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Herr von Goethe reist durch die Zeit und erlebt ein seltsames Abenteuer. Er muss erkennen, dass er nicht in das Weimar des Jahres 1776 reist, sondern sich Jahrhunderte später auf einer BAB nit seiner Equipage befindet Was wird ihm da alles begegnen so auf seiner Zeitreise? Wie schafft er es auch dort wieder bekannt zu werden. Und kommt er auch wieder zurück - um sein wahres Ich zu erleben. Oder war das alles nur ein Traum?
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Seitenzahl: 118
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Personen, Namen und Handlungen des Romans sind frei erfunden; Ähnlichkeiten mit realen Personen und Ereignissen wären rein zufällig. Soweit zeitgeschichtliche Personen genannt sind, haben diese mit der Handlung des Romans nichts zu tun.
Unmöglich ist's, dem Tag dem Tag zu zeigen,
Der nur Verworrenes im Verworrenen spiegelt,
Und jeder selbst sich fühlt als recht und eigen,
Statt sich zu zügeln, nur am andern zügelt,
Da ist's den Lippen besser, daß sie schweigen,
Indes der Geist sich fort und fort beflügelt.
Aus Gestern wird nicht Heute; doch Äonen,
Sie werden wechselnd sinken, werden thronen.
Goethe,Heute und ewig
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Es war der 30. Oktober 1775. In Frankfurt, der freien Reichsstadt, war wieder ein letzter schöner sommerlicher Oktobertag. Und vor dem Haus am Großen Hirschgraben stand eine Equipage.
Johann Wolfgang Goethe hatte mit Ungeduld eine Depesche erwartet, da aber keine Post von dort eintraf, war er vom Vater überredet worden, seine schon lang geplante Bildungsreise nach Italien anzutreten.
Nun war er schon einer der bekanntesten Autoren in Deutschland. Schon hatte er den Götz von Berlichingen und die Leiden des jungen Werthers verfasst.
Zwar war er selbst nicht reich dadurch geworden, dass er seine Bücher selbst verlegt hatte; denn die Verleger hatten den Raubritter geraubt und schändlicherweise, ohne erst den Autor zu fragen, natürlich selbst verlegt.
So wurde er zwar schnell bekannt und durch den Werther berühmt; allein er blieb auf seinen Büchern sitzen und hatte nur das Nachsehen. Sein Werther deckte gerade das Defizit seines ersten Erfolges.
Auch fühlte er sich unbehaglich in seiner Geburtsstadt. Musste er nicht hinaus; wollte er nicht Italien sehen?
Schon sein Vater schwärmte von Italien. Man müsse, so sagte er, erst Paris sehen und dann Italien, denn Italien lässt den, der einmal dort war nicht wieder los, ja, sein ganzes Leben nicht. Und dem jungen Goethe gehen die Gedanken wieder und immer wieder durch den Kopf. Auch er wollte Italien sehen; dort wollte er studieren.
Ziemlich lustlos betrieb er seine Anwaltspraxis, in der er es immerhin auf 28 Prozesse brachte, und seinem Vater zu einer Beschäftigung verhalf. Aber auf Dauer konnte und wollte er nicht in Frankfurt bleiben.
Und so löste er seine Verlobung mit Lili Schönemann, die er in einigen Tagen nicht mehr sehen sollte - nur noch Gedichte sollten daran erinnern.
Er erinnerte sich wieder an sein Sesenheim; er erinnerte sich wieder an Friederike Brion; er erinnerte sich nochmals an Charlotte Buff; der Lotte, der er in seinem Werther ein Denkmal gesetzt hatte.
Und das lag nun schon so lange hinter ihm.
Wo lag nun sein Sesenheim? Wo, ahnte er es?
Ja, war es nicht eine ahnungsvolle Flucht, die er da beging? Oder war es auch nur eine Reise von vielen Reisen, bei der er sich neu gebären wollte?
Immerhin - Goethe war noch jung. Er wollte sich bilden, wollte etwas sehen. Und gerade Italien bot sich ihm zur rechten Zeit an.
Endlich war der große Tag der Abreise gekommen.
Noch einmal lief Goethe in sein Vaterhaus zurück, in dem er 26 Jahre seines Lebens verbracht hatte, um sich nun von seinen Eltern und seiner geliebten Schwester Cornelia zu verabschieden.
