Der globale Green New Deal - Jeremy Rifkin - E-Book

Der globale Green New Deal E-Book

Jeremy Rifkin

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Beschreibung

Das neue Buch des Bestsellerautors Jeremy Rifkin Rund um den Globus kippt angesichts der drohenden Klimakatastrophe die Stimmung, und der Protest der Millennials gegen eine Politik, die ihre Zukunft zerstört, wird immer lauter. Gleichzeitig sitzt die Welt angesichts alternativer Technologien auf einer 100-Billionen-Dollar-Blase aus Investitionen in fossile Brennstoffe. Zukunftsforscher Jeremy Rifkin zeigt, wie aus dieser Konstellation die einmalige Chance auf einen Green New Deal entsteht. Seine Warnung: •Der ökonomische Kollaps unserer Zivilisation steht unmittelbar bevor. •Um 2028 wird die Blase platzen und die Weltökonomie in eine globale Betriebsstörung führen. Was bedeutet das für uns, wo die Energiewende schon lange auf der Tagesordnung steht? Gelingt ein gemeinsamer radikaler Aufbruch in letzter Minute? Rifkin gibt Antworten.

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Jeremy Rifkin

DER GLOBALE GREEN NEW DEAL

Warum die fossil befeuerte Zivilisation um 2028 kollabiert – und ein kühner ökonomischer Plan das Leben auf der Erde retten kann

Aus dem Englischen von Bernhard Schmid

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Das neue Buch des Bestsellerautors Jeremy Rifkin Rund um den Globus kippt angesichts der drohenden Klimakatastrophe die Stimmung, und der Protest der Millennials gegen eine Politik, die ihre Zukunft zerstört, wird immer lauter. Gleichzeitig sitzt die Welt angesichts alternativer Technologien auf einer 100-Billionen-Dollar-Blase aus Investitionen in fossile Brennstoffe. Zukunftsforscher Jeremy Rifkin zeigt, wie aus dieser Konstellation die einmalige Chance auf einen Green New Deal entsteht. Seine Warnung: • Der ökonomische Kollaps unserer Zivilisation steht unmittelbar bevor. • Um 2028 wird die Blase platzen und die Weltökonomie in eine globale Betriebsstörung führen. Was bedeutet das für uns, wo die Energiewende schon lange auf der Tagesordnung steht? Gelingt ein gemeinsamer radikaler Aufbruch in letzter Minute? Rifkin gibt Antworten.

Vita

Jeremy Rifkin ist einer der bekanntesten gesellschaftlichen Vordenker. Er ist Gründer und Vorsitzender der Foundation on Economic Trends in Washington. Seine Bücher sind internationale, in 35 Sprachen übersetzte Bestseller und lösten weltweite Debatten zu den großen gesellschaftlichen und ökonomischen Fragen aus, siehe auch Das Ende der Arbeit, Access und zuletzt Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft.

Rifkin berät zahlreiche Organisationen und Regierungen – unter anderem Deutschland, die EU, China – und unterrichtet an der renommierten Wharton School der University of Pennsylvania.

Für Carol, auf deren Vorschlag hin ich dieses Buch schrieb.Du warst mir wie immer weit voraus.

INHALT

VORWORT FÜR DIE DEUTSCHE AUSGABE

HINWEIS DES AUTORS

EINLEITUNG

TEIL IDER GROSSE BRUCH: DIE ENTKOPPLUNGSSTAMPEDE UND GESTRANDETE ANLAGEWERTE

Kapitel 1It’s the infrastructure, stupid!

Das Paradigma der dritten industriellen Revolution

Aus Flickwerk ein großes Ganzes erschaffen

Wem soll die Infrastruktur gehören?

Google-Governance und das Mittel dagegen

Kapitel 2Power to the People: grüner Gratisstrom für alle

EU: Politische Aktivisten sorgen für den Start eines Green New Deal

Informations- und Kommunikationstechnologie und das Kommunikationsinternet

Das Internet für erneuerbare Energie

Kapitel 3Kohlenstofffreies Leben: autonome E-Mobilität, vernetzte IdD-Gebäude und smarte Öko-Landwirtschaft

Mobilität zu nahezu null Grenzkosten

Vernetzte IdD-Gebäude

Die Vorbereitung der Arbeiterschaft für die Grüne Ära

Smarte Öko-Landwirtschaft

Das Zeitalter der Widerstandsfähigkeit

Kapitel 4Der Kipppunkt: der Kollaps der fossil befeuerten Zivilisation um circa 2028

20–20–20 bis 2020

Die große Disruption: das Überschreiten der grünen Linie

Die Warnzeichen übersehen

Auf diesem Ohr taub: Nordamerika

Der Fluch des Schwarzen Goldes

Die Finanzwelt schlägt Alarm

TEIL IIEIN GREEN NEW DEAL: PHOENIX AUS DER ASCHE

Kapitel 5Der erwachende Riese: die neue Macht der Pensionsfonds

Karl Marx’ These auf den Kopf gestellt

Von der Theorie in die Praxis: die Geburtswehen einer Revolution

Kapitel 6Die wirtschaftliche Wende: der neue Sozialkapitalismus

Sozial verantwortliches Investment tritt in den Mittelpunkt

Was wird das kosten?

Die Frage nach dem Geld

Die Infrastruktur muss zurück in die öffentliche Hand

ESCO: das Geschäftsmodell für einen Green New Deal

Kapitel 7Mobilisierung der Gesellschaft: das Leben auf der Erde retten

Eine Botschaft aus Europa

Denken wie eine Spezies

Die drei offensichtlichen Probleme

Der Green New Deal in den Entwicklungsländern

Ein globales digitales Pangaea

Die 23 Schlüsselinitiativen des Green New Deal

Peer-Assembly Governance

DANK

ANMERKUNGEN

Vorwort für die deutsche Ausgabe

Einleitung

Kapitel 1: It’s The Infrastructure, Stupid!

Kapitel 2: Power to the People: grüner Gratisstrom für alle

Kapitel 3: Kohlenstofffreies Leben: autonome E-Mobilität, vernetzte IdD-Gebäude und smarte Öko-Landwirtschaft

Kapitel 4: Der Kipppunkt: der Kollaps der fossil befeuerten Zivilisation um circa 2028

Kapitel 5: Der erwachende Riese: die neue Macht der Pensionsfonds

Kapitel 6: Die wirtschaftliche Wende: der neue Sozialkapitalismus

Kapitel 7: Mobilisierung der Gesellschaft: das Leben auf der Erde retten

REGISTER

VORWORT FÜR DIE DEUTSCHE AUSGABE

2018 verzeichnete Deutschland die höchsten Durchschnittstemperaturen seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen.1 Frühjahrshochwasser, sommerliche Hitzewellen und Dürren sind das neue Abnormal. Während ich an diesen Zeilen sitze, herrschen in weiten Teilen Europas Temperaturen von 40 bis 45 Grad Celsius; Indien leidet gar unter 50 Grad Celsius, während das Thermometer im Nahen Osten hier und da sogar auf 52 bis 55 Grad Celsius steigt.2 Der kumulierte CO2-Ausstoß als Folge von mehr als zwei Jahrhunderten Befeuerung unserer fossilen Zivilisation durch Kohle, Öl und Erdgas hat die Welt ins sechste Massenaussterben auf unserer Erde geführt – und dazu wird es noch in der Lebensspanne der Generation kommen, die derzeit das Laufen lernt. In einer Art und Weise, die sich noch kaum ausloten und deren Folgen sich noch nicht wirklich ermessen lassen, gewinnt die Erde rund um uns Stück für Stück ihre alte Unbezähmbarkeit zurück.

In Deutschland bildete sich als erster Nation überhaupt in Tausenden von Gemeinden eine massive Basisbewegung zur Überführung des Landes in eine grüne emissionsfreie ökologische Gesellschaft heraus. Diese Anstrengungen weitete man im Folgenden auf ganz Europa aus, und als Deutschland 2007 die Präsidentschaft des Rats der Europäischen Union innehatte, konnte es damit erheblich zum »20–20–20-Paket« beitragen, einem Abkommen unter den EU-Staaten, bis 2020 für eine 20-prozentige Steigerung der Energieeffizienzen und eine 20-prozentige Anhebung des Anteils an »Erneuerbaren« zu sorgen sowie ihre CO2-Emissionen um 20 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 zu reduzieren.3 Der Rest der Welt zog nach.

Heute werden 35 Prozent des deutschen Stroms aus Erneuerbaren – größtenteils Wind- und Solarenergie – gewonnen, was durchaus als Maßstab für andere Nationen zu werten ist.4 Aber jetzt, meine lieben deutschen Freunde in Bundesregierung, Geschäftswelt, Arbeiterschaft und Zivilgesellschaft, muss ich Ihnen bei aller Bewunderung nach unserer langjährigen Zusammenarbeit sagen, dass die deutsche Entwicklung ins Stocken geraten ist, während sowohl die Volksrepublik China als auch inzwischen Kalifornien und New York nach vorn preschen und als Schrittmacher für den Übergang in eine kohlenstofffreie Ära fungieren.

