Daylight Kiss - Sophie Lohn - E-Book

Daylight Kiss E-Book

Sophie Lohn

0,0
1,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Kaia hat nun endlch das, was sie sich seit Jahren gewünscht hat. Einen liebenden Freund und Schulkameraden, die sie nicht ausgrenzen. Doch ihr Leben ist alles andere als normal, seit sie Traian und sein dunkles Geheimnis getroffen hatte. Niemand weiß davon, dass Kaias Freund Traian ein Vampir ist und so soll es auch bleiben. Alles läuft gut, sie und Traian verbringen viel Zeit miteinander, und auch in der Schule sind ihre Noten ausgezeichnet. Doch eines Tages bemerkt Kaia eine Veränderung und alte Bekannte machen erneut auf sich aufmerksam. Ihr Leben gerät erneut ins Schwanken, und plötzlich distanziert sich Traian immer mehr von ihr. Immer mehr Dinge passieren, die Kaias Leben völlig aus der Bahn werfen. Alte Mächte aus dem Schattenreich der Untoten treten erneut in ihre Welt und drohen sie mit sich ins Dunkel zu reißien. Kaia muss nicht nur um ihr Leben und das ihrer besten Freundin Nora kämpfen. Sie muss auch alles dafür tun, damit sie ihren geliebten Traian wieder zurückbekommt, die Person, die er vor seiner plötzlichen Veränderung war. Nur wenn sie vor Liebe noch nicht blind ist, wird sie Traian vielleicht noch retten können.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Sophie Lohn

Daylight Kiss

Inhaltsverzeichnis

Prolog

I

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

XV

XVI

XVII

XVIII

Impressum

Prolog

Dunkle Schatten verfolgten sie durch die Stadt. Die Häuser waren verlassen, manche zerstört, sodass man nur noch vermuten konnte, wo sie einmal gestanden hatten. Doch Kaia fragte nicht, wie es so gekommen war. Denn sie wusste die Antwort darauf bereits. Sie rannte durch die verlassenen Straßen ihrer Stadt, verzweifelt blickte sie immer wieder hinter sich. Doch die Schatten wollten nicht verschwinden. Endlich kam sie in eine Straße, die sie nur zu gut kannte. Es war die Straße, in der sie wohnte. Schnell lief sie auf den Eingang zu und stellte überrascht fest, dass die Tür eingetreten worden war und nun im Treppenhaus lag. Doch sie hörte die Schatten näherkommen, wusste, dass es keine fünf Sekunden mehr dauerte, bis die Schatten ihre Klauen nach Kaia ausstreckten und sie mit sich in die Dunkelheit reißen würden. Schnell stürzte sie ins Haus und hastete die Treppen hoch. Vor der Wohnungstür blieb sie stehen und suchte angestrengt nach ihrem Schlüssel in ihrer Tasche. Sie spürte die eisige Kälte und tiefe Dunkelheit, die von den Schattenwesen ausging und wusste, dass sie gleich bei ihr waren. Wenn sie jetzt nicht die Tür aufschloss, war es zu spät…

I

Der Tod meiner Mutter ist schlimm für mich

und Xenia. Aber wir kommen darüber hinweg.

