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"Das Leben ist schön und manchmal hart. Es wird aber noch härter, wenn man unter Diskriminierung leiden muss. Oft sind die Ursachen die Religion, die Hautfarbe, die Nationalität oder andere Ausreden. Wann die Menschheit endlich zur Vernunft kommt, steht noch in den Sternen. Wir sind aber froh, dass die Tiere in unserem 'exotischen Zoo' es eingesehen haben. " Viel Saß beim Lesen wünschen Shirin & Behnam H. Pour!
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Seitenzahl: 191
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Der exotische Zoo
Von:
Vater und Tochter
Behnam & Shirin H. Pour
Cover: Fariborz Darbouei
Das Leben ist schön und manchmal hart. Es wird aber noch härter, wenn man unter Diskriminierung leiden muss.
Oft sind die Ursachen die Religion, die Hautfarbe, die Nationalität oder andere Ausreden.
Wann die Menschheit endlich zur Vernunft kommt, steht noch in den Sternen.
Wir sind aber froh, dass die Tiere in unserem exotischen Zoo es eingesehen haben.
Ich sitze wie immer hier oben ganz bequem auf dem Baum vor meiner Hütte und beobachte alles von hier aus mit meinem Fernglas, welches ich von meinem lieben Vater geerbt habe. Ich will nicht sagen, dass ich der klügste Papagei der Welt bin, aber ich bin einer der glücklichsten. Gott möge meinen Vater segnen, denn er war ein guter Vater und hat mir nicht nur vieles hinterlassen, sondern er hat mir sehr viel beigebracht. Von hier oben habe ich den besten Blick auf den Zoo, und ich kann jede Bewegung sehen und alles im Auge behalten.
Der Haupteingang mit einer Burg, worauf die Kraniche ihr Nest haben, liegt mir direkt gegenüber, und ich könnte sogar die Zahl der Besucher ganz genau hier bei mir eintragen, wenn ich es vorhätte. Hinter dem Haupttor rechts, also von mir aus links, wohnen die Elefanten, und eine Elefantenfrau hat einen Sohn namens Fifi, den ich sehr gern habe. Wenn man vom Eingang aus nach links geht, trifft man zunächst auf die Kamele,' Esel und Zebras.
Ich sehe Frau Graskopf jeden Tag und beobachte, wie sie in das kleine Häuschen am Haupttor reingeht und die Eintrittskarten verkauft. Sie hat ein ovales Gesicht, eine lange Nase und ihre Augen sind wie zwei grüne Kugeln, die immer wie Diamanten glänzen. Ihre Haare sehen echt komisch aus. Genau wie das Nest von der Nachtigall, die dicht bei uns auf dem Nachbarbaum lebt. Immer wenn sie singt, bekomme ich das Gefühl, dass der Frühling wieder die Natur erweckt hat. Roman, Wilhelm, Salvador und Tobias, die in dem Zoo arbeiten und die Tiere füttern, sind auch immer zu sehen. Diese Männer liebe ich am meisten, denn sie kümmern sich echt gut um die armen Tiere, die in dem Zoo eingesperrt sind, .damit die Menschen sie anschauen dürfen. Sie pflegen die Tiere und lassen immer rechtzeitig den Müll entsorgen, damit der Zoo immer sauber bleibt. Zudem sorgen sie immer dafür, dass das Zuhause der Tiere immer sauber und gereinigt bleibt. Sie sind anständige Menschen und machen ihre Arbeit mit Begeisterung und Energie. Zum Glück darf hier nicht gejagt werden. Weder die Menschen noch die Tiere dürfen hier in dem Zoo jagen, sonst könnten die kleinen Mäuse nie so sicher und sorgenlos ihren Kindergarten oder die Schule besuchen, denn wir haben hier zwei Eulen, die f¸r eine Beute ihren Kopf bis zu zweihundertsiebzig Grad drehen würden. Oder der rote Adler, der für mich auch eine große Gefahr sein könnte,würde unser Leben richtig bedrohen. Es ist eine ungeschriebene Abmachung unter uns und alle halten sich daran. Dadurch sind sogar die Fische in dem kleinen See abgesichert und können ohne Angst an der Wasseroberfläche schwimmen und spielen. Links von mir unter meinem Baum, der wesentlich größer ist als die anderen Bäume in dem Zoo, sehe ich den kleinen See. Über die Mitte des Sees geht eine lange Brücke. Wenn man von meinem Baum runterschaut, gleicht es zwei blauen Augen. Rechts von mir da unten leben die Bären. Die Strauße sind von hier aus sehr gut zu sehen und ich kann jedes Jahr von hier oben den Tanz von den Flamingos anschauen und das genießen. Sie tanzen in einer Gruppe, und das machen sie richtig toll und es ist sehr sehenswert.
