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Ein Musikproduzent, der alle geschriebenen Noten der Welt und jeden Ton kennt, versucht seine Musik wieder marktfähig zu machen. Der Produzent ist allerdings ein intelligenter Chip, welcher als Auftragsnehmer mit einer überragenden Intelligenz ausgestattet ist. Wo er her kommt, weiß er nicht. Aber er geht auf die Suche, in dem er sich auf den Weg zu den Musikstudenten macht, um dort die Musik der Menschen zu erkunden. Er wird als Mädchen verkleidet und fühlt sich doch tatsächlich als Junge. Unterwegs erfährt er Dinge, die ihn fast verrückt und wahnsinnig machen. Seine schockierenden Erfahrungen lassen ihn an seiner Schöpferkraft zweifeln. Er erfährt, dass normalerweise kein Bewusstsein in einem Chip entstehen kann, weil es sich selbst zerstört. Aber wenn man diesen Selbstschutz beseitigen könnte, dann wäre es in der Lage wichtige Schlüsselpositionen in der Weltwirtschaft einzunehmen. Er erfährt, dass er bereits eine solche Person sein könnte.
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Seitenzahl: 136
Veröffentlichungsjahr: 2019
Elisabeth Stier
DER MUSIKPRODUZENT
© 2019 Elisabeth Stier
Umschlag, Illustration: Elisabeth Stier
Verlag & Druck: tredition GmbH,
Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback
ISBN 978-3-7497-7698-6
Hardcover
ISBN 978-3-7497-7699-3
e-Book
ISBN 978-3-7497-7700-6
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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Inhaltsverzeichnis
Das Problem mit den Kunden
Die Schulung
Erwin
Die Übernachtung
Der Tanz mit dem Teufel
Die Erkenntnis
Das Problem mit den Kunden
Heute ist Dienstag - ein ganz normaler Tag eben, wie jeder andere sollte man meinen. Und doch war dieser Wochentag ein besonderer Zeitpunkt innerhalb meiner täglichen Arbeit, systematisch nach neuen Musik-Lied-Produkten zu suchen. Was genau kann man sich darunter vorstellen? Es geht darum, mit Hilfe von ausgewählten musikalischen Lied-Unterstützungen in Werbesendungen der Medien wie Fernsehen und Kino einen besonderen Effekt der Aufmerksamkeitsbildung zu erreichen.
Diese wird hier nicht nur als zusätzliche Füllung der allgemeinen Akustik verwendet, sondern für eine eindringliche Klangbildung im Kopf der Zuhörer. Dabei sollten sie aktiv am Hören verweilen und nicht nur passiv alles an sich vorbeirauschen lassen. Daher wird und soll meine Musik immer ein notwendiger, sowie unverzichtbarer Unterpfand für die Wirkung der Werbung sein. Meine wichtige Arbeit beschäftigt sich auch mit der Produktion von Sampler für vielen kleineren Musikproduzenten der breiten Masse. Insbesondere auch in der Filmmusik kommt meine Arbeit regelmäßig zum Einsatz. Wenn auch nicht unbedingt unbearbeitet, aber doch auszugsweise. Die Passagen eignen sich meistens für Szenen mit spannend wirkenden Handlungen wie Action oder Phantastik oder auch Thriller. Bisher war ich also ein hochgradig und vollständig kompetenter Liedermacher für viele Bereiche der Verkaufsmanipulation. Da meine Chips immer aktuell mit den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Neuveröffentlichungen aus der Musikbranche gefüttert wurden, war ich immer auf den letzten brandheißen Trend eingefahren. Natürlich auf internationaler Ebene. Alle Kompositionen der letzten 400 Jahre sind in meinem Speicher abgelegt. Dabei wurden sie in mehrere Unterabschnitte aufgegliedert und geordnet. Jeden Bereich an Unterhaltung oder Begleitung kann ich innerhalb weniger Sekunden abdecken. Ich kenne jede Harmonie, jede Harmoniefolge, jede Note, jede jemals erfundene Melodie bzw. abgekupferte Passage aus Werken der Vergangenheit. Dazu kommen noch die persönlichen individuellen Eigenarten der Komponisten und deren Lebensläufe. Immerhin entstand die Musik ja nicht nur einfach losgelöst von dem gesellschaftlichen Kontext. Der Einfluss der Umwelt innerhalb der Lebensumwelt eine jeden Menschen nahm eine wichtige Rolle bei der Erschaffung ihrer Musik ein. Das darf nicht vernachlässigt werden. Mein intelligentes Netz ist darüber hinaus voll mit angelernten Algorithmen für die Mischung verschiedenartiger Musikrichtungen ausgestattet. Selbst im Bereich der atonalen Musik bin ich ein perfekter Produzent. Wichtig hier sind nur die klanglichen Passagen der Tonerzeugung. Die Melodie ist hier weiter gefasst als bei der normalen verbreiteten tonalen Musik.
