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Maximilian, ein 24 jähriger Student aus Berlin, sucht per Zeitungsannonce eine Reisebegleitung für eine Alpenüberquerung zu Fuß mit Rucksack. Darauf hin antwortet ihm Sophia, die vor zwei Jahren nach ihrem Abitur zum Studieren aus dem Hunsrück in die Hauptstadt gezogen ist. Die beiden werden ein Paar, und nach dieser gemeinsam erlebten abenteuerlichen Tour beschließen sie, Marokko näher kennenzulernen. Nach einem Besuch von Marrakesch und einer organisierten Wüstentour möchte Max unbedingt das Gefühl von reeller Einsamkeit erleben, und er riskiert allein einen Trip mit einem alten Landrover in die Wüste. Er wird überfallen, ausgeraubt und ohne Wasser im Nirgendwo ausgesetzt. Die darauf folgende Nacht mit ihren kühlen Temperaturen lässt ihn etwas zur Ruhe kommen, und er sieht in der Ferne einen alten Omnibus, der immer näher auf ihn zu kommt. Er hält neben ihm an, die Tür öffnet sich und man bittet ihn freundlich hinein. Er traut seinen Augen nicht, denn er trifft hier viele interessante Menschen, die er aus seinem Leben kennt und die alle wichtige Persönlichkeiten waren, die die Welt sichtlich beeinflussten. Jesus von Nazareth, Konfuzius, Albert Schweitzer und andere beantworten Max viele Fragen, die ihn schon lange beschäftigen. Hat er es wirklich erlebt, oder war es nur ein Traum?
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Seitenzahl: 198
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Roman
Maximilian, ein 24 jähriger Student aus Berlin, sucht per Zeitungsannonce eine Reisebegleitung für eine Alpenüberquerung zu Fuß mit Rucksack. Darauf hin antwortet ihm Sophia, die vor zwei Jahren nach ihrem Abitur zum Studieren aus dem Hunsrück in die Hauptstadt gezogen ist.
Die beiden werden ein Paar, und nach dieser gemeinsam erlebten abenteuerlichen Tour beschließen sie, Marokko näher kennenzulernen. Nach einem Besuch von Marrakesch und einer organisierten Wüstentour möchte Max unbedingt das Gefühl von reeller Einsamkeit erleben, und er riskiert allein einen Trip mit einem alten Landrover in die Wüste. Er wird überfallen, ausgeraubt und ohne Wasser im Nirgendwo ausgesetzt.
Die darauf folgende Nacht mit ihren kühlen Temperaturen lässt ihn etwas zur Ruhe kommen, und er sieht in der Ferne einen alten Omnibus, der immer näher auf ihn zu kommt.
Er hält neben ihm an, die Tür öffnet sich und man bittet ihn freundlich hinein. Er traut seinen Augen nicht, denn er trifft hier viele interessante Menschen, die er aus seinem Leben kennt und die alle wichtige Persönlichkeiten waren, die die Welt sichtlich beeinflussten.
Jesus von Nazareth, Konfuzius, Albert Schweitzer und andere beantworten Max viele Fragen, die ihn schon lange beschäftigen. Hat er es wirklich erlebt, oder war es nur ein Traum?
Kapitel 1 Sophia und Maximilian 11
Kapitel 2 Die Tour über die Alpen 23
Kapitel 3 Ein neues Abenteuer lockt 75
Kapitel 4 Der Ausflug in die Wüste 86
Kapitel 5 Max bricht alleine auf 94
Kapitel 6 Max betritt den Bus 105
Kapitel 7 Sophia wartet vergebens 148
Kapitel 8 Max wird gefunden 162
Kapitel 9 Ein Blick zurück 178
Kapitel 10 Zurück in Berlin 188
Kapitel 11 Die Frage nach dem Lebensweg 203
Kapitel 12 Zurück in Marokko 215
Es war ein verregneter Sommer in diesem Jahr. Schon im Frühjahr brauchte keiner Angst zu haben, dass eine große Dürre den Grundwasserspiegel weiter absenken würde. Maximilian und Sophia hatten von diesem Wetter die Nase gestrichen voll, und sie erinnerten sich an ihre gemeinsame Wanderung über die Alpen vor einigen Jahren.