Die Affen wohnen ein bisschen weiter weg und um sie zu beobachten, muss ich unbedingt mein Fernglas benutzen. Sie sind meistens gut gelaunt und machen Dinge, die mich zum Lachen bringen. Die Löwen sind manchmal langweilig, aber ich kann sie verstehen. Was sollen sie auch den ganzen Tag tun? Ganz links von mir auf der Ostseite lebt der Tiger mit seiner Familie. Die Statuen von Dinosauriern und anderen Tieren, die nicht mehr existieren, sind auch überall zusehen.
Die Gehwege sehen von hier oben wie graubraune Schlangen aus, die auf dem Boden kriechen. Auf diesen Gehwegen sehe ich jeden Tag Halu und Kalu. Diese beiden Pferde schleppen eine alte Kutsche durch die Gehwege und führen die Gäste durch den Zoo. Selbst wenn sie keine Gäste haben, machen sie ihre tägliche Runde, damit sie immer fit bleiben. Halu ist weiß und auf seiner Stirn hat er einen schwarzen Fleck. Er hat Ohren wie ein Luchs und hört fast alles, was in seiner Umgebung gesprochen wird. Er ist auch sehr neugierig und sobald er ein Wort hört, wovon er nicht die Bedeutung kennt, fragt er seinen Freund, Mitarbeiter oder am liebsten noch seinen Kumpel Kalu, um sich zu informieren. Kalu ist braun und hat auf seiner Stirn mehrere weiße Flecken, und seine Beine sind auch weiß-braun. Beide Pferde sind ziemlich dick und sehen aus wie faule Pferde, aber in der Tat sind sie sehr fleißig und sie arbeiten ganz anständig. Sie unterhalten sich oft und auch sehr lustig. Wollt ihr mal erleben, wie Halu reagiert, wenn er irgendwo ein neues Wort hört, das er nicht kennt? Passt auf! Er wird es bestimmt hören.
-”Ich bin intelligent!“, schreie ich von hier oben aus. -”Du Kalu, was ist denn intelligent?“, fragt er einen Augenblick später und schaut Kalu an. -“Ich glaube, es ist ein eigenartiges Tier!“, antwortet Kalu. -”Ach so!“, antwortet Halu zufrieden.
Der Zoo ist eigentlich durch die Bäume, Pflanzen und unterschiedlichen Blumen sehr schön, und er ist auch sehr toll eingerichtet, aber der Zooleiter ist leider ein verrückter und heimtückischer Kerl. Er säuft wie ein Loch, aber das tut er meistens am Abend, nachdem der Zoo geschlossen wird. Eigentlich hatten wir mit ihm keine Probleme gehabt. Er war meistens nur gegenüber seinen Mitarbeitern gemein und unfreundlich, aber das Ganze mit uns Tieren hat er selbst angefangen. Soll ich euch erzählen, wie? Nun ja, das werde ich euch gleich erzählen. Also, alles fing mit unserem kleinen Elefantenbaby Fifi an. Unser Zooleiter Herr Barfuß nutzte den Kleinen aus und ließ ihn arbeiten. So einfach! Eine Kinderarbeit vor den Augen von Tausenden von Menschen und Tieren. Und das Ganze nur für Geld. Der kleine Fifi musste jeden Tag gesattelt werden und von elf bis fünfzehn, manchmal auch bis sechzehn Uhr die Kinder von den Menschen auf dem Rücken tragen und mit ihnen eine Runde laufen, damit Herr Barfuß mehr Geld verdienen konnte. Er zeigte für seine unverschämte Tat eine unschuldige Miene und behauptete, dass ihm alle im Zoo lebenden Tiere Dankbarkeit schulden.
