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DER ZUSAMMENSTOSS DER IMPERIEN: KANN GRIECHENLAND DEM ANSTURM PERSIENS STANDHALTEN? Während die Bedrohung durch das Persische Reich ständig wächst, verschlägt der Zufall Arimnestos von Platäa nach Olympia. Der Kampf der Athleten nimmt seinen Lauf – und das Ringen zwischen Sparta, Theben, Platäa, Korinth und Athen. Die verfeindeten Stadtstaaten werden der ständig wachsenden Bedrohung durch die Perser nicht viel entgegensetzen können. Dann erhält Arimnestos von Leonidas I., König von Sparta, den Auftrag, eine Gesandtschaft zum Hof des neuen Großkönigs Xerxes I. zu begleiten, um dort Friedensverhandlungen zu führen. Doch die Gespräche in Susa scheitern. Der Großkönig lässt sich nicht umstimmen. Er hält an seinem Vorhaben fest, die griechische Welt vollständig zu unterjochen ….
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Seitenzahl: 917
Veröffentlichungsjahr: 2020
Christian Cameron
Historischer Roman
DER ZUSAMMENSTOSS DER IMPERIEN: KANN GRIECHENLAND DEM ANSTURM PERSIENS STANDHALTEN?
Während die Bedrohung durch das Persische Reich ständig wächst, verschlägt der Zufall Arimnestos von Platäa nach Olympia. Der Kampf der Athleten nimmt seinen Lauf – und das Ringen zwischen Sparta, Theben, Platäa, Korinth und Athen. Die verfeindeten Stadtstaaten werden der ständig wachsenden Bedrohung durch die Perser nicht viel entgegensetzen können. Dann erhält Arimnestos von Leonidas I., König von Sparta, den Auftrag, eine Gesandtschaft zum Hof des neuen Großkönigs Xerxes I. zu begleiten, um dort Friedensverhandlungen zu führen. Doch die Gespräche in Susa scheitern. Der Großkönig lässt sich nicht umstimmen. Er hält an seinem Vorhaben fest, die griechische Welt vollständig zu unterjochen …
«Als hätte man jede Schlacht, jedes Rennen, jede Träne, jedes gebrochene Herz und jeden Verrat selbst erlebt.» Parmenionbooks
«Christian Cameron ist einer der besten Autoren historischer Romane weltweit.» Ben Kane
Christian Cameron wurde 1962 in Pittsburgh, Pennsylvania, geboren. Nach dem Geschichtsstudium an der Universität von Rochester trat er in die Navy ein, wo er lange Zeit im Bereich der Aufklärung arbeitete. Seit 20 Jahren ist Christian Cameron Vollzeit-Autor und schreibt erfolgreich historische Abenteuerserien, die weltweit erscheinen. In seiner Freizeit besucht er am liebsten geschichtsträchtige Orte oder unterrichtet historischen Schwertkampf. Der Autor lebt mit seiner Familie in Toronto.
Mehr über den Autor und seine Bücher:
https://christiancameronauthor.com
Dr. Holger Hanowell, geb. 1969 in Münster, ist freier Übersetzer. Er studierte Geschichte und Anglistik in Münster sowie an der University of Sheffield, promovierte später in englischer Philologie und Buchwissenschaft. Zu Forschungszwecken lebte er in London, Oxford und Cambridge. In der Belletristik übersetzte Holger Hanowell zahlreiche Werke von Klassikern über Thriller und Fantasy bis zu Historischen Abenteuerromanen und machte so u.a. die Bücher von Ben Kane für deutschsprachige Leser zugänglich.
Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel «The Great King» bei Orion Books/The Orion Publishing Group Ltd., London.
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, November 2020
Copyright © 2020 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg
«The Great King» Copyright © 2014 by Christian Cameron
Redaktion Rainer Delfs
Karte Copyright © Peter Palm, Berlin
Covergestaltung Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich
Coverabbildung Stephen Mulcahey; Collaboration JS/Arcangel, Granger/Bridgeman Images
ISBN 978-3-644-00772-7
Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation
Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp
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FÜR DIE PERSER
Die Serie «Der Lange Krieg» spielt historisch gesehen zu Beginn der sogenannten Klassischen Ära, die in den Geschichtsbüchern oft mit der Schlacht von Marathon (490 v.Chr.) einsetzt. Einige, wenn nicht gar die meisten, der berühmten Helden jener Epoche tauchen als Figuren in der Serie auf – und das ist kein Zufall. Das Athen zur Zeit der Perserkriege ist in vielerlei Hinsicht genauso mystisch wie Tolkiens Gondor, und allein eine vorläufige Auflistung der Künstler, Dichter und Krieger dieser Epoche liest sich wie ein Who’s Who der westlichen Zivilisation. Der Autor führt die Figuren in den Romanen auch nicht zufällig zusammen – waren doch jene Leute fast ausnahmslos Aristokraten, Männer (und Frauen), die einander sehr wohl kannten und die sowohl Gegner als auch Freunde in der Not gewesen sein könnten. Bei den mit einem *gekennzeichneten Namen handelt es sich um historische Personen – auch der Held Arimnestos ist belegt –, und für den Leser oder Geschichtsinteressierten bieten die Einträge bei Wikipedia oder bei der Web-Edition der Encyclopædia Britannica einen Überblick über ihr Leben und Wirken. Wer es als Leser genauer wissen möchte, dem empfehle ich die Lektüre von Plutarch und Herodot – beiden antiken Autoren verdanke ich viel.
Womöglich war es sogar Arimnestos von Platäa, der Herodot von den Ereignissen der Perserkriege berichtete. Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgehen, dass Herodot – ein Schreiber aus Halikarnassos – mehrmals in Erscheinung tritt …
*Adeimantos von Korinth – Sohn des Okytos; Befehlshaber korinthischer Truppen.
*Aischylos – 525 bis 456 v.Chr.; Dichter der griechischen Tragödie (u.a. «Die Perser»).
Alexandros – Anführer der Epibatai des Arimnestos.
Antigonos – Ehemann von Penelope (Arimnestos’ Schwester).
Archilogos – ein Epheser, Sohn des Dichters Hipponax; ein typischer ionischer Aristokrat, der die persische Kultur ebenso wie die griechische liebte.
*Arimnestos – Sohn des Chalkeotechnes und der Euthalia.
*Aristeides von Athen – Sohn des Lysimachos, lebte ca. 550 bis 467 v.Chr.; einflussreicher athenischer Staatsmann, bekam später den Beinamen «der Gerechte».
*Artaphernes – Bruder des Großkönigs Dareios I. von Persien und Satrap von Sardis. Ein persischer Statthalter des Achämenidenreichs (persischen Großreichs) mit weitreichenden Verbindungen.
Arwia – eine bedeutende Dame in Babylon.
*Astylos von Kroton – ein antiker Athlet und siebenfacher Olympiasieger während der Perserkriege. Später trat er bei den Spielen als Mann aus Syrakus an, was ihm viele Menschen aus seiner Heimatstadt verübelten.
*Atossa – (550 bis 475 v.Chr.); Hauptgemahlin des Dareios I.; Mutter von Xerxes I.
Brasidas – ein Krieger aus Sparta.
Briseis – Tochter des Hipponax, Schwester des Archilogos.
Bulis – Spartiate; Herold im Auftrag des Königs.
Dagon – ein Sklavenhändler und Menschenschinder aus Karthago.
Damaratos – König von Sparta (von ca. 515 bis 491 v.Chr.) aus dem Haus der Eurypontiden.
*Dareios I. – lat. Darius (549 bis 486 v.Chr.; oft Dareios der Große), früherer Großkönig des persischen Achämenidenreichs; Bruder des Artaphernes.
Dareios – einer der vier mit Arimnestos befreundeten persischen Krieger (neben Kyros, Arynam und Pharnakes).
Dareios – Epibatai und Gefährte von Arimnestos.
Datis – Feldherr der Perser; Neffe des Großkönigs Dareios.
Demetrios – ehemaliger Sklave aus Sizilien; Gefährte von Arimnestos.
Doola – ein ehemaliger Sklave aus Numidien; Gefährte von Arimnestos.
Draco – Stellmacher aus Platäa.
Empedokles – ein alter Priester aus Theben.
Euphoria – Tochter von Euphoria und Arimnestos.
*Eurybiades – Navarch aus Sparta; Oberbefehlshaber der vereinigten griechischen Flotte.
Gaiana – Tochter des kretischen Fischers Troas; Mutter von Arimnestos’ Sohn Hipponax.
*Gelon – (ca. 540 bis 478 v.Chr.); Tyrann von Syrakus.
Giannis – ein ehemaliger Hirte, später ein Gefährte von Arimnestos.
*Gorgo – Tochter des Königs Kleomenes I. (Haus der Agiaden); Ehefrau des Königs Leonidas I. von Sparta.
Harpagos – Vetter des Stephanos von Chios; Steuermann.
Hektor – junger Hypaspist von Arimnestos.
*Heraklit (Herakleitos) von Ephesos – ca. 520 bis 460 v.Chr.; einer der bedeutendsten vorsokratischen Philosophen aus dem ionischen Ephesos.
Hermogenes – ehemaliger Sklave von Arimnestos, seither sein Gefährte. Später Schmied und Steuermann.
Hipponax – Sohn von Arimnestos (und Gaiana von Kreta).
