle gerät in Konflikt mit der autoritären Schiffsführung, als er versucht, sich für die Männer einzusetzen.
Während die Grosvenor ihre Reise fortsetzt, zieht ein schwerer Sturm auf. Die Mannschaft kämpft gegen die Naturgewalten, doch gleichzeitig wächst die Unzufriedenheit unter den Seeleuten, die sich gegen die unmenschliche Behandlung durch den Kapitän zu wehren beginnen. Inmitten dieser Spannungen entdeckt man auf hoher See ein Schiff mit Schiffbrüchigen, darunter eine junge Frau und ihr Vater. Trotz des Widerstands des Kapitäns werden sie an Bord genommen.
Die Anwesenheit der Geretteten verschärft die ohnehin angespannte Lage, da sich herausstellt, dass sie von einem anderen Schiff stammen, das durch eine Meuterei übernommen wurde. Der Kapitän zeigt sich unerbittlich und weigert sich, ihnen Schutz zu gewähren. Royle, der sich zunehmend gegen seinen Vorgesetzten stellt, erkennt, dass er nicht länger untätig bleiben kann. Die Feindseligkeiten zwischen Kapitän, Offizieren und Besatzung eskalieren, und es wird deutlich, dass sich eine offene Rebellion anbahnt. Der erste Band endet mit wachsender Spannung, die sich in einer Meuterei entladen, während das Schiff weiter durch unsichere Gewässer fährt.
Inhalt
Cover
Kurzübersicht
Über den Autor
Über das Buch
Copyright
Disclaimer
Kapitel I
Kapitel II
Kapitel III
Kapitel IV
Kapitel V
Kapitel VI
Kapitel VII
Kapitel VIII
Kapitel IX
Hilf uns
Himmelsstürmer
Der Job
Zwei Jahre vorm Mast
Nirgendwann
Anne auf Green Gables
Fussnoten
Contents
Start of Content
Impressum:
Erschienen im kontrabande Verlag, Köln.
Landsbergstraße 24 . 50678 Köln
Ungekürzte Ausgabe © 2025 kontrabande Verlag
Erstmals 1877 erschienen im Verlag Sampson Low, Marston, Searle & Rivington, London, unter dem Titel „The Wreck of the Grosvenor“
Umschlagbild & Umschlaggestaltung: kontrabande Verlag, Köln.
Übersetzung: Mac Conin, kontrabande Verlag, Köln.
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ISBN 978-3-911831-00-0 Ebook
ISBN 978-3-911831-03-1 Taschenbuch
Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Bücher finden Sie auf unserer Website www.kontrabande.de
Viel Spaß beim Lesen.
Die Übersetzung wurde in Teilen leicht überarbeitet, um sie dem heutigen Sprachgebrauch anzupassen.
Kapitel I.
Alles deutete auf einen südwestlichen Wind hin. Die Küste Frankreichs, die auf der Backbordseite hoch und leuchtend am Horizont stand, wirkte durch die klare Nordluft vergrößert. Selbst aus dieser Entfernung konnte man das blasse Smaragdgrün der oberen Hänge erkennen und die schattigen Konturen der vorspringenden Klippen auf dem weißen Untergrund ausmachen. Doch allmählich begann das Land zu verblassen, obwohl die Sonne noch fast eine Stunde von ihrem Untergang entfernt war und hinter dem kargen Foreland stand.
Der Nordwind, der uns mit einer schäumenden Bugwelle den Fluss hinuntergetragen hatte und uns nun bis in die Nähe des Gull-Feuerschiffs gebracht hatte, ließ rasch nach. Es blieb kaum noch genug Wind, um die Royals gefüllt zu halten. Die Schiffsnummer, die ich gerade am Heck gehisst hatte, eine Reihe bunter Flaggen, die sich leuchtend gegen das weiße Segel des Spankers1 abhoben, flatterte träge im schwachen Luftzug.
Die gesamte Szenerie war in diesem Moment wunderschön. Vom North Foreland bis zu den fernen französischen Landzungen lag eine große Ruhe über dem Wasser. Der Ozean schien einzuschlafen, Schiffe glitten sanft dahin, während die Schatten langsam wuchsen.
