Der Ruul-Konflikt 10: Die Spitze des Speers - Stefan Burban - E-Book

Der Ruul-Konflikt 10: Die Spitze des Speers E-Book

Stefan Burban

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Beschreibung

Die Schlacht um Serena ist beendet. Beide Seiten haben große Verluste erlitten und sind noch dabei, ihre Wunden zu lecken, als das Terranische Konglomerat in seinen Grundfesten erschüttert wird. An der Besatzung eines Horchpostens nahe der RIZ wird ein Massaker verübt. Doch offenbar sind nicht die Ruul die Drahtzieher hinter dem Angriff. Alles deutet auf eine Verwicklung der ROCKETS in das Blutbad. Plötzlich stehen alle Mitglieder der Spezialeinheit unter Generalverdacht. War es lediglich die Tat weniger Abtrünniger? Oder steckt eine großangelegte Verschwörung dahinter? Fragen, die geklärt werden müssen, bevor man eine Fortführung des Krieges gegen die Ruul ins Auge fassen kann. Rachel Kepshaw von der Abteilung für Innere Sicherheit des MAD nimmt sich der Aufgabe an, die Schuldigen ausfindig zu machen. Doch ihr läuft die Zeit davon. Die Hintermänner des Angriffs verfolgen nämlich ehrgeizige Pläne – und der Countdown für ihren nächsten Schlag ist bereits angelaufen …

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Inhalt

Prolog

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Epilog

Weitere Atlantis-Titel

Stefan Burban

Die Spitze des Speers

Eine Veröffentlichung des Atlantis-Verlages, Stolberg Mai 2016 Druck: Schaltungsdienst Lange, Berlin Titelbild: Allan J. Stark Umschlaggestaltung: Timo Kümmel Lektorat und Satz: André Piotrowski ISBN der Paperback-Ausgabe: 978-3-86402-289-0 ISBN der E-Book-Ausgabe (EPUB): 978-3-86402-356-9 Dieses Paperback/E-Book ist auch als Hardcover-Ausgabe direkt beim Verlag erhältlich. Besuchen Sie uns im Internet:www.atlantis-verlag.de

Prolog

Der Horchposten auf Coriala IV diente einzig und allein einem Zweck: dem Ausspionieren der ruulanischen Schiffsbewegungen in einem Umkreis von sechzig Lichtjahren.

Seit ihrer Indienststellung vor etwas mehr als drei Jahren hatte die Basis eine Fülle wichtiger Informationen geliefert. Nicht wenige davon hatten zu Erfolgen geführt, unter anderem zur erfolgreichen Gegenoffensive im Serena-System durch Streitkräfte der Koalition.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Horchposten verfügte Coriala IV nicht über Kriegsschiffe zum Schutz der dort stationierten Soldaten. Das System lag zu dicht an mehreren wichtigen ruulanischen Basen. Den Ruul wäre es nicht verborgen geblieben, wenn sich im Coriala-System terranische Schiffe aufgehalten hätten. Stattdessen verfügte die Basis über vier Kurierboote, die die Besatzung, bestehend aus lediglich zweiundfünfzig Mann, notfalls in Sicherheit bringen sollten.

Trotz der verschwindend geringen Besatzung und der relativ klein gehaltenen Basis – oder vielleicht auch gerade deshalb – hatte sich der Horchposten als eine der wichtigsten Anlagen dieser Art bewährt und wurde vom MAD inzwischen als unverzichtbar eingestuft. Unter der Besatzung des Coriala-Horchpostens grassierte seit Kurzem sogar das Gerücht, Brigadier General David Coltor persönlich würde sich die einkommenden Daten ansehen, zur Planung der nächsten Phase der Offensive gegen die Slugs.

Wenn man bedachte, über welches Heer an Analytikern der MAD verfügte, dann war das schon außergewöhnlich. Dass der Chef persönlich auf einen bestimmten Horchposten aufmerksam wurde, darauf konnte man mit Fug und Recht stolz sein.

Der Großteil der Anlage lag unter der Oberfläche des kargen Planeten, der beinahe nur aus Gebirgen und Gletschern bestand.

Der Hauptzugang der Anlage befand sich seitlich an einem Berghang in fast neunhundert Metern Höhe, der versteckte Hangar mit den Kurierbooten auf der anderen Seite. Selbst wenn jemand gewusst hätte, wonach er suchen sollte, wäre es einem potenziellen Angreifer schwergefallen, die Anlage zu finden.

Die Besatzung fühlte sich sicher.

Sie fühlte sich unangreifbar.

Mit dieser Einschätzung beging sie einen tödlichen Fehler.

Am Hauptzugang hielten zu diesem Zeitpunkt zwei Privates der Marines Wache. Die Männer waren pflichtbewusst und aufmerksam – aber auch müde. Sie standen bereits seit sieben Stunden dort. Eintönige Posten neigten dazu, die Soldaten in einem falschen Gefühl der Geborgenheit zu wiegen. Warum auch nicht? Die hoch entwickelte Elektronik des Horchpostens konnte Schiffsbewegungen über den Sektor hinaus orten und verfolgen. Jede angreifende Flotte wäre lang vor ihrem Eintreffen entdeckt worden. Es wäre in jedem Fall ausreichend Zeit geblieben, die Basis zu evakuieren.

Womit die Soldaten nicht rechneten, war ein Einsatz verdeckt operierender Kräfte. Und womit sie ganz sicher nicht rechneten, war ein Kommandounternehmen menschlicher Einheiten.

Die Tür piepte unvermittelt zweimal und schwang geräuschlos nach innen auf. Die beiden Soldaten rissen augenblicklich ihre Waffen hoch. Die Tür öffnete sich nur, wenn man den richtigen Code eingab – was ihres Wissens niemand getan hatte.

Vor dem Eingang tobte gerade ein Sturm. Heftige Windböen trieben Schneewehen herein und nahmen den Marines für einen Augenblick die Sicht.

Es handelte sich lediglich um Sekunden.

Mehr Zeit benötigten die Angreifer jedoch nicht.

Zwei vermummte Männer in weißen Tarnanzügen glitten durch die Öffnung wie Geister. Einer der Marines schoss, doch der rechte Angreifer ließ sich zu Boden fallen, rollte sich über die linke Schulter ab und riss den Marine mit einer Beinschere einfach um. Der Marine ließ sein Gewehr fallen und griff stattdessen zu seiner Seitenwaffe. Sein Gegner reagierte jedoch blitzschnell. Er nutzte den eigenen Schwung, um in eine Hocke zu kommen, und zertrümmerte mit einem gekonnten Schlag den Kehlkopf des Mannes. Dieser ließ seine Waffe fallen und griff sich stattdessen an den Hals. Er wand sich in Todesqualen und blickte seinen Gegner aus großen Augen an, bettelte wortlos, ihm doch zu helfen. Doch dieser musterte ihn lediglich ohne jegliches Mitleid.

Nachdem der Marine am eigenen Blut erstickt war, drehte der Angreifer sich um. Sein Partner zog gerade ein bösartig aussehendes Kampfmesser aus dem Herzen des anderen Marines. Dieser hatte nicht einmal die Zeit gehabt, seine Waffe abzufeuern.

Der vermummte Mann nickte zufrieden und gab über ein kleines ComGerät an seinem Handgelenk ein einzelnes Signal ab. Es dauerte nur Sekunden und sieben weitere in gleicher Weise gekleidete Männer standen im Raum.

Das neunköpfige Angriffsteam war komplett.

Unter seiner Maske grinste der Anführer des Teams. Sie hatten die Anlage infiltriert, ohne einen Alarm auszulösen. Der Spaß konnte also beginnen.

Lieutenant Adejola Okoye gönnte sich auf seinem Weg in die Kommandozentrale eine Tasse Kaffee. Das Gebräu hielt zwar keinen Vergleich mit französischem Kaffee stand, den er auf seinem letzten Posten in Paris hatte genießen dürfen, doch er war heiß und weckte die Lebensgeister. Mehr konnte man von Kaffee auf diesem von Gott verlassenen Eisklumpen, der sich großartig Planet schimpfte, nicht erwarten.

Der dunkelhäutige Adejola stammte aus Kenia, genauer gesagt aus Nairobi. Nicht weit von seinem Elternhaus – eigentlich sogar in Sichtweite – befand sich ein Teil des ROCKETS-Ausbildungszentrums. Bei Kriegsbeginn hatte er sich ursprünglich zu den ROCKETS melden wollen, doch die Aufnahmebedingungen waren hart und die Durchfallquote der Rekruten hoch. Er hatte nicht einmal die Musterung geschafft. Also hatte er sich für die zweitbeste Lösung entschieden: eine Karriere beim MAD.

Adejola war sich nicht ganz sicher, was er sich unter einer Tätigkeit beim MAD vorgestellt hatte, auf jeden Fall etwas Aufregendes. Die Wahrheit war ernüchternd und die Realität hatte ihn schnell eingeholt. Beim Geheimdienst bestand der Großteil der Tätigkeit im Sammeln und Auswerten von Daten. Wichtigen Daten zwar, aber nichtsdestoweniger nur Daten. Eine Ansammlung von Einsen und Nullen auf einem Datenträger. Die Action hatten am Ende all jene, die aufgrund dieser Daten handelten und sich den Ruul stellen durften. Etwas, das er auch nur zu gern getan hätte. Er seufzte tief. Ja, am Krieg teilzunehmen hatte er sich in der Tat etwas glorreicher vorgestellt.