*Homer – berühmter Dichter, Lebensdaten vermutlich zweite Hälfte 8. Jahrhundert und/oder erste Hälfte 7. Jahrhunderts v.Chr. Homers Name wird mit den klassischen Epen Ilias und Odyssee in einem Atemzug genannt.
*Hydarnes – persischer Feldherr; bei den Thermopylen Anführer der «Unsterblichen».
Idomeneus – ein Gefährte von Arimnestos; Priester und Hüter des Schreins des Helden Leitos.
Jocasta – Frau von Aristeides.
Ka – ein Bogenschütze aus Nubien.
*Kalliteles – Ringer aus Sparta; Vater des Polypeithes.
*Kimon – ca. 510 bis 449 v.Chr.; Sohn des Miltiades; ein professioneller Krieger und Feldherr, darüber hinaus Aristokrat und Politiker in Athen.
Kyros – ein persischer Krieger.
*Leonidas I. – von 490 bis 480 v.Chr. König von Sparta; er starb 480 v.Chr. bei den Thermopylen (gleichzeitig mit ihm regierte Leotychidas II. aus dem anderen spartanischen Königshaus).
Leukas – Seemann aus Albion; später Segelmeister auf der Lydia; Kelte aus der Sippe der Dumnonier.
*Lykomedes – Athener; erbeutete als Erster bei Artemision ein Schiff.
*Mardonios – persischer Feldherr; Vetter des Xerxes I.
Megakles – ein ehemaliger Fischer; Steuermann.
*Miltiades – d. Jüngere (ca. 550 bis 489 v.Chr.); Feldherr und Politiker; sein Sohn Kimon stieg in der athenischen Politik zu einem führenden Politiker auf.
Neoptolymos – ein illyrischer Adliger; später Gefährte des Arimnestos.
Nikeas – der Hypaspist von Aristeides.
Nikolas – Rudermeister unter Arimnestos.
Paramanos – ein Nubier, Steuermann und Gefährte von Arimnestos.
Penelope – oder Pen; Schwester des Arimnestos.
*Phrynichos – griechischer Tragiker aus Athen (gest. um 470 v.Chr.), gilt als Vorläufer des Aischylos.
Polymarchos – ehemaliger Sklave; inzwischen Schwertmeister in Syrakus.
*Polypeithes von Sparta – antiker Wagenlenker und olympischer Sieger in der Disziplin Tethrippon (Streitwagen mit Vierergespann).
Sallis – ein hochgestellter Diener des Großkönigs in Tarsos; Bruder von Arwia.
*Sappho – griechische Dichterin von der Insel Lesbos, geboren um 630 v.Chr. Sie gilt gemeinhin als berühmteste Dichterin des antiken Griechenlands.
Seckla – ein ehemaliger numidischer Sklave; Gefährte des Arimnestos.
Siberios – ein korinthischer Söldner.
*Simonides von Keos – berühmter griechischer Dichter.
Simonides – Vetter des Arimnestos, Sohn des Simonalkes, des Oberhaupts eines Zweiges der platäischen Korvax-Sippe.
Sittonax – keltischer Gefährte des Arimnestos.
*Thales von Milet – ca. 624/23 bis ca. 548/44 v.Chr.; vorsokratischer Naturphilosoph, Geometer und Astronom, dessen Schriften noch in Arimnestos’ Zeit zugänglich waren.
Sparthius – Spartiate; Herold im Auftrag des Königs.
*Themistokles – (524 bis 459 v.Chr.); Staatsmann und Feldherr. Wegbereiter der attischen Demokratie, Archon und Strategos.
Tiraios – einst Lehrling bei Arimnestos; später Meisterschmied.
Troas – Fischer von Kreta; Vater von Gaiana.
Vasileos – Schiffsbauer und Steuermann.
*Xerxes I. – (519 bis 465 v.Chr.); ab 486 v.Chr. persischer Großkönig des Achämenidenreichs; Sohn des Dareios I.
Wenn ihr alle wirklich Abend für Abend kommt, wird meine Tochter tatsächlich das größte Hochzeitsfest in der Geschichte der Hellenen erleben. Falls mich mein Schwertarm im Stich lässt, könnte ich vielleicht am Ende meines Lebens als Rhapsode glänzen.
Ha! Die Wahrheit ist aber, es geht um die Geschichte, die erzählt wird, nicht um den Erzähler. Wer würde nicht gern der größten Geschichte des größten Krieges lauschen, der je von Menschen ausgetragen wurde? Gewiss erwartet ihr, dass ich hinzufüge «seit Troja», und ich antworte – jeder Kämpfer weiß, dass Troja nur eine Stadt war. Wir hingegen kämpften in der Welt, und wir obsiegten.
Am ersten Abend habe ich euch aus meiner Jugend erzählt und wie ich zu Kalchas kam, dem Priester am Schrein des Helden Leitos. Bei ihm sollte ich eine standesgemäße Erziehung genießen, lernte aber stattdessen, wie man mit dem Jagdspeer umgeht. Denn Kalchas war kein Schwätzer, sondern ein Menschenschlächter, der viele Male seinen Mann im Sturm aus Bronze gestanden hatte. Aus allen griechischen Landen kamen Krieger zu unserem Schrein und sprachen sich ihr Leid von der Seele, und als Kalchas sie dann ziehen ließ, waren sie bessere Menschen. Abgesehen von den Männern, die im Zeichen des Bösen standen und daher dem Helden geopfert werden mussten. Diese Männer tötete Kalchas an der Mauer des Schreins und sandte ihre schreienden Schatten zum alten Helden, auf dass sie ihm auf ewig im Hades dienten.
Aber merkt euch, meine Freunde, der alte Held Leitos war nicht irgendein Gott vergangener Zeiten, der Blutopfer einforderte, sondern Platäas Held aus dem Trojanischen Krieg. Er war ein böotischer Held wie er im Buche steht, denn er war kein großer Menschenschlächter, auch kein Achill, der schmollend in seinem Zelt hockt. Nein, Leitos gebührt ewiger Ruhm, da er sich auf den Weg nach Troja machte und zehn Jahre dort kämpfte. Und an jenem Tag, als der gewaltige Hektor rasend vor Zorn bei den Schiffen der Griechen wütete und Achill in seinem Zelt düsteren Gedanken nachhing, rief Leitos die einfachen Krieger zusammen und formte einen dichten Schildwall. Diesen Männern gelang es, Hektor so lange aufzuhalten, bis sich Ajax und die anderen griechischen Helden sammeln konnten.
Mag sein, dass man euch in Theben, Athen oder Sparta eine andere Geschichte erzählt. Aber dies ist die Geschichte des Helden, dem ich bereits als Kind diente. Ja, ich verbrachte viele Jahre im Schatten des Schreins und lernte den Kriegstanz, den wir Pyrrhiche nennen. Oh, ich lernte lesen und las die Schriften des alten Theognis, auch die Werke Hesiods und Homers. Aber es waren der Speer, das Schwert und der Aspis, die zu mir sangen.
Als mein Vater erfuhr, dass ich das Kriegshandwerk erlernte und kein Schriftgelehrter sein würde, kam er hinauf zum Schrein und nahm mich wieder mit nach Hause, und der alte Kalchas – nun ja, er starb. Oder besser: Er nahm sich selbst das Leben. Aber all das habe ich euch erzählt – ihr erinnert euch gewiss, wie unser kleines Platäa, unsere ländlich geprägte Siedlung in einem Winkel Böotiens, versuchte, sich von dem verfluchten Theben loszusagen und deshalb ein Bündnis mit dem fernen Athen einging. Ihr erinnert euch sicher noch, dass der gottgleiche Miltiades in unsere kleine Polis kam und meinen Vater, den Bronzeschmied – und Draco, den Stellmacher, und unseren alten Nachbarn Epiktetos –, wie einen Herrn aus Athen behandelte. Er umgarnte sie mit ausgesuchten Worten und zahlte ihnen harte Silberdrachmen für ihre Erzeugnisse. Auf diese Weise gewann Miltiades die Männer meiner Heimat für seine eigenen politischen Absichten und für die Bedürfnisse einer großen Polis wie Athen.
Als ich noch ein schlaksiger Jüngling war – ich war zwar groß für mein Alter und auch kräftig, aber eben noch zu jung, um in der Phalanx zu stehen –, ersuchte Athen das kleine Platäa um Hilfe, und so marschierten wir über das Kithairon-Gebirge, über jene uralte Bergkette, auf der wir unsere finster blickenden Gottheiten verehren, und stießen bei Oinoe zum Aufgebot aus Athen. Wir standen neben ihnen und kämpften gegen Sparta und Korinth und andere Städte der Peloponnes – und wir schlugen sie allesamt.
Nun – eigentlich besiegte Athen sie. Platäa konnte gerade so überleben, und mein älterer Bruder, der meinen Vater hätte beerben sollen, starb auf dem Schlachtfeld, durchbohrt von dem Speer eines Spartiaten.
Vier Tage später, als wir erneut zu den Waffen griffen – diesmal gegen Theben –, stand auch ich in der Phalanx. Und wieder trugen wir den Sieg davon. Von da an war ich Hoplit.
