Der Mord im Ballsaal - Matthias Blank - E-Book

Der Mord im Ballsaal E-Book

Matthias Blank

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Beschreibung

Neue Deutsche Rechtschreibung Ein Mann und eine Frau giften sich auf einem eleganten Tanzball an. Hass erfüllt beide. Der Leser ist stummer Zeuge. Wenig später wird die Frau tot aufgefunden, erstochen. Wer ist die Tote? Und wo ist der Mann? Null Papier Verlag

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Seitenzahl: 121

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Matthias Blank

Der Mord im Ballsaal

Kriminalroman

Matthias Blank

Der Mord im Ballsaal

Kriminalroman

Überarbeitung und Korrekturen: Null Papier VerlagHerausgeber: Jürgen Schulze Published by Null Papier Verlag, Deutschland Copyright © 2018 by Null Papier Verlag 1. Auflage, ISBN 978-3-962813-08-6

null-papier.de/564

Das hier veröffentlichte Werk ist eine kommentierte, überarbeitete und digitalisierte Fassung und unterliegt somit dem Urheberrecht. Verstöße werden juristisch verfolgt. Eine Veröffentlichung, Vervielfältigung oder sonstige Verwertung ohne Genehmigung des Verlages ist ausdrücklich untersagt.

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

1. – Die gelb­sei­de­ne Mas­ke.

2. – Ein hart­her­zi­ger Va­ter

3. – In schwe­rem Ver­dacht.

4. – Die gol­de­ne Rose.

5. – Des ver­sto­ße­nen Soh­nes Rück­kehr ins El­tern­haus.

6. – Ver­haf­tet.

7. – Das ers­te Ver­hör.

8. – Ein neu­es Mo­ment.

9. – Ein treu­er Freund.

10. – For­schun­gen auf eig­ne Hand.

11. – Der Be­weis der Schuld­lo­sig­keit er­bracht.

12. – Eine schreck­li­che Tat.

13. – Spä­te Reue.

Dan­ke

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1. – Die gelbseidene Maske.

Im großen Thea­ter­saal des Deut­schen Thea­ters war eine Thea­ter­re­dou­te.1

Dort herrsch­te ein Wirr­sal oh­ne­glei­chen. Rau­schen­de Ge­wän­der in Sei­de und Bro­kat, Per­len und blit­zen­de Stei­ne, Blu­men von be­täu­ben­dem Duft, un­end­li­che Blu­men an den Ge­wän­dern und auf Häup­tern mit veil­chen­duf­ten­dem Frau­en­haar. Über­all hei­ße, wan­gen­geröte­te Ge­sich­ter. Aber wäh­rend die einen glüh­ten im Feu­er trun­ke­ner Ju­gend­lust, zeig­ten die an­de­ren schon Spu­ren von den ver­schwun­de­nen Jah­ren durch­leb­ter Genüs­se die­ses Da­seins; wie­der an­de­re mit hoh­len Au­gen und Wan­gen, auf wel­chen der Pu­der und die Schmin­ke in phos­pho­res­zie­ren­dem Glan­ze schim­mer­ten. Ne­ben der zer­fres­sen­den Lei­den­schaft schwü­ler, ver­leb­ter Tage die Glücks­sehn­sucht er­weck­ter Ju­gend. Grau­sam zer­pflück­te Blu­men, wel­ke Treib­haus­pflan­zen. Da­zwi­schen herr­li­che blü­hen­de, auf­kei­men­de Ro­sen­knos­pen.

Über all die­sem Hin- und Her­wo­gen lag der blen­den­de Schim­mer ei­ner Men­ge elek­tri­scher Lam­pen. Das mo­no­to­ne Stim­men­ge­wirr, bis­wei­len un­ter­bro­chen durch ein lau­tes La­chen oder einen Zu­ruf, wur­de von den Pa­ri­si­en­ne­klän­gen ei­ner Streich­ka­pel­le über­tönt, zu de­nen sich die Paa­re in schnel­lem Atem dreh­ten.

