Der letzte Bus nach Talmey - Deborah N. May - E-Book

Der letzte Bus nach Talmey E-Book

Deborah N. May

4,0

Beschreibung

Wyoming, der einsamste Bundesstaat der USA. Die siebzehnjährige Rhea steht am Flughafen. Von ihrem Großvater Pavel keine Spur, stattdessen wartet ein fremder Mann auf sie. Rhea hat keine Wahl, als "Mike" zu vertrauen. Auf Pavels Pferdefarm beobachtet Rhea, dass der hübsche Fremde nicht mit offenen Karten spielt. Doch sie schweigt, es gibt kein Zurück in ihr altes Leben. Die Abgelegenheit des Ortes, Heimlichtuereien und wachsende Gefühle für einen vergebenen Mann bringen ungeahnte Ereignisse ins Rollen. Ein Drama auf der Farm stellt Rhea vor die Entscheidung, in ihr altes Leben zurück zu taumeln oder herauszufinden, wessen Idylle sie gestört hat. Alles riskieren oder umkehren und verlieren? Was würdest du tun, am Ende der Welt?

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Inhaltsverzeichnis

Teil 1

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Teil 2

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Teil 3

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Abschluss

Ein paar wichtige Worte

Danksagungen

Leseprobe „Das HonigHurenHaus“

Kapitel 1

Teil 1

Kapitel 1

Noch ein paar Schritte, dann würde mein altes Leben für immer vorbei sein. Mit dem Verlassen des Flugzeugs tat sich vor mir das Land der unbegrenzten Möglichkeiten auf. Zügig bahnte ich mir einen Weg durchs Gedränge, bis ich Minuten später vor dem Rollband zum Stehen kam und meinen Koffer schnappte. Meine Knie zitterten. Der lange Sinkflug hatte meinen Magen in Aufruhr gebracht, dazu die Vorfreude auf meinen Großvater Pavel – ich konnte es kaum erwarten, ihn in die Arme zu schließen.

Als ich endlich in der Ankunftshalle stand, hatte sich mein Körper halbwegs beruhigt. Um mich herum wurden Taschen und Koffer geschlenkert, Menschen schoben sich schrittweise vor mich und verschwanden wieder aus meinem Blickfeld. Ein Passagier wurde über Lautsprecher ausgerufen. Auf Zehenspitzen schaute ich mich nach Pavel um, doch er war nirgends zu sehen. Wo ist er denn? Warum haben wir eigentlich keinen festen Treffpunkt vereinbart?!

Das Weinen eines Babys riss mich aus meinen Gedanken und ich drehte mich instinktiv um – da kam es auch schon zum Zusammenstoß mit einem Fremden. Durch die Wucht taumelte ich und er packte mich blitzartig am Arm, damit ich nicht stürzte. Dabei fiel sein gelbes Päckchen zu Boden und schlidderte ein paar Meter weit weg.

»Sorry …«, murmelte er und hechtete dem Paket nach, nahm es wieder an sich und rannte weiter.

»Oje, Ihre Dokumente«, sagte die junge Mutter, ihr nur noch wimmerndes Bündel an sich gedrückt, das mit jeder ihrer Bewegungen mitwippte.

Mein Pass, das Flugticket und der Reiseführer lagen auf dem Boden. Fremde stiegen hektisch darüber hinweg. Mein Rücken schmerzte nach dem Aufprall. Ich stellte meine Reisetasche auf den Boden und sammelte die Sachen auf, da sah ich neben einer Sitzbank noch etwas liegen. Gehört das mir? Nachdem ich es zu mir geangelt hatte, erkannte ich, dass es ein Reisepass war – und der Mann auf dem Foto war eindeutig derjenige, der mich gerade über den Haufen gerannt hatte. Suchend blickte ich in die Richtung, in die er verschwunden war, doch er war längst weg. Ich steckte den Ausweis ein und setzte meine Suche nach Pavel fort. Er hat mich doch nicht etwa vergessen?! Meine Mutter hatte mir immer wieder eingebläut, wie unzuverlässig er wäre. Und wenn sie das von ihm hat? Nein, er kommt. Ganz bestimmt. Ich schob den Gedanken entschieden von mir – meine Mutter hatte einen Hang zum Übertreiben. Während ich mich weiter umblickte, fiel mir ein Mann mit tiefschwarzen Locken auf, er war etwa zehn Jahre älter als ich. Mit verschränkten Armen lehnte er an einer Wand mit Filmplakaten und musterte die Passanten. Eigentlich hätte er selbst perfekt auf das Plakat gepasst, so hübsch und gut gebaut wie er war. Seine Hand schnellte zu einem flüchtigen Gruß in die Höhe, doch eine Traube Cowboys mit braunen Hüten versperrte mir die Sicht auf die gegrüßte Person.

Wahrscheinlich würde Pavel sich einfach nur verspäten, beruhigte ich mich. Die Cowboys unterhielten sich in der Nähe eines Imbissstands und alberten herum, bis sie die Ankunftshalle schließlich lachend verließen. Nach und nach löste sich die Menschenmasse auf, sie suchten das Weite wie Kakerlaken, wenn man das Licht einschaltete. Nur ich wartete noch immer. Na toll … Mit mir kann man es ja machen. Langsam aber sicher überlagerte ein Gefühl von Einsamkeit meine Vorfreude, doch jede Zelle in mir wehrte sich dagegen. Ich wollte diesem keine Macht geben, nicht mehr! Energisch schüttelte ich es ab und nahm eine stolze Haltung ein. Der Typ vor dem Filmplakat blickte in meine Richtung. Sah er mich an? Lächelnd setzte er sich in Bewegung, kam direkt auf mich zu. Verunsichert drehte ich mich um, aber da war keine Menschenseele. Was will der denn jetzt?!, schoss es mir erschrocken durch den Kopf, während er immer näher kam. Wenn ich einem hübschen Mann gegenüberstand, wusste ich nie, was ich sagen sollte.

Direkt vor mir blieb er stehen und sah mich prüfend an. Ich spürte das Blut in meine Wangen schießen, mein Puls schnellte um ein Vielfaches in die Höhe.

»Du musst Rhea sein«, sagte er.

Unsicher nickte ich, und noch ehe ich etwas sagen konnte, hatte er sich mein Gepäck geschnappt.

»Pavel schickt mich. Gehen wir«, sagte er.

Wieder eine Lautsprecherdurchsage.

»Passagier Mr. Ernest Miller wird umgehend aufgefordert, sich zum Gate 27 zu begeben! Mr. Ernest Miller!«

»Miller? Oh! Warte, der Pass!«

Er schaute mich fragend an.

»Die Durchsage. Mr. Miller kann nicht an Bord, solange ich seinen Pass habe.«

»Was machst du denn mit seinem Pass?«, fragte der Filmplakatschönling.

»Den hab ich gerade gefunden.«

»Ach so! Na, dann komm, der Informationsschalter ist da hinten.«

Er war um Einiges größer als ich und machte dementsprechend große Schritte, während sich meine Knie anfühlten, als wären sie aus Gummi. Doch diesmal war nicht der Sinkflug, sondern sein gutes Aussehen daran schuld.

Nachdem wir den Pass abgegeben hatten, ging es weiter in Richtung Parkplatz. Ich musste mich beeilen, um mit ihm Schritt halten zu können, bis er schlussendlich vor dem kleinsten aller Autos stehen blieb. Ich verbarg so gut es ging, wie sehr ich außer Atem war. Pavel hatte in der Vergangenheit einen Mitarbeiter erwähnt. Wie war noch sein Name? Mitchell? Michael? Ein beunruhigender Gedanke blitzte auf. Was, wenn er gar nicht der war, für den er sich ausgab? Verloren stand ich da und sah zu, wie er meinen Koffer mit dem Logo der Pferdezeitschrift »Wendy« neben einen grünen Rucksack mit der Aufschrift »STRANGER« im Kofferraum verstaute. Mein Handgepäck legte er auf den Rücksitz und hielt mir die Tür auf.

»Bitte sehr, steig ein.«

Ich zögerte. Sollte ich wirklich einsteigen? Reichte mir sein Wissen um meinen Namen und die lapidare Aussage, Pavel schicke ihn? Nein, tat es nicht! Ich musste sicher sein, wer er war – ich wollte nicht gleich am ersten Tag verschleppt werden.

Er bemerkte mein Zögern. »Sorry, ich hab mich gar nicht vorgestellt. Ich bin Mike. Ich arbeite auf der Pferdefarm.«

»Ja, Pavel hat dich erwähnt. Kann ich … kann ich ihn anrufen?«

»Wird schwierig – er ist unterwegs. Willst du stattdessen auf ihn warten? Kann aber dauern.«

Trotz seiner sympathischen Art konnte er meine Bedenken nicht gänzlich wegwischen, aber mir blieb ja nichts übrig, als ihm zu vertrauen. Pavel würde schon wissen, was er tat.

»Nein, nein. Schon okay. Ich komme mit.«

Mike sprach ein klares Englisch, das ich problemlos verstand. Die drei Jahre Englischunterricht hatten sich schon jetzt ausbezahlt, und die Sprachbarriere würde keinen Stolperstein für mich darstellen. Wenn etwas das tun würde, dann eher die Hitze. Unerbittlich prallten die heißen Sonnenstrahlen aufs Autodach. Auf meiner Stirn bemerkte ich Schweißperlen, als ich mich neben Mike auf den Beifahrersitz sinken ließ. Ich wusste nicht so recht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Er musterte mich kurz, und ich kramte spontan in meiner Brieftasche, obwohl ich gar nichts daraus brauchte.

