Der Bachelor-Pakt (4-teilige Serie) - Jessica Lemmon - E-Book

Der Bachelor-Pakt (4-teilige Serie) E-Book

Jessica Lemmon

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Beschreibung

VERFÜHRT, VERLIEBT, VERLOREN?
Was ist nur mit ihm los? Erst träumt Flynn von Sabrina, dann küsst er sie … obwohl sie seine Kollegin und beste Freundin ist – und damit absolut tabu! Doch nach diesem Kuss weiß Flynn genau: Gegen die magische Anziehungskraft sind sie beide machtlos. Ab jetzt will der frisch geschiedene Millionenerbe Sabrina jede Nacht in seinem Bett. Sie ist das Gegenteil seiner intriganten Ex-Frau, und er ist einfach verrückt nach ihr! Zum ersten Mal ahnt Flynn, was Liebe wirklich ist. Aber warum zeigt Sabrina ihm plötzlich die kalte Schulter?

GEFÄHRLICHES SPIEL UM DIE LIEBE
Der verwegen attraktive Gage Fleming macht Andy ein Angebot: Wenn sie seine Firma saniert, wird er ihr falscher Lover. Für Andy der perfekte Deal, denn bei einer Hochzeit will die erfolgreiche Unternehmensberaterin endlich beweisen, dass sie trotz Karriere ein Liebesleben hat! Gage spielt seine Rolle nicht nur so gut, dass ihre Schwestern vor Neid erblassen, schon bald sprühen auch echte Funken zwischen Andy und ihm. In seinen Armen ist sie so glücklich wie noch nie! Gefährlich, denn Gage ist überzeugter Single …

ZUM ERSTEN MAL FÜR IMMER
Die sexy High Heels, der kurze Rock, der ihre Beine umspielt: Reid Singleton ist auf der Stelle hingerissen, als er die bezaubernde Unbekannte auf der Tanzfläche entdeckt. Der Playboy weiß sofort – diese Traumfrau muss er erobern. Ein heißer Flirt beginnt. Auf hungrige Küsse folgen sinnliche Stunden voller Leidenschaft. Erst am nächsten Morgen erfährt Reid, mit wem er die aufregende Nacht verbracht hat: mit der kleinen Schwester seines Geschäftspartners! Das bedeutet Ärger, denn eine ernsthafte Beziehung ist nichts für Reid. Oder etwa doch?

VERLOBT, VERFÜHRT – UND VERLIEBT?
Turbulente Zeiten für Milliardär Tate Duncan: Erst erfährt er, dass er adoptiert wurde, dann verlässt ihn seine Braut. Ruhe findet er bei Yogalehrerin Hayden – noch nie hat er die Nähe der entspannten, sexy Schönen so gebraucht wie jetzt. Spontan überredet er sie, an Weihnachten mit ihm nach London zu seinen leiblichen Eltern zu fliegen … als seine Scheinverlobte! Ein gewagtes Vorhaben mit ungeahnt sinnlichen Folgen. Ehe er sichs versieht, steckt Tate in einer heißen Affäre, die sein Leben erst recht auf den Kopf stellt …

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Seitenzahl: 832

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Jessica Lemmon
Der Bachelor-Pakt (4-teilige Serie)

Der Bachelor-Pakt (4-teilige Serie)

Cover

Titel

Inhalt

Verführt, verliebt, verloren?

Cover

Titel

Impressum

PROLOG

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

14. KAPITEL

15. KAPITEL

16. KAPITEL

17. KAPITEL

18. KAPITEL

19. KAPITEL

20. KAPITEL

21. KAPITEL

Gefährliches Spiel um die Liebe

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

14. KAPITEL

15. KAPITEL

16. KAPITEL

17. KAPITEL

18. KAPITEL

19. KAPITEL

20. KAPITEL

21. KAPITEL

22. KAPITEL

Zum ersten Mal für immer

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

14. KAPITEL

15. KAPITEL

16. KAPITEL

17. KAPITEL

18. KAPITEL

19. KAPITEL

20. KAPITEL

21. KAPITEL

22. KAPITEL

23. KAPITEL

24. KAPITEL

25. KAPITEL

26. KAPITEL

Verlobt, verführt – und verliebt?

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

14. KAPITEL

15. KAPITEL

16. KAPITEL

17. KAPITEL

18. KAPITEL

19. KAPITEL

20. KAPITEL

21. KAPITEL

22. KAPITEL

23. KAPITEL

24. KAPITEL

25. KAPITEL

26. KAPITEL

Guide

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Contents

IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung: Jürgen Welte Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.) Produktion: Jennifer Galka Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2019 by Jessica Lemmon Originaltitel: „Best Friends, Secret Lovers“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA Band 2097 - 2019 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Roswitha Enright

Abbildungen: [email protected] / Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783733725372

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag: BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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PROLOG

„Zwanzig Minuten sind das Mindeste. Oder du kannst darauf wetten, dass sie jedem erzählt, wie miserabel du im Bett bist.“

„Wenn du länger als sieben Minuten brauchst, du ahnungsloser Brite, bist du wirklich ein hoffnungsloser Fall.“

„Hört sich eher so an, als hättest du keine Ahnung.“

Grinsend lehnte sich Flynn Parker in seinem Sessel zurück, das eingegipste Bein auf einem weichen Hocker abgelegt, und hörte den beiden Freunden zu, die sich über Sex unterhielten. Ihr Thema war, wie Frauen es am liebsten hatten.

„Wenn ihr so genau wisst, wie’s geht, wundert es mich, dass ihr immer noch solo seid.“

Gage Fleming und Reid Singleton stutzten und sahen Flynn überrascht an, als hätten sie vergessen, dass da noch ein Dritter im Raum war. Was kein Wunder war, denn die Whiskeyflasche war fast leer, obgleich nur Reid und Gage getrunken hatten, denn Flynns Medikamente vertrugen sich nicht mit Alkohol.

„Das musst du gerade sagen“, lallte Reid in seinem britischen Akzent. „An deiner linken Hand kann ich auch keinen Ehering mehr entdecken.“

„Eben. Und genau das ist der Grund für unseren Trip.“ Gage stieß mit Reid an und dann mit Flynns Wasserflasche.

Stimmt. Flynn nickte. Dass er sich kürzlich von Veronica getrennt hatte, wollten die Freunde hier oben feiern, auf der Skihütte von Flynns Vater in den Bergen von Colorado. Das letzte Mal waren sie hier als Studenten gewesen, und irgendwie schienen sich die Jahre seitdem in Luft aufgelöst zu haben. Denn die drei fühlten sich unbeschwert und albern wie damals.

Gage und Reid hatten in alten Geschichten geschwelgt und vor allem mit ihren zahllosen Eroberungen angegeben, während Flynn so leichtsinnig gewesen war, sich auf den schwierigsten Hang zu wagen. Und da er keine Übung hatte, war er böse gefallen und hatte sich das Bein gebrochen.

Skilaufen war offenbar nicht seine Stärke.

Und mit Veronica hatte es auch nicht geklappt.

Die Scheidung hatte all das zerstört, was er sich von der Zukunft versprochen hatte. Die beiden Freunde waren gleich gekommen, um ihn abzulenken. Alle drei waren seit dem College unzertrennlich gewesen. Bevor Flynn an Bord ging, um nach Colorado zu fliegen, hatte er noch erfahren müssen, dass die Lungenentzündung seines Vaters in Wahrheit Lungenkrebs war und der Vater bald sterben würde. Das bedeutete, dass Flynn dann die Firma übernehmen musste. Eine Aufgabe, auf die sein Vater ihn nur unzureichend vorbereitet hatte.

Eigentlich war es immer Flynns Lebensziel gewesen, Monarch Consulting zu übernehmen. Mit der Betonung auf war . Denn sosehr er sich auch bemüht hatte, Interesse zu zeigen und seinen Vater zu unterstützen, Emmons Parker hatte davon nichts wissen wollen. Im Gegenteil, er hatte den Sohn in keiner Form in die Arbeit mit einbezogen, sondern ihn eher zurückgestoßen und im Unklaren gelassen, auch weil er sich mit dreiundfünfzig noch zu jung fühlte, um an einen Nachfolger zu denken.

Nun war es zu spät, und die Firma lastete auf Flynns Schultern. Auf seinen allein.

Auf einmal lachte Reid schallend los. Offenbar hatte Gage etwas Komisches gesagt. Das riss Flynn aus seinen trüben Gedanken. Er blickte auf. Nein, er war nicht allein. Er hatte Reid und Gage und seine beste Freundin Sabrina Douglas, die er noch länger als die beiden kannte. Alle drei arbeiteten mit ihm zusammen und würden ihn nie im Stich lassen.

Die älteren Angestellten waren fast ausgeflippt, als herauskam, dass Flynn die Firma als neuer Geschäftsführer übernehmen würde. Er, der als bequem und nachlässig verschrien war, sollte nun für das Wohl und Wehe der Mitarbeiter zuständig sein? Doch Flynn war fest entschlossen, diese neue Aufgabe genauso ernst zu nehmen wie den Pakt, den er mit seinen Freunden geschlossen hatte. Und über den er noch kurz vor dem Sturz nachgegrübelt hatte, was offenbar keine gute Idee gewesen war.