Es war ein Zufall, dass dieses abenteuerliche Trekking sie zusammenführte und dabei auch fest zusammenschweißte, so dass sie von da an ihren Lebensweg zusammen gingen. Eine kleine Anzeige von Max in einem Wochenjournal ließ Sophia damals neugierig werden und sie entschloss sich, auf die folgenden gelesenen Worte zu antworten:
„Suche nette und kollegiale Begleitung zur Bewältigung einer Trekkingtour im Spätsommer über die Alpen.“
Sophia schwirrte genau die gleiche Idee schon seit geraumer Zeit im Kopf herum, und sie fand diese Seelenverwandtschaft interessant genug, um auf diese Annonce zu antworten.
Sie wollte einfach ihre Neugier befriedigen und sehen, welche Karten ihr Schicksal für sie in ihrem Spiel des Lebens bereithielt. Sophia, eine brünette, damals 23-jährige Französisch und Geographie-studierende sportliche Erscheinung mit ausdrucksvollen, etwas mandelförmigen,
grün-braunen Augen, war nie das mit Puppen spielende Mädchen. Sie liebte mehr das aktive Leben in der Natur und freute sich immer auf die ausgedehnten Wanderungen mit ihren Eltern in ihrer Heimat, dem wunderschönen Hunsrück. Irgendwann, als sie älter wurde und ihr Abitur in der Tasche hatte, wurde es ihr aber hier doch zu ruhig, und sie wählte als Ort ihres Studiums die Stadt Berlin.
Maximilian wurde hier vor 24 Jahren geboren. Seine Eltern waren beide Lehrer und er wusste lange Zeit nicht, was er studieren sollte, bis er sich irgendwann für die Fächer Religion und Philosophie entschied. Er interessierte sich für so vieles, aber er konnte keinem anderen Studiengang letztendlich soviel abgewinnen, dass es dazu ausgereicht hätte, sich dafür in der Universität einzuschreiben.
So blieb es dann bei evangelischer Religion und Philosophie, und über seine weitere berufliche Zukunft machte er sich keine allzu große Gedanken. Ihn interessierte das Studium mehr privat. Es gab viele offene Fragen, die ihn interessierten, und er hoffte, im Umfeld seiner Kommilitonen einige Gleichgesinnte zu treffen, mit denen er darüber diskutieren konnte.
Zu gerne würde er an Gott glauben, aber es fehlte ihm dazu die richtige Überzeugung. Wenn man die ganze Ungerechtigkeit auf der Erde sieht, konnte es da überhaupt einen gerechten Gott geben?
Die Zweifel an seinem Glauben überwogen oftmals dem blinden Vertrauen an seine Existenz.
Max kam in dieser Frage nicht weiter und dachte sich, vielleicht ist es gar nicht so wichtig, es zu wissen, vielleicht sollte man lieber sein Leben als Geschenk sehen und es genießen. Er hatte zumindest jetzt dafür die Zeit und wollte erst einmal die Erfahrung auskosten, mit einem anderen Menschen das Abenteuer zu wagen, ganz allein auf sich alleine gestellt zu sein.
Max suchte zuerst im Internet in einer Social Media Plattform nach einem geeigneten Reisepartner, aber hier fand er nur Kandidaten, die ihm partout nicht zusagten. Sein Plan war, zu Fuß die Alpen zu überqueren, und er brauchte dazu einen Menschen, der ihm wirklich hundertprozentig sympathisch war. Erst diese mickrige kleine Fließtext-Annonce in dem Wochenjournal, von der er zuerst dachte, sie sei eigentlich völlig sinn- und zwecklos, brachte den Erfolg und führte sie somit das erste Mal in einem kleinen, gemütlichen Café, mitten in Berlin zusammen. Das war Anfang April, und das bei herrlichstem Wetter.
Um sich gegenseitig zu erkennen, vereinbarten sie in einem telefonischen Vorgespräch, dass sie einen roten Fedora-Hut, und er eine grün-schwarze Ballonmütze tragen würde. Die besagten Utensilien hatte jeder in seinem Kleiderfundus, deswegen entstand hierfür keinerlei Aufwand etwas extra besorgen zu müssen.