Man könnte nun vermuten, dass diese Rücknahme des Tempos bei der Energiewende auf eine einsetzende Ermüdung zurückzuführen sei, vielleicht will Deutschland sich auch auf den Lorbeeren ausruhen. Aber dem ist nicht so. Meinungsumfragen zufolge befürworten 74 Prozent der deutschen Bevölkerung bei der Energiewende ein stärkeres Engagement des Staats auf allen Ebenen. Und überwältigende 95 Prozent der Öffentlichkeit stehen hinter der Umstellung der Energieerzeugung auf Erneuerbare, und das, obwohl der Umstieg auf grüne Energien allein in den letzten fünf Jahren 160 Milliarden Euro gekostet hat.5

Nein, das Problem ist vielmehr darauf zurückzuführen, dass der Klimawandel den Schätzungen von 2007, als Deutschland sich seine für die damalige Zeit äußerst ehrgeizigen Ziele zur Begegnung der Erderwärmung setzte, weit vorausgeprescht ist. Die deutsche Regierung ist sich des Missverhältnisses zwischen besagten Prognosen beziehungsweise den Zielen der Energiewende und der seither aus dem Ruder gelaufenen Exponentialkurve bei der Erderwärmung durchaus bewusst. Die für das Monitoring der deutschen Energiewende zuständige unabhängige Expertenkommission gesteht freimütig ein, dass der Übergang mit dem Tempo, in dem sich die Klimakrise entwickelt, nicht Schritt gehalten hat; die eigentlich notwendige Skalierung der Gegenmaßnahmen sei ausgeblieben, insbesondere in den infrastrukturellen Schlüsselbereichen der dramatisch expandierenden Kapazitäten bei den erneuerbaren Energien, beim Aufbau eines bundesweiten smarten digitalen Stromnetzes, bei der Überführung des Transportsektors auf autonome, durch grüne Energie betriebene Elektrofahrzeuge und schließlich bei der Nachrüstung des Baubestands, den es widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu machen gilt.

Wir müssen uns endlich das ungeheure Ausmaß der benötigten Änderungen vor Augen führen, um der vom Weltklimarat ausgesprochenen Mahnung Folge zu leisten, laut der der CO2-Ausstoß weltweit so zu reduzieren ist, dass wir die Erderwärmung unter 1,5 Grad Celsius halten, da wir andernfalls eine Kaskade klimatischer Rückkopplungseffekte zu gewärtigen haben, die rund um die Welt zum Zusammenbruch der Ökosysteme führen werden und damit letztlich unser aller Überleben bedrohen. Einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen und vom Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft bearbeiteten Studie zufolge bedarf Deutschland mehr als des Zwölffachen der gegenwärtigen Zahl von Offshore-Windturbinen, einer Verdreifachung der Zahl der Onshore-Windturbinen sowie einer Reduzierung des Strombedarfs aufgrund erhöhter Effizienzen und einer Reduzierung der Heizwärme um nahezu die Hälfte des Werts von 2012.6

Interessanterweise sind es nicht nur die Umweltorganisationen, die Alarm schlagen und einen beschleunigten Ausstieg aus der fossil befeuerten Zivilisation fordern. Auch der mächtige Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) redet beim Klimawandel ein Wörtchen mit und spricht von der dringenden Notwendigkeit eines Übergangs zu einer grünen Wirtschaft. Eine Studie des BDI in Zusammenarbeit mit deutschen Schlüsselindustrien kommt zu dem Schluss, dass man beim Tempo des Ausbaus einer emissionsfreien Infrastruktur und Wirtschaft der dritten industriellen Revolution durchaus zulegen könnte. So fordert der BDI zum Beispiel eine Verdoppelung des Tempos bei der Sanierung des Gebäudesektors und befürwortet eine neue Regelung, die »nahe Passivhausniveau« für neue Wohngebäude zur Pflicht machen würde.7 Cyril Stephanos von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften sagte dazu, »das Bemerkenswerte an der BDI-Studie ist, dass die deutsche Industrie die Energiewende technisch und wirtschaftlich bis 2050 für erreichbar hält«.8 Nicht nur das! Wie wir auf den folgenden Seiten zeigen werden, ist der Übergang zu einer voll funktionsfähigen emissionsfreien grünen Infrastruktur und Wirtschaft sogar noch vor 2040 machbar, und beschleunigen wird dies der Zusammenbruch des Marktes unserer fossil befeuerten Zivilisation bis 2028, der zu gestrandeten Anlagewerten in Höhe von Billionen US-Dollar über alle Bereiche der fossilen Zivilisation hinweg führen wird.

Das Tempo des Übergangs wird zu einem Gutteil durch die rapide sinkenden Kosten für Solar- und Windenergie bestimmt. Die Stromgestehungskosten (Levelized Cost of Electricity, LCOE) bei Solarinstallationen in Kraftwerksgröße ist auf 36 US-Dollar pro Megawattstunde gesunken, bei Windkraft gar auf 29 US-Dollar pro Megawattstunde. Das macht sie »billiger als selbst die effizientesten Gaskraftwerke und Kernreaktoren«.9 Hier kommt einfach der Markt zu Wort, und Deutschland wird sich wie alle anderen Nationen auch den Marktkräften anpassen müssen, wenn es überleben und weiter gedeihen will.

Auch wenn die wirtschaftlichen Metriken einen weit rascheren Übergang als den vom BDI geschätzten begünstigen, letztlich ist es das plötzliche Bewusstwerden des sich heute in Echtzeit vor unseren Augen abspielenden sechsten Massensterbens der Erdgeschichte, das Millennials und Generation Z zur Gründung der sozialen und politischen Bewegungen motiviert, die derzeit rund um den Globus entstehen und die aller Wahrscheinlichkeit nach in den kommenden Jahrzehnten an Fahrt gewinnen werden, wenn sie sich mit der Aussicht auf das Aussterben der menschlichen Rasse auf unserer Erde konfrontiert sehen.

Das Konzept eines Green New Deal, das in Deutschland wie im übrigen Europa vor mehr als zehn Jahren aufgekommen ist, hat mit einem Mal seinen Weg über den Atlantik nach Nordamerika gefunden, von wo aus es sich auf alle anderen Kontinente ausgebreitet hat, sodass Deutschland einmal mehr zum Epizentrum eines neuen Narrativs mit einer Strategie zur Rettung des Planeten wurde. Die Einstellung dieser hoch motivierten Generationen – »Was immer nötig ist!« – kommt einer weltweiten Revolte gleich, die das Business-as-usual von Staat und Wirtschaft herausfordert – etwas, das es in dieser Größenordnung in der Menschheitsgeschichte noch nicht gegeben hat.

Aber kommen wir wieder auf Deutschland zurück, wo zunehmend heftige Klimaereignisse der Energiewende neues Leben eingehaucht haben. Lassen Sie mich also kurz auf die jüngsten deutschen Entwicklungen im Bereich des Green New Deal eingehen.

So hat etwa die Kohlekommission der Bundesregierung einen ambitionierten Plan zum totalen »Ausstieg aus der Kohle« innerhalb der nächsten zwanzig Jahre vorlegt; gleichzeitig will man den von der Kohle abhängigen Regionen mit 40 Milliarden Euro bei einem raschen und »gerechten Übergang« vom Kohleabbau zu erneuerbaren Energien, einem nachhaltigen Tech-Sektor sowie einer geeigneten Arbeiterschaft unter die Arme greifen – mit anderen Worten, den Schlüsselelementen einer kohlenstofffreien Wirtschaft der dritten industriellen Revolution.10

Darüber hinaus hat die Bundesregierung ein umfassendes neues Gesetz zum Aufbau eines bundesweiten digitalisierten, voll operationsfähigen smarten Stromnetzes bis 2025 verabschiedet, das die steigenden Kapazitäten von Solar- und Windkraft aus der wachsenden Zahl von Mikronetzen in den Gemeinden der Republik aufnehmen und verwalten kann.11 Dieses bundesweite »Smart Grid« wird seinerseits den Transport der anvisierten Kapazitäten von Sonnen- und Windstrom aus den weniger dicht besiedelten nördlichen Landesteilen in die dichter bevölkerten Regionen im Westen und Süden des Landes ermöglichen.12 Im Februar 2018 gab die Bundesregierung begleitend bekannt, bis 2030 65 Prozent des deutschen Stroms aus Erneuerbaren gewinnen zu wollen, womit Deutschland einmal mehr der EU, ja, dem Rest der Welt ein atemberaubendes Tempo vorgab.13 Die aneinander grenzenden Bundesländer Bayern, Hessen und Thüringen haben sich mit der Bundesregierung auf den Bau von 7 700 Kilometern neuer beziehungsweise erneuerter Stromleitungen geeinigt, die, wo immer das möglich ist, unterirdisch verlegt werden sollen.14 Um den Übergang zu einem bundesweiten Stromnetz zu beschleunigen, lockert man darüber hinaus, ohne dabei die Ökologie aus den Augen zu verlieren, die eine oder andere Verordnung, und auch Bürgern und Gemeinden räumt man ein Mitspracherecht bei der Planung ein.