„Erinnert ihr euch noch, was wir uns als Studenten geschworen haben?“ Schmunzelnd sah er seine Freunde an. „Dass wir nie heiraten würden?“

„Allerdings!“ Reid lachte kurz auf. Reid Singleton war fest entschlossen Single zu bleiben. Das war er schon seinem Namen schuldig. „Das war hier, oder? Genau in diesem Raum.“

Gage schürzte die Lippen und kniff die Augen zusammen. „Wir waren damals doch vollkommen besoffen. Möchte nicht wissen, was wir sonst noch alles von uns gegeben haben.“

„Ich habe mich nicht daran gehalten. Ich hätte es tun sollen.“ Ein großer Fehler. Flynn seufzte leise.

„Ich kann verstehen, dass du das jetzt so siehst“, meinte Gage. „Du hast ziemlich viel aushalten müssen. Damals haben wir eigentlich alle nicht daran geglaubt, dass es so etwas wie die ewige Liebe gibt.“

„Wir wollten auch nicht daran glauben“, warf Reid ein.

Flynn wies mit seiner Wasserflasche auf Gage. „Wie lange bist du jetzt schon mit deiner neuen Flamme zusammen? Einen Monat?“

„Ja, ungefähr.“

„Na und?“ Reid leerte sein Whiskeyglas in einem Zug. „Du und ich, Gage, wir haben uns wenigstens an unsere Abmachung gehalten. An deiner Stelle wäre Flynn schon längst wieder verheiratet.“

Das war nicht übertrieben. Flynn und Veronica hatten geheiratet, als sie sich gerade einmal dreißig Tage kannten. Völlig verrückt. Dass die Ehe immerhin drei Jahre gehalten hatte, war Flynns Sturheit zu verdanken und nicht Liebe und Leidenschaft. Aber als Veronica ihn dann mit seinem Bruder betrog, war es auch für ihn vorbei gewesen.

Und wenn schon, dachte er, als ihn die Erinnerung an den Betrug wie ein Messerstich durchfuhr. Er hatte Julian sowieso nie leiden können.

„Er tut es schon wieder“, stieß Reid mit schwerer Zunge hervor. Er wies mit erhobenem Zeigefinger auf Flynn, sah aber Gage an. „Er denkt an sie“, flüsterte er.

„Ich habe alles gehört!“ Flynn richtete sich auf. Schließlich hatte er zwar Veronica verloren, nicht aber sein Gehör. Das heißt, „verloren“ konnte man eigentlich nicht sagen. Veronica und er hatten sich Stück für Stück voneinander entfernt, bis sie sich schließlich seinem älteren Bruder zuwandte, der ihr vom Wesen her ähnlicher war. Ebenso wie sie war er eher ein Künstlertyp, während Flynn sachlich und pragmatisch war. Langweilig und gefühlsarm sei er, hatte Veronica ihm vorgeworfen.

„He, Flynn!“ Gage schnippte mit den Fingern. „Hör auf mit dem Trübsinn. Wir sind doch hier, um deine Scheidung zu feiern, und nicht, um zuzusehen, wie du in Depressionen verfällst.“

„Tu ich doch gar nicht.“ Flynn hatte lange über seine Situation nachgedacht und war jetzt der Überzeugung, dass das Schicksal ihm quasi einen Tritt versetzt und ihn endlich wachgerüttelt hatte. „Ich erneuere den Pakt“, sagte er mit düsterer Stimme, sodass selbst Reid aufhörte zu lächeln. „Ich bleibe ledig. Eine Ehe ist die ganze Quälerei nicht wert. Auch nicht, dass man sich deshalb das Bein bricht. Da verbringe ich meine Zeit lieber mit den beiden schlimmsten Typen im ganzen Universum.“

Seine Freunde sahen ihn beleidigt an. „Das war nicht nötig, Parker“, sagte Reid, und Gage nickte.

Flynn lehnte sich so weit vor, wie es das hochgelegte Bein zuließ. „Auf keinen Fall sollt ihr so was durchmachen wie ich. Nie.“

„Du meinst es also wirklich ernst.“ Gage sah ihn nachdenklich an und wirkte auf einmal stocknüchtern. Flynn schwieg. „Okay. Wie lautete der Schwur?“

„Das letzte Mal haben wir uns versprochen, niemals zu heiraten“, meinte Reid. „Und dann schwörten wir auf unser bestes Stück.“

„Das bedeutet, dass deins längst abgefallen sein müsste.“ Reid musterte Flynn mit gespielt angestrengtem Gesicht. „Ist es aber nicht, oder?“

„Nein, ist es nicht“, sagte Flynn genervt.

„Puh.“ Reid wischte sich imaginären Schweiß von der Stirn.

„Kopf hoch, Parker. Du warst doch nicht zurechnungsfähig.“ Gage schlug Flynn freundschaftlich auf die Schulter. „Deine Mutter war damals krank und dein Vater unglücklich. Und Natalie hatte mich gerade sitzen gelassen. Wir waren damals alle schlecht drauf.“ Er warf Reid einen schnellen Blick zu. „Bis auf Reid. Keine Ahnung, warum er mitgemacht hat.“

„Wollte sowieso nie heiraten“, brummte Reid. „Alle für einen, einer für alle.“

„Also? Erneuern wir den Pakt“, sagte Flynn ernst. „Auf euer bestes Stück, groß oder klein.“

Reid grinste.

Beim ersten Mal hatten sie alle drei nicht gewusst, was echter Herzenskummer bedeutete. Wenn die Freundin Schluss machte, war das zwar nicht angenehm. Aber zu heiraten und dann betrogen zu werden, das war um einiges schlimmer. Reid und Gage hatten auch heute noch keine Ahnung, wie schlimm, und Flynn wünschte ihnen von Herzen, so etwas nie durchmachen zu müssen. Die letzten drei Monate waren für ihn die Hölle gewesen. All das hätte er nicht ertragen müssen, wenn er ihren Pakt ernst genommen hätte.

Wahrscheinlich würden die beiden nie mit Frauen zusammen sein, die sie mit Familienmitgliedern betrogen. Aber aus welchen Gründen auch immer Scheidungen zustande kamen, sie waren schmerzhaft. Rein statistisch wurden mehr als fünfzig Prozent aller Ehen geschieden. Zwar behaupteten manche, dass diese Erfahrung für sie wichtig gewesen sei und sie weitergebracht habe. Aber das war totaler Blödsinn.

Flynn bedauerte zutiefst, dass er geheiratet hatte. Dass Veronica sich für seinen Bruder entschieden hatte, hätte er im Nachhinein besser ertragen können, wenn sie ihm gleich gesagt hätte, dass sein Bruder sie interessiere. Und nicht erst nach drei unerträglichen Ehejahren.

„Ich schwöre, ich werde niemals heiraten.“ Reid stieß mit dem Glas gegen Flynns Wasserflasche und sah Gage erwartungsvoll an.

„Okay. Das Ganze ist verrückt, aber ich bin dabei.“ Gage hob das Glas.

„Du musst es sagen“, drängte Flynn. „Sonst gilt es nicht.“

„Ich verspreche es. Ich werde nicht heiraten.“

„Niemals. Du hast niemals vergessen.“ Flynn verzog keine Miene.

„Moment mal!“ Reid hob den Zeigefinger. „Was, wenn einer von uns wieder schwach wird? So wie unser romantischer Gage hier, frisch verliebt.“

„Halt die Klappe, Reid!“

„Aber wer weiß, vielleicht ist eine von deinen Vier-Wochen-Flammen plötzlich die Richtige. Wenn du nicht aufpasst.“

„Ich passe aber auf“, brummte Gage.

„Das will ich dir auch geraten haben.“ Flynn warf ihm einen strengen Blick zu. Alle schwiegen, als sei ihnen erst jetzt die Bedeutung dieses Schwurs bewusst geworden. „ Bis dass der Tod euch scheidet ist eine Lüge und die Sache letzten Endes nicht wert.“

Reid sah nachdenklich auf Flynns eingegipstes Bein, irgendwie auch eine Folge der verkorksten Ehe. Dann warf er einen schnellen Blick auf Gage. Sie bedeuteten Flynn mehr als sein eigener Bruder. Sie würden alles für ihn tun – auch schwören, dass eine Ehe für sie nicht infrage kam.

„Niemals!“, sagte Gage mit Nachdruck und hob sein Glas.

Flynn und Reid nickten zufrieden und stießen mit ihm an.

1. KAPITEL

Flynn Parker zitterten die Hände, als er versuchte, seine Krawatte mit einem doppelten Windsorknoten zu binden. Kein Wunder, er hatte zu viel Kaffee getrunken und entsprechend wenig geschlafen. Außerdem war es heiß in dem kleinen Hinterzimmer der Kapelle. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, und seine Hände waren feucht. Er schloss die Augen und atmete ein paarmal tief durch.

Immerhin, die Trauerfeier hatte er schon mal überstanden. Aber das Schlimmste stand ihm noch bevor. Dabei zu sein, wenn man den Sarg in die Erde hinabließ. Sicher, er hatte sich oft mit seinem Vater gestritten. Aber am offenen Grab zu stehen und zuzusehen, wie sein Sarg hinabgelassen wurde, hatte so etwas entsetzlich Endgültiges. Irgendwie endgültiger als der Tod selbst.

„Da bist du ja.“ Sabrina Douglas, Flynns gute alte Freundin aus Collegezeiten, trat in den Raum. „Kann ich dir helfen?“

„Warum ist es hier drinnen bloß so heiß!“, stöhnte er, ohne auf ihre Frage einzugehen.

