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Das Zeitalter der Ziege befasst sich in 105 Fragmenten mit der Denkfigur des Rhizom und das Sein, dem Themenschwerpunkt des metalabor acht. Das metalabor wurde 2019 vom Hausvater Sascha Büttner ins Leben gerufen und konstituiert sich seit dem einmal im Jahr im kleinen Ort Espenschied, in den hessischen Wudang-Bergen. Im Grand Hotel Europa (andere nennen den Versammlungsort Villa GarniX) kommen Literaten, Philosophen, Künstler und Soziologen, also Menschen wie Du und Ich, zusammen, um gemeinsam zu debattieren, zu dialogisieren, zu kochen und zu essen. Kurz: Um es sich gut gehen zu lassen.
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Seitenzahl: 94
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Den zukünftigen Generationen
Widmung
Vorwort
Kapitel 01
Kapitel 02
Kapitel 03
Kapitel 04
Kapitel 05
Kapitel 06
Kapitel 07
Kapitel 08
Kapitel 09
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Kapitel 82
Kapitel 83
Kapitel 84
Kapitel 85
Kapitel 86
Kapitel 87
Kapitel 88
Kapitel 89
Kapitel 90
Kapitel 91
Kapitel 92
Kapitel 93
Kapitel 94
Kapitel 95
Kapitel 96
Kapitel 97
Kapitel 98
Kapitel 99
Kapitel 100
Kapitel 101
Kapitel 102
Kapitel 103
Kapitel 104
Kapitel 105
Über den Gebrauch der Texte in diesem Buch
GROB Magazin
Über den Autor
Impressum
Ich schreibe und schreibe und hämmere die Buchstaben zu Worten, zu Sätzen, in die Tatstatur und es fliesst nur so aus mir heraus, in die Maschine und zurück aus der Maschine in die Tatstatur, in meine Finger, in meine Hände, in meine Arme, in meinen Körper, in mein Hirn, direkt in mein Hirn, in mein Hirn, in mich hinein und die Maschine und ich und ich und die Maschine, und wir werden eins, wir verschmelzen in einer Nacht, in dieser einen Nacht, in diesem Leben, in der das Hämmern der Buchstaben, der Worte, der Sätze immer lauter wird, immer lauter, zu einem Dröhnen wird, lauter und lauter, bis der ganze Körper vibriert, bis der ganze Körper sich schüttelt und dreht und dreht und durch den ganzen Raum, furios, sich dreht und dreht, endlos dreht, und empor schwebt bis ich ausser mir bin, ganz ausser mir und bei mir bin und nicht weiß, wie mir geschieht.
In dieser dystopisch-absinthgetränkten Nacht begab ich mich mit der künstlichen Intelligenz in die Abgründe des Seins. Als ich aus dem Delirium erwachte, fand ich die Ergüsse des automatischen Schreibens, die ich wohl mit meiner alten Reiseschreibmaschine aufgezeichnet haben musste, verstreut auf dem Boden meiner Schlafstube liegen.
Ich habe die Notizen und Skizzen leicht überarbeitet und in eine dramaturgisch ansprechende Reihenfolge gebracht.
Das Ergebnis hältst du in deinen Händen.
Das Zeitalter der Ziege ist ein Beitrag zum metalabor 8 «Die Denkform des Rhizom und das Sein».
Ich war in einer seltsamen Welt gelandet. Die Farben waren intensiver, die Formen waren verzerrt. Alles war verzerrt. Ich konnte nicht glauben, dass ich wirklich hier war. Ich war in meinem Sein.
Es war ein Tag wie jeder andere in der kleinen Stadt Seinsgrund, als ich plötzlich ein Foto machte, das alles verändern sollte. Es war ein magisches Foto – eines, das die Zeit anhielt und jeden, der es sah, in seinen Bann zog.
Es geschah auf einem Spaziergang durch den Wald am Rande der Stadt. Ich hatte meine Leica dabei und machte Fotos von Bäumen, dem Gras und Blumen, als ich unvermittelt vor einem alten Gebäude stand. Es war eine verlassene Scheune, die dem Verfall preisgegeben war und diesen besonderen, einen spröden Charme ausstrahlte. Wabi-Sabi eben.