Volkswagen, BMW und Daimler haben Pläne bekannt gegeben, die auf nichts Geringeres hinauslaufen als eine Auslauffrist für den Verbrennungsmotor sowie die Masseneinführung des Elektrofahrzeugs im Verlauf des kommenden Jahrzehnts. Volkswagen, wo man die schwindelerregende Summe von 80 Milliarden Euro für diesen Übergang bereitgestellt hat, sagt, man werde bis 2025 fünfzig neue batteriebetriebene Fahrzeugmodelle (BEVs) auf dem Markt haben, und erwartet, beim Verkauf der Markenmodelle VW, Skoda, Seat, Audi und Porsche 2029 die 22-Millionen-Marke zu überschreiten.15 Daimler hat 42 Milliarden Euro bereitgestellt, um in den nächsten Jahren Elektrofahrzeuge auf den Markt zu bringen; bei BMW sind es 50 Milliarden Euro, hier will man bis 2025 zwölf Elektrofahrzeuge dem Markt bereitstellen.16 BMWs Elektroautos werden einen Radius von 700 Kilometern haben, bevor ein Aufladen nötig wird; außerdem sollen in den Fahrzeugen Akkus ohne seltene Erden verbaut werden.17 Den Prognosen verschiedener Autohersteller zufolge wird der Preis für Elektrofahrzeuge bis 2025 mit dem von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren gleichziehen.18 Volkswagen hat bereits die letzte Generation von Benzin- und Dieselmotoren vor 2026 bekannt gegeben, womit das Endspiel für den Verbrennungsmotor beginnt.19 Volkswagen hat darüber hinaus bekannt gegeben, bis 2025 in ganz Europa 36 000 Ladestationen für E-Fahrzeuge aufzustellen.20

Das sind nur einige der gewaltigen Veränderungen, die sich – von Deutschland ausgehend – auf alle anderen Kontinente ausbreiten werden. Sie bedeuten nichts anderes als den unmittelbar bevorstehenden Kollaps der fossil befeuerten Zivilisation und die Heraufdämmerung einer grünen Ära. Bereits im Verlauf der nächsten acht Jahre wird das dramatische Ende der fossilen Ära weltweit in Form von gestrandeten Anlagewerten im fossilen Sektor in Höhe von Billionen US-Dollar zu beobachten sein. Das Endspiel der fossil befeuerten Zivilisation erfordert die umgehende weltweite Mobilisierung nicht nur des öffentlichen, sondern auch des Marktsektors und der Zivilgesellschaft in jedem Land, jeder Region, jeder Gemeinde. Ziel sind Ausbau und Scale-up einer voll integrierten und voll funktionsfähigen Infrastruktur der dritten industriellen Revolution, die das digitale Kommunikationsinternet, das digitale nachhaltige Energieinternet und das digitale Mobilitäts- und Logistikinternet auf einer in den Gebäudebestand integrierten Matrix des Internets der Dinge vereint. Diese Vereinigung sorgt für eine nahtlose smarte Infrastruktur für Management, Energieversorgung und Bewegung von Wirtschaft, Sozialleben und Governance im Deutschland des 21. Jahrhunderts.

Marktkräfte allein werden diesen Übergang nicht zuwege bringen. Die Bundesregierung wird sich zur Ausarbeitung eines Fahrplans für den Aufbau der Infrastruktur eines Green New Deal mit den sechzehn Ländern und den örtlichen Kommunen und Gemeinden kurzschließen müssen, bevor man zur zügigen nationalen Bereitstellung übergehen kann. Zeitgleich kann die deutsche Industrie ihr einschlägiges Wissen mit den achtundzwanzig Mitgliedsstaaten und 350 Regionen Europas teilen.

Es gilt nun, die revolutionäre Energie der Vision des Green New Deal zu nutzen, um die Aufgabe der Überführung Deutschlands und der übrigen Welt in eine ökologische Ära anzugehen. Dieser Übergang ist weltweit in fünfzehn bis zwanzig Jahren zu bewerkstelligen. Dies ist eine gewaltige Aufgabe von enormer Tragweite, aber sie ist machbar. Für Deutschland bedeutet das jetzt, die Ärmel hochzukrempeln, sich die Vision des Green New Deal zu eigen zu machen und die Welt in eine nachhaltige kohlenstofffreie Zukunft zu führen.

In den folgenden Kapiteln werden wir immer wieder auf Deutschlands Beitrag zum bevorstehenden Paradigmenwechsel zu sprechen kommen. In gewissem Sinne hat die Bundesrepublik sowohl den Funken geschlagen für diese gewaltige Wende als auch die Rolle des »Kanarienvogels« in der Mine übernommen. Ihre Erfolge, Herausforderungen und Defizite beim Übergang zu einer dritten industriellen Revolution und einer ökologischen Zivilisation sind eine unbezahlbare Anleitung für andere Länder und Regionen, mit eigenen Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel nachzuziehen. Diese historische Transformation führt die Welt aus einem im Sterben begriffenen Narrativ, das wir am besten als »Zeitalter des Fortschritts« bezeichnen, in eine neue Ära, die treffend mit dem Begriff »Zeitalter der Widerstandsfähigkeit« bezeichnet ist.

Ich hatte das Privileg, nicht nur mit den letzten drei Koalitionsregierungen der Bundesrepublik zusammenarbeiten zu dürfen, sondern auch im Lauf der Jahre mit zahlreichen Unternehmen und Universitäten von Weltrang sowie Organisationen der Zivilgesellschaft. Ich bin nach wie vor inspiriert vom Mut wie von der Hartnäckigkeit der Deutschen und, nicht zuletzt, von ihrem Sinn für die Verantwortung für die Natur, unsere Mitgeschöpfe und die Ökosysteme, die wir zusammen bewohnen und auf diesem speziellen, lebenspendenden Planeten miteinander teilen.

Für Deutschland heißt es jetzt, die Aspirationen nach einem Green New Deal in die Tat umzusetzen und der Menschheit beim Übergang von einer geopolitischen Welt in ein Biosphärenbewusstsein behilflich zu sein.

Jeremy Rifkin, Juli 2019

HINWEIS DES AUTORS

Nur im Deutschen kann es mit meinem Begriff »distributed« zu Missverständnissen kommen, nur im Deutschen sagt man »dezentralisiert«, wo ich »verteilt« meine. Lassen Sie mich das kurz richtigstellen:

Eine verteilte Infrastruktur der dritten industriellen Revolution bringt Milliarden von Playern zusammen, die im Rahmen einer emissionsfreien grünen Wirtschaft Kommunikation, erneuerbare Energien und autonome Mobilität und Logistik auf der Plattform eines in den Gebäudebestand eingebetteten Internets der Dinge produzieren und teilen. Diese flexible grüne Infrastruktur erlaubt darüber hinaus allen Playern, sich von Zeit zu Zeit aus dieser verteilten Infrastruktur auszuklinken und dezentral erneuerbare Energie zu produzieren, ihre Elektrofahrzeuge aufzuladen und in ihren Gebäuden gesammelte Daten für eigene Zwecke zu nutzen.

EINLEITUNG

Die Welt steht vor einer Krise. Unseren Wissenschaftlern zufolge hat der durch das Verbrennen fossiler Energieträger heraufbeschworene Klimawandel die Menschheit und ihre Mitspezies in das sechste Massenaussterben unseres Planeten geführt. Dennoch sind sich heute nur wenige dieser Realität auch nur bewusst. Der Weltklimarat (IPCC), eine wissenschaftliche Einrichtung der Vereinten Nationen, gab im Oktober 2018 eine alarmierende Warnung heraus, laut der der Ausstoß an Treibhausgasen sich beschleunige und uns eine eskalierende Reihe von Klimaereignissen bevorstehe, die das Leben auf der Erde an sich bedrohen. Schätzungen des Rats zufolge haben die Aktivitäten des Menschen zu einem Temperaturanstieg von 1 Grad Celsius über vorindustriellen Levels geführt; übersteige dieser eine Schwelle von 1,5 Grad Celsius, so der IPCC, würde dies aufgrund unkontrollierbarer Rückkopplungseffekte zu einer Kaskade beispielloser Klimaereignisse und damit zu einer drastischen Schwächung unseres Ökosystems führen.1 An eine Rückkehr zu einem Leben, wie wir es heute kennen, wäre dann nicht mehr zu denken.

»Das durch menschliches Tun bedingte Aussterben ganzer Spezies beschleunigt sich weiterhin«, schreibt der renommierte Biologe Edward O. Wilson von der Harvard University, »und das rasant genug, um bis zum Ende dieses Jahrhunderts mehr als die Hälfte aller Spezies zu eliminieren« – mit anderen Worten: bis die Kinder, die heute laufen lernen, Senioren sind.2 65 Millionen Jahre sind vergangen, seit die Erde das letzte Mal von einem Massenaussterben dieser Größenordnung heimgesucht wurde.3 Um dieser Umweltkatastrophe zu entgehen, so der Schluss des Weltklimarats, müssten wir den Ausstoß von Treibhausgasen um 45 Prozent gegenüber den Werten von 2010 reduzieren – und wir haben dazu gerade einmal zwölf Jahre Zeit.4 Dies erfordert einen Wandel unserer Weltwirtschaft, unserer Gesellschaft, ja unserer Lebensart in einem Umfang, der in der Menschheitsgeschichte beispiellos ist. Anders gesagt, der Menschheit bleibt für die nötige Neuorientierung der Zivilisation nur eine hauchdünne Frist.

Für die USA kam der Weckruf im November 2018 im Rahmen der bundesweiten Halbzeitwahlen. In Washingtons Repräsentantenhaus hielt eine jüngere Generation von Abgeordneten Einzug, die sich zum einen einer radikalen Neuausrichtung der amerikanischen Wirtschaft verschrieben haben, um dem Klimawandel zu begegnen, und zum anderen die Schaffung neuer grüner Geschäftsmöglichkeiten anstreben mit Arbeitsplätzen, die eine gerechtere Verteilung der Früchte des Lebens gewährleisten sollen. Im November stürmten junge Demonstranten aus dem Sunshine Movement die Hallen des Kongresses; es kam zu Sit-ins in den Büros von Nancy Pelosi, der späteren Sprecherin des Repräsentantenhauses, und Steny Hoyer, dem frisch gekürten Vorsitzenden der demokratischen Mehrheitsfraktion im Repräsentantenhaus. Die designierte Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez schloss sich den Demonstranten an.

