Der magische Elfenbund - Zarias Geheimnis - Victoria Hanley - E-Book

Der magische Elfenbund - Zarias Geheimnis E-Book

Victoria Hanley

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Beschreibung

Sehnsüchtig erwartet Zaria ihren 14. Geburtstag. Endlich wird sie ihren eigenen Zauberstab bekommen! Schnell wird klar, dass Zaria und ihre Freundin Leona keine gewöhnlichen Elfen sind. Beide sind mit ganz besonderen magischen Kräften gesegnet. Sie sind Violette - etwas, das es seit vielen Generationen nicht mehr gegeben hat. Von ihrer Mentorin Lily soll Zaria zu einer richtigen Elfe ausgebildet werden. Doch Lily will Zarias magischen Kräfte für ihre eigenen Zwecke nutzen. Nicht nur Zaria und Leona geraten bald in tödliche Gefahr! Mit atemberaubender Fantasie und mitreißender Dramatik nimmt die preisgekrönte Autorin Victoria Hanley ihre Leser mit in eine zauberhafte Welt voller Elfen, Magie und Abenteuer. Eine bewegende Geschichte über Freundschaft, Macht, Loyalität und Verrat.

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Victoria Hanley

Aus dem amerikanischen Englischvon Ann Lecker-Chewiwi

Lübbe Digital

Vollständige E-Book Ausgabe

des in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG erschienenen Werkes

Lübbe Digital in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2009unter dem Titel »Violet Wings« bei Egmont USA, New York

Für die Originalausgabe: Text © 2009 Victoria Hanley

Für die deutschsprachige Ausgabe:Copyright © 2010 by Boje Verlag in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln

Aus dem amerikanischen Englisch von Ann Lecker-Chewiwi

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten.

Einbandgestaltung: www.glanegger.com Büro für Buch und Grafik, München, unter Verwendung von Motiven von © Sandrine H. Lynx und © Shutterstock

Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN 978-3-8387-2681-6

Sie finden uns im Internet unter

www.luebbe.de

www.boje-verlag.de

Bitte beachten Sie auch: www.lesejury.de

Für Elfen, Geister, Kobolde und ihre menschlichen Freunde

Als ich neun Jahre alt war, verschwanden meine Eltern spurlos.

Anfangs glaubte ich noch, dass sie jeden Augenblick nach Hause kommen würden. Sie hatten sich schließlich nur auf die Suche nach meinem älteren Bruder Jett gemacht. Das war nichts Ungewöhnliches. Jett geriet ständig in irgendwelche Schwierigkeiten, auch wenn ich nie so recht wusste, was für Schwierigkeiten es waren. Und natürlich war ich die Letzte, der er erzählte, wohin er ging oder warum.

Es war nicht das erste Mal, dass sich meine Lehrerin Beryl Danburit um mich kümmerte. Meine Eltern wandten sich immer an sie, wenn sie länger als ein paar Stunden unterwegs waren. Ich war nicht gerne in der Obhut meiner Lehrerin, aber nach meiner Meinung fragte niemand. Einmal blieb sie eine ganze Woche.

Dieses Mal blieb sie für immer.

Am Tag, als ich erfuhr, dass meine Eltern nicht zurückkommen würden, saß ich auf einem Eckhochsitz und las das einzige Buch, das meine Familie von der Erde besaß. Es war ein Buch über Bäume. Ich sah mir gerne die Hochglanzbilder an und prägte mir die Formen der Blätter ein.

Beryl Danburit hielt nichts davon. Jedes Mal, wenn sie mich darin lesen sah, schärfte sie mir ein, dass die Erde ein gefährlicher Ort und die Menschen rätselhafte Wesen seien. Aber sie sagte mir nie, ich solle das Buch weglegen.

Ich betrachtete gerade die Abbildung einer Blaufichte, als es laut an unserer Haustür klopfte. Ich legte das Buch beiseite und flog mit zitternden Flügeln zur Tür, um zu öffnen.

Vor mir stand ein mir unbekannter sehniger Elf mit Augen wie Granatsteinen, die über einer Knollennase hervorschauten. Er hatte orangefarbene Haut mit goldenen Flecken, und sein Haar hatte die Farbe von angelaufenem Messing. Am Handgelenk trug er einen riesigen Rubin.

»Guten Abend«, sagte er mit rauer Stimme. »Ich bin Ratsmitglied Wolframit. Bist du Zaria Turmalin?«

Ich nickte.

»Darf ich reinkommen?«

Für einen kurzen Augenblick dachte ich darüber nach, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Wenn ich ihn nicht hineinließ, mussten auch die Nachrichten, die er brachte, draußen bleiben, oder? Ich fürchtete, dass nur schlechte Nachrichten ein Ratsmitglied zu uns führen würden.

»Zaria?«, rief Beryl Danburit. »Wer ist da?«

Ich konnte mich nicht dazu bringen, seinen Namen auszusprechen, obwohl ich mich durchaus an ihn erinnerte.

Kurz darauf kam Beryl Danburit herbeigeeilt. Als sie Wolframit erblickte, erzitterten ihre orangefarbenen Flügel wie die eines verängstigten Kindes. Ich hatte sie noch nie die Kontrolle über ihre Flügel verlieren sehen.

»Guten Abend«, sagte er noch einmal.

»Guten Abend, Ratsmitglied.«

»Ich bin hier, um mit Ihnen über Zaria zu sprechen.« Er sah flüchtig zu mir hinunter, wandte sich daraufhin aber nur noch an Beryl Danburit. »Es tut mir leid«, fuhr er fort, »aber man hat ihre Eltern für indeterminum detu erklärt.«

Auch wenn ich noch sehr jung war, kannte ich die Bedeutung dieser Wendung aus der alten Sprache. Für immer verschwunden. In meinem Herzen öffnete sich ein Fenster zur Nacht. Dunkel, sternenlos und eisig kalt.

»Wir glauben, dass sie von Menschen gefangen genommen wurden«, erklärte Ratsmitglied Wolframit weiter. »Man hat sie das letzte Mal gesehen, als sie durch ein Portal zur Erde gingen.«

»Aber sie …«, sagte ich.

»Sie sind jetzt seit einem Monat verschwunden. Und wir müssen eine Entscheidung bezüglich ihrer Tochter treffen.« Er berührte den Rubin an seinem Handgelenk. Mir fiel auf, dass er mit dem Emblem einer Krone geprägt war. »Beryl Danburit, wären Sie bereit, sie in Ihre Obhut zu nehmen?«

»Ich verstehe nicht ganz«, erwiderte sie.

»Zarias Eltern haben Sie im Falle ihres Todes zu ihrem Vormund bestimmt«, erklärte er.

Ich sah zu meiner Lehrerin und wartete darauf, dass sie sagte, es müsse sich um einen Irrtum handeln, meine Eltern seien bestimmt irgendwo aufgehalten worden, aber keinesfalls tot. Aber sie schwieg.

Das Ratsmitglied runzelte die Stirn. »Beryl Danburit?«

»Hat sie keine anderen Angehörigen?«, fragte sie.

