Der Ruul-Konflikt 5: Bedrohlicher Pakt - Stefan Burban - E-Book

Der Ruul-Konflikt 5: Bedrohlicher Pakt E-Book

Stefan Burban

0,0

Beschreibung

Sturmwolken des Krieges ziehen erneut am Horizont auf. In dieser Zeit des Umbruchs reist Captain Jonathan Clarke vom MAD auf die Frontwelt Starlight, um den untergetauchten Verbrecher Aaron Leech ausfindig zu machen. Was zunächst wie ein einfacher Routineauftrag aussieht, entpuppt sich schnell als gefährliches Wettrennen, denn plötzlich zeigen auch die Ruul reges Interesse an dem Flüchtigen. Und der Preis des Wettrennens ist das gesamte Starlight-System ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 472

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Prolog

1

2

3

4

5

6

Zwischenspiel 1

7

8

9

10

11

Zwischenspiel 2

12

13

14

15

16

17

18

19

Zwischenspiel 3

20

21

22

23

Epilog

Weitere Atlantis-Titel

Eine Veröffentlichung des Atlantis-Verlages, Stolberg Januar 2022 Alle Rechte vorbehalten. Druck: Schaltungsdienst Lange, Berlin Titelbild: Allan J. Stark Umschlaggestaltung: Timo Kümmel Lektorat und Satz: André Piotrowski ISBN: 978-3-86402-116-9 Dieses E-Book ist auch als Paperback überall im Handel erhältlich sowie als Hardcover direkt beim Verlag. Besuchen Sie uns im Internet:www.atlantis-verlag.de

Prolog

Major Jürgen Bauer wäre um ein Haar gestürzt, als das Deck des Trägers sich unter ihm aufbäumte. Andere Besatzungsmitglieder hatten nicht so viel Glück und stürzten schwer. Einige standen nicht wieder auf. Eine Computerstimme rief die Besatzungsmitglieder immer noch auf ihre Gefechtsstationen. Die Beleuchtung fiel flackernd aus und wurde durch die düstere rötliche Notbeleuchtung ersetzt.

Bauer war beinahe dankbar für das Rotlicht, verbarg es doch viel von dem Schrecken und dem Chaos, die ringsum herrschten. Ein Raunen ging durch die Schiffshülle, als das Metall unter der Belastung protestierend ächzte. Sie befanden sich tief im Inneren des Schiffes, doch die Explosionen, die die Außenhülle malträtierten, waren sogar noch hier spürbar.

Besatzungsmitglieder des Trägers der Achilles-Klasse TKS Chicago rannten aufgeregt durch die Gänge des Schiffes, um ihre Gefechtsstationen zu bemannen oder der Schadenskontrolle bei Sichtung und notdürftiger Behebung von Gefechtsschäden zu helfen. Die Geschützmannschaften des Schiffes stemmten sich mit dem Mut der Verzweiflung gegen die drohende Niederlage, die jedoch längst nicht mehr aufzuhalten war. Diese Schlacht war schon verloren gewesen, bevor sie begonnen hatte. Nun galt es nur noch, dem Tod von Schiff und Besatzung wenigstens den Hauch von Sinn zu verleihen.

Eine Gruppe Marines marschierte im Eiltempo an ihm vorbei, in die Richtung, aus der er gerade gekommen war. Nur Augenblicke nachdem sie ihn passiert hatten, explodierte eine Leitung in der Decke und flutete den Korridor mit heißem Dampf. Bauer schloss die Augen, um die Schreie der sterbenden Männer und Frauen hinter sich auszublenden. Es gelang ihm nicht völlig. Tränen der Verzweiflung rannen über seine Wangen. Er hatte viele von ihnen gekannt.

Gebrüllte Befehle, Schreie und Sirenen waren die vorherrschende Geräuschkulisse, seit dieser ganze Albtraum begonnen hatte.

Die Chicago starb. Jeder mit Augen im Kopf konnte das sehen. Und sie starb keinen leichten Tod. Die Geschosse prasselten nun ununterbrochen auf das kleine Schiff ein, dessen Widerstand mit jeder Minute schwächer wurde. Die Geschützmannschaften des Trägers taten ihr Bestes, doch in diesem Fall war es bei Weitem nicht gut genug. Geschosse, Laser und Flakgranaten stoben den feindlichen Jägern entgegen und pusteten etliche aus dem All. Doch für jeden zerstörten Reaper tauchten fünf neue auf.

Unter anderen Umständen hätte die naheliegendste Entscheidung darin bestanden, das Heil in der Flucht zu suchen. Jedoch war selbst diese Möglichkeit nicht gegeben. Nicht mehr, seit die Slugs den Heckbereich der Chicago torpediert und den ISS-Antrieb ausgeschaltet hatten.

Theoretisch bestand Waffenstillstand zwischen den Stämmen und dem Konglomerat. Doch die Ruul kümmerte dies wenig. Dies alles hier war dermaßen falsch, dass es jeder Beschreibung spottete. Die Chicago sollten eigentlich gar nicht hier sein.

Der Träger hatte ursprünglich einem Verband angehört, der außer der Chicago drei Fregatten, drei Zerstörer, einen schweren Night-Kreuzer und einen Schlachtträger der neuen Nemesis-II-Klasse umfasste. Sie waren als Verstärkungskommando für die Kampfgruppe bei einem der neuen Horchposten tief in der RIZ vorgesehen gewesen, etwa 320 Lichtjahre nördlich von Starlight. Ein Fehler in den Berechnungen für den Sprung – eine Abweichung bei der vierten Nachkommastelle – hatte jedoch dazu geführt, dass die Chicago weit über ihr Ziel hinausgeschossen war. Wobei weit in diesem Fall nicht ganz den Kern der Sache traf.

Sie hatten nicht bloß den Horchposten verfehlt – eine Peinlichkeit sondergleichen –, sondern aus Versehen fast die komplette RIZ durchquert, waren auf der anderen Seite der ruulanischen Besatzungszone wieder in den Normalraum eingetreten, bevor man den Fehler bemerkt und den fehlerhaften ISS-Antrieb hatte ausschalten können, und mitten in ein Hornissennest geraten. Sie befanden sich nun fast genau an dem Punkt, der vor der ruulanischen Invasion die nördliche Grenze des Konglomerats gewesen war.

Wie es dazu hatte kommen können, war noch nicht ganz klar. Vieles sprach für eine unglückselige Verkettung technischer Defekte sowie für menschliches Versagen. Damit hörten die schlechten Neuigkeiten aber längst nicht auf.

Es wäre schon schlimm genug gewesen, mitten in einem ruulanischen Flottenverband wieder in den Normalraum einzutreten. Was sie jedoch vorgefunden hatten, war weit schlimmer. Die Langreichweiten-Sensoren der Chicago fingen etwas auf, kaum dass sie wieder arbeiteten.

Etwas, das den Waffenstillstand beenden und den Krieg gegen die Ruul wieder anheizen würde. Mit Sicherheit! Etwas, das die Menschheit erfahren musste, um noch eine kleine Chance gegen die Slugs zu haben. Etwas, das die vor ihm liegende Mission unverzichtbar machte. Die Chicago würde sterben. Nichts und niemand konnte das verhindern. Jetzt kam es lediglich noch darauf an, die Informationen, die sie gesammelt hatten, zurück ins Konglomerat zu schaffen. Und es spielte keine Rolle, welchen Preis dies kosten würde. Die Besatzung der Chicago würde ihn, ohne zu zögern, bezahlen. Nur leider waren die Ruul nicht bereit, den Träger davonkommen zu lassen. Die Slugs waren entschlossen, alle Zeugen aus dem Weg zu schaffen. Und ihre Chancen standen gut.

Als Bauer schwer atmend den Backbordhangar der Chicago erreichte, wurde er bereits von Commander Elizabeth Wengman erwartet, der XO. Er stutzte. Wenn die XO es sich erlauben konnte, während eines heftigen Gefechts die Brücke zu verlassen und ihn persönlich in seine Mission einzuweisen, dann stand die Lage bereits schlechter, als er erwartet hatte.

Wengman begrüßte ihn mit einem knappen Nicken. Hinter ihr stand ein Kurierboot mit geöffneter Luke. Das Schiff war zwar klein, dafür sehr schnell und – wichtiger noch – mit einem ISS-Antrieb ausgerüstet. Sie griff in ihre Brusttasche und förderte eine Datendisc in einem Schutzumschlag zutage.

Bauer griff danach, zog den Reißverschluss seines Fliegeroveralls herunter und verstaute die wichtige Fracht in der Tasche auf der Innenseite.

»Ihr Navigationscomputer ist bereits auf die Manchester-Basis programmiert«, begann Wengman ohne Umschweife. »Das ist das nächste System in befreundeter Hand. Von dort wird man Ihnen weiterhelfen, sobald man erfährt, was wir herausgefunden haben.«

Sie winkte einen schmächtigen jungen Mann mit straffer Haltung und kampflustig blitzenden Augen herbei. »Commander Michelov wird Sie mit seinem Geschwader bis zur Nullgrenze eskortieren und sich um etwaige Reaper auf ihrer Flugbahn kümmern.«

Beide Männer nickten sich knapp zu.

»Noch Fragen?«

»Nein, Ma’am«, erwiderte Bauer gepresst.