Auf der Steuerbordseite lag die Stadt Deal, eine warme Ansammlung von Häusern. Eine Windmühle drehte sich träge auf den grünen Hügeln. Hier und da blitzte ein Fenster im Sonnenlicht auf. Im Vordergrund erstreckte sich ein sanft abfallender Strand mit Booten, die hoch und trocken lagen. Eine weiße Gischtlinie lief an der Wasserkante entlang und ihr Rauschen war selbst an Bord zu hören, wenn es still wurde.
Die untergehende Sonne leuchtete über das gewaltige South Foreland hinweg und warf den grauen Umriss der Klippe tief ins ruhige Wasser. Doch ihr roter Schein breitete sich weit aus. Er lag auf den trockenen weißen Hügeln von Sandwich und den dahinterliegenden Ebenen. Der Kontrast zwischen Land und Himmel war so scharf, dass die Küste aus der Ferne viel näher wirkte, als sie tatsächlich war.
In den Downs lagen drei oder vier Dutzend Schiffe vor Anker. Einige warteten auf einen Windwechsel, andere stellten sich auf eine mehrstündige Flaute ein. Ein paar wenige, wie wir, segelten langsam über die schwache Strömung, jedes verfügbare Stück Segel gesetzt, um noch rechtzeitig einen sicheren Ankerplatz zu erreichen, bevor der Wind völlig nachließ und die Strömung kippte.
Ein großes Schiff wurde den Kanal hinaufgeschleppt. Seine Segel waren geborgen, und die Masten sowie die Takelage zeichneten sich filigran wie Elfenbeinschnitzereien gegen den Himmel ab. Das gleichmäßige Schlagen der Schiffsschrauben war deutlich zu hören. Obwohl Schiff und Schlepper eine Seemeile entfernt waren, trug der Wind den Klang bis zu uns herüber.
Hier und da ruderten kleine Boote von den ankernden Schiffen in Richtung Ufer. In der Ferne klangen die gedämpften Rufe der Matrosen, die ein großes Segel bargen oder mehr Ankerkette herausließen. Das rhythmische klank, klank des Ankerspills hatte fast etwas Musikalisches. Im Osten war der Himmel tiefblau. Entlang der Wasserlinie schimmerten weiße Segel im Sonnenlicht wie leuchtende Zeichen.
Ich war in der richtigen Stimmung, um diese friedliche Szene zu genießen. Ich würde England für lange Zeit verlassen. Der Anblick der kleinen Stadt Deal, der mächtigen Foreland-Klippen und der weißen Küsten, die wir längst hinter uns gelassen hatten, traf mich tief. Es war ein stiller Abschied von der alten Heimat, ohne Worte, ohne Tränen.
„Der Lotse will ankern“, sagte eine Stimme hinter mir. „Ich habe ihn gerade zum Kapitän sagen hören, dass er mit einer leichten südwestlichen Brise rechnet. Das ist wirklich ärgerlich! Vielleicht muss in der Nachtwache die ganze Mannschaft antreten, um wieder in Fahrt zu kommen.“ „Das habe ich erwartet“, sagte ich und wandte mich einem kleinen, untersetzten Mann zu, der einen dichten roten Bart unter dem Kinn hatte und dessen Haut, durch dreißig Jahre Sonne, Wind und Schmutz rund um die Welt gegerbt, wie gelbes Leder wirkte. Es war der Erste Maat, Mr. Ephraim Duckling, den ich ohne große Zweifel für einen Yankee hielt, auch wenn er nicht durch die Nase sprach.
Als ich ihn zum ersten Mal in den West India Docks traf, war ich ihm mit einer gewissen Skepsis begegnet. Er hatte blaue Augen, von denen eines leicht schielte. Das verlieh ihm, ob beabsichtigt oder nicht, eine humorvolle Ausstrahlung und gab ihm einen Vorteil gegenüber anderen, die witzig sein wollten. Sein Haar war dicht, grob und so feuerrot, dass man es bedenkenlos als Türmatte hätte verwenden können. Seine Beine waren kurz, sein Oberkörper dafür umso länger und breiter. Ich konnte seine Kraft daran abschätzen, wie sich sein Arm ausdehnte und beinahe die Ärmel seines Mantels sprengte, wenn er ihn beugte.
Mir gegenüber war er bisher einigermaßen höflich gewesen, wenn auch auf eine ziemlich ruppige Weise. Den Männern gegenüber hatte er bislang kaum Befehle erteilt.