»Zaria hat keine nahen Verwandten«, erwiderte Ratsmitglied Wolframit. »Das Schicksal hat ihre Familie besonders hart getroffen.«

Beryl Danburits hellgelbe Augen blitzten kurz auf und füllten sich mit Tränen. Eine ganze Weile stand sie schweigend und mit zuckendem Mund da.

»Ihre Eltern haben Sie bestimmt«, sagte der alte Elf. »Vielleicht weil Sie keine eigenen Kinder haben?«

Sie hob die Stimme etwas, so wie sie es manchmal im Unterricht tat. »Ich bin zweihundertachtzehn Jahre alt«, sagte sie. »Erwarten Sie etwa von mir, dass ich nach Galena ziehe und eine verwaiste Elfe aufziehe?«

Verwaiste Elfe. War das etwa ich?

»Sie hat sonst niemanden.«

Beryl Danburit schluckte, blinzelte und brachte ihre Flügel unter Kontrolle. »Also schön«, sagte sie.

»Danke.« Ratsmitglied Wolframit verneigte sich vor ihr. »Ich komme morgen wieder, um Sie offiziell als Zarias Vormund zu bestätigen.«

Sie verneigte sich nicht und verabschiedete sich nicht von ihm. Ich ebenfalls nicht.

Als er weg war, wandte sie mir den Blick zu. »Verstehst du, was das bedeutet, Zaria? Ich werde hier bei dir bleiben, bis du erwachsen bist.«

Ich wollte etwas sagen, aber eine Eiseskälte umfing mich.

»Es tut mir leid«, sagte sie. »Deine Eltern werden nie wieder zurückkehren. Dein Bruder ist auch für immer verschwunden.«

Als ich diese Worte hörte, geschah etwas ganz Seltsames. Ich hatte das Gefühl, als ob sich tief in meinem Herzen ein Vorhang auftat, der aus einem schweren und dicken Stoff gewoben war.

Sie seufzte. »Ich werde mich bemühen, dir ein guter Vormund zu sein. Sei also so gut, mir keine Scherereien zu machen.«

Der Vorhang verdichtete sich. Je enger er sich schloss, je weniger musste ich an meine verschollene Familie denken. Und ich konnte Beryl Danburit ansehen und nahezu nichts dabei fühlen.

Meine Freundin Leona flattert fast nie nervös herum, aber als sie zum ersten Mal die große Pforte von Galena passierte, zitterten ihre silbernen Flügel wie ein sich kräuselnder Spiegel. Direkt hinter ihr folgte Andalonus, der unentwegt auf und ab sprang, während ihm sein blaues Haar um den Kopf wogte.

Meteor flog zufällig neben mir, an der Pforte blieb er jedoch stehen. »Nach dir, Zaria«, sagte er mit Augen, die wie perfekt geschliffene Smaragde leuchteten.

Als ich an den magischen Säulen vorbeiglitt, die Galena beschützen, konnte ich das aufgeregte Beben meiner Flügel nicht unterdrücken. Meine Freude war einfach zu groß.

Wir hatten warten müssen, bis alle in unserer Klasse das vierzehnte Lebensjahr erreicht hatten, bevor auch nur einer von uns nach Oberon-Stadt gehen durfte. Ein schreckliches und dummes Gesetz, das man jedoch wie alle Gesetze in Elfenland mit großer Strenge durchsetzte. Deshalb waren wir in Galena festgesessen, wo nur Neugeborene, Kleinkinder und Jugendliche mit ihren Eltern lebten, bis ich, Zaria Turmalin, die Jüngste in unserer fünfzigköpfigen Klasse, endlich vierzehn wurde.

Es tat mir leid, dass neunundvierzig andere Elfen meinen Geburtstag hatten abwarten müssen. Wenn ich ihn hätte herbeizaubern können, hätte ich ihn gemeinsam mit Andalonus gefeiert, als er fünf Wochen vor mir vierzehn wurde.

Sobald wir die Pforte passiert hatten und Oberon-Stadt betraten, befahl uns Herr Blutstein, unser Lehrer, zu Fuß zu gehen. Gehen! Als würden wir Unfälle verursachen, wenn wir flogen. Es war völliger Unsinn, weil wir alle schon seit unserem vierten Lebensjahr fliegen konnten.

Unter unseren Füßen spürten wir harte Granitplatten statt des weichen Sands, der aus Sicherheitsgründen in ganz Galena verstreut war. Wir mussten die Hälse recken, um die Gebäude zu sehen. Und was für Gebäude! In Galena waren alle Bauwerke niedrig, damit sich junge Elfen nicht verletzten. Aber in Oberon-Stadt ragten um uns herum riesige Kuppeln auf, die in Silber, Gold, Platin und Kupferrot schimmerten. Und jenseits der Kuppeln erblickte ich gewaltige, mit Edelsteinen übersäte Türme.

Portia Peridot kreischte vor Aufregung und sprang fünf Flügelspannweiten in die Höhe, bis Herr Blutstein sie anbrüllte: »Bleib auf dem Boden, Portia, oder ich binde dir die Flügel zusammen!«

Portia kam so schnell herunter, dass ihre Landung auf dem harten Fußweg bestimmt schmerzhaft war. Mit herunterhängenden Flügeln humpelte sie weiter. Ich starrte wütend Löcher in Blutsteins Rücken. Typisch für ihn, uns wie Kleinkinder zu behandeln, und das selbst in Oberon-Stadt!

Blutstein betrat durch einen Marmorbogen eine Aussichtsstation, in der es vor erwachsenen Elfen nur so wimmelte. Er beachtete diese nicht weiter und führte uns in einen abgetrennten Raum.

Wie Kleinkinder, die zum ersten Mal farbigen Rauch erblickten, rissen wir verwundert die Augen auf. Kabinen aus Kristall, so durchsichtig wie ungetrübte Regentropfen, ragten weit aus der Westmauer heraus. In jeder Kabine befand sich ein Skop, ein magisches Instrument aus Silber, mit dem man von unserer Welt auf die Erde sehen konnte.

Wir waren hier, um zum ersten Mal in unserem Leben einen Blick auf das sagenumwobene Land der Menschen zu erhaschen. Auch würden wir zum ersten Mal miterleben, wie eine Elfenpatin oder ein Pate einem neugeborenen Menschenkind eine Gabe verlieh.

Meteor war weit vor mir. Ich sah, wie er eine Kabine betrat und unter Blutsteins wohlwollendem Blick ein Auge an das Skop hielt. (Meteor war vermutlich der einzige Schüler, den Blutstein je unterrichtet hatte, der wirklich das Zeug zum Gelehrten hatte, weshalb unser werter Lehrer ihn für den größten lebenden Elfen hielt.)

Als Blutstein mich nach vorne winkte, hatte ich nicht die geringste Vorahnung, dass sich mein Leben in diesem Augenblick für immer verändern würde.

