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Als die Autorin eine Freundin in Kalifornien besucht, um für ein neues Buch zu recherchieren, hat sie zunächst keine genaue Vorstellung, was sie dort erwartet. Schnell wird sie jedoch von der faszinierenden Schönheit und Wildheit dieses Landes und seiner Bewohner in den Bann gezogen. Immer tiefer dringt sie ein in die Geschichte der Rancherfamilie McCullough, die in den Weiten der Prärie die Coyote Canyon Ranch bewirtschaftet. Die Vergangenheit holt die Familie immer wieder ein, sie bestimmt ihr Handeln bis in die Gegenwart. Das Leben ist geprägt vom dominanten Vater und dem frühen Verlust der Mutter, von der unerschütterlichen Liebe zu dem eroberten Land und der Leidenschaft für Pferde. Für jedes der vier Geschwister wird diese Verbundenheit zu ihrem Glück, Schicksal und Fluch zugleich. Die Autorin findet sich zwischen den Welten der Vergangenheit und der Gegenwart, in der sie sich mit den beiden jüngsten Nachkommen der McCulloughs verstrickt, bis hin zu dem Punkt, an dem sie selbst nicht weiß, wohin ihr eigener Weg sie in Zukunft führen wird.
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Seitenzahl: 621
Veröffentlichungsjahr: 2021
Der Ruf des Kojoten
Texte: © Copyright by Regan Holdridge, 2004
Herausgeber:
Regina Honold
Alpenstr. 24a
87760 Lachen
In liebevoller Erinnerung an einen schwarzhaarigen Cowboy,
der geradewegs durch mein zartes, zehnjähriges Herz geritten kam,
um mir Werte wie Freundschaft, Respekt, Loyalität
und die Bedeutung von Träumen zu vermitteln.
Ohne ihn würde ich heute nicht hier sitzen,
um eine Geschichte zu schreiben,
denn einen Teil meines Herzens
hat er damals behalten.
Dieses Buch ist für ihn.
Prolog
Cast your eyes to the ranch house,
Cast your eyes to the prairie,
when a coyote is howling,
please, remember thee!
Richte deinen Blick auf das Ranchhaus, richte deinen Blick auf die Prärie, wenn ein Kojote heult, bitte, erinnert euch – Auszug aus dem Gedicht eines unbekannten Verfassers aus dem 19. Jahrhundert.
Er streckte die Hand aus und berührte den braunen, abgegriffenen Lederumschlag – ein Familienerbstück, so alt wie diese Ranch, begonnen im Jahr 1861, an dem Tag, an dem Hiram McCullough die Pfosten in den Boden gerammt hatte, um damit seinen Claim, seine Parzelle, abzustecken und das Land für sich zu beanspruchen. Er hatte eine gute Wahl getroffen – der Boden war saftig und fruchtbar und im Laufe der Jahre und Generationen hatte sich die Ranch vergrößert, war gewachsen und vom Vater dem Sohn übergeben worden – beinahe, wie es bei ihnen sein würde, wenn er eines Tages fortgegangen war, jedoch, nur beinahe.
Seine blauen Augen wanderten zu dem großen, verblichenen Schwarzweißfoto auf dem Kaminsims – es stand schon seit Ewigkeiten dort, so lange, dass er sich nicht mehr an die Zahl der Jahre erinnern konnte. Er wusste, dass auf der Rückseite ein Datum notiert war, der Tag der Aufnahme, viele Jahrzehnte, lange vor diesem heutigen Tag. Damals, als er noch jung gewesen war und vor Energie und Kraft gestrotzt hatte.
Bedacht schlugen seine Hände das Album auf. Die Seiten waren verblichen, zerknittert vom unzähligen Blättern und Anschauen, Ergänzen und Hinzufügen von Daten und Namen, die in ihrer Familienchronik eine Rolle gespielt hatten. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Fast glaubte er, die Stimme seiner Schwester zu hören, die jetzt sagen würde: „Schau nicht zurück auf das, was vorbei ist! Wir sind nie eine richtige Familie gewesen und ich...ich habe auch nicht gerade meinen Teil dazu beigetragen, dass wir es werden. Also, schau nach vorn und lass das Vergangene hinter dir!“
‚Genauso wenig habe ich dazu beigetragen‘, sagte eine Stimme in ihm und er schlug die nächste Seite um. Seine blauen Augen flogen über die Zahlen hinweg, die Namen, die Stammbäume – bis zum heutigen Tag, penibel notiert und für die Nachwelt hinterlassen – dort stand sein Name, die seiner Geschwister und darüber...er schluckte, die Sicht verschwamm unter den Tränen, die ihm in die Augen schossen und er konnte nicht verhindern, dass eine davon auf seinen Handrücken hinabtropfte.
Durch das offene Fenster des Arbeitszimmers drang der starke, durchdringende Geruch der braunen Farbe herein, die er zwei Tage zuvor an die Außenfassade gestrichen hatte. Hämmern erklang von irgendwoher und laute, vertraute Männerstimmen – sie schienen sich uneinig über etwas zu sein.
Er richtete sich auf und trat ans Fenster, vor dem der zartgelbe Rosenstrauch blühte. Sein Blick wanderte hinauf zu dem kleinen Wäldchen am oberen Rand des Hügels, wo er unter den ausladenden Zweigen der über hundertjährigen Fichten und Pinien die Gräber seiner Familie wusste. Auch sie existierten bereits seit einem Jahrhundert und mehr und jetzt, da er hinüberschaute und sich ihre Existenz ins Bewusstsein zurückrief, überkam ihn die Wucht der Wahrheit: Alles hatte seinen Anfang und sein Ende, seinen Sinn und seine Berechnung. Es gab ein Morgen und ein Übermorgen, von dem niemand wusste, was darin geschehen würde, welch unerwartete Vorfälle ihn übermannten und erdrückten. Nur vom Gestern konnte er sagen, ob es richtig oder falsch, schön oder hässlich gewesen war und daraus schöpfte er seinen Mut. Das Gestern, das schon Jahre zurücklag und doch immerfort in ihm allgegenwärtig war. Diese Unrast, die in ihm brannte, genau wie in seinen Vorfahren, die kam und ging, jedoch nie völlig versiegte. Sie war da und sie war sein Erbe, das er an die beiden jungen Männer weitergeben konnte. Dieses Verlangen und Streben nach Neuem und Schönem, es ließ ihn nicht zur Ruhe kommen, würde es niemals und eines Tages würde er draußen auf der Veranda sitzen und ihnen davon erzählen...
Als ich die Ranch zum ersten Mal betrat, brannte die Sonne Kaliforniens heiß und unerbittlich auf uns herab.
„Wenn du Recherchen betreiben möchtest, wie es auf einer richtigen Ranch zugeht, dann bist du hier genau richtig“, hatte meine Freundin Myrtle mir erklärt, nachdem ich sie Zuhause, in San Francisco von Deutsschland aus angerufen hatte. „Sie führen die Ranch in der ich weiß nicht wievielten Generation und wenn die dir nichts erklären und zeigen können, dann fällt mir auch niemand ein!“
Für mein neues Buch wollte ich vorher unbedingt eine Weile auf einer Ranch mitarbeiten – gar nicht so einfach, wie sich herausstellte. Von Europa aus hatte ich versucht, jemanden ausfindig zu machen, der mir eine Möglichkeit bot, hautnah dabei zu sein. Ich wollte die Realität kennenlernen, nicht die romantische Vorstellung, die sich durch zu viele Stunden vor dem Fernsehgerät meiner Großeltern eingebrannt hatte. Die erste Ernüchterung folgte auf dem Fuß, als ich – abgesehen von herkömmlichen Touristenranches – niemanden auftreiben konnte, der bereit war, eine ahnungslose Deutsche bei sich aufzunehmen und ihr die Grundlagen des Rancherdaseins zu offenbaren. Ich wollte jedoch nicht irgendwo auf eine Ferienanlage, wo unzählige Leute umherrannten, die tatsächlich vorher noch niemals ein Pferd gesehen hatten. Ich konnte reiten und das nicht einmal ganz schlecht, ich war auf dem Land groß geworden, besaß landwirtschaftliche Grundkenntnisse und sah mich durchaus in der Lage, bei entsprechend harter Arbeit zuzupacken. Doch erst der Anruf bei meiner Freundin Myrtle brachte die Lösung.
„Ich bin beruflich doch sowieso ständig mit irgendwelchen Cowboys unterwegs! Warum fragst du eigentlich nicht gleich?“
Ein wenig kleinlaut musste ich zugeben, dass ich zunächst gar nicht auf den Gedanken gekommen war. So setzte ich mich also eines sonnigen Frühsommertages in den Flieger mit dem Endziel San Francisco und freute mich auf hoffentlich äußerst erlebnisreiche drei Monate irgendwo im Nichts der dortigen Wildnis. Der Flug selbst gestaltete sich als Herausforderung, da ich nicht an Reisetabletten gedacht hatte und nach vierzehn Stunden Dauerübelkeit meine Gedärme kräftig zu rebellieren begannen. Mit zittrigen Knien und einem brennenden Gefühl oberhalb des Bauchnabels verließ ich die Gepäckabfertigung, selten so glücklich, wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren.
