Der Fuhrmann des Todes - Selma Lagerlöf - E-Book

Der Fuhrmann des Todes E-Book

Selma Lagerlöf

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Beschreibung

Eine dunkle Legende aus der Bretagne, neu erzählt von Selma Lagerlöf: Wer in der Silvesternacht stirbt, ist dazu verdammt, ein Jahr lang die Seelen der Verstorbenen sicher ins Reich der Toten zu geleiten, indem er sie von ihren Körpern erlöst. Doch was ist, wenn die Toten ihre eigenen Vorstellungen haben? David Holm, Säufer und letzter Verstorbener vor Anbruch des neuen Jahres, weigert sich schlichtweg, die finstere Aufgabe zu übernehmen. Doch der Fuhrmann kennt kein Erbarmen und nimmt David mit auf die Reise zu all den Menschen, die David je geliebt haben...-

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Seitenzahl: 33

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Selma Lagerlöf

Der Fuhrmann des Todes

Übersezt von Pauline Klaiber

Saga

Der Fuhrmann des Todes

 

Übersezt von Pauline Klaiber

 

Titel der Originalausgabe: Körkarlen

 

Originalsprache: Schwedisch

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1912, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788728069561

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

I

Eine arme junge Heilsarmeeschwester lag im Sterben.

Ihre Tätigkeit hatte sie in die »slums«, die verrufenen Viertel der Stadt, geführt; dann hatte sie die galoppierende Schwindsucht bekommen, und jetzt nach einem Jahre ging es zu Ende. Solange wie irgend möglich war sie ihren gewohnten Pflichten nachgekommen, und als alle ihre Kräfte aufgebraucht waren, schickte man sie in ein Sanatorium. Dort hatte sie einige Monate gelegen und war gut gepflegt worden; aber es wurde nicht besser mit ihr, und als sie schließlich begriff, wie hoffnungslos krank sie war, verlangte sie nach Hause zu ihrer Mutter, die in einer der Vorstädte in einem eigenen Häuschen wohnte. Nun lag sie da in ihrem Stübchen, demselben Stübchen, das sie als Kind und als ganz junges Mädchen bewohnt hatte, und wartete auf den Tod.

Angstvoll und tiefbetrübt saß die Mutter an ihrem Bett; aber sie ging in all der Pflege, deren die Tochter bedurfte, so vollständig auf, daß sie keine Ruhe zum Weinen fand.

Eine andere Heilsarmeeschwester, die Arbeitsgefährtin der Kranken, stand am Fußende des Bettes und weinte ganz leise vor sich hin. Ihre Augen waren voll inniger Liebe auf das Gesicht der Sterbenden gerichtet, und wenn ihr die Tränen den Blick verdunkelten, wischte sie sie mit einer heftigen Bewegung ab.

Auf einem niederen unbequemen Stuhl, den die Kranke besonders lieb gehabt und den sie überall hin mitgenommen hatte, wo auch immer ihre Wohnstätte gewesen war, saß eine hochgewachsene Frau, auf deren Halskragen ein großes H gestickt war. Man hatte ihr einen anderen Sitzplatz angeboten; aber sie blieb eigensinnig auf dem schlechten Stühlchen sitzen, wie wenn sie das für eine Aufmerksamkeit gegen die Kranke hielte.

Der Tag, an dem unsere Erzählung beginnt, war nicht ein Tag wie alle anderen, sondern es war Silvesterabend. Draußen hing der Himmel schwer und grau herab, und so lange man im Zimmer war, meinte man, das Wetter sei unfreundlich und kalt. Wenn man aber hinauskam, fand man es überraschend warm und mild. Auf den Wegen lag kein Schnee, kahl und schwarz verloren sie sich in der Dunkelheit. Ganz vereinzelte Schneeflocken fielen sachte auf die Straße herab, wo sie sofort schmolzen. Es sah aus, als hänge der Himmel voller Schnee, der sich aber nicht recht losmachen könnte, ja es schien fast, als fänden es der Wind und der Schnee nicht der Mühe wert, sich im alten Jahre noch anzustrengen, und als wollten sie lieber ihre Kräfte für das neu heraufziehende Jahr sparen.

Und ungefähr ebenso war es bei den Menschen, auch sie schienen sich nichts mehr vornehmen zu wollen. Auf den Straßen war kein Getriebe und in den Häusern keine eifrige Arbeit im Gang. Gerade vor dem Häuschen, wo die Sterbende lag, war ein Platz, auf dem ein Haus gebaut werden sollte. Am Morgen waren ein paar Arbeiter dahergekommen und hatten den großen Rammbock unter den gewöhnlichen grellen Arbeitsrufen heraufgezogen und wieder hinunterfallen lassen. Aber sie waren der Arbeit bald überdrüssig geworden, und so hatten sie sie eingestellt und waren ihres Weges gegangen.