Der Ruul-Konflikt 9: Sturm auf Serena - Stefan Burban - E-Book

Der Ruul-Konflikt 9: Sturm auf Serena E-Book

Stefan Burban

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Beschreibung

Das strategisch wichtige Serena-System wird seit Monaten hart umkämpft. Tagtäglich sterben Tausende von Soldaten nur für einige wenige Kilometer Geländegewinne. Eine Großoffensive, an der alle Völker der Koalition beteiligt sind, soll endlich die dringend benötigte Wende auf diesem Kriegsschauplatz bringen. Ein Sieg auf Serena ist unumgänglich, falls die Menschen und ihre Verbündeten den Krieg noch gewinnen wollen. Doch verschiedene Parteien auf Serena nutzen die Kriegswirren, um ihre eigenen Pläne voranzutreiben. Und an vorderster Front in diesem Kampf steht das 171. Infanterieregiment - die Wölfe Alacantors ...

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Inhalt

Prolog

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Epilog

Zeitleiste

Weitere Atlantis-Titel

Stefan Burban

Sturm auf Serena

Eine Veröffentlichung des Atlantis-Verlages, Stolberg November 2015 Druck: Schaltungsdienst Lange, Berlin Titelbild: Allan J. Stark Umschlaggestaltung: Timo Kümmel Lektorat und Satz: André Piotrowski ISBN der Paperback-Ausgabe: 978-3-86402-240-1 ISBN der E-Book-Ausgabe (EPUB): 978-3-86402-297-5 Dieses Paperback/E-Book ist auch als Hardcover-Ausgabe direkt beim Verlag erhältlich. Besuchen Sie uns im Internet:www.atlantis-verlag.de

Prolog

Analyse über die taktische und strategische Lage rund um das umkämpfte Serena-SystemSicherheitseinstufung: Streng GeheimNur zur Vorlage bei der Präsidentin bestimmt.
Ausstellende Behörde: MADBericht-Nr.: 1158Aktenzeichen: 558123/B-331

Seit fast zwei Jahren wird das strategisch wichtige Serena-System inzwischen umkämpft, wobei die Ruul die nördliche und die Koalition die südliche Nullgrenze kontrollieren. Dadurch werden beide Seiten in die Lage versetzt, zeitnah und in großem Umfang Verstärkungen nach Serena zu entsenden, was eine Befreiung des Systems relativ schwierig macht. Trotz umfangreicher Militäroperationen in und um das System war bisher keine Seite in der Lage, die jeweils andere Partei vom Nachschub abzuschneiden, um die Kontrolle über den Kriegsschauplatz Serena zu erlangen.

Die Raumfestungen, ursprünglich zum Schutz der Kolonie installiert, sind durch Feindkräfte weitgehend neutralisiert worden. Lediglich die zentrale Kommandostation Central und eine der Kampfstationen existieren noch, sind aber schwer beschädigt. Die Wartung und Reparatur der Einrichtung wird durch ständige Kämpfe und hohe feindliche Präsenz erschwert. Der weitere Unterhalt von Central wird zunehmend unhaltbar und steht in keinem Verhältnis zum Nutzen. Die baldige Evakuierung der Raumstation wird daher dringend empfohlen.

Ähnlich prekär ist die Lage auf dem Planeten selbst. Die Ruul kontrollieren inzwischen den größten Teil des kleineren Kontinents sowie die Landzunge, die diesen mit dem Hauptkontinent verbindet. Dabei gelang es ihnen, mehrere Städte und kleinere Ortschaften in ihre Hand zu bekommen. Das Schicksal der Zivilbevölkerung ist ungewiss, man muss aber vom Schlimmsten ausgehen.

Seit etwas mehr als zehn Monaten stehen nun auch feindliche Truppen auf dem größeren Kontinent und bedrängen die planetare Hauptstadt Nomad.