Ocasio-Cortez forderte die Einrichtung eines Sonderausschusses im neuen Repräsentantenhaus mit der Aufgabe, einen »Green New Deal« für Amerika zu erarbeiten. Der Ausschuss sollte der Industrie binnen Jahresfrist einen Plan zur Begegnung des Klimawandels vorlegen. Ziel des Plans waren die Entkarbonisierung der wirtschaftlichen Infrastruktur innerhalb von zehn Jahren und die Schaffung neuer geschäftlicher Möglichkeiten sowie Arbeitsplätze für Millionen von benachteiligten Beschäftigten in einer neuen grünen Wirtschaft. Dies war ein ebenso kühner wie »hehrer« Vorschlag, der weit hinausging über alles, was amerikanische Bundesstaaten, Countys und Städte bis dahin vorgelegt hatten.5 In der neuen Legislaturperiode wollte die Kongressführung sich dann doch nicht auf den Vorschlag festlegen und setzte einen Sonderausschuss zur Klimakrise ohne tatsächliche Befugnisse ein.

Inzwischen, genauer gesagt am 7. Februar 2019, brachten Ocasio-Cortez im Repräsentantenhaus und Ed Markey im Senat eine Resolution über einen Green New Deal ein. Bisher haben sich 103 Kongressabgeordnete als Co-Sponsoren hinter die Resolution gestellt, darunter auch einige der wichtigsten Präsidentschaftskandidaten unter den demokratischen Abgeordneten: Bernie Sanders, Kamala Harris, Cory Booker, Elizabeth Warren und Kirsten Gillibrand;6 auch die Präsidentschaftsanwärter Julian Castro und Beto O’Rourke haben dem Green New Deal ihre Unterstützung zugesagt. Letzteres gilt auch für den ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore und dreihundert Volksvertreter aus Staats- und County-Regierungen im ganzen Land, darunter der Bürgermeister von South Bend, Indiana, Pete Buttigieg, ein weiterer Präsidentschaftsaspirant der Demokraten. Es steht außer Zweifel, dass der Green New Deal sowohl progressive Politiker als auch eine jüngere Wählergeneration motiviert und 2020 ein zentrales Thema von Präsidentschafts-, Kongress- und Kommunalwahlen sein wird.

Gewählte Volksvertreter spüren einen dramatischen Wandel in der öffentlichen Meinung: Das Problem des Klimawandels wurde quasi über Nacht aus der Obskurität geholt und zum zentralen Problem des amerikanischen Volkes. In ganz Amerika, in blauen (demokratischen) wie in roten (republikanischen) Bundesstaaten, bei Familien, Arbeitern, Angestellten wie bei Geschäftsleuten wächst die Angst vor gewaltigen Wetterumschwüngen und den negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Ökosysteme sowie vor den Sachschäden, Beeinträchtigungen des Wirtschaftslebens und dem Verlust von Menschenleben, zu denen sie führen werden.

Einer Meinungsumfrage unter Federführung des Yale Program on Climate Change Communication und des Center for Climate Change Communication der George Mason University vom Dezember 2018 zufolge halten 73 Prozent aller Amerikaner die Erderwärmung für eine Tatsache, ein Anstieg immerhin um 10 Prozent seit 2015, und was nicht weniger wichtig ist, fast die Hälfte (46 Prozent) erklärt, die Auswirkungen der Erderwärmung am eigenen Leib erfahren zu haben, ein Anstieg um 15 Prozent seit 2015. Darüber hinaus sind sich 48 Prozent der Amerikaner einig, dass »im Augenblick« überall in den Vereinigten Staaten »Menschen durch die Erderwärmung zu Schaden kommen«, ein Anstieg um 16 Prozentpunkte seit 2015. Noch beunruhigender: Die überwältigende Mehrheit der Amerikaner glaubt, dass die Erderwärmung sowohl den Armen der Welt (67 Prozent) als auch Pflanzen- und Tierarten (74 Prozent) sowie künftigen Generationen schadet (75 Prozent).7

Dieser Stimmungswandel resultiert aus einer eskalierenden Zahl verheerender Klimaereignisse während des letzten Jahrzehnts. Was den Klimawandel so beängstigend macht, ist, dass er die für das Leben auf der Erde so kritische Hydrosphäre unseres Planeten in Mitleidenschaft zieht. Die Erde ist ein Wasserplanet. Unsere Biome und Ökosysteme haben sich über Äonen hinweg im Einklang mit dem Wasserkreislauf – Wolken, Niederschlag und Verdunstung – entwickelt. Das hat einen Haken: Mit jeder Erhöhung der Erdtemperatur um 1 Grad aufgrund des weltweit zunehmenden Ausstoßes von Treibhausgasen nimmt die Atmosphäre rund 7 Prozent mehr Wasser auf. Folge davon ist, dass sich mehr Feuchtigkeit in den Wolken konzentriert, was wiederum zu einer Vermehrung zunehmend extremer und unberechenbarer Wasserereignisse führt:8 extreme Wintertemperaturen, Rekordschneefälle, gewaltige Frühjahrshochwasser, ausgedehnte sommerliche Trockenheit, verheerende Brandkatastrophen und tödliche Wirbelstürme der Kategorien 3, 4 und 5 mit zahllosen Toten, immensen Sachschäden und der Zerstörung ganzer Ökosysteme. Unsere Ökosysteme, die sich seit dem Ende der letzten Eiszeit vor 11 700 Jahren im Einklang mit einem relativ berechenbaren Wasserkreislauf entwickelt haben, können einfach nicht mehr mithalten mit der Exponentialkurve, die gegenwärtig den Wasserkreislauf der Erde treibt, und kollabieren in Realzeit.9

Man braucht sich darum auch nicht weiter zu wundern, dass eine Umfrage unter amerikanischen Wählern kurz nach den Halbzeitwahlen 2018 nach ihrer Haltung zum Start eines umfassenden Green New Deal gegen den Klimawandel von einer ähnlichen Größenordnung wie dem New Deal, der Amerika in den 1930er-Jahren aus der Great Depression half, über alle politischen Lager hinweg großen Zuspruch fand.

Dieser Green New Deal sollte »innerhalb der nächsten zehn Jahre 100 Prozent des bundesweit verbrauchten Stroms aus sauberen regenerativen Ressourcen erzeugen, das nationale Stromnetz, die Bausubstanz und die Verkehrsinfrastruktur einem Upgrade unterziehen, die Energieeffizienz erhöhen, in Erforschung und Entwicklung grüner Technologien investieren und schließlich Ausbildungsplätze für Jobs in der neuen grünen Wirtschaft schaffen«. 92 Prozent der Demokraten unterstützten die Idee, darunter 93 Prozent liberale und 90 Prozent gemäßigte bis konservative Parteimitglieder. Aber auch 64 Prozent der Republikaner, darunter 75 Prozent der gemäßigten bis liberalen sowie 57 Prozent der konservativen Fraktion, stellten sich hinter die im Green New Deal umrissenen Ziele. Zudem stellten sich 88 Prozent der Unabhängigen hinter die grüne Politik.10

Die weit verbreitete Unterstützung des Green New Deal unter Demokraten, Republikanern und Unabhängigen lässt einen grundlegenden Wandel in der amerikanischen Politik vermuten, mit weitreichenden Implikationen für die Präsidentschaftswahlen 2020 und darüber hinaus. Der Klimawandel ist nicht länger lediglich ein rein akademisches Thema und politisch nur langfristig von Belang, sondern vielmehr eine beängstigende Realität für Millionen von Amerikanern, die sich des Gefühls nicht erwehren können, dass Amerika wie der Rest der Welt vor einer neuen und besorgniserregenden Zukunft steht, die so ganz anders aussehen wird als alles, was die Menschheit bisher gekannt hat.