»Viel Glück, Major.« Wengman reichte ihm zum Abschied die Hand und verzog die Lippen zu einem wehmütigen Lächeln. »Wir zählen auf Sie.«

»Ich werde Sie nicht enttäuschen, Ma’am.«

»Davon bin ich überzeugt.«

Das Deck erzitterte erneut. Wengman schwankte leicht, schaffte es aber, das Gleichgewicht zu halten. »Sie müssen los. Sofort!«

Ohne weitere Verabschiedung stürmte Bauer durch die Luke und quetschte sich auf den Pilotensitz. Mit wenigen Handgriffen war das Schiff startbereit. Zu guter Letzt schloss er die Luke. Wengman stand davor und beobachtete ihn, bis diese ganz geschlossen und verriegelt war.

Kurz bevor sie sich aus den Augen verloren, salutierte sie. Sie würden sich nicht wiedersehen. Bauer riss sich zusammen und konzentrierte sich auf die vor ihm liegende Aufgabe. Warnlichter zeigten an, dass sich das Kraftfeld vor dem Hangartor aufbaute, und die beiden Torflügel schoben sich langsam auseinander.

Draußen herrschte heilloses Durcheinander. Schwärme von Reapern stoben durch sein Blickfeld, während Flakgranaten, Leuchtspurmunition und Arrow-Jäger ihnen hartnäckig folgten. Laser blitzten kurz auf und hin und wieder verging ein Reaper oder ein Arrow-Jäger in einer gleißenden Explosion. Nein, er würde die Chicago oder jemanden aus seiner Besatzung mit Sicherheit nicht wiedersehen.

Ohne weiter darüber nachzudenken, gab er Vollschub und steuerte das Kurierboot hinaus ins Chaos. Hinter ihm folgten zwölf Zerberus-Jäger, die sich sofort zu einer Diamantformation gruppierten, mit Bauer im Mittelpunkt.

Die Reaper bemerkten die kleine Gruppe fliehender Schiffe anfangs gar nicht, so konzentriert waren sie darauf, die Abwehr der Chicago zu durchbrechen. Doch dann brachen etwa drei Dutzend Reaper aus dem Jägerverband aus und nahmen die Verfolgung auf.

Bauer fluchte unterdrückt. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn die Sache glattgelaufen wäre. Zur Nullgrenze waren es etwa noch dreieinhalb Minuten. Die Chicago hatte sie so nah gebracht, wie es der Captain hatte verantworten können. Laut Bauers Anzeigen würden die Reaper jedoch weit früher in Schussweite sein. Das Kurierboot war nahezu ungepanzert und vollkommen unbewaffnet. Es würde feindlichem Beschuss nicht lange standhalten.

Michelov mussten die gleichen Gedanken durch den Kopf gegangen sein, denn er traf eine folgenschwere Entscheidung.

Das ComSystem knackte.

»Halten Sie weiter auf die Nullgrenze zu«, hörte er Michelovs gehetzt klingende Stimme. »Wir halten die Slugs auf.«

Ohne auf eine Bestätigung zu warten, drehten die zwölf Zerberusse bei und hielten mit halsbrecherischer Geschwindigkeit auf ihre Verfolger zu. Bauer konnte eine solche Verwegenheit nur bewundern. Die Piloten wussten, was auf dem Spiel stand, und hatten beschlossen, sich zu opfern, um seine Flucht zu ermöglichen. Er fühlte so etwas wie Schuldgefühle in sich aufsteigen, unterdrückte die Empfindung jedoch sofort. Sie taten ihre Pflicht. So wie er.

Während er auf die Nullgrenze zuhielt, verfolgte er das Gefecht auf seinen Sensoren. Das Abwehrfeuer der Chicago war nahezu vollständig zum Erliegen gekommen. Nur vereinzelte Geschütze wehrten die Ruul noch ab. Die Jäger des Trägers waren inzwischen zerstört oder von der Chicago abgeschnitten, ihre Auslöschung bloß noch eine Frage der Zeit.

Michelovs Geschwader jedoch brach mit brutaler Gewalt über die Slugs herein. Bauer gewann fast den Eindruck, die Piloten wollten sich für den Tod ihres Schiffes und ihrer Kameraden rächen. Und sie taten es äußerst effektiv.

Die Ruul verloren allein in den ersten Sekunden des Aufeinandertreffens elf Jäger. Michelovs Geschwader lediglich zwei. Von da an wurde die Situation zusehends schlechter. Die Zerberusse waren den Reapern technologisch voraus, aber es kam der Zeitpunkt, an dem dies keinerlei Rolle mehr spielte, sondern die zahlenmäßige Überlegenheit zum Tragen kam.

Ein Zerberus nach dem anderen erlag dem Beschuss. Schilde versagten mit kurzem Aufblitzen und ließen die Schiffe dem feindlichen Feuer schutzlos ausgeliefert zurück. Bis nur noch zwei übrig waren.

Noch während er hinsah, explodierten zwei Reaper und kurz darauf einer der verbliebenen Zerberusse. Der letzte Pilot meldete sich über Funk. Es war Michelov. Er hustete würgend und Bauer konnte nur vermuten, dass irgendetwas in dessen Cockpit verschmort war.

»Viel Glück, Bauer. Machen Sie uns stolz.«

Dann verschwand das Symbol seines Jägers mit einer Plötzlichkeit vom Plot, die Bauer schockierte und ihn mit einem Gefühl der Trauer und des Verlustes zurückließ. Er war allein.

Die verbliebenen neun Reaper nahmen erneut die Verfolgung auf. Bauer überprüfte seine Anzeigen. Die Nullgrenze war beinahe erreicht. Es fehlte nicht mehr viel. Auf einem Bildschirm zu seiner Rechten wurde der Countdown für den Sprung heruntergezählt. Noch dreißig Sekunden.

Es würde trotz allem knapp werden. Es war ihm vorhin wie eine kleine Ewigkeit vorgekommen, als Zerberusse und Reaper aufeinander eingeschlagen hatten. Nun erst wurde ihm bewusst, dass das Gefecht lediglich drei Minuten gedauert hatte. Im Hintergrund driftete die Chicago davon. Sie verlor aus einer Vielzahl von Rissen Trümmer und etwas, das aussah wie strampelnde, um sich schlagende Menschen. Dann brach der Träger in der Mitte auseinander. Eine Explosion blühte auf. Die Chicago war nicht mehr.

Noch zehn Sekunden.

Die Reaper näherten sich unaufhörlich, beharrlich. Sollte das Opfer seiner Freunde, seiner Kameraden, das Opfer von Michelovs Geschwader denn völlig umsonst gewesen sein?

Noch fünf Sekunden.

Die Reaper schwärmten aus, um ihn aus mehreren Richtungen unter Beschuss nehmen zu können. Der Annäherungsalarm pfiff, dicht gefolgt von der Warnung gegnerischer Zielerfassung. Die Slugs nahmen ihn aufs Korn.

Noch drei Sekunden.

Die Reaper feuerten.

Konsolen und Instrumente an Bord des Kurierboots explodierten, einige stellten auch einfach stumm ihre Funktion ein. Bildschirme wurden schwarz. Bauer bedeckte sein Gesicht mit den Händen, doch die umherfliegenden Funken und ausbrechenden kleinen Feuer versengten ihm trotzdem die linke Wange und verbrannten ihm beide Hände.

Der Countdown erreichte endlich null und die Wirklichkeit zerriss, als der vorprogrammierte Navigationscomputer das winzige Schiff in den Hyperraum katapultierte.

1

Die Büros der planetaren Verteidigungszentrale der Starlight-Kolonie waren in Dunkelheit gehüllt. Nur über einem der Schreibtische brannte noch Licht und verbreitete in dem Großraumbüro eine diffuse Stimmung wie in einem schlechten Horrorfilm. Systemadministrator Aaron Leech hämmerte wie besessen auf die Tastatur ein, in dem Bemühen, seine Arbeit endlich zu einem Abschluss zu bringen.

Von Nervosität getrieben, sah er sich am laufenden Band um, ständig das ungute Gefühl im Nacken, beobachtet zu werden. Ein irrsinniger Gedanke, immerhin wusste niemand, was er hier trieb. So hoffte er jedenfalls.

Jedoch bestand immer die entfernte Möglichkeit, dass er versehentlich eine versteckte Sicherung oder einen stillen Alarm auslöste. Das Gefühl ständiger Bedrohung reichte aus, ihn in die Paranoia zu treiben. Ein Zustand, den er ohnehin beinahe erreicht hatte.

Er strich sich ungeduldig die wenigen Haare, die ihm noch geblieben waren, hinter das Ohr zurück.

Komm schon! Komm schon!, beschwor er den Computer in Gedanken immer wieder, als würde dieser dadurch schneller arbeiten.

Wie aufs Stichwort rollten endlich die herbeigesehnten Zahlenkolonnen über den Bildschirm. Aaron atmete erleichtert auf.

Na also. Warum nicht gleich?

Er kramte einen Speicherstick aus der Hosentasche und steckte ihn mit zitternden Fingern in die dafür vorgesehene Vertiefung an der Seite seines Arbeitsplatzes. Entschlossen schob er den Gedanken beiseite, dass er damit einen Akt des Hochverrats beging. Er war bereit gewesen, so weit zu gehen. Nun hatte er keine andere Wahl, als den eingeschlagenen Pfad weiterzuverfolgen. Bis zum bitteren Ende. Leech kicherte nervös. Und das Ende würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bitter werden.