Sie schnalzte mit der Zunge wegen seiner übertriebenen Reaktion. Auch wenn sie in den letzten Jahren privat wenig miteinander zu tun gehabt hatten, so war sie doch immer ein Teil seines Lebens gewesen und an seiner Seite, wenn er sie brauchte. Sie hatte ihn unterstützt, als er versuchte, sich in die Aufgaben der Beratungsfirma einzuarbeiten, die ihm jetzt gehörte und deren Geschäftsführer er war. Sie war bei seiner Hochzeit mit Veronica dabei gewesen. Damals waren sie dreißig gewesen. Sie waren im selben Jahr, sogar am selben Tag und fast zur selben Uhrzeit geboren worden. Sie war vier Minuten älter als er und hatte ihn oft damit aufgezogen.

Doch das konnte ihre Freundschaft nicht erschüttern.

Sie hob die Augenbrauen über der schwarzen Brille, lächelte leicht und griff nach seiner Krawatte.

„Normalerweise kann ich das“, stieß er verärgert hervor. „Ich mach es doch jeden Morgen.“ Sabrinas fruchtiges Parfüm kitzelte ihn in der Nase. Mm, sie roch immer so gut, was ihm länger schon nicht mehr aufgefallen war. Eigentlich viel zu lange …

Solange er mit Veronica verheiratet gewesen war, hatten Sabrina und er sich außerhalb der Arbeitszeit kaum gesehen. Mit Reid und Gage hatte er sich nach wie vor getroffen, aber aus irgendeinem Grund war Sabrina nicht mehr willkommen gewesen in ihrem engsten Freundeskreis. Darüber hatten sie nie gesprochen, war wohl so etwas wie eine geheime Abmachung zwischen Veronica und Sabrina. Wieso eigentlich? Er runzelte die Stirn.

„Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist“, brummte er.

„Aber Flynn …“

Er bedeckte ihre Hände mit seinen. „Nicht“, sagte er leise. Ihm war jetzt nicht nach reden zumute.

Sabrina sah ihn an, und zum ersten Mal fiel ihm auf, was für schöne Augen sie hatte, haselnussbraun mit einem Hauch grün. Hinter den Brillengläsern wirkten ihre Augen groß. Was hatte sie nicht schon alles mit ihm mitgemacht. Während seiner Scheidung war sie an seiner Seite gewesen, auch während der schweren Krankheit seines Vaters und dessen Tod. In den letzten Monaten war sich Flynn wirklich wie der unglückliche Hiob aus der Bibel vorgekommen, der vom Pech verfolgt wurde. Konnte es noch schlimmer kommen?

Der alte Emmons Parker hatte gewusst, wie schlecht seine beiden Söhne miteinander auskamen. Deshalb hatte er vor seinem Tod bestimmt, die Testamentsverlesung auf zwei Tage zu verteilen. Am Sonntag war Flynn dran gewesen, am Montag Julian. Julian erbte die vom Vater geliebte Oldtimersammlung und das große Haus, in dem sie aufgewachsen waren, mit dem Kirschbaum im Vorgarten. Flynn erbte die Skihütte in Colorado, das Penthouse in der Innenstadt und vor allem die Firma. Da Julian vorhatte, „eine Familie zu gründen“, so ähnlich hatte es im Testament gestanden, bekam er das geliebte Elternhaus, das die Mutter mit in die Ehe gebracht hatte. Obgleich er zwar der ältere, aber der weniger verlässliche der Söhne war, wie der Vater wusste.

Der Sohn, der nun mit Flynns früherer Frau eine Familie gründen würde.

Nach der Trauerfeier hatten Freunde und Familienangehörige Flynn herzlich umarmt und ihm ihr Beileid ausgedrückt. Auch Julian und Veronica waren da, aber Flynn war beiden aus dem Weg gegangen. Er wusste zwar, dass Veronica ihn nicht aus den Augen ließ, aber er hatte keine Lust, auf sie zuzugehen. Mit ihrem schlechten Gewissen musste sie schon allein fertigwerden.

„Ich würde dich so gern trösten“, stieß Sabrina leise hervor und schluckte. „Aber ich weiß nicht wie.“ Sie presste die Lippen zusammen. „Es tut mir alles so leid.“

Flynn zog sie in die Arme und wiegte sie sanft hin und her. Es tat ihm gut, ihren warmen Körper zu spüren und zu wissen, sie würde immer zu ihm halten. Sie hielt sich an ihm fest, als würde sie zu Boden sinken, wenn sie ihn losließ. Und so strich er ihr liebevoll über den Rücken und murmelte: „Du tust genau das, was ich jetzt brauche, Sabrina. Du bist hier, und das ist genug.“

Sie schniefte leise und löste sich langsam aus seiner Umarmung. Während sie die Brille anhob und sich mit einem Taschentuch vorsichtig die Augen betupfte, betrachtete sie sich im Spiegel. „Aber das ist keine Hilfe“, sagte sie leise.

„Oh, doch.“ Sie war unglaublich sensibel und voller Mitgefühl. Manchmal machte er sich deshalb Sorgen um sie. Denn Menschen wie Sabrina konnten zu leicht ausgenutzt werden. Er begegnete ihrem Blick im Spiegel und fragte sich nicht zum ersten Mal, ob sie sich selbst wohl auch so sah. Sie war groß und schlank, ihr dunkelbraunes Haar umrahmte ein ebenmäßiges Gesicht von klarer Schönheit. Und die dunkle Brille gab ihr etwas Verletzliches und gleichzeitig Intellektuelles. Sie trug ein schwarzes schmales Kleid, dazu Schuhe mit hohen Absätzen, mit denen sie fast so groß war wie er.

Jetzt putzte sie sich energisch die Nase und sah Flynn an. „Ist schon gut, ich bin wieder okay.“ Sie atmete noch einmal tief durch. „Also, wenn ich irgendetwas für dich tun kann …“

„Lass uns abhauen …“, platzte er plötzlich heraus und war selbst überrascht. Wo kam das jetzt her? Aber warum eigentlich nicht?

„Du meinst, einfach so? Ohne zum Grab mitzugehen?“

„Ja, warum nicht?“ Er hatte mit jedem gesprochen. Er hatte sich anhören müssen, wie der Pfarrer seinen Vater wie einen Heiligen darstellte. Das hatte er nur schwer ertragen können, ebenso wie die verlogene Lobhudelei der anderen Trauergäste.

Sabrina wollte etwas erwidern, aber er ließ sie nicht zu Wort kommen. „Ich würde auch die nächsten Stunden noch überstehen, aber ich will es nicht. So einfach ist das.“

Sie musterte ihn kurz und nickte dann. „Gut, dann lass uns abhauen.“ Als er erleichtert aufatmete, lachte sie leise. „Wollen wir zu Chaz’s gehen? Für Fisch und Chips würde ich jetzt mein Leben lassen.“ Erschreckt legte sie sich die Hand auf den Mund. „Entschuldige, das ist wirklich ein unpassender Ausdruck bei einer Beerdigung.“

Unwillkürlich musste er lachen. Gleichzeitig wurde ihm klar, wie lange er sie schon nicht mehr außerhalb der Büroräume gesehen hatte. „Ja, gern. Komm.“

In diesem Moment trat Julian in die Tür und sah seinen Bruder empört an. „Das ist doch wohl nicht dein Ernst! Du verlässt die Beerdigung deines eigenen Vaters? Das gehört sich nicht!“

Du hast es nötig, mir Moral zu predigen! Flynn wollte gerade etwas erwidern, als Veronica ihren blonden Kopf von hinten auf Julians Schulter legte. Ihr Blick glitt von Sabrina zu Flynn, dem es eiskalt über den Rücken lief. „Liebster“, wisperte sie in Julians Ohr, „lass gut sein. Nicht hier.“

Liebster! Auch das noch. Flynn spürte, wie Sabrina neben ihn trat. Auch wenn er seine Sache allein verfechten konnte, tat es doch gut, ihre Unterstützung zu spüren.

Julian trat einen Schritt vor und starrte den Bruder drohend an. „Du willst nicht am Grab deines Vaters stehen und ihm ein letztes Lebewohl sagen? Das tut man einfach nicht.“ Es hätte nicht viel gefehlt, und Julian hätte vor seinem Bruder ausgespuckt. Wieder flüsterte Veronica ein begütigendes „Liebster“, aber Julian achtete nicht auf sie.

„So? Du hast mehr als deutlich gemacht, dass es mich nichts angeht, was du tust oder nicht tust.“ Flynn warf einen wütenden Blick auf Veronica. „Das gilt für euch beide. Und ich finde, mir steht das gleiche Recht zu.“

Veronica riss die blauen Augen auf. Flynn betrachtet sie. Mein Gott, wie hatte er sie früher angehimmelt, diese elegante Erscheinung mit dem vollen blonden Haar und dem immer perfekten Make-up … Bis er sah, was sich darunter verbarg. Egoismus, Betrug, Lügen. „Irgendwie sahst du früher besser aus“, bemerkte er – und erschrak. Das hatte er nicht laut sagen wollen.

„Das reicht!“ Julian stürzte auf ihn zu und wollte ihn schlagen, doch Flynn parierte den Hieb leicht. Sein Bruder hatte nur schwache Muskeln. Kein Wunder, er musste nur einen Pinsel halten. Flynn duckte sich, als Julian nun mit der linken Faust zuschlug, dann kam er hoch und traf den Bruder mit einer Rechten aufs Kinn. Julian taumelte, machte ein paar Schritte rückwärts, verlor die Balance und fiel zu Boden.