Myrtle holte mich vom Flughafen ab. Wir verbrachten zuerst noch einige Tage bei ihr in San Francisco, wo sie mir jeden Tag andere Sehenswürdigkeiten und Museen zeigte. Wir besuchten eine Vorstellung in einem alten Kino aus den 50er Jahren, die nur Streifen aus der goldenen Nachkriegsära zeigten. An diesem Abend ritten die glorreichen Sieben in Übergröße an uns vorbei – was für ein Unterschied zu dem kleinen Fernsehbildschirm Zuhause! Horst Buchholz, mein Landsmann, damals noch jung und schön, neben dem nicht minder attraktiven, glatzköpfigen Yul Brynner. Mir wäre die Entscheidung zwischen den beiden schwergefallen.
Schließlich kam der Tag, an dem ich von Myrtles Haus auf die Ranch ziehen sollte. Ich hatte in der Nacht zuvor kaum schlafen können und ständig verfolgte mich das Gefühl, irgendetwas in Deutschland vergessen zu haben, was ich nun dringend brauchen würde. Mein dickes, noch fast leeres Notizbuch und mehrere Kugelschreiber lagen bereit. Die ersten Seiten hatte ich mit allerlei Informationen aus dem Wells-Fargo-Museum bekritzelt. Nun wollte ich auch noch auf einer Postkutsche mitfahren, was bei Myrtle lediglich Kopfschütteln auslöste.
„Davon kann ich dir keine besorgen. Die fahren nicht mehr und die paar wenigen, die noch irgendwo herumgeistern, sind maximal im Schritt unterwegs für die Touristen, aus Sicherheitsgründen.“
„Mist! Ich wollte unbedingt einmal wissen, wie das ist, wenn man da oben im Galopp mitfährt.“
Myrtle starrte mich einen Moment an, als hielte sie mich für verrückt.
„Damit du dir den Hals brechen kannst? Nein, nein! Ich werde dafür sorgen, dass du heil und gesund nach deinem Abenteuer da draußen wieder zurückfliegen kannst! Deine Familie köpft mich sonst!“
„Ach, Unsinn! Die kennen mich! Die würden dir nie die Schuld dafür geben, wenn ich von einer Postkutsche falle!“
„Dann kann ich mich ja mal erkundigen...“
Ich schlurfte meinen Kaffee, während meine Freundin vier Toastscheiben im Toaster versenkte.
„Ich sollte dich vielleicht lieber gleich vorwarnen...“
„Wozu? Ich kann mich im Sattel halten, auch auf verrückten Pferden. Ich habe weder Angst vor Rindviechern, noch vor Grizzlybären oder Pumas, auch nicht vor Spinnen, Mäusen oder anderem Viechzeug. Und schießen lernen wollte ich schon lange!“
„Davon bin ich ausgegangen. Nein, das ist nicht der Punkt. Es geht um einen der Juniorrancher dort.“
„Was ist mit ihm?“
„Nun ja, du musst wissen, er ist einer der begehrtesten Junggesellen weit und breit. Alle Frauen in der Gegend sind hinter ihm her!“
Ich prustete in meinen Kaffee und verschüttete dabei die Hälfte über den ganzen Tisch. „Du willst mich nicht ernsthaft wegen eines Mannes warnen?!“
Myrtle fummelte an ihrer zerknüllten Serviette und tunkte damit den verschütteten Kaffee auf. „Nur zu deiner Sicherheit! Du bist ja bloß ein paar Monate hier und ich will nicht, dass du in irgendetwas hineingerätst...“
Ich beugte mich ein wenig nach vorn, näher zu meiner Freundin, die sich eifrig bemühte, den Toaster zu bedienen. „Glaub mir, nach dem, was ich mit Männern hinter mir habe, werde ich ganz sicher kein weiteres Mal so dumm sein!“
„Ja, ich weiß. Ist die Scheidung schon durch?“
„Bedauerlicherweise nein.“ Ich schenkte mir neuen Kaffee ein. „Jedenfalls habe ich nach diesem Desaster verstanden, dass man als Frau nur alleine durchs Leben kommt, garantiert nicht mit einem Klotz wie einem untreuen Mann am Bein.“
„Na, es gibt ja auch Klötze, die nicht nur dein Geld ausgeben und dich als Sklaven halten wollen...“
„Vielleicht, aber ein zweites Mal werde ich das Risiko trotzdem nicht eingehen, wieder an eine solche Pfeife zu geraten.“ Ich schnaufte zornig, in Erinnerung an meine Ehe – die bislang einzige Entscheidung, die ich in meinem Leben bereute und das ziemlich bitter. „Von daher ist es mir gerade recht, wenn dieser Rancher so ein Frauenschwarm ist. Damit kommt er noch nicht einmal in den Dunstkreis der näheren Auswahl!“
Die endlose Straße schlängelte sich über flaches Land und sanfte Hügel, an Wäldern vorbei und über die Brücke eines schmalen Flusses. Ein Stück danach bog Myrtle rechts in einen ungeteerten Weg ab, der uns noch einmal über weite Wiesen brachte, bevor er nach einem Wäldchen scharf rechts abbog. Wenige Meter entfernt erhob sich ein niedriges, langes Holzgebäude. Dahinter stand ein weiteres, jedoch wesentlich größeres und im rechten Winkel dazu befand sich eines, das offensichtlich das Wohngebäude sein musste. Zu dessen linker Hand entdeckte ich eine schmale, einstöckige Holzhütte, die wie ein zu groß geratenes Gartenhaus wirkte und zu dessen Eingangstür jetzt ein junger Mann heraustrat. Ich rutschte schon seit einigen Meilen ungeduldig auf dem Beifahrersitz hin und her.
„Ah“, machte Myrtle und lächelte. „Als hätte er uns kommen hören!“
Ich ließ meinen Blick über die Gebäude gleiten. Sie waren von dunkler, abgewaschener Farbe, genau wie ich es mir immer ausgemalt hatte. Ich seufzte zufrieden. Es kam mir überhaupt nicht vor, als würde ich einen fremden Ort betreten. Etwas Vertrautes umgab das Gelände, als wäre ich schon einmal hier gewesen.
Myrtle parkte ihren Wagen neben dem Ranchhaus und gab mir einen Wink, während sie selbst bereits die Türe aufstieß.
„Randy!“ Ihre Stimme hallte über den Hof.
„Grüß dich, Myrtle!“ Er schlenderte auf seinen schlanken Beinen und der dazugehörigen, schlaksigen Figur zu uns herüber, die Hände in den Hosentaschen seiner schmutzigen Bluejeans vergraben und lachte. Er mochte höchstens Anfang zwanzig sein. Sein halblang geschnittenes Haar war von undefinierbarer Farbe, von haselnussbraun über dunkelbraun mit hellen Strähnen, alles ineinander gemischt.
Höflich erlaubte er meiner Freundin, uns miteinander bekanntzumachen und ratterte in kaum verständlichem Cowboy-Kauderwelsch einen Begrüßungsspruch herunter. Dabei hatte ich Zuhause noch alle Westernserien extra im Original auf Englisch geschaut, um auch gut gewappnet zu sein! Ich verstand kein Wort.
„Du musst ein bisschen Geduld mit ihr haben“, erklärte Myrtle und lachte. „Sie tut sich noch ein bisschen schwer mit unserer Sprache.“
„Oh, tut mir leid!“ Der junge Mann schaute ein wenig ratlos und nach einem kurzen Moment des Schweigens deutete er hinter sich, auf das Wohnhaus. „Es ist leider keiner da. Tante und Onkel sind beide in die Stadt zum Einkäufe erledigen und mein Bruder ist draußen, bei den Rinderherden.“
„Pech gehabt, aber macht ja nichts! Ich kann ihr doch trotzdem gleich alles zeigen?“
„Klar! Du kennst dich ja aus!“ Randy lachte wieder, von einem Ohr zum anderen, wobei er eine Reihe gerader, weißer Zähne zeigte. „Ihr müsst bloß ohne mich auskommen. Ein paar der Schulpferde brauchen neue Eisen und um fünf muss ich Reitstunden geben.“
„Natürlich! Wir wollen dich keinesfalls von der Arbeit abhalten!“
Der junge Rancher entfernte sich, eine Melodie pfeifend, in Richtung der großen, braunen Scheune, deren doppelflügliges Tor weit offenstand und den Blick in ein sauberes, aufgeräumtes Inneres freigab. Meine Augen wanderten umher. Die Welt hier schien auf eigentümliche Weise stehengeblieben zu sein. Nichts erinnerte an den Lärm und die Hektik von San Francisco mit all seinen vielen Menschen. Das hier war anders, völlig verschieden von dem, was ich jemals zuvor erlebt hatte. Erinnerungen drängten sich in mein Gedächtnis: Bilder von einem kleinen Mädchen, das in der Stube des alten Bauernhauses zusammen mit ihrem Großvater auf einem durchgesessenen Sofa hockte. Es roch nach vielen Jahren Geschichte in sämtlichen Räumen des alten Gemäuers, dessen Ställe längst leerstanden und in denen sich Gerümpel, Brennholz und diverse Werkzeuge sammelten. Das Klappern von Omas 50er-Jahre-Nachkriegsgeschirr drang durch den Flur bis in die Stube, wo soeben der magische Knopf von Opas starkem Daumen gedrückt wurde. Das Bild des altertümlichen, mächtigen Fernsehgeräts, das andere Leute längst auf den Sperrmüll geworfen hätten, flackerte und ab und an – wenn nur der Ton zu hören war – brauchte es einen herzhaften Schlag auf das Gehäuse, damit auch ein Bild erschien.