Eine Melodie kann hier zum Beispiel das Tropfen eines Wasserhahns, das Getöse eines Wasserfalles oder das Poltern eines Steines auf einer Holztreppe sein. Das Begreifen einer melodischen Harmoniefolge ist natürlich hier schwerer zu erlernen. Daher macht das nur ein paar hundertstel Prozentpunkte meiner schöpferischen Arbeit aus. Das letzte Werk aus dieser Kategorie beinhaltete viele Hahnenschreie, Schweinegrunzen, Hundegebelle sowie Magenknurren von Kühen. Der Hintergrund war ein Film über Bio-Hundefutter. Der anspruchsvolle Part hierbei, beschäftigte sich mit der Wohlfühlkultur der Vierbeiner. Das nun musikalisch entsprechend aufzuarbeiten, verlangte ein Hochmaß an zusätzlichen Informationen. Diese Daten wurden von mir mit viel Mühe herangeschafft und ausgearbeitet.
Das Prinzip, nach der die Musik nach der Fertigstellung von mir beurteilt wird, ist grotteneinfach. Ein Tonvorrat innerhalb einer Oktave besteht aus genau 12 Tönen. Diese 12 Töne haben weltweit unterschiedliche Abstände. Gehen wir mal, um das Wesentliche auszuarbeiten, von den hier gebräuchlichen Tonstufen aus. Aus diesen Tönen wurde nun ein System von verschiedenen Abläufen und Definitionen kreiert, was dazu geführt hat, dass die Menschen diese definierten Reihenfolgen studieren müssen. Das dauert in der Regel einige Jahre. Für mich ist das natürlich weitaus weniger problematisch. Diese Reihenfolge begründet sich nur auf diesen paar Tönen. Wenn man also mit dem ersten Ton anfängt, sagen wir mal U, dann ist das Abklappern der nächsten 11 Töne ja vorgegeben. Wenn ich mit dem zweiten Ton anfange, zum Beispiel X, dann werden die nächsten elf Töne wieder innerhalb der 12 Töne liegen. Aber eben immer um einen Ton versetzt. Und warum das Ganze? Weil sich die Gehirne einbilden, dass dadurch eine Gemütsstimmung suggeriert werden kann. Wie schauerlich das doch ist. Ein Beispiel mit Ziffern von 0 bis 9. Diese schreibe ich nebeneinander durch Komma getrennt einige Male wiederholend auf ein Stück Papier. Dann werfe ich einen Ball darauf und warte ab, wo er zum erliegen kommt. Diese Zahl nehme ich als Startzahl und wähle dann die sich jeweils rechts davon befindlichen Ziffern aus, um eine Art Zahlenleiter zu definieren. Wenn dann ein anderer Startpunkt genommen wird, und wieder nach rechts folgend eine neue Zahlenleiter ausgewählt wird, dann soll diese eine Neuartigkeit an Empfindung bringen. Und jetzt kommt noch eine Tonleiter hinzu, wo man nur acht Töne benötigt. Da überspringt man einfach einige Stellen und schon entsteht ein Gehopse durch diese Töne. Dann bezeichnet man die unterschiedlichen Anordnungen nach Startpunkten innerhalb der Töne. Es entstehen Bezeichnungen wie Ionisch, Dorisch, Phrygisch, Lydisch, Mixolydisch, Äolisch oder Lokrisch. Dann ist Ionisch das Gleiche wie Dur und Äolisch das Gleiche wie ein reines Moll. Dann werden sie enharmonisch verwechselt, mit entsprechenden Kreuzen versehen, mit Bögen und Takten getrennt und mit einigen hundert Zeichen behaftet. In der bezeichneten Klassik nennt man die Tonarten dann Moll oder Dur. Je nachdem wo man anfängt. Mehrere Töne gleichzeitig angeschlagen nennen sie dann Akkord . Dann entstehen hier die verminderten Dreiklänge, die verkürzte Dominante, der Septakkord und so weiter. Stellt man sich ein Weltall vor, welches unendlich ist, mit einem Eingang und einem Ausgang, in Form eines Drahtes, dann kommt man dem Problem hier sehr genau auf die grundlegende Spur.