Die Amerikaner sind nicht die Einzigen, die es mit der Angst bekommen haben und sich zum Handeln genötigt sehen. Unter der Weltelite der Staatsoberhäupter, CEOs, Fortune-500-Unternehmen und Milliardäre, die sich alljährlich zum Weltwirtschaftsforum im Schweizer Davos zusammenfinden, herrschte im Januar 2019 eine gewisse Aufregung ob der unheilvollen Warnungen seitens der Wissenschaft. Gespräche über die Auswirkungen des Klimawandels auf Wirtschaft, Geschäfts- und internationale Finanzwelt beherrschten die öffentlichen Sitzungen ebenso wie die privaten Gespräche. Eine Umfrage unter den Besuchern ergab, dass Klimaprobleme als vier der fünf Toprisiken eingeschätzt werden, die der Weltwirtschaft den größten Schaden zufügen könnten.11 Gillian Tett von der Financial Times zufolge sei man sich in Davos »bei allen offensichtlichen Befürchtungen, extreme Wetterereignisse könnten zur Normalität werden«, einig darin gewesen, dass »es der Welt an effektiven Mechanismen fehlt, auf diese zu reagieren«.12

Zur selben Zeit, in der sich in Davos das Weltwirtschaftsforum traf, einigte sich eine bis dato beispiellose Gruppe von siebenundzwanzig Nobelpreisträgern, fünfzehn ehemaligen Vorsitzenden des US-Wirtschaftsbeirats, vier ehemaligen Federal-Reserve-Chefs und zwei ehemaligen US-Finanzministern auf einen dringenden Appell an die US-Regierung, eine CO2-Steuer einzuführen; eine solche sei die schnellste und effektivste Möglichkeit, den Kohlenstoffausstoß zu reduzieren und die Wirtschaft zum Übergang zu den neuen grünen Technologien, Energien und Infrastrukturen einer kohlenstofffreien Ära zu bewegen. Larry Summers, ehemaliger Finanzminister und Präsident der Harvard University, sprach für die Gruppe, als er sagte: »[…] der Ernst des Klimaproblems vereint Menschen im Denken und bringt sie dazu, ihre Differenzen beizulegen. Menschen, die kaum in etwas einer Meinung scheinen, sind sich darin einig. Und das ist frappant.«13

Den Unterzeichnern zufolge wäre die vorgeschlagene CO2-Steuer »ein wirkungsvolles Kostensignal, das die unsichtbare Hand des Marktes einspannt, um die wirtschaftlichen Akteure in Richtung einer emissionsarmen Zukunft zu lenken«, und würde außerdem »das Wirtschaftswachstum fördern«. Sie schlugen darüber hinaus vor, die CO2-Steuer »Jahr für Jahr zu erhöhen, bis die zur Emissionsminderung gesetzten Ziele erreicht« seien, sie aber »aufkommensneutral zu halten, um Diskussionen über staatliche Einmischung vorzubeugen«. Ihrer Argumentation zufolge würde eine stetig steigende CO2-Steuer nicht nur die technologische Innovation und die infrastrukturelle Entwicklung in großem Umfang befeuern, sondern auch den Wandel hin zu CO2-armen beziehungsweise -freien Gütern und Dienstleistungen beschleunigen. Ihr Vorschlag enthält einen zusätzlichen Aspekt, der darauf abzielt, »die Fairness und politische Machbarkeit einer kontinuierlich steigenden CO2-Steuer zu maximieren«: Sämtliche Einkünfte aus einer CO2-Steuer sollten »in Form von pauschalen Rückzahlungen direkt an die amerikanischen Bürger zurückfallen«, sodass »die Mehrheit der amerikanischen Familien, auch die sozial besonders schwachen, finanziell profitieren, insofern sie mehr ›CO2-Dividenden‹ erhalten, als sie an erhöhten Energiepreisen zahlen«.14

Nicht nur in Amerika ist der Ruf nach einem Green New Deal laut geworden. Vor über einem Jahrzehnt bereits erfasste eine vergleichbare Bewegung zur Begegnung des Klimawandels die gesamte Europäische Union. Auch hier sprach man von einem Green New Deal,15 der eine wachsende Zahl von Aktivisten beflügelte. Der Begriff hielt sich und hat sich unter den politischen Parteien der EU bis heute als zugkräftiges Schlagwort bewährt. Er spielte auch eine zentrale Rolle bei der Europawahl 2019; bei dieser standen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und damit der Präsident der Europäischen Kommission zur Wahl.

Am 15. März 2019 verließen über eine Million Schüler und Studenten der Generation Z ihre Klassenzimmer und traten im Schulterschluss mit den Millennials in einen beispiellosen eintägigen Streik; im Rahmen von über 2 000 Demonstrationen in 128 Ländern protestierten sie gegen die Tatenlosigkeit ihrer Regierenden angesichts des Klimawandels und forderten den weltweiten Übergang zu einem kohlenstofffreien grünen Zeitalter.

Trotz weitgehender Einigkeit über das gesamte politische Spektrum hinweg, dass es sich bei diesem Übergang zu einer kohlenstofffreien Gesellschaft um eine beängstigende Aufgabe handelt, gibt es durchaus einen Weg, mit dem sich der für das Leben auf der Erde so fatale Anstieg der Erdtemperatur um ein weiteres halbes Grad womöglich verhindern ließe und der uns die Chance einer Neuordnung unserer Beziehung mit unserem Planeten in Aussicht stellt.

Diese Möglichkeit sieht folgendermaßen aus: Sonnen-, Wind- und andere Formen erneuerbarer Energie gehen in rasantem Tempo ans Netz. Laut einer Studie von Lazard, einer der weltgrößten unabhängigen Investmentbanken, vom November 2018 sind in den USA die Gestehungskosten (LCOE) großer Solaranlagen auf 36 US-Dollar pro Megawattstunde und bei Windenergie auf 29 US-Dollar pro Megawattstunde gesunken, was sie »billiger macht als selbst die effizientesten Gas- beziehungsweise Kohlekraftwerke oder Kernreaktoren«. Bei den Gestehungskosten handelt es sich um »eine ökonomische Berechnung der durchschnittlichen Gesamtkosten für Bau und Betrieb einer Stromerzeugungsanlage über die gesamte Standdauer dividiert durch die während dieser Zeit von der Anlage produzierte Gesamtstrommenge«.16 Während der nächsten acht Jahre werden Solar- und Windstrom »bei Weitem billiger« werden als Energie aus fossilen Trägern, was zwangsläufig zu einem Showdown mit dem fossilen Energiesektor führen wird.17

Einem Bericht von Carbon Tracker, einem Londoner Thinktank im Dienste der Energieindustrie, zufolge wird der jähe Preisverfall bei der Erzeugung von Solar- und Windenergie »unweigerlich über den gesamten Unternehmenssektor hinweg zu gestrandeten Anlagewerten in Billionenhöhe führen, was besonders hart jene Ölstaaten treffen wird, die nicht umdisponieren«, wodurch sie »Billionen US-Dollar unkundiger Investoren aufs Spiel setzen, die sich des Tempos der derzeitigen Energiewende nicht bewusst sind«.18 Bei diesen »gestrandeten Anlagewerten« handelt es sich um all die fossilen Energieträger, die aufgrund der sinkenden Nachfrage in der Erde bleiben müssen, sowie um aufgegebene Pipelines, Bohrplattformen, Öllager, petrochemische Anlagen, Schattenkraftwerke, Stromkraftwerke und alle Branchen, die mit der Kultur fossiler Brennstoffe gekoppelt sind.

Hinter den Kulissen ist im Zuge des Umstiegs der vier Hauptverursacher der Erderwärmung – der Sektoren Informations- und Kommunikationstechnologie (ITK)/Telekommunikation, Energie/Elektrizität, Mobilität/Logistik und Immobilien – von der fossilen Energie auf die billigeren neuen grünen Energien ein Ringen von umwälzender Bedeutung entbrannt. Eine Folge davon ist, dass der fossile Energiesektor mit »gestrandeten Anlagewerten in Höhe von 100 Billionen US-Dollar« rechnen muss.19

Die Kohlenstoffblase verspricht die größte ökonomische Blase aller Zeiten zu werden. Studien und Berichte der letzten vierundzwanzig Monate prophezeien die Möglichkeit des Zusammenbruchs der auf fossilen Energieträgern gebauten Industriezivilisation zwischen 2023 und 2035 – und diese Studien kommen aus der globalen Finanzgemeinde und dem Versicherungssektor ebenso wie von Nationalregierungen, weltweiten Handelsorganisationen und führenden Consulting-Firmen in den Sektoren Immobilien, Energie und Verkehr. Als Grund dafür nennen sie die Absage der Schlüsselsektoren an die fossilen Energien und ihre zunehmende Hinwendung zu erneuerbaren Energien wie Solar- und Windkraft und den sie begleitenden kohlenstofffreien Technologien.20 Die USA, gegenwärtig der größte Ölproduzent der Welt, geraten damit unweigerlich zwischen die Mühlen sinkender Preise für nachhaltige Energien, Peak Oil sowie der negativen Auswirkungen aus der Häufung gestrandeter Anlagewerte in der Ölindustrie.21

Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass es sich bei diesem Umbruch weitgehend um eine Äußerung des Marktes handelt. Die Politik wird dem Markt folgen oder die Konsequenzen tragen müssen. Staaten, die beim Scale-up einer neuen, kohlenstofffreien dritten industriellen Revolution führend sind, werden auch führend bleiben. Staaten, die sich den Kräften des Marktes verweigern und stattdessen weiter auf die kollabierende Kultur fossiler Brennstoffe des 20. Jahrhunderts setzen, werden scheitern.

Es überrascht also nicht, dass eine weltweite Bewegung, Geld aus der Ölindustrie abzuziehen und in erneuerbare Energien zu investieren, rasch an Fahrt und Schlagkraft gewinnt. Die große Unbekannte dabei sind vermutlich die 40 Billionen US-Dollar weltweit investierter Pensionsgelder, davon 25,4 Billionen in den Händen der amerikanischen Arbeitnehmer.22 Anfang 2018 bildeten Pensionsfonds den größten Kapitalpool weltweit. Sollten sie weiterhin in die fossile Energieindustrie investieren, wären die finanziellen Verluste für Millionen von Arbeitnehmern rund um die Welt nach dem Platzen der Kohlendioxidblase verheerend.

