Der hellste Stern am Firmament - Betina Alexandra Lavender - E-Book

Der hellste Stern am Firmament E-Book

Betina Alexandra Lavender

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Beschreibung

In diesem Folgeroman von "Oma Hedi und Onkel Fredi" hat die junge Anna neben ihren zwei Buchläden in Berlin und einem gerade schulpflichtig werdenden Sohn weiterhin Auge und Herz bei der nicht gerade unkomplizierten Verwandtschaft. Dass ausgerechnet ihr geliebter Martin immer wieder überraschend abweisend reagiert und auch einige Verwandte zunehmend gebrechlicher werden, stellt Anna vor neue Herausforderungen. Ob das bisherige Standardrezept bei größeren und kleineren Krisen der Familie – klare oder raue Worte, rauschendes Beisammensein, gutes Essen und dann und wann ein kleiner Wodka – nur die Oberfläche glättet oder auch geeignet ist, große Schicksalsschläge zu bewältigen, muss sich erst erweisen. Gelungene Fortsetzung des skurrilen, tiefgründigen und liebevollen Familienporträts.  

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EPUB
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Seitenzahl: 367

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2025 novum publishing gmbh

Rathausgasse 73, A-7311 Neckenmarkt

[email protected]

ISBN Printausgabe: 978-3-7116-0675-4

ISBN e-book: 978-3-7116-0676-1

Lektorat: Falk-M. Elbers

Umschlagfoto: Vladimir Nikulin | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Widmung

Noch bist du da

Wirf deine Angst

in die Luft

Bald

ist deine Zeit um

Bald

wächst der Himmel

unter dem Gras

fallen deine Träume

ins Nirgends

Noch

duftet die Nelke

singt die Drossel

noch darfst du lieben

Worte verschenken

noch bist du da

Sei was du bist

Gib was du hast

Rose Ausländer

Für Thomas.

1

Die Einschulung

„Mami, wann gehen wir denn endlich? Nicht, dass wir zu spät kommen.“ Jakob rannte durch die Wohnung am Kollwitzplatz und bremste kurz vor Anna scharf ab. „Mein Schatz, wir haben noch mehr als eine Stunde Zeit. Schau mal, selbst Uroma Hedi ist noch nicht da und sie kommt immer viel zu früh. Warum setzt du dich nicht ans Fenster und schaust, wann alle kommen? Dann sagst du mir Bescheid und wir können losgehen.“ „Das mache ich, Mami. Komm, Sartre, du kannst mit mir am Fenster sitzen.“

Es war Ende Juli im Jahre 1998 in Berlin und Jakob wurde eingeschult. Seit Monaten hatte kein Thema so sehr sein Interesse erregt wie dieses, er fieberte dem Tag entgegen. „Endlich lerne ich richtig lesen und schreiben. Dann kann ich die Michel-Bücher selbst lesen und Karlsson vom Dach auch. Und den kleinen Wassermann.“ Jakob liebte die Geschichten, die Anna ihm abendlich vorlas und er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, insbesondere Martin und Onkel Gerd regelmäßig eine Zusammenfassung der letzten Kapitel zu liefern.

„Da sind sie, Mami, sie kommen, und oh, sie haben alle Schultüten dabei.“ Jakob schrie vor Begeisterung und Anna kam zu ihm ans Fenster. Belustigt sah sie die kleine Prozession, die wacker über den Platz trottete:

Oma Hedi und Onkel Fredi schritten voran, er hielt eine riesige knallrote Schultüte in den Händen. Die Oma hatte einige weiße Strähnen mehr in ihrer Haaresfülle, doch ansonsten schien sie keinen Tag gealtert, ihr Gesicht war voller Zähne.

Martin folgte mit der kugelrunden Hanne und dem ebenso runden Gerd und dann sah sie ihren Papa, der Oma Lotte stützte. Seit ihrem Unfall konnte sie nur noch kurze Strecken gehen, doch das trübte ihre gute Stimmung nicht.

Anna seufzte. Ich hatte doch gebeten, dass es nur eine Schultüte gibt und nun hat jeder eine mitgebracht. Sie verwöhnen Jakob viel zu sehr.

Dieser indes war schon herunter zur Tür gerannt und rief nach Anna: „Jetzt komm doch, Mami, alle warten.“

Als Anna die Tür geöffnet hatte, gab es kein Halten mehr. „Jakobchen, mein Jungchen, du bist so groß geworden. Schau mal, Onkel Fredi hat deine Schultiete.“ „Jakob, komm zu mir, lass dich hochheben.“ Martin warf ihn in die Luft. „Komm auch mal zu deinem Opi und der alten Lotte, wir haben dir auch etwas mitgebracht.“ Alle riefen begeistert durcheinander und strahlten um die Wette. Gerd schmetterte: „So ein Tag, so wunderschön wie heute, so ein Tag, der sollte nie vergeh’n.“

„Schön, dass ihr hier seid, wir freuen uns sehr, aber ihr hättet doch nicht so viele Schultüten mitbringen sollen, das ist viel zu viel.“ „Ach Kind, gönn uns die Freude. So eine Schultiete ist ja was ganz Besonderes und nun hat Jakob finf. Eine ist ja langweilig, Jakobchen, aber du hast immerhin finf davon! Da kannst du dich finfmal mehr freuen.“ Anna grinste über Omas Logik. „Aber jetzt bringen wir alles ins Haus und gehen los. Jakob, welche Tüte möchtest du mitnehmen?“ Dieser dachte kurz nach und zwitscherte: „Die von Onkel Martin, weil ich glaube, da ist Lego drin und außerdem sieht sie aus wie ein Krokodil. Das ist echt cool.“

Sie lachten und machten sich auf den kurzen Weg zur Grundschule, hier würde Jakob jeden Morgen zu Fuß hingehen können.

Anna hängte sich bei Martin ein. „Wie geht es dir? Bist du auch so aufgeregt wie ich?“ Sie registrierte Schweißtropfen auf seiner Stirn, doch er lächelte sie an. „Ich bin genauso aufgeregt wie du, liebste Anna. Heute ist ein großer Tag.“ Und er küsste sie leicht auf die Wange. „Hast du das gesehen, Hedi?“ Lotte fasste Hedis Arm. „Natierlich, aber wenn er in dem Tempo weitermacht, werden wir beiden alten Weiber das nicht mehr erleben“, kam es missmutig zurück. „Erichen, wollten deine Schwestern nicht auch kommen?“ „Ja, aber erst zum Kaffeeklatsch, Fredi. Sigrid muss arbeiten und Lore ist noch bei Mamachen.“

Es war vereinbart, nach der Einschulung in die Restauration 100 zu gehen, mit der selbst Hedi sich versöhnt hatte („Das Kuheuter ist iebrigens gar nicht iebel, ich wierde sagen, es ist gut.“), und am Nachmittag Kaffee und Kuchen bei Anna einzunehmen – das Café Demmer würde die Lieferung übernehmen und viele Freunde, Nachbarn und Bekannte hatten sich angekündigt.