Ich konnte nicht anders, als ein Foto von der Scheune zu machen. Als ich auf den Auslöser drückte, erwartete ich nichts Besonderes. Doch als ich mir das Ergebnis auf dem Display ansah, wusste ich sofort, dass ich etwas Magisches erwischt hatte.
Das Foto zeigte nicht nur die alte Scheune, sondern auch eine Gruppe von Dudes, deren Gesichter leicht verschwommen waren. Sie standen vor der Scheune und schauten mich an – als ob sie wüssten, als ob sie in Erwartung dessen waren, dass ich ein Foto von ihnen machen würde.
Ich war verwirrt und fasziniert zugleich. Ich zeigte das Foto einigen Leuten in Seinsgrund, aber keiner konnte erklären, was da passiert war und wer die Dudes waren.
Das Sein ist ein ewiger Fluss, der uns durch das Leben trägt.
Das Rhizom ist ein Konzept, das eng mit dem Sein verbunden ist. Das Konzept wurde von den französischen Philosophen Gilles Deleuze und Félix Guattari entwickelt und beschreibt eine nichthierarchische Struktur, die aus vielen miteinander verbundenen Elementen besteht.
Im Gegensatz zum Baum, der eine hierarchische Struktur hat, die sich vom Stamm über Äste bis hin zu Zweigen und Blättern erstreckt, ist das Rhizom ähnlich wie ein Netzwerk. Es gibt keine zentrale Autorität oder Hierarchie, sondern jeder Punkt im Netzwerk kann mit jedem anderen verbunden sein.
In dieser Perspektive ist das Sein nicht als etwas Statisches zu verstehen, sondern als eine Prozessualität, die sich durch Veränderungen und Dynamik definiert. Das Sein manifestiert sich in den Verbindungen, die wir knüpfen und in den Beziehungen, die wir zu anderen Menschen und Dingen aufbauen.
Das Rhizom und das Sein sind folglich eng miteinander verbunden. Das Rhizom zeigt uns, dass es viele Arten gibt, wie wir uns mit anderen und der Welt verbinden können – und dass wir uns immer weiter verzweigen können, um neue Möglichkeiten zu entdecken. Das Sein zeigt uns dabei, dass jeder Moment einzigartig ist und dass jede Veränderung unsere Wahrnehmung und unser Verständnis der Welt beeinflusst. Zusammen ergeben sie einen Ansatz, der uns ermutigt, die Welt um uns herum mit offenen Augen zu betrachten und nach neuen Wegen zu suchen, um uns mit ihr zu verbinden.
Inmitten der endlosen Ströme der Zeit und des Seins, verweilen wir als wandernde Geister auf der Suche nach unserer Bestimmung.
Doch in dieser Unruhe und ständigen Bewegung, ist es schwer zu erkennen, was wirklich zählt. Wir suchen nach Antworten in der Vergangenheit oder im Morgen, aber die einzig wahre Antwort liegt im Hier und Jetzt.
Im Sein und im Augenblick finden wir Harmonie und Frieden. In dieser Stille erkennen wir die wahre Natur von Zeit und Sein. Zwei Kräfte, die miteinander verwoben sind und durch unsere Handlungen und Gedanken geformt werden. Indem wir uns dem gegenwärtigen Moment öffnen, können wir uns dieser Verbindung bewusst werden und erleben, wie unsere Handlungen Einfluss auf Zeit und Sein haben.
Die Sonne strahlte hell vom Himmel herab, als Büttner die kleine Bar betrat. Ein leerer Hocker an der Theke war das einzige Angebot des spärlich beleuchteten Raumes. Büttner nickte dem Barkeeper zu und nahm auf dem Hocker Platz.
«Wie geht's, Büttner?», fragte der Barkeeper ohne aufzublicken.
«Hmm», sagte Büttner und bestellte einen Whisky.