Sie hatte ihren Grund und Kaia hilft uns gut

damit klar zu kommen. Rubina wollte uns nur

beschützen.Es hat sich nicht mehr für sie gelohnt,

im Schatten der Welt zu leben. Xenias Vater war

bereits in irgendein anderes Land gezogen. Meine

Mutter konnte ihn nicht mehr finden. Und sie wollte

dem Hass ihres Ehemannes Viktor, meinem Vater,

aus dem Weg gehen. Viktor hätte sie gefunden. Und

wer weiß, was er dann mit ihr angestellt hätte. Sie wollte

nur, dass Xenia und ich sicher sind. Ich parke mein

Auto vor dem alten zerfallen Haus, das uns unsere

Mutter hinterlassen hat. Xenia winkt mir schon aus dem

Fenster zu. Schnell laufe ich den Weg entlang

ins Haus. Oben in meinem Zimmer lege ich mich

in mein Bett und schaue aus dem Fenster nach

draußen in den Abendhimmel. Es ist schon spät und ich

versuche zu schlafen. Seit ich ein Mensch bin, fühle

ich mich abends immer so müde. Ich glaube,

es ist normal, aber ich muss mich erst daran

gewöhnen. Morgen gehe ich wieder zu Kaia. Es

ist gerade Wochenende, deshalb können wir den ganzen

Tag etwas zusammen unternehmen. Wir sind sehr glücklich und

ich hoffe, es bleibt auch so…

Kaia lag schon in ihrem Bett. Sie freute sich schon auf morgen. Traian und sie konnten den ganzen Tag zusammen verbringen. Schon jetzt freute sich Kaia auf die nächsten Tage, Monate, Jahre. Seit der Erfüllung der Prophezeiung waren schon drei Monate vergangen. Traian und sie waren das perfekte Paar. Und selbst Tanja hatte aufgehört sich an Traian ranzumachen, seit Kaia ihr das Leben gerettet hatte. Tanja konnte sich nur daran erinnern, dass etwas von der Decke der Burg gefallen war und Kaia sie weggezogen hatte. Und seitdem hatte sich Tanja verändert. Ihre langen blonden Haare trug sie nun schulterlang. Ihr Kleiderstil änderte sich von rosa, reich und girly zu lässig, dunkel und unauffällig. Kaia hatte nun jeden in der Klasse als Freund oder Freundin. Ihre gesamte Stufe mochte sie. Mit Tanja kam sie auch gut klar, aber sie waren noch nicht die allerbesten Freundinnen. Trotzdem zog sich Kaia gerne zurück, lernte mit Nora oder hing mit Traian ab. Aber jetzt konnte sie entspannen. Lange ausschlafen. Es war genau das, was sie nach einer langen Woche brauchte. Langsam wurde sie müde genug um einzuschlafen. Morgen war Sonntag. Das bedeutete großes Familienfrühstück mit frischen Brötchen. Ihre Augenlider schlossen sich langsam und Kaia verfiel in einen festen wunderschönen Traum über die nächste Zeit, die sie mit all ihren Freunden verbringen würde. Und mit Traian.

Am nächsten Morgen wurde sie vom Geruch von frischen Brötchen und Kaffee geweckt. Schnell sprang sie unter die Dusche und richtete sich. Danach huschte sie in die Küche, gab ihren Eltern einen Kuss auf die Wange und setzte sich an den Tisch dazu.

Nach dem Essen lief Kaia zurück in ihr Zimmer und nahm ihr Handy von ihrem Nachttisch.

Wann möchtest du denn kommen?

Und was wollen wir zusammen machen?

HDL (K)

Guten Morgen meine Schöne,

ich kann dich um zwölf abholen. Und dann

gehen wir in den Park? Heute ist der erste

wärmere Tag dieses Jahr. Und die Sonne scheint.

Wie wäre das?

Klingt super. Um zwölf stehe ich vor meiner

Haustür. Bis dann <3

Kaia legte ihr Handy zurück auf ihren Nachttisch und setzte sich auf ihr Bett. Für ein paar Minuten schaute sie das Bild von Rubina an. Dann stand sie auf und setzte sich an ihren Schreibtisch. Sie wollte etwas Neues malen. Rubina hatte sie inspiriert. Schnell kramte sie ihre Farben hervor, steckte sich ihre Kopfhörer in ihre Ohren, machte Musik an und begann auf eine neue Leinwand ein neues Familiengemälde für Traian zu malen. Darauf war Rubina, die ihre beiden Kinder Traian und Xenia umarmte. Kaia stellte sich vor, wie hart es für Xenia sein musste, in so jungem Alter ihre Mutter zu verlieren. Xenia hatte nur noch Traian. Ihre Mutter war zu Glitzerstaub in der Sonne zerfallen, ihr Vater lebte in einem anderen Land und niemand wusste wo, und ihr Halbbruder und ihr Stiefvater hassten sie. Sie tat Kaia so leid. Und dabei war sie gerade einmal zehn Jahre alt. Sie musste den ganzen Tag allein im Haus auf Traian warten, bis er aus der Schule zurückkam. Sie musste selbstständig kochen. Sie hatte kein leichtes Leben. Kaia hoffte so sehr, dass Xenia ihren Vater finden würde. Aber nur wie? Das wollte Kaia unbedingt nachher Traian fragen. Sie war so ins Malen vertieft, dass sie nicht merkte, wie schnell die Zeit verging. Sie realisierte nur ein Klingeln an der Haustür, aber sie dachte sich nichts weiter dabei. Kaia schreckte aus ihren Gedanken auf, als jemand einen ihrer Kopfhörer aus ihrem Ohr rauszog. Ruckartig drehte sie sich um und schaute direkt in Traians Augen. Sein Gesicht war ganz nah an ihrem. Er lächelte kurz auf, dann küsste er sie.