Veronica schrie auf und kniete sich neben ihn. „Liebster, was ist? Sag doch was.“

Flynn biss die Zähne zusammen. Er wusste nicht, was ihn mehr anwiderte. Dass die Frau, die ihm ewige Treue geschworen hatte, sich über den verhassten Bruder beugte. Oder dass er die Fassung verloren und Julian geschlagen hatte.

„Flynn?“ Sabrina sah ihn besorgt an. „Alles okay?“

Es war ihm sehr unangenehm, dass sie ihn in diesem Zustand sehen musste, irgendwie kaputt und schwach, so wie er sich schon seit Monaten fühlte. „Ja, alles bestens.“ Er nahm sie bei der Hand und verließ mit ihr den Raum, ohne weiter auf Julian und Veronica zu achten. Draußen kamen ihnen Reid und Gage mit schnellen Schritten entgegen.

„Jemand hat geschrien“, Reid hatte die Fäuste geballt und sah die beiden aufgebracht an. „Was ist los?“

Auch Gage wirkte beunruhigt und sah sich nach allen Seiten um, ob irgendwo Gefahr lauerte. Dann wandte er sich an Sabrina. „Und du? Bist du okay?“

„Ja. Ich habe nicht geschrien. Das war Veronica.“

„Mit uns ist alles in Ordnung“, sagte Flynn schnell. „Aber ich fürchte, ich habe Julian die Nase gebrochen.“

„Gebrochen?“ Reid war verblüfft. Dann grinste er und schlug Flynn anerkennend auf die Schulter.

„Und was machen wir jetzt?“ Gage warf einen kurzen Blick auf den angrenzenden Raum, aus dem Jammern und Stöhnen drang.

„Wir verlassen diese Veranstaltung“, meinte Flynn. „Wer hat Appetit auf Fisch und Chips bei Chaz’s ?“

„Ich natürlich.“ Als Engländer liebte Reid sein Fisch und Chips.

Gage, wie immer der vorsichtige, umsichtige Freund, sah Flynn prüfend an. „Hast du dir das auch gut überlegt?“

Unwillkürlich musste Flynn an seinen Vater denken, an dessen Wutausbrüche und Beschimpfungen. Wie einsam war Emmons gewesen, nachdem Mom vor fünfzehn Jahren an Krebs gestorben war. Jetzt hatte der Krebs auch ihn erwischt, aber im Gegensatz zu seiner Mom hatte sein Vater nie begriffen, was im Leben wirklich wichtig war. Er war als verbitterter alter Mann gestorben. Vielleicht konnte Flynn deshalb diesen endgültigen Abschied nicht ertragen.

Sabrina nahm seine Hand und drückte sie. „Was auch immer du willst, uns ist es recht.“

Reid und Gage nickten.

„Dann lasst uns zu Chaz’s gehen.“

„Also los.“

Sie gingen um die Menge herum, die darauf wartete, dass Flynn seinen Platz als Sargträger einnahm, vorbei an irgendwelchen Verwandten, von denen Flynn noch nie etwas gehört hatte und die wie die Geier aufgetaucht waren. Eine Freundin von Veronica hielt ihn kurz an. „Wo sind denn Veronica und Julian?“

Er wies mit dem Kopf auf die Tür. „Da drinnen.“

Ohne nach rechts oder links zu sehen, ging er mit Sabrina an der Hand auf seinen Wagen zu und schloss auf. Sabrina stieg vorn und die Freunde hinten ein. Dann verließen sie den Parkplatz und fuhren direkt zu Chaz’s .

2. KAPITEL

Sechs Monate später

Flynn drückte auf die Taste der Espressomaschine. Hier in dem angrenzenden Extraraum seines Büros hatte sein Vater sich immer aufgehalten, wenn er sich entspannen wollte. Keinem der Mitarbeiter von Monarch Consulting war der Zutritt erlaubt gewesen, auch dem eigenen Sohn nicht.

Das hatte Flynn grundsätzlich geändert. Seine drei engsten Mitarbeiter, Reid, Sabrina und Gage, konnten selbstverständlich kommen, wann immer sie wollten. Sie hatten ihre Büros auch hier auf dem obersten Stockwerk, das sein Vater früher für sich reserviert hatte. Ob der eine oder andere Angestellte darin eine Bevorzugung sah, war Flynn egal. Als er aus Colorado zurückgekehrt war, nun als der neue Geschäftsführer der Firma, hatte er diese Büros eingerichtet. Es tat ihm gut, die Freunde um sich zu haben und täglich daran erinnert zu werden, dass er nicht allein war.

Dies war jetzt seine Firma, mit der er tun und lassen konnte, was er wollte. Was Emmons weiß Gott jahrelang in übertriebenem Maße gemacht hatte. Monarch Consulting beriet Firmen in Bezug auf ihre Geschäftsstrategien, mit dem Ziel, besseres Marketing und damit auch bessere Ergebnisse zu erzielen. Dazu waren oft auch ganz neue Wege nötig, und das war etwas, wo Emmons Parker oft passen musste. Seine Strategien hatten sich seit Jahrzehnten nicht geändert.

Gage Fleming hatte sich um neue Klienten zu bemühen, und charmant und liebenswürdig, wie er war, war dieser Job ideal für ihn. Reid kümmerte sich um die Website der Firma und um regelmäßige Marketing-Analysen. Und Sabrina war für die sozialen Medien und die Darstellung der Firma auf allen Internetplätzen zuständig.

Flynn nahm die kleine Espressotasse aus dem Apparat, rührte braunen Zucker in das dunkle Gebräu und dachte an die Freunde, ohne die er nicht das geschafft hätte, was er im letzten halben Jahr aus der Firma gemacht hatte.

„Was gibt’s, Bruder?“

Flynn fuhr herum. Gage war hereingekommen und grinste ihn breit an. Ja, wenn du doch mein biologischer Bruder wärst, ging es Flynn nicht zum ersten Mal durch den Kopf. Und nicht Julian …

Gage trug sein ehemals sehr kurzes Haar seit einiger Zeit etwas länger, sodass es sich an den Enden kringelte, was ihm noch zusätzlich jungenhaften Charme verlieh. Der Mann konnte wirklich jeden um den Finger wickeln, Flynn kannte niemanden, der mit ihm nicht auskam. Und auf ihn selbst hatte Gage einen beruhigenden Einfluss, den er in der letzten Zeit gut gebrauchen konnte.

Gage gab seinem Freund einen Klaps auf den Rücken. „Wundert mich, dass du nach dem letzten Wochenende schon wieder aufrecht bist.“

An dem langen Wochenende hatten sie die Scheidung von Veronica und Flynn gefeiert, die endlich durch war. Flynn war eigentlich nicht zum Feiern zumute gewesen, denn er empfand das Scheitern seiner Ehe als eigenes Versagen. Aber Reid und Gage hatten darauf bestanden, und so hatten sie sich in ihrer Lieblingskneipe so richtig volllaufen lassen. Und irgendwie hatte es Flynn dann doch gutgetan.

„Ich lande immer auf den Füßen“, brummelte Flynn, der todmüde war und sicher noch einen Kater hatte.

„Good morning, Fleming.“ Reid schob die Tür auf. „Good morning, Parker.“ Er kultivierte stets seinen britischen Akzent, und zwar aus einem einzigen Grund: Die Frauen liebten es.

Während Flynn eher nüchtern und introvertiert war und Gage lebhaft und liebenswert, war Reid so etwas wie ein Mittelding zwischen beiden. Er konnte sehr charmant sein, aber auch hart und eher verschlossen, was mit seiner Vergangenheit zu tun haben musste, über die er sich ausschwieg. Flynn ließ ihm Zeit. Irgendwann würde Reid sich schon öffnen. Allerdings kannten sie sich schon viele Jahre, und wenn das in dem Tempo weiterging, würde Reid sich wohl erst auf dem Totenbett erklären.

„Soso, wen haben wir denn hier?“ Sabrina stand in der Tür. „Drei von Seattles traurigen reichen Junggesellen.“

Sie trat mit dem für sie so typischen schwingenden Gang ein. In dem schmalen Rock, der weich fallenden Bluse und den hochhackigen Schuhen sah sie sehr weiblich aus. Sie strahlte die drei an, und wieder wunderte sich Flynn, warum gerade sie sich erst gesträubt hatte, den gut bezahlten Posten anzunehmen. Sie war einfach zu bescheiden und hatte gemeint, dass andere den Job sicher besser ausfüllen könnten. So etwas wäre Veronica nie in den Sinn gekommen.

Ansonsten war Sabrina die ewige Optimistin. Für sie war die Welt total in Ordnung und voller Sonnenschein, während Flynn die bittere Erfahrung hatte machen müssen, dass die Welt wohl eher eine Jauchegrube war.

„Wow!“ Sabrina musterte Flynn prüfend. „Du siehst aus, als hättest du eine schlimme Nacht hinter dir.“ Dann fiel ihr Blick auf Gage und Reid. „Ihr seht auch nicht besonders gut aus. Habt ihr ein bisschen zu viel …?“ Dann starrte sie wieder Flynn an. „Ach so, mein Gott … Ist die Scheidung etwa durch? Ist es endgültig vorbei?“

Reid nickte ernst. „Ja, er ist wieder Single, mit allem Drum und Dran.“

Das Lächeln verging ihr, als sie Flynn ansah. „Und? Wie geht’s dir?“

„Gut.“

„Wirklich?“

Flynn zog verärgert die Brauen zusammen. Verdammt, weshalb musste sie auch immer nachfragen! Das hatte er schon befürchtet und ihr deshalb nichts davon gesagt. Denn er wollte seine quälenden Gefühle im Whiskey ertränken und nicht darüber diskutieren. Hilfesuchend sah er Reid und Gage an.