Und dann saßen wir dort, häufig zusammen mit meiner Schwester und warteten darauf, bis die Männer mit ihren breitkrempigen Hüten auf ihren stolzen Pferden über die Prärien des Wilden Westens galoppierten. Von der Broken Wheel Ranch, wo der wilde, schwarze Hengst Fury mit seinem kleinen Besitzer Joey spannende Abenteuer erlebte, hinüber auf die Shiloh Ranch, wo der Virginian und Trampas sich mit Viehdieben herumschlugen und von dort wiederum zum Fuß der blauen Berge, um Slim Sherman und Jess Harper Gesellschaft zu leisten, wenn wieder einmal eine Postkutsche in Schwierigkeiten steckte. Wenn wir gemeinsam darauf warteten, dass endlich die Landkarte entflammte und vier Cartwrights herausgeritten kamen, John Wayne seine Fäuste sprechen ließ oder Winnetou an der Seite seines Blutsbruders für die Gerechtigkeit und das rote Volk kämpfte, dann waren dies die schönsten Erinnerungen an meine Kindheit. Und immer, immer hörte ich dazu Opas tiefe, unverkennbare Stimme: „Jetzt komm, Mädel, mach’ mal lauter!“ Auf der Fernbedienung gingen nämlich die Knöpfe für die Lautsprecher nicht mehr, sodass jemand direkt am Fernseher drücken musste und dieser jemand waren immer wir.
All das zog in diesen Sekunden an meinem geistigen Auge vorbei und ich verspürte das große Verlangen, hier und auf der Stelle weinen zu können, Tränen zu vergießen um die glückliche, sorgenfreie Kindheit, die längst vorüber war und nie zurückkommen sollte. Um die vielen Verwandten, die ich im Laufe der Jahre verloren hatte und mit ihnen all die schönen Erinnerungen an Familientreffen und die unvergesslichen Stunden auf dem Speicher des alten Hofs. Nie wieder war ich danach so glücklich gewesen, wie in diesen Tagen. Vielleicht war auch das der Grund, weshalb die Liebe zum Western, die Leidenschaft für die Pferde und das Reiten und die Sehnsucht nach unendlicher Freiheit bis zu diesem Tage tief in meinem Herzen verwurzelt blieben.
Wenn ich heute eines der Fotoalben aufschlage, muss ich mit Erschrecken feststellen, wieviele der dort abgelichteten Menschen nicht mehr unter uns sind. Hätte ich einen einzigen Wunsch frei gehabt, ich wäre noch einmal zurückgekehrt – zu den Sommern im hohen Gras, zwischen Ameisen, Sperlingen und dicken, summenden Hummeln. Hätte mir noch einmal gewünscht, den Geruch von Opas Pfeife vom lauen Sommerwind zugeweht zu bekommen, wenn er in seinem Bienenhaus saß und damit seine Honigbringenden Insekten einräucherte, um sie daran zu hindern, ihn zu stechen. Sie taten es trotzdem jedesmal... Ich wollte ihn noch einmal schimpfen, seine dröhnende, donnernde Stimme hören, den großen, kräftigen Körper auf der Bank vor dem Kamin in der Stube sitzen sehen, bei seinem abendlichen Bier. Ihn, der für mich immer wie ein Bruder von John Wayne gewesen war, physisch, wie auch in vielen seiner Charakterzüge. Mein Held, mein Beschützer, der wohl wichtigste Mann meiner Kindheit.
„Gefällt’s dir hier?“
Myrtles Stimme riss mich abrupt und brutal aus den Träumereien, die mich die Realität völlig hatten vergessen lassen. „Ja“, hörte ich mich auf Deutsch erwidern und lächelte. „Es ist wirklich schön hier. Genauso, wie ich es mir vorgestellt habe.“
„Komm, ich führ’ dich herum! Du hast ja keine Ahnung von einer Ranch!“
Ich musste beinahe laut auflachen. Oh, ich konnte mir sehr wohl einige Details ins Gedächtnis rufen und außerdem ließen unzählige Werke englischer Literatur über den historischen Wilden Westen die Bretter meiner Bücherregale beinahe durchbrechen.
Myrtle erklärte und erzählte, lief mir voraus und deutete mal hierhin und mal dorthin. Schräg hinter dem Wohnhaus, zwischen einigen Büschen, parkte ein fast vollständig verrosteter Wagen, der auch schon bessere Zeiten gesehen hatte. Auf meine Frage, warum dieser hier immer noch herumstand, anstatt auf den Schrottplatz umzuziehen, zuckte Myrtle gleichgültig die Achseln.
„Die Leute hier sehen das etwas anders als bei euch in Deutschland, weißt du? Hier werden die Autos halt in den Garten gestellt, bis sie sich von selbst aufgelöst haben.“
„Aber das dauert ja Ewigkeiten! Das erlebt ja keiner!“
„In der Regel nicht, nein“, erwiderte meine Freundin trocken. „Aber das macht ja nichts. Wir hatten auch jahrelang so ein Ding hinter dem Haus stehen, bis ich zu meinem damaligen Mann sagte, dass er sich jetzt entscheiden muss: Entweder die Schrottkarre kommt weg oder ich ziehe aus!“
Wir wanderten umher, an Pferdekoppeln und Zäunen entlang, um die verschiedenen Gebäude der Ranch herum und schließlich zurück in den Innenhof. Myrtle schien sehr zufrieden, mir so viel Neues zeigen und berichten zu können. Ich wollte eigentlich noch viel mehr wissen, aber fürs Erste reichte das, was ich erfahren hatte, um wieder mehrere Seiten meines Notizbuches zu füllen.
„Wir können ja in ein paar Tagen mal zusammen hinausreiten und die Wildpferdeherden suchen“, schlug sie, wie beiläufig, vor und zwinkerte mir zu. „Sobald du dich hier ein bisschen eingelebt hast!“
Sie kam häufig hierher, um sich ein Pferd zu leihen und damit durch die Gegend zu reiten, meistens mit irgendeiner ihrer Freundinnen. Auch deshalb war es überhaupt möglich gewesen, mich für eine solch lange Zeit von mehreren Wochen hier unterzubringen. Als Dank und anstelle einer Bezahlung sollte ich dafür im Haushalt und bei allen Arbeiten rund um die Ranch helfen.
Das leise, allmählich näher kommende Klopfen von Pferdehufen, die im Takt des Galopps über die trockene Erde stampften, ließ mich den Kopf zur anderen Seite wenden. Den schmalen Feldweg entlang, der zwischen Wohnhaus und der ersten Koppel hinausführte in die Ebene, kam ein einzelner Reiter auf einem pechschwarzen Pferd daher. Es war viel größer als die anderen, die ich bisher auf der Ranch entdeckt hatte. Es trug seinen schlanken Hals hoch aufgerichtet und sein prächtiger Schweif schwebte hinter ihm her, sodass die seidenen Haare bei jedem Galoppsprung wippten. Mein Herzschlag setzte einen Moment aus.
Niemals, solange ich lebe, werde ich den Anblick des Hengstes und des Mannes vergessen, wie sie gemeinsam, als könnte nichts sie trennen, ruhig und harmonisch den Weg entlang galoppierten. Er saß sicher im Sattel, als hätte er nie etwas anderes getan, immer in der Bewegung des Pferdes, die Zügel locker herabhängend, den Hengst scheinbar mit unsichtbaren Hilfen dirigierend. Über seinen Hosen trug er die typischen, ledernen Chaps mit Fransen an den Seiten, wie Cowboys sie häufig zu tragen pflegen und sein Gesicht wurde von der Krempe seines tief ins Gesicht gezogenen, schwarzen Hutes verdeckt.
Als er näher kam, zügelte er sein Pferd mühelos und ließ es auf uns in ruhigem Schritt zukommen. Noch immer war ich völlig eingenommen von der Erscheinung – mein Kindheitstraum vom schwarzen Hengst stand mit einem Schlag leibhaftig vor mir. Der Mann tippte mit zwei Fingern an die Krempe seines Hutes und lächelte, als er Myrtle erkannte.
„Grüß dich! Ich fürchte, du bist umsonst gekommen!“
„Randy hat mich schon informiert, dass alle ausgeflogen sind!“ Myrtle lachte und hielt sich die Hand über die Augen, zum Schutz gegen die blendende Sonne.
„Apropos – wo steckt der überhaupt?“ Suchend schaute der Reiter sich um.
„Er wollte ein paar Pferde beschlagen“, erinnerte sich Myrtle und deutete auf mich, die regungslos zwei Schritte hinter ihr verharrte. „Das ist übrigens meine Freundin aus Deutschland, die die nächsten Wochen bei euch bleibt.“
„Ah, richtig! Die bei uns lernen soll, was es heißt, anständige Arbeit zu verrichten!“ Ein breites, amüsiertes Grinsen breitete sich auf dem braungebrannten Gesicht aus. „Das kann noch spannend werden!“
Ich spürte, wie mein Temperament in mir aufflammte, ungehalten und wie so häufig auch unkontrollierbar. Anständige Arbeit verrichten! Aha! Der gnädige Herr glaubte wohl, irgendso ein Püppchen vor sich zu haben!