Jakob ging inzwischen neben Martin und hielt seine Hand ganz fest. „Weißt du noch, wie dein erster Schultag war, Onkel Martin? Hattest du Angst? Also, ich habe ein bisschen Angst, aber das kann ich Mami nicht sagen.“

Martin sah ihn aufmerksam an. „Tatsächlich konnte ich die Nacht vorher gar nicht schlafen, weil ich mir so viele Sorgen gemacht habe: Ich wusste nicht, wie die Lehrerin sein würde und ob mich meine Mitschüler mögen würden. Ich hatte ein wenig Sorge, weil ich dachte, die Schule wäre doch recht groß und ich könne mich verlaufen …“ Eifrig nickte Jakob. „Das ist genau wie bei mir, Onkel Martin. Was hast du dann gemacht?“ „Ich hatte damals eine ganz tolle Klassenlehrerin, ich werde sie nie vergessen. Gleich in der ersten Woche gab sie mir einen Rat, den ich seither beherzigt habe. Sie sagte: ‚Wenn du vor irgendjemand Angst hast, sei es dein Mitschüler, ein Lehrer oder gar der Direktor, stelle sie dir einfach vor, wie sie auf der Toilette sitzen, die Hose hängt ihnen in den Kniekehlen und sie haben ein ganz rotes Gesicht, weil es nicht so flutscht.‘“ Jakob kicherte. „Siehst du, das hat meine Lehrerin gemeint: Du fängst an zu lachen, denn du siehst, dass ein vermeintlicher Held an einem stillen Örtchen auch nicht unbedingt der große Zampano ist.“ Martin blickte lächelnd auf den gicksenden Jakob und hielt seine Hand ein wenig fester.

„Oh, schaut mal, da sind Maike und Jonathan mit noch einer Schultüte.“ Anna lief schnellen Schrittes voraus. „Wie schön, dass ihr gekommen seid.“ „Das lassen wir uns doch nicht entgehen, Anna. Jonathan musste sogar eigenhändig die Schultüte füllen.“ Maike grinste. „Ja, ich kannte diesen Brauch nicht und finde ihn ausgesprochen schön. Hoffentlich können wir eines Tages auch die Schultüten unserer Kinder füllen.“ Anna sah, dass ein Schatten über Maikes Gesicht huschte, doch dann kamen auch schon Jakob sowie der Rest der Familie.

„Hallo lieber Jakob, Maike und ich wünschen dir viel Spaß in der Schule. Als ich so alt war wie du, ging ich zur Schule in Ghana, das ist weit weg von hier, auf dem afrikanischen Kontinent. Aber ich muss dir sagen, ich bin jeden Tag voller Freude losgerannt, um meine Freunde zu treffen und um zu lernen, und so wird es dir auch gehen.“ „Danke, Onkel Jonathan und Tante Maike. Aber jetzt gehen wir gleich rein, nicht dass wir zu spät kommen.“ Schon setzte er sich in Bewegung.

„Er hat dein Pünktlichkeits-Gen geerbt, Jadwiga“, brummte Hanne. „Natierlich, HanneLORE. Pinktlichkeit ist eine Form des Respekts, das habe ich gestern erst in meinen Zeitungen gelesen.“ „Nun ja“, erwiderte Hanne scharf, „allerdings warst du an meiner Einschulung nicht nur nicht pünktlich, sondern gar nicht erst da.“

Die Oma beschloss, die Bemerkung zu überhören, und wurde von Fredi weitergezogen.

„So, jetzt stellen wir uns in einen Kreis und ich mache ein paar Bilder, danach können wir reingehen.“ Erich dirigierte die Familie umher und fotografierte aus allen Richtungen. „Wo ist eigentlich Dorothea, Erichen, ich dachte sie wollte heute kommen?“ „Sie hat leider nicht frei bekommen, Mama, aber spätestens am Wochenende ist sie da.“

Schließlich begaben sich alle in die Turnhalle der kleinen Schule und suchten einen Platz – und dann ging es auch schon los. Die Rektorin hielt eine bewegende Rede, Kinder sangen und führten ein kleines Theaterstück auf, Luftballons wurden verteilt.

Jakob saß aufgeregt auf seiner Stuhlkante. „Mami, wie geht es jetzt weiter?“ „Gleich wird dein Name aufgerufen und du musst dich zu einer der drei Fahnen da drüben stellen, das wird dann deine Klasse sein. Danach geht ihr mit eurer Lehrerin in den Klassenraum und du lernst deinen Sitznachbarn kennen. Sie erklärt euch, was für morgen wichtig ist und wie der erste Stundenplan aussieht, und danach kommst du wieder zu uns und wir gehen ins Restaurant, wo du deine Schultüte auspacken kannst.“ „Das klingt schön, Mami.“ Er warf noch einen verstohlenen Blick auf Martin, der ihn aufmunternd anlächelte. „Jakob Heinsch“, klang es und er lief los.

„Ach Kinder, dass ich alte Lotte das noch erleben darf.“ Lotte wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. „Das ist wieder ieberhaupt kein Grund zum Heulen, Lotte, und außerdem bist du erst neunundsiebzig. Das ist nicht wirklich alt, natierlich nicht.“ Hedi wackelte missbilligend mit dem Kopf.

„Wie geht es nach der Veranstaltung weiter, dürfen wir noch bleiben?“, fragte Maike vorsichtig. „Ihr misst sogar, nicht wahr, Annalein?! Schließlich seid ihr die Einzigen aus der Knollenblätterpilzfamilie, die erträglich sind. Außer Lore natierlich“, fügte Hedi hastig hinzu.

„Oma, lass mal bitte. Ihr seid herzlich eingeladen, wir freuen uns sehr, dass ihr hier seid. Wir gehen später zu Mittag essen und dann gibt es Kaffee und Kuchen bei uns. Es kommen noch einige Freunde und Familie.“ So plauderten sie und die Omas bemerkten beifällig, dass Martin immer wieder seine Hand auf Annas Arm legte.

„Ich bin in der Klasse von Frau Röttgen und mein Sitznachbar heißt Martin, wie du, und er ist auch so lieb wie du. Morgen sollen wir Knete und einen Zeichenblock mitbringen und ich habe eben schon ein Namensschild gemalt für meine Bank und die Lehrerin hat mich gelobt, weil ich einen Marienkäfer dazugemalt habe und ich …“ Sprudelnd und außer Atem kam Jakob angerannt und stürzte sich in Annas Arme. „Das war so klasse, ich freue mich schon auf morgen, darf ich gleich meine Schultüte öffnen …“ Alle lachten, Lotte klatschte in die Hände und Erich nahm Jakob Huckepack. „Dann rennen wir mal gleich los zum Essen, ich bin dein Pferd.“ Er galoppierte los und Jakob jauchzte.