Mit wenigen Tasten startete er den Download der Daten auf den Speicherstick. Wie auf glühenden Kohlen beobachtete er den Fortschritt der Aktion. Quälend langsam füllte sich der Balken. Nach einer gefühlten Stunde – tatsächlich waren es zehn Minuten – zeigte der Balken endlich hundert Prozent an.

Aaron riss den Speicherstick aus dem Computer und stopfte ihn sich in die Brusttasche. Die Nervosität zehrte so stark an seinen Nerven, dass er beinahe vergaß, den Computer herunterzufahren und abzuschalten. Ließe er das Gerät weiterlaufen, käme man ihm nur umso schneller auf die Schliche. Das durfte er unter keinen Umständen gestatten.

Zu guter Letzt schaltete er das Licht aus und ging zügig Richtung Ausgang.

Das Gebäude der planetaren Verteidigungszentrale war in Hufeisenform entworfen, wobei Aarons Arbeitsplatz sich im Südflügel befand. Auf seinem Weg zum Ausgang begegneten ihm nur wenige Personen. Einige MAD-Offiziere und höherrangige Adjutanten. Allesamt Personal, das man um diese Uhrzeit durchaus in einem solchen Gebäude erwarten konnte. Keiner widmete ihm auch nur einen Blick, geschweige denn ernst gemeinte Aufmerksamkeit. Niemand bemerkte, dass er zu dieser nachtschlafenden Zeit keinerlei Grund hatte, hier zu sein. Niemand stellte seine Anwesenheit infrage. Niemand wunderte sich. Aaron konnte sein Glück kaum fassen, als er seine Sicherheits-ID-Karte in den Leseschlitz am Kontrollposten einsteckte, den diensttuenden TKA-Soldaten mit einem knappen Nicken grüßte und die Tür ansteuerte. Kurz vor der rettenden Freiheit hielt ihn jedoch eine tiefe Stimme zurück.

»Einen Augenblick, Sir.«

Aaron blieb ruckartig stehen. Kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn. Jeder Tropfen fühlte sich wie ein Eiszapfen an. Steif wie ein Roboter drehte er sich zu der fremden Stimme um. Der Speicherstick fühlte sich an, als würde er jeden Augenblick ein Loch in seine Tasche brennen.

Vor ihm stand der TKA-Soldat, an dem er gerade vorbeigerannt war. Hatte der Mann vielleicht etwas bemerkt? Aarons Augen flogen auf der Suche nach einem Fluchtweg umher und blieben am Hüftholster des Soldaten und der darin steckenden Laserpistole hängen. Der Mann würde ihn, ohne zu zögern, niederschießen, falls er ihm auch nur den geringsten Anlass bot. Der Soldat hob die Hand.

Aaron zuckte instinktiv zurück. Doch der Soldat lächelte lediglich beruhigend und hielt ihm auffordernd die Hand hin. Leech zwang sich, den Blick zu senken. Der Soldat hielt Aarons Namensschild in den Händen.

»Hier«, forderte er freundlich auf. »Das haben Sie verloren.«

Aaron presste seine Lippen zu einem gekünstelten Lächeln auseinander. »Vielen Dank«, zwang er sich zu sagen und nahm das Schild aus den Fingern des Soldaten entgegen. Mit eiserner Entschlossenheit zwang er seine Finger, ruhig zu bleiben und nicht zu zittern. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verschwand durch die Tür. Es ging so schnell, dass er das misstrauische Stirnrunzeln des Soldaten gar nicht mehr wahrnahm.

Als Aaron zu Hause ankam, war er nur noch ein Nervenbündel. Um das Gelände der planetaren Verteidigungszentrale zu verlassen, hatte er vier weitere Verteidigungscheckpoints samt dazugehörigem Sicherheitsbereich passieren müssen und bei jedem Checkpoint wäre ihm vor Angst beinahe das Herz stehen geblieben. Die ganze Zeit über hatte er das Gefühl gehabt, verfolgt zu werden. Nicht zum ersten Mal verfluchte er sich dafür, dass er sich überhaupt darauf eingelassen hatte. Warum nur? Warum hatte er das getan? Es wäre viel leichter gewesen, einfach seinen Job zu machen und die Augen zu schließen. Aber nein, das war ihm ja nicht genug gewesen.

Er schloss die Haustür auf, knallte aus Wut auf die Welt und vor allem auf sich selbst die Tür hinter sich zu und setzte sich an seine private Arbeitsstation, die er sich mühsam in einer Nische seiner kleinen Wohnung eingerichtet hatte.

Während der Computer hochfuhr, griff er zum Telefon. Die Kurzwahltaste eins stellte umgehend die Verbindung zu seiner Exfrau her. Es klingelte dreimal, bevor endlich am anderen Ende abgenommen wurde.

»Ja … hallo?«, fragte eine verschlafene weibliche Stimme.

»Andrea? Hier ist Aaron.«

»Aaron? Bist du verrückt geworden? Weißt du eigentlich, wie spät es ist?«

Aaron warf einen schnellen Blick zur Uhr an der Wand und stellte fest, dass es schon weit nach zwei Uhr morgens war.

»Tut mir leid«, antwortete er zerknirscht. »Ich … ich …«

»Was ist jetzt? Rufst du nur an, um mir die Ohren vollzustottern?«

Die Wut seiner Exfrau trieb seinen Frustrationslevel in ungeahnte Höhen und verdrängte vorübergehend jegliches Gefühl von Angst oder Nervosität.

»Könntest du wenigstens einmal wie mit einem normalen Menschen mit mir reden und nicht ständig deine Wut an mir auslassen?«

Schweigen antwortete von der anderen Seite.

»Was willst du?«, fragte sie plötzlich deutlich ruhiger. In seiner Ehe hatte er sich nie gegen sie aufgebäumt. Sie war immer der dominante Teil ihrer Partnerschaft gewesen, falls man in diesem Zusammenhang überhaupt von Partnerschaft reden konnte.

Auf diese Art ausgerechnet von ihm angesprochen zu werden, musste sie tief berührt, um nicht zu sagen: schockiert, haben.

»Ich musste mit jemandem reden. Und ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden könnte. Ich habe vielleicht Mist gebaut. Vielleicht sogar großen Mist. Nein, warte. Streich das vielleicht. Ich habe großen Mist gebaut.«

»Mist welcher Art?«

»Mist von der Art, die einen den Kopf kosten kann.«

»Hast du solchen Ärger? Mit der Polizei? Brauchst du einen Anwalt? Wo bist du jetzt?«

»Zu Hause, aber ich befürchte fast, ein Anwalt könnte mir jetzt auch nicht helfen.« Ihre plötzliche Besorgnis rührte ihn. Während ihrer fünfjährigen Ehe hatte sie sich nie so um ihn gesorgt. Das war zum Teil – sogar zum Großteil – seine eigene Schuld. In einer Beziehung nie den Mund aufzumachen und nur Ja und Amen zu sagen, war keine kluge Entscheidung und förderte Konflikte eher, als dass es sie beseitigte. Sie waren jetzt seit vier Jahren geschieden und dies war das erste Mal seit der Scheidung, dass sie ihm wenigstens einen kleinen Schritt entgegenkam.

»Was ist denn los mit dir?«

»Ich hab mich vermutlich mit Leuten angelegt, die es jetzt auf mich abgesehen haben. Ich muss für eine Weile verschwinden.«

»Was? Wohin?«

»Keine Ahnung. Ich … ich will nur, dass du es Billy erklärst.«

»Willst du ihn sprechen? Ich könnte ihn kurz wecken?!«

Als sein achtjähriger Sohn zur Sprache kam, huschte ein kurzes Lächeln über Aarons Gesicht und sein Blick streifte ein Foto, das er liebevoll über seiner Arbeitsstation aufgehängt hatte.

»Nein, lass ihn schlafen. Morgen ist Schule und er braucht seinen Schlaf. Ich will nur, dass du es ihm erklärst. Er wird vielleicht Dinge hören über mich, die ein falsches Licht auf mich werfen. Könntest du ihm bitte sagen, dass ich alles, was ich getan habe, nur gemacht habe, damit es ihm gut geht? Ich habe alles nur für ihn getan.«

Aaron schluchzte nun fast.

»Aaron. Du machst mir Angst. Erzähl doch, was los ist.«

Sein Computer gab mit einem Piepton zu erkennen, dass er fertig war. Aaron jonglierte den Hörer zwischen Schulter und Wange, während er den Speicherstick in die dafür vorgesehene Vertiefung steckte. Sofort rollten wohlbekannte Daten- und Zahlenkolonnen über den Bildschirm. Das meiste ergab überhaupt keinen Sinn, da die Daten immer noch verschlüsselt waren. Aaron rief ein selbst programmiertes Entschlüsselungsprogramm auf und verknüpfte es mit den Dateien auf dem Speicherstick.

»Würde ich so gern, Andrea, aber ich kann nicht. Es würde jetzt auch zu weit gehen, dir das alles zu erklären. Und ich habe irgendwie das Gefühl, es ist besser, wenn ihr es nicht wisst.«

»Und wann kommst du zurück?«

Ihre Stimme drückte jetzt tiefe Betroffenheit aus. Die beiden hatten sich selbst zu den Glanzzeiten ihrer Ehe nur bedingt verstanden, doch es gab immer etwas, das sie verband und auf ewig verbinden würde: ihr gemeinsamer Sohn. Er respektierte sie als Mutter seines einzigen Kindes und zumindest in diesem Augenblick respektierte sie ihn ebenfalls.