„Das habe ich erwartet“, wiederholte ich. „Ich habe in den letzten fünfzehn Minuten die Küste Frankreichs beobachtet. Die Luftfeuchtigkeit hat sie fast völlig verdeckt. Ich bezweifle, dass wir die Downs noch erreichen, bevor die Flaute einsetzt.“
„Über Land gibt es ein wenig Wind, sonst würde diese Mühle dort nicht drehen.“
Er hob den Blick zum Himmel, dann trat er zur Reling und schaute über Bord. Ich folgte ihm. Das klare grüne Wasser glitt langsam vorbei, hin und wieder trieb ein Büschel Seetang oder eine große durchsichtige Qualle vorbei, manchmal auch ein gewaltiger Krebs, der auf der Wasseroberfläche trieb. Eine feine Wellenbewegung breitete sich in einem Halbkreis vom Bug des Schiffes aus.
Zumindest konnten wir so erkennen, dass wir uns bewegten. Auch wenn es nur daran zu erkennen war, dass der Mast des Gull-Feuerschiffs langsam an der weißen Segelfläche eines Schiffes vorbeizog, dessen Rumpf unterhalb des Horizonts östlich der Sandbänke verborgen blieb.
Einige Männer standen auf dem Vorschiff und deuteten auf die Küste. Andere hatten sich in einer Gruppe nahe der Kombüse versammelt und unterhielten sich mit dem Koch, einem dicken, blassen Mann mit hochgekrempelten Ärmeln aus Flanell.
In dem Langboot grunzten die Schweine und bildeten eine seltsame Begleitung zum aufgeregten Gegacker der Hühner, die unter der Bootswinde eingepfercht waren.
Das Meer war spiegelglatt, die großen Segel hingen leblos in der Luft. Nur die leichten Royals bewegten sich hin und wieder träge gegen den Mast schlagend, begleitet von einem leisen, fernen Geräusch.
Der Kapitän stand auf der Luvseite des Poopdeck2s, nahe dem Steuerbord-Heckboot, und unterhielt sich mit dem Lotsen.
Man stelle sich einen hochgewachsenen, wohlgeformten Mann vor, mit eisgrauem Haar, einer schmalen, gebogenen Nase, einem straffen, schmalen Mund und kleinen dunklen Augen, die einen gebieterisch unter buschigen Brauen hervor musterten. Seine weißlichen Koteletten verliefen schräg über die Wangen. Gekleidet war er mit einem hohen Zylinder, einer langen Offiziersjacke und eckigen Stiefeln.
Kapitän Coxon war ein ausgesprochen gutaussehender Mann, und er entsprach in keiner Weise der gängigen Vorstellung eines Handelsschiffskapitäns. Zum Glück war es ja keine Voraussetzung für gute Seemannschaft, dass ein Mann krumme Beine, eine kupferrote Nase und glasige Augen haben musste. Auch musste er kein Pökelfleisch einer feinen Mahlzeit vorziehen oder billigsten Rum statt guten Wein bevorzugen.
Schon bevor ich die Grosvenor betrat, hatte ich gehört, dass Coxon ein fähiger Seemann war, allerdings ein Tyrann gegenüber seiner Mannschaft. Das störte mich jedoch nicht. Ich hielt mich für fähig genug, meine Pflichten so zu erfüllen, dass ich seinen Zorn nicht auf mich zog. Und überhaupt: Wer das Leben auf See kennt und weiß, dass jede Stunde eine neue Gefahr bringen kann, würde jederzeit einen strengen, aber kompetenten Kapitän einem gutmütigen, aber unfähigen vorziehen.
Der Lotse war ein kleiner, dunkelhäutiger Mann mit buschigen Koteletten und einem dicken, schokoladenfarbenen Schal um den Hals, obwohl wir mitten im August waren.