Weitere zwei Tage später, als wir uns den Männern aus Euböa entgegenstellten, wurde ich Zeuge, wie mein Vetter Simonalkes meinen Vater tötete: Er stieß ihm hinterrücks die Klinge in den Leib, genau unterhalb des Brustpanzers aus Bronze. Als ich über meinen toten Vater stolperte, bekam ich einen heftigen Schlag gegen den Kopf. Und als ich aufwachte, hatte ich zunächst keine Erinnerung mehr an den Verrat meines Vetters Simon.
Denn als ich aufwachte, war ich ein Sklave, wie ihr ja wisst. Simon hatte mich an phönizische Händler verschachert, und so gelangte ich mit vielen anderen griechischen Sklaven nach Osten.
Zehn Jahre war ich Sklave – und ehrlich gesagt, war es kein durchweg schlechtes Leben. Ich kam in ein stattliches Haus, in dem wohlhabende, kultivierte und überaus zuvorkommende Menschen lebten – der Dichter Hipponax mit seiner Gemahlin und ihren beiden Kindern. Archilogos – er war der ältere der beiden Geschwister – war fortan mein Herr, er wurde mein Freund und Vertrauter. Wir erlebten viele Abenteuer. Aber da gab es noch seine Schwester, Briseis …
Ah, Briseis! Sie war wie Helena, die wieder auf Erden wandelt.
Wir lebten damals im fernen Ephesos, in einer der schönsten und mächtigsten Städte der griechischen Welt – dabei liegt Ephesos an der Küste Asias. Griechen leben dort seit den Tagen des Trojanischen Krieges, und der Tempel der Artemis zählt zu den Weltwundern unserer Zeit. Archilogos, mein Herr, besuchte jeden Tag die Schule im Tempel der Artemis, wo der große Philosoph Heraklit seine Schule leitete. Er überhäufte uns ständig mit Fragen, die so schmerzhaft auf uns herabregneten wie die Schläge, die uns der alte Kämpfer während der Kunst beim Pankration im Gymnasion beibrachte.
Ja, Heraklit. Ich bin Männern und Frauen begegnet, die ihn als Scharlatan bezeichneten, als Träumer, als Urheber pietätloser Handlungen. Tatsächlich war Heraklit ein zutiefst frommer Mann – immerhin stellte seine Familie seit eh und je die Priester der Artemis –, aber er war der Überzeugung, das Feuer sei das einzig wahre Element. Für ihn stellte der Wandel die einzige Konstante in unserem Leben dar. Ich muss ihm in beiden Punkten recht geben.
Es war ein schönes Leben. Mir wurde die Erziehung eines reichen Herrn zuteil, ohne dass ich etwas zu bezahlen brauchte. Ich lernte, einen Wagen zu lenken, ich erhielt Reitunterricht und lernte, wie man kämpft, ich lernte aber auch, meinen Geist wie ein Schwert zu führen. All das liebte ich, aber am meisten …
Ja, am meisten liebte ich Briseis.
Und während ich ihr in Liebe zugetan war – gut, ich hatte auch Augen für ein Dutzend anderer junger Frauen –, reifte ich zum Mann und bekam mit, wie Griechen und Perser im Haus meines Herrn Ränke schmiedeten. Und eines Abends trieben all diese Ränke und Intrigen hässliche Blüten: Die Frucht, die daraus erwuchs, hatte die Gestalt des blutroten Krieges. Das war zu jener Zeit, als sich die griechischen Städte in Ionien gegen die persische Oberherrschaft erhoben.
Da ihr heute Abend wieder Geschichten über den Krieg gegen die Perser hören werdet, möchte ich euch kurz in Erinnerung rufen, was die Ursache für diesen Konflikt war. Es waren wenig ehrenhafte Gründe, und die Griechen waren nicht viel besser als die Perser, vielleicht sogar um einiges schlimmer. Unter dem Großkönig besaßen die Ionier Geld, Macht und Freiheit – sie durften frei entscheiden, welche Gottheit sie verehrten, sie durften sich selbst verwalten – und alles, was sie dafür erbringen mussten, waren Steuern. Und sie waren nur insofern «Sklaven», als sie in allen außenpolitischen Belangen dem Großkönig gehorchen mussten. Das «Joch» der Perser war leicht und erträglich, das weiß kein Mensch besser als ich, denn als Sklave diente ich als Herold und überbrachte die Nachrichten, die mein Herr Hipponax und der mächtige Artaphernes austauschten – er war der Satrap von Phrygien. Ich kannte Artaphernes gut – ich machte Besorgungen für ihn, durfte ihn beizeiten ankleiden, und eines Nachts, als mein Herr Hipponax den Perser im Bett seiner Frau erwischte, rettete ich Artaphernes das Leben. Denn in seinem Zorn hätte Hipponax den Satrapen gewiss erschlagen. Aber ich rettete auch Hipponax das Leben, denn ich hielt ihm vier gestandene persische Krieger vom Leib – Arynam, Pharnakes, Kyros und Dareios. Ihre Namen sind mir unvergesslich, denn diese vier Männer zählten einst zu meinen Freunden.
Ihr werdet wieder von ihnen hören. Außer von Pharnakes, der am Bosporus im Kampf gegen die Karier fiel.
Wie dem auch sei, nach jener Nacht der Schwerter, des Feuers und des Hasses war mein Herr Hipponax nicht mehr länger treuer Diener Persiens, sondern verwandelte sich in einen hasserfüllten griechischen «Patrioten». Und unsere Stadt Ephesos wappnete sich für den Krieg. In all diesen Wirren verlor meine geliebte Briseis ihren Verlobten aufgrund von Gerüchten und Verleumdungen, und Archilogos und ich prügelten den Kerl für seine Unverschämtheiten ordentlich durch. Inzwischen hatte ich das Töten gelernt, ich wusste, wie man Gewalt anwendet, um das zu bekommen, was man haben will. Und als Belohnung bekam ich Briseis – genauer gesagt: Sie bekam mich. Mein Herr schenkte mir die Freiheit, ohne zu wissen, dass ich seine Tochter entjungfert hatte, und so segelte ich mit Archilogos fort, um dem Zorn der Familie jenes unglückseligen Verlobten zu entkommen.
Wir schlossen uns dem griechischen Aufstand in Lesbos an, und dort am Strand begegnete ich Aristeides – manchmal wird er «der Gerechte» genannt. Jedenfalls ist er einer der größten Helden Athens, allerdings auch Miltiades’ politischer Gegner.
Nun sollte mein wahres Leben beginnen. Mein Leben als Mann des Krieges. Ich gewann meine ersten Spiele auf einem Strand auf Chios, mein Preis war meine erste Rüstung. Ich zog gegen die Perser in den Krieg.
Aber Ares, der Gott des Krieges, hatte nicht so viel Einfluss auf mein Leben wie Aphrodite, und als wir nach Ephesos zurückkehrten, um den großen Krieg zu planen, verbrachte ich jede freie Stunde mit Briseis. Und heute denke ich, dass nie in Zweifel stand, was daraus werden würde. Aber Heraklit, der große weise Mann, forderte mich auf, einen Eid vor den Göttern abzulegen, auf dass ich Archilogos und dessen Familie schütze – und diesen Eid legte ich ab. Wie die Helden in den alten Geschichten dachte ich nie darüber nach, welche Folgen ein solcher Eid zeitigen würde. So schlief ich weiterhin unbekümmert mit Briseis.
Ah, Briseis! Sie warf mir vor, feige zu sein, wenn ich mich von ihr fernhielt, und sie verschlang mich, wenn ich sie besuchte. Nacht für Nacht schlich ich mich an den Sklaven vorbei in die Gemächer der Frauen, bis wir am Ende entdeckt wurden. Natürlich musste es irgendwann dazu kommen.
Ich wurde des Hauses verwiesen und durfte nie mehr zurückkehren – und das verlangte ausgerechnet das Oberhaupt jener Familie von mir, die ich zu beschützen geschworen hatte.
Drei Tage später zog ich mit Aristeides und den Athenern tiefer ins Inland. Wir brannten Sardis nieder, aber die Perser fielen über uns her, als wir gerade dabei waren, den Markt und die Stadt zu plündern. In der Stadt selbst unterlagen wir, auch an der Brücke mussten wir uns geschlagen geben. Die Perser schlugen auf uns ein, als wären wir nichts weiter als eine hilflose Trommel – ich aber stand meinen Mann, Kampf um Kampf, und genoss bald den Ruf, ein hervorragender Speerkämpfer zu sein. An einem Pass oben in den Bergen rannte ich zusammen mit Eualkidas, dem Helden aus Euböa, gegen Artaphernes’ Leibwache an – und überlebte auch das. Drei Tage später, auf der Ebene von Ephesos, versuchten wir, uns einem persischen Heer entgegenzustellen. Wir boten die ganze Schlagkraft des Ionischen Aufstands auf, doch letzten Endes knickten die Griechen ein und flohen, anstatt sich den persischen Bogenschützen und den zornigen Kämpfern aus Phrygien zu stellen. Wir hingegen, die Männer aus Athen und Euböa, hielten allein die linke Flanke und geboten den Kariern Einhalt. Unser Heer wurde aufgerieben. Der Held Eualkidas starb dort. Ich kehrte zurück, um seinen Leichnam vom Schlachtfeld zu holen, und musste feststellen, dass mein alter Herr und Gebieter Hipponax tödlich verwundet war. Ich erlöste ihn von seinen Qualen und hatte wieder nicht an den Eid gedacht, den ich geleistet hatte. So kam es, dass Archilogos, der einst wie ein Bruder für mich war, davon überzeugt war, ich hätte Hipponax aus Hass getötet, nicht aus Mitleid und Liebe. Fortan stand diese Bluttat zwischen uns und machte alle Hoffnung auf Aussöhnung zunichte. Archilogos war der Ansicht, dass ich seine Schwester vergewaltigt und seinen Vater ermordet hatte, obwohl ich vor den Göttern gelobt hatte, die Familie zu beschützen. Und genau das wird uns noch in der Geschichte beschäftigen, die ich euch an diesem Abend erzähle.