Ich drückte die Stirn leicht gegen die Halterung über dem Okular des Skops. Einen Moment lang machte ich nichts weiter als Bäume und Himmel aus. Bei diesem Anblick verspürte ich das seltsame Verlangen, aus der Kabine zu springen und ein Portal zur Erde zu finden. Ich wollte durch diesen Himmel schweben und mit den Fingerspitzen über die Blätter der Bäume streichen.

»Halte nach dem Baby Ausschau, das du hier beobachten sollst, Zaria«, flüsterte mir Blutstein ins Ohr. Warum hatte er nicht vor der Kabine warten können?

Ich betätigte einen der Schalter, woraufhin mehrere Linien aufleuchteten und auf ein in eine flauschige gelbe Decke gewickeltes Menschenbaby zeigten. Es war ein Mädchen. Es hatte braune Haut, die ein wenig heller war als die von Meteor, und dünnes, strähniges Haar, das so unansehnlich wie das eines Zwergs war. Offenbar verfügten die Menschen über keine große Vielfalt an Haut- und Haarfarben. Ich blickte in die strahlenden Augen des Babys und sah zu, wie es mit seinen Füßchen um sich trat und seine winzigen Finger ineinander schlang.

Eine Glocke läutete das Ereignis ein, für das man mich hierher gebracht hatte: die Verleihung des Geburtsgeschenks an das kleine Menschenkind – meine erste Gelegenheit, zu beobachten, wie eine Elfe ihre Aufgabe als Patin erfüllte.

Ich beobachtete, wie die Gabe wie Nebelschwaden auf die Erde waberte und in die Haut des Babys einsank. Und obwohl ich nicht danach fragte, sagte mir meine Magie, um was für eine Gabe es sich handelte – nämlich wenig Neugierde zu besitzen.

Die Augen des Babys trübten sich.

Ich verstand das nicht. Warum verlieh eine Patin einem Kind so eine Gabe? Es erschien mir ganz und gar nicht wie ein Geschenk, sondern eher wie ein Fluch, der dem Kind eine wertvolle Eigenschaft nahm.

Ich warf einen Blick in die Nachbarkabine, in der die Patin des Babys saß. Sie wandte ihr aalglattes Gesicht von ihrem Patenkind ab, ohne auch nur ein einziges Mal zurückzuschauen. Bevor sie die Kabine verließ, sah ich deutlich ihr safrangelbes Haar, in das Morganit-Fäden geflochten waren. Ihre dünne Nase bog sich an ihrem Ende nach unten, und ihre Flügel waren weiß.

Ich knallte mit dem Ellbogen gegen den Arm des Skops und verlor das Baby aus den Augen. Ich versuchte, das kleine Mädchen wiederzufinden. Das Skop schwang hin und her, und ehe ich mich’s versah, erblickte ich einen Menschenjungen, der ungefähr so alt war wie ich. Seine Erscheinung war so farbenfroh und unverwechselbar, dass er ein Elf hätte sein können: Er hatte rotgoldenes Haar, das wie ein Feuer loderte, und haselnussbraune Augen, die wie Bernstein schimmerten. Irgendwie fing ihn das Skop in einem Moment ein, in dem es mir so vorkam, als erwiderte er meinen Blick. Ich sprang auf und schlug den Arm des Skops dabei in die Senkrechte.

Blutsteins fahles Gesicht verzog sich zu einem allzu vertrauten spöttischen Grinsen. »Du wirst dich daran gewöhnen«, sagte er.

Das war eine der größten Lügen, die man mir je erzählt hatte.

Nachdem ich die Aussichtskabine verlassen hatte, versuchte ich, die unheimliche Elfe und ihr Patenkind aus meinen Gedanken zu vertreiben. Ich konnte an nichts anderes mehr denken als an die Erde. Ich verspürte das Verlangen, zwischen den Bäumen zu wandeln, die ich aus der Ferne gesehen hatte, und wirklich unter ihnen zu stehen, anstatt sie nur durch eine Diamantenlinse von einer anderen Welt aus zu betrachten.

Aber laut Gesetz musste ich sechzehn Jahre alt und beim Hohen Rat registriert sein, bevor ich mich auf die Erde begeben durfte.

Die Vorstellung, noch zwei Jahre warten zu müssen, war schrecklich.

»Und?«, flüsterte ich meinen Freunden zu.

»Ich hatte es mir irgendwie aufregender vorgesellt, aber es war einfach nur ein Baby ohne Haare«, meinte Leona. »Vielleicht finde ich es spannender, wenn ich mein eigenes Patenkind habe.«

Ich fragte mich, ob die Magie meiner Freunde ihnen ebenfalls verraten hatte, welche Gaben die von uns beobachteten Menschenkinder erhalten hatten. Gerade als ich sie danach fragen wollte, stupste mich Andalonus an.

»Blutstein hat gesagt, du seist erdbesessen.«

»Was?« Ich sah auf und bemerkte, dass Blutsteins Blick auf mir lag, und wünschte mir sofort, eine böse Elfe würde ihn in eine altmodische Flasche stopfen.

Leona stellte sich vor mich und versperrte Blutstein die Sicht. Sie hatte noch nie Angst vor ihm gehabt, weil sie auch eine Blutstein war – seine Nichte, um genau zu sein. Er wies sie nie zurecht, ganz egal, was sie anstellte. »Haben männliche Babys Haare?«, fragte sie Meteor und Andalonus.

Während sie sich darüber unterhielten, wanderten meine Gedanken zurück zur Erde. War es möglich, dass irgendwie ein Zauber auf mich gefallen war? Wie konnte ich mir sonst erklären, was mit mir los war? Wie konnte ich mich sonst zu der Welt hingezogen fühlen, die meine Eltern das Leben gekostet hatte?

Als wir mit der Klasse nach Galena zurückkehrten, erschien uns alles um uns herum unglaublich kindisch. Die Gebäude kamen uns viel zu niedrig vor, und der Sand fühlte sich viel zu weich an.

Sobald Blutstein uns gehen ließ, hoben wir alle ab. Meteor und Andalonus sausten voraus und waren schon bald außer Sichtweite. Leona und ich flitzten ebenfalls los und flogen wie der Wind in Richtung der Galena-Fälle.

Am höchsten Felsen westlich des Wasserfalls gab es eine Stelle, an der wir gerne saßen. Im Schutz von Felsen und Pflanzen war das seit unserer Kindheit unser Lieblingsplatz. Als wir noch sehr klein waren, spielten wir dort mit Diamanten, aßen frische Orchideen und vertrauten uns Geheimnisse an.

Wir waren mittlerweile aus dem Alter heraus, in dem man mit Diamanten spielte, aber unsere Geheimnisse teilten wir nach wie vor. Ich wusste, dass Leona ihren Onkel Boris nicht ausstehen konnte, dass sie ihren Vater nur selten sah – weil er Oberon-Stadt Galena vorzog – und sie der Meinung war, dass ihre Mutter sie nie auch nur annähernd verstehen würde. Leona wusste, dass ich nachts heimlich zu den Galena-Fällen flog und nicht gerne über meine tote Familie sprach. Sie wusste auch, dass ich mehr von Beryl Danburit zu sehen bekam, als mir lieb war, weil sie sich den Unterricht mit Herrn Blutstein teilte.