Ich beobachtete die beiden Männer bei ihrem Gespräch, als Duckling plötzlich sagte: „Ich glaube, wir werden Ärger mit den Kerlen vorne haben. Haben Sie gesehen, wie sie sich angestellt haben, als wir vor North Foreland Segel setzten?“ „Ja, das habe ich gesehen. Und ich kann Ihnen auch sagen, was los ist. Als ich nach dem Abendessen nach vorn ging, sprach mich der Koch an und sagte mir, dass die Männer über die Verpflegung schimpften. Er meinte, ein Teil des ausgegebenen Schweinefleischs würde stinken, und das Brot sei schimmlig und voller Maden.“
„Ach, darum geht es also!“ rief Duckling. „Warten Sie nur, bis ich sie erst mal auf See habe! Dann können sie was erleben, das schwöre ich ihnen. Dann werden sie wirklich Grund zum Jammern haben! Es ist einer von diesen Portugiesen unter ihnen, und keine Mannschaft bleibt anständig, wenn so ein Kerl an Bord ist. Die finden immer etwas, das nicht in Ordnung ist, und stacheln alle anderen so lange auf, bis das ganze Schiff in Aufruhr ist.“
Er marschierte zum Bruch des Achterdecks, stemmte die Arme breit auf die Messingreling und starrte mit zornigem Blick auf die Gruppe von Männern, die sich um die Kombüse versammelt hatte. Einige von ihnen wurden unruhig, wichen aus und gingen auf die andere Seite der Kombüse. Andere blieben stehen, verschränkten die Arme und starrten ihn herausfordernd an. Einer lachte, und das brachte Duckling sofort in Rage.
„Ihr faulen Hunde!“ brüllte er mit einer donnernden Stimme. „Habt ihr nichts zu tun? Ein paar von euch bringen das Ankerkabel weiter nach Luv! Du da, hol ein paar Schrubber und mach das Langboot sauber! Und ihr da auf dem Vorschiff, runter da und überprüft eure Fallen! Ich werde euch schon lehren, mit dem Koch herumzupalavern, ihr meckernden Nichtsnutze!“
Er machte eine so bedrohliche Bewegung, dass selbst die Widerspenstigsten der Männer augenblicklich in Bewegung kamen und sich hastig an die Arbeit machten.
Ich sah zum Kapitän hinüber, um zu erkennen, was er von diesem Ausbruch hielt. Doch weder er noch der Lotse schenkten der Szene die geringste Beachtung. Erst als Duckling fertig war, erteilte der Lotse einen Befehl, den der Erste Maat mit gewaltiger Stimme wiederholte: „Achtern antreten! Das Großsegel aufholen und einpacken!“
Die Männer warfen die Schrubber und Kettenhaken, die sie gerade aufgehoben hatten, auf den Boden und trotteten missmutig zum Hauptdeck. Duckling beobachtete sie mit dem Blick eines Mastiffs, der eine Katze fixiert.
Ich erkannte einige fähige Seeleute unter ihnen, doch sie alle gaben sich unbeholfen und träge. Während sie an den verschiedenen Tauen zogen, um das Segel für das Verstauen vorzubereiten, hörte ich sie in ihren Arbeitsliedern alle möglichen derben und beleidigenden Bemerkungen über das Schiff und seine Offiziere einfließen lassen.
Langsam kletterten sie in die Wanten hinauf, legten sich auf die Rah und murrten dabei unablässig. Um zu zeigen, wie unfähig sie angeblich waren, packten sie das Segel derart schlampig zusammen, dass einzelne Teile des Achterlieks herausschaute und so lose war, dass es beim ersten stärkeren Windstoß herausgerissen worden wäre.
Ich war der Meinung, dass Ducklings Verhalten auf veralteten Vorstellungen basierte. Traditionen, die britische Seeleute schon vor Jahren amerikanischen Kapitänen und Steuerleuten überlassen hatten. Er hatte bereits eine Reise mit Coxon auf diesem Schiff hinter sich, weshalb der Kapitän seinen Charakter kannte. Dass Coxon Ducklings Benehmen gegenüber den Männern durch sein Schweigen unterstützte, verhieß nichts Gutes.
Ich war mir sicher, dass sich die beiden einig waren, und dass uns allen, mich eingeschlossen, eine sehr unangenehme Reise bevorstand.
Inzwischen wartete Duckling, bis die Männer die Rah verlassen und sich an den Abstieg ins Rigg gemacht hatten. Dann brüllte er erneut:
„Furl the mainsail!“ – „Das Großsegel einholen!“
Die Männer hielten in ihrer Bewegung inne, blickten erst zur Rah, dann zu Duckling hinüber. Schließlich sagte einer von ihnen mit mürrischer Stimme: „Es ist bereits verstaut.“
Ich staunte nicht schlecht, als Duckling plötzlich vom Deck auf die Reling des Achterdecks sprang und sich ins Rigg schwang. Einen Moment lang dachte ich, er würde den Mann, der ihm geantwortet hatte, verprügeln, und der Mann schien das ebenfalls zu glauben. Er wurde blass, wich vorsichtig seitlich auf den Wanten zurück und ballte eine Faust.