In der Finanzgemeinde hat eine intensive Diskussion darüber eingesetzt, ob man auf Kurs bleiben und wie bisher Billionen in den fossilen Energiesektor investieren oder ob man den Kurs aufgeben sollte, um in die neuen grünen Energien, die neuen Unternehmungen und die neuen Arbeitsplätze zu investieren, die der Auf- und Ausbau der neuen grünen Infrastruktur in Amerika und rund um die Welt bringen würde. Unter Führung der Pensionskassen haben weltweit zahlreiche institutionelle Investoren mit dem Ausstieg aus den fossilen Energien begonnen, um in nachhaltige Energien zu investieren, eine Entscheidung, die sich zur bislang größten Devestitions-/Reinvestitionsbewegung in der Geschichte des Kapitalismus zu entwickeln beginnt. Über 1 000 institutionelle Anleger aus 37 Nationen, darunter Gewerkschaften und einige der größten Städte der Welt, sind fest entschlossen, Mittel in Höhe von bis dato 8 Billionen US-Dollar aus dem fossilen Energiesektor abzuziehen und in grüne Energien, saubere Technologien und Geschäftsmodelle der dritten industriellen Revolution zu investieren.23

Die gleichzeitige Herausbildung der Kohlenstoffblase und deren Folgen in Form gestrandeter Anlagewerte und einer Volksbewegung für einen globalen Green New Deal eröffnet die Möglichkeit eines umfassenden infrastrukturellen Wandels hin zu einer nahezu kohlenstofffreien ökologischen Ära im Verlauf der nächsten zwanzig Jahre.

So rasch der Ruf nach einem Green New Deal an Kraft gewinnt, seinen Befürwortern wird zunehmend klar, dass bislang noch kein klarer Weg zu einer »industriellen Revolution« zu erkennen ist, die dieser Aufgabe gewachsen wäre. Entsprechend möchte das vorliegende Buch die Erfahrungen vermitteln, die ich während der letzten beiden Jahrzehnte in der Europäischen Union und jüngst auch in der Volksrepublik China dabei gemacht habe, den dortigen Regierenden bei ihren Vorbereitungen für eine kohlenstofffreie dritte industrielle Revolution zur Seite zu stehen. Ich tue dies in der hoffnungsvollen Erwartung, der Graswurzelbewegung für einen Green New Deal, die sich heute unter anderem in Amerika auszubreiten beginnt, bei der Entwicklung ihrer grünen, kohlenstofffreien Infrastrukturen der dritten industriellen Revolution helfen zu können, nicht nur, um dem Klimawandel zu begegnen, sondern auch, um eine gerechtere und humanere Wirtschaft und Gesellschaft zu schaffen.

Und um etwas persönlicher zu werden: Zu gern würde ich all jene ansprechen, die skeptisch sind hinsichtlich eines Green New Deal und der Wahrscheinlichkeit einer Wende dieser Größenordnung in der kurzen Zeitspanne von zwanzig Jahren. Die Weltunternehmen und Industrien, mit denen ich zusammenarbeite – Telekommunikationskonzerne, Stromversorger, Verkehrs- und Logistikunternehmen, Bau- und Immobiliensektor, fortgeschrittene Fertigungstechnologie, Smart-Farming, Biowissenschaften und die Finanzwelt – wissen, dass es zu schaffen ist. In den verschiedensten Regionen der ganzen Welt sind wir bereits dabei.

Und den gewählten Volksvertretern in den Vereinigten Staaten, die behaupten, ein Green New Deal sei nicht machbar, möchte ich sagen, dass sowohl die Europäische Union als auch die Volksrepublik China weiß, dass ein Umstieg dieser Größenordnung in einer Generation durchaus zu schaffen ist. Beide arbeiten sie in Echtzeit daran. In den Vereinigten Staaten sind wir spät dran und damit im Verzug. Es ist höchste Zeit, die Scheuklappen abzunehmen und der Welt zu zeigen, was wir können, wenn wir uns auf eine neue Vision konzentrieren – diesmal auf einen Green New Deal für Amerika, die Menschheit, unsere Mitgeschöpfe und unseren gemeinsamen Planeten. Ich hoffe, dass die Vereinigten Staaten sich der EU und China anschließen werden, um die Welt in eine kohlenstofffreie ökologische Ära zu führen.

Heute betritt eine neue Generation die nationalen und internationalen Bühnen, um eine Aufgabe anzugehen, die in der Menschheitsgeschichte ihresgleichen nicht hat. Aller Voraussicht nach verfügt der Green New Deal über den nötigen langen Atem und wird weiter an Rückhalt unter der Bevölkerung gewinnen, vor allem bei der Generation unter 40, der Kohorte der »Digital Natives«, die dem Gemeinwesen in den kommenden Jahrzehnten ihren Stempel aufdrücken wollen.

TEIL I

DER GROSSE BRUCH: DIE ENTKOPPLUNGSSTAMPEDE UND GESTRANDETE ANLAGEWERTE

Kapitel 1It’s the infrastructure, stupid!

Die Welt braucht eine ökonomische Vision auf der Basis eines Green New Deal. Diese muss zwingend sowohl in großen Städten durchführbar sein wie auch in kleinen und auf dem flachen Land. Zudem muss sie so rasch wie möglich bereitgestellt und aufskaliert werden, wollen wir die Deadline von zwanzig Jahren zur Entkarbonisierung der Weltwirtschaft einhalten und diese mit grünem Strom und den damit einhergehenden nachhaltigen Dienstleistungen neu beleben. Wir sollten also einen Schritt zurücktreten und uns die Frage stellen: Wie kommen die großen Paradigmenwechsel der Wirtschaftsgeschichte zustande? In dem Augenblick, in dem wir dies wissen, können Staaten rund um die Welt ihre individuellen Pläne zur Realisierung eines Green New Deal erstellen.

Das Paradigma der dritten industriellen Revolution

Die wesentlichen ökonomischen Umwälzungen der Geschichte haben einen gemeinsamen Nenner. Alle erfordern sie drei Elemente, die im wechselseitigen Miteinander das Funktionieren des Systems als Ganzes ermöglichen: ein Kommunikationsmedium, eine Energiequelle und einen Transportmechanismus. Ohne Kommunikation lassen sich weder unsere wirtschaftlichen Aktivitäten noch unser soziales Miteinander koordinieren. Ohne Energie fehlt uns die Kraft sowohl für den Betrieb unserer wirtschaftlichen Aktivitäten als auch unseres sozialen Miteinanders. Ohne Transport und Logistik bewegen wir weder unsere wirtschaftlichen Aktivitäten noch unser soziales Miteinander. Zusammengenommen ergeben diese drei Systeme eine gesellschaftsweite Infrastruktur beziehungsweise das, was Volkswirtschaftler als technologische All- oder Mehrzweckplattform bezeichnen. Neue Kommunikations-, Energie- und Mobilitätsinfrastrukturen verändern darüber hinaus die Raum-Zeit-Orientierung einer Gesellschaft ebenso wie Regierungsmuster, Geschäftsmodelle, bebaute Umwelt, Lebensraum und narrative Identität.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich aus der Wechselwirkung von dampfbetriebenem Druckwesen, Telegrafie, üppigen Kohlevorräten und Lokomotiven auf landesweiten Eisenbahnnetzen eine gemeinsame technologische Allzweckplattform für Verwaltung, Energieversorgung und Fortbewegung der Gesellschaft der ersten industriellen Revolution. Im 20. Jahrhundert schuf das Aufeinandertreffen von zentralisierter Stromversorgung, Telefon, Rundfunk und Fernsehen sowie billigem Erdöl und Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor auf einem landesweiten Straßennetz die Infrastruktur für die zweite industrielle Revolution.

Heute befinden wir uns inmitten einer dritten industriellen Revolution. Das Kommunikationsinternet verschmilzt mit einem Internet für erneuerbare Energie und einem Mobilitäts- und Logistikinternet autonomer, mit grüner Energie betriebener Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeuge. Betrieben wird das Ganze auf der Plattform eines Internets der Dinge (IdD), das – in den geschäftlichen, gewerblichen und privaten Baubestand eingebettet – sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts von Grund auf verändern wird.

Sensoren in jedem Gerät, jedem Instrument, jeder Vorrichtung, jeder Maschine verbinden dann jedes »Ding« mit jedem Menschen in einem digitalen neuronalen Netz, das sich über die gesamte Weltwirtschaft erstreckt. Bereits heute sind Ressourcenflüsse, Verkehrs- und Stromnetze, Fertigungsstraßen, Büros, Lagerhäuser, Wohngebäude, Ladengeschäfte und Fahrzeuge mit Milliarden Sensoren versehen, die unablässig deren Status und Leistung überwachen und diese in Form von Big Data an das sich herausbildende universale grüne Kommunikations-, Energie-, Mobilitäts- und Logistikinternet liefert. Bis 2030 könnten bis zu 100 Billionen Sensoren die menschliche und natürliche Umgebung in einem weltweiten verteilten intelligenten Netz miteinander verbinden.1

Alles und jeden über das Internet der Dinge miteinander zu verbinden bietet enorme ökonomische Vorteile. In einer solchen erweiterten digitalen Wirtschaft werden alle – Einzelpersonen, Familien und Unternehmen – sich von zu Hause wie vom Arbeitsplatz aus mit dem Internet der Dinge verbinden und auf die Big-Data-Ströme des gesamten World Wide Web zugreifen können, was ihre Versorgungsketten, ihre Produktion und Dienstleistungen ebenso beeinflussen wird wie jeden Aspekt ihres sozialen Miteinanders. Sie können diese Big Data dann je nach Bedarf analysieren und damit eigene Algorithmen und Apps produzieren. So können sie im Verbund mit allen anderen ihre Effizienz und Produktivität steigern, ihre Kohlendioxidbilanz reduzieren und ihre Grenzkosten bei Produktion, Distribution und Konsum von Gütern und Dienstleistungen ebenso senken wie beim Abfallrecycling.2 Dies macht in einer sich herausbildenden kohlenstofffreien Weltwirtschaft nicht nur ihre Geschäfte, sondern auch ihren Wohnraum grüner und effizienter.