Wir machten es uns an unserem Lieblingsplatz bequem, und ich schaute auf den Teich unterhalb des Wasserfalls hinunter. Er war mit Edelsteinen, Smaragden, Rubinen, Diamanten, Saphiren und Topasen gesäumt. Die bunten Steine und die Gischt glänzten und glitzerten im Sonnenschein. Eine Blumenpracht, so weit das Auge reichte. Es war ein wirklich wunderschöner Anblick, und doch konnte ich an nichts anderes als an die Erde denken.

»Zaria«, sagte Leona so abrupt, dass ich aufschreckte.

»Was?«

»Du bist wirklich erdbesessen.«

Ich versuchte erst gar nicht, es abzustreiten. Es wäre sinnlos; Leona kannte mich einfach zu gut.

Ihre Flügel zuckten, und das bedeutete, dass sie ein großes Geheimnis hatte, das sie mir unbedingt erzählen wollte. »Ich weiß, wo ein Portal zur Erde ist«, platzte sie heraus. »Ein Portal, durch das wir heute gehen könnten, ohne dass es irgendjemand erfährt.«

»Heute?« Ich blinzelte verwirrt.

Sie flüsterte: »Das Portal ist in Galena.«

»Das ist unmöglich!«

»Verboten, nicht unmöglich«, gab sie zurück. »Es ist nicht weit von hier.«

»Woher weißt du davon?«, rief ich aus. »Warst du schon auf der Erde?«

»Noch nicht.« Sie lächelte und erhob sich von dem Felsen. »Los, gehen wir.«

Ich sprang auf. »Warte«, sagte ich. »Was ist, wenn wir nicht genug Magie besitzen, um durch das Portal zu reisen?«

Leona rümpfte die Nase. »Stufe fünf?« Sie zog eine Augenbraue hoch, wandte sich um und schwebte auf einen Felsblock zu, der etwa zwanzig Flügelspannweiten entfernt lag. Ich flog ihr in einer Zickzacklinie hinterher.

Der Felsblock war aus schlichtem Sandstein, also nichts Besonderes. Es führte kein Pfad daran vorbei, und er stand inmitten eines Wirrwarrs aus wild wachsenden orangenen und gelben Zinnien. Je näher ich ihm kam, umso stärker verspürte ich das eigenartige Verlangen, an dem Felsblock vorbeizufliegen und das Ganze zu vergessen.

»Dieser Felsblock ist mit einem Zauber belegt«, flüsterte Leona, »der Kinder davon abhält, darauf zu spielen.«

»Mit einem dauerhaften Zauber?«, fragte ich beeindruckt.

Sie nickte.

»Woher weißt du das?«

»Ich sage es dir, sobald wir auf der anderen Seite sind.« Leona blickte sich um, trat daraufhin in den Felsblock und verschwand.

Ich zögerte gerade lange genug, um tief durchzuatmen. Ehrlich gesagt, selbst wenn mir jemand erzählt hätte, dass mich das Portal in einen Troll verwandeln oder mich zwingen würde, zehn Jahre lang mit fünfzehn Zwergen zusammenzuleben, wäre ich trotzdem hindurchgegangen.

Leona schwebte grinsend vor mir. Ich blickte zum Sandsteinfelsblock zurück. Auf der Erdenseite sah er genauso aus wie auf Tirfeyne: ein glanzloser Steinbrocken in einem Gewirr bunter Zinnien. Nur stand er hier auf einem Hügel mitten in einer goldenen Wiese.Ich drehte mich mit weit zum Himmel ausgebreiteten Flügeln im Kreis.

Leona musterte mich eingängig. »Deine Flügel glänzen.«

Es war lieb von ihr, das einzige Schönheitsmerkmal zu betonen, das ich besaß: meine violetten Flügel. Von ihnen abgesehen war ich so farblos, dass ich andere oft flüstern hörte, ich stäche nicht mehr als ein Schatten hervor. Meine Haut war gräulich lavendelfarben, während mein Haar eine noch blassere Schattierung derselben trostlosen Farbe aufwies. So unscheinbar zu sein, war bei einer Elfe sehr ungewöhnlich; mein langweiliges Aussehen schien manchmal wie ein Zauber zu wirken, der andere meine Anwesenheit vergessen ließ. Na ja, wenigstens konnten sich meine Augen mit der Schönheit meiner Flügel messen. Aber eine Freundin meiner Mutter bemerkte einmal, dass es verblüffend sei, derart strahlende violette Augen aus einem so blassen, kleinen Gesicht blicken zu sehen. (Meine Mutter erwiderte nur kühl, es sei gewiss merkwürdig, wie unterschiedlich Elfen bestimmte Dinge wahrnahmen.)

Was Leona betraf, waren sich jedoch alle einig: Sie war bildschön.

Ich blickte mich um. Im Westen zeichneten sich deutlich die Umrisse eines Vorgebirges gegen den Himmel ab. In der anderen Richtung traf das hohe Gras auf eine Baumreihe. Dahinter konnte ich die Gebäude einer Stadt der Menschen ausmachen.

»Komm, wir schauen uns ein wenig um«, sagte Leona.

»Du hast gesagt, du würdest mir verraten, woher du von dem Portal weißt.«

Sie hob das Kinn. »Ich bin eines Nachts heimlich meiner Mutter gefolgt.«

»Du hast gesehen, wie sie es benutzt hat?«

Leona nickte. »Ich glaube, sie hat es geschaffen. Sie muss hier irgendwo in der Nähe ein Patenkind haben.«

»Ein Patenkind?« Aber warum hatte Leonas Mutter, Doreen Blutstein, ein illegales Portal in Galena erschaffen? Jede Elfenpatin konnte die Skope in Oberon-Stadt benutzen, um über ihr Patenkind zu wachen. War es nicht ausgesprochen riskant, die Gesetze Elfenlands zu brechen, nur um schnell bei einem Menschen zu sein?

Leona zuckte mit den Schultern. »Warum hätte sie es sonst getan?«

Ich wusste es nicht. Ich hatte immer gedacht, Doreen Blutstein wäre stolz auf ihre Stellung als Elfe mit großen magischen Kräften. Zu stolz. Und auch wenn ich es gut verbarg, mochte ich sie nicht. Sie lachte mir zu viel. Nach dem Verschwinden meiner Eltern kicherte sie jedes Mal angespannt, wenn sie von ihnen sprach, ein heiseres, kleines Glucksen, das mich nervös machte.

Leona breitete ihre Flügel aus. »Los, erkunden wir die Gegend«, wiederholte sie.

Wir wussten, dass Elfen auf der Erde nicht fliegen sollen, aber es war ein so herrliches Gefühl, durch die Lüfte zu sausen. Wie ich es liebte, über die Weite des Landes zu gleiten, während eine sonnendurchflutete Brise meine Flügel trug.

