Der kleine Seemann in der Zeit - Verena Gross - E-Book

Der kleine Seemann in der Zeit E-Book

Verena Groß

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Beschreibung

Notgedrungen muss der kleine Seemann sein Zuhause verlassen. Er geht auf Wanderschaft, um seine Bestimmung und um Freunde zu finden. Doch nicht nur der Fürst der Einsamkeit und die gierigen Piraten wollen seine Suche zum Scheitern bringen. Erst als ihm eine alte Schildkröte ihre Zauberworte verrät und er die "Heiligen Tafeln der einfachen Wahrheit" entdeckt, scheint sich sein Schicksal zum Guten zu wenden. Bis er auf den hoffnungslosen Erfinder trifft ... Kann seine fantastische Abenteuerreise noch ein gutes Ende nehmen?

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Seitenzahl: 114

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Für Alexander

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Der kleine Seemann⋅in⋅der⋅Zeit

Kapitel 2

Der kleine Seemann⋅in⋅der⋅Zeit findet eine Freundin

Kapitel 3

Die Zauberworte

Kapitel 4

Der Seemann macht die Leinen los

Kapitel 5

Wie der Seemann das Schiff des Lebens verliert und die „Heiligen Tafeln der Einfachen Wahrheit„ findet

Kapitel 6

Der Seemann⋅in⋅der⋅Zeit will sich opfern

Kapitel 7

Der Seemann⋅in⋅der⋅Zeit und Ichbinda gehen getrennte Wege

KAPITEL 1
Der kleine Seemann⋅in⋅der⋅Zeit

Zu der Zeit, als der kleine Seemann geboren wurde, hatten die mächtigen Herrscher damit begonnen, hohe Mauern um die Städte der Bürger bauen zu lassen. Auf diese Weise wollten sie verhindern, dass die Menschen die Freiheit in der Weite des Landes suchen konnten und das Volk zwingen, sich ihrer Alleinherrschaft zu unterwerfen. Viele Bürger versuchten sich vor der Willkür der Staatsgewalt zu schützen, indem sie sich in ihre eigenen vier Wände zurückzogen. Und die wenigen Menschen, die es wagten, die neu erlassenen Gesetze der Herrscher in Frage zu stellen, hatten ein schweres Leben, weil sie sich nicht auf die Hilfe ihrer Mitbürger verlassen konnten.

Schon früh lernte der kleine Seemann⋅in⋅der⋅Zeit die Sorgen der Alten kennen, denn seine Eltern gehörten zu diesen stillen Rebellen, die den Beteuerungen der Herrscher keinen Glauben schenken wollten. Immer wieder warnten sie ihn davor, anderen Menschen zu vertrauen, weil sie fürchteten an die Staatsgewalt verraten zu werden. Aus diesem Grund hatte der kleine Seemann auch keine Freunde und musste alle Prüfungen der Kindheit allein bestehen. Sobald er flügge geworden war, stießen ihn seine Eltern aus dem Nest der Geborgenheit, um ihren geheimen Kampf allein weiter zu führen. Und sie trösteten ihren Sohn damit, dass seine noch zarten Flügel der Erfahrung an den Herausforderungen des Alltags erstarken würden.

Notgedrungen begann der kleine Seemann⋅in⋅der⋅ Zeit sich auf die Suche nach einem Beruf zu machen, der seinem Leben einen Sinn geben würde. Er wollte viel lernen und ein gehorsamer Lehrling sein. Doch welchem Handwerk er sich auch widmete und welchen Herausforderungen er sich auch stellte, immer wieder bemerkte er, dass er seiner Arbeit nicht so viel Aufmerksamkeit schenken konnte, wie er es von sich erwartete. Obwohl er sich wirklich sehr bemühte – er fand einfach keine Berufung, die seinen forschenden Geist ausreichend zu beschäftigen vermochte.

Da begann der kleine Seemann sich eines Tages zu fragen, warum er keine befriedigende Aufgabe finden konnte. Lag es an den verschiedenen Berufen, die er kennengelernt hatte oder vielleicht doch an ihm selbst?