Nur ei­ner stand ein­sam in ei­ner Ni­sche, die den großen Saal trenn­te von dem in zier­li­chem Ro­ko­ko er­bau­ten Sil­ber­saa­le, und sah die­sem Ge­tüm­mel in­ter­es­siert zu.

Ein schwar­zer, fal­ten­rei­cher Do­mi­no hüll­te gänz­lich sei­ne schlan­ke Ge­stalt ein, eine schwar­ze Samt­mas­ke mach­te sein Ge­sicht un­kennt­lich und ließ le­dig­lich das Feu­er sei­ner großen, leuch­ten­den Au­gen ver­ra­ten.

Die­se such­ten in die­sem Tau­mel­tan­ze un­s­tet und ver­lan­gend; je­des Paar fand sein Blick.

Schon eine ge­rau­me Wei­le gin­gen sei­ne Au­gen su­chend durch den Saal.

Jetzt schie­nen sie ge­fun­den zu ha­ben, wo­nach sie ver­lang­ten. Das Auf­leuch­ten der Pu­pil­len hat­te es ver­ra­ten. In ner­vö­ser Un­ge­duld reck­te sich sein Kopf nach vor­wärts.

Das Weib, auf dem sein lau­ern­der Blick ruh­te, ging am Arme ih­res Tän­zers lang­sam um den Saal, sich zu ver­schnau­fen, und fä­chel­te sich lä­chelnd Küh­lung zu. Sie trug ein Kleid aus blass­gel­ber Sei­de, das Hals und Na­cken of­fen ließ und so einen Kör­per ver­riet, der von be­rücken­der Schön­heit sein muss­te. Die zar­te, blau ge­äder­te Haut war von blen­dend blas­sem Schim­mer, wie die Nar­zis­sen­blü­ten, die auf ih­rem ju­gend­li­chen Bu­sen schwan­kend la­gen. Die For­men des Lei­bes wa­ren von träu­me­ri­scher Schön­heit, weich und her­risch stolz, wie der Blick ih­rer Au­gen. Die Stir­ne war hoch und bleich. Die Wan­gen aber brann­ten in heißem Rot.

Ihr Tän­zer trug ein ele­gan­tes Ball­ko­stüm.

Bei­de wa­ren in ein er­reg­tes Ge­spräch ver­tieft und merk­ten da­bei gar nicht, dass die Mu­sik das Spiel ab­setz­te.

Wäh­rend jetzt die Mehr­zahl der Paa­re zu den Er­fri­schungs­räu­men, die im Sil­ber­saa­le ein­ge­rich­tet wa­ren, streb­te, wand­te sich das Paar, das in fast gleich­mä­ßi­ger Schön­heit, Tän­zer und Tän­ze­rin, zu­sam­men­zu­ge­hö­ren schi­en, dem im ers­ten Rang be­find­li­chen Pal­men­gar­ten zu.

Ih­nen folg­te stets in ei­ner sol­chen Ent­fer­nung, die ein un­auf­fäl­li­ges Beo­b­ach­ten er­mög­lich­te, der schwar­ze Do­mi­no. Er husch­te hin­ter dem vor­an­schrei­ten­den Paar nach der Trep­pe em­por; er sah noch, wie die bei­den im ja­pa­ni­schen Zim­mer ver­schwan­den.

Da in­zwi­schen die Mu­sik wie­der zu ei­nem pri­ckeln­den Strauß’­schen Wal­zer ein­setz­te, und al­les wie­der dem großen Saa­le zu­streb­te, ent­stand in al­len Räu­men ein Has­ten und Drän­gen.

Der schwar­ze Do­mi­no sah in dem da­durch ent­stan­de­nen Ge­trie­be, – etwa zwan­zig Paa­re hat­ten sich in dem trau­li­chen Raum des ja­pa­ni­schen Sa­lons auf­ge­hal­ten, – wohl noch das blass­gel­be Ge­wand der Ver­folg­ten; aber als er die Trep­pe hin­un­ter­schritt, konn­te sein spä­hen­des Auge sie nicht mehr fin­den.