Als Leona und ich uns der Menschenstadt näherten, verzichteten wir darauf zu fliegen und gingen zu Fuß auf einem Pfad weiter, der sich durch das wild wachsende Gras auf die Bäume zu schlängelte. Obwohl ich von der Erde völlig hin und weg war, hatte ich auch ein wenig Angst.

»Was ist los?«, fragte Leona.

»Nichts.« Ich wollte nicht über meine Eltern oder meinen verschollenen Bruder reden. Fünf Jahre waren eine lange Zeit. Leona musste es so vorkommen, als wäre ich schon immer Waise gewesen. Schließlich erwähnte ich meine Familie nie.

Meine Stimmung wurde besser, als wir das Wäldchen erreichten. Ich blieb stehen und schlang die Arme um einen Baumstamm. Jedes Blatt an den überhängenden Ästen sah aus, als habe ein Künstler Stunden damit verbracht, es in eine bestimmte Form zu schneiden. Ich erkannte an der Blattform, dass es ein Ahorn war. Ich drückte die Wange gegen die Borke und atmete tief ein. Das Holz duftete würzig. »Du bist wunderbar«, murmelte ich.

Leona lachte. »Bäume können nicht sprechen.«

»Ich weiß.«

»Bäume sind harmlos, aber nehmt euch vor Menschen in Acht«, äffte sie Blutstein nach. »Sie können sehr gefährlich sein, schlimmer als Trolle, völlig unberechenbar.« Ihre Augen funkelten, und ich fragte mich, ob sie sich überhaupt daran erinnerte, dass meine Familie auf der Erde gestorben war.

Ich schlenderte zwischen den Bäumen umher und dachte an meine Mutter, etwas, das ich äußerst selten tat. Im Gegensatz zu mir war sie eine farbenprächtige Elfe gewesen. Weiches weißes Haar, lavendelfarbene Haut und Flügel von einem so dunklen Gelb, dass sie nahezu golden wirkten. Ihre Augen waren schwarz und so ungezähmt gewesen wie ein tosender Sturm.

Warum hatten die Menschen sie umgebracht?

Das Wäldchen endete bei einem Weg, der kreisförmig um eine mit sattgrünem, kurz geschnittenem Gras bedeckte Lichtung herum verlief. In der Mitte war ein Spielplatz. Der unter den blau-roten Klettertürmen ausgestreute Sand erinnerte mich an Galena. Menschenkinder rannten und sprangen auf den Türmen umher, als wünschten sie sich, sie könnten fliegen.

Fasziniert von dem Schauspiel standen Leona und ich im Schatten einer hohen Pappel.

»Für Halloween seid ihr ein bisschen zu früh dran, meint ihr nicht, Mädels?«, hörte ich eine Stimme zu meiner Linken.

Aufgeschreckt wirbelte ich herum und erblickte eine grün gekleidete Frau mit einem breitkrempigen beigefarbenen Hut. Ihre Arme ruhten auf dem Griff eines Wagens, in dem ein kleines Menschenkind schlief.

»Eure Kostüme sind spitze«, sagte sie, »und eure Schminke ist der Wahnsinn.«

Ich blinzelte sie an. Was auch immer ich mir unter einem Menschen vorgestellt hatte, das war es nicht.

»Was für ein außergewöhnlicher Stoff«, fuhr sie fort und strich mir über den Ärmel. »So etwas habe ich noch nie gesehen. Er sieht durchsichtig aus, ist es aber nicht. Wo habt ihr den her?«

Dann berührte sie einen meiner Flügel. »Wow«, entfuhr es ihr, während sie unbekümmert an dem Rand rieb. »Wo habt ihr dieses Material gefunden?« Sie hob einen Teil meines Flügels an ihr Gesicht. »So fein und zart, und doch so stark. Und die Adern! Was für ein toller Einfall. Du siehst wie ein riesiger Schmetterling aus.«

Es schien ihr gar nicht aufzufallen, dass ich ihre Fragen nicht beantwortete.

»Ich nähe gern«, erklärte die Frau. »Habt ihr euch die Kostüme schneidern lassen?«

»Äh«, nuschelte ich.

»Spielt ihr zwei in einem Theaterstück mit?«, fragte sie weiter.

Ich schüttelte den Kopf.

Wer weiß, was sonst noch passiert wäre, wenn das Kind im Wagen nicht aufgewacht wäre und angefangen hätte zu weinen.

»Es ist alles in Ordnung, Mäuschen«, beruhigte die Frau es sanft, ließ meinen Flügel los und ging in die Hocke, um den Kopf des Kindes zu tätscheln.

Mäuschen brüllte.

»Na schön, gehen wir nach Hause«, meinte die Frau und richtete sich auf. »Tschüs, Mädels. Eure Kostüme sind wirklich wunderschön!« Sobald sie sich mit dem Kinderwagen auf den Nachhauseweg machte, beruhigte sich das Kind.

Ich sah ihr nach und erblickte einen hoch gewachsenen Jungen mit hellem Haar und heller Haut, der den Weg hinunter auf uns zumarschiert kam. Als sein Blick auf Leona fiel, schenkte er ihr ein breites Grinsen.

Der erste Anblick von Jason Court hätte mich nicht erschrecken sollen. Er war ein gesundes und attraktives Exemplar eines Menschenjungen. Ich hatte keinen Grund, mich unwohl zu fühlen, und doch hatte ich ein flaues Gefühl im Magen – als hätte ich vom ersten Moment an geahnt, wie viel Ärger er verursachen würde.

Ich rannte zurück in den Schatten der Bäume in der Hoffnung, dass Leona mir folgen würde und wir gehen konnten. Stattdessen hatte sie der Junge offenbar völlig in seinen Bann geschlagen. Er blieb neben ihr stehen und stellte sich vor. Sie wiegte sich auf den Zehen, während ihr Rock ihre Fußgelenke umspielte.

Wir hätten nicht auf die Erde kommen sollen. Nicht jetzt, nicht am helllichten Tag und unter freiem Himmel. Bei Nacht wäre es sicherer gewesen. Zwei Menschen hatten uns bereits gesehen – drei, wenn man das Kleinkind mitzählte. Was war, wenn jemand in Elfenland davon erfuhr?

Mit einem mulmigen Gefühl im Magen blickte ich über den Spielplatz zu der Gruppe Kinder hinüber, die etwa zwanzig Flügelspannweiten entfernt herumtollte. Ein kleines Mädchen mit roten Zöpfen balancierte hoch oben am Rand einer Plattform. Ein kleiner schwarzhaariger Junge wirbelte hinter ihm einen Arm herum und traf es an der Schulter. Das Mädchen fiel nach vorn.

Ohne nachzudenken, flog ich so schnell, wie ich noch nie geflogen war, zu ihr und fing das Mädchen auf, kurz bevor es auf den Boden prallte. Ich setzte es auf die Füße, bevor mir überhaupt bewusst wurde, was ich gerade getan hatte.

Das Mädchen starrte mich mit runden blauen Augen an. »Wie hast du das gemacht?«, schrie sie. Sie winkte jemandem hinter mir zu. »Sam!«, rief sie. »Saaam!«

Die anderen Kinder auf dem Spielplatz fingen an zu kreischen. »Eine Elfe!« Sie kletterten übereinander in dem Versuch, zu mir zu gelangen.