Vor dem Restaurant wartete Manne mit einem kleinen Umschlag in der Hand. „Onkel Manfred, du kommst ja auch.“ Jakob ließ sich von seinem Pferd fallen und kuschelte sich an den dicken Bauch. „Na klar, wat denkste denn? Janz Berlin war eene Wolke, nur icke war zu sehn.“ „Was bedeutet das, Onkel Manfred?“ „Na, icke in dem Fall bist du, und ditte janz Berlin nüsch zu sehn war, heißt, det die janze Welt nur auf dich jeblickt hat“, stammelte Manne verlegen. „Das ist aber schön, Onkel Manfred. Danke.“ „Hier hab ick noch was. Ein kleener Vogel hat mir verraten, dass dir die YPS-Hefte gefallen. Hier haste ein Abo und bekommst für ein Jahr lang jedes Heft.“ Manne griente und Jakobs Stimme überschlug sich. „Das kann dir nur Onkel Martin verraten haben, ich liebe YPS und vor allem die Gimmicks, neulich hatte ich kleine Krebse im Glas …“

Als alle einen Sitzplatz gefunden hatten, die Getränke bestellt waren und Jakob zwischen Anna und Martin thronte, rief er ungeduldig: „Darf ich jetzt meine Schultüte aufmachen?“ „Gleich, Jakob, jetzt stoßen wir erst einmal mit einem Glas Sekt an, du bekommst Johannisbeersaft und dann gibt Martin dir deine Tüte.“

Der Kellner erschien mit mehreren Flaschen Sekt, goss in die Gläser, reichte kleine Stärkungen und Anna erhob sich. „Ich danke euch allen von Herzen für die vergangenen Jahre, für heute, für alles. Ich bin ein sehr glücklicher Mensch, aber vor allem ist Jakob das. Ohne eure Hilfe, ohne eure permanente Unterstützung wäre das nicht möglich gewesen. Ich danke euch. Ich bin von liebevollen, liebenden Menschen umgeben und das ist mehr, als man erwarten kann. Danke meinen Omis, Onkel Fredi, Papa, Hanne und Gerd, Danke an Manne (du weißt schon), Danke an Maike und Jonathan, dass ihr uns nicht vergesst, und ein ganz besonders liebevolles Danke an Martin.“ Sie hob ihr Glas und mit einer Träne in den Augen prostete sie allen zu.

Verstohlen sahen sich die Omas an. „Wie hat sie das wohl gemeint, Hedi, mit dem besonders liebevollen Dank an Martin?“ Lotte beugte sich verschwörerisch vor. „Ich weiß nicht, Lotte. Zu meiner Zeit waren die Menschen nicht so ieberaus zögerlich, da wurde gehandelt. Ich kann mir keinen Reim auf das alles machen, aber wir sehen ja, dass sie ieberglicklich miteinander sind.“ Hedi wirkte missbilligend und bestellte sich einen doppelten Wodka. „Du kannst meine sieße Briehe haben, Lotte, du magst das lieber als ich.“

Nun reichte Martin Jakob die Schultüte. „Ich wünsche dir viel Freude in der Schule, ich bin sicher, du hast eine wunderbare Zeit und lernst ganz viele Freunde kennen. Du wirst so viel lernen, so viel erleben und ich freue mich darauf.“

Mit roten Wangen öffnete Jakob das Geschenk seines Patenonkels. „Oh Mann, das ist ja ein Mini-Gewächshaus, das habe ich mir immer gewünscht und hier ist auch noch Lego, eine kleine Rakete. Bauen wir die gemeinsam zusammen? Oh, was ist das? Ein Buch.“ Langsam buchstabierte er: „Der 35. Mai von Erich Kästner. Aber es gibt doch keinen 35. Mai, oder Martin? Warum heißt das Buch dann so?“

Martin lächelte: „Dieses Buch war mein Lieblingsbuch, als ich so alt war wie du. Ich mag es bis heute. Ja, es ist der 35. Mai, als der Apotheker Ringelhuth mit seinem Neffen Konrad und dem Pferd Negro Kaballo auf Rollschuhen durch seinen Schrank in Richtung Südsee fährt.“ Jakob sah ihn aus aufgerissenen Augen an. „Aber man kann doch nicht einfach auf Rollschuhen durch seinen Schrank in die Südsee fahren, oder?“ „Nein, eigentlich nicht, aber deshalb ist es ja der 35. Mai, da ist alles möglich und sie erleben viele Abenteuer.“ „Aber warum sind sie überhaupt in die Südsee gefahren?“ Martin lachte. „Weil Konrad einen Aufsatz über die Südsee schreiben musste, denn er konnte gut rechnen und hatte wenig Fantasie.“ „Oh, Onkel Martin, würdest du mir das Buch vorlesen? Ich wüsste gerne sofort, was passiert, und nicht erst, wenn ich selbst alles lesen kann.“ „Mit der größten Freude, mein Jakob.“

An der Tafel herrschte eine fröhliche und beschwingte Stimmung, man redete wild durcheinander. „Das ist ein komisches Gefühl, Anna, mitten in der Woche den Laden nicht geöffnet zu haben, findest du nicht?“ „Doch Hanne, es ist wirklich seltsam, aber manchmal tut eine Pause auch gut.“ „Mießiggang ist aller Laster Anfang“, rief Hedi mit erhobenem Zeigefinger und Anna verdrehte die Augen. „Wie geht es deinem Laden hier am Kollwitzplatz eigentlich, ich habe lange nicht gefragt.“ Oma Lotte wirkte schuldbewusst und Hedi schnaufte vernehmlich. „Es läuft bestens, Oma. Es kommen in erster Linie Touristen, die sich freuen, wenn sie neben dem Büchergucken auch gleich etwas essen können, viele nehmen sich die kleinen Sandwiches mit und auch die Abteilung mit den Kochbüchern kommt riesig gut an. Oma Hedi hatte für alles ein Händchen.“ Diese nickte stolz und war ganz Zahn. „Ick denke mir, die zwee Konzepte sind es. Einmal die Suppenküche im Kiez für die ollen Prenzlauer und ditte hier für die ollen Westler, dit macht was her.“ Manne trank einen großen Schluck Kindl.

Tatsächlich hatte sich Anna bei der Planung des zweiten Geschäfts stark von ihrer Oma Hedi inspirieren lassen und so war die kleine Speisekarte ganz anders als in ihrem ersten Geschäft. Anstatt auf Suppen setzten sie hier auf feines Fingerfood: Mini-Brioches und Sandwiches im Stil eines English Tea wurden ebenso angeboten wie kleine vegetarische Gerichte, was eine Neuheit in dieser Gegend darstellte.

Inzwischen hatte Anna eine junge Köchin gefunden, die sich mit Liebe und Engagement der Küche widmete, sodass sie selbst das Kerngeschäft im Laden übernehmen und Zeit mit Jakob verbringen konnte.

Sie waren schließlich in die Wohnung über dem Geschäft gezogen, Onkel Fredi und Erichen hatten alles gemäß ihren Wünschen renoviert und sie fühlten sich in ihren lichtdurchfluteten Räumen mit dem Balkon hin zum Kollwitzplatz unendlich wohl.