Eines Morgens ging es dem kleinen Fifi überhaupt nicht gut und er wollte nicht gesattelt werden. Er wollte nämlich nicht arbeiten. Herr Barfuß wollte ihn die ganze Zeit mit Gewalt satteln, aber Fifi ließ es nicht zu und versuchte immer wieder wegzurennen. Herr Barfuß warnte und bedrohte ihn mehrere Male, aber das Ganze konnte dem kleinen Fifi keine Angst machen. Es war ihm egal, dass der Barfuß ein Zuchtmeister ist, er hatte beschlossen nicht zu arbeiten. Fifi war an dem Tag richtig hitzköpfig und ließ den Barfuß nicht ans Ruder.
Das alles geschah, nachdem ich das Turnier mit den Ameisen hinter mir hatte. Das Turnier findet jedes Jahr statt. Das heißt, ich lasse einen Wettbewerb ausführen, in dem die Ameisen die Sonnenblumenkerne vom Zoo einsammeln und bis hierher hoch tragen. Dann zähle ich sorgfältig die Kerne, die von jeder Ameise hoch getragen worden sind, und am Ende des Turniers gebe ich den Namen des Siegers vom ersten bis zum siebten Platz bekannt und damit verursache ich eine große Freude für alle Ameisen, die in dem Wettbewerb als Spieler oder Zuschauer teilgenommen haben. Gut, ich gebe natürlich zu, dass ich davon auch Profit mache, denn nach dem Turnier hat keine Ameise Interesse für die hoch getragenen Kerne und ich darf sie für meinen Vorrat aufbewahren.
Also, da Herr Barfuß den kleinen Fifi nicht satteln und ihn nicht zur Zwangsarbeit mitnehmen konnte, wurde er so wütend und böse, dass er ihn erst mit der Hand und danach mit der Peitsche, die er von seinem Büro, in dem er auch übernachtet, geholt hatte, schlug und auspeitschte. Da griff ich sofort nach meiner Pfeife und pfiff ein Mal kräftig. So tauchte Hexenrabe sofort auf. Da Hexenrabe ein Weibchen ist, zählt sie f¸r mich als sie. Sie ist hier auf diesem Baum meine einzige Mitbewohnerin und hat ihre eigene Geschichte, die ihr mit der Zeit erfahren werdet. Sie ist nicht nur eine gute Freundin, sondern auch wie eine Mutter f¸r mich, denn ich habe als kleines Kind meine liebe Mutter verloren. Hexenrabe redet gern und manchmal redet sie einfach viel zu viel und sie möchte meistens alles übertriebener darzustellen, als es ist.
- “Na, was ist denn los?“, fragte sie ganz kühl und schaute mich an. -”Könntest du mir einen Gefallen tun und heimlich nach unten zu Fifi fliegen, um zu sehen, was Herr Barfuß mit dem Kleinen macht?“, bat ich sie freundlich. -”Es fällt aber nicht in meinen Aufgabenbereich. Du weißt doch, dass ich um diese Zeit nichts da unten zu suchen habe, wieso verlangst du denn so was von mir?“, sagte sie ärgerlich. -”Du hast Recht, aber wenn du von hinten herumfliegst und dich hinter den Tannenbäumen versteckt hältst, wird dich kein Mensch sehen. übrigens, ich betrachte es als meine Pflicht und möchte nach meinem Gewissen handeln. -”Ach ja? Wieso denn? Warum willst du denn in alles verwickelt sein? Siehst du etwa die Menschen nicht, die nach und nach in unserem Zoo erscheinen? Also, es ist Vorsicht erforderlich, und deswegen werde ich es nicht machen“, sagte sie und schaute weg. -”Es ist aber sehr wichtig! Da unten läuft etwas Schlimmes ab und da sie mit dem Rücken zu mir stehen, kann ich nicht von ihren Lippen ablesen, was sie reden. Sei nicht so pingelig! Bitte, Hexenrabe, tue es mir zuliebe!“ -”Na gut, ich werde es riskieren, aber das wirst du wiedergutmachen!“ Dann flog sie weg. Ich beobachtete, wie sie sich voller Mühe versteckt hielt und sich langsam näherte, und ich versuchte zu spionieren, um mir später einen genauen Bericht über ihre Arbeit aufschreiben zu können. Als sie dann nach fast einer halben Stunde zurückkam, fragte ich sie hysterisch, was da unten alles ablief. -”Bleib mal cool, mein Freund. Was ist denn wieder mit dir los? Wieso bist du denn auf einmal so aufgeregt?