„Hast du nicht etwas vergessen?“, fragte er lächelnd.

„Oh ja. Ich habe gar nicht mehr auf die Zeit geachtet. Ich war so vertieft ins Malen, dass ich gar nicht darüber nachgedacht habe, dass ich ja gleich gehen muss. Tut mir leid.“ Sie schaute auf ihre Uhr. Es war schon kurz nach zwölf. Das hatte sie ja total vergessen. Schnell stand sie auf, zog sich ihre Schuhe und Jacke an und hakte sich bei Traian ein.

„Wir können gehen“, meinte sie lächelnd. Traian lächelte sie nochmal an, dann gingen sie zusammen aus dem Haus raus zu Traians Auto.

„So, wo wollen wir als erstes hin? Zuerst zum Park oder zu mir nach Hause?“, fragte Traian schließlich.

„Ist mir egal. So wie du willst.“

„Du weißt doch genau, wie ich diese Wörter hasse. Wenn ich dich frage, musst du antworten.“

„Dann gehen wir zuerst zum Park. Solange die Sonne noch da ist.“

„Geht doch. Also schön. Dann auf zum Park.“

Gemeinsam spazierten sie Hand in Hand die Straße entlang. Sie sahen nicht viele Menschen. Trotz des schönen Wetters wollte anscheinend keiner raus. Schon nach zehn Minuten waren sie am Park angekommen. Den ganzen Weg durch den Park redeten sie viel über Traians Vergangenheit. Auch wenn er Kaia schon alles hundert Mal erklärt hatte, hatte sie immer noch nicht alles verstanden. Sie liefen vorbei an einem wunderschönen klaren See, in dem man im Sommer gut baden konnte, an vielen Feldern mit Krokussen, an ein paar Bäumen, die gerade ihre Blätter bekamen und an ein paar Menschen, die die ersten Sonnenstrahlen genauso genossen wie Traian und Kaia. Kaia konnte richtig vom Alltagsstress abspannen. Und sie spürte, wie sich Traian immer besser an sein neues Leben gewöhnte. Er versuchte sich einzumischen, am neuen Leben teilzunehmen. Und Kaia versuchte ihm so gut es ging zu helfen.

„Wieso hat deine Mutter Viktor geheiratet, wenn sie doch in Andrew verliebt war?“

„Sie war nie wirklich in Viktor verliebt. Es war mehr so eine Zwangsheirat. Bei Vampiren ist es eine Sünde, wenn man einen Menschen liebt. Deshalb hat sich meine Mutter auch ihr Leben genommen…“

„Weil sie dafür gehasst und verabscheut wurde, Andrew zu lieben.“, vollendete Kaia den Satz. Sie konnte es gut verstehen. Sie hätte auch so reagiert, wenn sie in Rubinas Lage gewesen wäre.

„Ich müsste wieder nach Hause, nach meiner Schwester sehen. Kommst du mit?“, fragte Traian. Kaia überlegte nicht lange. Natürlich kam sie mit. Was für eine Frage! Sie musste doch auch sehen, wie es Xenia ging. Vielleicht konnten sie auch noch Andrew ausfindig machen.

Nach fünfzehn Minuten waren sie wieder zurück am Auto. Sie fuhren aus der Stadt raus zum Wäldchen am Stadtrand. Dort stand, mitten in der Pampa versteckt, ein kleines altes Häuschen. Es war baufällig. Überall gab es ein paar abgenutzte Stellen. Aber Traian wollte es jetzt renovieren lassen. Obwohl Kaia das kaputte Dach an einer Seite ganz schön fand. Von dort aus konnte man einfach in den Sternenhimmel schauen. Traian parkte sein Auto vor dem Gartenzaun. Sie stiegen aus und liefen gemeinsam den Weg entlang zur Haustür. Traian zog seinen Schlüssel aus seiner Jacke und schloss auf. Xenia rannte direkt die Treppe runter und umarmte ihren großen Bruder erstmal. Dann umarmte sie auch Kaia. In der Küche suchte Traian ein paar Zutaten für ein Abendessen raus. Währenddessen schrieb Kaia ihren Eltern, dass sie zum Abendessen bei Traian bleiben und er sie danach heimfahren würde.