Doch Duckling kletterte nur weiter nach oben, riss dabei die Wanten so heftig hin und her, dass die Männer auf den Leinen regelrecht durchgeschüttelt wurden. Im Nu hatte er sich auf das Fußtau geschwungen und begann, die Gordings des Rahnock loszubinden.
Ich bezweifle, dass selbst sechs Männer das Segel in der Zeit hätten lösen können, die er dafür brauchte. Kaum war es entfaltet, rutschte er blitzschnell an den Schoten des Großmarssegels entlang hinab, stieß sich gegen den Großmast ab, sprang die Achterdeckstreppe hinauf und brüllte ohne jede Anstrengung: „Furl the mainsail!“ – „Das Großsegel einholen!“
Die Männer schienen sich widersetzen zu wollen. Einige hatten bereits das Schanzkleid erreicht. Doch ein weiteres Gebrüll, begleitet von einer drohenden Geste, ließ sie ihre Meinung ändern. Sie kletterten langsam nach oben, begaben sich auf die Rah und erledigten die Arbeit diesmal auf seemännische Art.
„Ich fange gerade erst an mit denen“, sagte Duckling mit seiner rauen Stimme zu mir. Dann warf er Coxon einen Blick zu, der ihn mit einem Nicken und einem Lächeln quittierte.
Der Lotse wies mich an, nach vorn zu gehen und sicherzustellen, dass alles für das Ankern vorbereitet war.
Wir näherten uns den Downs, doch es war inzwischen vollkommen windstill. Das Meer erstreckte sich glatt wie Öl bis zum Horizont. Ich konnte mir nicht erklären, wodurch wir noch Fahrt machten, denn die leichten Segel hingen leblos in den Wanten. In der Ferne war der Rauch eines Dampfschiffes zu sehen, das mit seinen beiden Schornsteinen kaum über den Horizont hinausragte. Der Rauch stieg senkrecht in den Himmel, was die absolute Windstille bestätigte.
Vermutlich trieb uns eine kaum wahrnehmbare Strömung, doch es dauerte eine weitere halbe Stunde, bis wir die Position erreichten, an der der Lotse ankern wollte. Inzwischen war die Sonne hinter dem großen Landvorsprung jenseits von Deal untergegangen und tauchte das ferne Meer in ein breites, purpurnes Glühen.
Die Royals und die oberen Marssegel wurden aufgeschossen und verstaut. Dann kam der Befehl, die Marsfallreeps zu lösen. Die drei schweren Rahen sausten polternd an den Masten herab, begleitet vom metallischen Rattern der Ketten in den Blöcken. Die Segel fielen in weichen Bögen zusammen.
Der Lotse rief: „Alles klar vorn?“
„Alles klar!“
„Anker werfen!“
„Achtung am Kabel!“ rief ich.
Whack! Whack! Der Schiffszimmermann schlug mit seinem Vorschlaghammer auf die Bolzen ein. Ein Moment der Stille, dann ein gewaltiges Platsch! Das Ankergeschirr rauschte mit einem heiseren Kreischen durch das Klüsenloch.
Nachdem dieser Vorgang abgeschlossen war, blieb ich auf dem Vorschiff, um das weitere Verstauen der Segel zu überwachen. Die Männer arbeiteten zügig, und ich hörte einen von ihnen beim Einholen des Fockstagsegels murmeln: „Gut, dass der Skipper angehalten hat. Hätte nicht gedacht, dass er so dumm ist.“
Das ließ mich aufhorchen. Was sie wohl damit meinten? Doch ich entschied mich, keine Notiz davon zu nehmen und es auch nicht weiterzugeben. Ich war mir sicher, dass es für uns alle besser war, wenn Mr. Duckling so wenig wie möglich mit den Männern zu tun hatte.
Als die Segel verstaut und die Taue aufgeschossen waren, war es bereits halb acht. Die Mannschaft ging unter Deck zum Abendessen, und ich schlenderte nach achtern, als der Koch aus der Kombüse trat und mich ansprach: „Verzeihung, Sir, würden Sie das mal probieren?“ Er reichte mir ein Stück Schiffszwieback.