Um­sonst such­te er wie­der un­ter den Tan­zen­den. Es war auch zweck­los, als er den schüt­zen­den Schat­ten der Ni­sche ver­las­sen hat­te und sich selbst un­ter die Scha­ren der Tan­zen­den dräng­te. Er konn­te sie nicht wie­der­se­hen.

Er hör­te hier­bei nicht, wenn ihn eine weib­li­che Mas­ke her­aus­for­dernd an­rief, er sah nicht die aus­ge­las­se­ne Lust­bar­keit; in sei­nen glü­hen­den Au­gen brann­te eine an­de­re Lei­den­schaft, die kei­ne Fröh­lich­keit kann­te.

Mit lis­ti­gen Schrit­ten streb­te er wie­der, die­sem Ge­wühl zu ent­kom­men.

Dann ver­schwand er gleich­falls in dem To­hu­wa­bo­hu des Ball­saa­l­es.

In dem Pal­men­gar­ten des ers­ten Ran­ges aber war das Tän­zer­paar.

In der Ni­sche, in wel­cher die klei­ne Fon­tä­ne von elek­tri­schen Glühlam­pen be­leuch­tet war, hat­ten sie an dem klei­nen Tisch­chen mit den zwei Rohr­stüh­len Platz ge­nom­men.

Er dreh­te in ner­vö­ser Er­re­gung die Spit­zen des blon­den Schnurr­barts zwi­schen den Fin­gern.

Hier fühl­ten sich bei­de wohl von Lau­schern und un­er­be­te­nen Zeu­gen si­cher, da die Stim­me des Man­nes er­reg­ter wur­de und man je­des Wort ver­ste­hen konn­te.

Auch das Weib flüs­ter­te nicht mehr wie bis­her, um nichts zu ver­ra­ten, son­dern sprach in lau­ter Stim­me, die gleich­falls nicht voll­stän­dig frei war von er­reg­ter Lei­den­schaft­lich­keit, wor­aus die si­che­re Zu­ver­sicht zu er­ken­nen war, mit wel­cher bei­de ein Vor­han­den­sein von drit­ten Per­so­nen für un­mög­lich hiel­ten.

»Und den­noch kann ein Irr­tum nicht vor­lie­gen«, be­gann der männ­li­che Beglei­ter. »Du bist mit al­ler Si­cher­heit er­kannt wor­den, als du mit dem Herrn durch die Park­an­la­gen des Eng­li­schen Gar­ten gingst.«

Ei­nen Au­gen­blick schi­en es, als zö­ger­te das Weib mit ei­ner Ant­wort, dann aber ant­wor­te­te sie, wo­bei sie von dem Stuh­le auf­stand:

»Und ich muss wie vor­her be­haup­ten, dass sich die­ser ge­irrt ha­ben muss. Ich war ges­tern Abend zu Hau­se. Da­mit wirst du dich zu­frie­den­ge­ben müs­sen! Füh­re mich jetzt zu­rück in den Saal, ich will tan­zen!«

Er aber gab sich mit die­ser Er­klä­rung noch kei­nes­wegs zu­frie­den, son­dern fass­te mit ei­ner plötz­lich aus­bre­chen­den Grau­sam­keit das zar­te Hand­ge­lenk und press­te es mit sei­nen zu­sam­men­ge­krall­ten Fin­gern der­art, dass das Weib vor Schmerz einen un­ter­drück­ten Schrei aus­stieß.

»Du tust mir wehe! Lass mich los, ich will wie­der hin­un­ter in den Saal!«

»Nicht eher, bis ich Ant­wort habe!« knirsch­te mit auf­ein­an­der­ge­press­ten Zäh­nen der Mann, ohne die um­klam­mer­te Hand frei­zu­ge­ben.

Mit blit­zen­den Au­gen sah sie in sein zorn­geröte­tes Ge­sicht.