Die Tür öffnete sich zischend und er betrat – immer noch an seinem Kaffee schlürfend – die Kommandozentrale des Coriala-IV-Horchpostens. Wobei Kommandozentrale in diesem Fall eine beschönigende Bezeichnung war. Der Raum wurde von Unmengen an Computern eingenommen, die nichts anderes taten, als die unzähligen Daten der Sensoranlage des Horchpostens abzurufen, auszuwerten, auf ihre Wichtigkeit hin zu analysieren und anschließend zur Weiterleitung an den MAD auf einer externen Festplatte abzuspeichern. Sie erledigten das völlig selbstständig. Die fünf Offiziere, die an den Kontrollstationen saßen, taten im Prinzip nichts anderes, als diesen Vorgang zu überwachen und sicherzustellen, dass nichts schiefging.

Ihre eigentliche Arbeit begann erst dann, wenn etwas Unvorhergesehenes eintrat oder sie auf eine besonders wichtige Information stießen, was seit der Koalitionsoffensive gegen Serena nicht mehr geschehen war. Die Ruul verhielten sich auffallend ruhig, beschränkten sich darauf, lediglich die besetzten Gebiete zu sichern. Der MAD war zu der Meinung gelangt, dass sie dabei waren, ihre Verluste auszugleichen. Die Niederlage auf Serena hatte sie einiges gekostet, vielleicht mehr, als es MAD und Oberkommando bewusst war.

Beide Seiten hatten sich von Serena noch längst nicht erholt, und das, obwohl der Feldzug bereits über ein Jahr zurücklag. Die Terraner und ihre Verbündeten bauten wie wild Schiffe und bildeten im Eilverfahren neue Truppen aus. Die Seite, die am schnellsten wieder einsatzbereit war, bekam im weiteren Kriegsverlauf einen deutlichen Vorteil.

Adejola fragte sich, zu welchem Zweck ein Horchposten überhaupt eine menschliche Besatzung benötigte. Der einzige Grund, der ihm einfiel, war Tradition. Horchposten hatten schon immer eine menschliche Besatzung gehabt, also warum etwas ändern? Im Endeffekt hätten die Computer den Job auch alleine erledigen können. Man müsste lediglich hin und wieder ein Schiff vorbeischicken, das die Daten einsammelte. Adejola lächelte. Beinahe, als würde man eine Ernte einfahren.

»Darf ich fragen, was Sie so amüsiert, Lieutenant?«, fragte Lieutenant Commander Enrique Ramirez, der Kommandant der Basis.

»Mir wurde nur gerade die Sinnlosigkeit so mancher Existenzen bewusst.«

»Jemand, den ich kenne?«

Zur Antwort zuckte Adejola lediglich leicht mit den Achseln. Er konnte Ramirez im Prinzip ganz gut leiden, aber nicht gut genug, um ihn an seinen Selbstreflexionen teilhaben zu lassen, insbesondere nicht an solchen, die in eine emotionale Sackgasse führten.

»Sie sind ja heute wieder gesprächig«, frotzelte Ramirez.

»Ich bin nur etwas nachdenklich«, wiegelte Adejola ab, doch Ramirez ließ nicht locker.

»Ist eigentlich nicht untypisch für jemanden vom MAD. Das muss bei euch doch von Rechts wegen in der Stellenbeschreibung stehen.«

Adejola wandte sich ab und tat so, als würde er einen der Bildschirme studieren, damit Ramirez nicht sah, wie er seine Augen verdrehte.

Ramirez liebte es, über den Geheimdienst herzuziehen. Das war durch die Bank weg bei allen Waffengattungen nicht gerade unüblich, doch Ramirez überspannte den Bogen. Dem Mann war nicht klar, wenn er es zu weit trieb. Der Flottenoffizier trampelte heute auf Adejolas ohnehin blank liegenden Nerven herum.

»Commander?« Der weibliche Ensign, der als Ramirez’ Kommunikationsoffizier diente, drehte sich mit verwirrte Miene herum.

»Ja?«

»Die Wache am Nordeingang meldet sich nicht mehr. Die Routinemeldung alle dreißig Minuten ist ausgeblieben. Und auf meine Nachfrage hat sich auch niemand gemeldet.«

»Ist sicher nur eine technische Störung. Schon wieder. Vielleicht haben die da unten einfach gerade keinen Empfang. Das kann auf diesem Planeten schon mal vorkommen. Ist nichts Wildes. Ich wette, bei der nächsten Meldung haben wir wieder Kontakt.«

Adejola richtete sich auf. Seine erste Empfehlung hätte eigentlich gelautet, die Sache zu ignorieren, ganz so, wie Ramirez es offenbar vorhatte. Doch sein Pflichtgefühl übernahm die Oberhand. Wenn er sich von der Ruhe seines derzeitigen Postens einlullen ließ, dann wurde er nie befördert. In diesem Fall würde er auf diesem Eisklumpen versauern, bis ihm die Klöten abfroren. Ein Schicksal, das er tunlichst vermeiden wollte. Er mochte seine Klöten.

»Wir sollten trotzdem mal nachsehen«, widersprach er Ramirez’ Bemerkung.

»Ist das Ihr Ernst?« Ramirez schien vom Gegenwind des MAD-Offiziers eher überrascht denn verärgert. »Ich glaube kaum, dass das nötig sein wird.«

»Paragraf neun Absatz drei Strich fünf der Dienstvorschrift besagt eindeutig, dass auf einer Basis in Feindnähe …«

»Schon gut, schon gut, schon gut«, lenkte Ramirez unwillig ein, bevor Adejola ganz ausgesprochen hatte. »Von mir aus. Nehmen Sie zwei Marines und inspizieren Sie die Wache.«

Adejola verkniff sich ein Lächeln. Es würde nicht lange dauern, die Posten zu inspizieren, doch auf diesem langweiligsten Posten des Universums war jede Ablenkung willkommen, egal wie unbedeutend sie auch sein mochte.

Adejola nickte Ramirez dankend zu. Dieser behielt eine sorgsam neutrale Miene bei, doch in seinen Augen funkelte es schelmisch. Natürlich wusste er, warum Adejola so darauf drängte, diese Aufgabe auszuführen. Es ging hier lediglich darum, die Zeit totzuschlagen. Um nichts anderes. Adejola hegte den Verdacht, Ramirez wäre am liebsten selbst mitgekommen, wenn er hier nicht das Kommando innegehabt hätte.

Adejola bedeutete zwei Marines, ihm zu folgen. Die Männer warfen sich einen verschmitzten Blick zu. Auch sie nahmen die vor ihnen liegende Aufgabe nicht ernst. Für sie war es eine willkommene Gelegenheit, sich die Beine etwas zu vertreten.

Auf dem Weg zur Tür, nippte Adejola an seiner inzwischen halb vollen Kaffeetasse. Das Gebräu schmeckte besser, umso öfter man davon trank. Das war an und für sich ein schlechtes Zeichen. Das Zeug war nämlich wirklich miserabel.

Adejola hatte die Tür beinahe erreicht, ein Marine ging vor ihm, der zweite hinter ihm, da öffnete sie sich mit einem Mal – jedoch nur einen Spaltbreit.

Ein zylinderförmiges Gebilde segelte durch die Luft und kam direkt vor den Füßen des vorderen Marines auf dem Boden auf.

»Granate!«, schrie der Mann und hechtete zur Seite.

Adejola war für einen Sekundenbruchteil wie erstarrt. Er fühlte, wie jemand hinter ihm nach seiner Uniform griff und ihn überraschend stark zur Seite riss. All dies bekam er wie in Zeitlupe mit.

Die Granate explodierte. Der Marine vor ihm wurde noch in der Luft von der Detonationswelle erfasst. Was von ihm übrig blieb, prallte gegen die Wand. Die Reste seiner Uniform waren mit seiner Haut verschmolzen. Das bloße Fleisch lugte an seinem ganzen Körper hervor und dampfte. Es stank bestialisch.

Adejola landete unsanft auf dem Boden. Er zerrte an seinem Holster, um die Seitenwaffe zu befreien. Der zweite Marine feuerte. Seine Projektilwaffe hustete in kurzen, präzisen Salven.

Die Tür öffnete sich nun ganz. Das Feuer wurde erwidert. Einschläge auf der Brust des Marines, ließen dessen Körper regelrecht tanzen, bevor er rücklings fiel. Sein Gewehr landete unweit von Adejolas Händen. Ohne zu überlegen, griff er danach. Das Gewicht der Waffe fühlte sich gut an. Beruhigend.

Weitere Schüsse durchdrangen die Luft. Adejola robbte über den Boden. Ein Körper stürzte direkt vor ihm zu Boden. Es war der weibliche Ensign. Ihre gebrochenen Augen standen weit offen. Sie starrten Adejola vorwurfsvoll an.

Er spürte, wie seine Hände zu zittern begannen. Er wollte der Frau die Augen schließen, doch unvermittelt peitschten weitere Schüsse durch den Raum. Adejola ließ das Gewehr des Marines fallen und robbte nun, so schnell er konnte. Er wollte nur noch fort. Es war ein unwürdiger Gedanke, doch er konnte nicht anders. Er musste hier weg. Adejola wollte einzig überleben.