»Wo ist Pavel denn?«

»Auf einer Pferdeauktion in Casper. Er hat ein Durcheinander mit den Terminen gemacht – der Gute wird älter.«

Mit einer Handbewegung drehte er den Schlüssel, woraufhin der Motor hustete und das Radio ansprang. Der kaugummiartige Dialekt des Sprechers erhaschte meine Aufmerksamkeit, es klang in meinen Ohren sehr nach Wyoming.

»Der Mann wurde erst vor zwei Wochen auf die Honor Farm überwiesen. Möglicherweise hält er sich noch im Einzugsgebiet Riverton auf. Es wird dringend geraten, sich von ihm fernzuhalten und unverzüglich die Polizei zu benachrichtigen, falls er irgendwo gesichtet wird. Und nun zum Wetter: Die Sonne wird uns auch in nächster Zeit nicht verschonen. Die Temperaturen steigen weiterhin auf die Rekordmarke zu, also trinken Sie viel Wasser und verschieben Sie körperliche Arbeit auf die kühleren Morgen- und Abendstunden.«

Mike suchte nach einem anderen Sender. Das Drehgeräusch des Radioknopfs erinnerte mich an einen stumpfen Reißverschluss. Im Rauschen war beinahe unwirklich ein Elton-John-Song zu erahnen.

»Hier draußen hat man miesen Empfang.« Ein Lächeln schlich sich auf Mikes herbes Gesicht, und instinktiv sah ich aus dem Fenster, um meine roten Wangen zu verbergen.

Durch seine gute Laune löste sich mein Unbehagen nach und nach auf wie leichter Morgennebel. Endlich war ich frei. Der Beginn meines neuen Lebens. Meines richtigen Lebens, weit weg vom Kinderheim, von langweiligen Wochenenden bei meiner Mutter und Demütigungen in der Schule.

Bald war weit und breit kein Gebäude mehr zu sehen, nur selten mal ein Motel oder eine Möglichkeit zum Abbiegen. Die Straße führte uns zwischen hohen Bergen mitten in die unberührte Natur, vorbei an endlosen, von der Sonne malträtierten Feldern, verdorrten Bäumen und durstigen Rinderherden, manchmal auch an Schafen. Eine wie für Postkarten geschaffene Gegend. Wyoming war nicht gerade für florierendes Leben bekannt, sondern für die raue Landschaft, den Yellowstone-Nationalpark und natürlich für die Rocky Mountains. Die Schweiz lag endlich hinter mir und innerlich dankte ich meiner Mutter dafür, dass sie meinen Auswanderungsplänen keine Steine in den Weg gelegt hatte, obwohl ich noch nicht volljährig war. Immerhin etwas, das ich ihr positiv anrechnen konnte.

Um sicherzugehen, dass ich nicht träumte, schloss ich ab und zu die Augen, um mich auf den Geruch zu konzentrieren, sah in die Ferne, um die Weite in mich aufzunehmen, und streckte den Arm aus dem Fenster, um den Fahrtwind zu spüren. Ich nahm jede Empfindung tief in mich auf. Vom ersten Augenblick an verliebte ich mich diese Gegend. Am liebsten wäre ich sofort ausgestiegen, um einen Spaziergang über die weiten Felder zu machen. Doch ich wusste, dazu würden sich noch unzählige Gelegenheiten ergeben – wenn ich wollte, für immer. Pavel hatte mir berichtet, seine Farm sei schwer zu finden und ziemlich abgelegen. Wie sehr, davon hatte ich keine Ahnung.

Nach eineinhalb Stunden Fahrt gelangten wir nach Dubois, eine hübsche, kleine Stadt am Fuße der Rocky Mountains. Seit mein Großvater mir vor vielen Jahren von seiner Farm erzählt und mir Fotos zeigte, hatte ich jeden Tag davon geträumt, endlich selbst hierher zu kommen. Ich ersehnte ein Leben mit Pferden, Ausritten in den Sonnenuntergang und Touren in den Bergen – kurz: nach der großen Freiheit.

»Willkommen in Dubois. Ich muss noch was besorgen«, sagte Mike und fuhr auf den Kiesplatz vor einem kleinen Laden. »Kommst du mit?«

»Nein, ich schau mich lieber hier draußen um«, sagte ich und schlug die Autotür zu. Meine Haare wurden von einem Windstoß aufgewirbelt. Mike verschwand durch die hölzerne Schwingtür in dem kleinen Geschäft, das nach Wild-West-Kulisse aussah. Auf der Straße gegenüber stand ein mit Schafen beladener Lastwagen, eine Wolke ihres Wolldufts drang an meine Nase und ich sog ihn ein. Hinter den Gebäuden musste eine Pferdekoppel sein, was die Vorfreude auf mein neues Leben ins Unermessliche steigerte. Pavel hatte mir am Telefon erzählt, dass die meisten der Pferde auf seiner Farm einem befreundeten Farmer gehören würden. Pavel sorgte für sie, bis sie verkaufsbereit waren – so sicherte er den Großteil seines Einkommens, nur eine Handvoll Pferde nannte er sein Eigen.

Die Tür des Ladens schwang auf und Mike kam zurück, in der Hand zwei Wasserflaschen und eine Plastiktüte. Er hatte definitiv Charme, obwohl er nicht viel sagte und leicht distanziert auf mich wirkte. Wir setzten unsere Fahrt fort, und langsam veränderte sich die Landschaft. Die großen Berge wurden abgelöst von einer weiten, kargen Ebene, die mich mit jedem Kilometer mehr an eine Wüste erinnerte. Jetzt im Hochsommer war die Graslandschaft braun versengt und nicht mehr grün, wie sie auf den meisten Postkarten dargestellt wurde. Es roch nach Staub.

Nach weiteren drei Stunden passierten wir einen Nadelwald, in dem es verhältnismäßig kühl war – eine Wohltat.

»Wenn du mal unter Leute musst, hier ist die Bushaltestelle.«

Vor einer Baumreihe erblickte ich ein Schild, auf dem ein vergilbter Bus abgebildet war, daneben stand eine kleine Bank. Das Ganze machte einen verlassenen und in die Jahre gekommenen Eindruck.

»Was, hier fährt ein Bus?«

»Alle drei Stunden. Nach Talmey.« Mike deutete hinter sich in die Richtung, aus der wir gekommen waren, und bog direkt nach der Haltestelle in einen Schotterweg ein, den ich gar nicht bemerkt hätte. Er drosselte das Tempo und wich den größeren Schlaglöchern aus.

»Gleich sind wir da.« Mein Chauffeur streckte kurz seine Arme durch und griff dann wieder ans Steuer, um die letzte Etappe der Reise in Angriff zu nehmen.

Nach dem Verlassen des Waldes tauchten ein imposantes Haupthaus und Stallungen auf. Ich erkannte die Farm sofort: Es war die vom Foto, welches in der Schweiz über Jahre hinweg an meiner Pinnwand gehangen hatte. Pavels Farm. Sie war vor langer Zeit von ausgewanderten Europäern errichtet worden und er hatte stets mit Stolz in der Stimme betont, weit und breit das einzige dreistöckige Haus zu besitzen. Zudem waren unterkellerte Häuser in dieser Gegend sehr ungewöhnlich. Der gelbliche Putz hatte schon bessere Zeiten gesehen und ich versuchte mir vorzustellen, wie die Farbe früher in der Abendsonne geleuchtet haben musste. Aus dem staubigen Boden ragten unzählige, durch Holzlatten verbundene Pfähle, die einen weitläufigen Komplex aus Koppeln bildeten, und dann sah ich die Pferde. In der Ferne weidete vor dem Wald eine beträchtliche Herde, während in der Nähe unseres Autos eine kleinere unter einer Ansammlung von hohen, kräftigen Tannen döste.

Ein Wiehern durchdrang die Luft und sogleich löste sich ein hochgewachsener Rapphengst von der Gruppe. Aus der Ferne schallte eine Antwort zurück. Staunend stieg ich aus und Mike führte mich direkt zu dem Prachtkerl, der mittlerweile am Koppelzaun stand und uns aus neugierigen Augen begutachtete.

»Rhea, das ist mein guter Freund Deryt.«

»Ein kräftiger Bursche.«

»Allerdings. Ist nicht jedermanns Sache.« Mike streckte seine Hand zwischen zwei Zaunlatten hindurch, um sein Pferd zu begrüßen. Deryts Fell war so tiefschwarz wie Mikes Haar, er war imposanter als jedes der Pferde, die ich auf dem Schweizer Reiterhof jemals geritten hatte. Einige seiner Artgenossen gesellten sich nun ebenfalls zu uns und betrachteten mich kritisch. Ein Braunschecke trank aus einem Brunnen, der direkt am Zaun platziert war, um sowohl von der Weide, als auch vom Hofplatz erreichbar zu sein. Die Fellzeichnung des Schecken teilte seinen Kopf farblich in zwei Hälften, wobei sein Auge auf der hellen Seite blau war. Etwas, das ich bisher nur auf Bildern gesehen hatte. Der dichte, lange Beinbehang bedeckte einen großen Teil seiner Hufe. Ich beobachtete ihn fasziniert.