“, sagte sie. -”Erzähl mal, was da unten los war! Mit was hat der böse Mann unserem kleinen Fifi gedroht? Hat er ihn wieder sehr doll ausgepeitscht?", fragte ich total genervt. -”Nichts war da unten los. Es war ein ganz normales Gespräch zwischen einem Zooleiter und seinen Tieren. Du weißt doch, jeder ist ein Meister im eigenen Haus.“ -”Ach, hör doch auf! Sie sind doch nicht seine Tiere. Wieso verstehst du es denn nicht? Wie oft soll ich es dir sagen?“ -”Mich interessiert es überhaupt nicht, ob es seine Tiere sind oder deine. Denk doch, was du willst. Jedenfalls ist er der Mann, der hier alles zu bestimmen hat. Ich verstehe nicht, warum du immer gegen den Strom schwimmen willst. Hier ist sein Zoo und er allein hat hier das Sagen!“ -”Das werden wir aber nicht zulassen. So was kann ich nicht ertragen. Wir werden ihm Manieren beibringen!“, erwiderte ich in einem lauten Ton. -”Wir? Wieso ziehst du mich denn da mit rein? Nein danke. Ich muss mich um mein eigenes Brot kümmern. Ich bin ein freier Vogel und in den letzten hundert Jahren habe ich mich aus diesen Dingen immer rausgehalten. Das ist die Sache der Menschen, und ich möchte kein Feuer schüren, also . . .“ -”Warte mal!", unterbrach ich sie, denn ich wusste, wie ich sie überreden konnte.
Dann nahm ich mein Fernglas vor meinen Schnabel und suchte damit nach dem kleinen Wurststückchen, das vorhin von einem kleinen Jungen ausgespuckt wurde. Zu meinem Glück lag es noch auf dem Boden. -”Wie wäre es mit einem leckeren und durchgebratenen Würstchen, ohne Ketchup und ein wenig Staub? Es zergeht einem nur so auf der Zunge. Danach habe ich einen geschmackvollen Nachtisch, der dir auf deiner Rabenzunge vergehen wird. Danach ... -”Ach bitte, mein lieber Freund, lass uns erst einmal die erste Sache erledigen, dann kommen wir zum Nachtisch, also wo ist denn das Würstchen? Sag es schnell, bevor die schwarzen Raben das entdecken. Du kennst ja diese gemeinen Diebe. Schnell, schnell, schnell, bitte,.bitte . . .“, flehte mich Hexenrabe mit wässerigem Schnabel an. -”Aber du musst auch danach mein treuer Freund bleiben, denn ich werde nicht rasten und ruhen, bis ich eine Lösung gefunden habe, und ich werde deine Hilfe bestimmt gebrauchen“, sagte ich ihr ruhig und gelassen. -”Ja, okay, okay. Sag es jetzt, bevor viele Menschen hier sind! Du wirst deinen Wunsch erfüllt bekommen. Das verspreche ich dir. Nun schnell!“, antwortete sie ungeduldig. -”Also, direkt neben dem Zaun, vor der dritten Säule an Platz 43, wo die Giraffen . . .“
Und wieder war sie einfach schon weggeflogen, bevor ich es ihr bis zum Ende beschreiben konnte. Abgesehen davon, dass sie sehr ungeduldig war, war sie aber auch sehr schlau und von daher wusste sie schon, wie sie es finden würde.
Sie kam fröhlich und mit glänzenden Augen zurückgeflogen. Die Wurst roch noch ganz frisch. Der weiße Rabe war sichtlich stolz auf seinen Fang. Ich war mir hundertprozentig sicher, dass sich die schwarzen Raben, die in dem Zoo herumflogen, ungemein ärgerten. Gott sei Dank hatten sie Angst vor Hexenrabe. Sie betrachteten sie immer als eine Hexe, deswegen ließen sie sie in Ruhe. Am liebsten hätten sie Hexenrabe schon lange loswerden wollen, um bessere Fangmöglichkeiten zu haben, denn sie war der schwierigste Konkurrent in dem Zoo. Und ihre weiße Farbe war leider wie ein Dorn im Auge vieler ihrer Artgenossen. Ich war gerade vertieft in meinen Gedanken, als ich plötzlich durch eine Frage rausgerissen wurde.