Sie fingen beide laut an zu lachen bei dieser Idee, weil es sich anfühlte wie eine Szene in einem uralten kitschigen, amerikanischen Kinofilm. Die anfängliche Sterilität eines allerersten Telefongespräches wich schon nach einigen Minuten einer aufgelockerten, ja fast vertrauten Atmosphäre.
Als Max einige Tage später das Café für das reelle Meeting betrat, schaute er voller Spannung auf alles, was ihm rot in die Augen sprang, nur einen Hut in dieser Farbe suchte er vergebens.
Etwas enttäuscht setzte er sich an einen Tisch und wartete etwa vier bis fünf Minuten, bis sich die Tür öffnete, und die junge hübsche Frau mit dem roten Fedorahut den Raum betrat. Max war von ihrem Erscheinungsbild direkt angetan und hob seinen rechten Arm, um sie damit an seinen Tisch zu dirigieren. Sie lächelte ihm sofort zu, denn auch sie war freudig überrascht, dass sie in Max einen für sie doch sehr attraktiven Mann entdeckte.
Er hatte leicht gewelltes, fast schulterlanges blondes Haar und blaue Augen. Seine Figur war schlank und mit 1,85m eine nicht zu übersehende Erscheinung.
Da jeder der beiden sehr offen und überhaupt nicht wortkarg war, entwickelte sich schnell eine angeregte Unterhaltung, bei der jede Menge gelacht wurde. Schnell wurde den beiden jungen Menschen klar, dass man ganz gut zusammen passte, gemeinsam die Alpen auf Schusters Rappen zu überqueren.
Im späten Sommer, noch in den Semesterferien sollte es losgehen, der Start wäre in Garmisch-Partenkirchen, das Ziel Brescia, danach ein kurzer Abstecher zum Gardasee, und dann mit dem Zug zurück.
Sophia wollte nicht das ultimative Abenteuer, deshalb war ihre einzige Bedingung, wenigstens eine Tour mit Einzelzimmern in Hotels und dem Komfort der Gepäckmitnahme von Etappe zu Etappe.
Max verzog bei diesen Bedingungen etwas die Mundwinkel, er wollte lieber das richtige Abenteuer als eine durchorganisierte, für ihn doch etwas langweilige Wanderung.
Aber er hatte keine andere Wahl als zuzustimmen, oder den ganzen Plan der Alpenüberquerung an den Nagel zu hängen.
Es sollte sich später noch herausstellen, dass er eigentlich froh über Sophias Bedingung sein konnte, denn seine etwas selbst überschätzende Art, wie sie oft bei jungen Männern anzutreffen ist, hätte beiden auf einer gänzlich unorganisierten Tour doch erhebliche Schwierigkeiten beschert.
Um sich für die gemeinsame Unternehmung etwas vorzubereiten, trafen sich beide in den nächsten Wochen im Berliner Umland, um die neuen und noch etwas steifen Trekking Schuhe einzulaufen, und sich bei einigen tiefer gehenden Gesprächen näher kennenzulernen.
Komischerweise bildete sich bei Max, der ja nie und nimmer damit rechnete, eine Blase an seinem rechten großen Zeh, und er fing an, doch etwas wegen der Schmerzen zu jammern.
Sophia linderte diese umgehend durch das Aufkleben eines speziellen Pflasters, das sie wohlweislich vorausschauend mitgenommen hatte. Max war ein Mensch, der sich über alles seine Gedanken machte, nur eben nicht die an ein Pflaster, dafür war er doch irgendwie zu unbesorgt. Für ihn existierte einfach kein Risiko, für das man sich im Vorfeld rüsten musste, um größeren kommenden Problemen so aus dem Weg gehen zu können.
Durch die oftmals weitsichtigere und mehr ins Detail gehende Planung von Sophia wurde bei allen kommenden Unternehmungen sichergestellt, dass nicht ein winziges Glied in der Kette fehlte, welches aus einer kleinen Nichtigkeit ein großes Problem werden lassen könnte.
Sehr bedacht und mit ausgeglichenem Denken ging Sophia an jede Sache, während Max doch mehr von seiner Spontanität geleitet wurde. Aber sie verstanden sich sehr gut, vielleicht gerade wegen ihrer unterschiedlichen Art. Plus- und Minuspole ziehen sich ja bekannterweise immer an.