Hatte er nicht mit Cornelia, die nun ja auch schon verheiratet war, in so mancher Abendstunde, bei Kerzenlicht, den Messias von Klopstock vorgelesen? Und nun sollte das für immer vorbei sein, für immer? Nein, dachte er, es kann nicht sein, nichts kann vorbei sein, denn es wird sich alles eines Tages wieder ganz neu gebären, irgendwie, irgendwo und irgendwann; und währenddessen küsste er seine Schwester auf die Wange.
Und in Gedanken begann es sich zu regen und er suchte nach einem Zettelchen; aber fand kein Stück Papier. Da gab man ihm, nachdem er gesagt hatte, was er brauchte, Papier und Stift. Er schrieb etwas nieder, signierte den Zettel und steckte ihn in seine Tasche.
Er stieg in die Equipage, während Cornelia aus dem Fenster schaute und sein Vater unter der Haustür stand. Ja, selbst Opa Textor ließ es sich nicht nehmen seinem Enkel ein Lebwohl zu sagen. Die Mutter küsste ihn zum letzten Mal auf die Stirn. Aus Goethes Augen rannen Tränen. Ahnte er vielleicht schon, dass es doch eine Flucht sein würde.
Noch einmal lief Cornelia aus dem Haus und noch einmal reichte sie ihre zarten Hände dem schon längst berühmten Bruder zum letzten Abschied.
„Cornelia“, sagte Goethe leis, „wenn wir uns auch nicht wiedersehen sollten, ich werde immer an dich denken!“
Die Schwester sah den Bruder an und er streichelte ihr noch einmal über das Haar, daraufhin lächelte sie.
„Ist alles bereit?“, fragte der Vater.
„Ja!“, sagte der Kutscher von seinem Bock herab.
„Nun, mein lieber Sohn“, wandte sich der Vater an den Sohn, „jetzt fährst du. Und sollte wider Erwarten die Depesche aus Weimar doch noch eintreffen, so werde ich sie dir nachsenden!“
„Hoffentlich kommt sie nicht, wenn ich bereits ganz in Italien bin. Wenn sie noch rechtzeitig kommen sollte und ich bin nicht so weit entfernt, dann schicke sie mir bitte nach!“
Aber nun half nichts mehr und auf Goethes Geheiß rollte die Equipage aus dem Tor und aus Frankfurt heraus.
Die Familie Goethe sah dem Gefährt nach, das von Staubwolken zugedeckt wurde.
Nun fuhr er dahin. Sein Ziel war Italien. Und auf den staubigen Landstraßen rollte das Gefährt über Stock und Stein.
So wurde er erst einmal kräftig durchgeschüttelt und bald darauf erreichte sie Heidelberg.
„Kann Er im nächsten Gasthof halten?“, fragte Goethe den Kutscher.
„Gewiss doch, Monsieur!“, war die einzige Antwort.
„Dann halte Er auch dort.“
Und die Equipage rollte weiter dahin, bis sich bald in der Ferne ein Gasthof zu nähern schien.
„Will Er da halten, Monsieur Goethe?“
„Natürlich, es wird langsam Abend!“
Der Kutscher zog an seinen Zügeln und in einer kurzen, raschen Fahrt rollte die Equipage auf den Hof vor dem Gasthaus.
Vor dem Gasthaus stand eine Linde und um sie herum war eine Bank gezimmert
Der Kutscher sprang vom Bock herab und öffnete den Wagenschlag. Goethe stieg aus.
Der Wirt, der das Gefährt schon aus der Ferne hatte hören und kommen sehen, begrüßte nun den ankommenden Gast höflich; und freute sich auch, als er hörte, wer sein Gast war, und bat ihn mit einem tiefen Bückling in sein Gasthaus hinein.
Die Wirtsstube war sehr gemütlich eingerichtet; dem Geschmack der damaligen Zeit angepasst.
„Hat Er ein Zimmer frei für die Nacht?“, fragte Goethe den Wirt, der noch immer um ihn herumschwänzelte.
„Für solch einen Gast wie Er einer ist, habe ich immer noch ein Zimmer!“
In dem gleichen Moment trat die Tochter des Wirtes in das Zimmer. Sie sah sich erstaunt um. Aber schon sagte der Vater zur ihr: „Mädchen, richte oben das Zimmer her!“
„Können die Pferde auch untergestellt werden?“, fragte Goethe weiter.