»So wis­se denn: ich selbst war es, der dich be­ob­ach­tet hat! Jetzt ant­wor­te! Ich glau­be doch, ein Recht auf die Beant­wor­tung die­ser Fra­ge zu ha­ben.«

»Nein!« war die fast gleich­zei­tig er­folg­te Ant­wort. »Noch bin ich frei und kann tun und las­sen, was mir be­liebt.«

»Du ge­stehst da­mit, dass mein Auge mich nicht be­tro­gen hat!« kam es von sei­nen Lip­pen, und er stieß die um­klam­mer­te Hand von sich. »Als dein Ver­lob­ter aber for­de­re ich dich auf, mir den Na­men des Un­be­kann­ten und den Grund zu nen­nen, was euch ver­an­lass­te, un­ter dem Schut­ze der Nacht die Ein­sam­keit auf­zu­su­chen!«

Trot­zig aber kam ihm von dem klei­nen Mun­de mit den kirsch­ro­ten Lip­pen, zwi­schen de­nen die klei­nen Zäh­ne wie blen­den­de Per­len auf ro­tem Samt schim­mer­ten, Ant­wort zu:

»Und wenn du glaubst, durch rohe Ge­walt mich zwin­gen zu kön­nen, so wird mein Mund dich das Ge­gen­teil leh­ren. Ich will nicht Aus­kunft ge­ben!«

Jetzt war auch er auf­ge­stan­den und stand ihr ge­gen­über, um den Aus­gang aus dem Pal­men­gar­ten zu ver­sper­ren.

»Ich wer­de dich zwin­gen, und müss­te ich zum Schreck­lichs­ten mei­ne Zuf­lucht neh­men.«

»Wage es nicht, mich auch nur mit dem klei­nen Fin­ger zu be­rüh­ren! Ich rufe um Hil­fe!«

Eine Pau­se trat ein, wäh­rend wel­cher sich die bei­den be­ob­ach­tend ge­gen­über­stan­den.

Er brach zu­erst das ban­ge, er­war­ten­de Schwei­gen:

»Treu­lo­se Ver­rä­te­rin …«

Die­se Be­schimp­fung aber er­reich­te ge­ra­de das Ge­gen­teil von dem, was sie wohl hät­te er­rei­chen sol­len.

Mit ho­heits­vol­ler Ge­bär­de, die so viel Stolz und Herrsch­sucht ver­riet, blick­te das Weib auf den Mann, der es wag­te, sie zu be­schmut­zen durch die­ses häss­li­che Wort. Dann aber sag­te sie mit ei­nem so be­stimm­ten und fes­ten Tone, der kei­ne Wi­der­re­de zuließ:

»Selbst im Tode müs­sen mei­ne Lip­pen schwei­gen. Glaubst du, ein Weib kön­ne so we­nig ein Ge­ständ­nis wah­ren?«

Un­schlüs­sig stand er. Sei­ne blit­zen­den Au­gen bohr­ten sich in die sei­ner Beglei­te­rin, die sei­nem Blick ru­hig be­geg­ne­te, ohne auch nur im ge­rings­ten mit den Wim­pern zu zu­cken.

Es schi­en, als dräng­te sich in ihm al­les Ge­quäl­te und Un­ge­wis­se zu­sam­men, um in ei­nem hef­ti­gen Aus­fall sich Luft zu ma­chen. Lie­bes­lei­den­schaft, Ei­fer­sucht, Zorn und Hass zu­gleich wa­ren die Ge­füh­le, die in sei­nem er­reg­ten In­nern tob­ten.

Sei­ne Hän­de hat­ten sich ge­ballt.

»Den­noch muss ich es wis­sen!«

Ein ver­ächt­li­ches Lä­cheln, das wie Hohn klang ge­gen­über sei­ner maß­lo­sen Wut, war die ein­zi­ge Ent­geg­nung.

»Du spot­test mei­ner nicht um­sonst!« zisch­te er jetzt und sei­ne Hand griff nach ihr.

In dem­sel­ben Au­gen­blick wur­den Schrit­te hör­bar, die sich dem Pal­men­gar­ten nä­her­ten.

»Es ist nicht mein letz­tes Wort!« kam es noch has­tig von sei­nen vi­brie­ren­den Lip­pen. Dann stürz­te er dem Aus­gang zu.

Das Weib aber blieb.