Um sich in aller Stille mit dieser Erkenntnis auseinanderzusetzen, fasste er den Entschluss, in einer verlassenen Burg Zuflucht suchen. Sie gehörte dem Fürsten der Einsamkeit. Aber das erfuhr der kleine Seemann erst, als der Fürst die Zugbrücke der Burg hochziehen ließ und ihn gefangen nahm! Bald saß er traurig in seinem dunklen, engen Verlies und zermarterte sich den Kopf, wie er nur entfliehen könnte. Es verging einige Zeit, bevor der kleine Seemann sich darüber klar wurde, dass es ihm einfach an Stärke und Erfahrung fehlte, um dem Fürsten der Einsamkeit Einhalt zu gebieten und die Mauern seines Gefängnisses niederzureißen. Aus diesem Grund und auch, weil er sich nicht anders zu helfen wusste, beschloss er, sich auf den Weg zu einer weiten Reise durch sein inneres Selbst zu machen.

Viele Tage zog der kleine Seemann⋅in⋅der⋅Zeit ziellos umher. Schließlich gelangte er zur Küste, besann sich dort auf seinen Namen und besorgte sich ein Segelboot, um damit über das Meer zu fahren. Wochenlang kam er jedoch kaum voran, weil eine große Flaute über dem Meer herrschte und das Segel seines Bootes nur schlaff am Mast herunter hing. Also nahm er die Ruder zur Hand und versuchte, sich aus eigener Kraft vorwärts zu bewegen. Das strengte den kleinen Seemann sehr an, und weil er nicht genügend Verpflegung mitgenommen hatte, wurde er sehr krank. Er hatte Schmerzen und ihn quälten trostlose Gedanken. So allein mitten auf dem Meer fühlte er sich sehr einsam. All das musste er ertragen, bis eines Tages endlich die Winde der Hoffnung sein Segelboot an den Strand einer Insel trieben.

Das von ihm herbeigesehnte neue Land trug den Namen „Insel des Vertrauens„. Durch diese Verheißung gestärkt und ermutigt, kletterte der kleine Seemann über die Klippen des Strandes. Voller Erwartung wunderschöne Blumen, zauberhafte Tiere und geheimnisvolle Landschaften zu entdecken, begab er sich in das Landesinnere der Insel.

Aber er wurde enttäuscht: in welche Richtung er sich auch wendete, er fand nur steinige, unfruchtba re und unbewohnte Einöde vor. Da verließ den kleinen Seemann⋅in⋅der⋅Zeit endgültig die Kraft weiter zu gehen und er setzte sich inmitten dieser Einöde nieder – so erschöpft, dass es ihm gleichgültig war, was nun geschehen würde.

Er fiel in einen tiefen, aber unruhigen Schlaf. Alpträume begannen ihn zu peinigen, in denen er in finsteren Höhlen auf der Suche nach dem Schatz der Erkenntnis mit bösartigen Drachen um sein Leben kämpfen musste. Auf immer wieder neuen Wegen bemühte er sich, an den Schatz heranzukommen. Aber sobald er ihn von Ferne leuchten sah, erschienen die feuerspeienden Drachen und vertrieben ihn. Der kleine Seemann wollte jedoch lieber sterben, als sich von ihnen verjagen zu lassen. Und so beschloss er, sich ihnen in einem allerletzten Kampf zu stellen.

Doch in dem gleichen Moment, in dem er diese Entscheidung getroffen hatte, erwachte er. Verwirrt schaute sich der kleine Seemann⋅in⋅der⋅Zeit um. Er hatte keine Ahnung, was er nun unternehmen sollte. Demütig erkannte er, wie hilflos er war, und dass er seine Reise nicht allein fortsetzen konnte. Angestrengt dachte er nach, aber er fand einfach keinen Ausweg aus seiner Lage. Beinahe hätte der kleine Seemann doch aufgegeben, sich irgendwo verkrochen und auf sein Ende gewartet. Aber glücklicherweise hatte das Schicksal einen anderen Plan für ihn.

Als er so verloren in dieser einsamen Gegend saß, versunken in seine hoffnungslosen Gedanken, erschien plötzlich eine Fee. Sie setzte sich zu dem kleinen Seemann⋅in⋅der⋅Zeit und wartete ab, bis er sie bemerkte. Zuerst dachte er, ein neuer Traum hätte ihm diese märchenhafte Gestalt geschickt und er hatte wenig Lust, sich auf ein neues Abenteuer einzulassen. Doch dann gelangte er zu der Einsicht, dass es in seiner Lage ohnehin gleichgültig war, was er täte und so fragte er die Fee, ob er nur träumte, dass sie da sei oder ob sie wirklich zu ihm gekommen wäre. Aufmunternd, aber auch etwas geheimnisvoll antwortete ihm die Fee, sie würde so wirklich bei ihm sitzen, wie er es wünschte.