Der schwarzhaarige Junge rutschte eine Stange hinunter, packte meinen rechten Flügel mit beiden Händen und verdrehte ihn. »Es ist eine echte Elfe!«, schrie er. »Fangen wir sie!«

Ich versuchte zurückzuweichen, aber der kleine Mensch klammerte sich mit aller Kraft an mir fest.

»Hey!«, rief eine Stimme hinter mir. »Lass sie los!«

Ein älterer Junge bahnte sich einen Weg durch die Meute Kinder, die mich umzingelte, und zwang den kleinen Rabauken, meinen Flügel loszulassen.

Der Neuankömmling hatte rotes Haar und bernsteinfarbene Augen. Es war der Junge, den ich durch das Skop gesehen hatte.

»Ist alles in Ordnung?«, fragte er.

Ich brachte kein Wort heraus.

Er wandte sich an das kleine Mädchen mit den Zöpfen. »Was ist passiert, Jenna?«

»Die Elfe hat mich gerettet«, sagte sie.

Ich kann nicht erklären, was ich als Nächstes tat. Anstatt dem Jungen zu danken, stieg ich in die Luft. Ich flatterte einen Moment lang an Ort und Stelle und versuchte, einen Blick auf Leona zu erhaschen, während die Kinder unter mir schrieen und mit ausgestreckten Zeigefingern auf und ab hüpften.

»Sam«, weinte das kleine Mädchen, »lass sie nicht weg.«

Ich konnte weder Leona noch ihren neuen Freund irgendwo entdecken. Hatten sie sich zwischen die Bäume verzogen?

Ich drehte mich um und flog davon. Ich rang nach Luft, und mein Flügelschlag fühlte sich unregelmäßig an. Was war gerade passiert?

Ich schaute zurück und sah, wie der Junge namens Sam am Spielplatz entlangrannte und sich dabei einen kleinen roten Gegenstand vors Gesicht hielt.

Ich flog blindlings über die Menschenstadt. Erst nach mehreren Minuten warf ich einen Blick zurück und hielt nach Leona Ausschau. Die Sonne stand tief; ich musste bei dem grellen Licht die Augen zusammenkneifen, um sie nur einige Flügelspannweiten hinter mir zu sehen, ihre Flügel wie Silberstreifen am Himmel. Ich blieb nervös in der Luft stehen und wartete auf sie.

Leona strahlte übers ganze Gesicht, als sie mich einholte. »Wie viele Gesetze haben wir wohl gebrochen?«, sagte sie atemlos. »Und ich dachte, du wärst die gute Elfe. Wer hätte geahnt, dass du vor Menschen fliegen würdest? Aber keine Sorge, von mir erfährt es niemand. Und was hättest du sonst tun sollen, als dich dieses Rudel Kinder angegriffen hat?« Sie glitt lachend an meine Seite.

Vielleicht beeinträchtigte die Luft auf der Erde ihr Denkvermögen.

»Wir müssen bald wieder hierher kommen, Zari«, fuhr Leona fort. »Ich habe einen Jungen kennengelernt. Er heißt Jason Court, und ich möchte ihn wieder besuchen.«

»Das willst du wirklich tun? Aber Leona …«

Sie hörte auf zu lächeln. »Ich hab ja nicht vor, mich mit einem Menschen anzufreunden«, schnitt sie mir das Wort ab.

Das erinnerte mich an das Mal, als sie gesagt hatte: »Ich hab ja nicht vor, nach dem Zauberbuch meiner Mutter zu suchen.« Doch dann hatte sie das Buch gefunden und es gelesen, obwohl das jungen Elfen streng verboten war. Und ein anderes Mal hatte sie erklärt: »Ich hab ja nicht vor, durch die Pforte von Galena zu gehen.« Und dann hatte sie sich so nah herangepirscht, dass sie den Alarm ausgelöst hatte.

Leona hatte noch bei vielen anderen Gelegenheiten gegen die Regeln verstoßen. Aber wollte sie sich wirklich mit einem Menschenjungen anfreunden? Elfen unseres Alters war es strengstens untersagt, irgendeine Art von Beziehung zu einem Menschen zu haben.

Ich versuchte mich zu beruhigen, schwebte abwärts und landete in einem Maisfeld am Rande der Stadt.

Da wir in der Schule Maisfelder durchgenommen hatten, wusste ich, dass Mais eine wichtige Nahrungs- und Energiequelle der Menschen war. In einem richtigen Maisfeld zu stehen, war jedoch etwas völlig anderes, als in einem Buch darüber zu lesen. Ich stand inmitten der grünen Pflanzen mit ihren seidigen Spitzen und schlang meine Finger um einen Stängel. Ein warmer, süßer Duft stieg von den Maiskolben auf.

Leona flog an meine Seite. »Wir sollten zurückgehen. Beryl Danburit sucht bestimmt schon nach dir.«

Ich beneidete Leona. Ihre Eltern würden nicht so viel Theater machen wie Beryl Danburit; trotz all ihrer Fehler verstanden sie, dass Leona erwachsen wurde. Beryl schien mich hingegen immer noch für die neunjährige Elfe zu halten, die man vor fünf Jahren ihrer Obhut anvertraut hatte. Und dank meiner überstürzten Flucht durch die Luft waren wir weit von dem Portal entfernt, das nach Galena führte. Außerdem war ich auch noch in die falsche Richtung geflogen, sodass wir uns jetzt wohl mehrere Kilometer östlich von dem Ort befanden, an dem wir auf die Erde gekommen waren.

Wie lange waren wir weg gewesen? Die untergehende Sonne erleuchtete den Himmel wie magisches Feuer. Bald würde die Nacht hereinbrechen.

Ich betrachtete den rot leuchtenden Horizont und bemerkte ein merkwürdiges Flimmern am Rand des Maisfelds. Ich glitt darauf zu.

Zertretene Maisstängel bildeten einen perfekten Kreis, der so glitzerte, als hätte man jeden Stängel mit einer Extradosis Licht versehen. Fußspuren führten aus dem Kreis heraus, endeten aber dann abrupt.

Ich winkte Leona zu mir herüber. »Elfen waren hier.«

Leona riss die Augen auf. »Zari, hast du ein weiteres Portal gefunden?«

»Vielleicht. Aber warum ist dieses Portal hier für alle sichtbar, wenn das deiner Mutter wie ein einfacher Felsblock aussieht?«

Leona runzelte die Stirn. »Ich glaube kaum, dass Menschen erkennen, was es ist. Dazu muss man bestimmt Magie besitzen. Außerdem ist das Portal meiner Mutter illegal. Deshalb hat sie es ja auch mit einem Zauber versteckt.« Sie berührte eine der Spuren auf dem Boden mit dem Fuß. »Das sieht wie ein offizielles Portal aus. Wir sollten hier durchgehen, dann müssen wir nicht den ganzen Weg zurück zu unserem Portal fliegen.«

Wie immer verschwendete sie keine Zeit. Sie trat geradewegs in den Kreis aus zertretenem Mais und verschwand.