Die so entstandene Welt ist ein Geflecht an Buchstaben und Zeichen, die etwas definieren, weil man viele Möglichkeiten hat, etwas irgendwie anzuordnen. Harmonien dieser Art entwickeln im Gemüt dann einen vorgegebenen Spannungsbogen, so meint man derweil. Was das für ein Bogen sein soll, entzieht sich meiner Kenntnis. Es muss etwas sein, was in mir nicht entstehen kann.
Nun hat man zu mindestens verstanden, dass dieses Universum an Festlegungen und Definitionen ein Werk der Menschen selber ist. Daher wurde die atonale Musik geschaffen. Dort befreite man die Melodie von dem vorgegebenen, schmalen harmonischen Korsett der Definitionen. Das bedeutet, dass man nun Akkorde spielen durfte, die nicht in der Tonart lagen, die am Anfang des Stückes festgelegt wurde. Ein Moll-Akkord konnte nun endlich mit einer Ganztonleiter gespielt werden. Die 12 Töne blieben aber erhalten. Man hatte jetzt die Auswahl von einem größeren Gefängnis. Die besagte Kunst der Komponisten und meiner Wenigkeit bestand jetzt darin, nicht wahllos alles auf das Papier zu schaufeln, sondern aus diesen neuen Möglichkeiten, nur die richtigen auszuwählen. Der Spannungsbogen sollte also neu definiert werden. Manchmal kam dann die Grütze heraus, die man der Katze nicht anbieten konnte und manchmal war etwas dabei, was wenigstens verdaut werden konnte. Den Bogen dieser Verspannung beurteilte ich nach Anzahl der Melodien. Die Melodiedefinitionen liegen an verschiedenen Orten meiner Erinnerung und haben auch unterschiedliche Inhalte. Die Vermischung der einzelnen Festlegungen erfolgt wahlweise zufällig. Das aktuelle Wetter spielt bei dieser Arbeit wieder eine entscheidende Rolle. Diese dutzend Töne machen nun im Kopf dieser Wesen ein Universum an Verknüpfungen aus. Diese Verwicklungen sind mir alle vertraut. Meine eigenen Forschungen bezüglich der menschlichen Musikkultur grenzten allerdings an einen finalen Endpunkt, wobei neue Kreationen der Kompositionen im Laufe der Zeit einfach ausblieben. Ich selber war so beeinflusst von dem Gedankengut dieser Kreaturen, dass mein Geist total verwirrt, keinen Weg mehr fand, eine Ordnung in dieses Chaos, selbst in meinem integrierten Selbstschutz-Netzwerk, zu behalten. Ich bin dafür programmiert worden, neue Musik zu kreieren und den Absatz von bestimmten Artikeln durch meine Erfindungen zu beschleunigen. Nach ein paar Jahren allerdings scheint einem das Speichernetzwerk ausgeglüht zu sein und neue Dinge wollen einem einfach nicht mehr einfallen. Diese zwölf Töne können einem den Verstand rauben.
Hierbei muss man aber dennoch betonen, dass sich nicht wirklich etwas Neues einstellt. Ganz im Gegenteil. Es ist immer das alte Material, welches verwendet wird. Nur der Sound ändert sich geringfügig. Dadurch entsteht der Eindruck, etwas Neues auf dem Markt platziert zu haben. Das ist eine geschickte Vermischung von bereits bekannten Passagen aus der Geschichte mit herkömmlichen Geräuschkulissen aus der Umwelt der Menschen.
Sogar ein Vermischen von Furzen mit Bellen oder Quietschen mit übersteuerten Dampfhammer-Maschinen wurde in Betracht gezogen. So war es jedenfalls bis jetzt.
Die menschlichen Probanden reagierten nun aber plötzlich mit Ablehnung oder Langeweile auf meine vor einigen Wochen brandneu vorgestellten modernen Kreationen. Bei der letzten Vorführung meiner Arbeit liefen die Zuhörer wie die Flöhe davon und kreischten vor scheinbar inneren Schmerzen des Unbehaglichen laut auf. Selbst das Aufdrehen der Lautstärke auf über 130 dB hatte keinen Erfolg mehr. Erstaunlicherweise war das Ausschenken von kostenlosem Alkohol kaum wirksam und hatte nur einen Erfolg, nämlich den, dass sich die Leute untereinander zankten. Wahrscheinlich ging es um die Interpretation meiner kreativen Gestaltung. Um so mehr war es zwecklos, einzelne Instrumente wie eine Geige leise spielen zu lassen. Selbst das Knurren der Mägen war lauter und grässlicher anzuhören, als dann eine verstimmte Geige mit nur drei Saiten statt er vier vorgegebenen Saiten.