Nach der Niederlage vor Ephesos konnte ich mit den Athenern fliehen, aber auf mir lastete der Fluch des Eidbruchs, und deshalb fiel Poseidon in seinem Zorn über unser Schiff her. In jedem Hafen erschlug ich Männer, die sich mir in den Weg stellten, bis mich Agios, ein Freund aus Athen, an der Küste Kretas absetzte. Auf diese Weise lernte ich Achilles, den König von Gortyn, und dessen Sohn Nearchos kennen, den ich fortan erziehen sollte. Und in der Tat brachte ich ihm so viel bei, dass Nearchos und ich in der nächsten Schlacht des Ionischen Aufstands die Helden der griechischen Flotte wurden. Wir halfen meinem ehemaligen Freund Archilogos, im Zentrum des persischen Geschwaders durchzubrechen. Das war der erste größere Sieg der Griechen, aber das währte nicht lange, und Tage später war ich Pirat auf hoher See und befehligte zum ersten Mal mein eigenes Schiff. Die Schicksalsgöttin schien mir wohlgesinnt zu sein, vielleicht weil ich meinem Eid treu geblieben war, da ich Archilogos während der Seeschlacht beigestanden hatte. Und als wir den schlimmsten Sturm überlebten, in den ich je geraten war, schenkte Poseidon mir Paramanos, einen Nubier und sehr erfahrenen Steuermann. Mit einer guten Mannschaft und einem schweren Schiff kehrte ich nach Lesbos zurück und schloss mich Miltiades an – jenem Mann also, der zu Beginn meiner Geschichte die Männer aus Platäa mit samtenen Worten umworben hatte. Von Miltiades erfuhr ich schließlich, wer einst meinen Vater ermordet hatte, und beschloss daraufhin, in meine Heimat zurückzukehren, um Rache zu üben.
Ich erfuhr, dass Briseis unterdessen einen der Wortführer des Ionischen Aufstands geheiratet hatte, der darauf aus war, mir das Leben zu nehmen – es hieß, Briseis habe immer meinen Namen gerufen, wenn ihr Mann abends bei ihr liegen wollte. Ich hatte längst beschlossen, diesen Kerl zu töten.
Ich blieb als Pirat an Miltiades’ Seite, aber nachdem die Aufständischen weitere Niederlagen gegen die Perser hatten einstecken müssen, stieß ich in der Hitze eines Gefechts auf thrakischem Boden zufällig auf Briseis’ Ehemann und löschte sein Leben aus. Später machte ich mich auf den Weg zu meiner Geliebten und bat sie, fortan an meiner Seite zu leben – doch sie verschmähte mich.
So kann es einem manchmal ergehen. Ich kehrte nach Platäa zurück, innerlich ausgehöhlt, und die Erinnyen flüsterten mir Rachegedanken ein. Ich musste feststellen, dass Simonalkes und seine Söhne sich Land und Besitz meines Vaters einverleibt hatten. Schlimmer noch: Mein Vetter Simon hatte meine Mutter geheiratet und hegte die Absicht, seinen jüngsten Sohn Simon mit meiner Schwester Penelope zu verheiraten.
An dieser Stelle möchte ich aber betonen, dass ich nicht mit Feuer und Schwert über Simon herfiel. Kalchas hatte mir etwas fürs Leben beigebracht, später lehrte mich Heraklit Dinge, die sich als wahr erweisen sollten und in meinem Leben stets von großer Bedeutung gewesen sind – und nach vier Jahren als Krieger hatte ich begriffen, dass Gerechtigkeit mehr zählt als die Macht des Schwerts. Ich brachte die Sache vor Gericht und ließ die Gesetze Platäas sprechen. Simonalkes erhängte sich später an einem Deckenbalken in der alten Werkstatt meines Vaters, und so ließen mich die Erinnyen allein mit meiner Mutter und meiner Schwester zurück.
Das hätte an sich schon eine spannende Geschichte sein können – aber die Götter wollten noch nicht von Platäa lassen, und im folgenden Frühjahr zogen Sturmwolken auf, die Unheil mit sich brachten. Mein Gefährte und ehemaliger Hypaspist Idomeneus – ein Kreter, an dessen Verstand ich bisweilen zweifelte und der allzu oft in meinen Geschichten vorkommt – hatte oben am Schrein des Leitos einen athenischen Aristokraten erschlagen. Ihr wisst sicher noch, dass Idomeneus inzwischen der neue Priester am Grabmal des Helden geworden war. Da ich die Sache bereinigen wollte, führte mich mein Weg über die Berge nach Athen, wo ich in die politischen Machenschaften der Polis verwickelt wurde. Davon werdet ihr heute Abend noch mehr hören. Jedenfalls überwarf ich mich mit der Sippe der Alkmaioniden und ihrem Sprössling Kleitus, denn es war sein Bruder gewesen, der im Schatten des Grabmals sein Leben ausgehaucht hatte. Außerdem hatten mir die Söhne meines feigen Vetters Simon eine Falle gestellt. Jedenfalls nahm mir Kleitus mein Pferd und mein Sklavenmädchen weg – das ist wieder eine andere Geschichte. Kleitus hatte ich es zu verdanken, dass man mich des Mordes bezichtigte, aber Aristeides der Gerechte stand mir bei der Verhandlung bei und erwirkte mit Hilfe eines Winkelzugs meinen Freispruch. Aber während des Prozesses machte ich mich der Hybris schuldig. Ich beging das Verbrechen, einen freien Mann wie einen Sklaven zu behandeln, und tötete ihn kaltblütig. Daraufhin schickte mich Aristeides zur Läuterung zur Insel Delos, zu dem großen Tempel des Apollon.
Apollon, der ränkeschmiedende Gott, hatte indes nie die Absicht, dass ich geläutert werde, sondern warf mich zurück in Miltiades’ Dienst. Allerdings konnte Miltiades seit längerer Zeit keine größeren Erfolge mehr vorweisen. Mit nur zwei Schiffen versorgte ich das belagerte Milet mit Nahrung – nicht nur einmal, wohlgemerkt – und strich dafür manch eine Münze ein. Natürlich machte ich vor allem als Pirat Gewinn. Ich bekenne, dass ich Menschen ausraubte, Frauen entführte, für Geld tötete, Schiffe kaperte und bei all diesen Taten zu wenig an die Götter dachte. Apollon hatte mich ermahnt – in seiner eigenen Stimme –, endlich Gnade walten zu lassen, aber ich versagte weiterhin zu oft, und so hinterließ ich eine Spur des Blutes auf der Ionischen See. Bald war ich einer der Befehlshaber in der größten Seeschlacht des Ionischen Aufstands: vor Lade. In jener Bucht hatte der Großkönig eine gewaltige Flotte zusammengezogen, fast sechshundert Schiffe, um die Griechen und ihre Verbündeten zu stellen. Wir selbst brachten es auf etwas mehr als dreihundertfünfzig Schiffe. Ein ungleiches Kräfteverhältnis, doch wir waren gut ausgebildet und hätten auf alles gefasst sein müssen. Ich segelte im Verband der Athener und Kreter, und wir schlugen die Phönizier in einem Abschnitt. Als wir in den Morgennebeln auftauchten, rechneten wir damit, dass unser Navarch uns loben würde, ein Mann namens Dionysios von Phokaia. Er gehörte neben Miltiades zu den größten Piraten und Schiffsführern der griechischen Welt. Aber als wir durch die Phönizier stießen, mussten wir feststellen, dass die Männer aus Samos – unsere Verbündeten, wohlgemerkt – zu den Persern übergelaufen waren. Der Großkönig triumphierte, und der Ionische Aufstand brach in sich zusammen. Die meisten meiner Freunde starben bei Lade, viele Männer aus Jugendtagen.
Briseis heiratete Artaphernes, der einst mit ihrer Mutter schlief – und wurde auf diese Weise die mächtigste Frau in Ionien, wie sie es sich immer schon gewünscht hatte.
Datis, der Garant des persischen Siegs, zog mit seinen Truppen plündernd und mordend von Lesbos nach Chios. Die männlichen Bewohner wurden erschlagen, die Frauen in die Sklaverei verkauft. Jede Verleumdung, die die Griechen zuvor in die Welt gesetzt hatten, um die Perser als Schlächter hinzustellen, wurde nun zur grausigen Wahrheit.
Milet fiel. Ich hatte die Stadt unterstützt und tat, was möglich war. Dann kehrte ich in meine Heimat zurück, mit fünfzig Familien aus Milet, die sich nach und nach den Bürgern Platäas anschlossen. Ich gab mein Geld für diese fremden Menschen aus, kaufte ihnen Land und Vieh, und dann – ja, die meisten von euch wissen, dass ich mich wieder daranmachte, Bronze zu schmieden. Ich stellte den Speer in die Ecke.