Die Grenzkosten einiger Güter und Dienstleistungen in dieser grünen digitalen Ökonomie werden sich gar dem Null-Bereich nähern, was zwangsläufig zu einer fundamentalen Veränderung im kapitalistischen System führen muss. Die Wirtschaftstheorie lehrt uns, dass das Marktoptimum dort liegt, wo Unternehmen zu Grenzkosten verkaufen. Unternehmen sehen sich zur Einführung neuer rationeller Technologien und Arbeitsweisen aufgefordert, die die Grenzkosten für die Produktion und Distribution ihrer Güter und Dienstleistungen zu reduzieren vermögen, was es ihnen ermöglicht, diese billiger zu verkaufen, Marktanteile dazuzugewinnen und ihren Investoren genügend Rendite zu erwirtschaften.

Freilich war es Ökonomen nie in den Sinn gekommen, dass es eines Tages eine universelle Technologieplattform geben könnte, die bei Produktion und Auslieferung von Gütern und Dienstleistungen so hypereffizient ist, dass sie die Grenzkosten wirtschaftlicher Aktivität auf ein Niveau senkt, bei dem die Gewinnspannen derart drastisch zurückgehen, dass es das ganze kapitalistische Modell an sich untergräbt. Bei extrem niedrigen Grenzkosten werden die Märkte zu träge und als Geschäftsmechanismen zunehmend irrelevant. Genau das bewirkt die grüne digitale dritte industrielle Revolution.

Märkte sind Start-Stopp-Mechanismen transaktionaler Art: Verkäufer und Käufer kommen zu einem bestimmten Zeitpunkt zusammen, vereinbaren einen Preis für ihre Transaktion, das Wirtschaftsgut wird ausgeliefert, die Dienstleistung erbracht, und die beiden Parteien gehen ihres Wegs. Die Zeit zwischen solchen Transaktionen ist verlorene Zeit, die auf Fixkosten und andere betriebliche Aufwendungen anzurechnen ist; der Verkäufer hängt in der Luft. Mit einzuberechnen sind über die Produktionskosten hinaus auch die Zeit und die Aufwendungen dafür, Verkäufer und Käufer ein weiteres Mal zusammenzubringen – etwa die Kosten für Werbung, Lagerhaltung, Auszeiten über die gesamte Logistik- und Versorgungskette hinweg und andere Gemeinkosten, die dennoch zu leisten sind. Dieses Phänomen, dieses Gegeneinander-Ausspielen von sinkenden Grenzkosten beziehungsweise Profiten und der trägen Abfolge einzelner Transaktionen zwischen Verkäufern und Käufern macht die traditionellen Märkte in einer digital unterstützten Hochgeschwindigkeitsinfrastruktur so gut wie überflüssig. In der dritten industriellen Revolution weicht die »Transaktion« von Gütern dem ständigen »Fluss« von Dienstleistungen rund um die Uhr.

In der neuen Wirtschaftsordnung, die sich da herausbildet, weicht der Besitz dem Zugang (Access);3 Verkäufer und Käufer auf den Märkten sehen sich, wenigstens zum Teil, durch vernetzte Provider und User ersetzt. In Provider-User-Netzwerken werden Industrien und Sektoren spezialisierten Kompetenzen weichen, die sich auf Plattformen zusammenfinden, um den unablässigen Fluss von Gütern und Dienstleistungen in smarten Netzwerken zu verwalten. Ein ununterbrochener Traffic über das gesamte System hinweg wird selbst bei geringen Spannen genügend Profit garantieren.

Die Gewinnspannen für einige Güter und Dienstleistungen freilich werden so weit gegen null sinken, dass Profite selbst in kapitalistischen Netzwerken nicht mehr realisierbar sein werden, da die produzierten und verteilten Güter und Dienstleistungen dann so gut wie kostenlos sind. Diese Entwicklung ist bereits im Gange – was zur Entstehung eines neuen Phänomens führt, der Sharing Economy beziehungsweise dem Ko-Konsum – Kurzform für kollaborativer Konsum. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt rund um die Uhr produzieren und teilen Hunderte von Millionen ihre Musik, YouTube-Videos, private Erlebnisse und Forschungsergebnisse. Manche »besuchen« bereits heute im Rahmen von Massive Open Online Courses (MOOCs) kostenlos Vorlesungen von Professoren der weltbesten Universitäten, die in vielen Fällen offiziell auf ein Studium angerechnet werden. Alles, was dazu nötig ist, sind ein Smartphone, ein Service-Provider und eine Steckdose für den nötigen Strom.

Immer mehr Menschen rund um den Globus produzieren, auch das zu nahezu null Grenzkosten und unabhängig vom Netz oder zur Einspeisung ins Netz, ihren eigenen Solar- oder Windstrom. Sonne und Wind haben bislang noch keine Rechnung geschickt. Eine wachsende Zahl von Millennials teilt Zuhause, Fahrzeuge, Kleidung, Werkzeuge, Sportausrüstung und eine ganze Reihe anderer Güter und Dienstleistungen miteinander. Einige dieser Sharing-Netzwerke wie etwa Uber sind kapitalistische Provider/User-Netzwerke, bei denen die Grenzkosten der Zusammenführung von Providern und Usern bei nahezu null liegen, die Provider jedoch für den vorübergehenden Zugang zu diesen Diensten kassieren. Bei anderen Sharing-Netzwerken handelt es sich um gemeinnützige oder genossenschaftliche Organisationen, bei denen Mitglieder miteinander vorbehaltlos Wissen, Güter und Dienstleistungen miteinander teilen. Millionen von Individuen rekonstruieren das Wissen der Welt und teilen es auf Wikipedia, einer gemeinnützigen Website, heute die fünftmeistbesuchte Website der Welt, und das alles umsonst.4

Die gemeinsame Nutzung eines breiten Spektrums virtueller und physischer Güter ist der Eckpfeiler einer sich herausbildenden Kreislaufwirtschaft, die es dem Menschen erlaubt, nicht mehr so viele Ressourcen zu verbrauchen, indem er an andere weitergibt, was er selbst nicht mehr braucht, was den CO2-Ausstoß drastisch reduziert. Dieser Ko-Konsum (Sharing Economy) ist ein wesentliches Merkmal der Ära des Green New Deal.

Der Ko-Konsum steckt noch in den Kinderschuhen und wird sich in viele Richtungen entwickeln. Eines jedoch lässt sich schon jetzt mit Sicherheit sagen: Ermöglicht wird dieses neue ökonomische Phänomen durch die digitale Kommunikations-, Energie- und Mobilitätsinfrastruktur, die bereits heute das Wirtschaftsleben zu verändern beginnt. So gesehen ist der Ko-Konsum das erste neue Wirtschaftssystem auf der ökonomischen Weltbühne seit dem Auftritt von Kapitalismus und Sozialismus im 18. und 19. Jahrhundert.

Längst hat sich rund um den Globus eine Generation von unter vierzigjährigen Digital Natives in diesem hybriden Wirtschaftssystem eingerichtet. Einen Teil ihres Tages über benutzen sie nahezu kostenlos alle möglichen Güter und Dienstleistungen gemeinsam mit anderen in quelloffenen Commons, ein Austausch, der im Sozialprodukt oder anderen traditionellen Formen volkswirtschaftlicher Bilanzierung größtenteils nicht zu Buche schlägt. Den Rest des Tages leben sie in zunehmend inniger Verflechtung mit kapitalistischen Provider-User-Netzwerken, nutzen mit anderen Worten Güter und Dienstleistungen, für die sie bezahlen. Dieses hybride Wirtschaftssystem ist das Spielfeld, auf dem sich in den kommenden Jahren ein Green New Deal herausbilden wird.

Der Ausbau der smarten Infrastruktur für den Green New Deal umfasst alle nur erdenklichen Kompetenzen: Informations- und Kommunikationstechnologie, als da sind Telekommunikation, Kabelnetzbetreiber und Internetunternehmen, darüber hinaus aber auch die Sektoren Elektronikindustrie, Energie- und Stromversorgung, Bau und Immobilien, Transport und Logistik, Fertigung, Einzelhandel, Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie, Lebenswissenschaften; nicht zu vergessen die Reise- und Tourismusbranche. Diese neue, nachhaltige smarte Infrastruktur ermöglicht wiederum die neuen Geschäftsmodelle sowie neue Formen von Massenbeschäftigung, die den Umstieg auf eine grüne Wirtschaft charakterisieren.

Der Übergang von einer zweiten zu einer dritten industriellen Revolution ist ein gewaltiger Schritt – vergleichbar mit dem Wechsel von der agrarischen Lebensweise zur Industriegesellschaft – und bedarf der kollektiven Talente, Fertigkeiten und Bemühungen gleich zweier Generationen. Um ihn zu bewerkstelligen, benötigen wir Ausbildung und Einsatz von Millionen von Menschen, was für viele den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben bedeuten wird.