Hannelore und Gerd lebten mittlerweile in der Kopenhagener Straße. Sie hatten die Wohnung von Anna übernommen und führten den kleinen Laden, der inzwischen zu einer Institution geworden war, mit viel Verve.

„Vielleicht solltest du doch eines Tages eine Filiale im Westen eröffnen, Spröckelchen.“ Erich prostete ihr zu. „Ich würde gerne, Papa, aber das muss wirklich gut geplant sein, ich will nicht zu abhängig sein von der Bank. Mal schauen was passiert, aber jetzt kommt das Essen und wir genießen diesen schönen Tag. Jakob, du bist heute der wichtigste Liebling am Tisch und dein Essen kommt zuerst.“ Sie lächelte ihren kleinen Sohn an und merkte nicht, wie Martin sie lange mit einem unergründlichen Blick betrachtete.

„Oh Mami, das ist ein riesiger Eierkuchen mit Äpfeln und Marmelade, mir läuft das Wasser im Mund zusammen.“ „Dann fang schon an, Jakob, lass es dir schmecken.“ Gerd hob an: „Piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb und wünschen guten Appetit.“ Jakob kicherte und nachdem Martin ihm den Eierkuchen in viele kleine Stücke geschnitten hatte, legte er los. Bald war sein kleines Gesicht mit Marmelade verschmiert.

„Lotte, was hast du bestellt?“ „Ich habe die ganze Woche noch nichts Ordentliches gegessen, deshalb gönne ich mir jetzt eine Schweinelende mit Pilzen, Kroketten und Bohnengemüse.“ Lotte schluckte in Vorfreude. „Iebrigens: Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen, Lotte.“ Hedi grinste. „Aber warum hast du nichts Verninftiges gegessen?“ „Ach ja, Hedi, alles dauert so lange mit der dummen Gehstütze und manchmal habe ich keine Lust zum Einkaufen.“ Hedi sah sie empört an. „Warum hast du das nicht frieher gesagt, Lotte? Fredi kann fier dich einkaufen, er geht doch sowieso. Nicht wahr, Fredi?“ „Sicherlich, ich gehe jeden Tag, Lotte. Warum schreibst du mir nicht zweimal in der Woche einen Einkaufszettel und ich bringe dir alles vorbei?“ Lotte wurde rot. „Das kann ich doch nicht verlangen, das wäre mir peinlich.“ „Papperlapapp Lotte. Du musst doch richtig essen, das ist ieberaus wichtig. Ah, da kommt ja mein Kuheuter, das freut mich nun sehr.“ Manne lachte. „Siehste, Hedi, ick hab et dir jesagt: Ditte is richtig gut, meins kommt auch gerade.“ Vergnügt fingen sie an zu essen, nur unterbrochen von gelegentlichen Lobeshymnen. Anna jedoch sah stirnrunzelnd, dass Martin sein Essen von einer Seite des Tellers zur anderen schob, wieder hatte er Schweißperlen auf der Stirn. „Was ist, schmeckt es dir nicht, geht es dir nicht gut?“, flüsterte sie schließlich. Er schüttelte den Kopf. „Ich muss kurz raus.“ Und er verließ den Tisch in Windeseile. Anna sah ihm ängstlich nach, Oma Hedi presste die Lippen zusammen: Da stimmt was nicht, da stimmt was ieberhaupt nicht.

Nach einer Weile kam Martin zurück und lächelte gewinnend. „Ich denke, ich lass mir mein Essen einpacken, ich habe mittags nicht so viel Appetit, ich genieße es heute Abend.“ Anna und die Oma sahen ihn misstrauisch an. „Übrigens, liebe Hedi, wann beginnt in diesem Jahr eigentlich die Pilzsaison? Ich habe gelesen, dass durch den feuchten Frühsommer viele Sommer-Steinpilze wachsen?“ Er lächelte sie an. „Ach Junge, das hatte ich auch noch sagen wollen. Habe ich ebenfalls gelesen und wir sollten diesmal ein bisschen frieher los, vielleicht Mitte August, dann sind wir allen anderen voraus und finden die ersten schönen Freunde. Darauf bestelle ich mir noch einen Wodka!“ „Ich nehme auch einen, Hedi.“ Martin sagte es leichthin, doch Anna sah ihn überrascht an.

„Hört mal alle her.“ Hedi erhob sich mit ihrem vollen Wodkaglas. „Wir gehen dieses Jahr schon Mitte August in die Pilze, es soll viele Sommer-Steinpilze geben. Wer kommt mit? Wir gehen am 23. August.“ Sofort breitete sich rege Geschäftigkeit am Tisch aus, man diskutierte, fragte nach, plante und schließlich stellte sich heraus, dass alle außer Oma Lotte mitkommen würden. „My goodness, I have never done such a thing“, stellte Jonathan belustigt fest. „Ihr müsst mir bitte helfen, ich habe überhaupt keine Idee und würde uns alle vergiften.“ „Ich helfe dir, Onkel Jonathan, ich kenne alle Pilze, Uroma Hedi hat sie mir erklärt. Ich freu mich, ich freu mich“, sang Jakob und kletterte auf Martins Schoß. Alle lächelten.

„Ach, da fällt mir ein, von Spröckel, wolltest du nicht eine Reinigungsfrau für das Geschäft hier finden?“ „Habe ich schon, Papa. Durch Zufall habe ich eine Mutti von drei Kindern kennengelernt, die dringend Arbeit sucht. Sie wohnt hier in der Nähe und spricht nicht ganz so gut Deutsch. Ich möchte ihr eine Chance geben.“ Hedi schnaubte missvergnügt. „Meine Giete, Anna, du bist nicht die Sozialstation. Wer weiß, was das wieder fier eine Person ist und außerdem …“ „Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht Raupen selbstim Sauerkraut.“ Es wurde lauthals gelacht und Jakob rief: „Das ist schön, das reimt sich, aber was ist Argwohn? Und was bedeutet das?“ Anna legte den Arm um ihn. „Argwohn ist ein älteres Wort für Misstrauen und dieser Spruch besagt, dass, wenn man alles mit Misstrauen betrachtet, sich ziemlich schnell viele Gründe für dieses Misstrauen finden. Das ist eine sogenannte selbsterfüllende Prophezeiung. Der Spruch ist übrigens von Wilhelm Busch.“ „Oh toll, Mami, das ist der mit der frommen Helene und Tobias Knopp, oder?“ „Und Max und Moritz. Welche Lektiere gibst du dem Jungchen, das ist keineswegs kindgerecht“, knurrte die Oma. „Man sollte Wilhelm Busch nicht auf Maxund Moritz reduzieren, er war viel mehr. Und davon abgesehen, kann man nicht früh genug damit beginnen, selbst zu denken und das Land der Fantasie zum Blühen zu bringen.“ Hedi wackelte mit dem Kopf, doch es war ihr anzusehen, dass sie mächtig stolz auf ihre kluge Enkelin war.