»Ich weiß es nicht«, erwiderte er ehrlich. »Andrea, ich bin so müde. Am liebsten würde ich alles hinschmeißen und mich nur noch hinlegen.«

»Dann tu das doch … oder besser noch: Komm zu uns. Du kannst auf der Couch schlafen.«

Ein ungemein offenes Angebot seiner Exfrau. Und überaus freundlich. Hätten sie auf diese Art während ihrer Ehe öfters miteinander gesprochen, wäre vielleicht vieles anderes gekommen.

»Das geht nicht, ich würde euch nur in Gefahr bringen.«

»Jetzt machst du mir wirklich Angst. Oh Aaron, auf was hast du dich da nur eingelassen?«

»Das frage ich mich gerade selbst.«

Die Statusanzeige des Entschlüsselungsprogramms zeigte sechzig Prozent an. Noch ein paar Minuten und die schwerste Hürde war geschafft.

Es klopfte an der Tür, und das sogar ziemlich laut.

»Was war das?«, fragte Andrea am anderen Ende der Leitung.

»Ich muss Schluss machen. Sag bitte Billy, dass ich ihn sehr, sehr lieb habe.« Ohne Umschweife unterbrach er die Verbindung. Viel zu schnell, als dass seine Exfrau hätte reagieren oder sich verabschieden können. Er befürchtete, wenn er ihre Stimme noch einmal hörte, würde er schwach werden und das Gespräch unbewusst in die Länge ziehen.

Mit zögernden Schritten ging er zur Tür und lauschte. Er schreckte zurück, als es erneut klopfte, wobei »hämmerte« eher zutraf.

»Aufmachen!«, forderte eine befehlsgewohnte Stimme.

»Wer ist da?«

»Polizei.«

Aarons Herz machte einen Sprung bis zum Hals und landete anschließend wie ein Felsbrocken in seiner Magengegend. Er kniff ein Auge zusammen und blickte mit dem anderen durch den Türspion.

Vor seiner Wohnungstür standen zwei Männer in der Uniform der örtlichen Polizei, allerdings hätten sie besser in eine Position als Türsteher gepasst. Sie waren breitschultrig mit kantigen Gesichtern und beeindruckenden Muskeln.

»Einen Moment, ich komme gleich«, antwortete er, um Zeit zu gewinnen.

»Sofort aufmachen, sonst brechen wir die Tür auf!«

Aaron eilte zurück zu seiner Arbeitsstation. Die Statusanzeige zeigte siebzig Prozent an. Das musste fürs Erste genügen. Ohne die Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Daten zu beachten, riss er den Speicherstick aus dem Computer und rannte ins Wohnzimmer. Auf halbem Weg machte er noch einmal kehrt, riss das Foto seines Sohnes herunter und stopfte es in seine Jackentasche.

Zwei Schüsse zerrissen hinter ihm die nächtliche Stille. Das Schloss seiner Tür barst unter den Projektilen und Sekunden später knirschte sie unter dem wuchtigen Tritt eines der Polizisten. Aaron hörte, wie das Holz nachgab und die Tür ins Innere der Wohnung geschleudert wurde.

Er riss das Fenster auf und duckte sich hinaus auf die Feuerleiter. Hinter ihm waren Schritte zu hören, als die Männer seine Wohnung auf der Suche nach ihm auf den Kopf stellten.

In aller Eile hangelte er sich die Leiter hinunter. Zum Glück wohnte er im zweiten Stock. Er bezweifelte, dass ihm seine Verfolger die Zeit gelassen hätten, eine weitere Strecke zum Boden zurückzulegen.

»He! Stehen bleiben!«, rief ihm jemand nach, als er durch die Gasse Richtung Hauptstraße rannte. Er hatte keinen Plan. Er wollte einfach nur noch weg.

Ein Schuss knallte. Etwas zischte neben seinem linken Ohr durch die Luft und schlug in die Wand gegenüber ein. Steinstaub löste sich in einer kleinen Wolke aus der Eintrittstelle.

Ein weiterer Schuss knallte. Etwas Heißes zupfte an seinem rechten Ärmel, knapp über dem Ellbogen. Aaron biss vor Schmerz die Zähne zusammen und griff nach der Wunde. Er fühlte Blut zwischen seinen Fingern hervorquellen.

Aaron taumelte verletzt und verängstigt davon. Hinein in die Nacht. Hinein ins Ungewisse. Seine Angreifer zögerten keine Sekunde und nahmen die Verfolgung auf.

2

»Für das Protokoll: Hier spricht Captain Jonathan Clarke vom MAD. Ebenfalls anwesend ist Agentin in Ausbildung Lieutenant Deborah Kirelsky …«

Jonathan ging langsam um den einfachen Tisch in der Mitte des Raums und setzte sich lässig auf die Kante, direkt gegenüber dem Mann in der schmucklosen Uniform eines Warrant Officers der Flotte. Der Mann war unrasiert und dem Geruch nach hatte er sich auch seit mindestens drei Tagen nicht gewaschen. Sein unsteter Blick zuckte auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit durch den Raum und blieb schließlich auf dem kleinen schwarzen Aufzeichnungsgerät haften, das vor ihm auf dem Tisch lag.

»… und Verdächtiger Nr. 18753-09. Warrant Officer Jerry Bataglia vom Schlachtträger TKS Rodriguez.«

Die Ausdünstungen des Mannes stiegen Jonathan unangenehm in die Nase. Der MAD-Offizier verzog angewidert das Gesicht. Er atmete, so flach es nur ging, um möglichst wenig vom Gestank des Verdächtigen belästigt zu werden. Da der Raum eher winzig war, wirkte sich der Geruch doppelt stark aus.

Das war vermutlich nicht mal dessen Schuld. Über fünf Tage lang hatten sie den Kerl verfolgt. Sie waren ihm die ganze Zeit über dicht auf den Fersen gewesen, doch jedes Mal wenn sie sicher waren, ihn jeden Moment erwischen zu können, war er ihnen wieder durch die Lappen gegangen. Schleimig wie ein Aal, hatte er sich ihrem Griff immer wieder erfolgreich entziehen können. Die einzige Befriedigung, die er aus der Verfolgungsjagd ziehen konnte, war der Stress, unter den er Bataglia gesetzt hatte. Der Kerl hatte während der Flucht kaum einmal Zeit gehabt, zu Atem zu kommen.

Jonathan wünschte sich, er hätte Zeit und Mittel gehabt, den Mann zur Erde zu schaffen. Dort waren die Möglichkeiten gegeben, diesen einem umfassenderen Verhör zu unterziehen. Stattdessen musste er sich mit den Gegebenheiten zufriedengeben und Bataglia an Ort und Stelle verhören – auf der kleinen Kolonie-Welt Ariella, knapp einhundertdreißig Lichtjahre südlich von Starlight.

Jonathan streifte seine Kollegin mit einem beiläufigen Blick, die diesen aufmerksam erwiderte und ihre Konzentration anschließend wieder auf den Mann am Tisch fokussierte.

Deborah war erst seit knapp drei Monaten beim MAD und galt noch als Agentin in Ausbildung. So lange, bis Jonathan – als der ihr zugeteilte Führungsagent – etwas anderes sagte. In den Monaten, seit er sie kannte, hatte sie einen scharfen Verstand und einen wachen Geist bewiesen.

Sie war von der Logistik zum MAD gewechselt. Keine geringe Leistung, galt die Logistik in Offizierskreisen eher als Abstellgleis denn als Karrieresprungbrett. Sie war mit einem Meter sechzig relativ klein, war etwas untersetzt, hatte grüne Augen und trug ihr langes, brünettes Haar meistens zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.

Jonathan nahm die Akte, die er unter dem Arm trug, und knallte sie so laut auf den Tisch, dass Bataglia erschrocken zusammenzuckte. Es genügte, ihm ein gewisses Gefühl der Befriedigung zu bescheren. Seit seiner Zeit als MAD-Offizier auf der Prince of Wales jagte er nun diese Terroristen. Damals hatten sie es geschafft, die Besatzung, für deren Schutz er verantwortlich gewesen war, zu unterwandern und das Schiff während der Schlacht von Asalti beinahe zu zerstören. Er hatte sich geschworen, dies nie wieder geschehen zu lassen. Mit ausdrücklicher Billigung seiner Vorgesetzten war er zu einem der erfolgreichsten Terroristenjäger des MAD mutiert.

»Das ist Ihr Werk«, meinte er und deutete auf die Akte. »Da haben Sie ganz schön Schaden angerichtet.«

Der Mann gab mit keiner Regung zu erkennen, dass er Jonathan zuhörte, geschweige denn seine Worte überhaupt verstand.

Dieser ließ sich seine Frustration über das Ausbleiben einer Reaktion nicht anmerken, stattdessen schlug er die Akte auf und nahm scheinbar wahllos Blätter heraus, um daraus vorzulesen.

