Der Fleischer - Daniel Holbe - E-Book

Der Fleischer E-Book

Daniel Holbe

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Beschreibung

Ein Kurzthriller von Bestseller-Autor Daniel Holbe. Blutige Thriller-Spannung um einen Serienkiller, der seine Opfer grausam verstümmelt Carlo Zingka, ein Profiler aus Berlin, wird in seine Heimatstadt versetzt, weil sich dort ein Serienmörder herumtreibt. Immer wieder redet man hinter vorgehaltener Hand über Kannibalismus, und immer wieder tauchen Leichenteile auf, die diesen Verdacht bestätigen. Noch hält die Polizei aber den Deckel drauf. Doch immer wieder verschwinden Menschen, spurlos, und das seit über 20 Jahren. Ist es tatsächlich derselbe Mörder, der da sein Unwesen treibt? Ist es jemand, der die nahe gelegene Fleischfabrik für sein Unwesen missbraucht? Und warum findet man gehäutete Körperteile, an denen das Fleisch aber noch erhalten ist? Den Ermittlern kommt ein grauenhafter Verdacht ... Spannend und nervenzerfetzend - der Bestseller-Autor von einer etwas anderen, blutigeren Seite - für die rasante Spannung zwischendurch!

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Seitenzahl: 91

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Daniel Holbe

Der Fleischer

Thriller

Knaur e-books

Über dieses Buch

Carlo Zingka, ein Profiler aus Berlin, wird in seine Heimatstadt versetzt, weil sich dort ein Serienmörder herumtreibt. Immer wieder redet man hinter vorgehaltener Hand über Kannibalismus, und immer wieder tauchen Leichenteile auf, die diesen Verdacht bestätigen. Noch hält die Polizei aber den Deckel drauf. Doch immer wieder verschwinden Menschen, spurlos, und das seit über 20 Jahren. Ist es tatsächlich derselbe Mörder, der da sein Unwesen treibt? Ist es jemand, der die nahe gelegene Fleischfabrik für sein Unwesen missbraucht? Und warum findet man gehäutete Körperteile, an denen das Fleisch aber noch erhalten ist? Den Ermittlern kommt ein grauenhafter Verdacht ...

Inhaltsübersicht

MottoCountdown10987654321Null
[home]

 

 

 

 

Wenn bleich der Mond um Mitternacht

beginnt des Fleischers Stunde

Mit seinem Beil des Wegs er macht

sich auf die stille Runde

 

Nach draußen fällt das Licht

aus Deinem Fenster hell und rein

Es lockt ihn an Du siehst ihn nicht

doch er blickt längst hinein

 

 

Und noch bevor der Tag erwacht

wirst Du der Nächste sein

[home]

Countdown

Er begriff es erst, als es zu spät war. Als sich das Metall wie flüssiges Eis durch seine Haut und Muskeln schnitt. Als zertrennte Nervenenden widersprüchliche Informationen in sein Gehirn sendeten. Schmerz, Panik, Hitze und Kälte gleichzeitig. Passender hätte sich der Begriff Wechselbad wohl kaum erleben lassen. Genau das, ein derart überflüssiger und flüchtiger Gedanke, sollte es also sein, was ihm als Letztes durch den Kopf ging. Bevor ebenjener Kopf mit einem unsanften Ruck von der Halswirbelsäule getrennt wurde, den blutüberströmten Handschuhen entglitt und nach einem Plumpser und etwas Schlingern unter dem Metalltisch zum Liegen kam. Eines der beiden Augen starrte wütend nach oben, das andere hatte einen Blutschleier abbekommen. Doch keines der Augen konnte mehr sehen, und selbst wenn sie noch für kurze Sekunden vom dahinfliehenden Leben durchflutet wurden, so konnten sie die Informationen nicht mehr verarbeiten lassen. Denn das neuronale Netz war bis zu seinem letzten Funken mit den durchschnittenen Nervenbahnen und Adern unterhalb des Halses beschäftigt.

Währenddessen wurde eine Etage weiter oben mit dem üblichen Prozedere begonnen. Verschiedene Metallklingen klapperten auf der Tischfläche. Blut rann oder tropfte hier und da über den Rand, das meiste davon jedoch leitete eine umlaufende Rinne durch einen Edelstahlausguss in einen alten Bottich.

Das eine Messer war dazu da, um die Haut zu lösen.

Das andere, um mit dem Ausweiden zu beginnen.

Dann gab es auch noch die Geflügelschere.

Und während sich das Ganze zu einer Szenerie entwickelte, die auf Chaos, die auf einen blutrauschigen Fuchs im Hühnerstall hindeutete, wusste der Mann in der Fleischerschürze ganz genau, was er da tat.

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10

»Kauen Veganer eigentlich Fingernägel?«

Es fühlte sich niederschmetternd an, wenn nicht sogar lähmend. Da stand ich nun also wieder. In Zieplitz. In der tiefsten Provinz, die man sich vorstellen kann. Als Oberhauptkommissar, der nach ein paar aufregenden Jahren in der Bundeshauptstadt zurück aufs Land versetzt wurde. Nicht mal für ein gequältes Lächeln reichte mir in diesem Moment die Kraft.