-”Und wo bleibt mein Nachtisch?“, fragte sie gierig. -”Willst du mir etwa sagen, du bist durch dieses kleine Würstchen schon satt geworden und willst nichts mehr außer Nachtisch? Das glaub ich dir nicht.“ -”Nein, nein, du hast vollkommen Recht. Ich meinte ja auch mein Abendessen. Los, los! Es ist noch die Zeit, in Aktion zu treten, denn wir müssen die Zeit voll nutzen!“ -”Da hinten liegt es hinter Platz 8 bei den Wölfen unter den blühenden rosa Rosen vor dem Zaun. Dort liegt ein Stück Käse.“ -”Bis später, schau mal bitte weiter, bevor die opportunistischen schwarzen Elemente mir die Chance wegrauben." -”Sag mal, was ist denn ein Opportunist?“, fragte Halu seinen Freund Kalu. -”Ich glaube, es ist ein Komponist, der mit allen Musikinstrumenten spielen kann“, antwortete Kalu ganz selbstbewusst. “Ach so!“, sagte Halu. Hexenrabe flog zu dem genannten Platz, schnappte sich ihre Beute und kehrte wieder zurück zu unserem Baum. Während sie fraß, bat sie mich um die nächste Adresse. Das war natürlich unser Alltag, wenn sich die günstige Gelegenheit bot. Manchmal ist der Zoo so voll von den Menschen, dass sie unter großem Hunger stehen muss. -”Sag mal, hast du eventuell Appetit auf einen zerquetschten Käfer?“, fragte ich sie lächelnd. -”Logo! Wieso fragst du denn? Heutzutage muss man alles fressen, was einem über den Weg läuft. Ich bin doch kein eingebildeter Adler, der nur frisches Fleisch haben will. Ein Rabe bleibt auf immer und ewig ein Rabe, schwarz oder weiß spielt gar keine Rolle! Das empfiehlt ein kluger Kopf.“ -”Dann mal los, auf dem Parkweg 50 unter dem schwarzbraunen Stein, gegenüber den Mülleimern.“
Sie flog weg. Für sie war es in der Tat egal, was sie fraß. Dann flog sie mit dem armen toten Käfer zurück. Der Arme war heute Nachmittag von den Hufen von Halu zerquetscht worden. Ich sah ganz genau, wie er die letzten Minuten und Sekunden seines Lebens leiden musste. Er kroch auf dem Boden wie ein verletzter Soldat, der im Krieg mit mehreren Schössen verwundet worden war, und suchte sich einen nutzlosen Schutzplatz.
-”Ach übrigens, vor einer Stunde hat einer von deinen Artgenossen ein Stück Kuchen für sich selbst versteckt. Möchtest du . . . ?“ -”Kennst du ihn oder sie? Ist er oder sie in der Nähe ihres Schatzes oder ist er oder sie weiter weg?“, fragte sie mit Zweifel. _”Nein, nein, sie ist ganz weit weg. Ich gebe dir die Beschreibung und du holst dir in Ruhe und ganz selbstbewusst den Kuchen. Bringe ihn hier rauf und falls sie auftauchen sollte, werde ich zweimal pfeifen.“ Sie flog zur genannten Adresse und kam nach wenigen Minuten mit dem Stück Kuchen zurück. Ihre Augen lächelten vor Freude, denn sie machte sich einen vergnügten Tag. -”Besser kann es gar nicht sein“, jubelte sie, -”von diesen ungeheuren schwarzen Räubern etwas zu stibitzen. Das ist das reinste Vergnügen für mich.“ Zum Glück verlief alles glatt und' keiner der gemeinen schwarzen Raben bekam mit, was Hexenrabe angestellt hatte. Das ist nämlich eine sehr strafbare Tat unter den Raben. Du kannst klauen, aber . . .“ -”Jetzt möchte ich aber den Nachtisch haben. Es reicht für heute. Ich muss auf meine Figur aufpassen. Viel zu viel fressen macht mich natürlich dick und heutzutage kann es ziemliche Schwierigkeiten verursachen, wenn man dick ist.“ -”Du hast ja Recht. Man muss seine Grenzen kennen. Vor allem muss man das vermeiden, was Kalorien hat.“ -”Aber es gibt immer Ausnahmen, die ich gern ausnutzen würde.“ -”Ach ja? Und welche zum Beispiel?