»Das ALPHA-Flugdeck der Rodriguez für zwei Tage außer Gefecht gesetzt, Lebenserhaltung für ganze fünf Stunden, künstliche Schwerkraft, Waffenkontrolle, Antrieb … Soll ich weitermachen? Sie waren wirklich sehr fleißig.«

Bei dieser Bemerkung stahl sich ein flüchtiges Grinsen auf das Gesicht Bataglias. Es war zwar nicht die Art Reaktion, die er hatte provozieren wollen, doch immerhin überhaupt eine Reaktion.

»Mein Name ist Jerry Bataglia«, begann der Mann plötzlich zu sprechen. »Mein Rang ist Captain in der Armee der Kinder der Zukunft, meine Dienstnummer ist 088-734-899.«

»So, ihr habt jetzt also schon Ränge und Dienstnummern bei den Kindern?! Aber ich habe eine schlechte Nachricht für Sie. Sie sind kein Kriegsgefangener. Genau genommen sind Sie nicht einmal ein Krimineller. Sie sind ein lausiger, dreckiger Terrorist. Ein mieser kleiner Feigling, wenn Sie mich fragen.«

Bei dem Wort Feigling verzog Bataglia kurz die Mundwinkel zu einer verärgerten Fratze. Seine Pupillen zuckten zu Jonathan hinüber und funkelten ihn für einen Sekundenbruchteil an, nur um sogleich wieder starr und ausdruckslos die Wand gegenüber anzustarren.

»Mein Name ist Jerry Bataglia. Mein Rang ist Captain in der Armee der Kinder der Zukunft, meine Dienstnummer ist –«

»Schluss damit!«, brüllte Jonathan den Mann so heftig und unvermittelt an, dass sogar seine Kollegin erschrocken zusammenzuckte. »Ich wiederhole noch einmal: Sie sind kein Kriegsgefangener. Sie sind ein Terrorist, der seine Tage damit zubringt, die militärischen Bemühungen des Konglomerats zu sabotieren. Wissen Sie eigentlich, was das für Sie bedeutet? Sie haben kein Recht, die Aussage zu verweigern, kein Recht auf anwaltliche Vertretung … Gott, Sie haben nicht mal das Recht auf eine Gerichtsverhandlung! Falls mir danach ist, könnte ich Sie einfach verschwinden lassen. Und im Moment würde ich eigentlich nichts lieber tun.«

Es war eine leere Drohung. Auf diese Art arbeitete der MAD nicht und würde es hoffentlich auch nie tun. Doch die Kinder der Zukunft wussten dies meistens nicht; es war erstaunlich, wie oft diese Drohung funktionierte. Doch nicht dieses Mal. Bataglia verzog keinen Muskel.

Jonathan setzte sich auf die Tischkante und beugte sich so tief zu Bataglia herunter, dass dieser ihn nicht länger ignorieren konnte und ihm direkt in die Augen blickte. »Geben Sie mir einfach einen Grund, es nicht zu tun.«

»Mein Name ist Jerry Bataglia. Mein Rang ist Captain in der Armee der Kinder der Zukunft, meine Dienstnummer ist 088-734-899.«

Jonathan seufzte gequält auf. Mit diesen Typen war es immer dasselbe. Verstockt und stur, dass es schon ans Fanatische grenzte. Es war nicht das erste Verhör mit einem Angehörigen der Kinder, das Jonathan durchführte. Und noch nicht mal eines der schwierigsten. Dennoch durchströmten Wellen der Frustration seinen Körper und er musste seine ganze Selbstbeherrschung aufwenden, um dem Mann vor ihm nicht ins Gesicht zu schlagen. Dies wäre kontraproduktiv gewesen und hätte seiner Autorität gegenüber dem Gefangenen schwer geschadet, ebenso dem Ansehen gegenüber seinem Schützling, der ihn aufmerksam beobachtete.

»Wir wissen, dass auf der Rodriguez noch weitere Terroristen sind. Ihr arbeitet nie allein. Wenn ihr ein Ziel infiltriert, dann nur als ganze Zelle, um an Bord möglichst viel Schaden anrichten zu können. Ich will ihre Namen und ihre Ränge innerhalb des Schiffes.«

»Mein Name ist Jerry Bataglia«, begann der Mann erneut zu sprechen. »Mein Rang ist Captain in der Armee der Kinder der Zukunft, meine Dienstnummer ist 088-734-899.«

Der monotone Sprechgesang, in der Bataglia diese Worte immer wieder wie ein Mantra herunterbetete, zehrte langsam an Jonathans Nerven. Aus Erfahrung wusste er sehr wohl, dass es unter anderem genau diese Wirkung erzielen sollte. Ein Verhör war immer auch ein Wettstreit der Willenskräfte zwischen dem Verhörenden und dem Verhörten. Und am Ende würde derjenige gewinnen, der sich am besten im Griff hatte. Meistens war dies Jonathan, aber nicht immer.

»Also schön, probieren wir es mal anders«, eröffnete Jonathan, stand auf und ging langsam um den Mann herum, bis er in dessen Rücken stand. »Seit dem Angriff der Rebellen auf das Serena-System vor sechs Monaten verzeichnen wir einen Anstieg der Sabotage auf terranischen Schiffen in allen frontnahen Sektoren, und zwar um ganze vierzig Prozent. Sind das nur zufällig ausgewählte Ziele oder verfolgen eure Anführer einen Plan?«

Bataglia schwieg. Doch bei dem Wort Rebellen zogen sich seine Augenbrauen über der Nasenwurzel zusammen.

Bingo!

Bei ähnlichen Verhören hatte Jonathan bereits die Erfahrung gemacht, dass die Angehörigen der Kinder der Zukunft äußerst negativ auf die Bezeichnung Rebellen reagierten. Das Wort Rebell implizierte, dass die Kinder keine legitimen Kämpfer oder Soldaten waren. Diese sahen das naturgemäß völlig anders. Der MAD hatte jedoch bereits vor geraumer Zeit eine allgemeine Anweisung herausgegeben, die Kinder der Zukunft nach Möglichkeit immer als Rebellen zu bezeichnen. Zum einen, weil dieses Wort sich gefährlicher anhörte als Kinder der Zukunft, zum anderen des negativen Touchs wegen, den dieses Wort beinhaltete.

Jonathan betrachtete dies persönlich eigentlich als Schwachsinn. Für ihn waren es ganz einfach Terroristen, die man ausmerzen musste. Alles andere war pure Augenwischerei.

»Wie viele Anführer gibt es noch? Wir wissen, dass bei Serena mindestens ein wichtiges Mitglied Ihrer Organisation getötet wurde. Wo sind die anderen?«

Jonathan ging zwei Schritte, um das Profil des Mannes genau betrachten zu können. »Außerdem wissen wir, dass mindestens zwei Gründungsmitglieder der Rebellen noch aktiv sind.«

Die Augenbraue Bataglias zuckte nach oben. Der Mann gab sich bemüht gelassen, doch kleine Schweißperlen standen plötzlich auf seiner Stirn. Dass der MAD wusste, wie viele Anführer die Kinder der Zukunft hatten, war offensichtlich eine Überraschung für Bataglia und in diesem Stadium des Verhörs stellte alles eine wichtige Waffe dar, was half, den Terroristen auf dem Stuhl vor sich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Jonathan lächelte.

Treffer!

Es klopfte an der Tür. Jonathans Kopf fuhr verärgert herum. Deborah öffnete sie einen kleinen Spalt, steckte den Kopf hindurch und Jonathan hörte sie leise tuscheln. Als sie ihren Kopf wieder einzog, deutete sie mit einem kurzen Wink hinaus. Jemand wollte sie sprechen. Sie beide. Jonathan knirschte wütend mit den Zähnen. Ausgerechnet jetzt, wo er endlich Fortschritte machte. Man störte niemals – niemals! – ein Verhör. Wenn man endlich dazu kam, es fortzuführen, musste man wieder bei null anfangen.

Jonathan klopfte Bataglia jovial auf die Schulter. »Bin gleich wieder da, mein Freund. Überlegen Sie sich schon mal, was Sie mir noch sagen wollen.«

Jonathan ging mit lockeren Schritten zur Tür. Bei seinen Worten entstanden erste tiefe Risse in der Miene des Saboteurs und er runzelte verwirrt die Stirn. »Noch? Ich habe Ihnen bis jetzt gar nichts gesagt.«

»Das denken Sie!«, erwiderte Jonathan und verließ mit Deborah den Raum, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Während sich die Tür noch schloss, funkelte er den Mann, der auf ihn wartete, wütend an. Es war ein junger Lieutenant, der bei Jonathans Miene förmlich in sich zusammenfiel.

»Was ist denn so dringend, dass es nicht warten kann?«

Der eingeschüchterte Offizier brachte keinen klaren Satz zustande und deutete nur auf einen Raum am Ende des Ganges. Jonathan schob den jungen Mann ungeduldig beiseite. Deborah folgte ihm mit schmalem Schmunzeln auf den Lippen und blinzelte dem Lieutenant aufmunternd zu, woraufhin dieser sich etwas entspannte.