„Danke!“, knirschte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Was für eine Unverschämtheit, mich gleich mit dem ersten Satz so zu provozieren! „Es ist allerdings sehr spannend für mich! Seitdem ich hier bin, entdecke ich ständig etwas Neues!“
„Das musst du mir bei Gelegenheit näher erläutern!“ Er trieb seinen schwarzen Hengst wieder an. „Leider habe ich jetzt überhaupt keine Zeit! Entschuldigt mich, aber ich hab’ noch eine Menge zu tun!“
„Oh, warte bitte einen Moment!“ Myrtle eilte ihm hinterher, sodass er sich schon fast gezwungen sah, erneut durchzuparieren. Ein wenig genervt schaute er auf meine Freundin hinab. „Nachdem gerade sonst niemand hier ist, um ihr zu zeigen, wo sie wohnen wird und so weiter...nun ja, dein Bruder ist ja beschäftigt und deshalb...“
„Deshalb dachtest du“, fiel der Rancher ihr ahnungsvoll ins Wort, „dass ich das ja erledigen könnte.“
„Ja, genau! Und dann kannst du ihr ja auch gleich zeigen, wo sie loslegen soll.“
Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, hätte er Myrtle am liebsten erzählt, dass sie sich zum Teufel scheren solle. Doch stattdessen riss er sich, ganz Gentleman, zusammen und brachte sogar eine Art Lächeln zustande, als er erwiderte: „Das mit der Unterkunft musst du mit meiner Tante bereden, das ist ihre Zuständigkeit. Und wegen der Mithilfe...na ja...“ Sein Blick wanderte mit einer Mischung aus Zweifel und unverhohlener Abneigung an mir auf und ab. „Weißt du, ganz ehrlich, mit diesen Touris und ihren sogenannten Erfahrungen in Sachen Umgang mit Pferden hab’ ich ehrlicherweise ziemlich die Schnauze voll. Aber nachdem mein Onkel noch der Boss hier ist und es für eine großartige Idee hielt, sich auf deinen Vorschlag einzulassen...warte einfach, bis er hier aufkreuzt. Ich bin sicher, er hat noch mehr famose Ideen in petto!“
Myrtle bedankte sich herzlich und versprach, genau dies zu tun, woraufhin der dunkelhaarige Mann sich auf seinem Rapphengst entfernte. Es war offensichtlich, dass er mich nicht länger und öfter als nötig antreffen wollte. Das waren ja heitere Aussichten! Entschuldigend zuckte meine Freundin die Schultern.
„Nimm es nicht so ernst. Er ist ein bisschen schwierig ab und an, aber das täuscht. Das sind bloß seine Launen. Im Grunde genommen ist er ein sehr anständiger und feiner Mensch.“
„Ach ja?! Davon merkt man auf den ersten Blick nicht allzu viel!“, knurrte ich beleidigt und machte ein finsteres Gesicht dazu. Ich hatte mich so sehr auf meinen Aufenthalt auf der Ranch gefreut und dann tauchte ausgerechnet ein solches Exemplar von Mann auf und wollte mir alles vermiesen! Kam daher geritten, als fände er sich unwiderstehlich – was er vermutlich auch tat – und benahm sich auch noch wie ein arroganter Schnösel! Was fiel diesem Kerl eigentlich ein?! Der würde mich schon noch kennenlernen! Ich stammte nicht umsonst aus einer Linie von starken, eigensinnigen Frauen! Von wegen keine Stallarbeit erledigen können!
„Du siehst aus, als hättest du vor, ihn gleich zu erschießen!“ Myrtle zerrte an meinem Arm. „Nimm es ihm nicht übel und tu’ mir den Gefallen und leg’ dich nicht gleich mit ihm an. Komm, wir gehen rüber zu Randy und warten dort, bis der Rest der Familie auftaucht. Er kann dir vielleicht gleich ein bisschen etwas darüber erzählen, was sie so mit dir vorhaben.“
„Von mir aus.“ Ich stapfte noch immer aufgebracht hinter meiner Freundin her. Dem würde ich es schon zeigen!
„Na, wenigstens muss ich mir jetzt schon keine anderweitigen Sorgen machen!“ Myrtle atmete auf. „Das hätte mir gerade noch gefehlt, dass du dich in einen Rancher verliebst! In den heißbegehrtesten Junggesellen in der ganzen Gegend noch dazu!“
„Keine Ahnung, wie er zu dem Titel überhaupt kommt“, schnaufte ich und wusste gar nicht, weshalb ich eigentlich so wütend war auf diesen Kerl. Ich kannte ihn ja noch nicht einmal, es konnte mir doch völlig egal sein, was er von mir hielt! Doch meine Gedanken waren wie gefangen von ihm. Das Bild, wie er auf dem rabenschwarzen Hengst den Weg entlang galoppierte, wiederholte sich permanent vor meinem inneren Auge.
‚Kein Wunder, dass die Frauen verrückt nach ihm sind‘, dachte ich und musste grinsen. ‚Kein Wunder...er sieht ja auch aus, wie Adam Cartwright von Bonanza...‘
1952 – 53
Als Byron McCullough an diesem Morgen seine Augen aufschlug, spürte er sofort die klirrende Kälte, die sich im Schlafzimmer festgesetzt hatte und er wusste instinktiv: Es hatte über Nacht geschneit. Er blinzelte, rieb sich die verschlafenen Lider und gähnte, während er sich langsam aufrichtete. Heute war erster Advent und somit Sonntag, was wiederum bedeutete, es war keine Schule. Der zwölfjährige Junge gähnte noch einmal, seine dunklen Augen wanderten hinüber zum Nachtkästchen und zu dem unaufhörlich tickenden Wecker. Er zeigte bereits kurz nach halb acht Uhr; er erschrak. Du liebe Güte! Er hatte ihn nicht klingeln gehört und verschlafen! Ruckartig warf der Junge die Bettdecke zurück und sprang hinüber zum Fenster. Wieso hatte ihre Mutter sie denn nicht geweckt? Sie mussten doch pünktlich zur Kirche fertig sein, sonst tobte Vater wieder!
In dem anderen Bett, am Ende des Zimmers, das er sich mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder teilte, rührte sich noch nichts. Byron rannte hinüber, schüttelte ihn durch das Federbett hindurch energisch an der Schulter.
„Mensch, Stace! Wach auf! Wir haben verschlafen!“
Lediglich ein unwilliges Grunzen war die Antwort. Der andere Junge zerrte an der Decke und zog sie sich über die Ohren. Byron verzog das Gesicht. Typisch, sein kleiner Bruder eben! Er wollte sich jedoch den Ärger gerne ersparen, wenn sie wieder einmal nicht rechtzeitig zur Abfahrt bereit, in ihrem besten Sonntagsstaat in der Tür standen, wenn ihr Vater mit dem alten Lieferwagen vorfuhr.
Eilig zog Byron sein kariertes Hemd und seine Bluejeans über und zögerte noch einen Moment, ehe er in die Cowboystiefel schlüpfte. Er wusste, dass seine Mutter es nur ungern sah, wenn er in diesem Aufzug am Sonntag umherlief. Nein, vielleicht gab es noch etwas draußen zu tun, Holz holen oder die Hühner füttern und dabei konnte er sich nun wirklich nicht erlauben, seine beste Kleidung zu ruinieren. Flink knotete er sich das rote Halstuch um und lief den Flur entlang und die Treppenstufen hinab in den Wohnraum des Ranchhauses, in dem er geboren und aufgewachsen war.
„Mom? Pa?“ Auf der untersten Stufe blieb der Junge stehen, niemand antwortete. Er trat zwei Schritte nach vorn, wo zu seiner Linken die Tür zum Arbeitszimmer seines Vaters nur anlehnte. Er stieß sie vollends auf, doch auch hier war alles still und leer.
„Pa? Mutter?“ Seine Eltern mussten doch irgendwo stecken! „Sarah? Charlie?“ Doch auch seine beiden kleinen Schwestern gaben keine Antwort. Vielleicht schliefen sie noch.
Byron begann zu laufen – in die Küche neben dem großen Wohnraum, der die gesamte Westseite des Erdgeschoßes einnahm. Nein, niemand schien hier zu sein. Irgendetwas musste passiert sein! Sie hatten ihn und Stacy nicht geweckt und einfach alleine zurückgelassen!
Hastig rannte der Junge hinaus, unter den Vorbau der Veranda. Der Schnee, der sich vor ihm auftürmte, reichte ihm bis zu den Oberschenkeln und als er die beiden Stufen hinabtreten wollte, versank er fast vollständig darin. Solche Massen erlebten sie hier in der Gegend nur selten. Er ließ seinen Blick noch einmal gründlich über die mächtige Scheune, den Pferdestall, das kleine Bunkhouse – die Unterkunft der Cowboys – und die Koppeln gleiten. Fußstapfen führten vom Wohnhaus bis hinüber zum Pferdestall. Byron seufzte. Ihm war sehr unwohl zumute.
Mit einem Mal erklang das Wiehern eines Pferdes. Byron riss die Augen auf, er kannte diese Art von Wiehern – nur ein Hengst gab es von sich, so tief und laut. Jetzt siegte die Neugier über die Besorgnis. Schnell folgte der Junge dem Trampelpfad durch den Schnee, vorbei an der großen, alten Scheune, um zum Pferdestall zu gelangen. Womöglich war dem Hengst heute Nacht etwas zugestoßen, sodass seine ganze Familie sich jetzt um ihn kümmern musste!
Als Byron durch das angelehnte, doppelflüglige Tor in den hellen, kurzen Stall eintrat, bemerkte er zu allererst den großen, feurigen Rapphengst seines Vaters, der mitten in der Gasse, zwischen den Verschlägen, an einem der Stützpfosten des Daches angebunden stand. Hinter dem Jungen, aus einer der Pferdeboxen, erklang plötzlich das Rascheln von Stroh und Schritte. Byron fuhr herum.