Wie die Götter gelacht haben werden!
Im Jahr darauf, als meine Schwester auszog und eine Schule besuchte, nicht zuletzt, um nicht länger im Dunstkreis unserer betrunkenen Mutter zu leben, begab ich mich wieder nach Athen, da mein Freund Phrynichos, der mit mir im Pfeilhagel bei Lade ausgeharrt hatte, ein Theaterstück aufführen ließ, das den Titel «Die Einnahme von Milet» trug. Derweil saß Miltiades in Athen in Haft, da er eine Bedrohung für den Stadtstaat darstellte – und um ehrlich zu sein, meine Freunde, er war schuldig, denn man muss wissen, dass ein Mann wie Miltiades seine eigene Mutter verkauft hätte, um die Macht in Athen an sich zu reißen.
Jedenfalls setzte ich einen Teil meines Geldes und einige Tricks ein, die ich als Sklave gelernt hatte, um sicherzustellen, dass Phrynichos’ Stück auch wirklich gespielt wurde. Gleichzeitig gelang es mir, mein Sklavenmädchen aus dem Bordell zu holen, an das Kleitus sie verkauft hatte, und übte Rache an den Alkmaioniden. Im nachfolgenden Prozess schwächte ich die Stellung dieser Sippe bei den Demen – dem Großteil des Volkes – und verhalf einem neuen Mann auf die politische Bühne Athens: Themistokles, dem Redner. Er hatte zwar nicht viel für mich übrig, aber er unterstützte mich eine Weile und half mir und Aristeides, die propersische Partei zu schwächen. Gemeinsam erwirkten wir, dass Miltiades aus dem Gefängnis entlassen wurde.
Als ich wieder nach Platäa zurückkehrte, hatte ich das Gefühl, Athen einen großen Dienst erwiesen zu haben. Meine Schmiedearbeiten wurden immer besser. Während des Winters brachte ich den jüngeren Männern meiner Heimat bei, wie man in der Phalanx zu stehen hat. Das Kriegshandwerk wurde mein Zeitvertreib, wie andere Männer im Alter lernen, die Diaulos, die Doppelflöte, oder die Kithara zu spielen. Ich bildete die jungen Leute aus und schmiedete Bronze. Das Leben zeigte sich von seiner annehmlicheren Seite.
Und als meine Schwester Penelope dann beschloss – inzwischen war sie mit einem Aristokraten aus Thespeia vermählt –, ich solle die Freundin ihrer Schwägerin heiraten, stimmte ich letzten Endes zu. Zusammen mit einer Jagdgesellschaft aus Aristokraten – Männern aus Böotien und Athen – ritt ich nach Attika und gewann meine zukünftige Braut Euphoria in Spielen, für die sich auch die Helden vergangener Zeiten nicht zu schade gewesen wären. Im darauffolgenden Frühjahr heiratete ich Euphoria. Bei der Feier waren so illustre Gäste wie Themistokles, Aristeides und Miltiades anwesend – natürlich auch Harpagos und Agios und ein Dutzend anderer Freunde aus allen Schichten Athens. Ich führte meine Braut über die Berge in meine Heimat und machte mich daran, Nachkommen zu zeugen.
Doch die Sturmwolken am Horizont wurden von einem Wind getrieben, der großen Wandel in die Welt brachte. Gleich die ersten Ausläufer des Sturms bescherten uns einen Überfall aus Theben. Die Geldgeber im Hintergrund waren die Alkmaioniden aus Athen, angeführt wurde die Rotte indes von Simon, dem Sohn meines Vetters Simonalkes. Dieser eingebildete Kerl hatte all seine Söhne nach sich selbst benannt. Wie erbärmlich kann ein Mensch sein?
Aber ich schweife ab. Wir erwischten die Bastarde – meine neue Phalanx aus Platäa – und wir zerquetschten sie. Mein Freund und Gefährte Teukros, der Bogenschütze aus Milet, tötete den jungen Simonalkes. Und so waren wir gerade in unserem Kampfverband, als die Athener uns um Hilfe baten, denn die Perser, die soeben Euböa mit Feuer überzogen hatten, marschierten in Richtung Athen.
Nun, ich werde euch nicht noch einmal von Marathon erzählen. Myron, unser Archon und mein alter Freund, entsandte unser Aufgebot ohne Bedenken, und so marschierten die Platäer unter meiner Führung, und wir standen den Athenern bei an jenem großartigen Tag, den kein Grieche je vergessen wird. Wir waren Helden. Ha! Ich erzähle doch noch davon, wenn ihr nicht aufpasst. Jedenfalls besiegten wir Datis und seine Perser mit den schwarzen Schiffen. Agios ließ sein Leben auf der Heckplattform einer persischen Trireme, aber wir trugen den Sieg davon. Ich trinke auf seinen Schatten. Und auf alle Schatten der Männer, die bei Lade starben.
Aber als ich die siegreichen Platäer zurück über das Gebirge führte, erreichte mich die schreckliche Nachricht, dass meine wunderschöne Frau im Kindbett gestorben war. An jenem Schicksalstag beraubten mich die Götter meines klaren Denkvermögens. Ich trug den Leichnam meiner Frau in meine Schmiede und verbrannte ihn mit all ihren Habseligkeiten. Dann machte ich mich auf den Weg zu den südlichen Hängen des Kithairon-Gebirges, in der Absicht, meinem Leben ein Ende zu setzen.
Möget ihr nie erfahren, wie dunkel die Welt sein kann. Frauen kennen diese Dunkelheit bisweilen nach der Geburt eines Kindes, Männer nach einer Schlacht. Jeder Höhenflug des Geistes hat seinen Preis, und wenn ein Mann oder eine Frau den Göttern nahe ist, wenn auch nur kurz, zahlt er oder sie oftmals einen hohen Preis dafür. Die Strapazen von Marathon und der Verlust meiner Frau hatten mir den Verstand geraubt. Ich sprang von einem Steilhang in die Tiefe.
Ich fiel und fiel, aber ich schlug nicht auf Felsgestein, sondern auf Wasser auf. Und als ich an die Oberfläche kam, kämpfte mein Körper ums Überleben. Ich schwamm, bis ich Sand und Kies unter meinen Füßen spürte. Dort verlor ich das Bewusstsein, und als ich zu mir kam, war ich wieder ein Sklave. Abermals wurde ich von Phöniziern versklavt, diesmal aber als Erwachsener. Mein Leben war grausam und hätte ein jähes Ende gefunden, aber die Ironie daran war, dass ich mich fortan nach dem Leben sehnte.
Ich fristete ein hartes Dasein unter einem Ungeheuer mit Namen Dagon, und heute Abend werdet ihr noch einiges über ihn erfahren. Das Schlimme war, dass er darauf aus war, mich zu brechen, nicht nur körperlich, sondern auch seelisch, und fast wäre ihm das auch gelungen. Schlussendlich kreuzigte er mich an einen Mast und ließ mich zum Sterben zurück. Aber Poseidon errettete mich – er spülte mich samt Mast über die Bordwand und ließ mich am Leben. Die Gottheit verfrachtete mich an Deck eines kleinen Handelsschiffs, wo ich einige Wochen pullen musste, erneut gegen meinen Willen, auch wenn ich kein Sklave im eigentlichen Sinne war. Das Schicksal wollte es so, dass ich wieder den Phöniziern in die Hände fiel.
Die Erniedrigungen und Demütigungen gingen weiter, bis ich eines Tages in einem Gefecht auf See ein Schwert ergatterte und mir meinen Weg in die Freiheit erkämpfte. Das Schwert war mir buchstäblich vor die Füße gefallen. Die Götter spielen in das Leben jedes Menschen hinein. Nur gottlose Narren können etwas anderes behaupten.