Mindestens einer der Soldaten aus der Kommandozentrale feuerte noch auf die unbekannten Angreifer. Adejola nutzte das abflauende Feuergefecht als Deckung. Immer noch über den Boden robbend, erreichte er die Leiter, die zur Ebene über ihnen führte.

Der MAD-Offizier rappelte sich auf und stieg die Stufen hinauf. Etwas Heißes zupfte an seinem Oberschenkel. Adejola keuchte vor Schmerz unterdrückt auf, biss jedoch die Zähne zusammen und arbeitete sich Stufe für Stufe hoch. Er stieß die Klappe über sich auf und hangelte sich hindurch.

Unter sich hörte er Ramirez aufschreien und etwas Schweres zu Boden poltern. Adejola schlug die Klappe hinter sich wieder zu, dann jedoch besann er sich eines Besseren und öffnete sie einen Spaltbreit. Nervös lugte er hindurch. Sein Oberschenkel schmerzte wie die Hölle. Er bedeckte die Schusswunde mit seiner Hand, doch das half wenig gegen das hervorsprudelnde Blut. Es war zum Glück nur eine Fleischwunde, aber dennoch nicht ungefährlich. Adejola wurde leicht schummrig. Er musste bald etwas gegen den Blutverlust unternehmen oder er würde hier sterben.

Die Neugier hielt ihn jedoch an Ort und Stelle. Vor Spannung hielt er den Atem an. Unter sich sah er Ramirez über den Boden kriechen. Der Flottenoffizier blutete aus drei Wunden im Oberkörper. Trotzdem weigerte sich dieser aufzugeben.

Einer der weiß gekleideten Angreifer kam näher, drehte Ramirez grob auf den Rücken und pflanzte seinen Fuß auf dessen Brustkorb. Ramirez keuchte auf.

»Wer … wer sind Sie?« Ramirez’ Stimme klang heiser vor Schmerz und Blutverlust.

»Spielt das ernsthaft eine Rolle?«, fragte der unbekannte Angreifer zurück. Bei dem Klang der Stimme lief Adejola ein eisiger Schauer über den Rücken. In seinem ganzen Leben hatte er noch nie einen Tonfall bar jeder Emotion, bar jeden Mitgefühls gehört. Bis heute.

Der Mann hob seine Waffe und schoss ohne weiteren Kommentar Ramirez zweimal in den Kopf. Der Körper des Flottenoffiziers zuckte bei jedem Einschlag, schließlich herrschte Stille. Die Stille eines Friedhofs.

»Durchsucht die ganze Anlage«, befahl der Mann, bei dem es sich offenbar um den Anführer handelte, seinem Team. »Zerstört die Kurierboote. Und lasst keine Überlebenden zurück. Bevor wir hier fertig sind, will ich höchstpersönlich die Leiche jedes Mitglieds der Basisbesatzung sehen.«

1

Colonel Pedro Mendoza rekelte sich, um die verspannten Muskeln in seinem Nacken und seinem Rücken zu lockern. Seit über drei Stunden saß er nun schon an seinem Schreibtisch und ging die Ausbildungsberichte durch – und er hasste es.

Pedro stand auf und ging zum Fenster auf der Westseite seines Büros. Er war ein einfacher Mann und die Ausstattung seines Büros spiegelte diese Eigenschaft wider. Er hielt nicht viel von unnötigem Tand.

Er öffnete das Fenster und lehnte sich hinaus. Pedro nahm einen tiefen Atemzug und genoss die trockene Luft Kenias. Am Horizont ging bereits die Sonne unter und tauchte den Horizont in rötlichen Schein, als würde der Himmel brennen. Pedro liebte diesen Teil des Tages. Er nahm sich jeden Abend Zeit, dieses Schauspiel zu bewundern – sofern seine Pflichten dies zuließen natürlich. In den letzten Jahren war dies beinahe zu einem Ritual geworden. Pedro hatte viel erreicht. Vor nunmehr beinahe zwanzig Jahren hatte er der SESO angehört, der Sondereinheit für Spezialoperationen des MAD. Nach den Vorkommnissen auf dem Mars, die von Coltor und Kepshaw vereitelt worden waren, war er sogar zum Kommandeur der SESO aufgestiegen, nachdem er das Offiziersprogramm absolviert hatte. Bei Kriegsbeginn war er zu den ROCKETS gewechselt, und als David Coltor zum Chef des MAD ernannt wurde, hatte dieser Pedro als Nachfolger ausgewählt und nun führte er die ROCKETS von Nairobi aus. Es war ein großer Vertrauensbeweis Coltors gewesen. Und es war eine große Verantwortung, die auf Pedros Schultern lastete. Er betrachtete es als Ehrensache, dass nur ROCKETS diese Einrichtung verließen, die der vor ihnen liegenden Aufgabe auch gewachsen waren. Daher nahm er sich immer die Zeit, nach bestandener Prüfung mit jedem Absolventen des Ausbildungszentrums ein persönliches Gespräch unter vier Augen zu führen – und das gänzlich ungeachtet der Noten der betreffenden Person. Es war seine persönliche Art der Qualitätskontrolle, wie er selbst immer wieder halb im Scherz sagte.

Pedro wollte das Fenster schon wieder schließen, als ihm eine Fahrzeugkolonne auffiel, die sich aus Richtung der Stadt näherte. Er kniff die Augen zusammen, um mehr zu erkennen. Es handelte sich eindeutig um einen Militärkonvoi. Zu den Fahrzeugen zählten nicht wenige Truppentransporter. Sie wurden von tief fliegenden Anakonda-Kampfhubschraubern aus der Luft gedeckt. Man könnte beinahe zu der Meinung gelangen, dieser Konvoi ziehe in eine Schlacht. Und sie hielten direkt auf das ROCKETS-Ausbildungszentrum zu.

Pedro schloss verwirrt das Fenster und verließ sein Büro. Er begab sich auf dem schnellsten Weg ins Erdgeschoss. Es begegneten ihm nicht viele Menschen. Die Kadetten hatten bereits auf ihren Zimmern zu sein und die wenigen voll ausgebildeten ROCKETS, die sich derzeit hier aufhielten, hatten entweder frei und feierten dies in der Stadt oder schliefen ebenfalls schon.

Als Pedro den Haupteingang durchschritt, fuhr der Konvoi gerade durch den Hof. Die Helikopter bezogen über dem Hauptgebäude Stellung. Ihre Waffen richteten sich auf den Flügel, in dem sich der Schlafsaal der Kadetten befand. Die unausgesprochene Drohung hätte deutlicher nicht sein können.

Die Soldaten verließen ihre Fahrzeuge. Es waren beunruhigend viele und sie gehörten ausnahmslos der TKA an. Die Männer und Frauen schwärmten auf dem Gelände aus und drangen ohne Vorankündigung in alle Gebäude ein.

»Was zum Teufel geht hier vor?«, schrie Pedro, um sich über den Lärm der Helikopterrotoren verständlich zu machen.

Endlich geruhte einer der TKA-Offiziere, sich mit ihm zu befassen. Es handelte sich um einen Major, dem die Abscheu ins Gesicht geschrieben stand. Pedro ließ sich davon jedoch nicht einschüchtern.

»Colonel Pedro Mendoza?«

»Sie wissen verdammt gut, wer ich bin. Was soll dieser ganze Mist?«

Mit einem Auge bekam er mit, wie TKA-Soldaten die noch schlaftrunkenen Kadetten aus dem Gebäude scheuchten und auf dem Hof zusammentrieben. Kurz darauf geschah dasselbe mit den voll ausgebildeten ROCKETS. Ein wenig amüsiert stellte Pedro fest, dass mehrere der TKA-Soldaten, die die ROCKETS vor sich herscheuchten, Blessuren aufwiesen. Einer humpelte sogar und mindestens ein weiterer hatte eine gebrochene Nase. Mit den ROCKETS legte man sich nicht ungestraft an. Weniger amüsiert nahm er auf, dass auch einige seiner eigenen Leute verletzt waren. Viele Kadetten wiesen Blutergüsse im Gesicht auf und einer der ROCKETS musste von zweien seiner Kameraden gestützt werden.

»Ich verlange eine Erklärung«, forderte Pedro erneut.

»Sehr gern«, gab der TKA-Major zurück. »Sie und Ihre Leute stehen hiermit unter Arrest. In diesem Moment werden alle gerade im Einsatz befindlichen ROCKETS-Teams zurückgerufen und ebenfalls unter Arrest gestellt.«

Eine eisige Klaue langte nach Pedros Herz und griff zu. Er drohte den Boden unter den Füßen zu verlieren.

»Mit welcher Begründung?«

»Hochverrat, Verschwörung und Mord an über fünfzig Soldaten einer geheimen Basis. Pedro Mendoza, ich erkläre Sie hiermit für verhaftet.«

Admiral Johannes Malkner widerstand dem Drang, sich umzusehen. Er wusste auch so, dass man ihm folgte.

Die Datendisc in seiner Tasche fühlte sich an, als würde sie ein Loch hineinbrennen. Der Admiral hielt einen Moment inne und sah durch das große Fenster der Aussichtslounge. Außerhalb des Fensters befand sich der Abflugbereich des militärischen Raumhafens São Paulo. Der Militärraumhafen war einer der größten auf der Erde und er kam nie zum Stillstand.

Zu jeder beliebigen Tages- und Nachtzeit wurden hier Shuttles, Sanitäts- und Versorgungsschiffe beladen, entladen oder anderweitig abgefertigt, außerdem auch noch ein großer Teil der Truppenverschiffung vom Solsystem zur Front oder anderen wichtigen Standorten.