„Ich habe auch noch einen für dich: Das Trinkgeschirr, sobald es leer, macht keine rechte Freude mehr.“ Die Oma blinzelte und musste gegen ihren Willen grinsen, Fredi lachte und Gerd schmetterte: „Resi, bring Bier, die Gläser sind leer. Heute wollen wir nicht nach Hause, denn wir haben Durst.“ Anna schüttelte lachend den Kopf. „Seid ihr bereit für Kaffee und Kuchen? Dann können wir gehen, die Rechnung ist bezahlt.“

Unter Dankesbekundungen machte sich die Familie auf den Weg, Anna blieb etwas zurück und wartete auf Martin. „Ist bei dir alles in Ordnung? Ich habe Angst, denn du wirkst krank und erschöpft.“ Unruhig sah sie ihn an. „Es ist nichts, Anna. Manche Tage sind ein wenig beschwerlicher als andere, außerdem hat mich das heute natürlich auch emotional ziemlich angekratzt. Ich glaube, deshalb hatte ich wenig Appetit. Mach dir bitte keine Sorgen und lass uns den Tag genießen, bitte.“ Er legte zärtlich den Arm um sie und sie gingen zum Haus.

Vor der Tür warteten bereits Lore und Sigrid mit unterschiedlich großen Päckchen in den Händen. „Na, das wurde ja auch Zeit, habt ihr gut gegessen?“, fragte der General verärgert. Anna atmete tief ein und ging mit dem Rest der Familie auf die beiden Frauen zu, als sie das Telefon im Haus klingeln hörte. „Entschuldigt bitte, ich muss kurz abheben.“ Sie überließ die Tanten der Familie. Als sie eine Weile später zurückkam, hatten es sich alle in Küche und Esszimmer bequem gemacht. „Entschuldigt bitte und herzlich Willkommen, Tante Lore und Tante Sigrid. Lasst uns doch bitte nach oben gehen, die Kaffeetafel ist im Wohnzimmer und wahrscheinlich kommt der Kuchen auch bald.“

Sie geleitete die Familie nach oben; ein blank polierter Eichentisch erwartete sie, er war wunderschön gedeckt und mit Blumensträußen voller Rosen, Kräutern und Jasmin verziert, der Raum duftete. „Wie wundervoll, das ist ja zauberhaft, icke bin platt“, riefen sie durcheinander und jeder suchte sich ein Plätzchen. Anna saß mit Jakob am Kopfende. „Jetzt gibt es erstmal Kaffee und Kakao für alle und dann sollte auch schon Adele mit der Torte kommen.“ Sie nickte leicht und ihre Köchin schenkte ein.

„Leider konnte Onkel Werner nicht kommen. Er ist sehr krank und ich muss ihn kommende Woche ins Hospiz bringen. Es gibt keine Hoffnung mehr.“ Sie sahen Sigrid an, die mit den Tränen kämpfte. „Das tut uns sehr leid“, sagte Erich still. „Mir ist kein gutes Leben beschieden gewesen“, sagte der General anklagend. „Und leider hat uns niemand mal besucht.“ Die Familie wusste nicht, was sie antworten sollte, und sah peinlich berührt in die Luft. „Wie dem auch sei, hat Werner es sich nicht nehmen lassen, dem kleinen Jakob ein Geschenk mitzugeben. Kind, komm mal her.“ Jakob erhob sich zögernd und sah seine Mama und Martin an. Beide nickten ihm zu und er machte sich auf den Weg zu Sigrid, die ein relativ großes Paket in den Händen hielt. „Dies ist von deinem lieben Onkel Werner, Junge. Er hat mit letzter Kraft noch ein kurzes Vorwort verfasst. Halte das Album in Ehren.“ Streng reichte sie ihm das Geschenk.

Erich sah Anna und Jakob missgelaunt an, er tippte sich kurz an die Stirn. „So, mach es mal auf, Junge.“ Der General klang ungeduldig.

Vorsichtig öffnete Jakob das zerknitterte Papier. „Oh, das ist wohl ein Fotoalbum. Mami, schau mal.“ Anna stellte sich hinter ihn und riss die Augen auf. „Das ist ein Album der Wehrmacht, du meine Güte.“ Die Familie sah angelegentlich zu. „Mami, hier steht mein Name.“ Er buchstabierte: „Für Jakob, den zukünftigen Soldaten von dem Soldaten im Dienst des Führers. Dein Onkel Werner.“ Jakob sah verwirrt aus, die Familie saß in einer Mischung aus Belustigung und Grauen da, nur sein Opa Erich wirkte sehr ernst. „Was bedeutet das, Mami?“ „Das bedeutet, dass irgendein altes Rindvieh einen an der Waffel hat“, entgegnete der Opa anstelle Annas scharf. „Den Dreck schmeißen wir weg, das hat hier nichts zu suchen.“ Daraufhin begann Sigrid laut zu weinen. „Du bist so ein selbstverliebtes Arschloch, Erich. Mein Mann liegt im Sterben und das war sein letzter Wunsch. Selbst das willst du ihm noch kaputtmachen.“

Alle schwiegen, das kleine Gesicht von Jakob verzog sich, seine Unterlippe zitterte und er kämpfte sichtlich mit den Tränen. Schnell sprang Martin auf und ging zu ihm. „Das ist dein Geschenk, mein Jakob, und es ist alles in Ordnung. Nun gibt es gleich Kuchen und Eis und wir feiern.“ Ärgerlich richtete er sich auf. „Heute ist Jakobs Tag, anscheinend habt ihr das vergessen.“ Liebevoll nahm er Anna und den kleinen Jungen in die Arme. „Lasst uns mal nachschauen, ob Tante Adele mit dem Kuchen kommt.“ Warnend sah er in die Runde und schob seine Liebsten aus dem Zimmer.

Sie setzten sich gemeinsam in die Küche, Jakob spielte mit seinen Murmeln. „Danke Martin, manchmal ist mir das alles zu viel.“ Anna legte ihm die Hand auf den Arm und spürte, wie sehr er schwitzte. „Es wird, Anna. Vergiss nicht, dass sie euch lieben, und manchmal können sie einfach nicht anders. Ach, und sieh mal: Hier kommt die Kuchenlieferung.“

Christian und Adele stiegen aus dem kleinen Transporter, Anna öffnete die Tür und so konnten sie innerhalb kurzer Zeit die prachtvollen Torten auf Platten heben und nach oben bringen. „Und hier ist noch ein kleines Geschenk für dich, Jakob“, sagte Adele und öffnete die letzte Schachtel. „Dies ist deine Einschulungstorte, wir haben sie mit Erdbeersahne, Schokolade und viel Karamell gemacht, genau wie du es magst. Und siehst du, hier ist deine Schule, der Kollwitzplatz und Mamas Buchladen. Wir haben das aus Marzipan nachgebaut.“ Staunend betrachtete Jakob die Torte. „Mensch, Tante Adele, das sieht aus wie in echt. Darf ich die Torte nach oben tragen und allen zeigen?“ „Selbstverständlich, Junge, aber ich helfe dir auf der Treppe.“

Mittlerweile schien sich die Lage normalisiert zu haben und alle plauderten ausgelassen miteinander. „Guckt mal, meine Torte“, schrie Jakob aufgeregt. „Mensch, die is ja erste Sahne, sowat hab icke noch nüsch jesehen.“ Manne sprang auf und stellte sie vorsichtig auf den Tisch, wo alle sie ausgiebig bewunderten. „Wartet, ich mache Fotos“, rief Onkel Fredi und brachte seine Kamera in Positur.