„Ganz der Ihnen ergebene Diener!" Und der Wirt antwortete mit einer tiefen Verbeugung. Und wie auf ein Stichwort kam gerade der Knecht des Hauses in die Gaststube. Zu diesem sagte der Wirt: „Bringe die Pferde von Monsieur Goethe in den Stall und vergiss sie nicht zu füttern!“
Der Knecht nickte stumm und verließ das Zimmer.
„Kann Er auch meinem Knecht ein Zimmer geben?“, wollte Goethe noch wissen."
„Ja, natürlich.“
„Gut. Dann werde ich mir vor dem Abendbrot noch ein bisschen die Beine vertreten!“
„Wann ist der hohe Herr wieder zurück?“ fragte der Wirt.
„In einer guten Stunde!“, antwortete Goethe. „Und bringe Er mir das Abendbrot dann auf mein Zimmer!“ Dann wandte sich der Dichter an seinen Kutscher. „Bis acht Uhr morgens braucht Er mich nicht zu suchen; um neun werden wir dann weiterfahren!“
Goethe trat ins Freie.
Als er dann nach einer Stunde wiederkam, sah er dass sein Kutscher noch bei einem Schoppen Wein saß.
„Will Monsieur Goethe sich denn nicht wecken lassen?“, fragte jener.
„Nein“, antwortete Goethe, „ich werde schon wach sein.“
Nun schritt er die Stufen hinauf; die Treppe knarrte bei jedem Schritt.
„Es ist das rechte Zimmer!“, schrie der Wirt noch hinauf.
Als er nun im Zimmer stand, legte er erst einmal seine staubige Kleidung beiseite, wusch sich und speiste dann.
Als die Tochter des Wirtes die leeren Schüsseln weggetragen hatte, fiel ihm noch ein lustiger Vierzeiler ein. Doch wo nur hinschreiben? Kurz entschlossen sprang er auf, nahm eine Feder, tauchte sie in ein Tintenfass, und schrieb folgende Worte an die Wand:
Ich liebe mir den heitern Mann
Am meisten unter meinen Gästen:
Wer sich nicht selbst zum besten haben kann,
Der ist gewiß nicht von den Besten.
,
Goethe, Meine Wahl
Um acht Uhr stand Goethe auf. Und als er wieder die alte, knarrende Treppe herunterkam, saß sein Kutscher bei einer duftenden Tasse Kaffee.
„Guten Morgen. Hat Er schon gespeist?“, fragte Goethe. Dann rief er den Wirt herbei.
„Ist alles zur Abfahrt bereit?“
„O ja, hoher Herr!“, antwortete der Wirt wieder mit einer tiefen Verbeugung.
„Ich bin ein gar nicht so ein hoher Herr!"“, lächelte er. „Auch ich bin nur ein Mensch!“
„Ja, ja, aber was für einer!“, entgegnete ihm der Wirt. „Hat Er sich bei uns wohlgefühlt?“
„Habe ich, habe ich!“
„Hast Du das gehört?“, fragte der Wirt seine Tochter.
Dann begleitete er ihn zum Hof hinaus, wo inzwischen die Pferde vor die Equipage gespannt wurden. Dann trat der Kutscher aus dem Gastzimmer, bestieg den Bock. Der Wirt öffnete den Wagenschlag. Goethe nickte und stieg ein.
„Vielleicht sieht Er doch einmal wieder vorbei!“ meinte der Wirt zum Schluss.
Aber Goethe gab den Befehl zum Abfahren. Die Equipage rollte davon. Noch eine ganze Weile sahen der Wirt und die Tochter dem Gefährt nach.
Während dieser Zeit näherte sich ein einsamer Reiter im schnellen Galopp von der anderen Seite. Er zügelt sein Pferd, brachte es vor dem Wirt zum Stehen.
„Entschuldigung“, sagte der Reiter, der in ein rotes Wams gekleidet war, „weiß Er, ob Monsieur Goethe hier vorbeigekommen ist?“
„Ja“, antwortete der Wirt. „Er hat sogar hier übernachtet. Gerade eben ist er abgefahren!“
„Dann kann ich ihn wohl noch erreichen!“ und der Reiter sprengte davon.