Normalerweise löste der Anblick so etwas wie Befriedigung in Malkner aus. Es bewies ihm, dass er Teil von etwas Größerem war, etwas, das dem Schutz der Menschheit diente. Diesem Ziel hatte er sich voll und ganz verschrieben.

Doch nicht heute. Heute löste der Anblick ein ganz anderes Gefühl aus: Angst. Pure, nackte Todesangst.

Dort unten warteten Tausende von Soldaten, Hunderte von Panzern und Fahrzeugen sowie Tonnen an Ausrüstung darauf, verschifft zu werden. Doch diente das allem noch dem Schutz der Menschheit?

Geistesabwesend tastete seine rechte Hand in die Tasche seiner Uniform und streichelte die Datendisc. Wenn auch nur die Hälfte der Dinge, die auf dieser Datendisc standen, stimmten, dann befanden sie sich alle in größter Gefahr.

Seine Gedanken rasten. An wen sollte er sich wenden, mit dem, was er herausgefunden hatte? An den MAD? Die Präsidentin? Beides gute Möglichkeiten, doch er verfügte allenfalls über ein paar gesammelte Daten und eine wirre Theorie. Nicht genug, um eine Intervention des MAD zu rechtfertigen. Er kannte Coltor gut genug. Der Mann würde ihm zweifelsohne zuhören, doch dieser konnte die Verantwortlichen nicht ohne unwiderlegbare Beweise festsetzen. Coltor würde mehr brauchen. Wesentlich mehr.

Malkner atmete tief durch.

Er erinnerte sich daran, wie er zu Beginn des Krieges zuerst die New-Zealand-Raumfestung kommandiert und nach deren Fall als Befehlshaber der Alamo-Station an der Schlacht um Fortress teilgenommen hatte. Damals war alles so viel einfacher gewesen. Man hatte gewusst, wo die Fronten verliefen, wer der Feind war und dass man ihn mit allen Mitteln bekämpfen musste. Die Dinge waren neuerdings leider nicht mehr ganz so klar.

Er hatte das Gefühl, die Wirklichkeit habe sich verändert, sei irgendwie … schwammiger geworden. Weniger greifbar. Nun musste man sich hüten, ob nicht vielleicht der Kamerad an der eigenen Seite ein Feind war.

Malkner stützte sich auf das Geländer vor ihm und ließ den Kopf hängen. Was sollte er nur tun? Selten zuvor hatte er sich so hilflos gefühlt. So allein.

Malkner riss sich sichtlich zusammen und straffte die Schultern. Er war immer noch Offizier der Konglomeratsstreitkräfte. Wenn er sich Selbstmitleid und Hoffnungslosigkeit hingab, würde es keine Rettung mehr geben. Für niemanden.

Sein unsteter Blick fuhr suchend über das Flugfeld. Bei einem der Shuttles blieb er haften. Das kleine Schiff war zu weit entfernt, um Namen oder Kennung erkennen zu können. Das war auch gar nicht nötig. Wenn er den Flugplan des Raumhafens richtig im Kopf hatte, dann handelte es sich um ein Shuttle der TKSWales, eines Leichten Kreuzers der Falcon-Klasse.

Malkner überlegte. Der Skipper der Wales war ein alter Freund. Unter Umständen wäre dieser bereit, ihm einen Gefallen zu tun. Das Schiff war zur Reparatur und Neuausrüstung bis auf Weiteres im Solsystem stationiert, das hieß, es wurde derzeit nicht für eine Mission gebraucht. Ein Admiralsrang brachte so seine Vorzüge mit sich. Das Schiff für ein paar Tage auszuleihen, mochte vielleicht die Lösung für all seine Probleme sein. Er brauchte Beweise. Schlüssige Beweise. Und es gab nur einen Ort, wo er diese finden könnte.

Malkner schluckte den Kloß hinunter, der dabei war, sich in seiner Kehle zu bilden. Es war ein radikaler Schritt, sich für einige Tage abzusetzen. Den Betrieb des Raumhafens konnte er seinem Adjutanten für kurze Zeit aufbürden. Der Mann regelte das meiste ohnehin bereits im Alleingang. Aber für das, was ihm vorschwebte, konnte man ihm unter Umständen den Prozess wegen Fahnenflucht machen, ganz davon zu schweigen, dass er den Skipper der Wales ebenfalls in ernste Schwierigkeiten brachte. Doch welche Möglichkeiten blieben ihm denn?

Malkner war hin und her gerissen. Es widerstrebte ganz entschieden, seinen Posten als Kommandant des Raumhafens São Paulo ohne ausdrückliche Genehmigung zu verlassen. Doch gerade die konnte er nicht einholen. Wenn er um die Genehmigung ersuchte, würden Menschen davon erfahren, die auf gar keinen Fall davon erfahren durften.

Malkner atmete erneut tief ein. Es führte kein Weg vorbei. Entweder er wagte den Schritt – oder er vernichtete die Datendisc in seinem Besitz und vergaß, dass er sie je erhalten hatte.

Malkner straffte die Schultern, löste sich vom Geländer und steuerte den nächsten Aufzug an, der ihn hinunter zum Flugfeld bringen würde.

Während der ganzen Zeit beobachtete er aus den Augenwinkeln die Menschen ringsum. Er achtete peinlich genau auf jedwedes Zeichen, dass ihm jemand in unangemessenem Umfang Aufmerksamkeit schenkte.

Malkner war ein erfahrener Offizier und ein guter Beobachter. Trotzdem entgingen ihm die drei Männer, die sich aus der Menge lösten und ihm folgten.

2

Lieutenant Colonel Rachel Kepshaw von der Abteilung für Innere Sicherheit stürmte in David Coltors Büro, ohne anzuklopfen. David sah auf. Als er seine alte Freundin und Kollegin erkannte, wollte er lächeln. Dieses erstarb im Ansatz, als er ihren Gesichtsausdruck bemerkte.

Seine Sekretärin versuchte, sich an Rachels Körper vorbeizuschieben, was jedoch völlig misslang.

»Tut mir leid, General«, rechtfertigte sie sich. »Sie ist einfach an mir vorbeigestürmt.«

David legte die Akte, die er soeben studiert hatte, beiseite. »Ist schon gut, Alice. Lassen Sie uns bitte allein.«

Seine Sekretärin wirkte nicht überzeugt, warf Rachels Rücken noch einen mörderischen Blick zu, verließ dann aber ohne Widerspruch das Büro.

»Lass mich raten, weshalb du hier bist.« David musterte sie eindringlich.

»Die ROCKETS.«

David seufzte tief und nickte. »Ja, natürlich. Die ROCKETS.« Er deutete auf einen Stuhl. »Willst du dich nicht setzen?«

»Ich stehe lieber«, lehnte sie unwirsch ab. Sie trat zwei Schritte näher. »Verdammt, David. Was sollte das?«

»Es war nicht meine Idee.«

»Wessen dann?«

»Präsidentin Tylers.«

»Was?«, stieß Rachel ungläubig hervor. »Aber wieso?«

»Willst du dich nicht doch lieber setzen?«

Rachel beruhigte sich langsam, nickte, zog einen Stuhl heran und setzte sich mit steifem Rücken darauf.

Sie legte den Kopf schief und sah ihn fordernd an. »Also?«

»Es gab einen schweren Zwischenfall.«

»Welcher Art?«

»Die Besatzung eines Horchpostens wurde massakriert. Auf Coriala IV.«

»Die Ruul.«

»Nein, es waren Menschen.«

Falls überhaupt möglich, wurde ihr Körper noch steifer. »Ist das sicher?«

»Zwei der Angreifer wurden bei dem Feuergefecht getötet. Rachel, es handelte sich um ROCKETS.«

»Das ist unmöglich.«

»Es wurde bereits bestätigt. Die Informationen entsprechen den Tatsachen.«

»Warum sollten ROCKETS einen terranischen Horchposten ausheben?«

»Tja, das ist eine gute Frage. Es gibt da eine Theorie.«

»Welche wäre?«

»Dass der Horchposten etwas aufgezeichnet hat, das er nicht sollte. Etwas, das niemand hören sollte. Sämtliche Aufzeichnungen der Basis wurden zerstört, ebenso wie das Back-up.«

»Das Back-up auch? Wer könnte so etwas fertigkriegen? Das ist gar nicht so einfach, wie es sich anhört.«

»Ich weiß. Wer immer das getan hat, erlangte Zugriff auf Dateien der obersten Geheimhaltungsstufe. Eine Stufe, zu der Pedro Mendoza gehört.«

»Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass Pedro Mendoza dafür verantwortlich ist. David, um Himmels willen, wir kennen den Mann seit fast zwanzig Jahren. Auf dem Mars rettete er uns das Leben.«

»Natürlich glaube ich das nicht.« David zögerte. »Nicht wirklich.«

Rachel sah ihn ungläubig an. »David? Das kannst du nicht ernst meinen.«

Der Leiter des MAD fluchte unterdrückt. »Verdammt, ich weiß es nicht, Rachel. Die Beweise sind verdammt erdrückend.«

Trotz des ernsten Gesprächsthemas, schmunzelte Rachel. »Soweit ich mich entsinne, war das bei dir damals auf Serena auch der Fall.«

David stutzte und erwiderte schließlich das Lächeln. »Touché!«

Rachels Miene verdunkelte sich schnell wieder. »Trotzdem ist das alles sehr beunruhigend.«

David schnaubte. »Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts.«

»Warum sollte Pedro so etwas tun? Ich verstehe immer noch nicht das Motiv.«

»Die Theorie, von der ich dir erzählt habe, ist noch nicht fertig. Man glaubt, dass die ROCKETS ihr eigenes Süppchen kochen und etwas vorhatten. Etwas gegen die Regierung.«

»Einen Putsch?« Rachels Stimme gewann an Intensität. »Das ist lächerlich.«

»Wie gesagt, das ist es, was man glaubt.«

»Man? Wer ist man?«

»Lieutenant General Simon Henstridge.« David nahm die Akte auf, die er soeben studiert hatte, und reichte sie Rachel, die sie wortlos entgegennahm, aufschlug und studierte.