Nach ein paar kürzeren Testwanderungen im Umland von Berlin war man gerüstet für die abenteuerliche Trekkingtour von Südbayern nach Norditalien.
Zwischen Mitte und Ende August, als die drückende Sommerhitze einem kühleren und zum Wandern freundlicherem Klima Platz machte, brachen die beiden auf.
Mit dem Auto von Sophia, einem älteren pinkfarbenen Renault Twingo, ging die Fahrt an einem Donnerstagmorgen los in Richtung Garmisch-Partenkirchen.
Da Max partout nicht alles bis ins Kleinste durchorganisiert haben wollte, vereinbarten sie, dass zwar die Unterkünfte für die Nächte im Vorfeld organisiert wurden, aber vieles andere auch nicht. Zum Beispiel sollte das Gepäck nicht von einem Transportdienst immer an den nächsten Übernachtungsort gebracht werden, sondern auf ihren Rücken die gesamte Tour ihr persönlicher gewichtiger Gast sein. Sie wollten ihre eigenen Lastesel sein, was den Vorteil hatte, dass sie von der Zahnbürste bis zum Essbesteck immer alles direkt parat hatten. Zumindest Max konnte damit viel besser leben, als in einer seiner Ansicht nach spießigen Rentnersafari, die sich für ihn anfühlte wie ein langweiliges Pauschal-Urlaubsangebot für ein Massenpublikum.
Sophia schwankte am Anfang in ihrer Meinung, fand aber zum guten Schluss die Unabhängigkeit auch besser. Die gesamten Utensilien, die sie brauchten, passten nach wohlüberlegter Planung in zwei Rucksäcke, die sich vom Gewicht her auch noch sehr gut tragen ließen.
Max und Sophia kannten sich jetzt schon einige Monate, und nach einer Probewanderung durch den Spreewald, bei der sie abends an einem Lagerfeuer wie zwei Kinder ihre Würstchen am Stock in die Flammen hielten, trafen sich ihre Blicke wie schon so hunderte Male zuvor.
Nur diesmal fokussierten ihre Pupillen nicht nur das Auge des Anderen, sondern ihre Blicke gingen tiefer und tiefer, bis beide den unwiderstehlichen Drang verspürten, sich ganz nah zu kommen. Dieses Geschehen wurde unterstützt durch ein undefinierbares Kribbelgefühl im Bauch, und es passierte, dass der Magnetismus der beiden Körper immer stärker wurde und ihre Lippen sich berührten. Sie konnten ihre Zuneigung, ja die Sucht auf den Anderen nicht mehr unterdrücken, und die Anziehungskraft der Liebe entfaltete ihren ganzen Sog.
Zuerst war es nur ein etwas oberflächlicher Kuss, der sich aber in kürzester Zeit zu einer ekstatischen und wilden Knutscherei der beiden eng umschlungenen Körpern entwickelte.
Sie spürten sich beide immer intensiver - bis zu einem „Point of no Return“, bei dem es nur noch in der Richtung weiterging, die für Max und Sophia in einem unbeschreiblichen Glücksgefühl endete.
Aus zwei Menschen, die sich zufällig auf Grund einer Zeitungsannonce kennenlernten, ist ein sich liebendes Paar geworden.
Jeder wohnte noch alleine, fast 15 Kilometer von einander entfernt, Berlin ist riesig.
Max noch bei seinen Eltern in Charlottenburg, während Sophia vor knapp zwei Jahren eine günstige Wohnung in Spandau mieten konnte, als sie zum Studieren in die Hauptstadt umzog.
Sie hatte die ersten zwei Monate hier großes Heimweh nach ihrer vertrauten Heimat, einem kleinen Dorf zwischen Simmern und Kastellaun im Hunsrück.