„Na, auch schon wach!“ Lachend wandte sein Vater sich ihm zu, einen Hammer in der Hand und jetzt konnte Byron auch den Grund für die morgendliche Unruhe entdecken: Black Pearl musste über Nacht einige Bretter seines Verschlags weggetreten und sich dabei verletzt haben, denn in diesem Augenblick kam seine Mutter aus der Sattelkammer, den Verbandskasten in der Hand.
„Wo ist deine Jacke? Willst du dir den Tod holen?“, herrschte sie ihn mit strenger Miene an.
„Oh!“, machte Byron verlegen. „Hab’ ich ganz vergessen!“
„Dann sieh zu, dass du wieder ins Haus kommst“, befahl Fey McCullough streng und beugte sich mit vielsagendem Blick über die klaffende Wunde an der Flanke des schwarz-blau glänzenden, edlen Pferdes. „Und auf dem Weg dorthin kannst du gleich Jon Bescheid geben, dass er herkommen und deinem Vater zur Hand gehen soll!“
Byron nickte ergeben. Die lauten Hammerschläge hinderten ihn daran, etwas zu erwidern. Sein Vater fuhr fort, die zerborstenen Bretter notdürftig zu flicken.
„Das muss vorerst genügen. Morgen soll einer der Männer es anständig reparieren.“ Harold McCullough runzelte die Stirn, als er seinen Erstgeborenen noch immer wie hypnotisiert dastehen und glotzen sah. „Was ist, Junge? Hast du nicht gehört, was deine Mutter gesagt hat?“
„Ja, doch, schon“, beeilte Byron sich einzuwerfen und trat zwei Schritte zurück. Er kannte die schnelle Hand seines Vaters nur zu gut. „Soll ich die anderen wecken?“
„Nein“, entschied Fey auf ihre bestimmte, eigensinnige Art und schüttelte den Kopf. Ihr dunkelblondes, langes Haar fiel über die Schultern nach vorn; sie streifte es genervt zurück. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit, niemals ungekämmt am Frühstückstisch zu erscheinen, schien sie heute noch keine Zeit dazu gefunden zu haben.
„Nein?“, wiederholte Byron, ein wenig ungläubig.
„Nein!“, sagte seine Mutter noch einmal, diesmal ungeduldig. „Wir gehen heute nicht zur Kirche! Ich wüsste auch gar nicht, wie wir dort hinkommen sollten! Bei diesem Schnee kommen wir mit dem alten Klapperwagen gar nicht durch!“
„Oh ja, gut!“ Byron konnte nicht verhindern, grinsen zu müssen. Keine Kirche! Wie herrlich! Und das bei diesem Neuschnee! Da wusste er viel Besseres mit seiner freien Zeit anzufangen, die ohnehin recht knapp bemessen war, als in der Kirche zu sitzen und sich langweilige Predigten anzuhören!
„Ich hole Onkel Jon!“
Mit einem Ruck warf er sich auf dem Absatz herum und verschwand zum Stalltor hinaus.
„Dieser Junge! Aus dem wird noch ein prächtiger Rancher!“ Harold McCullough lächelte zufrieden.
„Meinst du?“, erwiderte seine Frau und es klang beinahe sarkastisch. Ein wenig erstaunt hob er die Brauen, doch sie widmete sich bereits wieder der Wunde des Hengstes, um sie zu reinigen und zu desinfizieren.
Harold McCullough war ein hochgewachsener, kräftiger Mann mit kastanienbraunem Haar und einem wettergegerbten Gesicht, wie es nur jemand besaß, der sein Leben lang draußen, in der freien Natur gearbeitet hatte. Den dichten Schnurrbart trug er meist zu lang, sodass dieser im Takt seiner Worte wippte, wenn er sprach. Harold wirkte auf seine Mitmenschen für gewöhnlich sehr selbstbewusst und unnachgiebig, beinahe hart und dieser äußere Eindruck täuschte nicht. Er gehörte zu den stolzen, schwer arbeitenden Ranchern, die in ihrer Jugend dem rauhen Klima von Wyoming getrotzt hatten. In Kalifornien erging es ihm heute wesentlich besser und es gab für ihn nichts Wichtigeres und Schöneres, als über Kälber, Pferde und die zu erwartenden Ernten bei einem guten Glas Whiskey zu philosophieren. Häufig geschah dies in Gesellschaft der Nachbarrancher oder im Rahmen von Versammlungen des Viehzüchterverbandes in Reno.
Der genaue Gegensatz zu ihm war seine Frau. Fey McCullough reichte ihrem Mann gerade bis zu den Achselhöhlen und besaß einen dünnen, beinahe mageren Körper. Ihr sanftes, hübsches Gesicht verbarg die Härte, die ihrem Charakter entsprach und der nur selten und in der Regel dann, wenn ihr etwas nicht recht war, aus ihr herausbrach. Dafür jedoch wurden diese Ausbrüche von all ihren Mitmenschen umso mehr gefürchtet.
Währenddessen stapfte Byron durch den hohen Schnee hinüber zum Bunkhouse. Seine Faust donnerte gegen die Eingangstür der Unterkunft. „Onkel Jon! Onkel Jon!“
Es vergingen einige Sekunden und allmählich merkte er, dass es doch sehr kalt geworden war über Nacht. Er bibberte, aber er hatte einen Auftrag von seiner Mutter erhalten und den würde er auch ausführen. Er klopfte noch einmal und endlich wurde die Türe von innen aufgezogen. Dahinter erschien ein schlanker, großer Mann mit graumelierten Haaren, das Hemd noch offen und mit schläfrigem Blick.
„Gott, Junge, was soll dieser Lärm schon in aller Herrgottsfrüh?!“ Der Vormann der Coyote Canyon Ranch kratzte sich den Dreitagebart.
„Du sollst sofort kommen! Black Pearl hat heute Nacht seinen Verschlag zusammengehauen und sich dabei verletzt!“
„Ah?“, war die einzige Antwort. Schließlich nickte der Mann und legte seine Hand auf den Kopf des Jungen. „Und du, geh wieder rein, bevor du dir eine Lungenentzündung holst! Ich bin schon auf dem Weg!“
Byron wandte sich dankbar um. Er war froh, wieder ins warme Haus zurückgehen zu können. Eigentlich war Jonathan Sanfors nicht sein Onkel, aber sie alle nannten ihn so. Er arbeitete bereits seit vielen Jahren für ihren Vater und sie wussten nicht, wie es ohne ihn auf der Ranch wäre. Schon von Beginn an hatten sie ihn als eine Art Onkel betrachtet, den es nicht gab in ihrem Leben. Fey besaß keine Geschwister mehr und die Brüder von Harold waren in alle Winde zerstreut. Byron konnte sich kaum an eine Begegnung mit einem von ihnen erinnern. Für ihn, wie für seine Geschwister, war Jon der Ersatz für Großvater, Onkel und all die anderen Verwandten, die sie nicht kannten.
Als Byron das Haus betrat, fand er im Wohnraum seine drei jüngeren Geschwister versammelt. Die vierjährigen Zwillinge weinten und schrien und Stacy tat sein Möglichstes, sie zu beruhigen.
„Na, endlich!“, fuhr er seinen älteren Bruder zornig an, als dieser wieder in der Tür erschien. „Ich dachte schon, ihr seid alle verschollen!“
Byrons Blick verfinsterte sich. „Du wirst es ja wohl noch hinbekommen, zwei kleine Mädchen zum Schweigen zu bringen!“
„Dann mach’ es doch selber!“, rief Stacy aufgebracht und sprang vom Sofa auf, wohin er seine beiden kleinen Schwestern gesetzt hatte. „Ich geh’ mir was anziehen!“
„Klar, hau’ ruhig ab und überlass’ mir mal wieder die ganze Arbeit!“
„Du bist doch eh der Klugscheißer in der Familie!“, schrie Stacy zurück und rannte die Treppe hinauf, so schnell er konnte. Manchmal, da konnte es Byron richtig fertigbringen, dass er ihn hasste.
Den Vormittag verbrachten die Kinder draußen, im Schnee und waren kaum dazu zu bewegen, wenigstens zum Mittagessen hereinzukommen. Wie jeden Tag brachte Fey auch zu Jon und den anderen beiden Männern, die für sie arbeiteten – Bruce und Craig – etwas davon hinüber zum Bunkhouse. Morgen würden die beiden für drei Monate fortgehen. Im Winter über brauchten sie keine zusätzlichen Arbeitskräfte und die Cowboys fuhren entweder nach Hause, um sich dort während dieser Zeit etwas Geld dazuzuverdienen oder sie gingen gleich irgendwo in die nahegelegenen Städte und suchten sich dort übergangsweise Arbeit. Nur Jon blieb. Er hatte keine Familie mehr irgendwo in diesem Land. Er war allein und seine einzige Familie, die er besaß, waren Harold und Fey und deren vier Kinder.
Fey wusste das und deshalb lud sie ihn seit vielen Jahren schon ein, das Weihnachtsfest mit ihnen zu verbringen, seit dem Tag, an dem Harold ihn aus der Stadt mitgebracht und ihn als ihren neuen Vormann vorgestellt hatte. Das war gleich nach dem völlig unerwarteten Unfalltod von Mike gewesen, der die Position vorher innegehabt hatte. Er war an einem sonnigen Frühjahrsmorgen hinausgeritten, um ein paar verschwundene Rinder zu suchen und nicht wiedergekommen. Irgendwann war Harold ihm gefolgt, weil er anfing, sich Sorgen zu machen. Er hatte ihn nur wenige Meilen von der Ranch entfernt gefunden – mit gebrochenem Genick. Sein Pferd stand ruhig, nur ein paar Meter daneben und graste. Mike war ein hervorragender Reiter gewesen und niemand konnte sich erklären, wie er so unglücklich hatte vom Pferd fallen können, dass er dabei genau auf dem umgestürzten Baumstamm gelandet war. Und so kam Jon zwei Wochen später auf die Ranch.