»War das wirklich nötig? Der Junge kann doch auch nichts dafür. Vermutlich führt er nur die Befehle irgendeines hohen Tieres aus.«

»Ja, ich weiß«, antwortete Jonathan deutlich ruhiger. »Aber ich musste es einfach an jemandem auslassen. Man stört unter keinen Umständen ein Verhör. Das ist die erste Regel bei Verhören.«

»Und falls es doch passiert?«

Jonathan lächelte. »Dann muss beim nächsten Mal der Druck gewaltig erhöht werden. Das ist die zweite Regel.«

Deborah lachte belustigt auf. »Gibt es diese zwei Regeln wirklich?«

»Nicht im Handbuch. Das sind meine persönlichen, die ich mir durch harte Arbeit und Erfahrungen im Dienst angeeignet habe.«

»Ich glaube, ich habe wirklich noch viel zu lernen.«

»Allerdings.«

Jonathan und Deborah betraten den kleinen Raum, auf den der Lieutenant gedeutet hatte. Er war bis auf einen Tisch und zwei Stühle leer. In der Mitte des Tisches lag ein Würfel mit vielleicht zehn Zentimeter Kantenlänge. Jonathan kannte so etwas bereits. Es handelte sich dabei um einen Depeschenwürfel. Wichtige Befehle, Nachrichten und Informationen wurden auf einem solchen Würfel aufgezeichnet und einem Kurier zur persönlichen Übergabe überantwortet. Dinge, die zu wichtig waren, um sie einer Funkmitteilung anzuvertrauen, die möglicherweise abgefangen werden konnte. Natürlich konnten Funknachrichten chiffriert werden. Doch ebenso gut konnten sie dechiffriert werden. Depeschenwürfel waren erheblich sicherer. Außerdem waren sie fälschungssicher und zerstörten sich selbst, falls jemand, der hierfür nicht ausdrücklich autorisiert war, versuchte, Zugriff auf die Daten zu erlangen.

Jonathan deutete auf einen der Stühle; Deborah ließ sich darauf nieder. Anschließend setzte er sich auf den verbliebenen und drückte seinen Daumen in eine Vertiefung an der Seite des Würfels.

»Identität bestätigt«, erklärte eine computergenerierte Stimme.

Kurz darauf drang die Stimme Colonel Daniel Asugas aus dem Gerät, des ranghöchsten MAD-Offiziers dieses Sektors.

»Hallo Jonathan«, grüßte der gesichtslose Bariton des Colonels. »Tut mir leid, falls ich dir in die Parade fahre. Ich weiß, dass du gerade damit beschäftigt bist, Saboteure auf Ariella zu jagen. Doch das muss jetzt warten. Du schwingst deinen Hintern sofort in ein Raumschiff und begibst dich nach Starlight. Es gibt dort Probleme. Ich habe bereits einen Transfer für dich und deine Auszubildende organisiert. Während wir hier reden, wartet bereits ein Zerstörer im Orbit über Ariella auf dich. Ihr könnt in etwa zwei Tagen auf Starlight sein. Je schneller, desto besser.«

»Klingt ja ernst«, murmelte Jonathan mehr zu sich selbst.

»Es gibt zwar ausreichend MAD-Offiziere auf Starlight, doch keiner mit deinen Erfahrungswerten. Du musst jemanden jagen, einen Mann namens Aaron Leech: ein kleiner Angestellter in der planetaren Verteidigungszentrale von Starlight. Er hat sich in streng geheime Dateien gehackt und sie gestohlen. Nun ist er untergetaucht und auf der Flucht. Eine Verbindung zu den Kindern der Zukunft ist nicht auszuschließen. Ich kann dir leider nicht sagen, worum es sich bei den Dateien handelt, die verschwunden sind.«

»Na großartig, du alter Geheimniskrämer.«

»Ich kann es dir nicht sagen, weil ich es selbst nicht weiß«, sprach die Stimme weiter und Jonathan schmunzelte, weil Asuga seine Bemerkung beim Aufnehmen der Nachricht vorhergesehen hatte. »Ich weiß nur, dass es ein Computerprogramm ist, das für eine Flotte den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen könnte. Ich würde dir gern mehr sagen, das kannst du mir glauben.«

Jonathan dachte über die Worte Asugas angestrengt nach, während der MAD-Colonel weitersprach. »Da gibt es noch mehr, Jonathan. Inzwischen wurde Leechs Konto überprüft. Am Tag des Diebstahls ist eine beträchtliche Geldsumme darauf eingegangen. Daher nehmen wir an, dass Leech bereits dabei ist, das Programm zu verkaufen.«

»Daher kommst du also auf unsere Freunde von den Kindern«, nickte Jonathan anerkennend.

»Leech muss unbedingt gefunden und aufgehalten werden. Mit allen Mitteln!«

Bei diesen Worten warf Jonathan seiner Kollegin einen alarmierten Blick zu. Diese wirkte nicht weniger schockiert. Was Asuga nicht sagte, waren die Worte »unter Einsatz tödlicher Gewalt«, doch sie schwangen unüberhörbar in seinen Ausführungen mit.

»Und da gibt es noch etwas, Jonathan. Zwei weitere Punkte, weshalb ich dich schicken möchte. Sagen wir mal, es ist eine Art inoffizieller Auftrag. Ich will, dass du dich auf Starlight umsiehst. Im Bereich der Flotte sowie im Umfeld des Gouverneurs und seiner militärischen Berater. Starlight wird von der 4. Flotte unter Konteradmiral Miguel Hernandez verteidigt. Die 4. Flotte leidet wesentlich weniger unter Sabotageakten der Kinder der Zukunft als vergleichbare Verbände. Das ist natürlich erst mal kein Grund zur Sorge, doch ich will wissen, ob das daran liegt, dass die Sicherheit auf Starlight wesentlich besser ist als bei anderen Flottenstandorten, oder ob es … andere Gründe dafür gibt. Du weißt am besten, worauf du achten musst.

Der zweite Grund ist, dass die Regierung von Starlight uns nicht offiziell um Hilfe gebeten hat. Uns hat ein anonymer Tipp über den Diebstahl erreicht, auf dessen Grundlage wir uns zum Handeln entschlossen haben. Es kann natürlich sein, dass der Gouverneur uns nicht offiziell informiert hat, weil ihm die ganze Angelegenheit furchtbar peinlich ist und er sie selbst regeln will, aber das Ganze ist trotzdem äußerst seltsam. Das wäre alles an Informationen, was ich für dich habe. Also will ich dich auf Starlight sehen. Umgehend!

Ich will ganz ehrlich zu dir sein: Es gibt keinen konkreten Anlass für mein Misstrauen, ich habe jedoch gelernt, auf meine Instinkte zu vertrauen, und mein Instinkt sagt mir im Moment, dass da etwas gewaltig im Argen liegt. Flieg hin, finde Leech, bevor er das Programm verkaufen kann, und sieh dich etwas um. Das ist schon dein ganzer Auftrag. Wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt. Ich werde eine Weile auf Mirella sein, also ganz in der Nähe von Starlight. Nur für den Fall, dass du Hilfe brauchst. Asuga Ende.«

Jonathan wartete noch einen Moment, um sicherzugehen, dass die Nachricht wirklich zu Ende war.

Wenn Asuga misstrauisch geworden ist, haben wir alle Grund zur Sorge, sinnierte Jonathan.

»Was wird aus dem Verhör?«, fragte Deborah in die aufkeimende Stille nach der Einsatzeinweisung.

»Das muss jemand anders zu Ende bringen. Du hast doch gehört: Wir haben einen Auftrag.«

3

Starlight wirkte aus dem Orbit wie ein einziges Lichtermeer. Es gab ein Dutzend größerer Städte verteilt über die gesamte nördliche Hemisphäre sowie unzählige Dörfer und Ortschaften dazwischen. Das gemäßigte Klima der Nordhalbkugel begünstigte die Kolonialisierung, während die nahezu unbewohnte südliche Hemisphäre aus unfruchtbaren Wüsten- und Steppenlandschaften bestand. Nur die ortsansässige Industrie hatte diesen Teil des Planeten zu nutzen gewusst und dort Abbauanlagen für die Bodenschätze und Produktionsanlagen der wichtigsten Exportgüter errichtet. Exportgüter, zu denen nicht zuletzt wichtige Rüstungsgüter wie Infanteriewaffen und Fahrzeuge gehörten. Darüber hinaus war im Starlight-System der wichtigste Produzent schwerer Kampfpanzer ansässig.

Um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, hatte man in der Nähe der Industrieanlagen auch das hiesige Til-Nara-Truppenkontingent stationiert. Die Insektoiden konnten durch ihre Anwesenheit die Produktionsanlagen schützen und wurden gleichzeitig von der Zivilbevölkerung isoliert, von der immer noch viele den Til-Nara skeptisch gegenüberstanden. Sie verdienten dieses Misstrauen nicht. Immerhin gehörte die Til-Nara-Hegemonie seit vielen Jahren zu den engsten und treusten Verbündeten der Menschen und die Insektoiden hatten ihre Bündnistreue in der Vergangenheit deutlich unter Beweis gestellt.

Die Kolonie bestand schon seit über siebzig Jahren und stellte eines der Produktionszentren des Konglomerats dar. Ähnlich wie Serena hatte es nach der ruulanischen Invasion und dem darauf folgenden Waffenstillstand eine Zeit des Niedergangs erlebt, in dem das System immer mehr verrohte. Industriezweige wanderten ab und nahmen dringend benötigtes Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze mit. Massenarbeitslosigkeit war die Folge.

Doch dem hiesigen Gouverneur war es in der Zwischenzeit durch Zugeständnisse wirtschaftlicher Art und geschicktes Verhandeln in beeindruckendem Maße gelungen, diesen Effekt umzukehren und Industrie und Investoren zurück nach Starlight zu locken. Sein gleichzeitig hartes Durchgreifen gegen Söldner, Glücksritter und Abenteurer hatte bewirkt, dieses Gesocks aus dem System zu vertreiben.