Das stille Maisfeld-Portal auf der Erde führte in einen kurzen, leeren Korridor, in dem es so laut war, dass man den Eindruck hatte, ganze Troll-Horden mit Stiefeln aus Konservendosen polterten auf der anderen Seite der Wand vorbei. Leona schwebte vor mir am Ende des Korridors neben einer matten Kupfertür. »Ich glaube, das ist die Goldene Station«, sagte sie. Sie richtete ihre Flügel auf und öffnete die Tür.

Der Lärm wurde lauter. Tausende wild durcheinanderplappernde Elfen flogen in hundert verschiedene Richtungen durch einen riesigen Raum, während Dutzende Türen auf- und zugingen. Patrouillierende Zwerge schienen sich alle Mühe zu geben, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Wir waren in Oberon-Stadts Goldener Station, einem mit Gold verzierten Bauwerk aus Marmor und Granit.

Leona steuerte einen Torbogen am anderen Ende des Raums an. Ich schlängelte mich um einen kräftigen Zwerg herum und folgte ihr. Meine Freundin glitt anmutig durch die Menge, während ich ständig mit den Flügeln an breitschultrigen Elfenmännern hängen blieb. Ich entschuldigte mich murmelnd und war dankbar, dass ich ein so farbloses, leicht zu vergessendes Elfenmädchen war.

Als wir es endlich nach draußen geschafft hatten, stiegen wir sofort auf. Wie es schien, kannte Leona den Weg. Sie ging voran, und wir flogen auf großer Höhe und schnell.

Als wir die Pforte von Galena erreichten, schlichen wir uns leise hindurch.

»In Sicherheit!«, rief Leona.

Etwas Kaltes traf mich an der Brust. Ich fühlte mich auf einmal so schwach, dass ich zu Boden fiel. Leona lag ausgestreckt neben mir.

»Oh ja, in Sicherheit«, vernahmen wir Beryls Stimme über uns. Sie stand an der Pforte neben einer der Säulen und umklammerte einen Stab mit einem schwarzen Eisenknauf.

Leona blickte Beryl wütend an. »Sie richten eine eiserne Faust gegen mich?«

Beryl hob den Stab. »Du verdienst noch viel Schlimmeres.«

»Aber warum?«, schrie Leona. »Morgen bekommen wir unsere Kristalluhren. Dann dürfen wir sowieso allein durch die Pforte reisen.«

»Morgen ist nicht heute«, erwiderte Beryl barsch.

Ich konnte Leona ansehen, dass sie sich gerade eine Lüge ausdachte. »Es tut uns leid«, sagte sie, »dass wir uns abgesetzt haben, aber wir wollten Oberon-Stadt erkunden.«

Beryl behauptete immer, sie durchschaue jeden Lügner – sie sagte, sie hätte in den vielen Jahrzehnten als Lehrerin ein Gespür für die Wahrheit entwickelt. Oh, wie ich hoffte, dass sie dieses eine Mal Leonas Lüge nicht durchschauen würde.

Die Stille hallte in unseren Ohren, bevor Beryl antwortete: »Ich weiß, wo ihr wart.«

Meine Flügel zitterten und taten höllisch weh. Ein stechender Schmerz durchbohrte meine Brust und breitete sich bis in meine Arme aus.

Beryl flog näher an uns heran. »Eine Elfe hat heute eines ihrer Patenkinder durch ein Skop beobachtet.« Sie stieß mit ihrem Stab in die Luft. »Stellt euch ihr Entsetzen vor: zwei junge Elfen bei einem unerlaubten Ausflug auf die Erde. Zwei Elfen, die sich am helllichten Tage Menschen zeigen. Und vor aller Augen fliegen.«

Leona rappelte sich auf. »Ich verstehe nicht, warum kein Mensch uns sehen darf.«

Beryl faltete ihre Flügel, nahm den Stab jedoch nicht herunter. »Es ist ein über dreihundert Jahre alter Grundsatz, dass wir uns auf der Erde niemandem zeigen – wie du sehr wohl weißt.«

»Sie waren unbewaffnet«, protestierte Leona.

»Es hat Jahrhunderte gedauert, die Menschen davon zu überzeugen, dass es keine Elfen gibt«, fauchte Beryl. »Sie müssen nur ein paar von uns sehen, um uns wieder fangen zu wollen.«

Ich wünschte, Leona würde aufhören, herumzudiskutieren, aber sie machte unbeirrt weiter. »Wie sollten sie uns fangen können?«, schrie sie. »Sie können nicht mal fliegen!«

»Menschen können überraschend raffiniert sein … und grausam«, klärte Beryl sie auf.

Leona schüttelte trotzig den Kopf, doch bevor sie irgendetwas erwidern konnte, wandte sich Beryl an mich. »Und was ist deine Meinung dazu, Zaria?«, fragte sie mich in ihrem eisigsten Tonfall. »Stellt die Welt der Menschen eine Gefahr für das Elfenvolk dar?«

Leona blickte von Beryl zu mir. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich, und sie machte den Mund zu.

Beryl wartete meine Antwort nicht ab. »Nach allem, was deiner Familie widerfahren ist, hätte ich das von dir nicht erwartet, Zaria.«

Meine Flügel fühlten sich kraftlos an. Ich wollte aufstehen, rührte mich aber nicht vom Fleck.

Während Beryl Leona und mich weiterhin mit missbilligenden Blicken durchbohrte, trat eine weitere Gestalt hinter einer Säule hervor. Blutstein. Seine graue Haut zog sich straff über seine Wangenknochen, und sein dünner Mund wirkte wie ein in Stein gemeißelter Schlitz.

Dieses eine Mal beachtete ich ihn gar nicht. »Beryl, soll das heißen, du weißt, wie meine Eltern … gestorben sind?« Bei den letzten beiden Worten versagte mir die Stimme.

»Das soll heißen, dass sie so wie du heute leichtsinnig Risiken eingegangen sind.«

»Sie waren nicht leichtsinnig!« Aber als ich in ihr Gesicht sah, kamen mir Zweifel.

Blutstein meldete sich zu Wort. »Wegen eures kleinen Abenteuers heute sind Frau Danburit und ich einen ganzen Grad ärmer, als wir es heute Morgen waren.« Er fuchtelte mir mit seiner Kristalluhr vor dem Gesicht herum, öffnete aber den Deckel des Zifferblatts nicht, damit ich seinen Radia-Vorrat sehen konnte. Er und Beryl waren beide im gelben Bereich. Hatten sie wirklich jeweils tausend Radia verbraucht? Das war ein großer Verlust. Zu groß. Ich zitterte am ganzen Körper und wagte es nicht, Leona anzusehen.

»Um eure Fehler wiedergutzumachen, mussten Herr Blutstein und ich den gesamten Zeitplan der Aussichtsstation umdisponieren«, klärte uns Beryl wutschäumend auf, »um Zugang zu den Sendeports zu erhalten.«

Was meinte sie damit?