»Der Name sagt mir was. Er ist ein hohes Tier der Heimatverteidigung, nicht wahr?«

»Ja, eines der höchsten Tiere sogar. Und er hat das Ohr der Präsidentin.«

Rachel sah mit erhobenen Augenbrauen von ihrer Lektüre auf. »Und seine Akte liegt rein zufällig auf deinem Schreibtisch?«

David sah sich zu einem Schmunzeln genötigt und blickte schuldbewusst drein.

Rachel lachte schallend auf. »Du Mistkerl, du ermittelst gegen ihn. Du glaubst genauso wenig an die Schuld der ROCKETS wie ich.«

David zuckte die Achseln. »Meiner Erfahrung nach hat immer der am meisten Dreck am Stecken, der mit dem Finger auf andere zeigt. Wenn Henstridge die ROCKETS beschuldigt, dann will ich wissen warum.«

»Es wäre mir lieber gewesen, die Innere hätte die ROCKETS unter Arrest gestellt. Meine Leute wären deutlich feinfühliger vorgegangen. Ich hörte, es gab Verletzte auf beiden Seiten.«

»War nicht meine Idee. Ich hab selbst erst vor einer Stunde davon erfahren und da war bereits alles zu spät. Henstridge hat die Präsidentin davon überzeugt, den Geheimdienst und die Innere aus der Sache herauszuhalten. Wegen unserer engen Verbindungen zu den ROCKETS und zu Mendoza.«

»Und ich hab sie auch noch gewählt.«

»Geh nicht zu hart mit ihr ins Gericht. Sie hatte keine Wahl. Einundfünfzig Leute sind auf Coriala IV gestorben. Die Öffentlichkeit wollte, dass etwas geschieht, und zwar schnell. Außerdem ist Wahljahr. Wenn die Präsidentin die nächste Legislaturperiode noch erleben will, dann musste sie schnell und entschlossen handeln. Sie darf sich kein Zeichen der Schwäche erlauben.«

Rachel schlug die Akte zu und wog sie abwägend in den Händen. »Ich verstehe. Und was tun wir jetzt?«

»Wir stellen ebenfalls Ermittlungen an. Inoffiziell.«

»Ohne Wissen der Regierung?«

David lächelte erneut. »Wir sind der Geheimdienst, das machen wir doch tagtäglich. Außerdem würde uns die Regierung nur Steine in den Weg legen. Irgendetwas geht vor und wir müssen herausfinden, was das ist, bevor man sämtliche ROCKETS vor Gericht stellt und nach Lost Hope deportiert.«

Rachels Gesicht wurde aschfahl. »Glaubst du ernsthaft, das könnte passieren?«

»Im Augenblick rechne ich mit allem.«

»Also gut. Ich übernehme das persönlich.«

»Bist du sicher? Als hochrangiger Geheimdienstoffizier stehst du vielleicht schon unter Beobachtung.«

»Das würden sie nicht wagen.«

»Meinst du? Sind dir vielleicht zwei unscheinbare Fahrzeuge vor dem Gebäude aufgefallen.«

Sie schüttelte verwirrt den Kopf.

»Meine Schatten«, erwiderte David. Er versuchte, unbeschwert zu klingen, doch es gelang ihm nicht ganz.

»Du wirst überwacht?«

Er nickte. »Vor dem Nebeneingang stehen zwei weitere Fahrzeuge. Die gehen wirklich kein Risiko ein. Sobald ich das Gebäude verlasse, kleben sie mir an den Hacken.«

»Wer sind die?«

»SES würde ich schätzen. Das ist der einzige Geheimdienst, dem man aus Sicht der Regierung im Moment trauen kann.«

»Danke für die Warnung.«

»Sei sehr, sehr vorsichtig, Rachel. Im Augenblick müssen wir uns jeden Schritt gut überlegen.«

»Mach dir keine Sorgen. Ich weiß, wie ich mit so was umgehen muss.«

»Wo wirst du mit deinen Ermittlungen anfangen?«

Sie überlegte einen Augenblick, schließlich hellte sich ihr Gesicht auf. »Bei den sogenannten Beweisen.«

3

Trotz Davids Warnung verließ Rachel das Hauptquartier der Streitkräfte ganz offen durch den Vordereingang. David hatte ihr einen Wagen mit getönten Scheiben angeboten, den sie jedoch dankend abgelehnt hatte. Es gab nichts zu verbergen und ganz offen gesagt, sie hielt sich auch nicht für so wichtig, dass jemand ein Observationsteam auf sie ansetzte.

Sie winkte sich ein Taxi heran, bestieg den Rücksitz und wies den Fahrer an, zum Hafen von San Francisco zu fahren. Bis zum Abschluss der Untersuchung lagerten die Beweise, die man gesammelt hatte, im Zentralarchiv der Streitkräfte auf der ehemaligen Gefängnisinsel Alcatraz. Es handelte sich dabei, um eine der am strengsten gesicherten Einrichtungen des Planeten. Da Rachel als Leiterin der Inneren eine der höchsten Sicherheitseinstufungen genoss, dürfte das allerdings kein Problem darstellen.

Die Fahrt dauerte weniger als eine halbe Stunde. Sie bezahlte den Fahrer und stieg aus. Noch in derselben Bewegung bemerkte sie ein Fahrzeug auf der anderen Straßenseite. Rachel verfügte über eine ausgesprochen gute Beobachtungsgabe und glaubte, ein Fahrzeug zu erkennen, das bereits vor dem Hauptquartier gestanden hatte.

Sie musterte den Wagen unverhohlen. Soweit sie es erkennen konnte, saßen drei Männer im Inneren. Sie runzelte die Stirn. Während ihres Gesprächs mit David war sie versucht gewesen, ihm einen gewissen Hang zur Paranoia zu unterstellen. Anscheinend war dem nicht so. Offensichtlich stand nun auch sie unter Beobachtung, was zu einem nicht geringen Grad wohl ihrem Gespräch mit David zu verdanken war. Sie schüttelte den Kopf. Sollten sie ihr doch nachspionieren. Wie sie schon David gegenüber erwähnt hatte, gab es nichts, was sie zu verbergen hatte. Sie war ein loyaler Offizier und ihr einziges Bestreben war es, andere loyale Offiziere von einem Vorwurf zu entlasten, der ihnen durchaus die Todesstrafe einbringen könnte.

Rachel wandte dem Wagen demonstrativ den Rücken zu und steuerte eines der Zubringerboote nach Alcatraz an. Aus Sicherheitsgründen war die Insel nur über den Seeweg zu erreichen. Der Luftraum über der Insel galt als strenge Flugverbotszone, die nur in Notfällen außer Kraft gesetzt werden konnte.

Sie bemühte sich, eine entspannte Haltung an den Tag zu legen, doch nun, da sie von ihren Beobachtern wusste, fiel es ihr zunehmend schwerer. Sie glaubte nun bei jedem Menschen, der ihr zufällig begegnete, lauernde Augen zu entdecken.

So viel zum Thema Paranoia.

Es war herrlich unkompliziert, zu den Beweisen der ROCKETS-Ermittlungen vorgelassen zu werden – sah man davon ab, dass ihr auf dem Zubringerboot furchtbar schlecht geworden war. Ungeachtet ihrer Sicherheitseinstufung überraschte sie dieser Umstand. Entweder war man der Meinung, sie könne ohnehin nichts ausrichten, oder man war neugierig, was sie herauszufinden imstande war.

Wie dem auch sei, war ihr der Mangel an Gegenwind eigentlich nur recht. Es vereinfachte ihre Arbeit zumindest im Moment ganz erheblich.

Man führte sie in einen Raum tief im Inneren der Anlage. Das quadratische kleine Zimmer mit einer Kantenlänge von vielleicht fünf Metern verfügte über einen Tisch, einen Stuhl, einen Bildschirm, aber kein Fenster. Der Raum ließ sich nur von außen öffnen. Was Sicherheitsmaßnahmen anging, war man hier paranoid. Das hiesige Computersystem verfügte zum Beispiel über keinerlei Schnittstelle nach draußen, um Hackerangriffen vorzubeugen. Das Fehlen einer Vernetzung zu anderen Computersystemen beugte außerdem dem Einschleusen eines Computervirus oder eines Wurms vor. Wer auch immer Informationen wollte, musste sich schon herbemühen.

Innerlich schüttelte Rachel den Kopf. Gut möglich, dass zu Zeiten der Kinder der Zukunft solche Maßnahmen notwendig gewesen waren, doch heute kamen sie ihr gänzlich überholt vor.