Sie vermisste ihre Eltern, die Oma, ihre ältere Schwester, die jüngeren Bruder, ihre Freundinnen, und und und. Die Entscheidung, in Berlin zu studieren fiel ihr damals leicht, als die Beziehung zu ihrem damaligen Freund nach drei Jahren scheiterte. Sie fand sich in dieser, für sie einseitigen Freundschaft überhaupt nicht mehr wohl, denn sie wollte ihr Leben nicht nach den etwas veralteten dörflichen Regeln ausrichten, in der der Mann das Sagen hat. In ihrer begrenzten Lebenszeit geplante Kinder groß zu ziehen, und als unbezahlte Haushaltshilfe zu funktionieren war überhaupt nicht in Sophias Sinn. Nein, dann war der Ausbruch und der Plan, in Berlin neue Lebensluft zu schnuppern doch die bessere Lösung.
Hier ticken die Uhren anders. Hier siehst du aus wie du willst, nicht wie es die Anderen von dir erwarten. Ja, es ist ihr Leben, nicht das der Dorfgemeinschaft, die immer etwas erwartet, zu was sie zu geben nicht bereit war, und was weit außerhalb ihrer Vorstellung von einem selbstbestimmten Leben lag.
Deswegen hatte sie auch die kleine Annonce so angesprochen – zu Fuß über die Alpen.
Hier spürt man bestimmt die Freiheit, die wirklich nichts mit den Zwängen in ihrem Hunsrückdorf zu tun hatte. Ihr sagte schon immer das freie Denken der Hauptstadt zu, und jetzt lebte sie hier und ihr Schicksal hat für sie obendrauf eine neue Liebe gefunden. Aus diesem kleinen Hauch der Liebe ist jetzt ein Sturm geworden, der imstande war, auch das letzte Heimweh wegzuwehen.
Maximilian hatte eine sehr angenehme Kindheit, er wuchs in seinem Elternhaus in Charlottenburg, in einer etwas abgelegenen und ruhigen Seitenstraße auf. Sein Vater hatte das ansehnliche Anwesen von seinem Vater geerbt, und der wiederum von seinem. In der heutigen Zeit hätte es sich das Lehrerehepaar niemals leisten können, ein solch prachtvolles Gebäude auf ein solch großzügig geschnittenes Grundstück zu bauen, deshalb waren sie unendlich dankbar für diesen Berliner Luxus, der ihnen einfach ohne eigenes Zutun in den Schoß gelegt wurde.
Maximilians Großeltern wohnten in seiner Kindheit noch mit in dem großen Haus, und sie waren die meiste Zeit seine größten Bezugspartner. Seine berufstätigen Eltern hatten außer ihren täglichen Dienstzeiten noch viele abendliche Verpflichtungen wie Besprechungen oder Elternabende, die sie wahrnehmen mussten.
Max wurden in diesem lebenswerten Umfeld des intakten Bildungsbürger-Elternhauses immer alle Gelegenheiten angeboten, in die verschiedensten Gebiete, die ihn interessierten, reinzuschnuppern.
Ob es um Sport oder etwas Technisches ging, alle Interessen wurden von seinen Eltern und Großeltern gefördert, und somit hatte er eine gute Basis für sein Leben mitnehmen können.
Da ihn so vieles begeisterte, konnte er sich aber letztendlich nicht für das eine festlegen, was sein zukünftiges Leben ausmachen sollte. Und so schrieb er sich eben ein halbes Jahr nach seinem Abitur in das Studium der Religion und Philosophie ein, weil er diesen beiden Fächern ein reges und bleibendes Interesse widmete.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens fesselten ihn genau so wie die Frage nach einem Gott. Er war schon so lange am zweifeln, seit er die vielen Ungleichheiten auf der Welt wahrnahm – gibt es einen gerechten Gott, der eine Verbindung zu den Menschen hat, oder nur einen Schöpfer, der alles materialistische wie den Weltraum und die dazugehörige Physik und Chemie geschaffen hat?
Oder existiert er gar nicht? Wir armselige Menschen können uns das alles mit unserer bescheidenen und oft eingebildeten Intelligenz bestimmt nicht alles erklären. Wenn auch einige Wissenschaftler denken, sie hätten das Geheimnis des Universums endlich gelüftet, so gibt es jedes Jahr doch wieder neue Erkenntnisse, die das alte Wissen in Frage stellen.
Wird es die Menschheit jemals erfahren, oder hat sie sich wirklich in hundert Jahren sogar selbst vernichtet, nur weil einige glauben, dass Geld und Börsen im Mittelpunkt aller Geschehnisse stehen müssten.