Durch die Anfangserfolge der Ruul auf dem Planeten wurde die Miliz besonders schwer getroffen. Infrastruktur und Führungsebene sind kaum noch existent. Die Einheiten sind bis auf wenige Ausnahmen versprengt. Daher muss zu meinem großen Bedauern ab sofort von der Zerschlagung der Miliz ausgegangen werden. Die überlebenden Einheiten haben sich Verbänden der immer noch präsenten TKA unterstellt oder führen den Kampf als Guerillas und Partisanen aus dem Hinterland weiter.

Ein wenig besser sieht die Lage bei TKA und Marines aus. Beide Waffengattungen sind in signifikantem Umfang auf Serena vertreten und leisten weiterhin erbitterten Widerstand. Dies liegt nicht zuletzt an erheblichem Nachschub an Personal und Material, das soweit möglich auf den Planeten gebracht wird.

Trotzdem ist es den Ruul gelungen, die Hauptstadt Nomad vollständig einzukesseln und die äußeren Stadtgebiete zu besetzen. Stadtkern und Regierungsviertel befinden sich weiterhin in befreundeter Hand. Wie lange dieser Zustand aber noch aufrechterhalten werden kann, ist fraglich. Freundliche und feindliche Verbände in und um die Hauptstadt stehen sich derzeit im Stellungskrieg gegenüber.

Die Hauptkämpfe finden auf der Planetenoberfläche in und um Nomad statt. In den ländlichen Gebieten kommt es immer wieder zu Scharmützeln und kleineren Gefechten, doch das Hauptaugenmerk beider Seiten liegt ohne Zweifel auf der Hauptstadt, da sich dort das Schicksal des Hauptkontinents entscheiden wird.

Der Weltraum um die Kolonie sowie der Luftraum des Planeten selbst sind hart umkämpftes Niemandsland, dessen Besitz manchmal stündlich wechselt. Beide Seiten versuchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten, Nachschublieferungen der Gegenseite zu vereiteln, was zu besonders hohen Verlusten während der Landungen unserer Truppen führt. Die ersten dreißig Minuten nach der Landung gelten dabei als besonders riskant. Zuverlässigen Schätzungen zufolge verlieren Truppen der Koalition derzeit zwanzig Prozent ihrer Streitkräfte allein während des Anflugs und der anschließenden Landung auf dem Planeten.

Til-Nara-Verbände unterstützen sowohl Boden- als auch Raumtruppen und es besteht kein Zweifel, dass das System ohne Hilfe unserer Verbündeten bereits gefallen wäre.

Kleine, schnelle ruulanische Verbände nutzen darüber hinaus unsere Konzentration auf Serena, um hinter die Frontlinie vorzustoßen, auf der Jagd nach Sklaven und Rohstoffen. Die letzten Ereignisse auf Alacantor und Maguire sind beispielhaft für derartige Aktionen und werden vom MAD mit größter Sorge betrachtet.

Derzeitige Truppenstärke auf und um Serena der Koalition:

Bodentruppen:Miliz:ca. 11 000 MannTKA:ca. 51 000 MannMarines:ca. 47 000 MannTil-Nara:ca. 132 000 MannRaumstreitkräfte:Terranisches Konglomerat:732 SchiffeTil-Nara-Hegemonie:1 032 Schiffe

Derzeitige Truppenstärke auf und um Serena der Ruul:

Bodentruppen und Raumstreitkräfte:Es wird derzeit von einer ungefähren ruulanischen Truppenstärke von etwa 500 000 Mann und 2 600 Schiffen ausgegangen.

Prognose: Die Sicherung Serenas ist unumgänglich, sollte der Krieg eine Wendung zugunsten der Koalition nehmen. Das System ist strategisch von enormem Wert und der MAD empfiehlt den Stabschefs, umgehend mit der Planung einer Offensive zu beginnen, die Serenas Sicherheit gewährleisten wird. Es mag hart klingen, doch ein Sieg an diesem Kriegsschauplatz ist jeden Preis wert, den wir werden zahlen müssen.