Ein Mann trat zu ihr und hielt ihr eine Liste hin, auf der sie mit Datum und Zeitangabe unterschreiben musste. Wer auch immer Zugang zu den Beweisen haben wollte, musste sich hier erst registrieren. Rachel stutzte. Ein Name fiel ihr ins Auge: Admiral Johannes Malkner, der Befehlshaber des militärischen Raumhafens São Paulo.

Sie runzelte die Stirn. Sie hatte den Mann nie kennengelernt, wohl aber von ihm gehört. Als sie mit Alan Foulder das ruulanische Flaggschiff Tiamat infiltriert hatte, kommandierte Malkner die Alamo-Station über Fortress. Was hatte Malkner mit dieser Untersuchung zu schaffen und warum interessierte sich der Mann für die Beweise gegen die ROCKETS? Sie zuckte innerlich die Achseln und verschob die Klärung dieses Rätsels auf einen späteren Zeitpunkt. Sie reichte dem Mann die Liste zurück und dieser verließ immer noch wortlos den Raum.

Ein anderer Mann kam herein und stellte eine abgeschlossene Kassette vor ihr auf den Tisch. Er überreichte ihr eine Schlüsselkarte und verließ den Raum. Sie hörte hinter sich die Tür ins Schloss fallen.

Von Neugier getrieben öffnete sie die Kassette mithilfe der Schlüsselkarte und spähte hinein. Enttäuschung machte sich in ihr breit. Der Inhalt der Kassette bestand lediglich aus einem Datenträger und einigen wenigen Dokumenten. Sie untersuchte als Erstes die Dokumente. Es handelte sich um eine Bestandsaufnahme, der in dem Horchposten sichergestellten Beweise. Ganz oben auf der Liste stand eine Aufzeichnung der Geschehnisse, die die Überwachungsanlage aufgenommen hatte.

Sie rümpfte nachdenklich die Nase. Das wäre vermutlich ein logischer erster Schritt, also steckte sie den Datenträger in den Schlitz unterhalb des Bildschirms und startete die Aufnahme. Nachdenklich stützte sie ihr Kinn auf ihre Hände, während sie Zeuge des Angriffs wurde.

Die Aufzeichnung verlief zu Anfang vergleichsweise unspektakulär, dann jedoch überschlugen sich die Ereignisse. Ein Team von Angreifern verschaffte sich Zugang zur Anlage, schaltete die Wachen aus und drang zielstrebig und mit einer maximalen Opferzahl ins Nervenzentrum des Horchpostens vor. Dort entbrannte ein heftiges Feuergefecht, in dessen Verlauf der Kommandant des Horchpostens und jeder diensttuende Offizier der Kommandozentrale getötet wurde.

Die Angreifer machten sich sogleich an der Anlage zu schaffen und platzierten mehrere Sprengsätze. Sie arbeiteten in höchstem Maße effizient. Eine gewisse Affinität zu den Taktiken der ROCKETS war nicht von der Hand zu weisen. Außerdem waren es eindeutig Menschen.

Die Männer zogen sich nach getaner Arbeit zurück; lediglich Sekunden später detonierten mehrere Sprengsätze und zerstörten alle Anlagen der Kommandozentrale, angefangen bei den Sensoren bis hin zu den Speichereinheiten. An diesem Punkt endete die Aufzeichnung, vermutlich auch deshalb, weil ein Teil der Kameras zerstört worden war.

Sie überlegte angestrengt. Seltsam. David hatte etwas davon erzählt, dass zwei der Angreifer getötet worden waren, doch auf der Aufnahme waren keine Hinweise darauf zu finden.

Rachel lehnte sich zurück und überdachte das Gesehene. Das war nur einer der Punkte, die ihr in höchstem Maße merkwürdig vorkamen. Warum nur die Anlagen zerstören, aber nicht den kompletten Horchposten? Ein paar C-25-Sprengsätze an den richten Stellen hätten den Horchposten aus der Flanke des Berges heraussprengen können. Es hätte sämtliche Spuren auf die Angreifer ausgelöscht.

Rachel schnaubte. Die einzig logische Erklärung bestand darin, dass die Angreifer die Spuren gar nicht beseitigen wollten.

Sie startete eine zweite Aufzeichnung. Es handelte sich um Begebenheiten, die sieben Tage nach dem Überfall stattgefunden hatten. Nachdem der Kontakt zum Horchposten abgebrochen war, hatte man ein Schiff mit der Aufklärung betraut. Mit an Bord befanden sich Forensiker des MAD, die den Horchposten nun einer peinlich genauen Überprüfung unterzogen.

Viel vorzuweisen hatten sie allerdings nicht. Fingerabdrücke oder DNS waren nicht zu finden. Allerdings waren unter den Trümmern der Basis zwei Leichen gefunden worden. Rachel nickte. Also gab es tatsächlich Opfer unter den Angreifern. Das Bildmaterial wackelte immer wieder als der MAD-Offizier, der die Kamera hielt, durch die Trümmer stapfte. Das Bild der Aufzeichnung vergrößerte sich, bis die Gesichter der beiden Toten den gesamten Bildschirm ausfüllten. Sie waren positiv identifiziert worden als zwei Mitglieder eines ROCKETS-Teams. Team Bulldogge, um genau zu sein. Dies war der erdrückendste Beweis, der auf die Schuld der ROCKETS hindeutete.

Rachels Verstand arbeitete fieberhaft. Sie spielte noch einmal die Aufzeichnung des Angriffs ab. Sie glaubte, vielleicht etwas übersehen zu haben, doch dem war nicht so. In keiner einzigen Szene gab es auch nur den kleinsten Hinweis darauf, dass zwei der Angreifer gefallen waren. Wo also kamen plötzlich diese beiden Leichen her? Das war wirklich überaus dubios.

Sie blätterte weitere Dokumente durch. Bei einer handelte es sich um ein Verzeichnis der Stationsbesatzung. Es waren zweiundfünfzig Namen aufgeführt.

Sie stutzte.

Zweiundfünfzig?

Sie kramte in ihren Erinnerungen. Hatte David nicht etwas von einundfünfzig getöteten Soldaten gesagt? Doch die Besatzung bestand offenbar aus zweiundfünfzig Offizieren. Eilig suchte sie eine Liste der gefundenen Leichen und verglich sie mit dem Mitgliederverzeichnis des Horchpostens. Sie wurde auch recht schnell fündig.

Ein Name tauchte nur auf einer Liste auf: Lieutenant Adejola Okoye, Analytiker des MAD.

Der Mann war zum Zeitpunkt des Angriffs definitiv im Horchposten gewesen, aber seine Leiche war nie gefunden worden.

In Gedanken machte sie sich eine entsprechende Notiz. Der Sache musste man nachgehen. Natürlich konnte es mehrere Möglichkeiten geben, warum die Leiche nicht gefunden worden war, doch insgeheim zweifelte sie an jeder einzelnen. Man hatte den Stützpunkt buchstäblich auf den Kopf gestellt, aber nur einundfünfzig Opfer und zwei tote Angreifer gefunden. Was also war aus Okoye geworden? Hatte er zu den Angreifern gehört? Hatte er ihnen womöglich den Zugang zum Horchposten ermöglicht? Oder hatte er es irgendwie geschafft, zu entkommen? Falls dem so war, gab es unter Umständen sogar einen Augenzeugen des Angriffs.

Wie es schien, stapelten sich die Fragen, aber Antworten blieben aus. Sie musste über diese ganze Problematik ausführlich nachdenken.

Auf dem Datenträger befand sich noch eine weitere Datei. Zu ihrer grenzenlosen Überraschung ließ sie sich jedoch nicht ohne Weiteres öffnen, sondern verlangte einen Zugangscode. Der Schriftzug Streng Geheim erschien rot leuchtend auf dem Bildschirm. Sie versuchte ihren persönlichen Sicherheitscode, der ihr Zugang zu den meisten verschlüsselten Daten gewährte.

Fehlanzeige – die Datei verlangte weiter einen gültigen Code.

Sie starrte einen endlos scheinenden Moment auf den Bildschirm und entnahm schließlich den Datenträger. Sie legte alle Beweise fein säuberlich zurück in die Kassette und verschloss sie wieder.

Wie auf Kommando ging die Tür auf und der Mann, der die Kassette gebracht hatte, nahm sie ohne Kommentar an sich und verließ den Raum. Sie war wohl überwacht worden. Das war an und für sich keine große Überraschung.

Rachel erhob sich, wobei ihr Verstand weit entfernt weilte und das ganze Problem überdachte. Sie hatte gehofft, das Sichten der Beweise würde vielleicht ein, zwei Fragen klären, doch sie verließ Alcatraz mit weit mehr Fragen als Antworten.

4

Als das Zubringerboot sie wieder im Hafen von San Francisco absetzte, wurde sie bereits erwartet.

Vier Männer in legerer Alltagskleidung lümmelten sich betont unauffällig in der Nähe des Piers herum. Sie setzten sich in dem Moment in Bewegung, in dem Rachels Füße festen Boden berührten. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass die Männer sie angreifen wollten, trotzdem tastete ihre Hand wie selbstverständlich nach ihrer Seitenwaffe. Verstohlen löste sie den Verschluss über dem Griff, um die Waffe möglichst schnell ziehen zu können.