„Kaia, ich brauch’ etwas von dir.“, rief Traian aus der Küche ins Wohnzimmer.

Kaia lief in die Küche und stellte sich neben ihn.

„Ja, was brauchst du?“

„Einen Kuss.“, lächelte Traian sie an, umarmte sie und küsste sie.

„Was kochst du Schönes?“, fragte Kaia neugierig.

„Nudeln mit einer Soße, aus allem, was weg muss. Erbsen, Mais und Paprika.“

„Klingt gut. Aber meinen Vater kannst du damit nicht ersetzten.“

„Hatte ich auch nicht vor. Dafür kann er viel zu gut kochen.“

Xenia kam auch dazu. Sie sah sehr gelangweilt aus. Aber was sollte sie auch den ganzen Tag machen? Sie hatte keine Freunde, und wenn Traian nicht da war, konnte sie nicht wirklich etwas unternehmen. Dramatisch lehnte sie ihren Kopf an Traians Rücken an und seufzte aus.

„Mal’ doch was, Xeni“, schlug Traian ihr vor, ohne sich vom Kochen abzuwenden.

„Neeiin. Hab’ ich heute schon.“, jammerte Xenia und seufzte nochmal.

„Na, dann weiß ich auch nicht. Vielleicht etwas lesen?“

„Ich hab’ keine Bücher mehr. Hab’ alle gelesen.“

„Dann besorg ich dir neue. Willst du mir beim Kochen helfen?“

„Au ja!“

„Na siehst du. Ich hab’ doch noch etwas gefunden, was du machen kannst. Dann kannst du mir helfen Paprika zu schneiden.“

Xenia nahm sich das Messer und begann die Paprika zu schneiden. Sie machte das ziemlich gut. Erstaunlich, was dieses Mädchen noch alles konnte.

Traian und Xenia kochten gemeinsam. Kaia saß schon am Tisch und schaute ihnen zu. Sie hatte aber das Gefühl, nicht alleine am Tisch zu sitzen. Sie spürte etwas Kaltes. Etwas Bekanntes…

Nach dem Essen fuhr Traian sie noch nach Hause.

„Danke, dass du mich nach Hause fährst.“

„Ich lass dich doch nicht alleine im Dunkeln nach Hause laufen. Außerdem ist der Weg viel zu lang.“

„Wo denkst du, ist eigentlich Remus?“

„Was, vermisst du ihn etwa?“, fragte Traian provozierend.

„Ha ha. Du bist echt…“

„Was?“

„…ein Blödmann!“

„So?“

„Ja! Du weißt ganz genau, wie das gemeint war!“

„Weiß ich doch.“

„Kannst du dann meine Frage beantworten?“

„Ich denke, er ist mit seinem Vater in der Burg verschwunden. Die Burg ist das Portal zur Schattenwelt. Bestimmt ist er jetzt dort und schmiedet einen Racheplan. Oder er liegt heulend auf dem Boden. Bei dem weiß man nie so genau.“

„Denkst du, er könnte zurückkommen?“

„Er könnte vermutlich schon, aber es würde nichts bringen. Denn er ist ein Zwielicht geblieben. Und das wird er für immer bleiben. Denn in tausend Jahren ist er keine achtzehn mehr. Er kann die Prophezeiung also auch nicht wiederholen.“

„Dann bin ich aber erleichtert.“ Kaia atmete tief aus. Bestimmt hatte sie sich diese Kälte nur wieder eingebildet. Und trotzdem beunruhigte diese Kälte sie. Was, wenn es doch einen Weg für Remus gab? Oder er sich schlicht rächen wollte?

Traian parkte vor Kaias Haus und begleitete sie noch vor die Haustür.