Gage verstand, was er wollte. „Du wärst doch sicher nicht mitgekommen, auch wenn wir dich gefragt hätten, oder?“, fiel er schnell ein.

„Was soll das denn heißen?“ Sabrina blickte Gage empört an, der den Kopf senkte und eifrig in seinem Kaffee herumrührte.

„Sabrina …“ Reid legte ihr den Arm um die Schultern. „Lass gut sein“, versuchte er sie zu beschwichtigen.

„Ich denke nicht daran! Kann mir schon denken, warum ihr mich nicht gefragt habt. Ihr habt euch irgendwelche Frauen aufgegabelt, oder? Aber deshalb hättet ihr mich doch mitnehmen können. Ich bin sehr gut bei so was.“

Flynn senkte den Blick. Die Vorstellung, dass Sabrina ihn dabei beobachtete, wie er sich an eine Frau heranmachte, war ihm ausgesprochen unangenehm.

„Hm …“ Sabrina musterte die drei Freunde nachdenklich. „Oder hat das Ganze damit zu tun, dass ihr euren blöden Schwur erneuert habt?“

„Der ist nicht blöd“, sagte Flynn schnell. Ehe und Familie hatte er bisher immer hochgehalten. Bis er die andere Seite der Medaille kennenlernte. Gebrochene Versprechen und tiefe Reue. Veronicas Betrug und die Scheidung hatten aus ihm einen anderen Menschen gemacht.

„Du bist doch auch Single, meine Liebe. Willst du nicht dem Pakt beitreten?“ Reid grinste hintersinnig und schenkte sich Kaffee ein.

„Nein, ich denke nicht daran. Ich bin Single aus Überzeugung, während du …“, sie stieß Reid spielerisch in die Seite, „unfähig bist, dich auf eine Frau zu konzentrieren. Wie auch immer, sich zu schwören, sich nie tief und ernsthaft zu verlieben, ist albern und kurzsichtig.“

„Wieso? Wir können uns durchaus verlieben“, entgegnete Gage. „Wir haben uns nur geschworen, nicht zu heiraten.“

Sie verdrehte die Augen. „Das ist einfach lächerlich.“

„Das ist es nicht, Sabrina“, sagte Flynn leise und drohend. „Es ist kein Witz.“

Sie musterte ihn aus leicht zusammengekniffenen Augen. „Ich weiß, dass ihr es ernst meint“, stieß sie hervor. „Aber es ist trotzdem vollkommen blödsinnig.“ Sie wandte sich zur Tür.

Reid sah Flynn an und schüttelte lächelnd den Kopf. „Keine Chance, Kumpel. Du kannst sie nicht umstimmen.“

„Sie mich aber auch nicht“, gab Flynn zurück und wusste im gleichen Augenblick, dass das so nicht richtig war. Sabrina hatte eine größere Wirkung auf ihn, als er sich eingestehen mochte. Unwillkürlich versuchte er, sie vor manchem zu schützen. So was wie den Barbesuch gestern wollte er ihr wirklich nicht zumuten. Und auch das Skiwochenende wäre nichts für sie gewesen. Zu viele trübe Gedanken, die sie vielleicht auch deprimiert hätten. Sie war ein positiver und dem Leben zugewandter Mensch, und genau das sollte sie auch bleiben. Denn das half nicht nur ihr, sondern auch ihm.

„Dass einem das Herz gebrochen werden kann, ist kein Mythos!“, rief Reid ihr noch hinterher. „Irgendwann wirst du das auch begreifen!“

„Idioten.“ Lächelnd verließ sie den Raum.

3. KAPITEL

Sabrina hatte Flynn verärgert, das war ihr klar. Vielleicht hätte sie nicht so weit gehen sollen, aber die Sache mit diesem albernen Schwur regte sie immer noch auf. Flynn hatte seine Wut gerade noch beherrschen können, sie kannte diesen leisen drohenden Tonfall.

Und drohend wenn auch nicht gerade leise war seine Stimme auch jetzt wieder zu hören, als sie an dem Konferenzraum vorbeiging und unwillkürlich an der Tür stehen blieb. War das nicht Mac Langley, den er da anschrie und der sich nur halbherzig verteidigte? Den hatte doch Emmons Parker noch eingestellt.

Was war bloß mit Flynn los? Weshalb fuhr er so leicht aus der Haut? Als sie nach der Beerdigung, besser gesagt, noch während der Beerdigung zu Chaz’s gefahren waren, um Fisch und Chips zu essen, da war Flynn vorübergehend so wie früher gewesen, unbeschwert wie zu Collegezeiten. Und da war ihr erst bewusst geworden, wie sehr sie sich nach dem alten Flynn sehnte. Wie gern würde sie Flynn jetzt wieder so glücklich sehen, wie er damals als Student gewesen war. Als sie oft zusammen waren und sie manchmal für ihn kochte, damit er auch mal was „Vernünftiges“ aß. Jetzt wirkte er nur noch verbittert.

Als er Mac wieder anschrie und dabei grob beleidigte, fuhr sie zusammen. Das würde er nie wieder gutmachen können. So etwas ließ sich kein Mann gefallen. Jemand flüsterte hinter ihr. Als sie sich umdrehte, war sie entsetzt, dass sie nicht die Einzige war, die das mit anhören musste. Gage und zwei Volontärinnen standen regungslos hinter ihr. Sie setzte ein mühsames Lächeln auf.

Gage fasste sich schnell und zwinkerte den beiden jungen Mädchen zu. „Vielleicht wäre es besser, wenn Sie ganz schnell verschwinden“, sagte er in leichtem spielerischen Tonfall. „Sonst kriegen Sie auch noch was ab, und das wäre doch wirklich schade um zwei so hübsche junge Damen.“

Die Mädchen kicherten und verschwanden.

„Musst du denn mit jedem weiblichen Wesen flirten, das dir unter die Augen kommt?“, fragte Sabrina gereizt.

„Ich habe doch nicht geflirtet.“ Gage tat empört. Und er hatte recht. Dieses Verhalten war völlig normal für ihn. Er war einfach liebenswürdig und charmant und würde mit jedem so umgehen. Mehr Sorgen machte ihr die Tatsache, dass die Mädchen Flynns Ausbruch mitangehört hatten. Bald würde die ganze Firma davon wissen.

Dass jemand schlecht von Flynn denken könnte, tat ihr weh, auch wenn er sich wirklich unmöglich benahm, seit er die Firma übernommen hatte. Aber sah denn keiner, dass es ihm schlecht ging, dass er litt?

Gage trat neben sie und wies mit dem Kopf auf die Tür. „Wer ist denn da drinnen?“

„Mac und noch ein paar andere. Aber Reid wohl nicht. Seine Stimme hätte ich erkannt.“

„Er ist in seinem Büro. Bin eben bei ihm vorbeigekommen.“

Seltsam. Eine Sitzung, zu der Flynns drei engste Mitarbeiter nicht eingeladen worden waren? Sabrina runzelte die Stirn. Wer die wohl einberufen hatte? „Ist denn am Wochenende irgendetwas Besonderes passiert?“ Sie sah Gage fragend an. Könnte ja sein, dass der Alkohol Flynn die Zunge gelöst hatte. Obgleich sie sich das nicht vorstellen konnte.

Gage zuckte mit den Schultern. „Nein. Wir haben ziemlich viel getrunken. Und den Pakt erneuert.“

„Wie konntet ihr? Flynn ist elend dran. Sich am Wochenende volllaufen zu lassen ist keine Lösung.“

Im letzten halben Jahr hatte sie Flynn dabei beobachtet, wie er versuchte, mit dem Tod seines Vaters und der neuen Verantwortung zurechtzukommen. Nach Phasen des Zorns und der Trauer schien er sich allmählich zu fangen. Als sie ihre neuen Büros bezogen, hatte er eine Flasche Champagner geöffnet und ihnen für ihre Freundschaft und Unterstützung gedankt. Und war zuversichtlich gewesen, dass die Firma eine neue Blüte erleben würde.

Wo war dieser optimistische Flynn geblieben? Kurz danach war er wieder in sein schlecht gelauntes und leicht gereiztes Selbst zurückgefallen.

„Er ist einfach überarbeitet“, meinte Gage und legte Sabrina tröstend die Hand auf die Schulter. „Die Firma zu leiten ist anstrengend, vor allem, da er sich noch nicht den Respekt der alten Belegschaft erworben hat. Aber er wird es schaffen. Er ist eben manchmal nicht gut drauf. Das ist alles.“

Doch das war nicht „alles“, da machten Gage und Reid sich etwas vor. Sabrina kannte Flynn besser, wusste, dass er launisch sein konnte, kannte aber auch seine Stärken. Während seiner Ehe mit Veronica hatte sie zwar Abstand halten müssen, aber während der Arbeitszeit hatten sie sich täglich gesehen. Er war doch viel unbeschwerter, freundlicher und auch offener gewesen. Wenn sie allerdings länger darüber nachdachte, musste sie zugeben, dass er während der Ehe nicht wirklich glücklich gewesen war. Veronica war eine komplizierte Frau. Es war nicht leicht, mit ihr auszukommen. Und so sehr sich Flynn auch bemühte, er konnte ihr selten etwas recht machen. Das hatte er nicht verdient.