Das Zuknallen des Kofferraumdeckels ließ mich erschreckt herumwirbeln. Mike war inzwischen zum Auto zurückgegangen und hatte mein Gepäck ausgeladen. Ich war es gewohnt, mitanzupacken, daher ging ich rasch zum Auto zurück und nahm ihm zumindest mein Handgepäck ab – er sollte nicht das Gefühl bekommen, alles für mich erledigen zu müssen.

»Der Schecke heißt Giant.«

»Ein beeindruckendes Tier. Welche Rasse ist er?«

»Tinker.«

»Und Deryt? Der ist ja riesig, bestimmt auch kein Mustang, oder?«

»Stimmt. Er ist ein Quarter Horse.«

Noch immer überwältigt stand ich da und schaute zu ihm rüber, während Mike in Richtung der von Säulen gestützten Veranda des Hauses ging. Deryt brummelte leise und ich folgte Mike. Die Räder meines Koffers hinterließen zwei Spuren im rötlichen Staub. Am Haus angekommen, schritt ich die drei Stufen hoch in den Schatten und trat schließlich in das lang ersehnte neue Zuhause.

Im Innern war es erstaunlich kühl und es roch nach Holz und Orangen. Links erspähte ich eine Küche, gegenüber ein Wohnzimmer, und vom Gang gingen weitere Räume ab. Eine mit rotem Teppich ausgelegte Holztreppe führte in den ersten Stock. Mir blieb nicht viel Zeit, mich umzusehen, denn Mike war schon oben angelangt. Schnell folgte ich ihm über die knarrende Treppe.

»Hier ist dein Zimmer. Direkt nebenan wohne ich. Fast alle restlichen Räume auf dieser Etage sind momentan unbewohnt. Wir vermieten sie manchmal an Gäste, genauso wie die Zimmer der oberen Etage – die sind aktuell auch alle frei. Lauter menschenleere Zimmer. Pavel möchte irgendwann ein Hotel aus dem Haus machen. Ich hoffe, noch in diesem Leben.« Er winkte ab und ich war mir nicht sicher, wie er das gemeint hatte. Glaubte er nicht an Pavels Vorhaben? Oder fand er die Idee bescheuert? Ich nickte und sah den Flur entlang.

»Wer wohnt noch hier?«

»Nur Pavel, ich und nun du. Pascalle, unsere Pferdewirtin, hat hier zwar auch ein Zimmer, aber eigentlich wohnt sie mit ihrem Freund in Talmey. Sie übernachtet nur ab und zu hier, wenn sie lang gearbeitet hat. Pavel hat sein Büro und sein Schlafzimmer im Erdgeschoss. Unten findest du die Küche, das Wohnzimmer und – ganz wichtig – das Telefon. Die einzige Kontaktmöglichkeit zur Außenwelt«, sagte er lachend.

»Lass dir Zeit und richte dich ein. Ich muss jetzt arbeiten, und Pascalle kommt auch bald. Sie bringt heute die Jährlinge ins Gebirge.«

»Ich danke dir. Bis später«, sagte ich und sah ihm nach, während er wieder nach unten ging. Mit zitternder Hand ergriff ich die Türklinke und trat in mein eigenes Reich.

Der Boden war wie im Flur aus Holz, nur ohne Teppich, die Wände weiß gestrichen. In der Mitte ein Tisch mit Stuhl, Schrank und Bett und in einer Ecke ein gemütliches Sofa. Mich erfasste eine Welle von Glücksgefühlen. Ich legte meine Hand auf mein Herz und atmete mit geschlossenen Augen tief ein. Jetzt war es endgültig. Jetzt war ich hier. Ich stellte den Koffer ab, die Schuhe daneben und sah zur Balkontür. Schon beim Rausgehen überwältigte mich die gigantische Aussicht, die man von dem kleinen Tisch aus hatte, der rumstand. Ich bemerkte den hinter dem Haus liegenden Wald neben braungebratenen Feldern. Wie eine gemalte Kulisse erhoben sich dahinter stolz die Rocky Mountains. Ergriffen atmete ich tief ein. Ein süßlicher Duft erregte meine Aufmerksamkeit. Tannennadeln lagen auf dem Balkonbodenbelag verteilt, die der Wind größtenteils zu kleinen Wällen an die Wand geblasen hatte. Der Balkon zog sich über die ganze Länge der Hauswand und konnte von allen vier Zimmern der Hausrückseite aus betreten werden. Das Rauschen der Tannen war wie ein lieblicher Gesang und dank ihnen wurde die halbe Gebäudeseite von der unbarmherzigen Sonne geschützt. Verstohlen ging ich etwas weiter und warf einen Blick durch Mikes Fenster, konnte aber wegen der Sonneneinstrahlung nichts erkennen.

Wieder im Zimmer, ließ ich mich auf mein Bett fallen. Es war weich und die Decke unter mir kühlte für einen kurzen Moment meine Arme. Nun hatte ich alles hinter mir gelassen – den Lärm, das Heim und meine unfähige Mutter. Die durch die Reise hervorgerufene Müdigkeit legte sich mehr und mehr wie ein Sandsack auf meine Glieder nieder.

Zwei Stunden später schlug ich die Augen auf. Sekunden verstrichen, ehe ich begriff, wo ich mich befand. Rasch setzte ich mich auf. Es war noch da: das schöne Gefühl, etwas Unbezahlbares gewonnen zu haben. Eilig öffnete ich den Koffer, zog mich um, band meine Haare neu zusammen und verließ mein Zimmer.

Der große Platz zwischen Haus, Stallungen und den Koppeln war leer, während die Pferdeherde in der Ferne in Aufruhr war. Die Tiere trabten und galoppierten bis ans Ende der Weide. Ich erkannte nicht, was los war, doch die Pferde unter den Tannen schien das nicht weiter zu stören. Der Lärm der Insekten drang mit einer Heftigkeit an mein Ohr, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Vergeblich versuchte ich mich zu erinnern, ob das bei meiner Ankunft auch schon so gewesen war.

Ich beobachtete die Pferde unter den Bäumen eine Weile, dann betrat ich den Stall. Die Stallgasse war gefegt und jeder Gegenstand hatte seinen Platz, doch die Pferdeboxen waren leer. Die meisten waren nicht einmal eingestreut, stattdessen lagerten darin Kraftfutter, Gerätschaften, Heu- und Strohballen. Spontan griff ich in einen Heuhaufen, zerrieb die trockenen Grashalme zwischen meinen Fingern und roch an meiner Hand – es versetzte mich schlagartig zurück in meine Schulzeit, in der ich regelmäßig auf dem Reiterhof gewesen war. Die talentierteste Reiterin war ich sicher nicht – so wurde es mir jedenfalls immer mitgeteilt – aber meine Liebe zu den Pferden hatte mich weitermachen lassen, trotz der schiefen Blicke und dem Getuschel. Ich hatte bis zuletzt nicht herausfinden können, was die anderen Reitschüler eigentlich gegen mich hatten. Wahrscheinlich war ich ihnen einfach zu langweilig und die, die keine richtige Familie hatte und nicht einmal wusste, wer ihr Vater ist. Und da war es wieder, das Gefühl, nichts wert zu sein. Lautlos ließ ich das Heu zu Boden rieseln, stellte mir vor, es wären all die unangenehmen Erinnerungen. Nur ein Windhauch und sie würden weggeweht. Es spielte keine Rolle mehr.

Aufgeregtes Hufgetrappel und ein Wiehern ließen mich aufhorchen. Neugierig ging ich nach draußen und erschrak. Die große Herde kam von der Koppel geschossen, geradewegs in meine Richtung. Schnell machte ich zwei Schritte rückwärts in den Stall hinein, um vor den Hufen sicher zu sein, da schoss das Leittier schon an mir vorbei und zog die anderen mit sich. Ein paar besonders neugierige Exemplare verlangsamten und beäugten mich. Ein Pferd trat auf mich zu und schnaubte, bevor es weiterzuckelte.

»Vorwärts, vorwärts!« Eine weibliche Stimme war zu hören, brachte die Herde zum Weitergehen. Erst kurz darauf sah ich die dazugehörige Person: eine junge Frau mit Cowboyhut über den braunen Haaren. Sie spähte von ihrem hellbraunen Pferd aus herüber, wohl, um herauszufinden, warum die Tiere stockten.

»Was ist da vorne los? Vorwärts!« Sie klang bestimmt. Die Zügel in einer Hand trieb sie die Herde weiter vor sich her und als sie mich erblickte, brachte sie ihr Pferd vor mir zum Stehen. In einer Halterung an ihrem Sattel steckte ein Gewehr. Hier, wo sich Bär und Kojote gute Nacht sagten, müsse man auf alles gefasst sein, hatte Pavel mich gewarnt. Er hatte am Telefon mehr als einmal gemahnt, niemals alleine oder ohne Flinte ins Gebirge zu reiten, schon gar nicht nachts.

»Oh, hi, du musst Rhea sein. Ich bin Pascalle.«

»Genau. Hallo Pascalle.«

»Heiß, was?«, fragte sie, wobei es mehr eine Feststellung war. »Na ja, wir sehen uns bald. Ich muss weiter, sonst stellen die da vorne Blödsinn an.« Sie lachte und ließ ihr Pferd kurz zum Brunnen trotten und ein paar Schlucke trinken. Dann setzten sie ihren Weg fort und trieb die Herde zwischen Haus und Stall hindurch, hinaus in die Wildnis. Die unzähligen Hufe wirbelten Staubwolken auf, zwei Pferde spielten neckend Fangen und quietschten vergnügt, während sie davonstoben, als schienen sie um das Glück ihrer wiedergewonnenen Freiheit zu wissen. Es war ein traumhafter Anblick.