Inzwischen war Goethe mit seiner Equipage schon ein Stück weiter gekommen. Es ging immer noch über Stock und Stein.
Der Depeschenreiter, denn um einen solchen handelte es sich, sah auch nach einiger Zeit die Equipage vor sich herfahren. In einem kurzen, schnellen Ritt erreichte er sie und ritt neben ihr her.
"Fährt hier Monsieur Goethe?“, fragte er den Kutscher, der den Ankömmling von oben musterte.
Goethe, durch den Lärm, der draußen vor sich ging, neugierig geworden, streckte Kopf aus der Equipage heraus. „Was gibt es denn hier?“, wollte er wissen.
„Eine Depesche aus Weimar an den hohen Herrn!“, sagte der Reiter und reichte ihm die Depesche, die er aus der Satteltasche gezogen hatte, durch das Fenster.
Goethe bedankte sich mit einem Taler.
Nun hatte er die lang ersehnte Nachricht aus Weimar in der Hand und voller Ungeduld öffnete er den Brief, der das Siegel des Fürstentumes trug.
Ja, man hätte doch noch ein oder zwei Tage warten sollen in Frankfurt; die ganze Eile für die Fahrt nach Italien war umsonst gewesen.
„Hallo!“, rief er dem Kutscher heraus. „Wir kehren um! Wir werden nach Weimar fahren!“
„Nach Weimar?“, fragte der Kutscher ungläubig, der schon gehofft hatte, auch einmal Rom zu sehen, und nun enttäuscht wurde. „Fährt er denn nicht mehr nach Italien?“
„Nein, nein“, freute sich Goethe, „wir werden nach Weimar fahren!“
Der Kutscher ließ halten und auf derselben Straße, auf der sie gekommen waren, fuhren sie dem neuen Ziel entgegen. Denn von nun an war Weimar das Ziel: die kleine Residenzstadt mit dem ländlichen Charakter, auf deren Hauptstraßen noch die Schweine im Herzen Thüringens ihre Promenaden abhalten.
Und ohne eine Rast einzulegen fuhren sie immer weiter nach Osten. Er, Goethe, musste durch Deutschland reisen, durch ein Land, das durch Länder und Fürstentümer in sich selbst zerrissen und gespalten war.
Und so fuhr er also dahin.
Auch der Kutscher sagte zu ihm, dass es nun so weit nicht mehr sei; ein paar Tage noch.
Doch noch verging eine Nacht, die sie wiederum in einem Gasthaus zubrachten.
Am anderen Morgen war es neblig, ein rechter Novembertag, und die Pferde wollten auch nicht so recht; so, als würden sie etwas ahnen.
Und in der frühen Morgenstunde wurde der Nebel immer dichter und auch am Vormittag; nun muss der Kutscher immer vorsichtiger seine Fahrt gestalten. Man wusste halt nie, wann das nächste Schlagloch kam. Es sind schon ganze Equipagen in den tiefen Löchern auf den Landstraßen ersoffen.
Goethe saß derweil in der Equipage und döste vor sich hin.
Je weiter sie fuhren, desto dichter wurde der Nebel, ja, er wurde sogar so dicht, dass man die berühmte Hand nicht mehr vor Augen sehen konnte. Aber bald würde die Sonne steigen und dann würde sich der Nebel lichten.
Aber es würde sie eine unangenehme Überraschung erwarten.
Noch immer fuhren sie durch den Nebel.
Allein der Kutscher wunderte sich, warum sich alles so leicht und flüssig fuhr. Ihn wunderte es sehr; denn es gab keine Schlaglöcher mehr. Lagen keine Steine mehr auf der Straße? Und überhaupt, was ist eben an mir vorbeigehuscht, so dachte er. Für ihn mochte es ja ein seltsam anmutendes Gefährt gewesen sein. Ja, ja, dem Kutscher wurde schon etwas unheimlich zumute.
Da hinten musste doch etwas sein? Allein, was war es nur. Nun wollte der Kutscher halten und Goethe wecken; aber wie unter einem Zwang wagte er es nicht.
Nun wurde Goethe unruhig und schaute nach draußen; aber sah auch nur das, was der Kutscher schon sah: die tristen, trüben grauen Nebelschleier.
Doch der stärkste Nebel wird einmal durchbrochen.
Nun sah Goethe erstaunt nach draußen.