Er ging mit diesen Gedanken zweifelnd durch das Leben und die neue Liebe, die er in Sophia fand, tat ihm sehr gut und lenkte ihn von Gedankenspielen ab, die ihn am Ende doch nicht weiter brachten.
Da war es doch viel einfacher und übersichtlicher, einen Rucksack zu packen, und mit einem Idealpartner wie Sophia die Herausforderung anzunehmen, die phantastische Naturerscheinung der Alpen zu Fuß zu überqueren.
Als sie in Garmisch-Partenkirchen losmarschierten,
wurden sie von schönstem Wetter begleitet – ein wolkenfreier und strahlend blauer Himmel bei 25 Grad bildete die beste Voraussetzung für die erste Etappe.
Max und Sophia hatten einige Tage zuvor auf einem Campingplatz ihr im Rucksack verstautes Zelt zum Ausprobieren aufgebaut und getestet, ob sie wirklich alle benötigten Utensilien für die Alpenüberquerung mit dabei hatten, denn in den Bergen gab es so gut wie keine Gelegenheit mehr, etwas Fehlendes zu kaufen.
So wie es aussah, hatten sie wirklich nichts vergessen, und nachdem sie geschlafen, geduscht und gefrühstückt hatten, waren sie startklar für die erste Etappe, die sie durch die Partnachklamm hinauf bis zur Knorr-Hütte brachte. Sie hatten sich bis zum Abend aus einem ihrer Rucksäcke mit zuvor am Morgen angemachtem Müsli verpflegt, und freuten sich jetzt auf ein deftiges Hüttenessen. Danach fielen sie todmüde in ihr Schlafgemach.
Da es fast nur bergauf ging, war die Batterie ihrer Muskelkräfte fast entleert und als ihr Körper in die Waagrechte verlagert wurde, schaltete ihr Gehirn direkt auf Erholung durch tiefen Schlaf.
Schon sehr zeitig am Morgen wurden sie bei Sonnenaufgang durch aufwachende Mitschlafende, die sich um diese Zeit schon reisefertig machten geweckt, und jetzt spürten sie ihre vom Tage vorher strapazierten Muskeln. Sie sahen sich an, und ein etwas leidender, aber doch fröhlicher Blick veranlasste sie zu einem gemeinsamen Lachen, bei dem sie ihre Verwunderung über die mangelnde Fitness, die ihnen bis zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst war, einfach versuchten weg zu beamen.
Als er kleine Saal endlich frei von allen Mitschläfern war, kuschelte sich Sophia noch ein Viertelstündchen zu Max in den Schlafsack, bevor sie auch aufstanden und der Tag im Waschraum seinen Anfang nahm.
Im Frühstücksraum sahen sie aus dem Fenster das Bergpanorama und den stahlblauen Himmel mit einer kräftig gelben Sonne. Sie spürten fast keinerlei Schmerzen mehr in ihren Muskeln und freuten sich auf diese zweite Tagestour durch die Bergwelt Richtung Brescia.
Da die Zwei es in Berlin gewohnt waren, fast immer von Menschen und der Geräuschwelt der Großstadt umgeben zu sein, war dieses ein Erlebnis wie in einer anderen Welt, das unvergleichbare Alleinsein in der Natur.
Nur sie beide und die Stille der Bergwelt, das leibhaftige Paradies. Sophia erzählte Max von ihrem Heimatdorf im Hunsrück, und dass sie dachte, dort wäre es sehr ruhig, aber was sie hier erlebte, überwältige sie absolut positiv.
Auch für Max war diese Stille immens beeindruckend, er hörte überdeutlich jedes Krachen der Steine unter seinen und Sophias Schuhen.
In der Stadt sind solche Geräusche gar nicht wahrnehmbar, sie werden von anderem, lauterem Gewirr der ganzen Unruhe einfach totgetrampelt.
Sie redeten darüber, ob es nicht viel schöner wäre, ihr Leben in Zukunft ganz hier zu verbringen und dem hektischen Stadtleben den Rücken zu kehren.