Darüber hinaus beweisen neueste Berichte über feindliche Truppenbewegungen, dass der Gegner selbst eine Offensive plant, die das momentane Gleichgewicht bei Serena zu unseren Ungunsten beeinflussen könnte. Die Ruul haben Truppen in signifikantem Umfang verschoben, was darauf hindeutet, dass unseren Kräften bei Serena ein massiver Angriff bevorsteht.

Ein logischer erster Schritt einer geplanten Offensive sollte daher sein, die zweite Nullgrenze des Planeten einzunehmen und den Gegner damit effektiv von jeglichem Nachschub abzuschneiden. Ohne Zweifel sind sich die Ruul dessen nur allzu bewusst. Daher muss von erheblichem Widerstand ausgegangen werden.

Sollte das Serena-System vollständig in feindliche Hand fallen, wären die negativen Auswirkungen auf unsere Kriegsanstrengungen nur als katastrophal zu bezeichnen. Dies muss unter allen Umständen verhindert werden.

Gez. Brigadier General David ColtorLeiter Militärischer Aufklärungsdienst (MAD)3. Dezember 2152

* * *

Brigadier General David Coltor schloss die Akte und massierte sich die Schläfen. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal eine Nacht durchgeschlafen hatte. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als nur eine einzige erholsame Nacht zu durchleben. Leider schien ihm dies nicht vergönnt zu sein. Zu viele Sorgen raubten ihm den Schlaf.

Der Bericht, den er gerade beendet hatte, bildete da nur die Spitze des Eisbergs, auch wenn sich sein bewusstes Denken im Moment ausschließlich um Serena drehte. Das System hatte bisher länger durchgehalten, als irgendjemand – ihn selbst eingeschlossen – es erwartet hätte. Doch die Grenze des Machbaren war erreicht. Entweder es gelang ihnen, Serena für die Koalition zu sichern, oder die Ruul würden es ihrer wachsenden Domäne einverleiben. Der Verlust Serenas wäre der erste wirkliche Totalverlust eines Planeten seit Beginn der ruulanischen Invasion.

Morgen früh würde er den Bericht der Präsidentin vorlegen. David hoffte, dass sie die richtigen Schlüsse daraus zog. David betrachtete das Abbild Nogujamas, das an der Wand hing. Das Konterfei seines Mentors war für ihn immer wieder ein Quell der Inspiration. Es war, als würde der alte Admiral aus dem Grab zu ihm sprechen.

Doch diesmal blieb er stumm.

Haben wir Sie enttäuscht, alter Freund?, dachte David mit einem Anflug von Verzweiflung. Ich kann es Ihnen nicht verdenken.

David erhob sich hinter seinem Schreibtisch und wanderte zum großen Fenster, das eine ganze Seite seines Büros einnahm. Er betrachtete die Skyline von San Francisco und die hell erleuchtete Golden Gate Bridge. Falls der Krieg nicht bald eine entscheidende Wendung nahm, würde all dies irgendwann in Flammen aufgehen. Man konnte einen Zermürbungskrieg gegen eine Rasse wie die Ruul nicht unbegrenzt durchhalten. Ab einem bestimmten Zeitpunkt musste man in die Offensive gehen, musste man die feindlichen Werften und Stützpunkte zerstören, musste man den Gegner von allen benötigten Rohstoffen abschneiden.

Und Serena war ein erster Ansatzpunkt.

Er hoffte nur, die Präsidentin sah das genauso.

1

Militärisches Aufmarschgebiet der KoalitionMacAllister-SystemFlaggschiff: TKS Prince of Wales (Shark-Klasse)Kommandierender Offizier: Vizeadmiral Dennis Hoffer12. Juni 2153(Noch 3 Tage bis zum Beginn der großen Offensive gegen die ruulanischen Stellungen im Serena-System)

Das MacAllister-System glich einem Hexenkessel. Stündlich kamen neue Schiffe an, drangen ins innere System ein und wurden umgehend auf ihre Parkkoordinaten eingewiesen.