„Adele, du hast einen neuen Haarschnitt, der steht dir iebrigens sehr gut. Außerdem wirkst du verjingt.“ Adele lächelte verschmitzt. „Ach, Hedi, seitdem ich einmal pro Jahr in die Kur gehe, treffe ich immer jemanden.“ „Hast du einen Kurschatten, Adele?“, fragte Lotte verblüfft. „Ich hatte schon mehrere, die laden mich immer fein zum Essen oder zur Tombola ein und danach gehen wir noch tanzen.“ Hedi wirkte zufrieden. „Siehst du, nachdem du das alte Scheusal losgeworden bist, geht es dir gleich besser. Das ist keine Ieberraschung fier mich, der Alte war ein Ungeheuer …“ Fredi zog sie am Arm. „Nun lass mal, Hedel, wir wollen heute doch schön mit Jakob feiern.“

Nun wurden die Torten probiert, Wein, Wodka, Bier nach oben gebracht und es versprach, ein herrliches Fest zu werden. Inzwischen waren auch Jakobs Freunde eingetroffen und er zeigte ihnen seine Schätze. Alles war quirlig, lustig und durcheinander.

Plötzlich hob Lore wie ein Schulkind schüchtern die Hand, Anna erschrak. Ich habe sie wieder vergessen, ich war wieder nicht liebevoll zu ihr. Laut rief sie: „Seid mal alle einen Moment still, Tante Lore möchte etwas sagen.“ Diese stand vorsichtig auf, sie hatte sich Mühe gegeben und sah hübsch aus, doch Schüchternheit und die Angst vor Ablehnung ließen sie förmlich schrumpfen. Dennoch sprach sie: „Lieber Jakob, ich habe dir auch etwas mitgebracht. Also eigentlich sind es zwei Dinge, das eine ist für jetzt und das andere für später, das bewahrt deine Mutter für dich auf. Für jetzt habe ich dir ein Buch mit Andersens Märchen mitgebracht.“ Sie legte es auf den Tisch, so dass alle die wundervollen Illustrationen der Kleinen Meerjungfrau und der Schneekönigin bewundern konnten.

Ergriffen schwiegen sie. „Lore, woher hast du diesen Schatz, die Illustrationen sind das Schönste, das ich jemals bei Andersen gehen habe.“ Maike lächelte Lore an.

„Sie sind ein Sammlerwerk und nicht öffentlich erhältlich. Ich hatte mal jemanden gut gekannt, der Buchhändler werden wollte und sich mit diesen Dingen beschäftigte. Ich mochte ihn sehr. Sein Name ist Detlef und manchmal nehme ich heute noch Kontakt mit ihm auf. Er hat seinen Traum verwirklicht und ist inzwischen auf der ganzen Welt tätig mit seiner Frau und den Kindern.“ Sie seufzte verstohlen.

„Er hat mir auch geraten, in Münzen zu investieren, meine liebe Anna. Und dies ist nun mein zweites kleines Geschenk für Jakob.“ Sie gab Anna ein samtenes Etui. „Bewahre es für ihn auf, bis er alt genug ist. Er bekommt – wie du – in jedem Jahr zwei Münzen.“ Still setzte sie sich, bis Jakob zu ihr rannte. „Danke für die Märchen, Tante Lore, ich freue mich, wenn du sie mir vorliest. Wann fangen wir an?“ Lore sah ihn verwirrt an. „Möchtest du denn, dass ich dir vorlese?“ „Klar, Tante Lore, du hast mir ja auch das Buch geschenkt. Wann kommst du?“ „Naja, das ist nicht so einfach, Jakob, weil ich auf eine alte Dame aufpassen muss.“ „Musst du das wirklich, Lore, oder hat der alte Rassist dir das eingeredet?“ Maike sah sie herausfordernd an. „Bitte sprich nicht so über deinen Vater.“ Man sah, dass Maike etwas entgegnen wollte, doch mit einem Seitenblick auf Anna und Jakob presste sie fest die Lippen zusammen. Jonathan streichelte ihren Nacken. „Aber wenn du wirklich willst, komme ich nächste Woche und lese dir vor. Ich rufe vorher nochmal deine Mami an.“ Jakob gab ihr einen dicken Kuss auf die Wange. „Ich freue mich wie ein Honigkuchenpferd – das Wort habe ich von Onkel Manfred gelernt. Und jetzt singen wir das Schlumpflied.“

Gerd brachte sich in Position:

Sag mal, wo kommt ihr denn her? Aus Schlumpfhausen bitte sehr. Sehn da alle aus wie ihr? Ja, die sehn so aus wie wir …

Sie standen auf, liefen in einer Polonaise durch den Raum, sangen mit und jauchzten.

Gegen neunzehn Uhr warnte Anna schon einmal vor: „Bald muss Jakob ins Bettchen und seine Freunde auch, denn morgen geht die Schule los.“ Die Freunde verabschiedeten sich und schlussendlich rief Hedi laut: „Ich muss ja noch was sagen. Bald ist iebrigens mein finfundsiebzigster Geburtstag.“ „Ach herrjeh, das hatte ich ganz vergessen!“ Die Oma sah Anna entsetzt an. „Wie bitte?? Du hast meinen Geburtstag vergessen??!!“

Anna lachte lauthals. „Das war ein Scherz, Oma.“ Hedi schüttelte sich und sagte gekränkt: „Jakobchen, deine Mami ärgert heute die alte Oma.“ „Das macht sie manchmal gern, Uromi, das hat mit ihrer Liebe zu tun.“ Hedi schluckte einen Moment. „Ich wollte nur noch ankindiegen, dass wir zu meinem Geburtstag eine große Feier haben: Wir haben den Moby Dick gechartert und werden das Fest da verbringen. Es gibt Fingerfuud, Biffee, eine Kapelle und wir können die ganze Nacht tanzen. Ihr seid alle herzlich eingeladen und ich werde mit Fredi und Jakob im Maul sitzen.“

Tatsächlich war Moby Dick eine Institution in Berlin: Als Ausflugsschiff fuhr es von jeher die Route Tegel–Wannsee, doch wofür sich Kinder und Erwachsene begeisterten, war, dass es aussah wie ein Wal, und tatsächlich waren die begehrten Plätze vorne in seinem aufgerissenen Maul mit den riesigen Zähnen.