Vor uns, auf drei mannshohen Stellwänden, waren Tatortfotos und Klebezettel in allen Farben des Regenbogens angebracht. Auf den Bildern dominierten Hautfarbe und Rot, Blutrot, um es genau zu sagen. Noch genauer gesagt, bedeckte das Rot auch die meisten Stellen der abgebildeten Haut. Wenn man näher herantrat, konnte man sogar feststellen, dass das an manchen Stellen darauf zurückzuführen war, dass die Haut großflächig entfernt worden war. Abgezogen. Womöglich bei lebendigem Leibe.

Aber alles, was meinen Kollegen dazu einfiel, war die Frage, ob Veganer Fingernägel kauen.

Es war zum Aus-der-Haut-Fahren. Ein Gedankenbild, das ich erst einmal auf mich einwirken lassen musste. Den kalten Schauer, den es auslöste, ertrug ich mit Fassung.

»Nägel sind ja kein Fleisch«, erwiderte ich dann trocken. »Bei Nagelhaut allerdings …« Ich betonte das Wort nicht ohne Hintergedanken, und jetzt waren es die anderen, die es kalt überlief, wie ich zufrieden feststellte.

Mein Name ist Carlo Zingka. Ich würde mich zuweilen als Arschloch bezeichnen, aber als ein nettes. Jedenfalls konnte ich nett sein, wenn ich wollte. Aber in dieser Sonderkommission, diesem Team – auch wenn es sich diese Bezeichnung erst noch verdienen musste –, schien alle Nettigkeit vergebene Liebesmüh zu sein.

Während die anderen mich verhältnismäßig nichtssagend anglotzten, sammelte ich meine Gedanken, um die nächsten Schritte zu planen. Ich zähle mich zu den wenigen Zeitgenossen, die zuerst alles überdenken, bevor sie ihre Meinung herauskrakeelen. Eine Eigenschaft, die schon immer recht dürftig gestreut war und die mit der Erfindung der sozialen Medien ihren Todesstoß erhalten hatte.

Ich schloss für einige Sekunden die Augen und massierte mir den Nasenrücken. Noch vor einem Jahr hatte ich mir als Profiler einen Namen gemacht. Ein Kindermörder, der in den Vorbezirken Berlins sein Unwesen trieb. Ein Perverser, ein Dreckschwein, der sich für besonders schlau gehalten hatte. Aber ich war ihm auf die Spur gekommen. Kaum ein Reporter hatte meinen Namen auf Anhieb richtig ausgesprochen. Carlo, so leierte ich dann meist herunter, so wie der Erzfeind von Micky Maus. Das war noch der einfache Part. Doch das Z von Zingka wurde wie ein englisches Th ausgesprochen.

»So wie in Barcelona?«, fragten die, die sich für besonders schlau hielten, weil sie den Namen der katalonischen Hauptstadt richtig auszusprechen wussten.

»Ich bin aber kein Spanier«, betonte ich dann jedes Mal. Nur zur Sicherheit. Nicht, dass sie aus Versehen noch einen Carlos aus mir machten.

Carlo Zingka also. Der Held von Berlin. Und jetzt der Chef einer gerade mal dreiköpfigen Truppe, mich eingerechnet, von denen der alte Platzhirsch Knoehr mehr Dienstjahre auf dem Buckel hatte als ich und die junge Kollegin zusammen. Nora Träumer, eine blutige Anfängerin. Frisch von der Polizeischule.

Stichwort blutig.

Ich stemmte mich nach oben und steuerte meine Schritte in Richtung der Boards.

Das vorletzte Opfer des Killers war vermutlich ein Landstreicher gewesen. Man hatte seine verkohlten Knochen in einem abgebrannten Feuer auf dem Gelände des Bauhofs gefunden. Keine Übereinstimmung der DNA mit aktuell vermissten Personen. Beim aktuellen Opfer indes lagen die Dinge anders. Es handelte sich um einen Familienvater aus dem benachbarten Ort. Verschwunden nach dem Sonntagsspiel zweier lokaler Fußballmannschaften. Sein abgetrennter Kopf war am Ufer des am Ortsrand gelegenen Löschteiches aufgefunden worden. Gehäutet. Der Anruf war anonym eingegangen, man vermutete daher, dass ein illegaler Angler den Kopf gefunden hatte. Eine intensive Suche förderte diverse Knochen zutage, darunter auch das Becken und ein etwa zwanzig Zentimeter langes Stück des Unterschenkels. Alles in allem eine Szenerie, die dem Begriff Eltern-Teile völlig neue Dimensionen verlieh.

[home]

9

Auf dem Herd brodelte das Kochwasser. Ein hoher Metalltopf, so wie man ihn früher in jedem Bauernhaus finden konnte. In jedem zumindest, wo sich in zwei Metern Höhe ein Fleischerhaken an der Hauswand befand, und das war wohl so ziemlich überall der Fall gewesen. Nach dem Krieg hatte es zwar wenige Schweine, aber überall streunende Hunde gegeben. Diese hängte man wohlweislich nicht in seinem Innenhof zur Schau, denn offiziell war das Verzehren von Hunden und Katzen nicht gerne gesehen. Doch ein Mensch lebt nun mal nicht von mehrfach aufgekochter Kartoffelschale allein.