Ich ließ mich im Schatten der Veranda nieder und betrachtete die in den Wald führende Zufahrtsstraße gegenüber des Stalls – die Straße, die Mike und mich zur Farm geführt hatte.

»Na? Ausgeruht?«

Ich zuckte zusammen. Wie aus dem Nichts stand Mike plötzlich neben mir, ich fühlte einen Schauer auf meine Arme kriechen.

»Pavel hat angerufen. Er wird erst morgen oder übermorgen zurück sein. Soll ich dich herumführen?«

Ich nickte, und so überquerten wir den Hof und gingen zu den Pferden unter den Tannen.

»Das sind unsere Arbeitspferde. Pascalle ist mit ihrem Wallach Victor gerade unterwegs. Die Braune da ist Ugola, Pavels alte Stute – eine treue Seele. Die nervöse Fuchsstute da hinten ist Linga. Giant, den Schecken, habe ich dir ja schon vorgestellt, und die Schlaftablette da heißt Lucky. Pavel meinte, du kannst reiten?«

Strahlte ich tatsächlich so viel Langeweile aus, dass er beim Erwähnen von Lucky diese Frage stellen musste? Ich selbst empfand mich als ruhig und besonnen, aber niemals als langweilig.

»Ja, kann ich«, sagte ich etwas bestimmter als gewohnt.

»Perfekt. Hier: der Stall. Im Sommer stehen die Boxen die meiste Zeit leer. Manchmal quartieren wir hier Pferde ein, die aufgrund einer Krankheit oder Verletzung Ruhe brauchen. Mit einem Teil der Pachtpferde ist Pascalle eben ins Gebirge losgezogen. Die Jährlinge. Nur Flausen im Kopf, sag ich dir. Vor ein paar Tagen war der Besitzer hier, deshalb hatten wir sie runtergeholt. Tierarztkontrolle stand an und zwei wurden verkauft.«

Während er erzählte, betrachtete ich ihn von der Seite. Jemandem zuhören zu können, der mich nicht wegen meines dreckigen Hobbys auslachte, sondern diese Leidenschaft auch noch teilte, erfüllte mich mit Dankbarkeit.

»Gleich neben dem Wald liegt ein kleiner See. Vom Balkon aus kannst du ihn sehen.« Er zeigte in die Ferne, ließ seinen Blick über die Berge schweifen und schaute mich schließlich an. »Pavel hat da oben eine einsame Berghütte.«

»Noch einsamer als hier?«

»Noch tausendmal einsamer. Wyoming halt. Jedenfalls: willkommen auf der Farm Mary’s Oasis.«

Mary … Pavel hatte die Farm nach seiner früh verstorbenen Frau Maria benannt. Vielleicht hatte er sich hier ohne sie einsam gefühlt und wollte sie so zu einem Teil zurückholen.

»Wenn das Wetter hält, können wir abends draußen essen«, sagte Mike.

Der Gedanke an die bald über diesen abgelegenen Ort hereinbrechende Nacht ließ mich erschaudern. Ich hoffte auf zuverlässige Stromleitungen. Als ich fünf war, hatten sich ein paar Kinder einen Scherz mit mir erlaubt und mich in einem verliesartigen Keller eingeschlossen. Das wirklich Schlimme daran war, dass sie mich vergaßen – seitdem hasste ich jede Art von Dunkelheit. Sie machte mir Angst und versetzte mich emotional jedes Mal zurück in diese Situation, in der ich mich so ausgeliefert gefühlt hatte.

***

Und wirklich, die spätere Dunkelheit war erdrückend. Gelegentliches Knarzen, das vermutlich von irgendwo aus dem Gebälk des Hauses kam, ließ mich jedes Mal hochschrecken. Autogehupe und das Geschreie betrunkener Randalierer war ich gewohnt, aber echte Naturgeräusche waren neu – genauso neu wie echte Finsternis. Der Ruf eines Vogels verlieh der Nacht einen zusätzlichen unheimlichen Touch. Laut Pavel waren Wölfe, Kojoten und andere Wildtiere in Wyoming keine Seltenheit und ich war froh, im Schutz des Hauses in meinem Bett zu liegen. Trotzdem hielten mich diese unzähligen Eindrücke vom Schlafen ab und ich lag, die Bettdecke zur Seite geworfen, schwitzend wach. Es war einfach zu heiß. Alle zwei Minuten wälzte ich mich in eine andere Position, bis ich es irgendwann nicht mehr aushielt und mich aufsetzte. Macht mir die Zeitverschiebung derart zu schaffen? In der Schweiz musste gerade Vormittag sein.

Ich schwang meine Füße aus dem Bett, sie berührten leicht den Boden und ich spürte die Kühle des Holzes unter meinen Zehen. Lautlos erhob ich mich, schlich zur Balkontür und trat hinaus in die Nacht.

In der Nähe des Waldrands fiel mir etwas Glitzerndes auf. Das musste der See sein, von dem Mike am Nachmittag gesprochen hatte. Der Wind wehte den süßlichen Geruch der tagsüber aufgewärmten Tannennadeln heran. Ich liebte diesen Duft – für mich war es der Geruch von nie endendem Sommer. Ich ging ein paar Schritte über den Balkon und spähte in die Richtung, in der ich die Berge vermutete, als mir im Augenwinkel Mikes Fenster auffiel. Hatte sich nicht gerade der Vorhang bewegt? Beobachtete er mich etwa? Regungslos stand ich da und wartete ein paar Augenblicke, bis ein Knacken meine Aufmerksamkeit erregte. Vorsichtig schlich ich zum Geländer und suchte mit meinen Blicken die Umgebung ab. Der Wald lag ruhig da. Erneutes Knacken, diesmal begleitet von einem Rascheln. Bestimmt ein Hirsch oder so, und der kann nicht auf den Balkon klettern, versuchte ich mich selbst zu beruhigen. Ich hielt weiter Ausschau, konnte aber nichts entdecken. Es musste ein Tier gewesen sein … oder Einbildung. In der Nacht war eben alles etwas gruseliger als am Tag. Doch allein der Gedanke an einen Kojoten reichte aus, dass ich es vorzog, zurück in mein Zimmer zu gehen. Ich drehte mich um, da war das Geräusch wieder. Und dann sah ich es. Reflexartig legte ich mich auf den Boden. Neben einem Busch kauerte im fahlen Mondschein eine Person.

Kapitel 2

Es sah aus, als würde die Person mit bloßen Händen in der Erde graben. Ein kurzer Rundumblick, dann zog sie etwas aus ihrer Jackentasche und legte es in das gegrabene Loch. Trotz des Zikadenkonzerts wagte ich kaum zu atmen. Ich presste mir eine Hand auf die Lippen, versuchte mich hinter dem Balkongeländer noch flacher zu machen. Als die Person unvermittelt ihren Kopf in meine Richtung drehte, blieb mir fast das Herz stehen. Nur eine Sekunde, dann wandte sie sich wieder ab, scharrte das Loch unter dem Busch zu und machte sich schleppenden Schrittes in Richtung Wald davon, wo sie zwischen den Bäumen verschwand.

Bis ich es wagte, mich zu rühren, vergingen noch mehrere Minuten. Rückwärts robbte ich zu meiner Balkontür, kroch ins Zimmer und schob leise die Tür hinter mir zu. Vorsichtshalber löschte ich sofort das Licht auf dem Nachttisch. Im Schutz des dunklen Raumes trat ich ans Fenster und spähte raus – doch nichts rührte sich. Diese Person hatte etwas versteckt, und es musste einen guten Grund geben, warum niemand davon erfahren durfte. Meine Gedanken schwirrten. Ich sah zu meinen Schuhen, dann zu meinem Bett und wieder zu den Schuhen. Obwohl ich nicht gerade den Ruf hatte, mutig zu sein, wollte ich wissen, was da vergraben worden war. Ich überlegte, ob ich Mike einweihen sollte, ließ es aber bleiben, schließlich kannte ich ihn kaum. Aufgeregt überlegte ich hin und her, sah aus dem Fenster, wieder zu meinen Schuhen, auf mein Bett und wägte eine gefühlte Ewigkeit ab, was ich tun sollte, bis ich mich schließlich entschied: Was konnte schon passieren?

Eilig zog ich eine kurze Hose an und schlüpfte in die Turnschuhe, kaum in der Lage, die Schnürsenkel zu binden. Ich stand auf und lauschte. Doch an mein Ohr drang kein Geräusch. Wie im Film schlich ich mich aus meinem Zimmer. Unter Mikes und Pascalles Zimmertüren war kein Lichtstreifen zu sehen, und so tappte ich durch den dunklen Flur. Plötzlich, ein Geräusch. Ich erstarrte kurz, blickte dann hastig hinter mich, doch da war niemand. Alte Häuser schienen ein Eigenleben zu haben. Der Schritt auf die erste Treppenstufe bereitete meinem Forscherdrang ein jähes Ende. Das Knarren unter meinem Fuß hätte einen Toten aufgeweckt und ich rechnete damit, gleich Mike gegenüberzustehen – also schlich ich zurück in mein Zimmer, erleichtert und enttäuscht zugleich.