Damit dies erreicht werden kann, muss die gesamte gestrandete Infrastruktur der fossilen und nuklearen Energie außer Dienst gestellt und abgebaut werden – Pipelines, Kraftwerke, Lagereinrichtungen und so weiter und so fort. Roboter und künstliche Intelligenz werden das nicht erledigen. Es bedarf dazu einer weit beweglicheren Arbeiterschaft aus Angelernten, Fachkräften und Akademikern.

Das Kommunikationsnetzwerk ist auf den neuesten Stand zu bringen; dazu gehört anderem ein universeller Breitbandstandard. Es wird Arbeitskraft nötig sein, um diese Kabel zu verlegen; diese Netze müssen mit anderen Worten von Menschen aufgebaut werden.

Zur Einbindung von Solar-, Wind- und anderen erneuerbaren Energien ist die energetische Infrastruktur umzustellen. Weder Roboter noch künstliche Intelligenz werden Solarpaneele installieren und Windturbinen zusammenbauen. Das alte, »einfältige« zentralisierte Elektrizitätsnetz muss zu einem smarten und verteilten digitalen Internet für erneuerbare Energien umkonfiguriert werden, um den Fluss erneuerbarer Elektrizität aus zahllosen grünen Mikrokraftwerken aufzunehmen. Auch das ist nur von Angelernten und Fachkräften zu bewerkstelligen.

Das antiquierte landesweite Stromnetz des 20. Jahrhunderts wird durch ein smartes Hochspannungsnetz des 21. Jahrhunderts ersetzt werden müssen. Das wird die nächsten zwanzig Jahre über ein Heer von Arbeitern mobilisieren.

Der Transport- und Logistiksektor muss digitalisiert und in ein GPS-gesteuertes autonomes Mobilitätsinternet aus smarten Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeugen umgewandelt werden, die, von erneuerbaren Energien betrieben, auf intelligenten Straßen-, Schienen- und Wassernetzen unterwegs sind. Auch für diese Aufgabe braucht es ausgebildete Arbeitskräfte, im Lowtech- wie im Hightech-Bereich. Der Umstieg auf ein strom- und brennstoffzellenbetriebenes Transportwesen bedarf Millionen und Abermillionen von Ladestationen und Wasserstofftankstellen. Außerdem sind mit Sensoren ausgestattete smarte Straßen notwendig, die Echtzeitinformationen über Verkehrsfluss und Frachtbewegungen liefern. Auch hier entstehen Arbeitsplätze.

Gebäude sind nachzurüsten, um ihre energetische Effizienz zu erhöhen, und darüber hinaus mit Anlagen zur Ausbeutung erneuerbarer Energien zu bestücken, um sie zu Mikrokraftwerken umzubauen. Facharbeiter werden Dämmmaterial, neue Fenster und Türen installieren müssen. Zur Gewährleistung der Versorgung mit intermittierender erneuerbarer Energie müssen in jede Schicht dieser Infrastruktur Speichertechnologien eingebaut werden. Auch hierbei fällt reichlich Arbeit an.

Die digitale Wirtschaft bringt freilich auch Risiken und Herausforderungen, deren größte womöglich die Garantie der Netzneutralität ist, um den gleichberechtigten Zugang aller zu den Netzen zu gewährleisten; ebenfalls ganz obenan stehen der Schutz der Privatsphäre, Datensicherheit und Abwehr von Cyberterrorismus und -kriminalität. Wie verhindern wir, dass Nationalstaaten die sozialen Medien anderer Länder hacken und gezielt Fehlinformationen verbreiten, um Einfluss auf deren Wahlen zu nehmen? Wie wehren wir uns dagegen, dass riesige Internetunternehmen zu Monopolen werden und unsere persönlichen Online-Daten zum Verkauf an Dritte kommodifizieren?

Die dunkle Seite des Internets bedarf der regulatorischen Aufsicht auf lokaler wie auf staatlicher Ebene. Ferner müssen in das System Redundanzen eingebaut werden, um sicherzustellen, dass sich zur Absorption der Schocks etwaiger infrastruktureller Störungen des Internets der Dinge diesen auf der Stelle mit Desaggregation, Dezentralisierung und Reorganisation auf regionaler und Nachbarschaftsebene begegnen lässt.

Der Übergang zu einer voll digitalisierten Wirtschaft und zur dritten industriellen Revolution resultiert in einem sprunghaften Anstieg der Gesamtenergieeffizienz, der weit hinausgehen wird über die Zugewinne der zweiten industriellen Revolution im 20. Jahrhundert. Während des Zeitraums 1900 bis 1980 stieg in den Vereinigten Staaten die Gesamtenergieeffizienz – das Verhältnis von potenzieller und nützlicher physikalischer Arbeit, die aus Energie und Materialien zu gewinnen ist – parallel zur Entwicklung der landesweiten Infrastruktur allmählich von 2,48 Prozent auf 12,3 Prozent. Die Gesamtenergieeffizienz begann Ende der 1990er Jahre bei etwa 13 Prozent abzuflachen und erreichte dann 2010, mit der Vollendung der Infrastruktur der zweiten industriellen Revolution, einen Spitzenwert von 14 Prozent. Trotz eines erheblichen Anstiegs der Gesamtenergieeffizienz, der den USA zu beispielloser Produktivität und Wachstum verhalf, gingen 86 Prozent aller während der zweiten industriellen Revolution verbrauchten Energie bei der Übertragung verloren.5 Bei der Industrialisierung anderer Nationen sieht die Entwicklung der energetischen Gesamteffizienz ähnlich aus.

Selbst ein Upgrade der kohlenstoffbasierten Infrastruktur der zweiten industriellen Revolution hätte kaum eine messbare Wirkung auf Gesamtenergieeffizienz und Produktivität. Die fossilen Energien sind nun einmal voll ausgereift. Und die Produktivität der dafür entwickelten Technologien, wie etwa der Verbrennungsmotor und das zentralisierte Stromnetz, ist ausgereizt, ihr Entwicklungspotenzial praktisch erschöpft.

Neueste Studien jedoch zeigen, dass bei einem Umstieg auf die IdD-Plattform im Verein mit einer dritten industriellen Revolution während der nächsten zwanzig Jahre eine Steigerung der energetischen Gesamteffizienz auf bis zu 60 Prozent denkbar wäre – mit anderen Worten eine drastische Produktivitätssteigerung auf dem Weg zu einer fast 100 Prozent kohlenstofffreien, mit erneuerbaren Energien betriebenen Gesellschaft und einer hochrobusten Kreislaufwirtschaft.6

Ich komme regelmäßig mit Staatsoberhäuptern, Gouverneuren und Bürgermeistern rund um die Welt zusammen. Bei unseren Diskussionen beschreibe ich die Wende auf Basis einer smarten grünen Infrastruktur hin zur kohlenstofffreien Wirtschaft der dritten industriellen Revolution, dem Herzstück des Green New Deal. Dann frage ich meine Gesprächspartner, ob sie einen besseren Plan zur Entschärfung des Klimawandels und zur Schaffung der neuen Wirtschaftszweige und Beschäftigungsmöglichkeiten haben, die damit einhergehen. Die Antwort darauf ist nicht selten betretenes Schweigen, schließlich besteht die einzige Alternative darin, in der sterbenden Wirtschaft einer kohlenstoffbasierten zweiten industriellen Revolution gefangen zu bleiben, deren Gesamtenergieeffizienz und Produktivität ihren Höhepunkt vor Jahrzehnten erreicht haben und die heute die Welt in das sechste Massensterben führt. Was, so frage ich, hält uns noch auf?

Aus Flickwerk ein großes Ganzes erschaffen

Im Konvent der Bürgermeister für Klima und Energie (Covenant of Mayors for Climate & Energy) haben sich weltweit über 9 000 Städte und Kommunalregierungen zum Aufbau nachhaltiger Kommunen und zum Kampf gegen den Klimawandel zusammengefunden.7 Diese Städte können sich damit rühmen, für unzählige markante grüne Pilotprojekte wie Solar- und Windanlagen, Elektrofahrzeuge und Brennstoffzellenbusse gesorgt zu haben. Letztlich werden sie jedoch dabei in der Regel Opfer des »Silo-Effekts« – sie kommen mit anderen Worten selten über isolierte Initiativen hinaus.

Was fehlt, ist die grüne Infrastruktur der dritten industriellen Revolution, das »Nervensystem«, das all diese isolierten Projekte verbindet. Eine Infrastruktur ist, auf der elementarsten Ebene, eben nicht nur eine zufällige Begleiterscheinung von Geschäftsleben und gesellschaftlichem Miteinander, wie man gemeinhin gern glaubt. Eine neue Infrastruktur wird vielmehr immer der unerlässliche »Fortsatz« eines neuen politischen Körpers sein.

Infrastruktur ist, auf einer ganz elementaren Ebene, ein techno-soziales Band, das neue Kommunikationstechnologien, neue Energiequellen, neue Formen von Mobilität und Logistik sowie neue bauliche Umwelten zusammenbringt; sie ermöglicht Gemeinschaften eine effizientere Verwaltung, Energieversorgung und Bewegung ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten, ihres gesellschaftlichen Miteinanders und ihrer Governance. Kommunikationstechnologie ist das Gehirn zu Beaufsichtigung, Koordination und Verwaltung des ökono