Der kleine Seemann war verunsichert und schwieg, weil er nicht wusste, was er sagen sollte. Da der Zeitpunkt aber günstig war, begann die Fee ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Es interessierte sie, warum er auf die Insel gekommen war und auch, was ihn so traurig machte. Mit der neuen Erkenntnis, nicht erfahren genug zu sein, um allein einen Weg aus seiner Lage finden zu können, fing der kleine Seemann⋅in⋅der⋅Zeit an, der Fee sein Herz zu öffnen. Er erzählte ihr, dass er auf der Suche nach seiner Bestimmung wäre, dass ihn die Winde der Hoffnung zu dieser Insel geführt hätten, und dass er verzweifelt sei, weil er keine Ahnung hatte, was er als Nächstes unternehmen könnte, um seine Reise fortzusetzen. Die Fee hörte ihm geduldig zu und stellte ihm weitere Fragen, bis sie einen Eindruck davon bekam, auf welche Art und Weise sie dem kleinen Seemann helfen konnte.

Ein neuer Tag begann. Über der tristen Einöde der Insel des Vertrauens erhob sich die Sonne am Horizont in wunderschönen rötlichen Farben vor einem klaren blauen Himmel und verheißungsvoll geformten weißen Wolken. Die Fee holte einen kleinen Stoffbeutel hervor, öffnete ihn und entnahm ihm ein paar Körner, die sie dem kleinen Seemann⋅in⋅der⋅Zeit gab. Sie erklärte ihm, dass dies Samen des Lebensbaumes wären, und dass er sie einpflanzen, düngen und achtsam pflegen sollte. Wenn er das tun würde, wollte sie für reines, kraftspendendes Wasser sorgen.

Weil er froh darüber war, sich endlich mit etwas Neuem befassen zu können, begann der kleine Seemann sofort mit der Arbeit. Er suchte sich ein geeignetes Stück Land, bereitete den Boden vor und säte dann die Körner aus. Mit viel Eifer ging er ans Werk: Tag für Tag lockerte er den Boden, düngte die Erde und bewässerte die Saat. In dem kargen Boden der Insel des Vertrauens dauerte es lange, bis die Samenkörner des Lebensbaumes anfingen zu wachsen. Als die ersten Keimlinge vorsichtig ihre Triebe der Sonne entgegenstreckten, war der kleine Seemann sehr glücklich darüber, dass seine Mühe Erfolg hatte. Und er konnte es kaum erwarten, dass die Setzlinge des Lebensbaumes anfangen würden zu blühen.

Die Jahreszeit wandelte sich, Herbstgewitter kündigten die herannahende Kälte des Winters an und Stürme tobten ungeduldig über die Insel. Auch die Pflanzen auf dem Acker des kleinen Seemannes waren dem Unwetter ausgeliefert. Umso heftiger der Wind wehte, desto mehr Sorgen machte er sich um seine heranwachsenden Lebensbäume, denn die Pflanzen waren noch so zart und verletzlich, dass sie von solchen Sturmwinden leicht umgeknickt werden konnten. Eines Tages rief er die Fee und sagte ihr, dass er Angst hatte, die Stürme könnten seine Pflanzen entwurzeln und damit die Ernte zunichte machen. Doch die Fee beruhigte den kleinen Seemann⋅in⋅der⋅Zeit, indem sie ihm versprach, dass sie die jungen Lebensbäume beschützen würde, solange diese noch nicht widerstandsfähig genug waren. Sie war sicher, die Bäume würden eines Tages Früchte tragen, wenn er sich weiter so wie bisher um seinen Acker kümmerte. Das gab dem kleinen Seemann die Zuversicht, die er benötigte, um die Zeit der Herbstgewitter zu überstehen.

Als die Fee den kleinen Seemann das nächste Mal besuchte, waren die ersten Blumen auf seinem Feld erblüht und zusammen mit ihm freute sie sich über die farbenprächtige Schönheit der jungen Lebensbäume. Da forderte sie ihn auf, mit ihr zum Strand der Insel zu gehen, um ihm dort etwas zu zeigen. Die Fee führte ihn zu dem Boot, mit dem er zu dieser Insel gekommen war und erklärte dem kleinen Seemann, dass es klug wäre, wenn er mit dem Holz seines Bootes ein starkes Schiff bauen würde. Damit könnte er den Sturmwinden des Zweifels draußen auf See widerstehen, wenn er wieder auf das Meer hinaus fahren und seine Reise fortsetzen würde. Der kleine Seemann antwortete ihr, dass er nicht sicher war, ob er in der Lage wäre, ein großes Schiff zu bauen. Weil er die Insel aber irgendwann verlassen wollte, versprach er, es zu versuchen. Und so begann er damit, aus dem Holz des kleinen Bootes und den großen Ästen seiner Lebensbäume ein Schiff zu bauen, mit dem er die Suche nach seiner Bestimmung wieder aufnehmen konnte.