Wieder vergingen mehrere Minuten, doch die Sache ließ mir keine Ruhe. Vorsichtig zog ich erneut die Balkontür auf, bis der Spalt groß genug war, um durchzuschlüpfen. Ich berührte die noch immer warme Hauswand. Mit jedem Schritt verstärkten sich Gedanken an unheimliche Gestalten, die ich abzuschütteln versuchte. Es fühlte sich an, als würde irgendwo bereits jemand lauern. Vorsichtig tastete ich mich bis ans Geländer, darauf bedacht, nicht aus dem Mondschatten zu treten. In geduckter Haltung spähte ich zu dem Busch, an dem ich die Person gesehen hatte, und versuchte mir die Stelle einzuprägen. Gleich morgen früh würde ich nachsehen. Wieder ein Geräusch. Ich erstarrte. Abermals hockte jemand grabend in der Dunkelheit, aber anscheinend wusste diese Person nicht, wo sich das Versteck befand. Sie versuchte ihr Glück unter mehreren Sträuchern, bis sie schließlich fündig wurde und das eben erst versteckte Etwas aus dem Verborgenen holte. Ich hielt den Atem an. Unter Umständen war die Person gefährlich. So schnell ich konnte, schlich ich zurück in mein Zimmer und als ich noch einmal zurückblickte, war weit und breit niemand mehr zu sehen. Kaum hatte sich mein Herzschlag einigermaßen beruhigt, hörte ich Schritte im Flur. Ich musste Mike geweckt haben. Zitternd verharrte ich und atmete schließlich erleichtert auf. Die Toilettenspülung rauschte. Vor dem Fenster war immer noch alles ruhig. Keine Bewegung, selbst die Blätter an den Bäumen und Büschen schienen an Ort und Stelle zu verharren wie auf einem Gemälde.

***

Ich trat in die Küche und erblickte einen gedeckten Frühstückstisch, Mike stand daneben und legte gerade gebratenen Speck auf einen Teller. Er war in Arbeitskleidung und bestimmt schon länger auf den Beinen.

»Na, konntest du noch schlafen?« Er sah mich fragend an.

Mist, er musste mein nächtliches Rumgeschleiche mitbekommen haben. Für den Fall, dass er mich gesehen hatte, war es besser, wenn ich sofort mit der Wahrheit rausrückte. Bloß wie? Er ging zurück zum Herd und ich half ihm, das Geschirr auf den Tisch zu stellen, um mir Zeit zu verschaffen. Über unseren Köpfen ertönten dumpf Schritte, mein Blick wanderte an die Küchendecke.

»Ist hellhörig hier, aber du gewöhnst dich daran.«

Klang wie eine Aufforderung. Er wusste Bescheid. Angespannt ging ich zum Wasserhahn, füllte ein Glas und stellte es neben das Waschbecken. Ich musste es ihm sagen, schließlich wohnten wir hier zusammen. Mit kaltem Wasser wusch ich mir die Hände, viel länger, als es nötig gewesen wäre.

»Hör zu, Mike … letzte Nacht …«, begann ich und stockte.

Pascalle betrat die Küche, begrüßte uns fröhlich und setzte sich an den Tisch. Heiße, brotduftgeschwängerte Luft schlug aus dem Ofen, als Mike dessen Klappe öffnete. Im Trubel war mir gar nicht aufgefallen, wie sehr mein Magen nach Essen schrie.

»Nun kommt schon, ich habe Hunger!«, sagte Pascalle.

Mike schüttete die noch dampfenden Brötchen in einen Korb und stellte ihn in die Mitte des Tischs. Obwohl ich es zu unterdrücken versuchte, machte sich eine Nervosität in mir breit, deren Herkunft ich nicht genau einordnen konnte. Pascalle riss ihr Brötchen in zwei Hälften, es duftete herrlich, und Mike stellte eine Wasserflasche auf den Tisch. Keiner der beiden verhielt sich sonderbar, und schließlich gelang es mir, die letzte Nacht gedanklich in den Hintergrund zu schieben. Mit gesundem Appetit genoss ich das Frühstück.

»Ich werde dir nachher ein Pferd bereit machen, damit du die Gegend auskundschaften kannst«, sagte Mike.

Es hätte nichts gegeben, was ich lieber unternommen hätte. Allerdings hatte ich seit Monaten nicht mehr im Sattel gesessen. Bei dem Gedanken, mich in Mikes Beisein auf ein Pferd zu setzen und mich womöglich zu blamieren, entfloh mein ganzer Mut ins Niemandsland. Wie passend in dieser Umgebung …

»Ich würde mir gerne … den Stall ansehen.« Auf die Schnelle fiel mir nichts Besseres ein.

Pascalle sah mich erstaunt an. Hatte sie mitbekommen, dass ich dies bereits gestern getan hatte?

»Du willst den Stall ansehen?«

»Wie du meinst«, sagte Mike, schmunzelte und schenkte sich Wasser ein.

»Kaffee?« Pascalle hob die Kanne in die Luft.

»Äh, nein, danke, ich mag keinen Kaffee«, sagte ich.

»Aha, noch so eine!«, sagte sie mit einem kurzen Seitenblick zu Mike und schenkte sich selbst eine Tasse ein.

»Bist du auch überzeugter Wassertrinker? Wie der da?« Sie grinste und stupste ihn in die Seite. Er nickte bloß und zuckte leicht mit den Schultern.

»Magst du Tee? Tee haben wir immer im Haus.«

»Sehr gern.«

Pascalle stand auf und holte einen Krug aus dem Kühlschrank. Sie zog mein Glas heran und füllte es mit kaltem Tee, dabei fielen mir ihre Fingernägel auf: schwarz lackiert. Eigentlich nichts Besonderes, aber am vorherigen Tag hatte Pascalle keinen Nagellack getragen – das wäre mir aufgefallen, weil ich schwarz lackierte Fingernägel nicht mochte. Ein Gedanke schoss durch meinen Kopf. War es Pascalle gewesen, die draußen etwas vergraben hatte? Warum immer sie das tun sollte, es machte wenig Sinn. Sie wohnte ja praktisch hier. Außerdem war die Person in Richtung Wald verschwunden. Oder sie war in den Schutz der Bäume geschlüpft, um bei ihrer Rückkehr nicht entdeckt zu werden. Aber mit bloßen Händen in der Erde zu wühlen, hinterließ unweigerlich Spuren, und mit schwarzem Nagellack bliebe jede Dreckspur unter den Nägeln vor den Augen Neugieriger verborgen – und ich war von Natur aus neugierig. Also suchte ich ihre Hände mit Blicken unauffällig nach Beweisen ab, während sie sich mit Mike unterhielt. Aber da war nichts, ihre Finger waren blitzsauber. Nur an ihrem Oberarm fiel mir eine Narbe auf, die sich unter dem T-Shirt-Ärmel hervor bis zum Ellbogen zog. Die musste von einem Unfall stammen, denn sie war verästelt und verlief nicht in einer geraden Linie. Mike lachte und riss mich aus meinen Gedanken, bevor ich fast nahtlos in den nächsten abdriftete. Was für ein Mensch war er eigentlich? Er sah gut aus und gut aussehende Männer hatten in der Regel einen Haken – das hatte die Köchin im Kinderheim bei jeder sich bietenden Gelegenheit betont.

»Was meinst du dazu?« Die Frage war an mich gerichtet, beide blickten mich erwartungsvoll an.

»Was?« Vor lauter Gedankenarbeit hatte ich keine Ahnung, worüber sie geredet hatten. Meine Gesichtsfarbe wechselte sofort zu Rot und durch meinen Kopf hallte der Satz, den ich in meiner Kindheit häufig vernommen hatte: Rhea, du bist und bleibst ein Tollpatsch. Ich hasste diesen Satz. Ich hatte immer stark und besonnen sein wollen, aber je verkrampfter ich es versuchte, desto unangenehmer war am Ende jeweils das Ergebnis gewesen.

»Zur Hofübernahme«, sagte Pascalle und wartete auf eine Antwort.

Mike hatte meinen Fauxpas bemerkt und befreite mich aus der unangenehmen Situation. »Pavel hat Pascalle als Nachfolgerin vorgesehen, wenn er in den Ruhestand geht«, erklärte er mir.

»Ruhestand? Er ist doch erst 57?!«, fragte ich.

»Geht ja auch noch ein paar Jahre«, erwiderte Pascalle. »Aber er gibt körperlich und geistig ab.«

»Quatsch. Der wird schon wieder«, sagte Mike. »Er ist bloß überarbeitet.«

Ohne viel zu reden, aßen wir weiter. Der Tee schmeckte irgendwie fremdartig.

»Hast du gestern noch die Nägel lackiert?«, fragte ich. Ich hatte keine Ahnung, wie mir die Frage rausrutschen konnte, und bereute es, kaum dass ich die Worte ausgesprochen hatte.

Pascalles Blick wanderte zu Mike.

»Nein, heute Morgen. Ich bin Frühaufsteherin«, sagte sie.