„Ich glaube, so einfach ist das nicht“, meinte sie leise.

„Ach was, er ist schon in Ordnung“, wischte Gage ihre Bedenken beiseite. „Wahrscheinlich muss er mal wieder eine Frau tüchtig rannehmen.“

Sabrina zuckte innerlich zusammen. Nicht wegen Gages Wortwahl. Sie kannte ihn gut genug, war viel mit den drei Männern zusammen gewesen und war nicht prüde. Aber die Vorstellung, dass Flynn mit einer anderen Frau schlief, machte ihr plötzlich zu schaffen. Veronica, okay, mit der war er verheiratet gewesen. Aber eine andere Frau … „Quatsch!“

„Wenn du meinst … Bis später.“ Gage zuckte mit den Schultern und ging in Richtung Fahrstuhl.

Typische Männer-Logik. Was Flynn brauchte, war Zeit, um mit den neuen Anforderungen zurechtzukommen, zu heilen … Nicht aber irgendeine Frau im Bett, die er am nächsten Morgen schon wieder vergessen hatte. Mit Veronica war es anders gewesen, hatte aber auch nicht gut geendet. Erst war Sabrina eifersüchtig gewesen, aber dazu hatte sie nicht das Recht gehabt. Sie war immer nur seine gute Freundin gewesen – und das war sie auch jetzt noch. Und wenn er auf die Idee kommen sollte, sich da irgend so ein Flittchen mit nach Hause zu nehmen, dann würde diese gute Freundin ihm ordentlich Bescheid geben.

Als sie noch darüber nachdachte, ob man heute zu diesen Frauen eigentlich noch Flittchen sagte, öffnete sich die Bürotür und ein Schwarm von Anzugträgern und Frauen in klassischen Kostümen kam heraus. Alles Angestellte, die schon lange in dem Unternehmen beschäftigt waren und zusammen mit Emmons Parker Monarch Consulting aufgebaut hatten.

Der alte Parker hatte ein strenges Regiment geführt und hatte dabei seinen Sohn nicht geschont. Flynn hatte Gage und Sabrina nach dem College ein Volontariat in der Firma verschafft. Später kam auch Reid dazu, der kurz versucht hatte, in London Fuß zu fassen, dann aber festgestellt hatte, dass ihm Seattle besser gefiel.

Als Mac aus der Tür stürzte, trat Sabrina schnell einen Schritt zur Seite, denn er schnaubte vor Wut. Sein brauner Anzug hing nachlässig um seinen Körper herum, die Krawatte war zu kurz, und die Arme hielt er verkrampft an die Seiten gepresst, die Hände zu Fäusten geballt.

Vorsichtig lächelte Sabrina Belinda an, die die Rechtsabteilung der Firma leitete. Belinda war eine intelligente und starke Frau, die aber auch emotional ansprechbar war. Deshalb mochte Sabrina sie gern. „Was ist denn los?“, fragte Sabrina flüsternd und folgte ihr.

Belinda blieb stehen und sah Sabrina offen an. „Du musst dafür sorgen, dass Flynn verschwindet. Sonst gibt es einen Aufstand.“

„Äh … ja … Ich kann mit ihm zum Lunch gehen.“

„Ich spreche nicht von einer Stunde oder so. Er muss weg für ein paar Wochen, einen Monat. Jedenfalls lange genug, um zur Besinnung zu kommen. Er benimmt sich unmöglich den Leuten gegenüber, und es wird Zeit, dass er sich daran erinnert, was wirklich wichtig ist. Sonst verlieren wir unsere besten Mitarbeiter. Auch wenn er der Sohn von Emmons Parker ist, keiner will mit ihm zusammenarbeiten.“

„Das ist doch nichts Neues“, platzte Flynn heraus, der plötzlich hinter Belinda stand.

Sie drehte sich ruhig zu ihm um und schüttelte traurig den Kopf. „Sie haben meinen Vorschlag gehört“, sagte sie nur und verließ die beiden.

Sabrina sah Flynn stirnrunzelnd an. „Was war denn da drinnen los?“

Er strich sich mit einer fahrigen Geste das Haar zurück. „Die geben mir die Schuld, dass die Aktienkurse gefallen sind. Als wenn ich etwas dafür könnte, dass Emmons gestorben ist und die Börse deshalb nervös reagiert.“

Er schloss kurz die Augen, und Sabrina stellte nicht zum ersten Mal fest, wie gut er aussah. Er hatte das markante Gesicht seines Vaters geerbt, denn der alte Parker sah auch im Alter noch gut aus. Und auch Flynn konnte anziehen, was er wollte. Ob Jeans und T-Shirt oder Dreiteiler, alles kleidete seine athletische Figur fantastisch. Heute trug er zu dem dunklen Anzug ein hellblaues Hemd und eine dunkelblaue Krawatte, absolut passend. Die Sorgenfalten auf der Stirn hatten sich allerdings vertieft, seit er die Firma übernommen hatte.

Sabrina legte ihm kurz die Hand auf den Arm. „Das verstehe ich nicht. Sie hätten doch wissen müssen, dass die Kurse runtergehen, sobald die Seattle Times den Artikel über deinen kranken Vater veröffentlichte. Das hat doch nichts mit dir zu tun.“

„Das ist ihnen ganz egal, Sab.“ Flynn wandte sich um und ging in Richtung Fahrstuhl. Sabrina folgte ihm, da ihr Büro auf demselben Stockwerk lag. Eigentlich hatte sie die drei Treppen zu Fuß gehen wollen …

„Belinda hat gesagt …“

„Mac ist ein Mistkerl!“, unterbrach Flynn sie grob. „Er ist obersauer, weil ich meine besten Freunde jetzt als engste Berater um mich versammelt habe. Er hat die anderen aufgewiegelt. Belinda will ja nur, dass ich klein beigebe und den Schwanz einziehe. Sehe ich aus wie ein Feigling?“

„Nein, ganz bestimmt nicht.“ Wieder griff sie nach seinem Arm, wie um ihn zu trösten. Es musste doch möglich sein, ihn aus diesem Zustand herauszuholen. Und offenbar schien es zu funktionieren. Seine Gesichtszüge entspannten sich und mehr noch … Plötzlich war so etwas wie eine stark spürbare Verbindung da, die Sabrina elektrisierte und erschreckte, sodass sie schnell die Hand zurückzog. Das war doch Flynn Parker, ihr bester Freund , der solche Gefühle nicht in ihr auslösen sollte. Dass sie auf die Berührung körperlich erregt reagierte, war einfach … verrückt. Und vollkommen unpassend.

Sie sah kurz zu Boden und hatte sich dann wieder gefasst. „Irgendwann musst du mir erzählen, was dich so aufgeregt hat“, meinte sie leise. Er betrachtete sie aufmerksam. Seine blauen Augen wirkten heute eher grau, wahrscheinlich weil er wütend war. Auch sehr attraktiv … Sabrina schüttelte innerlich den Kopf. Wie konnte Veronica so jemanden gehen lassen, betrügen? Wie immer, wenn Sabrina daran dachte, stieg die kalte Wut in ihr hoch. Wie hatte er sich nur auf eine oberflächliche Frau wie Veronica einlassen können?

Der Fahrstuhl hielt, sie stiegen aus und gingen in Flynns Büro. Seine Assistentin Yasmine hatte sich krankgemeldet, sie waren allein. Sabrina wusste, dass Flynn ihr vertraute, und so blieb sie mitten im Raum stehen, drehte sich zu Flynn um und sah ihn ernst an. „Was ist bloß mit dir los?“ Ihr war klar, diese Frage hätte sie schon sehr viel früher stellen sollen. Aber sie hatte immer gehofft, dass seine Gereiztheit mit der Last der neuen Aufgabe zu tun hatte und er sich allmählich beruhigen würde.

„Was willst du damit sagen?“

Am liebsten hätte sie ihn bei den Schultern gepackt und ordentlich durchgeschüttelt. Aber sie beherrschte sich. „Ich will wissen, was das Geschrei da unten zu bedeuten hatte. Worum ging es wirklich? Sag nicht, es hätte nur mit Mac zu tun.“

„Es war aber nichts weiter.“ Sein Gesicht blieb ausdruckslos.

Sie schwieg, verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn abwartend an.

„Alle glauben, dass ich der Aufgabe nicht gewachsen bin“, sagte er schließlich.

„Dann irren sie sich.“

„Sie wollen meinen Vater zurückhaben. Wollen jemanden, der alles bestimmt, ihnen sagt, wo’s langgeht und monatlich das Gehalt aufs Konto überweist.“ Flynn ließ sich in seinen Schreibtischsessel fallen und breitete ratlos die Arme aus. „Ich bemühe mich, dieser Rolle zu entsprechen, aber sie sind nicht zufrieden. Es brodelt hier wie in einem Vulkan, der ein jungfräuliches Opfer verlangt.“

Sabrina hob fragend eine Augenbraue.

„Kennst du vielleicht jemanden?“ Er grinste kurz über seinen eigenen Witz.