Als Sklave schloss ich neue Freundschaften. Oder besser: neue Bündnisse, die mir nach meiner Freiheit neue Freunde einbrachten. Es war ein wilder Haufen Gefährten, die in vielen Zungen sprachen – ein Etrusker namens Gaius, zwei Kelten, Daud und Sittonax, zwei Dunkelhäutige aus Libya, Doola und Seckla, ein Sikeler namens Demetrios und ein illyrischer Adliger, der in die Sklaverei geraten war. Er hieß Neoptolymos. Wir legten einen Schwur ab auf Poseidon, mit einem Schiff nach Albion zu segeln und Zinn zu kaufen. Und wir blieben unserem Schwur treu. Wie ich euch ja vergangene Nacht erzählt habe, segelten wir auch nach Sizilien, und während meine Freunde kleine Küstenhändler wurden, arbeitete ich wieder als Bronzeschmied, bildete einen Lehrling aus und lernte selbst einiges dazu. Ich verliebte mich in Lydia, die Tochter meines Meisters, doch ich ließ sie im Stich, und für diesen Verrat – nennen wir es beim Namen – verlor ich das Vertrauen in mich, aber ich verlor auch das Wohlwollen der Götter. Über Jahre kreuzte ich auf den Meeren, bis meine Gefährten und ich unserem Schwur treu blieben, nach Albion segelten und als reiche Männer mit Zinn zurückkehrten. Ich tat mein Bestes, um sicherzustellen, dass Lydia einen guten Mann bekam, und lernte die Tochter des Pythagoras kennen. Auf diese Weise war ich imstande, einen Einblick in die Mathematik und die Philosophie dieses großen Mannes zu erhalten. In jenen Tagen lernte ich Gelon kennen, den Tyrannen von Syrakus, lehnte es aber ab, ihm zu Diensten zu sein. Also setzte ich wieder Segel und traf an der Südspitze Italias meine Freunde Harpagos und Kimon wieder, den Sohn von Miltiades, auch etliche andere meiner Gefährten aus alten Zeiten. Wie ihr euch vielleicht erinnert, hatte ich eine Nachricht verschickt in der Hoffnung, dass meine Freunde mich erhörten. Wir segelten in nördlicher Richtung in die adriatische See, weil ich meinem Freund Neoptolymos versprochen hatte, ihm wieder auf den Thron zu verhelfen. Und das gelang uns tatsächlich, auch wenn danach wieder Blut an unseren Händen klebte. Dann verabschiedeten die Athener und ich uns von meinen Freunden aus der Zeit in Sizilien – die Gefährten kehrten zurück nach Massalia, um die Felder zu bestellen, und ich gelobte, wieder der alte Arimnestos von Platäa zu werden. Denn Kimon wusste zu berichten, dass die Perser ein weiteres Mal heranrückten. Auch wenn ich als Mensch allzu oft versagt habe – und selbst im Alter habe ich Züge, die mich nicht ins beste Licht rücken –, so bin ich in dem Krieg der Griechen gegen die Perser dennoch das Werkzeug der Götter.
Eines möchte ich festhalten: Viele Perser zählten zu meinen Freunden, und es waren wahrlich gute Männer – ausgezeichnete, ungemein tapfere, ungemein treue Krieger. Die Perser sind ein Volk, das viele wahrheitsliebende Helden hervorbrachte. Aber sie sind eben keine Griechen, und als der Krieg erneut ausbrach …
Wir hatten Illyrien den Rücken gekehrt und umrundeten die Westküste der Peloponnes. Doch Poseidon war noch immer nicht fertig mit mir, und bald erreichte uns ein gewaltiger Sturm vor der Küste von Libya, der unser kleines Geschwader zerstreute und mein Schiff viel zu weit in südwestlicher Richtung abtrieb. Als der Sturm dann nachließ, dümpelten wir ohne Mast auf den Wogen und entdeckten ein anderes beschädigtes Schiff leewärts. Wir sahen sofort, dass es Karthager waren. Also griffen wir an und enterten, allerdings in einem seltsamen Gefecht – denn die Rudermannschaft an Bord des Gegners hatte sich gegen ihre Peiniger, die Deckmannschaft, erhoben.
Wie sich dann herausstellte, befanden wir uns auf Artaphernes’ Schiff. Er war auf dem Weg von Tyros nach Karthago, um zu erwirken, dass die Karthager einen Flottenverband entsandten. Sie sollten dem Großkönig helfen, Athen mit Krieg zu überziehen. Und ohne es zunächst zu wissen, rettete ich Artaphernes – bis dahin glaubte ich, er wäre längst tot.
Auch Briseis, seine Frau, hielt ihn für tot und warf sich in meine Arme.
Blut tropfte von meiner Klinge, und so stand ich an Deck, im Arm die Helena meiner Tage, an Bord eines Schiffes, das ich mit Waffengewalt gekapert hatte. Und einen Moment lang hielt ich mich für den Gebieter über den ganzen Erdkreis.
Wie die Götter erneut gelacht haben werden!
Das Beste aber ist das Wasser. Aber Gold ist leuchtendes Feuer, da es herausstrahlt nachts hell aus dem männerpreisenden Reichtum. Wenn es dich aber Wettkämpfe zu rühmen drängt, mein liebes Herz, schau nur aus nach der Sonne, keinem wärmenderen am Tag durch den einsamen Himmel strahlenden Stern – und keinen Wettkampf als den zu Olympia werden wir als besseren nennen.
Pindar, Ode für Hieron 476 v.Chr.
Artaphernes weigerte sich hartnäckig zu sterben.
Nach einer Stunde war jedem, der so viele Kämpfe wie ich durchlebt hatte, bewusst, dass der Satrap nicht tödlich verwundet war – trotz der sechs tiefen Schnittwunden an der Seite. Er hatte sich eine starke Prellung am Kopf zugezogen, da er das Heft eines Enterhakens zu spüren bekommen hatte. Und obwohl verzweifelte Männer danach auf ihn eingeschlagen hatten, war er nur bewusstlos.
Glaubt nicht, dass ich an seiner Seite blieb wie Hermes, der sich um Zeus kümmert! Denn nach dem Gefecht auf See musste unser Schiff dringend ausgebessert werden, zumal wir gefährlich nah an der Küste Libyas waren – hätte uns ein starker Wind aus Norden erfasst, wären wir zerschellt. Die Küste Libyas bedeutete natürlich, dass wir in Gewässern kreuzten, die von Karthago beherrscht wurden. Für uns eine fremde, unwirtliche Gegend. Megakles stand am Ruder. Derweil behielt Seckla den Küstenverlauf im Auge – er kannte Libya besser als jeder andere in meiner Mannschaft. Ka, mein neuer Meisterschütze aus Nubien, musste sich um zwei verwundete Bogenschützen kümmern, während Leukas, mein Segelmeister aus Albion, mit mir im Wasser war, um auf der Steuerbordseite jene Längsrisse im Rumpf notdürftig auszubessern, die der Sturm der Lydia beigebracht hatte.
Es war Brasidas – mein Kämpfer aus Sparta –, der die schwierige Aufgabe übernahm, das gekaperte Schiff im Auge zu behalten. Ich sage deshalb «schwierig», weil wir den Karthager streng genommen nicht gekapert, sondern gerettet hatten. Die Anwesenheit von Briseis, der Liebe meines Lebens, machte die ganze Sache nur noch komplizierter. Aber die drei Perser an Bord – meine drei Freunde Dareios, Kyros und Arynam – und natürlich Artaphernes selbst machten alles noch schwieriger. In jenem Sommer befanden wir uns nicht mit Persien im Krieg. Vergessen wir nicht, dass die Perser als Gesandtschaft unterwegs waren, und Gesandte waren allen Gottheiten heilig. Ich bin ein gottesfürchtiger Mensch – wenn ich auch bisweilen ein Narr bin –, aber selbst ich hatte die Zweige aus Efeu und Lorbeer am Bug gesehen und wäre daher niemals auf den Gedanken gekommen, gegen die Eide der Gastfreundschaft zu verstoßen. Trotzdem zerbrach ich mir den Kopf, wie ich mit den Persern verfahren sollte. Oder mit meiner Liebe Briseis.
Wäre Artaphernes doch einfach gestorben …
Aber er sollte das Zeitige noch nicht segnen. Und als das offensichtlich wurde, tauchte ich ein ins kalte Meerwasser, um bei den Reparaturen zu helfen und um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Und das, obwohl ich eine Verletzung an der Hand hatte und mich mit meinem bloßen Leib den Blicken von Briseis’ Begleiterinnen aussetzte.
Leukas, gepriesen sei er, widmete sich wie kein Zweiter den Ausbesserungsarbeiten, tauchte immer wieder unter das Schiff und schüttelte den Kopf, bis es uns mit insgesamt zehn Mann gelang, den gerissenen Rumpf mit dem völlig durchtränkten Bootssegel des Karthagers abzudecken. Wir konnten zwar nicht verhindern, dass weiterhin Wasser eindrang, aber das Leck war nicht mehr so groß.
Tag und Nacht schickten wir je sechs Ruderer an die hölzernen Lenzpumpen.
Der Karthager, den wir übernommen hatten, war in noch schlechterem Zustand. Der Mast hatte an Deck gelegen, als der Sturm losbrach, aber da die Befehlshaber der Deckmannschaft nicht mehr lebten, musste ich mir einen Überblick verschaffen, und meiner Ansicht nach hatte man die Taljen samt Läufer nicht richtig an Deck verstaut, sodass sich alles in der Nacht losgerissen hatte. Als dann alles im Sturm in der Dunkelheit über Bord gespült wurde, hatte offenbar allein das die Rudermannschaft um den Verstand gebracht. Die Spiere am Mast des Bootssegels hatte die Hälfte der Riemenschäfte zertrümmert und dann in eine Bordwand ein Loch gerissen. Und als die Dämmerung den Überlebenden eine etwas ruhigere See präsentierte und die Küste Libyas leewärts auszumachen war, hatte die Rudermannschaft gemeutert.
Das Schiff war hinüber. Einen Moment überlegte ich, ob es sinnvoll wäre, es im Schlepptau bis zur Küste von Libya zu ziehen, aber das war der letzte Ort, zu dem ich wollte. Vernünftig wäre es gewesen, der eigenen Rudermannschaft den Befehl zum Pullen zu geben. Aber ich war Artaphernes in Gastfreundschaft verbunden. Er hatte mir das Leben geschenkt, hatte mein Leben bewahrt, und seither hatte ich viele Jahre seinen Ring getragen.
Nachdem wir das Leck notdürftig ausgebessert hatten, kletterte ich wieder an Bord und ließ mich von der Sonne trocknen. Keine dreißig Fuß von mir entfernt lächelte mir Briseis über das Wasser hinweg zu.