„Nein, Oma, dass du Moby Dick gebucht hast, ich glaube es nicht!“, rief Anna aufgeregt. „Weißt du noch, wie wir früher immer im Maul saßen und zur Pfaueninsel gefahren sind? Du hast ein Glas Sekt getrunken und ich durfte sogar eine Cola haben. Himmel, was für eine schöne Idee.“

Hedi wirkte zahnreich ausgesprochen stolz. „Ich dachte, es wierde eine schöne Idee sein, und wir haben ein tolles Fingerfuud und Biffee bestellt. Aber die Kapelle erst! Ich will mit Fredi die ganze Nacht tanzen.“

Schließlich verabschiedeten sie sich, nur Martin blieb zurück und brachte Jakob ins Bett. Anna räumte summend die Küche auf, es war ein herrlicher Tag gewesen, wenn da nicht dieser Termin wäre.

Sie spürte Martins Hände, er streichelte sanft ihren Rücken und massierte vorsichtig die Schultern. „Was ist los, Anna? Du wirkst seit dem Anruf angespannt.“ Überrascht sah sie ihn an. „Hast du das bemerkt?“ „Ja, klar. Gibt es etwas?“

Sie machte eine Grimasse. „Tatsächlich habe ich eine interessante Einladung nach Frankfurt zu einem Verleger-Colloquium. Klingt recht spannend, aber es dauert drei Tage und ich weiß nicht so recht, wohin Jakob gehen könnte. Ich will ihn nicht einfach irgendwo abgeben und ich glaube, die Omas sind inzwischen zu alt und Papa muss arbeiten.“ „Warum hast du mich nicht gefragt?“ Martin sah sie an. „Aber du musst ebenfalls arbeiten, Martin, natürlich hätte ich dich gefragt, aber ich will dich doch nicht in einen Zwiespalt bringen.“ „Bringst du aber nicht. Wann ist es? Ich passe auf Jakob auf, vielleicht darf ich hier für ein paar Tage einziehen? Das würde alles erleichtern.“

„Ehrlich?“ Anna strahlte. „Ehrlich“, gab Martin zurück.

Langsam kam sie auf ihn zu und er wusste, dass sie ihn küssen wollte. Anders küssen wollte als bisher.

Er sah ihr ins Gesicht, spürte all ihre Liebe, ihre Zartheit und schloss kurz die Augen.

„Ich muss jetzt gehen, es war ein toller Tag, vielen Dank.“ Brüsk wandte er sich ab und schon fiel die Tür hinter ihm zu.

Das ist jedes Mal wie ein Schlag, ich verstehe es einfach nicht. Wir haben eine wundervolle Zeit zusammen, er ist so aufmerksam und zärtlich, sieht mich liebevoll an, aber plötzlich verschließt er sich komplett und geht davon. Ich hätte nicht auf die dummen Ideen von Oma Hedi hören sollen, von wegen bisexuell. Langsam sollte ich diese Hirngespinste aufgeben, es hat doch alles keinen Sinn. Jetzt trinke ich noch ein Glas Wein und vergesse die ganze Sache.

Doch so einfach war das nicht, denn Anna hatte in den vergangenen sechs Jahren tiefe Gefühle für Martin entwickelt und sie wusste, dass er ihre eine, die große Liebe war. Sie sehnte sich danach, neben ihm aufzuwachen, sehnte sich danach, dass sie als Familie zusammenlebten, würde ihn so gerne heiraten. Du dummes Huhn, was hast du dir da nur ausgedacht. Und dann war da natürlich noch die Krankheit, die sich nicht verdrängen ließ, die in jedem Moment, selbst den glücklichen, wie ein Damoklesschwert über ihnen hing. Mittlerweile hatte sie einige der führenden medizinischen Fachmagazine aus den USA abonniert und suchte in jeder Ausgabe händeringend Informationen zu Medikamenten, den Fortschritten in der Forschung und wurde immer wieder aufs Neue enttäuscht. Wie wird das alles nur werden, wenn er wirklich erkrankt? Er will nicht darüber sprechen und das versuche ich zu akzeptieren, aber irgendwann müssen wir manche Dinge regeln. Sie dachte an ihre zahlreichen Gespräche mit der Aidshilfe und die warnenden Worte über Patientenverfügung, amtliche Vollmachten und vieles mehr. Gelegentlich tauschte sie sich mit Manne aus, der jedoch auch nichts Tröstliches zu berichten wusste, und dann war sie erst recht niedergeschlagen. Wie soll ich denn jemals ohne ihn leben? Eine Träne lief langsam über ihre Wange. So, jetzt ist Schluss, sonst steigere ich mich mehr und mehr rein. Ich will und werde die Zeit, die wir miteinander haben, genießen. Entschlossen stand sie auf, drückte dem schlafenden Jakob noch einen Kuss auf die Stirn und ging dann selbst zu Bett, Sartre folgte gähnend. Morgen muss ich die Reise nach Frankfurt organisieren, ich freue mich darauf, selbst Reich-Ranicki wird dabei sein. Und schon war sie eingeschlafen.

2

Martin und Jakob

Im Morgengrauen tappten kleine Füßchen zu ihrem Bett und Jakob kuschelte sich zu ihr und Sartre. „Mami, heute ist mein erster richtiger Schultag, ich bin zu aufgeregt, um noch zu schlafen.“ Anna streckte sich und sah auf die Uhr. „Himmel, es ist ja erst fünf, lass uns wenigstens noch einen Moment hier liegen.“ Vergnügt erzählte er ihr, was er heute alles vorhatte, fragte nach seinem Pausenbrot, hatte seinen Schulranzen bereits dreimal umgepackt und war so voller Energie, dass Anna lächeln musste. „Dann lass uns aufstehen, ich mache mir einen Kaffee und du kannst schon mal ins Bad. Was möchtest du gerne zum Frühstück?“ „Mein Lieblingsmüsli mit Obst“ kam es sogleich zurück.

Die Schule würde an diesem Tag für die Abc-Schützen erst um zehn beginnen und so trödelte Anna mit dem Frühstück, stellte das Radio an, öffnete die Fenster und hing ihren Gedanken nach. Als sie ihren zweiten Kaffee und Jakob vernehmlich schmatzend sein Müsli genoss, klingelte es an der Tür. „Nanu, ich schaue mal, wer das ist“, rief sie und lief die Treppe hinunter. „Martin, das ist eine Überraschung.“ „Guten Morgen, Anna. Ich wollte mich für gestern Abend entschuldigen, also, weil ich so plötzlich weggegangen bin.“ Verlegen sah er sie an, sie konnte den Ausdruck in seinen Augen nicht deuten. „Ich habe dir ein paar Blümchen mitgebracht und noch eine Kleinigkeit für Jakob heute. Darf ich reinkommen?“ Vorsichtig wickelte er die Blumen aus. „Das sind ja Anemonen, meine Lieblingsblumen. Woher hast du die denn? Wie schön, ich freue mich.“ Sanft nahm er sie in die Arme und sie schmiegte sich an ihn, genoss den eleganten Duft seines Parfums und schloss für einen Moment die Augen. „Mami, wo bist du denn?“ Jakob kam die Treppe herunter. „Oh, Onkel Martin, das ist aber super, dass du kommst.“ Er schoss in Martins Arme. „Lasst uns mal nach oben gehen“, sagte Anna lächelnd.