Da musste sie lächeln, und die Spannung löste sich. „Leider nein. Meine Jungfräulichkeit habe ich im ersten Collegejahr verloren. An Bennie Todd.“

„Bennie, wie kann man nur Bennie heißen! Das hätte dich gleich warnen sollen.“

Sie lachte. „Stimmt. Aber darüber wollen wir jetzt nicht reden.“

„Nein?“ Er zwinkerte ihr kurz zu, und sie wusste, dass der alte Flynn, der ihr so wichtig war, immer noch vorhanden war und sich nur als Manager verkleidet hatte. Zwar hatte er sich immer geschworen, dass er nie so werden würde wie sein Vater. Aber nach dessen Krankheit, dessen Tod und Veronicas Betrug war der früher so unbekümmerte Flynn immer mehr zu einem Abbild von Emmons Parker geworden. Er stand auf und wies auf seinen Stuhl. „Komm, setz dich. Ich muss dir etwas zeigen.“

Sie setzte sich, und als er sich über sie beugte, nahm sie zum ersten Mal seinen herben, erregenden Duft wahr. Schon tausendmal war er ihr so nah gewesen, aber noch nie hatte sie so auf seine Nähe reagiert. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als er den Laptop aufklappte und das Passwort eintippte. Sabrinas Mund wurde trocken. Was war bloß mit ihr los? War sie so ausgehungert nach männlicher Aufmerksamkeit?

Ja …

„Hier. Lies das mal.“ Er hatte eine E-Mail von Mac geöffnet, richtete sich auf und trat ein paar Schritte zurück. „Sie drohen damit zu kündigen.“

Sie las den Betreff laut. „Kündigungsangebot.“ Sie sah ihn fragend an.

„Ja. Das kommt direkt vom Leiter der Personalabteilung, der außerdem stellvertretender Geschäftsführer ist. Sie haben vor, eine neue Firma zu gründen und die meisten Angestellten mitzunehmen. Das zumindest ist die Drohung, die dahintersteckt. Nur wenn ich Belindas Vorschlag annehme und für eine längere Zeit aus der Firma verschwinde, würden sie es sich noch mal überlegen.“

„So etwas nennt man Meuterei!“ Sabrina war empört und konnte sich kaum vorstellen, dass die leitenden Angestellten bei so einem verrückten Plan mitmachten.

„Das kann man wohl sagen. Wenn wir versuchen würden, trotzdem Monarch Consulting zu halten, müssten wir während der Ausbildung neuer Mitarbeiter die Firma erst einmal schließen. Und dann sind wir weg vom Fenster.“

Er hatte recht. Einen neuen Stab zu schulen dauerte Monate. Das wäre der Tod der Firma.

Flynn haute mit der flachen Hand auf die Schreibtischplatte. „Ich denke nicht daran nachzugeben!“

„Was versprechen die sich denn von so einem Zwangsurlaub?“

„Sie sind der Meinung, ich hätte einen Burn-out und bräuchte Zeit, um über alles nachzudenken .“ Das letzte Wort stieß er voller Verachtung hervor.

„Na ja …“ Wie sollte sie es ihm sagen, ohne den Eindruck zu erwecken, sie sei gegen ihn? „Ist es denn so schlimm, mal über alles in Ruhe nachzudenken? Nach dem Tod deines Vaters hast du dir keine Auszeit genommen, sondern gleich weitergemacht.“

Er presste die Lippen zusammen und war jetzt seinem Vater ähnlicher denn je, aber nur äußerlich. Denn er hatte grundlegend andere Ideen als der alte Parker, wollte das Unternehmen reformieren, was dringend notwendig war. Das allerdings kam bei der Belegschaft, vor allem bei den Abteilungsleitern, nicht besonders gut an.

„Die bluffen doch nur“, sagte er verächtlich.

Da war Sabrina nicht so sicher. Mac hatte relativ viel Macht in dem Unternehmen und konnte seine Kollegen bestimmt überzeugen mitzuziehen.

„Aber einen Monat mal auszusetzen ist doch keine schlechte Idee, oder?“, versuchte sie es wieder, drehte sich auf dem Sessel zu Flynn um und sah ihn an. Wie gut kannte sie diesen direkten Blick, der ihr immer so viel Selbstvertrauen gegeben hatte. Das Gefühl, für ihn wichtig zu sein, hatte sie ihr ganzes Leben begleitet.

„Ich mag mir gar nicht vorstellen, was die alte verknöcherte Garde mit einem Unternehmen anstellt, wenn ich einen Monat nicht da bin“, stieß er verzweifelt hervor.

„Aber, Flynn. Gage ist hier, und Reid ist hier. Sie würden nie zulassen, dass Mac die Firma ruiniert.“ Sie selbst würde nicht da sein, sofern sie es schaffte, Flynn zu einer Auszeit zu überreden. Belinda hatte sehr deutlich gemacht, dass es Sabrinas Aufgabe war, Flynn von der Firma fernzuhalten. Und das würde sie auch tun. Denn sie wusste, wenn er durch die Arbeit nicht abgelenkt wurde, würde er in ein tiefes emotionales Loch fallen.

Sie durfte ihn nicht allein lassen.

4. KAPITEL

„Und? Was rätst du mir?“ Sabrina sah ihren jüngeren Bruder fragend an, der daraufhin sein Bierglas hob und dabei mit den Schultern zuckte.

Luke hatte wie sie kräftiges schwarzes Haar, aber auch die leuchtend grünen Augen von ihrer Mutter geerbt, während Sabrinas bestenfalls als grünlich bezeichnet werden konnten. „Ihn vielleicht in Ruhe lassen?“ Er grinste. Luke war achtundzwanzig, hatte Sinn für Humor und war vor allem hochintelligent. „Ich mach nur Spaß.“ Er strich ihr kurz über die Hand. „Ich weiß, er hat schlimme Zeiten hinter sich.“

„Allerdings. Und dieser Schwur mit Reid und Gage ist einfach lächerlich.“

„Das finde ich eigentlich nicht.“

Das hätte sie sich denken können. Luke war eben auch nur ein Mann. „Das sagst du nur wegen Dawn.“

Er wurde ernst, als sie den Namen seiner Ex erwähnte. „Du hast gut reden. Wann warst du denn das letzte Mal himmelhochjauchzend verliebt, von deinem angebeteten Flynn abgesehen?“

„Ich bin nicht in Flynn verliebt, auch wenn du immer wieder damit kommst. Wie oft soll ich dir noch sagen, wir sind lediglich gute alte Freunde. Also versuch nicht, vom Thema abzulenken.“ Sicher, sie war sich Flynns Gegenwart immer sehr bewusst, fand ihn sehr attraktiv, spürte eine gewisse Erregung, wenn er ihr nahekam … Aber das war nur … war nur … was auch immer. Darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Es würde vorübergehen. Musste vorübergehen.

Erstaunlicherweise hackte Luke nicht weiter darauf herum. Er setzte sein leeres Glas ab, bestellte sich noch ein Bier, und als das vor ihm stand, seufzte er tief auf. „Dawn heiratet.“

„Was? Ihr habt euch doch gerade erst getrennt.“

„So ist es aber. Deshalb finde ich auch die Sache mit dem Schwur nicht schlecht. Ich kann Flynn sehr gut verstehen. Ich habe keine Lust mehr, mich auf Frauen einzulassen. Ich fürchte, Mom muss sich damit abfinden, keine Enkel zu haben.“

Ihre Mutter Sarah wurde nicht müde, ständig darüber zu reden, wie gern sie Enkel hätte, dass all ihre Freundinnen längst Großmutter seien und so weiter. Auch sie hatte Sabrina oft wegen Flynn angesprochen, hatte nicht verstehen können, warum er und Sabrina nicht ein Paar wurden. Dann hatte Flynn geheiratet, und das Thema war durch.

Bis jetzt . „Da Flynn geschieden ist, wird Mom wieder auf mich einreden.“ Sabrina verdrehte die Augen. „Das kann ich wirklich nicht gebrauchen.“ Nicht, wenn sie genug damit zu tun hatte, dieses neue Gefühl ihm gegenüber zu unterdrücken.

„Tja, da kannst du dich auf einiges gefasst machen.“ Luke grinste. „Oder du musst schwanger werden.“

Sie boxte gegen seinen steinharten Bizeps. „Autsch!“ Sie schüttelte die Hand aus. „Machst du wieder Gewichtheben?“

„Ja.“ Er rollte den Hemdsärmel auf und spannte die Muskeln an.

„Wahnsinn.“

„Komm doch mal mit. Die ersten drei Monate sind umsonst.“

„Nein, danke. Ich bleibe bei Yoga und Meditation.“ Ihr Handy meldete sich, und sie durchwühlte hastig ihre Tasche. Natürlich lag es wieder ganz unten. Eine Nachricht von Flynn.

Hast du Zeit?

Ja. Warum?

Ich brauche dich.

Sie starrte auf die drei Worte. Was meint er damit? Tausend Gedanken schossen ihr auf einmal durch den Kopf. Ihr Herz schlug schneller, als sie eintippte:

Wo bist du?

Dann saß sie plötzlich mit leeren Händen da. Luke hielt ihr Handy triumphierend hoch. „Wenn das nicht eine Einladung zu was Romantischem ist …“ Er schwenkte das Telefon hin und her.

Sabrina versuchte vergeblich, es ihm aus der Hand zu reißen. „Ist es nicht!“ Schließlich packte sie Luke am Ohr und zog heftig daran.

Das verblüffte ihn so, dass er das Telefon losließ. „Au, Sabrina! Bist du verrückt?“ Er rieb sich das Ohr. „Wir sind doch nicht mehr zehn.“

„Eben.“ Sie las Flynns Antwort.

Zu Hause.