Verflucht sei sie.
Und ich schob natürlich die Brust vor, straffte mich.
Warum sind Männer so einfach gestrickt? Wie?
Seckla hatte das Deck im Blick. Die beiden Ruder waren nicht im Wasser – man lässt sie erst hinab, wenn das Schiff Fahrt aufnimmt. Aber Seckla stand zwischen den beiden Rudern, an der Stelle also, von der aus man das Schiff befehligt. Zumindest handhabte ich es auf meinen Schiffen stets so. Seckla beugte sich zu mir. «Das ist also die vielgerühmte Briseis», meinte er. Er besaß die Kühnheit, dieser Bemerkung ein Lachen folgen zu lassen.
«Ja, das ist sie», hörte ich mich antworten.
Er schüttelte den Kopf. «Wirklich schön», sagte er. «Sie hat den Blick nicht von dir gewendet, während du im Wasser warst.» Er zuckte mit den Schultern.
Ich konnte Briseis einfach nicht aus den Augen lassen.
Seckla stupste mich mit dem Ellbogen an. «Bist du nun der mächtige Pirat Arimnestos oder irgendein pickliger Jüngling?»
Ich strafte ihn mit einem finsteren Blick. Einst hatte ich ihn getröstet, als er sich liebeskrank das Leben hatte nehmen wollen. Und ich dachte: Wie kannst ausgerechnet du es wagen?
Aber er lachte mir freimütig ins Gesicht.
Und ich fiel in das Lachen mit ein. «Ein pickliger Jüngling», pflichtete ich ihm bei. «So geht es mir immer in ihrer Gegenwart.»
Leukas trocknete sich mit seinem Chiton ab. Der Mann aus Albion schüttelte nur den Kopf, schwieg aber.
Megakles hingegen nicht. Ich habe seinen breiten italischen Akzent noch im Ohr, mit dem er seiner Bemerkung einen komischen Nachdruck verlieh. «Während wir verzückt die schöne Dame bewundern, Herr, wird uns irgendein Phönizier vor der Küste Libyas kapern. Dann werden wir alle versklavt.»
Sittonax, mein fauler gallischer Freund, rekelte sich wie ein Kater. «Zugegeben, sie ist eine Frau mit schönen Rundungen», stimmte er zu. «Aber sie ist es nicht wert, in den Tod zu gehen.» Er nickte in Richtung Megakles. «Du weißt, dass er recht hat.»
«Die Perser bilden eine Gesandtschaft», erwiderte ich. «Selbst die Karthager respektieren Gesandte.»
Ich spürte, dass meine Freunde anderer Ansicht waren. Ihre Unnachgiebigkeit machte mich wütend, und ich weiß noch, dass ich mir auf die Unterlippe biss, um meinen Zorn nicht hochkochen zu lassen. Außerdem war ich todmüde – die Nacht zuvor hatte ich am Ruder ausgeharrt, hatte ein Enterkommando angeführt, hatte mitgeholfen, den Rumpf auszubessern –, sodass ich es gerade noch schaffte, mich auf den Beinen zu halten. Verständlich, dass die neckenden Bemerkungen meiner Gefährten ihre Wirkung nicht verfehlten.
Eine Weile beobachtete ich die Rudermannschaft, die immerzu Wasser aus der Bilge pumpte, und bezweifelte, dass wir es bis in einen der Häfen der Peloponnes schaffen würden. Die Entfernung war einfach zu groß, außerdem liefen wir Gefahr, in einen weiteren Frühjahrssturm zu geraten.
Brasidas machte sich mit einer seiner typischen Gesten bemerkbar – mit einer knappen Handbewegung.
Ich beugte mich über die Reling an Backbord. «Brauchst du was?», rief ich zum anderen Deck hinüber.
«Nein», entgegnete er. «Aber die Frau will was von dir.»
Aus dem Mund jedes anderen hätte diese Bemerkung zotig geklungen, aber der Mann aus Sparta sagte eigentlich nie viel, und wenn doch, dann bediente er sich einer knappen und trockenen Ausdrucksweise. Nicht umsonst bezeichnen wir die Leute aus Sparta als lakonisch.
An jedem anderen Tag hätte ich die Rudermannschaft aufgefordert, das andere Schiff mit Enterstangen näher heranzuziehen. Aber Briseis schaute zu, und daher schnappte ich mir einen Chiton, zog ihn an, vergaß die Müdigkeit, legte einen geflochtenen Gürtel und den Schwertgurt an und sprang – ja, ich sprang! – von einer Ruderbank zur nächsten. Als ich drüben Fuß fasste, merkte ich, dass das andere Schiff tiefer im Wasser lag.
Ich sprang sogar über die Köpfe der zu Tode erschrockenen Überlebenden hinweg, über jene versklavten Ruderer also, die von meinen Epibatai streng bewacht wurden – allerdings war nach dem Gemetzel nur noch eine Rumpfmannschaft übrig geblieben, wenn man das so sagen darf. Jedenfalls versuchte ich, nach meiner Landung nicht zu stark zu schwanken, als ich achteraus zu Briseis ging.
Ich verbeugte mich vor ihr. Sie hatte sich nach Art der Matronen ein Tuch um den Kopf gewunden, sodass man nur an einem Fußknöchel und einem Handgelenk etwas von ihrer Haut erahnen konnte, aber ich kannte ihren Körper.
Ich schätze, dass Seckla recht hatte. Sobald es um Briseis ging, war ich ein pickliger Jüngling.
«Komm», sprach sie und führte mich weiter zum Heck, wo Kyros – mein bester Freund unter den Persern – auf den Planken saß, den Kopf des Artaphernes in seinem Schoß.
Der Satrap hatte die Augen nicht geschlossen. Ich kniete neben ihm, und einen kurzen Moment durchzuckte es mich, den Dolch zu ziehen und dem Perser die Klinge in beide Augen zu stechen, um seine Frau für mich allein zu haben. Ich unterscheide mich nicht groß von anderen Männern – manchmal kommen mir schreckliche Dinge in den Sinn, selbst wenn ich mich bemühe, das Richtige zu tun.
Artaphernes hob eine Hand und bedeutete mir, näher zu kommen.
Ich beugte mich zu ihm hinab, um ihn verstehen zu können.
«Arimnestos», sagte er leise.
«Herr.»
«Ein machtvoller Name», murmelte er. «Karthago», fügte er matt hinzu, ehe ihm die Augen zufielen.
Briseis legte mir eine Hand auf die Schulter, und allein diese Berührung war wie ein Blitz am Himmel, ein Vorbote des Sturms. «Er bittet dich, uns nach Karthago zu bringen», sagte sie.
Ich schaute auf, sah an ihr vorbei und fing den Blick von Kyros ein, dem Anführer von Artaphernes’ Leibwache. Kyros war inzwischen die rechte Hand des Satrapen.
Ich ging in die Hocke. «Kyros», sprach ich ihn an. «Wenn – ich betone wenn – ich euch nach Karthago bringe, kannst du dann für meine Sicherheit garantieren? Ich habe nicht viel für Karthago übrig, und dort bin ich sicher nicht gern gesehen.»
Kyros strich sich den Bart – es war der Kyros von früher, voller Humor und mit dem Ehrgefühl eines Persers, dass ich mich plötzlich wieder fühlte, als wäre ich ein Jüngling von fünfzehn Jahren. «Wann kann man schon den Phöniziern trauen?», sinnierte er. «Sie lügen wie die Griechen.» Er setzte ein Grinsen auf. «Ich kann dir nicht versprechen, dass die Karthager dich so behandeln, als wärst du ein Teil unserer Gesandtschaft.» Er zuckte mit den Schultern. «Aber eines kann ich dir versprechen: Wenn du uns nach Karthago bringst und dort in Lebensgefahr geraten solltest, dann stehe ich dir bei und sterbe an deiner Seite.»
So spricht nur ein Perser. Und er meinte es auch so.
Wenn du selbst etwas Ehrgefühl besitzt, weißt du, ob dein Gegenüber ehrenhaft ist. Und wenn dieser Mann der Ehre eine Bitte hat – eine spezielle Bitte …
Artaphernes hatte mein Leben bewahrt, auch das anderer Kämpfer, in jener Nacht, als ich Hipponax sterbend auf dem Schlachtfeld nördlich von Ephesos fand. Ich hatte dem Satrapen auch einmal das Leben gerettet. Kyros und ich verband eine eigenartige Freundschaft, denn wir hatten uns als Feinde gegenübergestanden und die Klingen gekreuzt, dann wiederum waren wir uns im Schutz der Gastfreundschaft begegnet und hatten geplaudert.
Und die Überzeugungen, für die du einstehst, werden nicht an sonnigen Tagen auf die Probe gestellt. Ob deine Gelübde etwas taugen, testen die Götter, wenn Sturm aufzieht. Ich verharrte in der Hocke, und wenige Herzschläge nachdem Kyros gesagt hatte, er sei bereit, an meiner Seite zu sterben, falls die Karthager über mich herfielen, wusste ich, dass ich die Gesandtschaft nach Karthago begleiten würde.
Ich erhob mich und seufzte. «Nun gut. Wir nehmen euch ins Schlepptau und steuern den nächstbesten Strand an. Dann werden wir sehen, ob dieses Schiff noch zu retten ist. Falls nicht, rudern wir euch um die Landspitze nach Karthago. Möge Poseidon mir beistehen. Möge Athene mir mit Rat zur Seite stehen.»