Ich roch daran und stellte sofort fest, dass er schimmlig war. Als ich ein kleines Stück in den Mund nahm, spuckte ich es sofort wieder aus. „Dafür kann ich wirklich kein gutes Wort finden, Koch“, sagte ich.
„Das ist nicht einmal für Hunde gut genug“, erwiderte der Koch. „Aber soweit ich gesehen habe, ist die ganze Verpflegung auf diesem Schiff dasselbe Elend. Der Zucker ist feucht wie Schlamm, die Melasse voller Sand, und in meinen zweiundzwanzig Jahren zur See habe ich noch nie so einen Tee gesehen wie hier an Bord. Das ist kein Tee, das macht das Wasser nur gelb! Das sind Holzspäne! Und ich sage Ihnen: Echter Tee sind keine Holzspäne.“
„Dann sollen die Männer sich beim Kapitän beschweren“, antwortete ich. „Er kann die Reederei informieren und die Schiffsvorräte beanstanden lassen.“
„Ich bin mir sicher, dass die Vorräte schon verdorben waren, bevor sie überhaupt an Bord kamen“, antwortete der Koch. „Ich wette mit jedem Mann eine Woche lang seinen Grog, dass sie billig in einer Werftauktion für verdorbenen Proviant gekauft wurden, auf Anweisung der Admiralität.“
„Geben Sie mir einen Zwieback“, sagte ich, „ich werde ihn dem Kapitän zeigen.“
Er nahm einen aus einer Schublade, in der er auch Teig für die Kombüse aufbewahrte, und ich steckte ihn in meine Tasche und ging nach achtern.
Kapitel II.
Hier möchte ich innehalten, um das Schiff zu beschreiben, das die Bühne für vieles von dem bildet, was mir widerfahren ist und was in diesem Buch erzählt wird. Ich werde versuchen, es so genau wie möglich vor Ihren Augen erscheinen zu lassen.
Die Grosvenor war ein kleines, vollgetakeltes Schiff von fünfhundert Tonnen, schwarz gestrichen, mit einer einzigen weißen Linie unterhalb der Schanzkleider. Sie war aus Weichholz gebaut und stammte aus Halifax, Nova Scotia.
Ihre Linien waren nahezu perfekt. Tatsächlich hatte mich die Schönheit ihres Rumpfes, ihre hohen Masten, die mit der gleichen Präzision wie die eines Kriegsschiffes verspannt waren, ihre elegante Galionsfigur, ihre scharf geschnittenen, an eine Yacht erinnernden Bugformen und ihr rundes Heck in große Bewunderung versetzt, als ich sie zum ersten Mal sah.
Ihre Decks waren weiß und gut gepflegt. Sie hatte ein Achterdeck und ein Hochdeck über dem Vorschiff. Beides hätte sich der Erbauer meiner Meinung nach sparen können, denn das Schiff war kaum groß genug dafür.
Auf ihrem Achterdeck gab es eine Menge Messingbeschläge. Mehr Geld, als sie aufgrund der Vergänglichkeit ihres Materials verdiente, war in ihre Verzierung investiert worden. Ihr kunstvoll geschnitztes Steuerrad, Messing-Klampen, eine Messingwinde, ein Messing-Kompasskasten, elegante Oberlichter und ähnliche Details ließen sie eher wie eine schmucke Vergnügungsyacht als wie einen nüchternen Frachter wirken.
Ihr Salon unter dem Poopdeck jedoch war schlicht gehalten und umfasste sechs Kabinen, einschließlich der Vorratskammer. Das Holz war einfach lackiertes Mahagoni, und ein festmontierter Tisch erstreckte sich vom Besanmast bis wenige Fuß vor die Vorderwand der Kajüte.
Auf beiden Seiten dieses Tisches befanden sich gepolsterte Sitzbänke mit Rosshaarbezug. Hinter dem Besanmast lagen die beiden Kabinen des Kapitäns Coxon und des Ersten Maats, Mr. Duckling. Meine eigene Kabine befand sich direkt unterhalb des Achterdecks, sodass ich durch mein Fenster einen Blick auf das Hauptdeck werfen konnte.
Zwei große Oberlichter, gut gesichert mit Messingdrahtgittern, sorgten für ausreichend Licht in der Kajüte. Pendeltabletts und Lampen sowie rote Vorhänge, die bei starker Sonneneinstrahlung über die Oberlichter gezogen werden konnten, vervollständigten die Einrichtung dieses Teils des Schiffes.