Flynn konnte nur das Penthouse meinen, das er geerbt hatte. Zweihundertfünfzig Quadratmeter modernstes Design mit dunkelgrauem Schieferboden und schwarzen Einbauten.

Bin in zehn Minuten da.

Sie stand auf und warf ihrem Bruder einen Luftkuss zu. „Bis später, Einstein.“

„Sei vorsichtig“, rief er ihr noch hinterher, als sie mit schnellen Schritten zur Tür ging.

Flynn hatte ihr den Code zu der Tiefgarage gegeben, und so parkte sie ihr Auto direkt neben seinem Wagen. Dann fuhr sie mit einem weiteren Code im eleganten Fahrstuhl bis ins oberste Stockwerk. Diese ganze Umgebung passte nicht zu Flynn, zumindest nicht zu dem Flynn, den sie von früher kannte. Auf Prestigeobjekte hatte er nie Wert gelegt, aber das mochte jetzt anders sein. Leider hatte er viel von seiner früheren Leichtigkeit verloren.

Schon während der Ehe mit Veronica hatte er sich verändert. Er hatte seine Rolle als Ehemann sehr ernst genommen, und Veronica hatte das ausgenutzt. Sie hatte immer neue Forderungen gestellt, und Flynn hatte sich bemüht, ihre Wünsche zu erfüllen, ob es um Schmuck, um elegante Kleidung oder um ein großes prachtvolles Haus ging, mit dem Veronica dennoch nicht zufrieden gewesen war.

Der Fahrstuhl hielt direkt in Flynns riesigem Eingangsbereich. „Hallo“, rief Sabrina und trat ein. Was für ein Echo. Sie stimmte die ersten Takte von „A Sound of Music“ an, als Flynn die Treppe herunterkam.

„Hör bloß auf“, rief er. Musicals waren nicht seine Sache.

„Spielverderber.“ Sie lachte und legte Mantel und Handtasche auf den Esstisch, ein weißer Klotz umgeben von weißen Stühlen. In der Mitte, oh Wunder, stand eine weiße Schale mit weißen Porzellankugeln darin. „Deine Dekorateurin hat aber nicht gerade einen originellen Geschmack“, meinte sie lächelnd.

„Deshalb hatte ich sie auch nicht engagiert, sondern dafür, dass sie den Geschmack meines Vaters total verschwinden ließ.“

Sabrina ließ den Blick über das kantige schwarze Sofa und den grauen Couchtisch wandern. Auch der Fußboden war grau. Und über dem Kamin hing ein weißes Bild in einem schwarzen Rahmen, das nichts anderes zeigte als einen schwarzen Fleck in der Mitte. „Das ist ihr wirklich gelungen“, meinte Sabrina trocken, wurde dann aber ernst. „Weshalb sollte ich unbedingt kommen? Ich hatte den Eindruck, du seist total deprimiert oder betrunken oder sonst wie fertig wegen der Scheidung. Warum hast du nicht Reid oder Gage angerufen?“

Er sah auf sie an und lächelte. „Ich bin lieber mit dir zusammen. Habe sowieso den Eindruck, dass wir dich in letzter Zeit ziemlich vernachlässigt haben. Wir vier haben früher doch viel mehr zusammen unternommen. Außerhalb der Arbeitszeit, meine ich.“

Allerdings … In den letzten drei Jahren hatten sie sich privat kaum gesehen, was ihr sehr wehgetan hatte. Aber so war das nun mal, wenn Freunde heirateten. Dass ihm das auch aufgefallen war und ihm die Nähe gefehlt hatte, tat ihr gut.

„Danke.“ Sie gab ihm einen kleinen Klaps auf die Wange, was sie auch früher häufiger getan hatte. Aber nie hatte sie bisher so bewusst die Wärme seiner Haut wahrgenommen und die kratzige Oberfläche seines Dreitagebarts. Verlegen räusperte sie sich und rief sich in Erinnerung, dass sie nur Freunde waren.

Eine Stunde später saßen sie sich am Esstisch gegenüber, den Laptop und einen dicken gelben Umschlag mit Geschäftspapieren zwischen sich. Sie hatten sich irgendwelche Reste aus dem Kühlschrank aufgewärmt und sie mit ein paar Bieren hinuntergespült. Jetzt wurde es ernst.

Die Situation erinnerte Sabrina wieder an Collegezeiten, als sie oft noch spät nachts zusammensaßen und arbeiteten. Wie viel einfacher war das Leben damals gewesen.

Schließlich lehnte Flynn sich zurück. „Es wird klappen.“

Sabrina stützte das Kinn in die Hände und gähnte. „Ganz schön brutal, dass du mich an einem Freitagabend noch so spät arbeiten lässt. Hast du wenigstens noch was zu trinken? Ein Mineralwasser vielleicht?“

„Wasser?“ Er hob überrascht die Augenbrauen, stand dann aber auf und holte eine Flasche aus dem Kühlschrank. Während er ihr einschenkte, legte er ihr die andere Hand auf die Schulter und massierte sie leicht. „Was hältst du denn nun von dem Ganzen?“

Hmm … Ein wohliges Gefühl breitete sich in ihr aus, und sie schloss kurz die Augen. Hätte Luke das bloß nicht mit der romantischen Einladung gesagt, das ging ihr nicht aus dem Kopf. Als Flynn die Hand wegnahm, griff Sabrina benommen nach dem Glas und trank einen großen Schluck von dem eiskalten Wasser. Das tat gut. „Du meinst die Fortführung der Firma? Ich fürchte, so klappt das nicht.“

„Wieso denn nicht?“

„Selbst wenn zehn Männer deines Kalibers achtzig Stunden in der Woche arbeiteten und Reid, Gage und ich doppelt so viel wie sonst, käme Monarch nicht zurecht, wenn die ihre Drohung wahrmachen.“

„Dann soll ich mich von denen erpressen lassen und gehen?“

„Betrachte es doch als Urlaub“, gab sie ihm zu bedenken. „Du hast gehört, was sie wollen. Nimm ein paar Tage oder Wochen Urlaub, und unternimm etwas, was nichts mit deiner Arbeit zu tun hat.“

„Mein Vater hat die Firma aus dem Nichts aufgebaut. Urlaub kannte er nicht. Warum sollte ich das nicht auch durchziehen können und so die Krise überwinden?“

„Die Leute haben was gegen Veränderungen. Vielleicht können sie deine Vorschläge eher akzeptieren, wenn du nicht da bist und sie in Ruhe alles durchdenken können. Sie plustern sich jetzt auf, aber das ist Show. Du bist doch immer noch der Boss.“

„Mein Vater wäre eher gestorben, als dass er sich von irgendjemandem, mich eingeschlossen, hätte sagen lassen, wie er die Firma zu führen hat.“

„Dein Vater ist tot, Flynn.“ Sabrina streckte die Hand aus und strich ihm über den Unterarm. Sie verstand, weshalb Flynn wütend auf seinen Vater war. Wie oft hatte er Vorschläge zur Modernisierung der Firma gemacht, die sein Vater rundweg ablehnte. Nach dem Tod seines Vaters hätte er jetzt die Möglichkeit, seine Ideen durchzusetzen. Aber sein Vater hinderte ihn weiterhin daran.

Flynn hatte sein Jackett ausgezogen und die Krawatte gelockert. Früher noch zu Zeiten des alten Emmons hätte er jetzt die Ärmel hochgekrempelt und sich entspannt. Wie oft hatte er sich nach Dienstschluss mit den Freunden zusammengesetzt, und sie hatten gelacht, ein Bier miteinander getrunken und Brainstorming gemacht, was die Zukunft der Firma betraf. Die Zeiten waren vorbei. Jetzt war Flynn unzugänglich und kalt wie die Möbel um ihn herum.

„Du bist anders als dein Vater und musst nicht so werden wie er“, sagte sie leise und bestimmt. „Nicht wegen Mac oder Belinda oder sonst jemanden, der glaubt, dass die Firma nur so geführt werden kann, wie der alte Emmons es getan hat.“

Flynn schwieg und sah zu Boden.

„Es ist mir unerträglich, dich in diesem Zustand zu sehen. Auch wenn dir meine ewigen Predigten zum Hals raushängen, du musst lockerer werden und darfst alles nicht so verbissen sehen. Sonst kriegst du einen Nervenzusammenbruch oder einen Herzinfarkt oder …“

„Vielleicht sogar Krebs?“ Er schüttelte den Kopf. „Das alles ist sehr unwahrscheinlich, Sabrina. Ich bin doch erst dreißig.“

Sie sah ihn ernst an. „Du fehlst mir so, Flynn, obgleich du hier vor mir sitzt. Ich vermisse dein altes Ich. Den Flynn, der fähig war, loszulassen, zu lachen, ein Bier zu trinken. Jetzt kommst du mir eher vor wie … wie ein Roboter.“

Sein Gesicht blieb ausdruckslos.

„Weißt du nicht mehr, wie viel Spaß wir auf den Collegepartys hatten, im Pub an St. Patrick’s Day, bei unseren Pokersitzungen bis tief in die Nacht?“

„Ich erinnere mich nur, dass du verloren hast und nicht bereit warst zu zahlen.“

„Da ging es um Strippoker, und ich war das einzige Mädchen.“

„Das war Reids Idee.“ Er hob kurz die Mundwinkel an. „Keine Ahnung, warum du dich gesträubt hast. Ich hatte dich doch vorher schon halbnackt gesehen.“