“, fragte ich lachend. -”Ja, zum Beispiel, wenn du mir mal endlich die Adresse vom Nachtisch verrätst, ich werde ihn unverzüglich holen und ihn mit Verzicht auf jegliche Schäden auffressen, damit dieser wunderschöne Tag zu einem schönen Abend und zu einer ruhigen Nacht übergeht." -”Es ist aber kein schöner Tag für mich, und ich werde bestimmt auch keine ruhige Nacht haben.“ -”Aber wieso? Du hast doch heute die beste Leistung gebracht. Ich muss ehrlich sagen, ich bin stolz auf dich. Deine Aufmerksamkeit, deine Beschreibungen, wo sich das Essen befindet, dein fabelhafter Geschmack auf die Dinge, die du selbst nie probiert hast. Welche von diesen eingebildeten Raben können mit einem Abendessen bedient werden, das fünf Gänge enthält? Du musst dich niemals unterschätzen. Ich bin sehr zufrieden mit dir und gebe zu, dass ich in den letzten fast zweihundert Jahren keinen so fleißigen und intelligenten Papageien wie dich gesehen habe. ÑIch bin aber mit dir nicht zufrieden.“ -”Aber warum? Ich bin doch dein Freund. Na ja, darüber können wir noch heute Abend diskutieren. Sag mir doch bitte endlich, wo sich das Essen befindet, bevor ich meinen Appetit verliere.“ Ich sagte ihr, wo sie das Stück Tiramisu finden kann. Nach dem Fund flog sie zu mir, dann ruhte sie sich aus und am Abend flog sie ihren Rundgang. Das ist für sie immer ein Ritual. Diese Zeremonie dauert immer ungefähr eine Stunde und wird jeden Abend nach dem Essen durchgeführt. Selbst wenn es regnet, schneit, hagelt und wenn es stürmisch und windig ist. Nur wenn sie krank ist, verzichtet sie darauf. Bis heute war sie aber nie krank gewesen. Sie selbst nennt es Abschreckungstanz, aber ich glaube, es steckt mehr hinter ihren Ausflügen und Manövern. Sie fliegt drei Mal um den gesamten Tierpark mit einer wunderschönen Haltung. Es ist faszinierend, wie sie sich bewegt. Fein wie ein Schmetterling zwischen den Blüten und Blumen. Schnell wie ein Falke bei seiner Jagd zwischen den Bäumen und akrobatisch wie ein Artist. Ab und zu mal, wenn ich Lust und Laune habe, mich gut fühle und mein Vermögen, also meine Hütte und mein Eigentum, sicher ist, fliege ich auch mal mit. Das ist auch gut so. Unsere Freundschaft muss vor den anderen Tieren, vor allem den anderen Vögeln, nämlich den Raben, vorgeführt werden. Es ist für uns beide von Vorteil. Allein die Beziehung zwischen einem Raben und einem Papagei ist für die anderen Vögel bedenklich genug. Endlich kam auch Hexenrabe zurückgeflogen.
-”Na, hast du gesehen, wie die mich angeschaut haben? Gott möge deinen Vater segnen, der mir mein Leben gerettet hat und mir dieses ruhige Leben geschenkt hat. Nur durch seine Ideen kann ich solche Streiche spielen und diese Auberginen-Vögel übertölpeln.“
Dann hielt sie inne und schaute mich mit blitzenden Augen an. -”Was ist denn los? Spuck schon aus! Was hast du auf dem Herzen, mein Lieber? Ich habe es dir doch gesagt. Du bist verliebt. Nur das ist dein Problem. Du solltest sie hierher bringen. Sie sollte hierher zu dir ziehen. Schade, dass ich sie nicht besuchen kann, sonst hätte ich sie für dich überredet. Wieso erzählst du ihr nicht von deinem Luxusleben oder von dem Tiergarten? Erzähle ihr doch von mir und meinen Weltklasseflügen. Berichte ihr von deinem Vater und, und, und ... Sag mal, hast du sie denn überhaupt schon mal geküsst?", sagte sie dann wieder wie ein Wasserfall aus Worten. -”Oh, du, das ist das hundertste Mal, dass du mich das fragst. Nein! Wie soll ich dir das denn verständlich machen? Ich kann sie nicht einfach küssen.“ -”Und sie? Hat sie dich mal wiedergeküsst?