Lieutenant Colonel Derek Carlyle vom 171. TKA-Infanterieregiment lugte durch das nächste Bullauge und schüttelte den Kopf. Kaum zu glauben, dass es überhaupt noch Platz für all die Kriegsschiffe, Truppentransporter und Nachschubtender gab, die sich zwischen den Planeten des Systems tummelten. Und kaum zu glauben, dass bei diesem geordneten Chaos überhaupt noch jemand die Übersicht behielt.

Er löste sich widerstrebend von dem Bild, das sich ihm bot, und beschleunigte seine Schritte. Eilig sah er auf die Uhr. Er kam bereits jetzt zu spät und das sollte der Kommandeur eines Regiments niemals tun. Wie sagte man so schön? Pünktlichkeit ist die Tugend der Könige.

Die Korridore des Shark-Klasse-Schlachtschiffes TKS Prince of Wales hallten wider von den Tritten Hunderter Füße und der Anspannung unterdrückter Erwartung. Die meisten hier hatten keine Ahnung, wann die Offensive rollte. Das wussten nur wenige. Doch dass bald etwas passieren würde, war allen klar.

Man konnte es förmlich spüren. Und die Zeichen waren kaum misszudeuten.

Vor knapp einem Monat war eine strenge Nachrichtensperre verhängt worden. Keine Nachricht verließ mehr das System und nur wenige speziell autorisierte Botschaften kamen herein.

Heute hatte jeden Soldaten und jedem Besatzungsmitglied, das in dieser Flotte diente, beim Frühstück eine große Überraschung erwartet. Es war ein opulentes Mahl serviert worden: Rührei, gebratener Speck, Pfannkuchen und etliches mehr.

Einige hatten sofort erkannt, worauf das hinauslief. Andere hatten sich erst einmal die Bäuche vollgeschlagen und erst später darüber nachgedacht, was diese ungewohnt üppige Mahlzeit zu bedeuten hatte.

Es ging los, innerhalb der nächsten Tage. Den Soldaten wurde noch einmal erlaubt, ein gutes Essen zu genießen, bevor man sie in die Hölle von Serena stieß.

Derek erreichte die gepanzerte Tür des Besprechungsraumes, vor der zwei Marines auf Posten standen. Die beiden Männer salutierten und der ranghöhere von beiden öffnete die Verriegelung, sodass Derek eintreten konnte.

Der Raum war bereits voll besetzt – und alle Augenpaare richteten sich auf ihn.

Derek unterdrückte es, den Kloß in seinem Hals hinunterzuschlucken. Dies hätte das Gefühl des Unbehagens nur verstärkt. Stattdessen überspielte er seine Verspätung, indem er sich einfach setzte und so tat, als wäre nichts Ungewöhnliches geschehen.

Derek sah sich im Besprechungsraum um. Es waren unzählige Offiziere anwesend. Von Regimentskommandeuren aufwärts war alles vertreten: Generäle, Admiräle, Commodores, Colonels. Jeder menschliche Kommandeur der versammelten Streitmacht, der etwas zu sagen hatte, war hier im Raum. Ein Gefühl der Vorahnung kroch Dereks Rückgrat hoch.

Bevor Derek sich setzte, fielen ihm zwei Offiziere auf, die hinter Hoffer mit verschränkten Armen standen. Er vermutete jedenfalls, dass es Offiziere waren, denn sie trugen Zivil. Ihre Haltung und die hinter dem Rücken verschränkten Arme ließen jedoch keinen anderen Schluss zu. Wenn sie außerdem vorne bei Hoffer standen, mussten sie wichtig sein.

Vizeadmiral Dennis Hoffer stand vorne am Pult, in das ein kleiner Holotank eingelassen war, und strafte Derek mit einem missbilligenden Blick, bevor er sich räusperte. »Nun, da wir vollzählig sind, können wir ja anfangen.« Er räusperte sich erneut. »Meine Damen und Herren. Es ist so weit. In drei Tagen rücken wir gegen Serena aus.«

Ein Raunen ging durch die Menge.