„Hier ist ein kleines Geschenk für dich, Jakob.“ Anna stellte mittlerweile die Blumen in eine Vase – sie waren wunderschön, bescheiden und dennoch prachtvoll. „Sie sind wie du“, flüsterte Martin leise und umfing ihre Gestalt.

„Oh Mann, Onkel Martin, das ist ja eine super Brotbüchse mit dem Krümelmonster und einem Keks drauf. Danke!“ Jakob kam zu ihnen und umarmte sie. „Ach, da habe ich noch etwas vergessen.“ Martin wickelte ein kleines Päckchen aus. „Sartre, hier ist ein frisches Forellenfilet, ganz für dich allein.“ Der Kater kam begeistert angerannt und sie sahen ihm zu, wie er den Fisch häppchenweise verschlang.

„Bevor du heute zur Schule gehst, junger Mann, wollte ich dich noch zu einem Angelausflug einladen.“ „Echt jetzt? Gehen wir in unsere Hütte? Oh, wann denn? Ich freue mich riesig.“ Jakob hüpfte auf und ab.

Tatsächlich hatte Martin vor einigen Jahren eine kleine Hütte im Spreewald gekauft, sie lag direkt an einem der Bäche, die den Wald mäandernd durchzogen und ihm eine märchenhafte Atmosphäre gaben. Von Zeit zu Zeit gingen sie gemeinsam zum Angeln dorthin, übernachteten und grillten abends Würstchen. Es war ihrer beider Lieblingsort.

„Deine Mami muss kommende Woche verreisen und dann wohne ich bei dir. Wir können abends Vanillepudding kochen und den 35. Mai lesen. Am Freitag hole ich dich aus der Schule ab und wir fahren in unsere Hütte, gehen angeln und machen ein großes Feuer. Vielleicht können wir auch ein bisschen Boot fahren. Wie findest du das?“ Jakob strahlte: „Das ist die allerbeste Idee und ich erzähle das später allen in der Schule. Nehmen wir Sartre mit?“ „Natürlich, er kann ja nicht allein hierbleiben.“

Wie besprochen tauchte Martin drei Tage später morgens mit einem großen Seesack auf. „Da bist du ja, da bist du ja und nun fängt unser Abenteuer an.“ Jakob tanzte um ihn herum. „Ja, aber jetzt bringen wir dich erstmal zur Schule und ich fahre Mami zum Bahnhof.“ Anna grinste. „Gerd hat mir die Zugverbindung herausgesucht, er war so neidisch, weil ich ganze acht Stunden in der Bahn sitze und sogar einmal umsteigen darf.“ Martin lachte. „Wir sollten ihm zu seinem nächsten Geburtstag ein Interrail-Ticket kaufen, dann kann er Tag und Nacht fahren.“ Anna sah ihn erstaunt an. „Das ist eine gute Idee, genau das machen wir, man kann ihm keine größere Freude bereiten.“

Lachend und schwatzend machten sie sich auf den Weg zur Schule und später zum Bahnhof Zoo. „Mach es dir schön, Anna, genieße jeden Augenblick. Jakob und ich haben sicher eine famose Zeit.“ Er nahm sie sachte in die Arme. „Danke, Martin, danke für alles. Ich werde die ganze Zeit an euch denken.“ Sie hoffte auf einen Kuss, doch schon wandte er sich ab. „Schau mal, da ist dein Zug. Gute Fahrt.“ Er winkte flüchtig und war in der Menge verschwunden. Sie ließ den Kopf hängen und schlich das Gleis entlang. Du dumme Kuh, jetzt hör endlich auf. Was erwartest du denn? Schnell putzte sie sich die Nase und stieg ein. Die kommenden Tage werde ich genießen. Trotzig warf sie den Kopf in den Nacken.

Punkt zwölf Uhr stand Martin wartend vor Jakobs Grundschule, als dieser herausgerannt kam. „Da bist du, Onkel Martin, ich habe mich den ganzen Vormittag gefreut. Was machen wir jetzt?“ „Ich dachte, wir holen uns ein Eis, kaufen ein Stück Thunfisch für Sartre und gehen kurz bei Tante Hanne und Onkel Gerd vorbei. Danach bringen wir Sartre seinen Fisch und dann habe ich eine Überraschung für dich.“ Jakobs Augen wurden riesengroß. „Wir essen Eis zum Mittagessen und du hast eine Überraschung für mich? Ich werd verrückt.“ Und wie ein Brummkreisel rannte er mit rudernden Armen schreiend den Bürgersteig auf und ab.

In der Eisdiele angekommen beschlossen sie, sich doch zu setzen, denn Martin hatte Jakobs sehnsüchtige Blicke in Richtung Spaghetti-Eis bemerkt. „Wie war es heute in der Schule, hat es Spaß gemacht?“ Er sah, dass sich Jakobs Gesicht verfinsterte, er sagte zögernd: „Die Schule macht ganz doll Spaß, die Lehrerin ist so nett und mein Banknachbar auch, aber …“ Der Satz blieb in der Luft hängen. „Was denn, mein Jakob? Wo drückt der Schuh?“ Martin strich ihm über den Kopf und sah Tränen in den Augen des Kindes.

„Da sind so zwei Jungen, die ärgern mich immer, nennen mich Klugscheißer, Wichtigtuer und Angeber. In der Pause wollten die mich heute in den Schwitzkasten nehmen, aber ich konnte weglaufen. Danach haben sie sich die ganze Zeit lustig gemacht und Memme, Mamakind gerufen.“ Er schluckte. Martin fühlte unendlichen Zorn in sich aufwallen, er schluckte hart.

„Jakob, das sind ganz bösartige, hässliche Zeitgenossen. Sie sind von innen hässlich, weißt du, und sie versuchen, andere so klein zu machen, wie sie selbst sind. Meistens suchen sie sich liebevolle Menschen aus, so wie dich, weil sie spüren, dass du etwas hast, was sie niemals haben werden, nämlich Herzensgüte.“ Jakob sah ihn mit großen Augen an. „Glaubst du, das ist wirklich so?“

„Ich weiß es, Jakob, ich habe es selbst erlebt.“ „Du hattest auch solche Jungen in deiner Klasse, als du klein warst?“ „Ja, hatte ich und ich hatte mächtig Angst vor ihnen.“ Jakob seufzte erleichtert. „Dann liegt das gar nicht an mir, oder? Was hast du dann gemacht?“ Martin tätschelte seinen Arm. „Nein, das liegt nicht an dir, ganz sicher nicht. Ich habe mich damals meiner Lehrerin anvertraut und sie hat ein langes Gespräch mit den Jungen und ihren Eltern geführt und dann war Ruhe. Würdest du wollen, dass ich mit deiner Lehrerin spreche?“ Jakob schwieg und Martin sah, wie er mit sich kämpfte. „Nein, erstmal noch nicht, Onkel Martin, ich will erstmal selbst versuchen, damit klarzukommen.“