Sie hatten auch das Gefühl, dass die Zeit hier oben in der Stille viel langsamer abläuft. Max sagte, es liege wahrscheinlich an der fehlenden Ablenkung, die einen im Trubel der Stadt Lebensminute um Lebensminute stiehlt.
Sie setzten sich auf einen großen Stein und packten aus einem ihrer Rucksäcke ihr mitgenommenes Vesperbrot und die Flasche mit etwas gesüßtem Tee aus, den sie heute morgen beim Frühstück aus der Hütte mitnahmen. Ein Rucksack war für Verpflegung und andere kleinere Sachen, an die man immer mal ran musste, in dem anderen waren das Zelt, Isoliermatten, der kleine Kocher und zwei dünne Regenjacken, falls das Wetter doch mal seine schlechte Laune zeigen sollte.
Im Moment jedenfalls lachte der Himmel noch und es sah auch nicht danach aus, als ob er vorhatte, heute noch zu weinen.
Es machte einfach Spaß, mit einem Menschen, den man liebt, ein solches Abenteuer zu erleben.
Die Unterhaltungen des Paares wurden ab und an philosophisch und man einigte sich darauf, dass man nicht immer eine Erklärung nach dem Sinn des Lebens finden müsste, sondern dass es ausreiche, es zu genießen und man sich genau das als Lebensziel setzen sollte. Man redete auch darüber, dass nicht immer alles weiter wachsen müsste, und dass der Mensch sich nur noch als Sklave seiner selbst in einem selbstgemachten Hamsterrad totläuft.
Der Begriff des immer Weiterwachsens einer Wirtschaft würde irgendwann geradewegs zum Zusammenbruch derselben führen, da viele kleinere Unternehmen in diesem gnadenlosen Wettbewerb einfach weggefegt werden würden, und am Ende nur noch einzelne diktatorische Konzerne ihre Herrschaft über alles ausbreiten. Immer mehr Menschen würden dann am Ende dieses Spiels ohne, oder nur mit einer minder bezahlten Hilfsarbeit auf der Straße sitzen.
Man kann nicht alles bis ins Unendliche rationalisieren und steigern, bis der Wettbewerb nur noch billigen Schrott produziert, der letztendlich auch noch unsere angeschlagene Umwelt dahinrafft. Und die gesamte Verteilung wird dabei immer ungerechter, Reiche werden reicher, Arme noch ärmer.
Die Politik, die das Ganze durch gerechte Steuern in Einklang bringen könnte, sieht lächelnd zu und erzählt ihrem Volk, dass alles im Guten enden wird. Das kann es gar nicht, die Weichen sind so gestellt, dass irgendwann einige in Saus und Braus leben, und die anderen fast verhungern.
Der Tag hatte so harmonisch angefangen und Max war fast an der Grenze, ihn für längst bekannte negative Gedanken zu opfern. Sophia brachte ihn aber mit einem sinnlichen Ablenkungsmanöver wieder auf den Pfad des Genießens.
Das Panorama der Berge war zu schön, um sich den Tag mit menschengemachten Problemen zu versauen, sie würden es sowieso nie kapieren und sich in den nächsten hundert Jahren mit ihrem sogenannten Fortschritt, der Überbevölkerung und ihrem verlogenen Umweltschutz auf Kosten von neuen Geldvermehrungsideen selbst ausrotten.
Nach der Vesper wanderten sie noch weiter bis in die frühen Abendstunden, und kehrten dann wieder zum Essen und Schlafen in eine Berghütte ein.
Nach dem dritten Tag machte Max den Vorschlag, die nächste Nacht einmal zum Trekking Abenteuer werden zu lassen und in der freien Natur zu übernachten. Sophia hatte keine Bedenken und stimmte seinem Plan zu, das Wetter war noch gut, was konnte da schon passieren?
Sie bauten an einer flachen Stelle ihr Zelt auf, und Max suchte etwas Brennmaterial für ein kleines Lagerfeuer. Sophia richtete in der Zeit das Schlafgemach aus den Isomatten und den beiden Schlafsäcken in dem kleinen Zelt her, dessen Aufbau sie vorher gemeinsam gekonnt bewerkstelligten.
Es folgte eine überaus beruhigende Dämmerung, die übergangslos einen überwältigenden Sternenhimmel hier in der Natur in Szene setzte.