“ “Auch nicht, und außerdem geht es hier doch gar nicht um sie. Ich rede doch nicht in den Wind. Hier geht es einzig und allein um Fifi, der heute ausgepeitscht wurde, und wenn ich diese Sache nicht heute Abend kläre, wird es morgen schon zu spät sein.“ -”Ach, lass das. Misch dich nicht ein! So was passiert überall auf der Welt. Bestimmt auch in anderen Tiergärten.“ -”Hier darf aber so was nicht geschehen.“ -”Hör mal, das liegt in der Natur vieler Menschen und auch vieler Tiere. Sobald sie Angst sehen, fühlen sie sich noch stärker und erlauben sich alles. Weißt du, wie oft ich von meinen eigenen Artgenossen bedroht, geschlagen, erniedrigt und erschreckt wurde? über Jahrhunderte lang. Und weißt du auch, warum? Wegen meinem weißen Gefieder. Nur weil ich nicht schwarzes Gefieder so wie meine Artgenossen habe. Die Menschen sind auch so. Die Raben wollten mich alle nicht da haben, und wenn deine Eltern damals nicht gewesen wären und mir nicht geholfen hätten, weiß ich nicht, was noch alles mit mir passiert wäre.“ -”Bitte Hexenrabe. Diese Geschichte mit meinen Eltern weiß ich mittlerweile besser als du und meine Eltern zusammen. Und du sagst ja auch selbst, wenn sie Angst spüren, nutzen sie es nur mehr aus und werden nur gemeiner, also ist es doch dann richtig, wenn wir uns wehren. Du musst mir helfen, damit wir Herrn Barfuß daran hindern, den kleinen Fifi wieder auszupeitschen. Wie sagt man so schön? Wer heute ein Ei klaut, ermöglicht sich morgen einen Hai zu klauen. Verstehst du mich?“ -”Natürlich nicht, und hast du überhaupt schon mal einen Hai aus der Nähe gesehen? Da fällt mir etwas ein, habe ich dir eigentlich die Geschichte erzählt, wo ich so ganz gemütlich über den Ozean flog und dann auf einmal ein Hai aus dem Wasser emporstieg und mich erstaunt anstarrte? Er wollte mich in der Luft jagen. Seine Zähne sahen aus wie... -”Ach, hör doch auf, die ganze Zeit von dem Thema abzulenken, und hör mir richtig zu Wenn er Fifi heute ausgepeitscht hat, wird er es morgen wieder tun und übermorgen auch und immer wieder und wieder und wieder. Und irgendwann mit der Zeit fängt er auch noch an, die anderen armen Tiere auszupeitschen.“ -”Ach Quatsch, das traut er sich doch gar nicht. Oder denkst du, er würde es wagen, sich mit den Löwen anzulegen? Oder mit den Tigern oder mit unseren Wölfen?“ -”Nun ja, diese Tiere werden bestimmt verschont bleiben, aber was ist mit den schwächeren Tieren, die sich nicht selbst wehren können oder die einfach nur Angst haben und sich das dann alles gefallen lassen, so wie Fifi?" -”Tja, so hart es auch klingen mag, 'das ist nun mal Schicksal. Das kannst du einfach nur Schicksal nennen. Du musst es schlucken. Wie ich dir immer sage, auf dieser Weltkugel findest du nichts als Mist. Es gibt überall Ungerechtigkeit. Du musst dich um dein eigenes Leben kümmern. Du musst auf deine Hütte aufpassen und auf das Zusammenleben mit mir hier auf diesem Baum. Und außerdem werden diese Tiere wie Fifi, Pifi oder wen du sonst alles meinst, werden sich an die Peitschenhiebe gewöhnen und dadurch werden sie allmählich noch dickhäutiger, als sie es so schon sind. Dann werden sie sich auch an dieses Leben gewöhnen. Solange du nicht um Hilfe gebeten worden bist, brauchst du dich auch nicht zu bewegen. Das ist die Natur!“ -”Das glaube ich ja nicht, was du hier erzählst. Warst du nicht dankbar über die Hilfe meiner Eltern? Du hattest ja schließlich auch nicht gefragt. Na ja, es wird schon dunkel. Lass uns bis morgen abwarten. Mir wird bis dahin bestimmt schon was einfallen.“ -”Da hast du mal wieder Recht. Abends muss man früh schlafen gehen, damit man morgens früh aufstehen kann, denn Morgenstunde hat Gold im Mund.“