Mike sah aus, als wollte er etwas sagen, schwieg aber weiter. Inzwischen war ich mir ziemlich sicher, Pascalle im Dunkeln gesehen zu haben. Still blickte ich auf den Tisch und schob mit der Hand einige Brösel zu einem Häufchen zusammen. Pascalle drehte eine Haarsträhne um ihren Finger und betrachtete ihre Nägel. Jemand war nachts über den Flur gelaufen. Vielleicht hatte sie es ja gar nicht vergraben, sondern ins Haus geholt? Wenn das stimmte, dann musste es noch irgendwo sein. Nagellack war es ja wohl kaum gewesen. Falls ich mich nicht täuschte, hätte ich zu gerne gewusst, was sie zu verbergen hatte.

»Da kommt jemand.« Mike stand auf und verließ die Küche. Durchs Fenster sahen Pascalle und ich einen beleibten Mann in einem Auto vorfahren. Mike stand schon auf dem Hof, um den Ankömmling zu begrüßen.

»Das ist Peter Heller«, sagte Pascalle. »Was will denn der schon wieder hier?«

Außer dem tropfenden Wasserhahn war nichts zu hören. Ich kannte Peter Heller nicht.

Direkt nach dem Halten schnellte die Autotür auf und der Fahrer sprang mit hochrotem Kopf heraus. Pascalle und ich rückten näher ans Fenster, um zu beobachten, was draußen vor sich ging. Obwohl Mike diesen Heller um mehr als einen Kopf überragte, wich er von dem aufgebrachten Mann einen Schritt zurück und hob beschwichtigend die Hände. Pascalle öffnete das Fenster einen Spaltbreit, die wütenden Worte drangen an unsere Ohren.

»Doch, das ist Betrug! Ich will sofort mein Geld zurück! Der verdammte Gaul ist verreckt!«, schrie der Mann, mit dem Zeigefinger drohend.

Verunsichert blickte ich Pascalle an.

»Mike macht das schon«, sagte sie, doch ich war mir nicht sicher, ob sie von ihrer eigenen Aussage überzeugt war.

Heller griff in die Innentasche seiner Jacke, Mike verharrte in der Bewegung und Pascalles Hand umklammerte die Kaffeetasse, sodass ihre Knöchel weiß wurden.

Kapitel 3

Heller zog ein gefaltetes Blatt hervor und wedelte damit vor Mikes Gesicht herum, dann zerriss er es, ließ die Fetzen zu Boden fallen und zertrampelte sie. Der Staub verflüchtigte sich im Wind, der stärker war, als am Vortag. Mike verschränkte die Arme und ließ den Mann toben. Wie ein kleines Kind stampfte Heller auf, es machte den Eindruck, als würde Mikes Gelassenheit ihn nur noch mehr erzürnen.

»Wo ist Pavel?« Seine Wut steigerte sich, doch nicht einmal sein Geschrei entlockte Mike eine sichtbare Reaktion.

»Mr. Heller, Pavel ist verreist. Kann ich etwas ausrichten?«, fragte er überfreundlich, als würden sie sich über das Wetter unterhalten.

»Ja, Scheiße noch mal! Ich will mein Geld! Und zwar bis Ende der Woche! Sonst …« Seine Stimme bebte, der Finger zitterte in der Luft. Mike schwieg. »Sonst wird ihm das noch leidtun!« Beleidigt schaute er Mike aus blitzenden Augen an, die vor lauter Zornesfalten kaum noch sichtbar waren. Dann machte er mit einem Ruck auf dem Absatz kehrt, stieg wieder in sein Auto und ließ Mike in einer Staubwolke zurück.

Pascalle und ich standen noch immer am Fenster und starrten ungläubig hinaus, dann schloss sie es wortlos und begann den Tisch abzuräumen. Einen Augenblick später kam Mike wieder rein. Er ging kommentarlos an uns vorbei nach oben. Es war lange her, dass ich einen erwachsenen Mann so laut hatte schreien hören, mein Herzschlag normalisierte sich nur zaghaft. Noch immer standen mir die Nackenhaare zu Berge. Ich mochte es nicht, wenn sich Menschen anschrien – es ließ ein Gefühl der Ohnmacht in mir aufsteigen.

Im Spülbecken warteten unsere Teller und die Pfanne, mit der Mike den Speck gebraten hatte. In Gedanken vertieft ließ ich das Wasser laufen und fing an zu schrubben. Pascalle kam dazu und schnappte sich ein Geschirrtuch. Wieder blieb mein Blick an ihren Fingern haften, ich suchte nach einem kleinen Beweis, der meine Theorie bestätigen würde. Sie lächelte mich an und begann leise, einen Song zu singen. Kaum war der letzte Teller trocken, ergriff sie ihren Hut und ging, und nachdem ich die letzten Krümel vom Tisch geputzt hatte, verließ auch ich die Küche.

***

Frisch geduscht und zufrieden stand ich mit einem um den Körper geschlungenen Badetuch vor dem Spiegel. In meinem Kopf hallte die von Pascalle gesungene Melodie nach. Sie kam mir bekannt vor, aber ich hatte keine Ahnung, wo ich sie schon einmal gehört hatte. Unerwartet ging die Tür auf und Mike tauchte im Badezimmer auf. Er trug nur eine Jeans, in der Hand hielt er ein zerknülltes Shirt.

»Äh, sorry … ich komm später wieder«, entschuldigte er sich. Er war sonnengebräunt und ich verlegen. Eilig packte ich meine Sachen, die verstreut herumlagen.

»Macht nichts«, murmelte ich und als ich wieder aufsah, war er verschwunden.

***

Am Nachmittag setzte ich mich in den Schatten der Veranda. Vor mir breitete sich das weite Land aus, flimmernd vor Hitze, etwas weiter weg spürten vier staubige Pferde beharrlich den letzten vorhandenen Grashalmen nach. Deryt und Victor fehlten. Ein merkwürdiger Gefühlscocktail breitete sich in mir aus: Glücksgefühle, vermengt mit einer Spur Beklommenheit. Fühlte sich so Einsamkeit an? Oder Freiheit? Vielleicht sogar beides? Ich war es nicht gewohnt, frei zu sein. Unweigerlich dachte ich an Pavel. Bereits als Kind war mir aufgefallen, dass er sich nicht gerne in Räumen aufhielt, stets zog es ihn nach draußen, genau wie mich. Ich verstand nun noch besser, warum er sich ausgerechnet diesen Ort ausgesucht hatte. Kilometer über mir glitt ein Flugzeug lautlos durch die Wolken, hier unten schien die Welt stillzustehen. Kein Mensch war da, kein Geräusch, nur die unermüdlichen Insekten und ab und zu rauschten die Tannen im Wind – als versuchten sie zu beweisen, dass hier doch noch Leben herrschte.

»So«, sagte ich laut zu mir und stand auf. Genug der Gefühlsduselei. Bevor Mike und Pascalle zurückkehren würden, wollte ich die Gunst der Stunde nutzen und spazierte zum Busch, unter dem in der letzten Nacht gegraben worden war. Prüfend schaute ich nochmals nach allen Seiten, unzählige Fenster schienen mich zu beobachten. Trotzdem, ich wollte es wissen, packte die untersten Äste und schob sie zur Seite. Tatsächlich war die Erde an einer Stelle locker. Vorsichtig fuhr ich mit den Fingern hinein, doch so sehr ich suchte und es mir wünschte, ich fand absolut nichts. Kein Hinweis, kein Paket, kein Fitzelchen von irgendwas. Enttäuscht ging ich weiter. Ich wollte zum See.

Im Schatten der Bäume streifte ich durch den Wald, bis ich von irgendwoher Stimmen vernahm. Im ersten Moment erkannte ich sie nicht und ging weiter, bis ich zwischen den Bäumen Pascalle erblickte. Sie stand am Ufer des Sees, Victor und Deryt etwas abseits. Ich wollte mich schon bemerkbar machen, doch dann hielt mich etwas zurück. Pascalle wirkte irgendwie kraftlos und hatte sich die Hände vors Gesicht gelegt. Erst bei genauerem Hinsehen realisierte ich, dass sie weinte.

»Du musst es ihm sagen.«

Ein Baum versperrte mir die Sicht, dennoch erkannte ich Mikes Stimme sofort.

»Das kann ich nicht!«, schluchzte sie. »Es geht nicht. Nicht jetzt. Bitte, Mike.«

»Du bist nicht allein, ich bin für dich da«, sagte er und trat nah an sie heran, nahm ihren Kopf in seine Hände und küsste sie auf die Stirn. Sofort schlang Pascalle ihre Arme um seinen Körper. Sie sahen vertraut aus. Zu vertraut. Vorsichtig tat ich einen weiteren Schritt und spürte etwas unter meinen Schuhen nachgeben. Es knackte. Sofort fuhren ihre Köpfe herum, Deryt brummelte. An einen Baum gepresst verharrte ich. Ein hässlicher Geruch drang an meine Nase. Mein Fuß weilte seelenruhig in einem Kothaufen, aus dem ein dürrer Ast ragte.

»Schon gut, Dicker. Alles in Ordnung«, hörte ich Mike sagen.

Ich war erleichtert. Anscheinend hatten sie nicht vor, ihr Techtelmechtel zu unterbrechen. Schon wollte ich zurückgehen, doch nach ein paar Schritten verharrte ich erschrocken. Abseits des Weges stand auf einer Lichtung ein Grabstein. Bin ich auf einen Friedhof geraten?

»Willst du nicht nachsehen?«

»Nö. War bestimmt ein Eichhörnchen«, sagte Mike.

»Sieh bitte nach!«, flehte Pascalle.