Die Mu­sik­ka­pel­le spiel­te den letz­ten Wal­zer der zwei­ten Ab­tei­lung.

Die nun fol­gen­de län­ge­re Pau­se wur­de all­ge­mein be­nützt, sich von den lan­gen Tou­ren zu er­ho­len.

In Scha­ren ström­ten die Paa­re nach den Sei­ten­räum­lich­kei­ten, um dort ein Tisch­chen zu be­kom­men. Der Sil­ber­saal hat­te sich rasch ge­füllt mit Pär­chen, die mit Flier­ten und harm­lo­sem Ge­plau­der, mit Scherz­wor­ten und Ko­sen die Zeit ver­tän­del­ten, bis die Mu­sik wie­der zu ei­nem neu­en Tan­ze ein­lud.

An­de­re eil­ten die Trep­pen em­por zum ja­pa­ni­schen Sa­lon, zu den Ranglo­gen, oder zum Pal­men­gar­ten.

Das ers­te Paar, das un­ter Ge­ki­cher und Scherz­re­den die Stu­fen zum Pal­men­gar­ten nie­der­stieg, blieb plötz­lich wie an­ge­wur­zelt ste­hen und ver­stumm­te; die Nach­fol­gen­den blie­ben eben­so über­rascht ste­hen.

Am Bo­den lag das Weib mit dem blass­gel­ben Sei­den­ko­stüm und den Nar­zis­sen­blü­ten auf der Brust. Der schö­ne Leib, der an der Trep­pe lag, die in die Ni­sche mit der Fon­tä­ne führ­te, lag re­gungs­los, mit dem Ge­sicht seit­wärts ge­wandt.

»Ein Un­fall!«, rie­fen gleich­zei­tig meh­re­re Stim­men, und ei­ni­ge der Her­ren eil­ten hin­zu, um der Ve­r­un­glück­ten zu hel­fen.

Aber ent­setzt wa­ren sie alle zu­rück­ge­tau­melt.

Der Hals zeig­te auf der rech­ten Sei­te, die ge­gen den Bo­den zu­ge­kehrt war und da­her an­fäng­lich nicht ge­se­hen wer­den konn­te, eine klaf­fen­de Wun­de, aus der das Blut noch im­mer her­vor­si­cker­te.

»Ein Mord!«, schrie ei­ner der Her­ren. Und die­ses Wort eil­te wei­ter und ver­brei­te­te sich rasch, von Mund zu Mund ge­tra­gen, in al­len Räum­lich­kei­ten. Alle ström­ten her­bei.

Durch die Um­sicht ei­ni­ger ver­stän­di­ger Her­ren wur­de der Zu­tritt in den Pal­men­gar­ten ge­sperrt, bis Hil­fe und Po­li­zei ge­ru­fen war. Ein an­we­sen­der Arzt, in wei­ßer Wes­te und Frack, un­ter­such­te die am Bo­den Lie­gen­de und ver­kün­de­te dann laut den um ihn ste­hen­den Her­ren:

»Sie ist tot! Die Tat kann erst vor we­ni­gen Mi­nu­ten ge­sche­hen sein!«

Auf die­se Er­klä­rung folg­te lan­ges Schwei­gen.

Wer kann­te die Tote? Wer wuss­te den Na­men der­sel­ben?

Nie­mand wuss­te, wer sie war. Je­der aber hat­te das Weib wäh­rend der ers­ten Tän­ze be­merkt, je­dem war sie durch ihre vollen­de­te Schön­heit auf­ge­fal­len. An ih­ren Beglei­ter konn­te sich aber nie­mand er­in­nern, denn alle hat­ten nur Auf­merk­sam­keit für das schö­ne Weib ge­labt.

Un­ten im Saa­le spiel­te wie­der die Mu­sik ihre be­zau­bern­den und ver­lo­cken­den Wei­sen. Und wie­der kehr­ten die Paa­re zu­rück; was küm­mer­te sie die Tote, wenn Lust­bar­keit lock­te!

Nur vier der Her­ren wa­ren zu­rück­ge­blie­ben und er­war­te­ten das Ein­tref­fen ei­ner Amts­per­son. Kei­ner der­sel­ben wag­te zu spre­chen, nur hier und da wur­de ein Flüs­ter­ton ver­nehm­bar.