Dieses hörte sich in Dereks Ohren entschieden zu sehr nach Vorfreude an, ein Gefühl, das er nicht ganz nachvollziehen konnte. Natürlich fieberten alle danach, den Ruul einen Denkzettel zu verpassen und sie für die vielen Opfer der vergangenen Jahre bluten zu lassen. Doch den meisten schien zu entgehen, dass es zunächst einmal ihre Untergebenen, ihre Soldaten, die Besatzungen ihrer Schiffe sein würden, die bluten müssten. Und das dann nicht zu knapp, wenn man den Berichten der letzten Monate auch nur zur Hälfte glauben schenken konnte. Die Ruul hatten sich in ihren Stellungen eingeigelt, und sie dort hinauszutreiben, würde ein Höllenjob werden.

»Die südliche Nullgrenze wird derzeit von Vizeadmiral Pavel Dekruski und der 9. Flotte gehalten.« Hoffer sah sich vielsagend in der Menge um. »Oder besser gesagt, von dem, was von der 9. Flotte noch übrig ist. Dekruskis Einheiten haben mehr als siebzig Prozent Verluste zu verzeichnen. Ihnen zur Seite steht ein Kontingent aus etwa dreihundert Til-Nara-Schiffen, deren Zustand in ähnlicher Weise Anlass zur Sorge bietet. Diese Kontingente stehen seit Monaten praktisch ununterbrochen im Kampfeinsatz. Im gesamten Serena-System sind weitere terranische und insektoide Einheiten in Gefechte mit dem Feind verwickelt. Das gesamte System ist Kriegsschauplatz. Sie sollten sich darüber lieber keinen Illusionen hingeben.«

Der Admiral ließ den Blick über die Runde schweifen, bevor er fortfuhr. »Sofort nach unserem Eintreffen schwärmen unsere Schiffe aus und sichern die Nullgrenze. Dabei lösen wir Dekruski und die 9. Flotte ab, die sich augenblicklich nach MacAllister begeben wird, um dringend benötigte Erholung zu erhalten und ihre Schiffe reparieren zu lassen. Die 9. Flotte sollte eigentlich längst abgelöst werden.«

Hoffer betätigte einige Knöpfe und über seinem Kopf materialisierte für alle gut sichtbar das Abbild des Serena-Systems. Rund um den Planeten war dabei eine deutliche Konzentration von roten, grünen und gelben Symbolen zu erkennen, die feindliche, eigene und verbündete Einheiten symbolisierten. Die nördliche Nullgrenze des Systems wurde von roten Symbolen dominiert, die südliche von grünen und gelben.

Hoffer deutete auf einen adretten Flottenoffizier in mittleren Jahren, der zu seiner Rechten stand. »Commodore Vincent DiCarlo wird von seinem Schlachtträger Lydia aus den Vorstoß zur Kolonie selbst leiten. Sein Geschwader wird die Nachschub- und Truppentransporter ins Zielgebiet eskortieren und ihren sicheren Eintritt in die Planetenatmosphäre gewährleisten. Anschließend wird er bei der Säuberung des Gebiets von feindlichen Schiffen assistieren und den Bodentruppen gegebenenfalls Luftunterstützung durch seine Jäger zukommen lassen.«

Hoffer betätigte weitere Knöpfe. Das Bild des Hologramms zoomte hinein, bis die Hauptstadt der Kolonie aus der Vogelperspektive zu sehen war. Mehrere Symbole erschienen. Derek kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Bei den Symbolen handelte es sich um Embleme verschiedener Einheiten. Auch die Wölfe Alacantors waren dabei.

»Rund um Nomad wurden verschiedene Landezonen festgelegt. Die 82. TKA-Division sichert die nördlichen Randbezirke der Stadt, das 3. Marine-Expeditionskorps übernimmt den Süden, die 99. TKA-Division den Osten und die 18. gepanzerte Marine-Division den Westen. Diese vier Divisionen bilden die erste terranische Angriffswelle gegen die Hauptstadt.« Die Karte zoomte erneut hinein und zeigte nun ein Stadtviertel unweit des Regierungsbezirks. »Die 159. TKA-Division landet anschließend mit etwas Verzögerung mitten in der Stadt.«

Derek wurde hellhörig und streckte den Kopf, um auch ja nichts zu verpassen. Sein Regiment gehörte nach einer kürzlichen Umstrukturierung zur 159. Division unter dem Kommando von Lieutenant General Corso Garret.