»Wie du willst.«

Ein Adrenalinstoß ließ mich hinter den nächsten Busch springen. Der Gestank, der von meinem Schuh ausging, war beißend. Mike kam in meine Richtung, mein Herz klopfte. Einen Meter vor mir blieb er stehen. Durch das Blätterwerk sah ich seine Schuhe und den Saum seiner Hosenbeine.

»Und?«, rief Pascalle.

»Nichts. Absolut gar nichts.« Er trottete zurück zu ihr, sie hatte inzwischen die Pferde geholt.

»Danke, Mike.«

»Verdammt!«

»Was ist?«

»Ich bin in Scheiße getreten.«

Keine Ahnung, warum ich freiwillig so lange in der Kotwolke verharrt hatte, bevor ich mein Versteck endlich wieder verließ. Flach atmend machte ich mich daran, notdürftig meine Schuhsohle mit Blättern und Stöckchen zu reinigen, bevor ich am See den Rest abwusch.

Bei Zurückspazieren überrollte mich urplötzlich Heimweh, ich wusste nicht, wonach genau ich mich sehnte. Auf einmal kam mir alles sinnlos vor. Seit meiner Ankunft hatte ich Pavel nicht getroffen und er war auch nicht zu erreichen. Als wäre es gestern gewesen, erinnerte ich mich an seine abenteuerlichen Geschichten und wie ich stundenlang an seinen Lippen hing und mir alles vorzustellen versuchte. In meinem Kopf war sein Zuhause immer der Zufluchtsort gewesen, an den ich mich in schwierigen Situationen gewünscht hatte. Mein neues Zuhause hatte nicht nur Positives – nachts schlichen Menschen ums Haus, das abgelegener nicht sein konnte. Und jetzt wurde ich auch noch unfreiwillig in eine Heimlichtuerei involviert, von der ich lieber nichts erfahren hätte. Pascalle betrog ihren Freund. Ich strich mir den Schweiß aus den Brauen und ein paar Tränen von den Wangen. Wo bin ich da bloß reingeraten?

Kapitel 4

Als ich aus dem Wald heraustrat, erblickte ich in der Hofeinfahrt einen geparkten Geländewagen samt Pferdeanhänger. Daneben standen zwei Männer, sie waren in eine Unterhaltung vertieft. Auf einen Schlag waren all meine Sorgen vergessen. Pavel war da! Freudig winkte ich und rannte los.

»Rhea!« Lachend schloss er mich in seine Arme. Zwei Jahre war es her, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte, und mir fiel sofort auf, dass er dünner geworden war. Er betrachtete mich von oben bis unten.

»Ich freue mich so, dass du hier bist«, sagte er und wies auf den anderen Mann. »Das hier ist dein Onkel Ramon.«

Freundlich begrüßte ich den Bruder meiner Mutter, den ich bisher nur von Fotos kannte. Ramon, der Architekt, wie sie stets bewundernd betont hatte.

»Du siehst deiner Mama ähnlich«, bemerkte er nur.

Das sagten viele und ich zog es vor, diese Bemerkungen stets unkommentiert zu lassen.

»Du auch«, sagte ich und es stimmte. Er hatte die gleichen feinen Gesichtszüge wie meine Mutter.

»Schau mal in den Hänger, Rhea – dein Willkommensgeschenk.« Mein Großvater zeigte auf etwas im Anhänger, das ich noch nicht sehen konnte. Neugierig streckte ich den Kopf in den Wagen und erblickte eine zierliche, struppige Stute, deren schwarze Fellbarbe vor lauter Dreck kaum zu erkennen war. Die Beine waren vermutlich weiß, fast bis ganz oben zum Bauch.

»Ich hab sie von einer Versteigerung. Niemand hat mitgeboten – kannst du dir das vorstellen?! Na, was sagst du?«

Ich konnte erst mal gar nichts sagen. Stattdessen schüttelte ich fassungslos den Kopf und sah ihn mit großen Augen an.

»Ist das dein Ernst? Ein Pferd?«

»Auf jeden Fall! Sie heißt Njala.«

»Wow, und sie soll echt mir gehören?«

»Wer hier lebt, braucht ein Pferd.«

Vor lauter Staunen brachte ich kein Wort mehr heraus. Von wegen Heimweh – augenblicklich wusste ich nicht einmal mehr, was das war. Überglücklich umarmte ich meinen Großvater und Ramon lächelte, was ihn sympathischer machte, als meine Mutter ihn beschrieben hatte.

»Ah, da kommt Mike«, sagte Pavel.

Mike überquerte auf Deryt den Hof und begrüßte die Männer vom Pferderücken aus mit einem Handschlag, mich mit einem Nicken. Pascalle war nicht zu sehen. Ohne weiter darüber nachzudenken, betrat ich den Pferdeanhänger und schob mich zu der Stute. Erst jetzt sah ich, wie edel ihr Gesicht aussah. Nüstern und Lippen schimmerten rosa und eine breite Blesse reichte bis unter den Schopf. Der Rest war tintenschwarz, zumindest nach dem Putzen würde es so sein.

»Ist Pascalle bei Benjamin?«, hörte ich Pavel fragen, als ich Njalas Strick löste und sie noch im Transporter wendete.

»Nein, sie ist irgendwo auf den Koppeln«, informierte Mike seinen Chef.

Benjamin. Das war also sein Name. Der Name des Betrogenen. Ob sie es ihm sagen würde? Mike hatte sie dazu aufgefordert. Aber etwas vorzuhaben und es wirklich zu tun, waren zwei verschiedene Dinge, das hatte ich schon früh gelernt. Njalas Hufe klapperten auf der Laderampe, sie spazierte mir folgsam hinterher.

»Bringen wir sie erst mal in den Stall«, sagte Pavel.

Wie auf Wolken überquerte ich mit meinem Pferd den Hof; so musste sich eine Königin bei ihrer Krönung fühlen. Pavel öffnete einen Strohballen und verteilte einen Teil davon in einer mit Spänen ausgestreuten Box, dabei berichtete er von seinem Besuch auf der Pferdeauktion. Seine Liebe zu dem, was er tat, war in jedem einzelnen seiner Worte zu spüren. Er lebte für die Pferde und seine Farm, seit er sie damals gekauft hatte und hierhin ausgewandert war. In ihr steckte all sein Herzblut.

»Ich habe schon länger nach einem passenden Pferd für dich Ausschau gehalten«, sagte Pavel schmunzelnd. Er schaute mich aus seinen blauen Augen an und man hätte seine mit meinen tauschen können, es wäre niemandem aufgefallen. Sie waren beinahe identisch.

»Jeder braucht hier sein eigenes Reitpferd und diese Stute ist perfekt für dich. Ich habe sie beobachtet. Egal, wer sie anfasste und wie viel Lärm um sie herum war – sie zeigte sich unerschrocken und sanftmütig. Mit ihr kannst du hier kräftig anpacken.«

»Was für eine Rasse ist sie?«

»Sie hat keine Papiere. Was vermutest du?«

»Irgendwas gemixt mit Welsh?«

»Alle Achtung. Du hast deine Hausaufgaben gemacht. Welsh ist auch meine Vermutung.«

Vor Freude fiel ich ihm um den Hals, er kniff mir sanft in die Wangen.

»Wie gesagt – wer hier lebt, muss sattelfest sein und braucht ein zuverlässiges Pferd. Ihr zwei werdet ein gutes Team, das sehe ich jetzt schon.« Er tätschelte Njalas Kruppe, was eine Staubwolke aufwirbelte, und wandte sich dann an Mike, der neben ihn getreten war. »Ramon und ich, wir müssen noch was erledigen. Du schaust hier weiter nach dem Rechten. Und später muss ich den Pferdeanhänger zur Reparatur bringen, bevor noch etwas passiert. Ein Rad macht mir Sorgen.«

Mike hatte recht gehabt: Pavel war älter geworden. Es waren nicht nur seine noch weiter ergrauten Haare, auch seine Stimme war nicht mehr so kraftvoll, wie ich sie in Erinnerung gehabt hatte. Einen kleinen Moment fühlte ich Wehmut aufblitzen, als ich ihm nachsah, wie er neben Ramon im Haus verschwand. Mit einem Seufzer drehte ich mich um und wandte mich Njala zu. Ein eigenes Pferd! Ich hatte gerade ein Pferd geschenkt bekommen! Endlich jemand, der mir etwas zutraute und mir Verantwortung übertrug. Beflügelt betrat ich mit Striegel und Bürste die Box und begann Njala zu putzen. Sie brummelte zufrieden. Offensichtlich genoss sie es, den Dreck loszuwerden. Der feine Staub färbte die Luft nach jedem Bürstenstrich kurz bräunlich, ehe die Schmutzpartikel gemächlich zu Boden rieselten. Njala stand ruhig da und kaute Stroh. Ich genoss die Zweisamkeit und sah erst auf, als ich von draußen dumpfes Hufgetrappel hörte. Durchs scheibenlose Boxenfenster erblickte ich Mike, der mit einem Eimer in der Hand über den Hof ging, während Deryt in zwei Metern Abstand hinterher trottete. Am Brunnen angekommen, sog der Rappe in langen Zügen das kühle Wasser in sich hinein. Mike tauchte den Eimer unter und rieb ihn mit der Hand aus.

»Was habt ihr zwei denn vor?«, wollte ich von Mike wissen.