Sie war eigentlich der Meinung, ihre Handlung gut genug verborgen gehalten zu haben, doch einer der Männer – offenbar der Anführer – gab den anderen drei zu verstehen zurückzubleiben und näherte sich ihr allein. Der Kerl war gute zwei Köpfe größer als sie und durchtrainiert. Sie registrierte, dass er sich bemühte, auf sie keinesfalls bedrohlich zu wirken. Er lächelte sogar.

Seine Hand griff in die Innentasche seiner Jacke. Rachel war alarmiert und bereitete sich auf den Fall der Fälle vor. Doch anstatt einer Waffe förderte die Hand des Mannes ein Lederetui hervor, das er mit einer laschen Geste aufschlug. Darunter kam ein Ausweis zum Vorschein.

»Lieutenant Colonel Kepshaw? Agent Bowles. Flottensicherheitsdienst. Würden Sie uns bitte folgen?«

Ihre Augenbrauen zogen sich über der Nasenwurzel zusammen. Der Flottensicherheitsdienst war nur für Schiffe und Personal der Flotte zuständig. Er unterstand direkt dem jeweiligen höchstrangigen Flottenoffizier in dem betreffenden Sektor. Agenten der Flottensicherheit hatten einem Offizier der Inneren nicht das Geringste zu sagen. Hinzu kam die beinahe freche Art und Weise, wie er ihr gegenübertrat.

Seine Bemerkung war eine Aufforderung, keine Frage. Sie kannte solche Typen. Damit wollte er sicherstellen, dass sie verstand, er wäre im Prinzip nur höflich, sie aber hätte keine Wahl und müsste auf jeden Fall mitkommen.

Sie sah das jedoch völlig anders. Rachel hatte ihre Stellung nicht erhalten, weil sie sich schnell einschüchtern ließ. »Sie kennen also meinen Namen und meinen Rang. Dann nehme ich an, Sie kennen auch meine Position?«

Der Mann lächelte immer noch. Er war kein bisschen aus dem Konzept gebracht. Dies irritierte sie nun doch. Es sagte ihr, dass der Mann womöglich noch einen Trumpf im Ärmel hatte. »Ja, in der Tat, Colonel. Die weiß ich. Trotzdem muss ich Sie bitten, uns zu begleiten.«

»Bin ich verhaftet? In diesem Fall würde ich gern den Haftbefehl sehen.«

Der Mann zuckte leicht zurück. Sein Lächeln schwand ein wenig. Er hatte keinen Haftbefehl.

»Sie sind keineswegs verhaftet, Colonel. Und es gibt wirklich keinerlei Grund für Misstrauen oder Feindseligkeit. Es wünscht Sie lediglich jemand zu sprechen.«

Rachels Blick wanderte auffällig von Bowles zu seinen Kollegen und wieder zurück. »Ein Telefonanruf hätte es auch getan. Wer schickt denn vier Männer, um eine einfache Einladung zu überbringen?«

Bowles neigte leicht den Kopf. »Nun, an dieser Einladung ist nichts einfach. Es wäre für alle Beteiligten wirklich besser, wenn Sie mitkommen.«

Alles in Rachel sträubte sich gegen diese, nicht sonderlich subtile Art der Drohung. Vier Männer zu schicken, das verhieß an sich schon Zwang. Am liebsten hätte sie sich geweigert und wäre ihres Weges gegangen. Und sie gab einen feuchten Furz darauf, ob es diesen vier Schnöseln passte oder nicht. Sie traute sich durchaus zu, auch gegen die Einwilligung der vier Agenten ihren Weg fortsetzen zu können. Andererseits, man lud sie zu einem geheimnisvollen Treffen ein, nachdem sie die Beweise gegen die ROCKETS eingesehen hatte. Das war sicherlich kein Zufall. Ihre Neugier war geweckt. Sie nahm entsprechend die Hand von der Waffe, ließ allerdings die Schlaufe, die die Waffe im Holster sicherte, offen. Der Umstand entging Bowles keineswegs, entlockte diesem jedoch lediglich ein herablassendes Lächeln.

Sie gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, er möge vorangehen. Er tat wie geheißen, doch seine drei Kollegen nahmen Rachel in die Mitte, wobei einer von ihnen direkt hinter ihr ging, was der Geheimdienstoffizierin ganz und gar nicht behagte. Ihr Hinterkopf juckte förmlich in der Erwartung eines plötzlichen Angriffs.

Das Quartett eskortierte sie zu einem Wagen. Bowles öffnete ihr die hintere Tür und bedeutete Rachel einzusteigen.

»Und wo geht es hin?«

Bowles Lächeln wuchs in die Breite. »Lassen Sie sich überraschen.«

Die Fahrt dauerte tatsächlich nicht lange. Während der ganzen Zeit sagten ihre vier Begleiter nicht ein Wort und Rachel verspürte ebenfalls nicht die geringste Lust, ein Gespräch zu beginnen.

Nach etwa zwanzig Minuten erreichten sie den Raumhafen von San Francisco. Man ließ sie, ohne ihre Papiere zu überprüfen, durch die Absperrung, was Rachel bewies, dass sie bereits erwartet wurden.

Der Wagen brauste über den Asphalt des zivilen Teils des Raumhafens und sie erreichten nach wenigen Minuten den militärischen. Auch dort ließ man sie ohne viel Federlesens durch. Nun war Rachels Neugier erst recht geweckt.

Der militärische Raumhafen von San Francisco war bedeutend kleiner als der von São Paulo. Hier wurden hauptsächlich Offiziere zu ihren Schiffen befördert. Daher sah man hier kaum etwas anderes als Personenshuttles.

Der Wagen hielt mit quietschenden Reifen vor einem ziemlich modernen Shuttle des Typs drei. Eines der neuesten im Gebrauch der Flotte; es wurde seit seiner Indienststellung nur dazu benutzt, hohe Offiziere zu befördert. Um genau zu sein: Admiräle.

Bowles öffnete die Tür und ließ sie aussteigen. Er deutete auffordernd auf die geöffnete Luke des Shuttles.

»Man erwartet Sie bereits«, war alles an Informationen, was er preiszugeben bereit war.

Sie wollte an dem Agenten vorbeigehen, doch er hielt sie mit erhobener Hand auf. »Die Waffe bitte.« Er deutete auf das Holster an ihrer Seite.

»Das können Sie vergessen.«

Der Mann lächelte nachsichtig, auch wenn Rachel das boshafte Funkeln in den Augen des Mannes nicht entging. Am liebsten hätte er Gewalt angewendet, doch offensichtlich hatte man ihm befohlen, mit größtmöglicher Diskretion vorzugehen. Das schmeckte Bowles ganz und gar nicht, und wenn Rachel ihn richtig einschätzte, dann verstand sich der Mann darauf, Worten Taten folgen zu lassen.

»Ich bitte Sie, Colonel. Es besteht kein Grund, die Sache komplizierter zu handhaben als nötig. Geben Sie mir einfach die Waffe. Sie erhalten sie mit Sicherheit nach Ende des Treffens zurück. Glauben Sie mir, es lohnt sich.«

Rachel gab ihrer Neugier nun endgültig nach. Sie übergab Bowles widerstrebend ihre Waffe und stieg die Stufen zur geöffneten Luke hinauf. Im Vorbeigehen las sie die Registrierungsnummer auf der Außenseite des Schotts. Die Nummer wies das Shuttle als AARC-212, Beiboot Nummer eins, TKSProvidence aus.

Providence, Providence … wer kommandierte noch einmal die Providence?

Bevor sie den Gedanken zu Ende formuliert hatte, stand sie bereits im Inneren. Zwei Offiziere erwarteten sie. Zum einen ein Lieutenant General der TKA; sie kannte ihn vom Sehen: Simon Henstridge. Der TKA-General kommandierte alle auf der Erde stationierten Bodentruppen mit Ausnahme der Marines. Und ganz nebenbei fungierte er im Moment auch noch als Chefankläger der ROCKETS und war Ziel einer geheimen Ermittlung des MAD. Irgendwie war sie nicht überrascht, den Mann hier zu sehen. Auf den zweiten Offizier traf dies nicht zu.

Bei diesem handelte es sich um einen Volladmiral der Flotte. Sie erkannte ihn auf den ersten Blick. Der Mann war Admiral Thomas Eugene Perck. Sie verfluchte sich selbst, weil sie nicht daran gedacht hatte.

Perck. Natürlich. Perck kommandierte die Providence. Der Mann kommandierte außerdem sämtliche Flottenverbände im Solsystem. Ausgerechnet nicht auf seinen Namen zu kommen, grenzte für Rachel schon an eine Peinlichkeit. Nun war auch klar, auf wessen direkten Befehl die Agenten der Flottensicherheit handelten.

Perck war derzeit allgegenwärtig. Er war regelmäßiges Thema in den Nachrichten und so gut wie jeder Talkshow. Es wurde gemunkelt, er denke über eine politische Karriere nach und habe es auf das Amt des Präsidenten abgesehen, sobald seine Dienstzeit auslief. Die nächste Wahl stand bereits in wenigen Monaten an. Zu diesem Zeitpunkt würde er noch in der Flotte dienen, aber für die übernächste Wahl in fünf Jahren galt er als aussichtsreichster Kandidat. Vor allem beim Militär war er äußerst beliebt aufgrund seiner strikten und kompromisslosen Haltung gegenüber den Ruul.