„Bis morgen, Süße.“ Traian küsste sie auf die Schläfe. „Soll ich dich morgen abholen oder fährst du mit Nora mit der Bahn?“

„Wer denkst du, ist der wichtigste Mensch für mich?“

„Ich?“

„Sieht ganz so aus.“

„Du könntest doch aber trotzdem mit Nora fahren wollen.“

„Vergiss es! Ich vermisse dich jetzt schon. Bis morgen in der Schule werde ich es wohl kaum aushalten.“ Kaia schmiegte sich an Traian und umschlang ihn mit ihren Armen.

„Dann hol ich dich morgen ab.“

II

Es macht mir Angst, dass Kaia denkt,

Remus könnte zurückkommen. Ich

hoffe so sehr, dass er nicht zurückkommt. Er wird

sich Kaia holen. Dieser Gedanke treibt

mir Tränen in die Augen. Es gibt eine Sache,

die Kaia nicht weiß. Und ich bringe es nicht übers

Herz, ihr davon zu erzählen. Ich habe Angst, dass es

alles zerstören wird. Unter keinen Umständen darf das

passieren. Die Tränen kullern mir über die Wange. Ich parke

mein Auto hinterm Haus. Leise steige ich über

den Zaun. Ich spüre etwas Bekanntes und habe schon

eine Vorahnung. In den Blumen vom Garten leuchtet

ein feiner Glitzerstaub auf. Es schwirrt um mich herum.

Dann legt es sich wieder zurück in die

Blumen. Ich ahne schon, was das zu bedeuten

hat, aber ich möchte es nicht wahrhaben. Vor

der Haustüre sehe ich einen Schatten. Und dann

schaue ich in mein eigenes Gesicht.

„Möchtest du dich bei mir ausheulen, großer Bruder?“

Kaia richtete sich fürs Bett. Ihr vielen Kissen luden sie schon zum Schlafen ein. Aber zuerst musste sie noch ihre Tasche packen. Als sie gerade zum Schreibtisch ging, entdeckte sie einen blutroten Zettel auf ihrem Tisch. Sie nahm ihn in die Hand. Der Zettel war kalt! Sie las, was darauf stand.

Hast du mich vermisst?

Kaia fröstelte. Was hatte das zu bedeuten? Sie wollte sich den Zettel noch einmal durchlesen, da zerfiel er in kleine Teile und löste sich auf.

Die gesamte Nacht über machte Kaia kein Auge zu. Sie musste immerzu an diesen Zettel denken. War es Remus gewesen? Oder spielte ihr jemand einen Streich? Wieso löste sich der Zettel einfach auf? Das letzte Mal, als Kaia so viele Fragen hatte, hatte Rubina sie beantwortet. Aber Rubina war tot. Sie war im Sonnenlicht verbrannt. Rubina konnte ihr diesmal keine Fragen beantworten. Und bestimmt wussten auch Xenia und Traian nicht, wer ihr diesen Zettel hingelegt hatte. Oder wie Remus sich rächen würde, wenn er das tat. Immer wieder schaute Kaia auf ihr Handy. Die Zeit verstrich unglaublich langsam. Zwei Uhr, drei Uhr, vier Uhr. Bald würde ihr Wecker klingeln. Und dann dauerte es nicht mehr lange, bis sie Traian wieder sah. Kaia vermisste ihn jetzt schon. Ein Tag ohne ihn fühlte sich so an wie eine Woche ohne ihn. Was würde sie machen, wenn er krank war? Wie sollte sie diese Tage in der Schule überleben? Ihre Augenlider vielen immer wieder zu. Doch jedes Mal sah sie das Bild des Zettels in ihrem Kopf und schlug ihre Augen wieder auf. Sie konnte es nicht verkraften, diesen Zettel noch einmal zu sehen. Er machte ihr Angst. Eine Gänsehaut schlich sich über ihren Rücken. Blitzschnell zog Kaia ihre Decke über ihren Kopf und kugelte sich ein. So war sie zwar nicht sicherer, aber sie fühlte sich besser und die Gänsehaut verschwand.

Der Wecker schrillte. Kaia stand auf und streckte sich. Ihr ganzer Körper war müde. Unter ihren Augen hatten sich dunkle Augenringe gebildet. Ihr Gesicht war blass. Müde tapste sie ins Bad und richtete sich für die Schule. Wenn Traian sie so sah, würde er bestimmt denken, sie wurde zu einem Vampir. Also trug Kaia etwas mehr Make-up auf als sonst. „Schon viel besser“, dachte Kaia und ging zurück in ihr Zimmer. Aus ihrem Kleiderschrank zog sie eine Jeans und einen schlichten Pulli raus. Ihre Haare band sie in einen hohen Pferdeschwanz. Danach ging sie in die Küche und machte sich ein Frühstück. Ihre Mutter kam erst jetzt aus dem Bad.