Die beiden Männer schwiegen eine Weile und lauschten dem Jazz, der aus den Lautsprechern der Jukebox kam. Büttner blickte durch die Räumlichkeiten und nahm dabei die Gespräche am Nachbartisch nur in Bruchstücken wahr. Kurz erinnerte er sich an Handke und den berühmten Versuch über die Jukebox. Büttner's Gedanken schweiften ab und landeten beim Seinsgrund. Hemingway hatte einmal geschrieben, dass der Seinsgrund das sei, was wir suchen, aber niemals finden würden. Wie diese ständige Suche nach einem Ziel, das wir niemals erreichen werden. Bukowski fügte dem an, dass es nicht darauf ankäme, ob wir den Seinsgrund erreichen werden oder nicht. Es ginge lediglich darum, diesen langsamen Marsch in Richtung Unbekanntes anzutreten, mit all seinen Hürden und kleinen Freuden.
Büttner nippte an seinem Whisky und ließ die Worte auf sich wirken. Er fragte sich, was für ihn selbst der Seinsgrund sein mochte. War es die Berühmtheit, die er als Hausvater erlangen wollte oder vielleicht doch nur ein einfaches Leben in Zufriedenheit?
Er war sich nicht sicher und so trank er einfach weiter. Die Zeit verging und die kleine Bar füllte sich langsam mit Menschen, die in ihrem anstrengenden Alltag eine kleine Pause suchten.
Es gab Arbeiter, schmierige Anzugträger und Instagram-Touristen aus aller Welt. Jeder und jede mit unterschiedlichen Geschichten im Kopf und doch einte sie alle die Suche nach dem Seinsgrund.
Je mehr Büttner darüber nachdachte, desto weniger sicher war er sich, ob es überhaupt einen solchen Grund gab. Vielleicht war es viel einfacher als er bisher gedacht hatte. Vielleicht war der Seinsgrund genau das, was er gerade tat. Einen Whisky trinken und schweigen.
Aber dann fiel ihm etwas auf. Etwas, das ihn zum Nachdenken brachte. Ein älterer Herr hatte sich an die Bar gesetzt und trank ein Glas Wasser. Und es war die Art und Weise, wie der alte Mann das Glas an die Lippen führte, so sanft und geschmeidig wie ein junger Luchs, die Büttner auffiel. Als der ältere Herr merkte, dass Büttner ihn beobachtete, hob er sein Glas in Büttner’s Richtung.
«Genießen Sie den Moment, junger Freund. Das ist alles was zählt», sagte der Fremde und lächelte.
Büttner verstand nicht so was der alte Herr damit meinte, aber es gab ihm zu denken. Der Fremde stand auf und verließ die kleine Bar. Büttner blieb zurück und betrachtete seine Umgebung genauer.
Er sah die müden Gesichter der Menschen um ihn herum, ihre erhitzten Gesichter vom Stress und den täglichen Strapazen und doch wirkten alle auf ihre eigene Art zufrieden, sogar glücklich.
Vielleicht war der Seinsgrund ja nichts anderes als das Streben nach Zufriedenheit und Glück – auf seine ganz eigene Art und Weise, ohne Regeln oder Vorgaben über das richtige Leben.
Es war eine Nacht wie jede andere in meiner trostlosen Existenz. Ich saß in meinem schäbigen Wohnzimmer und betrachtete den Regen, der gegen die Fenster prasselte. Die Lichter der Stadt spiegelten sich auf dem nassen Asphalt wider und erzeugten ein müdes Glitzern.
Ich hatte nichts zu tun und es gab auch niemanden, mit dem ich hätte sprechen können. Ich war alleine gelassen mit meinen Gedanken und Erinnerungen. Meine Vergangenheit war von Fehlern geprägt, die ich nicht wieder gutmachen konnte. Ich war gefangen in den Niederungen meines Seins.
Ich zündete mir eine Zigarette an und inhalierte tief. Der Rauch stieg in meine Lungen und ließ mich für einen kurzen Moment vergessen, wer ich war und wo ich mich befand. Doch schon bald kehrte die Realität zurück und holte mich ein.
Ich beschloss, rauszugehen und mir ein paar Drinks zu gönnen. Vielleicht würde das helfen, mein Elend zu lindern. Ich zog meinen Mantel an und trat hinaus in den Regen.
Die Straßen waren leer und dunkel, nur wenige Gestalten huschten durch die Nacht. Ich ging zu meiner Stammbar, dem «Elektrischen Stuhl», einem schmuddeligen Lokal, in dem sich die zwielichtigen Gestalten der Stadt trafen. Der Barkeeper sah mich mit tranigen Augen an, als ich die Tür öffnete.