»Erst mal den Durst stillen, danach reiten wir zur Bergweide. Kommst du mit? Dann zeig ich dir alle geheimen Ecken unseres Landes.«

Geheime Ecken also … Bilder von einem im Wald gelegenen, idyllischen See schoben sich vor mein inneres Auge – am Ufer Mike, wie er Pascalle sanft geküsst und ihre Tränen getrocknet hatte.

»Und?«, hakte er nach. »Willst du?«

»Ehrlich gesagt bin ich ziemlich erschöpft«, flunkerte ich.

»Jetlag, hm? Gut, dann sehen wir uns später. Ich bin in etwa zwei Stunden zurück.« Er deutete auf eine entfernte Gabelung, die den Aufstieg ins Gebirge darstellte. »Falls du es dir noch anders überlegst: einfach diesen Weg entlang. Halte dich immer rechts.«

Auf einen Pfiff hin hob Deryt den Kopf und ging zu Mike. Der befestigte am Sattelknauf ein Seil, gleich daneben hing eine Flinte. Mit einer kräftigen, aber eleganten Bewegung schwang er sich auf den Rücken seines Pferds, winkte mir zu und trabte los.

Ich sah ihm lange nach, ehe ich mich wieder Njala zuwandte, die mit dem Huf im Sägemehl scharrte. Es war unbeschreiblich, wie viel Freude ich schon jetzt im Umgang mit ihr empfand. Kein doofer Reitlehrer und keine eingebildeten Stallzicken, die mir auf die Finger schauten.

Die Zeit verging im Flug und am Ende erstrahlte Njala wieder in ihrer natürlichen Farbe. Die ganze Zeit über war sie die Ruhe selbst gewesen, sodass ich entschied, Pavel nach einem passenden Sattel und einer Trense zu fragen.

Schnellen Schrittes betrat ich das Haus. Weil ich die beiden Männer im Wohnzimmer nicht antraf, klopfte ich leise an die Bürotür und trat sogleich ein. An einem kleinen Schreibtisch saßen Vater und Sohn; sogleich verstummte das Gespräch. Beide blickten mich an. Pavels Haut erschien mir auffallend matt, und leises Unbehagen stieg in mir auf. Ich hatte das vage Gefühl, sie bei einem wichtigen Gespräch unterbrochen zu haben.

»Ähm … Entschuldigung. Ich suche Zaumzeug und Sattel für Njala«, sagte ich leise.

»Einen passenden Zaum solltest du in der Sattelkammer finden. Einen Sattel muss ich erst suchen. Njala ist ganz schön klein, die Größe hab ich nicht auf Vorrat. Kommst du vorerst ohne aus?«

»Das sollte klappen«, sagte ich. In Wahrheit hatte ich es noch nie ausprobiert.

Neben der Haustür war ein zweiter Eingang, der in die Sattelkammer führte. An einem der Haken hing ein staubiges Zaumzeug, das nicht allzu groß aussah. Ich reinigte es grob mit einem Lappen – das musste erst mal reichen. Zufrieden ging ich zurück, legte es Njala an, stellte die Riemen passend ein und führte sie aus der Box. Ich war aufgeregt. Fertig und bereit zu reiten. In diesem Moment kamen Ramon und Pavel aus dem Haus, doch sie beachteten mich gar nicht. Ohne ein Wort stiegen sie in den Wagen und fuhren samt Pferdeanhänger vom Hof. Kaum waren sie im Wald verschwunden, brachte ich Njala zum Brunnen, um sie trinken zu lassen, und nutzte ihn gleichzeitig als Aufstiegshilfe. Ihr Rücken war wunderbar warm und ich fühlte mich auch ohne Sattel sofort wohl. Gemütlich machten wir uns auf den Weg zum Wald, statt Mike hinterherzureiten. Insgeheim hoffte ich, niemandem zu begegnen. Wer weiß, wo Pascalle steckt?

Njala war gehorsam und kam meinen Tempowünschen nach – es war ein Gefühl, als wären wir schon hundertmal zusammen ausgeritten. Pavel hatte es gesagt: Wir wären ein gutes Team, und ich wusste schon jetzt, dass er Recht behalten würde. Njala trug mich den Waldweg entlang bis zum See, und dann immer weiter von Anhöhe zu Anhöhe. Hier war sie, meine Freiheit, und sie war perfekt.

Als meine Beine und mein Hintern langsam schmerzten und wir nach einiger Zeit wieder zu Hause ankamen, stand Deryt allein, aber immer noch gesattelt, mitten auf dem Hof. Ich ließ mich gerade von Njalas Rücken rutschen, da ging die Haustür auf. Mike und Pascalle kamen Arm in Arm heraus und gingen auf das Auto zu – sie ging auffallend gekrümmt, ihr Gesicht war schmerzverzerrt.

»Wir fahren nach Talmey«, informierte mich Mike.

»Ist was … passiert?«

»Sie muss zum Arzt. Bring die Sachen in der Küche bitte in den Keller. Und Deryt … Kannst du ihn für mich versorgen?« Er lächelte kurz, ich brachte nur ein Nicken zustande. Dann half er Pascalle beim Einsteigen in ihr Auto, setzte sich hinters Steuer, und bald darauf war der graue Kombi im Wald verschwunden. Ich sah ihnen verwundert hinterher, bevor ich mich den Pferden zuwandte. Noch immer stand Deryt wie bestellt und nicht abgeholt da. Schnell brachte ich Njala in den Stall und nahm ihr die Trense ab, anschließend ging ich behutsam zu dem großen Hengst. Er fixierte mich aus aufmerksamen Augen, als ich meine Hand nach ihm ausstreckte. Meine eigene Anspannung trug nicht gerade zu seiner Beruhigung bei, die harten Muskeln unter seiner Haut wirkten, als wäre er jederzeit bereit, loszuschießen. Kurz vor der Berührung zog ich meine Hand zurück, um zu sehen, wie er reagierte. Er verharrte, jedoch ohne seinen Blick von mir abzuwenden. Ich war so nah, dass ich die Wärme seines Fells bereits spüren konnte. Er war verschwitzt und der salzige Geruch stieg mir in die Nase. Ich schloss die Augen. Sekunden verstrichen, in denen wir zu einem Standbild erstarrten, und obwohl sich tief in mir die Unsicherheit versteckte, schien er mich als vertrauenswürdig einzustufen. Er gab sein leises Brummeln von sich. Als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich, wie er seine Ohren in meine Richtung drehte und sich seine Muskeln entspannten.

»Na, Junge? Komm …«, flüsterte ich.

Er roch an meinem Shirt und durch seinen Atem wurden die Spitzen meiner Haare leicht zur Seite geweht. Ruhig nahm ich seine Zügel, fuhr mit der Hand von Kopf an über sein verschwitztes Fell bis zum Sattel, wo ich den Gurt löste und ihn von der Last befreite. Deryt stand still. Daraufhin ließ er sich problemlos auf die Koppel führen, wo ich ihm das Zaumzeug abnahm. Stolz verließ ich die Weide, während er sich eine Erdkuhle suchte, um sich darin zu panieren. Der beste Schutz gegen die lästigen Insekten.

Was ist wohl mit Pascalle los? Fit hatte sie nicht gewirkt und auch Mike hatte besorgt ausgesehen. Die beiden verband definitiv mehr als nur der gemeinsame Arbeitsplatz.

Und wieder war ich komplett allein auf der Farm. Ein unwirkliches Gefühl, ein leichtes Kribbeln lief von meiner Kopfhaut bis in den Nacken. Ich wollte die Gelegenheit nutzen, mich auf der Farm weiter umzusehen, aber zuerst musste ich für Mike irgendwelche Sachen in den Keller bringen. Gedankenversunken schlenderte ich ins Haus und wusste beim ersten Blick in die Küche, welche Sachen er gemeint hatte: Auf dem Tisch stand ein Korb, randvoll mit Karotten, sein Gewicht war aber zu schaffen. Ich nahm ihn an mich und ging hinters Haus, wo ich die Kellertreppe vermutete – ich lag richtig.

Auf der untersten Stufe der Treppe angekommen, öffnete ich die Kellertür. Am liebsten hätte ich sie direkt wieder geschlossen. Kühler Erdgeruch drang mir entgegen und es war stockfinster. Ich tastete den Türrahmen und die Wand nach einem Lichtschalter ab, doch ohne Erfolg. Also blieb mir nichts anderes übrig, als in die Dunkelheit zu treten. Weit kam ich nicht, denn der Drang, umzukehren, übermannte mich, noch bevor ich mitten im Raum angekommen war. Ich hasste Kellerräume. Der Geruch von Pferdemist, waghalsige Galoppritte und sogar Spinnen und Schlangen – kein Problem. Aber Keller gingen gar nicht und auf keinen Fall solche ohne Licht. Mit zitternden Händen stellte ich den Korb im schummrigen kühlen Gang ab und hastete wieder nach oben. Jemand anderes würde die Karotten wegräumen müssen.

Zurück im Haus startete ich meine Ermittlungen und ging ins Badezimmer. Entgegen der amerikanischen Bauweise, bei der an die meisten Zimmer ein Bad angeschlossen war, hatte dieses Haus pro Stockwerk nur ein Badezimmer, das von allen benutzt wurde. Auf der kleinen Ablage sah ich Kosmetikprodukte, die ich automatisch Pascalle zuordnete. Wieder kamen