Es fühlte sich an wie in einer anderen Welt – es fühlte sich nicht nur so an, ja, es war eine andere Welt als die weiter unten, in der sich die Menschen von ihrem Stress und ihren Sorgen leiten ließen.
Die Nacht war gekommen und beide schlummerten gemütlich ein, bis sie in den frühen Morgenstunden von einem Geräusch geweckt wurden, dass sie noch nie gehört hatten, und dass ihnen etwas Angst einflößte.
Es hörte sich an wie polternde Steine, die an einer Felswand entlang schürften und danach in einem Geröllfeld ausrollten. Max öffnete blitzschnell den Reißverschluss am Zelteingang und sah in Richtung des bedrohenden Donnerns. Es war noch zu dunkel um genau zu erkennen, was die genaue Ursache war, und gerade diese Unkenntnis löste eine echte Angst in beiden aus, der sie dringend entkommen wollten. Sie erinnerten sich daran, dass der Platz, auf dem sie das Zelt aufbauten, auf einer Anhöhe stand und zu dem Berg, von dem das Tosen kam durch eine Schlucht von ihnen getrennt war. Es war ihr Glück, dass sie gestern Abend diesen Platz gewählt hatten. Hätten sie ihren Lagerplatz eine halbe Stunde später fixiert, wären sie genau an dem Unglücksort gewesen und einer dieser todbringenden Ungetüme hätte sie getroffen.
Der romantische Sternenhimmel hatte sie am Abend vorher verblendet und das nahende Unglück ganz verborgen und verschwiegen.
Sie waren überglücklich, dass es ihr Schicksal so gut mit ihnen meinte und Sophia dankte ihrem christlichen Gott dafür, Max allen guten Geistern oder einem höheren Wesen, das man vielleicht auch Gott nennen könnte, aber er müsste dann für alle Religionen zuständig sein. Denn wenn jede Religion ihren eigenen Gott hat, dann gibt es ja doch viele Götter, was sich ja eigentlich ein wenig widerspricht, denn es kann doch theoretisch nur EINEN geben, der am Anfang alles erschaffen hat. Gäbe es mehrere, wären sie ja auch von dem einen GOTT erschaffen worden. Und was für ein Zufall, dass gerade Jesus der einzige Sohn von Gott ist, und der ist nur fürs Christentum zuständig.
Wirklich sehr merkwürdig.
Aber ach so - das haben sich ja nur einige „Glaubensorganisatoren“ so ausgedacht und damit ihre Macht gnadenlos missbraucht. Man konnte sich von seinen Sünden freikaufen wenn man zahlungskräftig genug war, oder aber auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Ganz wie ein größenwahnsinniger und hochgeistlicher Diktator, der sich einbildete, zwischen Gott und den Menschen zu stehen, das entschied. Zum Glück leben zumindest die Christen nicht mehr in dieser dunklen Zeit.
Max und Sophia waren auf ihrem kleinen Plateau in Sicherheit, und sie warteten ab, bis der neue Tag mit seiner Helligkeit die Angst ausblendete, dann bauten sie ihr Lager ab, verstauten alles in den beiden Rucksäcken und machten sich auf zur nächsten Hütte, um etwas mehr von diesem Ereignis zu erfahren. Diese erreichten sie erst nach einem Fußmarsch von ca. zwei Stunden, und auf dem Weg dort hin hörten sie zwei Hubschrauber, die eine Stelle an dem Unglückshang anflogen.
Die Gerölllawine war auch hier in der Hütte das Tagesgespräch Nummer1 und es wurde erzählt, dass drei Bergsteiger, die auch in ihren kleinen Zelten von den herabfallenden Felsbrocken überrascht wurden, dieses Horrorszenario wahrscheinlich nicht überlebt haben. Wie das Schicksal entscheidet, an welchem Ort man sich zu welcher Zeit aufhält – ist es einfach Zufall oder doch die Entscheidung einer höheren Macht?
Sophia und Max kamen mit großem Hunger hier an, aber bei diesen Nachrichten machte ihr Magen dicht, und sie entspannten ein wenig bei einer Dusche und einem anschließenden Tee.