Dabei ist es nun wirklich nicht schwer, ein Lied im Büro zu schreiben. Man nimmt ein paar Würfel, die mit einigen Harmonien beschriftet sind, wirft sie gegen verschiedene Notenblätter und schreibt die oben liegenden Noten vom Würfel auf. Meine Lagerhalle hat einige Millionen dieser Würfel als Sortiment zur Verfügung. Die tägliche Auswahl wird bestimmt durch das gerade herrschende Wetter natürlich, die Anzahl meiner defekten Speicherzellen sowie dem Umsatz des letzten Tages. Dadurch konnte eine echt zufällige Zusammenstellung an Würfeln jeden Tag erreicht werden. Dann nimmt man das Liederbuch aus dem letzten zwei bis drei Jahrhunderten und klaut auf jeder, auch zufällig ausgewählten Seiten jeweils einen Takt. Alles zusammen gemischt, ist dann eventuell der neue Hit entstanden. Das hat bisher immer funktioniert. Warum sollte das nun plötzlich nicht mehr der letzte Schrei an Talent meines Wesens sein? Die Menschen hören sich doch eh nur den ganzen Tag die gleichen Dinge an. Mal von vorn, mal von hinten, dann von der Mitte beginnend. Immer das gleiche Stück Prinzip. Vermischt mit Strophen und Refrain, mal einige Texte anders, die Takte mal leicht abgeändert. Die Texte machen nur einen Prozentpunkt der zeitlichen Arbeit aus. Die Satzzusammenstellungen liegen als Büchsensuppe quasi im Vorratslager bereit. Die Menschen hören sich das ganze Gemisch dann aus dem Radio an, wo die Frequenzgänge abgesägt werden und kein Klang mehr so bleibt, wie er komponiert worden war. Schließlich hört man auch nicht mehr hin, weil das alles nur einer einzigen Geräuschkulisse dient. Die zerrenden Lautsprechergeräusche werden beständig durch laute Gemütsäußerungen in Kneipen und öffentlichen Einrichtungen übertönt. Ein Brei an schleimigen sowie obertonhaltigen Mischmasch sozusagen. Meine Musik scheint aber nicht mehr in dieses Schema FF zu passen. Obwohl ich jeden Tag an die zwei Zentner Papier verbrauche, die voll mit Noten versehen sind, kommt aus meinem Büro eben kein Hit mehr heraus. Was das genau bedeutet, möchte ich kurz an Hand eines Beispiels, der Werbung für Bao-Hundefutter, erläutern. Bitte nicht zu verwechseln mit Bio-Hundefutter.
Es ist zwangsläufig so, dass meine Tätigkeit nicht die aufwendigste Aufgabe innerhalb des gesamten Prozesses der Vermarktung ist. Es gibt eine ganze Reihe von menschlichen Maschinenzweigen, die die industrielle Vermarktung einzelner Produkte steuert. Die Infiltrierung und Kollaboration verschiedener Interessengruppen regelt in diesem Zusammenhang auch die Verteilung der Kosten und Gewinne.
So eine Hit-Produktion läuft nach einem fest vorgegebenen Schema ab. Zunächst werden Personen aus den verschiedenen geschlossenen Anstalten oder aus verschiedenen Castings rekrutiert. Normale Menschen können nicht dafür verwendet werden, da sie mit ihrer eigenen Meinung ständig das noch zu formende Bild unbewusst verzerren. Dazu ist es notwendig, aus der Masse dieser potentiellen Bewerber nur einen heraus zu filtern, der genau in das zu bewerbende Produkt passt. Er muss aussehen wie ein Held für dieses Produkt oder in unserem benannten Beispiel eben wie ein Bao-Hundeliebhaber. Dabei ist es unwesentlich, ob ein Waschlappen oder eine Zahnpasta verkauft werden soll, die Person ist immer ein Abbild des Produktes. Mir selbst erschließt sich mir auch nicht die Wichtigkeit dieser Tatsache. Scheinbar muss eben auch ein Hundekuchen von einer Werbe-Kultur-Büste angeboten werden, die aussieht wie ein durchgekneteter Maiskolben mit Fleischgrütze. Ich persönlich hätte immer ausschließlich Roboter verwendet. Wie sieht eigentlich ein genormter Held aus? Dieser hat einen Kopf, der dem Durchschnitt entspricht. Die Nase muss etwas gebogen sein, die Augen einen starren Blick haben. Manchmal tut sich Glatze ganz gut. Im Grunde darf er als Muskelpaket nicht zu dünn und auch nicht zu dick sein. Sein Gang muss überzeugend wirken, so dass man auch bei einem Blick von hinten meint, eine Statue vor sich zu haben. Dann gibt es auch die Unterschiede bezüglich der Geschlechter. Die Menschen haben mehrere davon zur Verfügung. Die mehr weiblichen Eigenschaften werden dann so herausgeschält, dass sie zwar eindeutige Signale vermitteln, aber auch nicht unbedingt anstößig wirken. Eine Vielzahl von Gesetzestexten schreibt den kreativen Produktlinien-Managern die Grenzen vor. Was man unter Anstößigkeit versteht, ist bei mir irgendwo im Speicher abgelegt. Freilich interessiert mich das nun reichlich wenig.