Inzwischen arbeiteten die Fabriken des Systems wieder mit hundertprozentiger Auslastung und das System gehörte zu den reichsten des Konglomerats. Die Bevölkerung von Starlight erlebte eine ganz beträchtliche Zunahme ihres Wohlstands – um nicht zu sagen: Luxus – und ein Wirtschaftswachstum und einen Aufschwung, den die meisten anderen Systems des Konglomerats nur mit unverhohlenem Neid betrachten konnten.

Keine geringe Leistung. Besonders wenn man bedachte, dass es sich bei Starlight um ein Frontsystem handelte, das immer mit der drohenden Gefahr eines ruulanischen Angriffs leben musste.

Der derzeitige Gouverneur Simon Lefferty hatte vor einem Jahr nach einem Erdrutschsieg seine nunmehr dritte Amtszeit angetreten. Die Popularität seiner Person stand außer Frage und er genoss sowohl Ansehen bei allen Bevölkerungsschichten als auch deren uneingeschränkte Unterstützung.

Nach allem, was Jonathan über Lefferty wusste oder gehört hatte, war der Mann sich für keine Arbeit zu schade. So hielt sich zum Beispiel hartnäckig das Gerücht, er habe während der Verteidigung gegen die ruulanische Invasion persönlich Hand angelegt, wo Hilfe vonnöten gewesen sei, von der Aufschichtung von Barrikaden bis hin zur Versorgung der Verwundeten in einem der Krankenhäuser. Natürlich war es durchaus möglich, dass es nur Gerüchte waren, die um seine Person kursierten, doch wenn auch nur die Hälfte der Geschichten zutraf, handelte es sich um einen äußert beeindruckenden Mann.

»Bin mal gespannt, ob das stimmt«, murmelte Jonathan leise vor sich hin und klappte die Mappe mit dem persönlichen Dossier des Gouverneurs zu. Asuga hatte recht behalten. Deborah und er waren umgehend nach Erhalt des Depeschenwürfels per Shuttle in die Umlaufbahn zu einem bereits wartenden Zerstörer der neuen Blizzard-Klasse gebracht worden. Erheblich kleiner als bisherige Zerstörer, mit einer ausladenden Antriebssektion ausgestattet, waren Schiffe der Blizzard-Klasse die schnellsten in Zerstörer-Größe innerhalb der Flotte. Obwohl erst seit wenigen Monaten offiziell im Dienst, galten sie als verlässlich und wurden vorrangig zur schnellen Beförderung von Nachrichten und Würdenträgern eingesetzt. Sie konnten sich gegen alles wehren, was kleiner als ein Zerstörer war, und konnten allem davonfliegen, was größer war. Außerdem waren sie dank ihrer Geschwindigkeit hervorragend dafür geeignet, die Flanken einer Flottenformation zu beschützen und gegen kleinere Feindeinheiten abzuschirmen.

Der Flug hatte tatsächlich lediglich zwei Tage gedauert und der Zerstörer war, kaum dass sie im Starlight-System angekommen waren, in den Orbit eingeschwenkt. Ungeachtet der vielen hochgefährlichen Orbitalwaffen und Satelliten, die die Kolonie beschützten. Jonathan konnte das nur damit erklären, dass sie bereits erwartet wurden. Den Ring aus vier Orbitalforts und der zentralen Raumstation über dem Nordpol beachtete er kaum noch. Derartige Verteidigungsanlagen sah er beileibe nicht zum ersten Mal, sondern hatte sie schon über Fortress und Serena beobachten dürfen. Diese Trutzburgen im All waren in der Lage, jeden Gegner, der es tatsächlich schaffte, sich dem Planeten auf diese Entfernung zu nähern, in Staub zu verwandeln.

Der Pilot ihres Shuttles begann mit den abschließenden Anflugmanövern auf die planetare Hauptstadt Messiter und Jonathan spürte einen leichten Druck auf seine Eingeweide, als das Shuttle abzubremsen begann und sich die Schwerkraft bemerkbar machte.

»Hast du was gesagt?«, fragte Deborah ein wenig nervös auf dem Sitz neben ihm.

»Nein … nichts, hab nur mit mir selbst geredet.«

Ihm fielen sofort ihre Hände auf, die sich verkrampft in die Lehnen ihres Sitzes krallten. Das Nagelbett an ihren Fingern trat vor Anstrengung bereits weiß hervor.

Jonathan rief sich ins Gedächtnis, dass Deborah an Bord von Shuttles unter Flugangst litt. Es machte ihr nichts aus, tagelang an Bord eines Raumschiffs eingepfercht zu sein, doch der Flug zwischen Raumschiff und Planeten rief bei ihr Schweißausbrüche und regelrechte Panik hervor. Jonathan war so in seine Lektüre vertieft gewesen, dass er ihre Gemütslage gar nicht bemerkt hatte.

»Ein Shuttleflug ist die sicherste Art zu reisen«, versuchte er zum wiederholten Mal, ihr die Unsinnigkeit ihrer Ängste vor Augen zu führen.

»Ich weiß … ich weiß.«

Eine leichte Turbulenz rüttelte das Gefährt für einen Sekundenbruchteil durch. Der Pilot bewies großes Geschick, als er das Shuttle mit sanfter Hand durch die Böe lenkte. Jonathan fühlte die Turbulenz kaum. Deborah jedoch lief von einer Sekunde zur nächsten kalkweiß an und er sah, wie die Muskeln an ihrem Hals arbeiteten, als sie verzweifelt gegen aufkeimenden Brechreiz ankämpfte.

»Ist das der falsche Augenblick, um dich darauf hinzuweisen, dass es seit mehr als sechzig Jahren keine Spucktüten mehr in solchen Flugzeugen gibt, weil so gut wie niemandem mehr beim Fliegen schlecht wird?! Trägheitsdämpfer sei Dank.«

»Ja«, würgte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Der Zeitpunkt ist unpassend.« Mit einem Auge linste sie auf den Aktenberg auf seinem Schoß.

»Was hast du da?«

Jonathan vermutete stark, dass die Frage eher darauf abzielte, sie von ihrer eigenen Übelkeit abzulenken, und nicht aus wirklichem Interesse herrührte.

»Dossiers. Der wichtigsten einheimischen Persönlichkeiten. Standardvorgehensweise. Wir müssen uns mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut machen, wenn wir einen neuen Einsatzort erreichen. Das schließt die Personen ein, auf die wir treffen werden.«

Aus einer plötzlichen Laune heraus, sie ärgern zu wollen, hob er den Aktenstapel hoch und knallte ihn ihr auf den Schoß. Die Bewegung kam so überraschend, dass Deborah nach Luft schnappte und die Muskeln an ihrem Hals noch hektischer arbeiteten. Vorsichtshalber zog er sich etwas zurück, nur um sicherzugehen, falls sie sich doch würde übergeben müssen.

»Du … duuu … A…«

»Ah, ah, ah, bevor du jetzt etwas sagst, das zwangsläufig unsere berufliche Zusammenarbeit stören würde, solltest du dich lieber auf die Akten vor dir konzentrieren. Du solltest dich daran gewöhnen, Akten zu wälzen.« Er schmunzelte leicht. Das Sprichwort, wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, bekam bei ihm eine ganz neue Bedeutung. Aber da musste seine Kollegin jetzt durch. Während seiner eigenen Ausbildung war ihm von seinem damaligen Führungsagenten eine ähnlich rüde Behandlung widerfahren. Man konnte dies durchaus als Tradition beim MAD bezeichnen.

»Irgendetwas, was ich wissen sollte?«

»Nicht wirklich. Eigentlich sogar alles ziemlich langweilig und nichtssagend.«

Deborah nahm wahllos eine Akte und schlug sie auf. Auf dem Foto, das auf dem ersten Blatt abgebildet war, starrte ihr ein Mann in den Vierzigern entgegen. Dunkelhaarig mit beeindruckendem Schnurrbart, der eher zu einem Musketier des alten Frankreichs gepasst hätte.

»Konteradmiral Miguel Hernandez«, erklärte Jonathan in leicht belehrendem Tonfall. »Kommandeur der 4. Flotte. Das Gros der Flotte ist in der Umlaufbahn von Nexus III stationiert, dem dritten Mond von Starlight. Dort befinden sich gleichfalls die meisten Flotteneinrichtungen des Systems. Hernandez hat die Flotte übernommen, nachdem Vizeadmiral Nekejami während der ruulanischen Invasion von 2143 gefallen war. Seitdem ist er eher unauffällig. Wenn man davon absieht, dass er sich einen recht guten Namen durch die Bekämpfung des Sklavenhandels und der Piraterie in diesem Gebiet gemacht hat. Über seinen Charakter steht leider nicht allzu viel in seiner Akte. Es gibt allerdings Stimmen, die halten ihn für …«

»Für?«

»Schwierig.«

Sie schlug die nächste Akte auf. Das Gesicht auf dem dazugehörigen Foto wirkte offen und sympathisch. Das Einzige, was diesen Eindruck störte, waren die kurz geschorenen Haare und die deutlich sichtbare Narbe, die sich vom Zentrum seines Mittelscheitels quer über die rechte Wange bis hin zum rechten Mundwinkel zog.