Es war ein furcht­ba­rer An­blick: die Tote mit der klaf­fen­den Hals­wun­de und den Nar­zis­sen auf der Brust. Dazu die schmie­gen­den, ko­sen­den Klän­ge der Mu­sik.

In­zwi­schen wa­ren drei Po­li­zei­be­am­te ein­ge­trof­fen, ein Kom­missar und zwei Schutz­leu­te.

Der Kom­missar nann­te den Her­ren ge­gen­über sei­nen Na­men.

»Kom­missar Sch­ar­beck!«

Der Arzt, der den Tod der Auf­ge­fun­de­nen kon­sta­tiert hat­te, stell­te sich dem Kom­missar so­fort zur Ver­fü­gung.

»Dok­tor Hal­lern, prak­ti­scher Arzt. Bit­te, Herr Kom­missar, mei­ne We­nig­keit als zu Ihren Diens­ten zu be­trach­ten.«

Dan­kend nahm der Kom­missar die­ses Aner­bie­ten an und be­fahl zu­erst ei­nem der Schutz­leu­te, den Zu­gang zum Pal­men­gar­ten zu sper­ren, das Tor mit ei­nem Vor­hang zu ver­hän­gen, da­mit von den Ver­gnü­gungs­süch­ti­gen, die alle längst wie­der den grau­en­haf­ten An­blick ver­ges­sen hat­ten, kei­ner mehr dar­an er­in­nert wer­de. Dann nahm Kom­missar Sch­ar­beck un­ter As­sis­tenz des Dok­tor Hal­lern die Lei­chen­be­sich­ti­gung vor.

Hier be­wies der Kom­missar eine schar­fe Beo­b­ach­tungs­ga­be. Sein ge­schärf­tes Auge such­te so­fort nach Spu­ren, die auf einen Tä­ter hät­ten schlie­ßen las­sen. In dem fei­nen, gel­ben San­de, der auf dem Bo­den um das Tisch­chen lag, zeig­ten sich Fuß­spu­ren.

»Ist ir­gend­ei­ner der Her­ren hier her­auf ge­tre­ten?« war sei­ne ers­te Fra­ge.

Es lag näm­lich die ei­gent­li­che Park­an­la­ge mit den Palm­sträu­chern und imi­tier­ten Kies­we­gen et­was er­höht, wäh­rend an der Sei­te ent­lang ein Par­kett­chen führ­te.

»Der ers­te der Ein­tre­ten­den war ich!«, mel­de­te sich ei­ner der Her­ren, der sich mit Warn­dorf vor­ge­stellt hat­te. »Ich habe aber nichts be­merkt, dass ei­ner die Er­hö­hung be­tre­ten hät­te.«

Mit der Um­ständ­lich­keit des er­fah­re­nen De­tek­tivs, die kei­ne Übe­rei­lung und kei­ne über­stürz­te Hast kennt, nahm Sch­ar­beck die Maße der Fuß­ab­drücke.

Nie­mand stör­te ihn hier­bei durch ein da­zwi­schen­ge­spro­che­nes Wort.

Wäh­rend sich der Kom­missar die Zah­len in das No­tiz­buch schrieb, er­klär­te er:

»Es hat­ten hier ein Herr und eine Dame eine hef­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zung.« Er bück­te sich nie­der und ver­glich den Fuß der Lei­che mit den auf­ge­zeich­ne­ten Ma­ßen. Dann setz­te er mit et­was flüs­tern­der Stim­me hin­zu: »Die Dame ist nun­mehr tot; er aber dürf­te der Mör­der sein!«

»Woraus schlie­ßen Sie, Herr Kom­missar, dass eine Aus­ein­an­der­set­zung statt­ge­fun­den hat?«, frag­te über­rascht Dok­tor Hal­lern.

Ein Lä­cheln husch­te über das Ge­sicht des De­tek­tivs, das von ei­nem schon er­grau­ten Voll­bart um­rahmt war.



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