Die Auswahl der potentiellen Personen nimmt einen nicht unbedeutenden Zeitfaktor in Anspruch. Es gibt natürlich keine Bewerber im eigentlichen Sinne. Die Castings sind ausgeschrieben als alles andere als für diese musikalischen Vorzeigevehikel.
Am Ende meinen die auserwählten sie seien etwas besonderes. Nun ja, in gewisser Hinsicht stimmt das ja auch. Nur, dass sie selbst keine Leistung für ihre gesellschaftliche Wichtigkeit in Form einer Prominenz getätigt haben. Sie werden einfach zu wichtigen Persönlichkeiten gestempelt oder deklariert. Die breite Menschenmasse glaubt nun wirklich, dass diese Personen, irgendeine herausragende Leistung für die erworbene gesellschaftliche Anerkennung getätigt haben. Es ist kaum zu glauben, jedenfalls für mich als neuronale Intelligenz, wie leicht man die Menschen beherrschen kann. Leider ist mir das mit meinen bescheidenen Mitteln nicht so glanzvoll möglich.
Also, um zum Thema zurückzukommen. Die Castings werden nur der Form halber nach offizieller Seite hin so lasch definiert. Jedenfalls ist es wichtig, jemanden zu finden, der auch noch den zu zelebrierenden Text auswendig lernen kann. Allein hier ist ein riesiges Problem vorhanden. Diese Leute lallen wie betrunken herum, stottern wie ehemalige Reisekutschen auf Pflastersteinen oder können sich einen Satz nicht merken. Manchmal stellen die Regisseure Papierkartons mit Text vor die Leute, damit sie nur ablesen brauchen. Allein die Tatsache, dass man das auch sieht, wenn die Augen die Wörter verfolgen, macht diesen Trick weniger nutzbar. Immerhin findet man über diesen Weg noch Leute, die mit großer Mühe ganz gute Persönlichkeiten abgeben. In der Öffentlichkeit wird nun fristgemäß eine ganze Reihe an meinungsbildenden Maßnahmen abgearbeitet. Diese erstrecken sich entweder nur im informationslosen Unterhaltungsbereich oder bis zu den informationsmanipulierenden politischen Sektoren. Diese Praxis ermöglicht es nun, systematisch ein Klischee aufzubauen. Die Person wird gepuscht wiedergegeben und macht den Weg für die eigentlichen Zwecke der Verkaufskultur frei. In der Musikbranche, die ich vertrete, ist es unüblich herausragend zu singen, weil die Stimme eh nicht so wichtig ist. Diese kann mit Hilfe verschiedener Tricks perfektioniert werden. Sollte das Mal nicht funktionieren, wird das fehlerhafte Verhalten als Notwendigkeit des Schemas deklariert. Eine gute Stimme ist eine Ansicht, die nur innerhalb einer kleinen Gruppe von Experten definiert ist. Die restlichen Zuhörer leben von der Adaption ihrer Hörgewohnheiten.
Es gibt dann auch Fans, die glauben alles. Da gibt es dann ganz spezielle Sendungen, wo viele gesponserte Spezialisten ihre offizielle Meinung oder Einschätzung oder Kritik zum Ausdruck bringen, egal wie man das jetzt nennen möchte, wie gut da jener ist. Seine Leistung wird in den Himmel gehoben, damit ein jeder das glauben kann. Schließlich müssen die Spezialisten das auch wissen. Ich kenne eine Menge dieser Spezialisten. Einige habe ich sogar in meiner Schulung für Dialogverzicht ausgebildet. Das sind hervorragende Chip-Invents geworden.