Kyros lächelte. «Du bist ein wahrer Mann», sprach er.
Was ist das wert?
All meine Gefährten bedachten mich mit finsteren Blicken. Aber ich ertrug ihr Missfallen und begab mich mit der Hälfte meiner Deckmannschaft an Bord des lädierten Phöniziers. Zwei Dutzend meiner besten Ruderer begleiteten uns, natürlich auch Leukas, der immer schon ein besserer Seemann war als ich. Ich übergab das Kommando an Megakles. Ich hatte auch Hektor an meiner Seite, meinen neuen Pais. Der Junge war seekrank, seitdem wir Kroton verlassen hatten. Eigentlich war er in diesem Zustand zu nichts zu gebrauchen, aber allmählich gewöhnte er sich an die unruhige See.
Gegen Abend dümpelten wir keine zwanzig Pferdelängen von Libyas Küste entfernt im leichten Wellengang. In der schmalen Sichel des aufgehenden Mondes lag der Strand wie ein silbernes Band vor uns. Es ist untertrieben, wenn ich sage, dass meine Ruderer erschöpft waren. Vergesst nicht, dass die meisten von ihnen Sklaven waren, die sich gegen ihre Herren erhoben hatten und besiegt worden waren.
Aber keiner will freiwillig ertrinken.
Kyros war an meiner Seite. Ich stand am Ruder, während Leukas die Männer unermüdlich antrieb, das Wasser aus der Bilge zu schöpfen. Unsere Ruderer – die am Ende ihrer Kräfte waren und obendrein verzweifelt – hatten ein Schiff im Schlepptau, das aufgrund des Wassers im Kielraum ein ungeheures Gewicht aufwies.
Die Lydia legte zuerst an. Ich sah, wie Brasidas mit den Epibatai über die Heckreling ins seichte Wasser sprang. Eine reine Sicherheitsvorkehrung, falls uns dort jemand auflauerte.
Kyros stieß einen unwirschen Laut aus. «Deine Leute sind gut ausgebildet», stellte er fest.
Ich nickte. «Wer Pirat sein will, muss eine harte Schule durchlaufen.»
Er zog die Stirn kraus.
Nachdem auch die Rudermannschaft die Lydia verlassen hatte, wurde das Schiff an Land gezogen, und da der Mond kaum Licht spendete, sah es aus, als würde der feucht schimmernde dunkle Rumpf von Götterhand auf den Strand gezogen. Ein herrlicher Anblick, auch wenn ich mir Sorgen machte wegen des Schiffes, auf dem ich mich befand. Außerdem stand Briseis nur wenige Schritte von mir entfernt – so nah bei mir, dass ich glaubte, die Wärme ihres Körpers spüren zu können.
Ja, so war das.
Ich verstellte das Ruder leicht und navigierte uns einige Längen den Strand entlang. Ich wollte das arg beschädigte Schiff nämlich möglichst weit von meiner schönen Lydia an Land ziehen, nur für den Fall, dass es zu Unruhen kam.
Unterdessen hatte Leukas Leinen über die Bordwände geworfen, und sowie die Lydia sicher abgestützt am Strand lag, eilten die Ruderer zu uns. Keinen Herzschlag zu früh. Ich warf einen Blick auf Briseis, und als sich unsere Blicke trafen, lächelte sie.
Wir brauchten eine Weile, das träge Schiff mit dem Heck voraus auf den Strand zu bringen, denn wir konnten keine rasche Drehung machen, sondern dümpelten weiter vor uns hin. Aber endlich zeigte unser Heck zum Strand, sodass sich unsere überlebenden Ruderer andersherum auf die Bänke setzten.
Kyros sah mich an, seine Augen leuchteten weiß in der Dunkelheit. «Ich fürchte, die Ruderer werden noch einmal versuchen zu meutern», sagte er.
Der Perser war kein Narr. Auch nicht Arynam, der inzwischen seinen Bogen aus der Hülle genommen hatte und die Sehne spannte.
Und es stimmte, in dem Schweigen der Rudermannschaft lag eine schwelende Gefahr.
«Leukas!», rief ich, worauf er zu mir eilte. «Übernimm das Ruder!», forderte ich ihn auf.
Dann lief ich mittschiffs zu der Stelle, an der ein guter Trierarch während des Gefechts steht. Denn von dort schallt die Stimme vernehmlich über sämtliche Ruderbänke hinweg.
«Hört zu, Ruderer!», rief ich. «Wenn wir dieses Schiff auf dem Strand haben, sorge ich dafür, dass ihr etwas zu essen bekommt. Diese Trireme hält keine drei Stunden mehr durch – haltet euch an mich, und ich bringe euch sicher an Land. Falls ihr vorhabt, euch gegen uns zu stellen, so kann ich euch nur eines versprechen: dass ihr alle sterben werdet!»
Ich spähte hinab in das Zwielicht zwischen den Ruderbänken.
«Viele dieser Männer schert es einen Dreck, ob sie leben oder sterben», rief ein Mann, der offenbar mutiger war als die anderen. Er sprach ein ionisches Griechisch.
«Ich kann nur für die Griechen an Bord sprechen», sagte ich. «Aber ich kümmere mich besser um sie, als es die Phönizier je tun würden. Oder ich töte jeden Einzelnen von ihnen und bringe das Schiff trotzdem an Land.» Ich stand über ihnen, und da ich früher lange unter Dagons Peitsche gelitten hatte, wusste ich aus eigener Erfahrung, wie dröhnend die Stimme auf der Kommandoplattform sein kann.
Ich nahm den Weg zurück über die Laufplanken, ließ mir aber Zeit, da ich so viel Selbstvertrauen wie möglich ausstrahlen wollte. Wir waren nur noch hundert Schritte vom Ufer entfernt, und ich war nicht in Gefahr, aber ich wusste nicht, ob Briseis schwimmen konnte. Außerdem glaubte ich nicht, dass Artaphernes in seinem Zustand die Strapazen überleben würde.
Ich vernahm Murren auf den Ruderbänken.
Eigentlich kein allzu schlechtes Zeichen.
Am Heck angekommen, übernahm ich wieder das Ruder, während Leukas mit seinem keltischen Akzent auf Griechisch befahl: «Pullt, Männer!»
Einige Riemenblätter blieben über Wasser. Meine Ruderer hingegen legten sich bereitwillig in die Riemen, und bald pullten genügend andere Männer, sodass wir achteraus Fahrt aufnahmen. Kurz darauf schabte der Achtersteven über den Sand. Sofort wurde der Bug von der Strömung und dem Wellengang zum Strand gedrückt – das ist das Schlimmste, was in einem solchen Augenblick passieren kann. An einem stürmischen Tag an einer windgepeitschten Bucht muss ein guter Steuermann damit rechnen, nicht aber in einer ruhigen Nacht an einem breiten Strandgürtel.
Glücklicherweise hatten Seckla und seine Ruderer bereits die Leinen gepackt, die meine Deckmannschaft über die Reling geworfen hatte. Auf diese Weise wurden wir höher auf den Strandabschnitt gezogen, bereitwillig und mit einer Verbissenheit, die die verdrießlichen Ruderer vermissen ließen.
«Über die Bordwände, ihr Hurensöhne!», hörte ich Leukas rufen.
Einige kamen der Aufforderung nach, andere nicht. Ich konnte nicht einschätzen, ob wir es mit einer Meuterei, mit Deserteuren oder einfach nur mit absolut erschöpften Männern zu tun hatten. Daher verließ ich das Ruder – ich glaube, ich habe es eingeholt – und ging wieder über die Laufplanke. Auf meinem Weg stieß ich hier und da Männer mit meinem geborgten persischen Speer an. Ein Kerl, über dessen Stirn sich eine lange Narbe zog, verfluchte mich und kauerte wie ein knurrender Hund auf seiner schmalen Bank. Aber er hatte nicht mal mehr die Kraft, nach mir zu spucken, und als er letzten Endes einknickte, erlahmte die Widerspenstigkeit auch in all den anderen Ruderern in seiner Nähe. Die Menschen sind schon seltsam – oft sind sie schlau, stehen sich aber selbst im Weg.
Leukas und ich scheuchten die Männer hoch, und die Perser halfen uns dabei, und so kletterten sie schlussendlich über die Bordwände und gingen an Land. Ein Dutzend versuchte fortzulaufen, aber sie wurden von Brasidas und den Epibatai wie eine Schar ungehöriger Kinder zusammengetrieben. Wir konnten es uns nicht leisten, dass etliche Sklaven wegliefen und weiter landeinwärts verrieten, wo wir lagerten.
Meine drei persischen Freunde hievten ihren Herrn über die Bordwand und trugen ihn auf einer Trage aus Speeren und Leinwand zum Feuer, das Seckla am Strand entzündet hatte. Eine Stunde später kochte das Hammelfleisch. Unser Vorhaben, unser Lager geheim zu halten, war spätestens dann gescheitert, als sich uns vorsichtig zwei Hirten näherten und uns anboten, Schafe von ihnen zu kaufen.
Als der Mond hoch am Himmel stand, saß der örtliche Wortführer bei uns am Feuer, und er wusste, dass wir Griechen waren.