„Mom? Hast du heute nicht einen freien Tag?“

„Ja. Aber ich wollte nicht, dass du alleine frühstücken musst.“

„Du bist extra wegen mir aufgestanden?“

„Ja. Das mache ich doch gerne für meine Tochter.“

Traian wartete bereits vor Kaias Haustür als Kaia aus dem Haus kam. Er begrüßte sie mit einem zärtlichen Kuss, dann öffnete er die Autotür und ließ Kaia einsteigen.

„Na, gut geschlafen?“, fragte er, während er sich in die Straße einfädelte. Sollte sie die Wahrheit sagen? Vom Zettel erzählen? Oder einfach nur so tun, als wäre alles in Ordnung? Als wäre nichts passiert? Wäre das dann ein Vertrauensbruch?

„Ja. Ich hab’ mir ein paar Gedanken gemacht. Über Remus. Aber danach konnte ich gut schlafen.“

„Sehr schön.“

Kaia sah direkt, dass er etwas verbarg. Irgendetwas hatte er ihr nicht erzählt.

„Gibt es etwas, über das du reden willst?“, fragte sie vorsichtig.

„Nein!“ Seine Antwort kam rasch und traf direkt in Kaias Herz. Wieso war er so wütend? Hatte sie etwas falsch gemacht? Kaia schluckte den Kloß in ihrem Hals runter und versuchte die aufkommenden Tränen zurück zu halten. Sie würde jetzt nicht weinen. Nicht vor Traian. Nicht wegen so etwas. Die gesamte Fahrt über redeten sie nicht. Was war bloß los mit Traian? Am Schultor wartete Nora schon auf Kaia. Traian ließ Kaia aussteigen und fuhr weiter zu den Parkplätzen.

„Alles in Ordnung?“, fragte Nora besorgt. Sie konnte Kaia direkt ansehen, dass es ihr nicht so gut ging.

„Ja, ja“, sagte Kaia schnell. Sie wollte nicht wegen dem Vorfall im Auto weinen oder darüber mit Nora reden. Dafür war es nicht schlimm genug. Gemeinsam liefen sie in die Schule. Kaia wurde direkt von ihrer Klasse umzingelt. Sie schaute sich nach Traian um, aber bis zum Klingeln konnte sie ihn nirgends finden.

Nach den ersten beiden Stunden wollte Kaia mit Traian reden, aber sie konnte ihn wieder nicht finden. „Vielleicht ist er nur auf der Toilette“, redete sie sich ein. Aber im Inneren ihres Herzens spürte sie, dass es nicht so war. Schließlich setzte sie sich zu Nora an einen Tisch in der Cafeteria und aß ihr Vesperbrot.

Am Ende des Schultags meldete sich Traian übers Handy bei Kaia.

Mir ging es heute nicht so gut.

Ich bin nach Hause gefahren. Du

musst also Bahn fahren. Wenn es mir

morgen besser geht, hol‘ ich dich ab.

Traian <3

Gute Besserung. Aber du weißt, du kannst

immer zu mir kommen, falls etwas ist.

Und bitte mach das nie wieder. Es hat

mich verletzt. Bis morgen. Schlaf dich aus <3

Kaia hoffte auf eine Antwort, aber sie bekam keine. Vielleicht schlief er nur? Kaia versuchte an etwas anderes zu denken, während sie in der Bahn saß und aus dem Fenster schaute.

Am Abend telefonierte Kaia noch mit Nora wegen des Schulprojekts.

„So, Kai. Was wollen wir beim Schulprojekt machen?“

„Vielleicht etwas, was wir zu zweit planen können.“

„So weit war ich auch schon.“

„Wir könnten uns ja mal in der Stadt umsehen. Bestimmt wird uns da etwas auffallen, was wir verändern könnten. Irgendeine Aktion.“

„Wie wäre es mit einer Aktion für die Armen in der Siedlung für Migranten? Wir könnten die Container neu streichen und verschönern und Pflanzen einpflanzen.

---ENDE DER LESEPROBE---