Nach dem Mittagessen stürmten die beiden Jungs wieder hinaus in den Schnee. Die Zwillinge ließ Fey lieber nicht mehr in die Nässe und Kälte. Sie waren mit ihren vier Jahren noch klein und zart und sie wollte nicht riskieren, dass sie sich erkälteten.
Am Nachmittag musste sie Byron und Stacy trennen, die sich in der Wolle hatten. Nun, das war nichts Neues, die beiden stritten sich wegen jeder Kleinigkeit. Eigentlich hatte Fey geglaubt, wenn zwei Brüder nur knapp elf Monate hintereinander geboren wurden, müssten sie glänzend miteinander auskommen. Das war jedoch im Bezug auf ihre Söhne so gar nicht der Fall. Die beiden gerieten aneinander, wann immer sie konnten. Manchmal glaubte Fey, es würde ihnen regelrecht Freude bereiten, auf dem jeweils anderen herumzuhacken und eine Auseinandersetzung zu provozieren. Auch im Pausenhof der Schule waren sie schon einmal so heftig miteinander in Streit geraten, dass es fast in einer Schlägerei geendet hätte und mehrere Lehrer sie trennen mussten.
Meistens vertrugen sich Byron und Stacy bald wieder, doch der Friede währte leider in der Regel nur kurz. Ab und an hegte Fey zwar den Verdacht, dass Byron nicht unbedingt das Unschuldslamm war, das er immer gerne vorgab zu sein. Doch bisher hatte sie noch keine Gelegenheit gehabt, ihn dabei zu ertappen, dass er seinen jüngeren Bruder in irgendeiner Form herausforderte.
Die Tischlampe im großen Wohnraum brannte als einziges Licht. Der festlich geschmückte Weihnachtsbaum stand in der Ecke und verbreitete eine warme, gemütliche Atmosphäre. Feys Platz unter dem Fenster, in dem kleinen, gelben Sessel hatte einige Meter in Richtung der Türe zum Arbeitszimmer verschoben werden müssen, weil die Zweige der prächtigen Tanne zu weit in den Raum hineinragten. Obwohl es noch nicht spät am Abend war, konnte Fey sich nicht mehr auf ihre Stickarbeit konzentrieren. Gedankenverloren starrte sie in das Zimmer hinein, die Umrisse der Möbel verschwammen vor ihren Augen. Als sie damals, vor beinahe vierzehn Jahren hierher auf die Ranch bekommen war, als die junge Frau an der Seite Harold McColloughs, hatte sie nur so gestrotzt vor wild-romantischen Träumen. Sie hatte noch nicht geahnt, dass sie einen Patriarchen geheiratet hatte und ihr Leben von nun an in der Einsamkeit dieser trostlosen Prärie stattfinden würde. Geboren und aufgewachsen im Kreis ihrer Familie in einer Kleinstadt, hatte sie sich eher vorgestellt, wie auf einer Art Südstaatenplantage zu landen, anstatt in diesem mehr schlecht als recht eingerichteten Holzgebäude, das sich mit dem Titel Wohnhaus schmückte.
Zu Anfang war sie schüchtern gewesen, beinahe verängstigt ob all der rauen Burschen, die sie plötzlich umgaben. Die Cowboys und auch ihr Mann waren keine hochgebildeten Plantagenbesitzer, die eine Schule im Osten besucht hatten, wie sie es in „Vom Winde verweht“ gelesen hatte. Sie waren einfache, harte Arbeiter mit eigenem Wortschatz, den sie erst lernen musste und nicht wenige von ihnen konnten weder lesen, noch schreiben. Das brauchten sie auch nicht. Die Hauptsache war, sie konnten Pferde gut zureiten und die Rinder „lesen“, wie sie es nannten, wenn sie deren nächste Reaktion schon im Vorfeld erahnten. Feys Aufgaben bestanden aus der Zubereitung der Mahlzeiten für die Männer und dass sie sich um das Kleinvieh kümmerte, was so am Hof zu finden war, die Hühner und Ziegen und die Hunde, wenn diese nicht gerade mit draußen bei den Rinderherden waren. Oft blieb sie alleine zurück und da sie das Schießen erst mühsam lernen musste, fürchtete sie sich häufig vor Pumas, die im Frühjahr und Herbst aus den Bergen herabkamen und auch einmal versuchten, sich eins der Pferde aus der Umzäunung zu holen. Manchmal weinte sie dann vor Verzweiflung, weil sie niemanden hatte, der ihr zur Hilfe kommen konnte und das einzige, was sie beherrschte war, das Gewehr in die Luft abzufeuern und zu hoffen, dass es genügte, um die Raubtiere von den Zäunen fernzuhalten. Erst im Laufe der darauffolgenden Jahre begann Fey, sich selbst beizubringen, wie man eine Waffe handhabte und ihr blieb genügend Zeit, die Blechdosen von den Baumstümpfen hinter dem Haus zu schießen, während sie alleine auf der Ranch ihr Dasein fristete.
Harold sah es nicht gern, wenn er es mitbekam. Er wollte keine Frau, die sich wie ein Mann benahm. Außerdem war er es gewohnt, dass jeder seinen Kommandos Folge leisteten. Fey allerdings fand irgendwann zwischen ihrer Trostlosigkeit und dem Frust den Mut, sich zu wehren und zu protestieren, wenn ihr etwas nicht passte. Sie merkte bald, dass es Harold nicht gefiel, wenn sie widersprach, doch da sie im weiten Umkreis für einige Jahre die einzige Frau blieb, konnte sie sich durchaus erlauben, ihre Ernüchterung über das plötzliche Erwachen in dieser langweiligen, schnöden Umgebung an ihm auszulassen. Irgendwann fügte er sich und nahm ihre Wutanfälle nur noch gelassen hin. Ihm blieb auch nicht viel anderes übrig, wollte er nicht versuchen, sich irgendwo eine andere Frau zu suchen, die bereit war, dieses eintönige, von Schmutz und Witterungseinflüssen bestimmte Leben mit ihm zu teilen. Viele Rancher in der Gegend suchten vergeblich Jahre nach einer geeigneten Frau und wenn sie dann eine fanden, war sie selten eine außergewöhnliche Schönheit. Von daher durfte Harold sich nicht beschweren. Fey entwickelte im Laufe ihrer Ehe zwar einen ordentlichen Starrsinn, war aber recht hübsch anzusehen und ihre zarte, weibliche Figur entsprach ganz seinem Geschmack. Dass seine Frau womöglich unglücklich sein könnte mit ihrem Leben, mit dem täglichen Trott auf der Ranch, der Ausweglosigkeit, jemals mehr zu erreichen als das, was sie hatten – diese Idee kam Harold nicht in den Sinn. Für ihn gab es nichts Schöneres und Größeres als die Ranch seiner Ahnen fortzuführen und deshalb war ihm der Gedanke völlig fremd, jemand könnte diese Ansicht nicht teilen.
Fey seufzte tief und verbittert. Morgen war Silvesterabend und danach begann das neue Jahr 1953. Zwölf neue, jungfräuliche Monate von denen sie noch nicht recht abzuschätzen wagte, worauf sie hoffen durfte.
‚Vielleicht’, dachte Fey, ‚hilft es ja, wenn ich viel zur Kirche gehe und viel bete. Vielleicht bleibt mir dann noch genügend Zeit...’
Heute Morgen war sie mit Jon in die Stadt gefahren, unter dem Vorwand, sich im Damenmodengeschäft ein bisschen die neuesten Kleider und Mäntel anzusehen. In Wirklichkeit jedoch war sie bei Doktor Milford gewesen. Sie hatte es schon lange geahnt. Es war ein merkwürdiges, bedrückendes Gefühl nun die Bestätigung von einem Mediziner bekommen zu haben. Das Jahr, das auf sie alle wartete, würde nicht leicht werden, aber Fey war fest entschlossen, die wahren Tatsachen vor ihrer Familie und ihren wenigen Freunden zu verbergen und niemandem Kummer zu bereiten. Insbesondere nicht Harold oder den Kindern, die sie so dringend brauchten. Sie wusste, dass sie gebraucht wurde und das war vielleicht das einzige, was sie immer davon abgehalten hatte, nicht irgendwann verzweifelt die Flucht zu ergreifen oder ihrem Leben einfach ein Ende zu bereiten.
‚Nur – was passiert, wenn ich nicht lange genug durchhalte, bis die Mädchen größer sind? Wenn all die Gebete nichts nützen und Doktor Milford rechtbehält?’
Fey schloss die Augen und lehnte ihren Kopf zurück. Ihr Mann – sie hörte ihn in seinem Arbeitszimmer rumoren, die Papiere in Ordnung bringen, wie er es immer nannte. Die Kinder schliefen längst und Fey fühlte sich auch schrecklich müde. Sie beschloss, es wäre vermutlich das Beste, ins Bett zu gehen – ganz gleich, ob sich Harold darüber wunderte. Sie brauchte jetzt einfach mehr Schlaf. Mit einer langsamen, fast schwerfälligen Bewegung legte sie ihre Stickarbeit auf den kleinen Beistelltisch und knipste die Lampe aus. Im Haus war es still, bis auf das Rascheln von Papier aus dem Arbeitszimmer und das bisweilige Husten von Harold. Sie schlich auf Zehenspitzen zur Garderobe und als sie dort ihren Mantel am Haken entdeckte, hob sie ihn kurzentschlossen herunter. Irgendetwas zog sie noch hinaus, in die klare, frische Winterluft, den sternklaren Himmel betrachten und für ein paar Minuten vergessen.