»Wir mussten die Skope benutzen, um alle Menschen, die euch auf der Erde gesehen haben, mit Notvergessenszaubern zu belegen«, fügte Blutstein finster hinzu.

»Bis zum letzten Kind«, erklärte Beryl. »Als eure Lehrer sind wir für euch verantwortlich.«

»Zu allem Übel«, fuhr Blutstein fort, »hat euch keine gewöhnliche Elfe angezeigt. Es war ein Mitglied des Hohen Rates, Lily Morganit.«

Der Name sagte mir nichts, denn ich hatte mich nie besonders für den Hohen Rat interessiert. Doch als ich Leona nach Luft schnappen hörte, wurde mir der Ernst der Lage bewusst.

»Es tut mir leid«, sagte ich voller Verzweiflung. »So unendlich leid.«

»Es tut dir leid? Zaria, habe ich dir denn gar nichts beigebracht?« Beryl hob die Stimme. »Du bist offensichtlich noch nicht für deine Kristalluhr und deinen Zauberstab bereit. Und du ebenfalls nicht, Leona. Ihr werdet beide noch ein Jahr warten müssen.«

Leona zuckte zusammen. »Ich bin vor sechs Monaten vierzehn geworden. Ich warte schon seit …«

»Frau Danburit«, mischte sich Blutstein ein. »Das wäre doch eine allzu harte Strafe für Leona, meinen Sie nicht?«

Beryl wirbelte herum. »Diese Mädchen haben die Gesetze, die wir sie zu respektieren gelehrt haben, mit Füßen getreten. Haben Sie einmal daran gedacht, was sie hätten anstellen können, wenn sie Zauberstäbe bei sich gehabt hätten?«

Blutstein sah verärgert aus. »Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass es äußerst unvernünftig von Zaria war, Leona zu einem Ausflug auf die Erde anzustiften. Aber ich bin mir hundertprozentig sicher, dass Leona lediglich versucht hat, einer unbedarften Freundin zu helfen.«

Leona schüttelte den Kopf. »Ich habe Zaria dazu gedrängt.«

»Die Schuld für euch beide auf dich zu nehmen, ist sehr edel von dir«, erwiderte Blutstein. »Aber ich erkenne eine erdbesessene Elfe sofort, wenn ich sie sehe. Und das trifft auf Zaria zu – nicht auf dich, Leona.« Er warf mir einen angewiderten Blick zu, als ich unter Schmerzen vom Sand aufstand. Mein Oberkörper fühlte sich wund an.

»Was ist passiert, Zaria?«, fragte Beryl.

Ohne zu antworten, senkte ich den Blick, da ich ihr nicht in die Augen sehen wollte.

»Die Mädchen sind gleichermaßen schuldig«, verkündete sie. »Sie müssen gleichermaßen bestraft werden.«

»Das ist ein Fehler«, wandte Blutstein ein. »Wenn Sie jedoch auf die gleiche Bestrafung bestehen, sollen diese törichten Elfen ihre Uhren und Zauberstäbe ruhig morgen erhalten … aber mit eisernen Ketten um die Flügel.«

Ich konnte es kaum glauben. Warum stimmte Blutstein einer Bestrafung seiner über alles geliebten Nichte zu? Und einer harten Bestrafung noch dazu. Es musste etwas mit mir zu tun haben. Ihm war unsere Freundschaft schon immer ein Dorn im Auge gewesen. Hoffte er, sie ein für alle Mal zu beenden?

Bis zu dem Augenblick, als Beryl mich mit dem Eisenstab traf, den sie weiter in der Hand hielt, hatte ich die Wirkung von Eisen noch nie am eigenen Leib erlebt. Ich konnte den stechenden Schmerz an der Stelle, wo er meine Brust berührte hatte, immer noch spüren. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, welche schrecklichen Qualen mir Eisenfesseln um meine Flügel bereiten würden.

Ich blickte beunruhigt zu Beryl und wartete auf ihre Antwort. Auch wenn ich große Angst vor dem Eisen hatte, ertrug ich lieber einen schmerzerfüllten Tag, als ein weiteres Jahr auf meine Uhr und meinen Zauberstaub warten zu müssen.

Beryl stand schweigend da; es war Leona, die als Erste sprach: »Du willst, dass ich vor den Würdenträgern des Rates in Eisen gelegt werde?« In der Dämmerung wirkten ihre silbernen Flügel bleiern.

»Das wird dir eine Lehre sein«, erwiderte Blutstein, »dich mit einer erdbesessenen Elfe einzulassen. Frau Danburit? Sind Sie einverstanden?«

Ich war fest überzeugt, sie würde ihm widersprechen, doch sie überraschte mich. »Also gut.«

Mein Vormund machte keine Anstalten, einzuschreiten, als Blutstein erst dicke Handschuhe überzog und dann eine eiserne Fessel mit einem Titanverschluss hervorholte. Der Fiesling! Er hatte das offensichtlich schon vor seinem Eintreffen geplant.

»Dreh dich um, Zaria«, befahl er. »Und falte deine Flügel.«

Ich hörte ein Schnappen, als die Fessel sich um das untere Ende meiner Flügel schloss. Sie fühlte sich sehr kalt an, aber es war nicht die Art Kälte, die alle Glieder taub werden ließ; diese Kälte breitete sich wie die Risse in einer zerplatzten Glasscheibe aus, in die sich Splitter stechenden Schmerzes bohrten.

»Wenn ihr nicht erneut gegen die Regeln verstoßt, werde ich die Fesseln in einer Woche abnehmen«, erklärte Blutstein.

Eine Woche! Ich hatte gedacht, es würde nach einem Tag vorbei sein.

Ich sah nicht hin, als Blutstein Leona fesselte.

»Ihr werdet mit niemandem über euer Verbrechen sprechen«, erklärte er. »Tut ihr es doch, wird eure Strafe verlängert. Und noch etwas. Welches Portal habt ihr benutzt?«

Auch wenn Leona mit Sicherheit bereits große Schmerzen erlitt, reagierte sie schnell. »Ein kleines Portal in der Goldenen Station.«

»Hat euch niemand aufgehalten?«, verlangte er zu wissen. »Es hätte doch jedem auffallen müssen, dass ihr noch zu jung seid, um zur Erde zu reisen.«

»Es hat uns offensichtlich niemand bemerkt«, erwiderte sie.

Unsere Lehrer tauschten Blicke und flogen dann ein wenig abseits. Blutstein fing an, wütend mit den Armen herumzufuchteln, während Beryl die Stirn runzelte und ihren Zauberstab umklammerte.

»Das werde ich ihnen nie verzeihen«, sagte Leona. »Niemals.« In dem schwächer werdenden Licht wirkten ihre Augen ebenso bleifarben wie ihre gefesselten Flügel.

»Es tut mir leid.«

»Es war nicht deine Schuld.«

Ich musste alle meine Kraft aufbringen, um die von den Fesseln ausgelösten Schmerzen zu ertragen. Beim kleinsten Zucken meiner Flügel glaubte ich zu zerspringen.