Die Lebensbäume hatten begonnen Früchte zu tragen, als der kleine Seemann⋅in⋅der⋅Zeit sein Werk vollendete: das neue Schiff war fertig. Die Fee kam, um es sich anzusehen und zeigte sich beeindruckt von den Fähigkeiten des kleinen Seemannes. Sie gelangte zu der Überzeugung, dass es nun nichts mehr gab, was sie für ihn tun konnte, damit er selbstbewusst seine weitere Reise antrat.

Als Zeichen ihrer Anerkennung gab sie dem kleinen Seemann⋅in⋅der⋅Zeit einen Ohrring, welchen er, wie die alten, erfahrenen Matrosen, an sein Ohr steckte. Für den kleinen Seemann war die Zeit des Abschieds jedoch noch nicht gekommen. Er fühlte sich nach wie vor nicht stark genug, um die Insel des Vertrauens zu verlassen und sich erneut den Gefahren auf dem weiten Meer zu stellen. Seine Sorge galt weiterhin den Früchten der Lebensbäume auf seinem Acker, deren Wachstum er mit Freude beobachtete.

Erst als die Früchte reif geworden waren und geerntet werden konnten, rief er die Fee, um sich von ihr zu verabschieden: ,,Als ich nicht mehr weiter wusste, bist du zu mir gekommen und hast mir geholfen. Aus den Samenkörnern, die du mir gegeben hast, sind große Bäume mit tiefen Wurzeln geworden. Du hast die jungen Lebensbäume beschützt, als die Stürme über sie hinweg fegten und du hast für das Wasser gesorgt, mit dem ich sie gießen konnte. Das Schiff, das draußen am Strand vor Anker liegt, würde es ohne dich nicht geben. Du hast soviel für mich getan: ich möchte mich bei dir bedanken. Bitte sage mir, was ich nun für dich tun kann.''

Die Fee lächelte und antwortete dem kleinen Seemann⋅in⋅der⋅Zeit, dass sie ihm doch nur die Möglichkeit geboten hatte, neues Handwerk zu erlernen. Die Arbeit, die es erforderte, die Lebensbäume zu pflanzen und das Schiff zu bauen, hätte er doch ganz allein geleistet. Der kleine Seemann schaute sie verständnislos an, diese Antwort hatte er nicht erwartet.

Da zeigte die Fee auf eine Blume auf dem Acker zwischen den Lebensbäumen und sagte: ,,Stell dir vor, diese Blume verkörpert alles, was das Wesen und das Sein eines Menschen ausmacht. Die Blüte, das bin ich selbst, meine Person. Aber die Blätter, das sind die Leben anderer, welche sich entfalten, indem ich gute Dinge tue. Das Dasein, welches sich meinem Sein hinzufügt, dadurch dass ich in den Gedanken und Gefühlen anderer Menschen weiter lebe. Und diese Ausweitung des Daseins gibt dem Leben seinen eigentlichen Sinn. In der vergangenen Zeit ist an meiner Blume durch dich ein neues Blatt gewachsen. Ein schöneres Geschenk als deine Liebe und dein Vertrauen gibt es nicht.''

Der kleine Seemann dachte nach, betrachtete die Blume und überlegte schließlich, welches von den Blättern er wohl sei. Doch er hatte verstanden, was die Fee meinte und gab sich zufrieden.

Er verabschiedete sich von der Fee und ging zu seinem Schiff. Dort lichtete er den Anker, setzte die Segel und wunderte sich sehr, als er feststellte, das Wellen der Erwartung gegen das Schiff schlugen. Glücklich und voller Zuversicht begann er seine Fahrt.

In den folgenden Tagen ereignete sich nicht viel. Der kleine Seemann segelte mit seinem Schiff über das Meer, hielt Ausschau nach neuem Land und genoss die innere Ruhe, die ihn ergriffen hatte.