Sie trat hinaus auf die Veranda und lehnte sich schwer gegen einen der Pfosten, die das Vordach stützten. Aus den Stallfenstern fiel Licht auf den Schnee. Jon arbeitete noch. Eines der Pferde hatte sich beim Toben auf der Koppel verletzt und die Wunde musste versorgt werden. Es war immer dasselbe. Jedesmal, wenn sie glaubte, jetzt hätten sie die schlimmste Zeit überstanden, passierte wieder etwas Unerwartetes das sie zurückwarf. In der Vergangenheit waren es missratene Ernten, Rinderseuchen oder Pferdediebstahl gewesen, der nie aufgeklärt wurde. Aber im Augenblick kämpften sie gegen ein ganz anderes Problem, für das es vermutlich keine Lösung geben würde.
Die Stille, die sie umgab, jagte Fey einen Schauer über den Rücken. Sie machte sie verrückt und sie sehnte sich plötzlich schrecklich nach ihren Kindern. Hastig betrat sie das Haus wieder durch die vordere Tür. Harold hatte nichts davon bemerkt, dass seine Frau nach draußen gegangen war und sie beabsichtigte nicht, es ihn wissen zu lassen. Mühsam zog Fey sich am Geländer die Treppe ins Obergeschoß hinauf. Sie brauchte keine Lampe, sie kannte jede Stufe, jede Holzbohle im Schlaf. Sie stellte sich vor, dass es ähnlich sein musste, wenn sie eines Tages sterben würde – dass sie eine Treppe hinaufging und oben warteten ihre Eltern, um ihr die Hand entgegenzustrecken und ihr das restliche Stück hinaufzuhelfen. Vielleicht war diese Krankheit auch ihre Strafe, weil sie so unzufrieden mit ihrem Leben und ihrer Entscheidung war. Hätte sie die Wahl gehabt, Fey wäre längst von hier fort gewesen, irgendwo zurück in einer Stadt und hätte sich eine Stellung gesucht, ganz gleich als was. Nur weg von dieser Ranch und der Knochenarbeit und dem Wissen, dass es bis zum Ende so weitergehen würde.
Der letzte Januartag begann mit Sonnenschein und sehr viel Schnee, der überall um die Gebäude der Ranch und auf den Koppeln glitzerte und funkelte. Die Welt um sie herum wirkte wie eine Märchenlandschaft, ganz rein und klar. In Wirklichkeit jedoch war sie für Fey wie ein Gefängnis, denn mit dem vielen Schnee kamen sie kaum hier heraus; vielleicht morgen, wenn sie Einkäufe erledigen musste.
Besorgt legte sich Jons Stirn in tiefe Falten. Er beobachtete Fey nun schon eine ganze Weile bei ihren Vorbereitungen für das Festtagsessen in der Küche, ohne dass sie ihn bemerkte. Vielleicht bildete er es sich nur ein, doch seit dem Tod ihrer Mutter vergangenes Frühjahr, war sie irgendwie stiller und verschlossen geworden. Sie schien oft gedankenverloren in die Gegend zu starren, ohne etwas davon wahrzunehmen, was um sie herum geschah. Harold schien von den Veränderungen an seiner Frau nichts zu bemerken, für Jon jedoch waren sie nicht zu übersehen. Jetzt, als Fey sich von dem schmalen Tisch neben der Hintertür umdrehte, fiel ihr Blick auf den alten Vormann und Freund. Er war beinahe so lange hier, wie sie selbst. Sie lächelte sanft.
„Probleme?“
„Ich wollte nachsehen, wie weit du mit dem Essen bist.“
„Es ginge schneller, wenn nicht alle zehn Minuten jemand käme und verkündete, er habe Hunger!“
Jon seufzte ungeduldig. Er war schlecht im unsinnige Reden halten. „Wie geht es dir, Fey?“ Er wusste, dass sie ihm nicht ehrlich antworten würde, aber auf irgendeine Art musste er versuchen, an sie heranzukommen. „Ich meine, wie fühlst du dich wirklich?“
„Gut“, antwortete Fey prompt und nickte heftig, doch ihre blauen Augen blieben trüb und ausdruckslos, ohne Licht. „Es geht mir sehr gut.“
Jonathan erwiderte nichts. Es war eine Lüge und er wusste es, doch er wusste auch, dass er kein Recht besaß, sie mit weiteren Fragen zu drangsalieren. Er war nur der Vormann, der sich als Freund der Familie fühlte, nichts weiter. Langsam wandte er sich ab und verließ das Wohnhaus über die Veranda.
Am nächsten Tag waren die Schneemassen vom Winterdienst so weit von den Straßen geschoben worden, dass ein Versuch gewagt werden konnte, mit dem Lieferwagen in die Stadt zu fahren. Jon übernahm die Aufgabe, eine neue Ladung benötigter Lebensmittel zu holen. Die Straßen der Stadt waren schmutzig und nass, weil der Schnee dort bereits taute oder von den Reifen der Räder platt gedrückt wurde. Die Fahrt war ein kleines Abenteuer gewesen und mehrmals wäre er fast steckengeblieben, weil die Nebenstrecken nicht gut geräumt waren. Ächzend kletterte Jonathan aus dem alten Lieferwagen. Sein Kreuz machte ihm heute wieder einmal besonders schwer zu schaffen, das war dieses merkwürdige Wetter, die Kälte und der Schnee. Er fluchte leise.
„Ah! Schön, Sie wieder einmal zu sehen, Jon!“, erklang in derselben Sekunde eine Stimme hinter ihm, die ihn erschrocken zusammenzucken ließ.
Der Vormann wirbelte herum. Vor ihm stand Doktor Frederik Milford, der Allgemeinarzt, der in Quincy seine Praxis betrieb. Der einzige Mediziner in einem weiten Umkreis, der aufgrund dessen immer auf dem Sprung zu seinen Patienten war und auch jetzt in Eile zu sein schien. Auf dem sich lichtenden braunen Haar trug er einen schicken Hut, der ihn mit seiner runden Brille wie einen Oststaatler wirken ließ. Die tiefliegenden, dunklen Augen hinter den dünnen Gläsern wirkten müde und erschöpft, beinahe ausgemergelt.
„Wie geht es Ihnen?“ Aufrichtig erfreut schüttelte Doktor Milford dem anderen Mann die Hand. „Und vor allem: Wie geht es Mrs. McCullough?“
„Oh, danke der Nachfrage! Wie Sie sehen, lebe und gedeihe ich prächtiger denn je!“ Eigentlich konnte auch Jon keine Zeit für ein Schwätzchen erübrigen, aber wie lange hatte er den Arzt nun schon nicht gesehen? Viel zu lange jedenfalls! Da musste eben selbst die Ranch einmal warten. „Ehrlich gesagt, um Fey mache ich mir ein wenig Sorgen. Vielleicht könnten Sie ja, wenn der Schnee es zulässt, im Laufe der Woche mal rein zufällig bei uns vorbeischauen? Sie verstehen schon.“
Der Ausdruck auf Doktor Milfords Gesicht wechselte von Erstaunen zu Ungläubigkeit. „Ja, aber…“ Seine Brauen zuckten. „Sie war doch erst vor einigen Wochen bei mir!“
„Wie?!“ Verdutzt blieb Jon der Mund offenstehen. Seine Gedanken überschlugen sich, er wagte kaum zu atmen. Also, doch! Sein Instinkt hatte ihn auch diesmal nicht getäuscht!
„Aber ja, natürlich!“ Unangenehm berührt trat Doktor Milford auf der Stelle. Er war Arzt, er hatte ein Schweigegelübde abgelegt, auch, wenn er es in diesem Fall unmöglich einhalten konnte. Das hier war eine Ausnahme, es war seine moralische Pflicht, dieses Gelübde zu brechen und die Wahrheit auszusprechen, selbst, wenn genau dies von seiner Patientin offensichtlich vermieden worden war.
„Haben Sie etwas Zeit, Jon? Dann würde ich Sie bitten, kurz mit mir in meine Praxis zu kommen.“
Den ausgetrampelten Pfad zwischen den Schneehäufen zum Wohnhaus war er wohl noch nie in dieser Geschwindigkeit entlang gestürmt. Er war völlig außer sich, als er oben die Haustür aufriss und in den Wohnraum stürzte.
„Fey!“
Das Haus war ruhig. Er wusste, dass Harold hinausgeritten war, zu den Winterquartieren der Jungpferde, um dort nach dem Rechten zu sehen und dass die beiden Jungs auf der Nachbarranch mit dem dortigen Sohn verabredet waren. Aber die Zwillinge mussten hier sein und damit auch Fey irgendwo in der Nähe.
Jon rannte mit langen Schritten in die Küche, in der sicheren Annahme, Fey dort vorzufinden. Er täuschte sich, dort herrschte gähnende Leere und kein Anzeichen, dass seit dem Frühstück jemand hier gewesen war. Ohne lange zu überlegen, eilte er ins Obergeschoß hinauf. Er hatte hier nichts zu suchen und er war auch noch nie hier oben gewesen, doch das hier war eine Situation der besonderen Art.