»Lieutenant General Garret«, Hoffer deutete auf einen älteren Offizier mit dichtem immer noch braunem Haar, der steif in Richtung der versammelten Offiziere nickte, »und seine Einheiten werden einen Bereich innerhalb der Stadtgrenzen sichern und dort einen Brückenkopf einrichten und halten. Ist dies geschafft, wird es ihre Aufgabe sein, die Ankunft weiterer Verstärkungen abzuwarten und – falls möglich – Kontakt zu örtlichen Verteidigungstruppen herzustellen. Sobald wir eine sichere Landung innerhalb von Nomad gewährleisten können, schicken wir die zweite Welle unserer Truppen rein. Sind die Ruul erst einmal zwischen unseren Truppen außerhalb der Stadt und unseren Einheiten innerhalb der Stadt eingeschlossen, werden wir sie nach und nach aufreiben. Wie ein Hammer auf einem Amboss. Für die gesamte Operation bis hin zur vollständigen Säuberung der Hauptstadt wurde ein Zeitraum von maximal drei Wochen festgelegt. Einen Teil unserer Bodentruppen halten wir an der südlichen Nullgrenze als dritte und vierte Welle in Reserve. An der Nullgrenze sind sie in Sicherheit vor feindlichen Überfällen und können den Planeten trotzdem zeitnah erreichen. Sollte alles nach Plan verlaufen, werden wir diese Truppen für die Säuberung des größeren Kontinents Serenas gar nicht benötigen. Wie schon erwähnt, sollten wir Nomad in drei Wochen sichern können. Zwei wären besser.«

Derek schnaubte. Ich hoffe nur, die Slugs halten sich auch an unseren Zeitplan.

»Nach der Befriedung von Nomad«, beendete Hoffer seine Ausführungen, »stoßen wir weiter Richtung Süden vor und rücken gegen die ruulanischen Stellungen auf der Landzunge und schließlich auf dem kleineren Kontinent vor. Sobald wir die Landzunge erreicht haben, beginnen wir mit einer Landung von Bodentruppen auf der südlichsten Spitze des kleineren Kontinents. Mit dieser Aktion wollen wir eine zweite Front eröffnen und die ruulanischen Bodentruppen auf dem Planeten in einem Zweifrontenkrieg zerschlagen. Alles in allem sollten wir für den gesamten Feldzug nicht länger als zwei bis vier Monate benötigen. Vor etwa einem Monat sind bereits Truppen auf Serena gelandet. Es handelte sich dabei um ein erstes größeres Vorauskommando, um den Grundstein für unsere Offensive zu legen. Sozusagen die erste Welle. Diese Truppen haben sich zwanzig Klicks außerhalb von Nomad eingegraben und verhinderten ein weiteres Vordringen der Ruul. Wir selbst sind die zweite Welle. Unser Zweck dürfte offenkundig sein. Nach unserem Abflug von MacAllister versammeln wir hier eine weitere Streitmacht, die die dritte Welle darstellt. Mit etwas Glück wird diese jedoch nicht zum Einsatz kommen, da wir bis dahin gesiegt haben. Die dritte Welle ist unser Notfallplan und unsere allerletzte Chance, den Kampf um Serena noch zu unseren Gunsten wenden zu können – falls etwas schiefgeht.«

Hoffer schaute sich interessiert in der Runde um. »Gibt es noch Fragen?«

Eine Hand hob sich und Hoffer gab dem Offizier zu verstehen, er möge sprechen. »Wie sieht die Hilfe unserer Verbündeten aus? Wir hören hier immer nur unseren Anteil an der Offensive und der scheint mir recht umfangreich zu sein.« Zustimmendes Gemurmel brandete auf.