Es gab in einigen Parteien der Regierung Stimmen, die Raum schaffen wollten für Friedensinitiativen und die die Fühler ausstrecken wollten in Richtung eines dauerhaften Waffenstillstands mit den Ruul.

Präsidentin Tyler lehnte etwas Derartiges strikt ab. Perck ebenfalls, wobei seine Worte eher weniger diplomatisch gewählt waren. Das hatte ihm vor allen die Zuneigung sowohl einfacher Soldaten als auch des einfachen Mannes von der Straße eingebracht – und den Ruf, schonungslos direkt zu sein und die Dinge stets beim Namen zu nennen. Vor allem, wenn die Wahrheit für einige Leute unbequem war. Auf diese Weise hatte er bereits verschiedene Missstände beim Militär angeprangert und beseitigen lassen und damit an der Front vermutlich schon die Leben etlicher Soldaten gerettet.

Perck und Henstridge saßen hinter einem kleinen Tisch, auf dem eine Karaffe mit einer leicht gelblichen Flüssigkeit vorbereitet war. Die Gläser der beiden Offiziere waren etwa zur Hälfte gefüllt. Bei Rachels Eintreten erhoben sie sich unisono.

»Colonel«, begrüßte Perck sie, während Henstridge lediglich freundliche nickte.

»Admiral. General.« Rachel nahm Haltung an und salutierte zackig vor den beiden hochrangigen Offizieren. Perck lächelte und winkte ab.

»Lassen wir doch die Förmlichkeiten, Colonel. Kommen Sie. Setzen Sie sich.«

Rachel trat ein wenig unschlüssig näher. Sie war die Gegenwart hoher Offiziere gewohnt. Sie hätte ihren Job nicht machen können, wäre dem anders gewesen. Doch diese Situation … nun … sie schüchterte sie nicht gerade ein, machte sie jedoch überaus vorsichtig. Allein die Umstände, unter denen das Treffen stattfand, waren sehr ungewöhnlich und ließen Böses ahnen.

Rachel setzte sich wie aufgefordert. Ihr gingen dabei verschiedene Assoziationen durch den Kopf. Die angenehmste war, einem Vorstellungsgespräch beizuwohnen, die unangenehmste, beim Direktor nach einer Missetat vorgeladen zu werden.

»Etwas Saft?«, bot Perck freundlich an und auf Rachels Nicken goss er ihr etwas von der gelblichen Flüssigkeit in ein Glas, das er vor ihr abstellte. Rachel nahm es auf und trank einen kleinen Schluck. Sie glaubte nicht, diesen Saft schon einmal probiert zu haben. Er schmeckte süß, aber mit einer herben Note. Sie befand ihn für nicht übel.

»Das ist Naarani. Er wird aus einer Frucht gewonnen, die die Til-Nara abbauen.« Perck nahm ebenfalls einen Schluck. »Einer der Vorteile der Handelsbeziehungen mit unseren insektoiden Freunden.« Das Lächeln des Admirals wurde zu einem schelmischen Schmunzeln. »Und eines der wenigen Laster, die ich mir gönne.«

»Er ist sehr gut«, entgegnete Rachel vorsichtig. Sie war sich sehr wohl bewusst, dass Perck lediglich versuchte, die angespannte Situation zu entschärfen. Im Grunde verstärkte das nur ihr Misstrauen.

»Zunächst einmal möchte ich mich für die Art und Weise entschuldigen, wie Sie hierher bugsiert wurden. Eine derart schroffe Art ist eigentlich nicht meine übliche Vorgehensweise.«

Nach dem, was man so hörte, war das gelogen. Perck war in seinen Handlungen immer sehr konsequent. Wenn auch nur die Hälfte der über diesen Mann kursierenden Gerüchte stimmte, dann hasste er nichts so sehr wie Schnörkel, weder in seinem Verhalten noch in dem anderer. Sie beschloss aber, diese offensichtliche Lüge zu übergehen.

»Schon gut«, erwiderte sie. »Aber ich bin sicher, Sie haben mich nicht hergebeten, um mit mir über Naaranisaft zu reden.«

Das Lächeln des Admirals schwand übergangslos. »Sicher nicht. Sie haben die Beweise der Untersuchung betreffs der ROCKETS eingesehen.«

Dem Tonfall nach war die Bemerkung beinahe schon als Anklage zu verstehen. Sie wusste, dass Leugnen zwecklos war. Der Mann war viel zu gut informiert und eine Lüge hätte ihre Position erheblich geschwächt.

»Das habe ich in der Tat.« Sie neigte fragend den Kopf. »Ist das ein Problem?«

»Es könnte eines werden. Sowohl Innere als auch MAD wurden wohlweislich aus den Untersuchungen herausgehalten. Ihr Freund Coltor wusste das genau, als er Sie über den Sachstand informierte. Die Nähe beider Behörden zu den ROCKETS ist in dem vorliegenden Fall zu kompromittierend und zu bekannt, um eine unvoreingenommene Untersuchung der Vorwürfe zu gewährleisten.«

»Und wer könnte das besser?«, fragte sie bewusst provokant. »Die Flottensicherheit?«

»Zum Beispiel«, entgegnete Perck. »Aber der SES ist noch besser geeignet – und darüber hinaus über jeden Vorwurf der Voreingenommenheit erhaben.«

»Sie können unmöglich glauben, dass wir absichtlich Beweise manipulieren würden, um die ROCKETS zu entlasten. Da kennen Sie aber General Coltor und mich schlecht.«

»Es geht nicht darum, was ich glaube, Colonel, sondern darum, wie es in der Öffentlichkeit aussieht.«

»Diese ganze leidige Angelegenheit muss lückenlos aufgeklärt werden«, schloss sich Henstridge an.

»Und wo sollen die Ermittlungen hinführen? Zu einem Schuldspruch aller ROCKETS? Denn meiner Meinung nach läuft es genau darauf hinaus.«

»Ich hoffe doch sehr, dass uns die Ermittlungen zur Wahrheit führen.«

»Nichts anderes habe ich im Sinn.«

Perck wurde schlagartig ernst. Jeder Anschein von Zuvorkommenheit schwand aus seiner Miene. »Ich könnte Ihnen befehlen, sich herauszuhalten«, sagte er betont langsam.

»Sir, ich unterstehe weder Ihnen noch General Henstridge. An einen solchen Befehl fühle ich mich nicht gebunden. Außerdem würde er die Befehlskette verletzen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Sie durch diese Tür gehen wollen.«

Perck musterte sie einen endlos scheinenden Augenblick lang. »Ich könnte zur Präsidentin gehen und die würde Ihnen ganz sicher Zügel anlegen.«

Rachel straffte ihre Schultern. Es war ihr klar, dass ihre nächsten Worte durchaus das Potenzial hatten, ihre Karriere zu einem unrühmlichen Ende zu bringen. Doch alles in ihr sträubte sich davor zurückzustecken.

»Das könnten Sie tun. Aber damit würden Sie sich in eine unabhängige Ermittlung der Inneren einmischen. Außerdem würden sie damit praktisch zugeben, dass Sie nicht mit einem kleinen Colonel fertiggeworden sind.«

Das war ein Schlag mit der Keule. Der Admiral würde sich in diesem Fall tatsächlich benehmen wie ein Schuljunge, der bei seiner Mutter petzte. Er saß in der Klemme – und er wusste es.

Percks Miene verwandelte sich in Eis und er starrte Rachel mehrere Augenblicke lang tief in die Augen – und brach schließlich in schallendes Gelächter aus.

»Was sagt man dazu, Simon?«, wandte er sich an den TKA-General. »Colonel Kepshaws Ruf ist nicht erfunden.«

»Es scheint wohl so«, stimmte Henstridge weniger enthusiastisch zu.

Perck wischte sich eine imaginäre Lachträne aus dem Augenwinkel und zwinkerte Rachel zu. »Ich kann Sie also nicht aufhalten, Colonel. Habe ich Sie dahin gehend richtig verstanden?«

»Sir, ich will nicht respektlos wirken, aber hier gehen seltsame Dinge vor und ich kann meine Augen einfach nicht vor einem Rätsel verschließen.« Sie vermied es bewusst, Henstridge anzusehen, doch sie spürte seinen Blick deutlich auf sich ruhen.

Am liebsten hätte sie den Mann zur Rede gestellt – hier und jetzt. Vor Admiral Perck. Der Admiral wäre sicher ein starker Verbündeter gewesen in dem Bemühen, die Wahrheit aus Henstridge herauszubringen. Doch sie hielt sich zurück.

Trotz ihrer Position war sie tatsächlich nur ein kleiner Colonel. Würde der Admiral ihr überhaupt glauben, wenn sie Henstridge der Verschwörung bezichtigte? Vermutlich nicht. Daher galt es nun, Beweise gegen den Mann zu finden, sollte er tatsächlich darin verwickelt sein.

Perck seufzte und tauschte einen langen Blick mit Henstridge. »Also gut, Colonel. Führen Sie Ihre Untersuchung durch. Unter einer Bedingung: Sie teilen mir Ihre Ergebnisse umgehend mit.«

Rachel überlegte. »Damit könnte ich leben, Sir.«

Perck klatschte in die Hände. »Dann wäre das entschieden. Falls Sie Fragen haben oder bei Ihrer Untersuchung Hilfe brauchen, dann scheuen Sie sich nicht, sich an mich zu wenden.«

Perck wollte sich schon erheben, doch Rachel hielt ihn zurück.