„Fey?“
Die Tür zu ihrem Schlafzimmer war nur angelehnt, ungeduldig trommelte er mit der Hand dagegen – sie schwang lautlos auf. Die Vorhänge waren zugezogen, sodass ein dämmriges Licht den großen Raum beherrschte. Es dauerte eine Sekunde, ehe Jon die Umrisse der Möbel erkennen konnte und dann entdeckte er sie: Sie lag auf dem Bett, angekleidet und friedlich schlafend. Erleichtert trat er zu ihr, mit einer Hand schüttelte er die Frau seines Arbeitgebers sacht an der Schulter. Ihre eingefallenen, ohnehin schon schmalen Gesichtszüge wirkten erschreckend blass, als seien sie nicht von einem lebenden, sondern von einem toten Menschen und das, obwohl sie gerade einmal fünfunddreißig Jahre alt war. Der Gedanke erschreckte Jon so sehr, dass ein Schauer über seinen Rücken jagte.
„Fey? Bitte, wach auf!“ Er schüttelte sie kräftiger und endlich erhielt er eine Reaktion.
Sie regte sich und öffnete verwundert die Augen. Sie schien nicht zu wissen, wo sie sich befand. „Was…Jon! Wie kommst du…“
„Entschuldige, Fey!“ Zuvorkommend half er ihr, sich aufzusetzen. „Ich hab’ überall nach dir gesucht. Aber das spielt jetzt keine Rolle, erzähl mir lieber endlich die Wahrheit, wenn du schon deinem Mann gegenüber offenbar nicht ehrlich bist! Ich habe Doktor Milford in der Stadt getroffen!“
Feys Atem ging schwer und unregelmäßig. Es dauerte einige Minuten, ehe sich ihr Zustand besserte. „Dann weißt du es also“, brachte sie endlich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Sie hielt sich die Hände vor den Bauch.
„Oh, Fey! Wenn…wenn dir etwas passiert wäre!“ Es klang schärfer und vorwurfsvoller als er beabsichtigt hatte.
„Viel kann mir wohl nicht mehr zustoßen“, entgegnete sie zynisch und legte die Stirn in Falten. „Außer, dass ich in absehbarer Zeit dahinscheiden werde.“
„Fey, bitte!“ Er wollte so etwas nicht hören.
„Hat dir Doktor Milford nicht alles gesagt? Ach ja, die Schweigepflicht!“ Es klang beinahe verächtlich. „Nun gut, wenn dich die grausame Realität wirklich interessiert: Ich bin krank und kein Arzt dieser Welt kann mir noch helfen! Doktor Milford meint, es ginge vielleicht noch ein paar Monate, aber länger nicht.“
„Das kann nicht wahr sein!“ Der Schmerz war so stark, dass Jon glaubte, er würde sein Innerstes zerreißen. Sie war noch viel zu jung! Sie hatte vier kleine Kinder, die ihre Mutter brauchten, ihre Fürsorge, ihre Liebe! Das konnte nicht gerecht sein, das konnte auch nicht gewollt sein von dem da oben, von diesem Gott, zu dem er täglich betete. Das durfte, durfte, durfte einfach nicht passieren! Seine großen, mit Hornschwielen übersäten Hände pressten die ihren ineinander.
„Wir müssen es akzeptieren.“ Plötzlich klang ihre Stimme wieder ganz gewohnt – ruhig, überzeugt und beherrscht. Sie schien sich auch damit bereits abgefunden zu haben, genau wie mit allem anderen, was ihr Leben bestimmte. „Wir können nur lernen damit umzugehen, mehr nicht. Es wird geschehen und niemand kann es aufhalten. Manche Menschen sterben eben früher als andere.“ Die Resignation sprach aus jedem ihrer Worte.
Verzweifelt presste Jon ihre Hände zwischen die seinen. Oh, lieber Gott – weshalb? Warum ausgerechnet sie? Ihm fiel nichts ein, was er darauf erwidern konnte. Alles in ihm schien leer und verzweifelt.
„Nur um eines möchte ich dich unter allen Umständen bitten.“ Fey holte tief Luft. Sie war sich nicht schlüssig, wie er reagieren würde. „Erwähne bitte Harold gegenüber nichts davon und schon gar kein Wort zu den Kindern!“
„Aber…“ Jon wollte protestieren. Er konnte doch unmöglich gegenüber ihrem Mann weiterhin so tun, als sei ihre Welt heil und in Ordnung! Es stimmte ja nicht! Sie würde es nie wieder sein und er hatte das meiste Recht von allen, die Wahrheit zu kennen.
„Nein!“ Fey ließ ihn nicht aussprechen. „Ganz gleich, was du tust – aber Harold darf es nicht erfahren! Er kämpft für diese Ranch jeden Tag aufs Neue und es würde ihm vermutlich das Genick brechen, wenn er von meiner Krankheit erfährt! Das tut er schon noch früh genug…“
„Aber erst, wenn es zu spät ist“, warf Jon leise ein.
„Zu spät wäre es nur dann, wenn er die Ranch hinten anstellen würde wegen mir. Harold braucht die Gewissheit, dass sich dieses Leben lohnt, dass es möglich ist, alle Hindernisse zu überwinden und mit allen Schicksalsschlägen fertigzuwerden. Er wird es lernen, denn er hat die Kinder und seine ganzen Gedanken kreisen nur darum, dass er diese Ranch eines Tages an Byron übergeben kann. Dafür lebt er, nur dafür, nicht für mich, nicht wegen mir…auch nicht wegen der anderen drei.“ Sie seufzte. Es war ihr schon vor langer Zeit bewusst geworden. „Du weißt von nichts, ja?“ Es klang scharf und forschend.
„Wie du willst.“ Verständnislos erhob Jon sich. Er war der Ansicht, der Mann und die eigenen Kinder hatten das Recht zu wissen, dass die Ehefrau und Mutter nicht mehr lange bei ihnen sein würde, aber es war nicht seine Entscheidung. Er konnte sie, genau wie alles andere, nur akzeptieren und versuchen, auf irgendeine Art und Weise damit umzugehen. Er verließ das Zimmer, ließ das Ranchhaus hinter sich und stieg die wenigen Meter hinauf, zu den Familiengräbern der McCulloughs. Er starrte lange auf die verschiedenen Grabsteine und deren Inschriften und ein ungeheurer Zorn über die Ungerechtigkeit des Schicksals begann in ihm zu erwachen.
‚Am Ende’, dachte er, ‚liegen wir doch nur hier oder irgendwo sonst in der Erde und all die Qualen, die wir auf uns genommen haben, waren völlig vergeblich und umsonst. Wir haben diese Welt nicht verbessert. Noch immer gibt es Kriege, Hass und Mord. Vielleicht wird sich das niemals ändern, egal wie klug und gebildet diese Menschheit eines Tages sein wird. Vielleicht sind wir einfach zu schwach dazu, um den Weg zu finden, von diesen Lastern fortzukommen.’
„Stacy?“
Feys Stimme klang streng und unnachgiebig, als ihr Sohn an diesem Abend das Ranchhaus betrat. Der Junge war müde und erschöpft. Gleich nach der Schule hatte er draußen helfen müssen ein paar Zäune zu reparieren, durch welche die Rinder auf die Weiden der Nachbarranch gelangen konnten. Mit Bruce und Craig fort, mussten die beiden Jungs bei der Männerarbeit anpacken.
„Ja, Mom?“ Langsam schlurfte er hinüber zur Küche und drückte die angelehnte Tür auf. Fey stand an der Spüle, die sauberen Bestecke in der Hand, die sie soeben in die Schubladen verteilte.
„Gut, dass ihr endlich da seid! Wurde auch Zeit.“ Ihre Mutter wandte sich um und lächelte plötzlich. „Entschuldige. Ich sehe, du hast hart gearbeitet.“
„Allerdings.“ Es klang verbissen. Der Junge verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
„Ich möchte nur sicherstellen, dass deine schulischen Leistungen nicht einbrechen, wenn du auch Zuhause helfen musst.“
Stacy zuckte die Schultern. „Das tun andere Jungs auch! Byron und ich, wir sind schon richtig gut und wenn wir eines Tages die Ranch leiten, dann…“
„Ach, Dummerchen!“, sagte Fey und lächelte, beinahe mitleidig. „Byron ist der Erstgeborene! Er wird die Ranch eines Tages bekommen!“
„Das ist nicht fair! Byron ist ein eingebildeter Besserwisser und…“
„Sprich nicht so respektlos über deinen Bruder!“, schnitt Fey ihm scharf das Wort ab und warf das restliche Besteck mit einem lauten Knall in die Schublade, bevor sie diese zuschlug.
Stacy zuckte zusammen und zog automatisch ein wenig seinen Kopf ein. Er hatte schon öfter zu spüren bekommen, dass die Hand seiner Mutter nicht minder schnell war als die seines Vaters. Irgendwie glaubte er zu begreifen, dass diese Angelegenheit für Fey sehr ernst war. Er schwieg abwartend.
„Du musst viel lernen für die Schule, damit du gute Noten bekommst und später aufs College gehen oder sogar studieren kannst, denn du hast nicht die Möglichkeit hierzubleiben, auf der Ranch.“ Sie holte tief Luft. ‚Das würde vermutlich auch nicht gutgehen mit dir und Byron zusammen‘, fügte sie in Gedanken hinzu.