»Commodore Viktor Brandt. Hernandez’ Stabschef, sein Stellvertreter und Kommandeur der Excalibur-Kampfgruppe innerhalb der 4. Flotte.«

»Du erwähnst das, als sollte mir das etwas sagen?!«

»Solltest es auch. Die Excalibur-Kampfgruppe ist beinahe schon berühmt. Es handelt sich um eine schnelle Interventionseinheit, die Hernandez ins Leben gerufen hat, als er noch Nekejamis Stabschef gewesen ist. Sie ist ständig kampfbereit und kann im Notfall innerhalb von nur zwanzig Minuten auslaufen, während die übrige Flotte noch dabei ist, sich gefechtsklar zu machen. Viele Admiräle unterhalten inzwischen in ihren Flottenverbänden ähnliche Einheiten. Sie besteht aus sechzig Schiffen. Hauptsächlich leichtes Kaliber mit einigen schweren Brocken, die für den nötigen Rückhalt sorgen. Brandt kommandiert die Eingreiftruppe von seinem Schlachtschiff Excalibur aus.«

»Eine furchtbare Narbe.«

Jonathan nickte ernst. »Die hat er einem Ruul zu verdanken.«

Deborah sah überrascht auf. »Tatsächlich?!«

»Brandt dient seit fast fünfzehn Jahren in der 4. Flotte.«

»Das bedeutet, er war schon während der Invasion dabei.«

»Ja. Das Geschwader unter seinem Kommando hatte damals als erste Einheit der 4. Flotte Feindkontakt. Die Slugs griffen das Starlight-System schneller und mit weit überwältigenderer Stärke an, als der MAD es vorhersagte. Als sie kamen, war die 4. Flotte noch nicht kampfbereit. Brandt lief mit seinen Einheiten aus und stellte sich ihnen entgegen. Ohne den Befehl dafür erhalten zu haben. Sie hielten die Vorhut der Slugs mit Guerillataktiken über eine Stunde auf Trab und verzögerten so den Vormarsch ihrer Hauptangriffsverbände.«

»Das war aber sehr mutig.«

»Allerdings. Wobei andere Offiziere nicht so taktvoll waren, es mutig zu nennen. Tollkühn ist noch eine der harmloseren Bezeichnungen, die mir zu Ohren gekommen sind.«

»Das ist doch noch nicht alles, oder?«

»Bei Weitem nicht. Nach fast achtzig Minuten Kampf verließ Brandt sein Glück. Die zahlenmäßige Überlegenheit der Ruul gab den Ausschlag. Sie manövrierten ihn aus und er fand sich plötzlich in der Zange zwischen drei feindlichen Geschwadern wieder. Sie schossen fast sein ganzes Kommando in Stücke. Von sechzig Schiffen entkamen nur sieben. Die Excalibur war nicht darunter. Die Slugs enterten die Excalibur und massakrierten fast die gesamte Besatzung. Der Kampf an Bord des Schlachtschiffs muss brutal gewesen sein. Teilweise Mann gegen Mann. Die Narbe hat ein ruulanisches Schwert ihm beigebracht. Hat Brandt beinahe den Schädel gespalten.«

»Wie hat er überlebt?«

»Die Besatzung der Excalibur brachte die Enterer um. Nicht einer der Slugs überlebte, allerdings auch nur sehr wenige von Brandts Besatzungsmitgliedern. Sie versorgten ihn notdürftig, bis die Schlacht um Starlight vorbei war. Nach dem Abzug der Slugs wurde das Schlachtschiff geborgen und man fand ihn und vielleicht drei Dutzend weiterer Überlebender.«

»Eine beeindruckende Leistung.«

»Das war es«, nickte Jonathan. »Und doch gab es Stimmen, die anderer Meinung waren. Aber man konnte schlecht den Mann, der verhindert hat, dass die 4. Flotte bereits in den Anfängen der Schlacht vernichtet wurde, wegen Befehlsverweigerung vor Gericht stellen. Denn eins ist unstrittig: Wäre Brandt nicht gewesen, hätten die Slugs die Verteidigungsflotte von Starlight auf dem falschen Fuß erwischt. Die Zahl der Opfer wäre astronomisch hoch gewesen.«

»Also stellte man lediglich seinen Beförderungsanspruch zurück. Ich hab mich schon gewundert, warum er nicht längst mindestens Konteradmiral ist.«

»Verdient hätte er es, wenn du mich fragst. Aber die Entscheidung wurde von Offizieren getroffen, die sich durch effiziente, unorthodoxe und vor allem unberechenbare Offiziere bedroht fühlen. Und damit war Brandts Schicksal besiegelt.«

»Wem gehört die letzte Akte?«

»Lieutenant Colonel René Leduc. Leffertys Militärattaché und Verbindungsoffizier zwischen dem Militär und der zivilen Regierung von Starlight. Die brauchst du gar nicht erst zu lesen. Sie ist so was von unauffällig, den kannst du getrost vergessen.«

Mit einem weichen Ruck setzte das Shuttle auf und die Luke öffnete sich.

»Wir sind da«, eröffnete Jonathan fröhlich.

»Ein Glück. Der Boden hat mich wieder.«

Während Jonathan und Deborah das Shuttle verließen, nutzte der MAD-Offizier die Gelegenheit, sich einen ersten Eindruck von Starlight zu verschaffen. Und der war gar nicht mal schlecht. Vor ihm breitete sich der sauberste Raumhafen aus, den er je gesehen hatte. Ein Indiz für das straffe Regiment, das die hiesige Regierung führte. Die meisten militärisch genutzten Raumhäfen zeichneten sich durch Schmutz, Öl und ein geordnetes Chaos aus. Dieser hier nicht.

Derzeit waren nur wenige Schiffe auf dem Flugfeld, die meisten davon kleinere Shuttles. In der Ferne erhoben sich eine Reihe von Lagerhallen und ein Tower sowie eine Wartehalle für den zivilen Teil des Raumhafens. Dahinter befand sich die Skyline von Messiter mit seinen unzähligen Wolkenkratzern, die Büros und Wohnungen gleichermaßen beherbergten. Zwischen Skyline und Tower störte nur die Silhouette eines Raumabwehrlasers die friedliche Szenerie, der martialisch aus seiner schützenden Kuppel ins All zeigte.

Auf Starlight war es früher Morgen. Die Sonne schob sich gerade knapp über die Flachdächer der Wolkenkratzer und morgendlicher Nebel kroch gleichmäßig über den Boden.

Die drei Monde des Planeten umkreisten Starlight in so geringem Abstand, dass sie selbst bei Tageslicht vom Boden aus bequem zu erkennen waren. Sie waren der Einfachheit halber Nexus I, II und III genannt worden. Nexus III beherbergte, wie schon erwähnt, die hiesige Flottenbasis. Nexus I war wegen seiner giftigen Atmosphäre unbewohnbar. Nexus II hingegen hatte bis vor einigen Monaten eine menschliche Kolonie beherbergt. Aus dem Dossier, das er erhalten hatte, ging jedoch hervor, dass man sie wegen eines Chemieunfalls hatte evakuieren müssen. Auf Nexus II lebte jetzt niemand mehr, und das würde sich so lange nicht ändern, bis der Mond gereinigt und dekontaminiert worden war.

Jonathan konzentrierte sich erneut auf die vor ihm liegende Stadt und nickte anerkennend. Definitiv einer der wohlhabenderen Planeten, die er je besucht hatte. Knapp vor dem Shuttle parkte ein Fahrzeug, das sie bereits erwartete. Es war ein alter Jeep. Noch mit Reifen, nicht die Hover-Ausführung. Dies war entweder ein Hinweis auf Sparsamkeit, dass hier noch so alte Ausrüstung im Dienst war, oder auf nostalgische Anwandlungen der hiesigen Bevölkerung.

Vor dem Jeep warteten bereits drei Offiziere – ein Captain und ein Corporal, beides Marines, außerdem noch ein Lieutenant Colonel der TKA –: ihr Empfangskomitee.

Jonathan und Deborah stiegen die Gangway herab – in Deborahs Fall war es ein eher wackliger Gang – und gingen auf die drei Offiziere zu. Diese traten ihnen auf halbem Weg entgegen. Der TKA-Colonel als ranghöchster Offizier ergriff zuerst das Wort.

»Captain Clarke, Lieutenant Kirelsky, ich bin Lieutenant Colonel René Leduc, TKA, Militärattaché dieses Systems. Das sind Captain Andreas Westling von den Marine-Stoßtruppen und unser Fahrer, Corporal Pavel Czerenkow. Willkommen auf Starlight.«

Leduc reichte erst Jonathan und anschließend Deborah die Hand. Sein Händedruck war überraschend fest, fester, als es Jonathan nach dessen verweichlichtem Äußeren vermutet hätte. Leduc wirkte nicht wie ein kampferprobter Veteran, eher wie jemand, der es geschafft hatte, die Karriereleiter hinaufzustolpern, ohne jemals seine Waffe abfeuern zu müssen. Jonathan gab ihm insgeheim sofort den Spitznamen Babyface. In der Tat wirkte er viel zu jung, um wirklich schon Mitte vierzig sein zu können. Er hätte ihn auf höchstens Ende zwanzig geschätzt. Es war ein Gesicht, das sich nie hatte Sorgen machen müssen.