Zufrieden bleckte der Mann in der Schürze seine Zähne und tauchte den hölzernen Rührlöffel in den Sud. Zwischen den Blasen, die zwischen den Fettaugen an die Oberfläche drangen, schwammen die restlichen Teile seines letzten Opfers. Auch so ein Streuner.

Jetzt gehörte er ihm.

*

Hätte Marek Schiller gewusst, wie sein Tag enden würde, wäre er zu Hause geblieben.

»Heute?«, hatte seine Frau Esther geschäumt und sich dabei auf zweierlei Dinge bezogen. Marek arbeitete mit einem Pensum von siebzig Stunden pro Woche. Selbstständig in der IT-Branche. Da ratterten die Anfragen nur so ins Haus, bildlich am besten mit einer ganzen Batterie alter Fernschreiber beschrieben, die niemals stillstanden. Sonntags war sein einziger Tag, an dem er einen Bogen um den Computer und das Smartphone machte – meistens jedenfalls. Es war ein strahlender Tag, die Sonne und die Temperaturen lockten, sich auf die Fahrräder zu schwingen und eine Picknicktour ins nahe gelegene Seegebiet zu machen. Wäre da nicht das Kreis-Derby gewesen. Die beiden stärksten und zugleich am bittersten verfeindeten Vereine liefen auf, während es Bier und Rostbratwürstchen gab. Und später vielleicht, je nach Spielstand, noch eine handfeste Keilerei.

Die schwebte auch im Haus von Esther und Marek in der Luft, so wie eine Gewitterfront, vor deren Unheil verkündenden Wolkentürmen am Horizont es einem schon lange vor dem ersten Donnerschlag graut. Jedenfalls hielt Marek es nicht für unmöglich, dass seiner Frau heute die Hand ausrutschen würde. Sie war durchaus streitlustig, und das liebte er auch im Grunde so an ihr. Doch der zweite Grund, weshalb die Lage heute so besonders explosiv war, lag in dem besonderen Datum. Ihr Kennenlerntag. Marek kannte mindestens fünf Tage, die in jedem Jahreszyklus aufs Neue bedacht werden wollten: Kennenlernen, Zusammenkommen, erster Sex, Verlobung, Heirat. Dazu noch die Geburtstage. Und ganz nebenbei auch noch die Tage ihrer beiden Kinder. Empfängnis, Geburt, erstes Wort, erster Schritt. Wie gut, dass es nicht auch noch einen Erste-Wurst-im-Töpfchen-Tag gab.

Wie unangenehm, dass ausgerechnet mit dem Thema Topf und Wurst ein grausamer Einschnitt in das Leben von Mareks Familie bevorstand. Doch all das hatte er nicht wissen können, als er die Haustür hinter sich zuzog. Genauso wenig, wie er seine geliebte Porzellanskulptur in Scherben zerspringen sah, die Esther wutentbrannt aufs Parkett donnerte.

»Geh doch! Du brauchst gar nicht wiederzukommen!«

Wie sehr sie diese Worte bereuen würde.

 

Das Fußballspiel verlief ohne nennenswerte Vorfälle. Zwei üble Fouls, eine blutige Nase, sechs Tore. Unentschieden. Keine Keilerei. Und je mehr Bier Marek trank, desto ferner lag die Vorstellung davon, was ihn am Abend zu Hause erwarten würde. Gleichzeitig spürte er jene herzzerreißende Sehnsucht nach einer innigen Umarmung und leidenschaftlichem Sex, die vermutlich ebenfalls auf das Bier zurückzuführen war. Längst nicht betrunken, allerdings ein wenig eingeschränkt in seinen Bewegungen und dem Urteilsvermögen, wurde ihm genau das zum Verhängnis.

Er nahm eine Abkürzung, einen Trampelpfad, der vom Bolzplatz durch ein Wäldchen und hinter einer Siedlung vorbei in Richtung des Neubaugebietes führte, in dem er mit seiner Familie lebte. Ein Fußmarsch von kaum einer Viertelstunde, der ihn nach etwa der Hälfte der Zeit an einem Garten vorbeiführte, der von hohen Hecken umgeben war. Ein breitschultriger Mann mit Arbeitshemd und Hosenträgern mühte sich mit Gartensteinen ab. Seiner Miene nach zu urteilen, hatte er sich mit dieser Aufgabe aber übernommen.

Schweigend trafen sich die Blicke der beiden.

Und während Marek noch darauf wartete, ob der andere ihn um Hilfe bitten würde, hörte er sich selbst sagen: »Soll ich mal mit anpacken?«

War es ein Lächeln? Oder ein Nicken? Oder gar ein kehliges Brummen? Oder reagierte der andere überhaupt nicht auf ihn?

In seinen Augen jedenfalls glaubte Marek zu erkennen, dass er sein Angebot dankend annehmen würde. Dankbarer als so mancher Kunde in seiner verrückten virtuellen Welt. Und so ein bisschen echte Arbeit …