Hoffer hob um Aufmerksamkeit heischend beide Hände und die Offiziere verstummten alsbald. »Ich versichere Ihnen, dass unsere Verbündeten in hohem Umfang an dieser Offensive beteiligt sind. Man muss nur aus dem nächsten Bullauge sehen, um sich dies zu vergegenwärtigen. In diesem Moment werden die Offiziere der Mitgliedsvölker der Koalition über ihre jeweiligen Aufgaben informiert. Alles in allem sind fast eintausendfünfhundert Kriegsschiffe an der zweiten Welle beteiligt, wobei die Menschen etwa sechshundert beisteuern. Dabei sind die ganzen Truppentransporter und die Soldaten, die sie befördern, noch gar nicht mitgerechnet. Die Meskalno beteiligen sich natürlich lediglich in logistischer Form. Sie stellen Transportschiffe und Nachschub für die belagerten Truppen und die Zivilbevölkerung auf Serena. Gemäß unserer Vereinbarung nehmen sie jedoch nicht – ich betone ausdrücklich: nicht – an Kampfhandlungen teil, es sei denn, ihre Schiffe werden während des Abwurfs der Nachschubgüter angegriffen. Til-Nara, Nerai, Sca’rith und sogar die Asalti haben jedoch Truppen und Schiffe zur Verfügung gestellt. Die Truppentransporter dort draußen befördern mehr als sechshunderttausend Soldaten. Jedes Mitgliedsvolk hat seine eigenen Zielvorgaben während der Landeoperation und danach. Seien Sie versichert, sie alle leisten ihren Beitrag. Denn sie alle sind sich der Bedeutung von Serena bewusst. Ich möchte Ihnen allerdings nicht verschweigen, dass Nerai und Sca’rith unsere Offensive lediglich unterstützen, weil wir ihnen im Gegenzug militärischen Beistand bei eigenen Operationen zugesagt haben. Quid pro quo. Ich denke, das ist nur fair.«

Der Offizier, der die Frage gestellt hatte, nickte zufrieden.

»Sonst noch Fragen?«, wollte Hoffer wissen. Niemand meldete sich. »Ausgezeichnet. Kehren Sie bitte zu Ihren Einheiten zurück und instruieren Sie Ihre Offiziere und Unteroffiziere. Die Operation startet in drei Tagen.« Hoffer lächelte auf eine – wie er wohl hoffte – zuversichtliche Art und Weise. »Ihnen allen viel Glück.«

Derek stieß einen Schwall Luft aus und erhob sich. Einige der Offiziere schwatzten und diskutierten lebhaft über das soeben Gehörte. Eine Haltung, die Derek nicht teilte. In solchen Momenten blieb er lieber für sich, um über die Fakten, die man ihm präsentierte, zu reflektieren. Hoffer vermittelte den Eindruck, es würde ein Kinderspiel werden, doch Derek war klar, der Mann wusste durchaus, dass dem nicht so war. Vielleicht war das die Bürde des Kommandos: Zuversicht vorzuschieben, wo man eigentlich Sorgen empfand. Wenn dem so war, wollte er nie General werden. Für ein solches Verhalten war er zu ehrlich.

Als er den Besprechungsraum mit einer ganzen Traube von Offizieren verließ, stieß er auf Narim Singh, Jessica Cummings und Eveline DaSilva. Das 171. Regiment war inzwischen eine reguläre Einheit mit drei Bataillonen. Narim kommandierte das 1., Jessica das 2. und Eveline das 3.

Nach der Schlacht von Alacantor war das 171. zur Neuausrüstung nach Borgass gekommen, wo man im Laufe mehrerer Monate die Lücken füllte sowie die neuen Mitglieder der Einheit ausbildete. Die Einheit war jetzt in Lieutenant General Corso Garrets 159. Infanteriedivision eingegliedert worden. Anfangs hatte Derek vermutet, dies geschehe einfach nur, um die Lücken in Garrets Division zu füllen. Viel später hatte er erfahren, dass Garret höchstpersönlich die Einheit angefordert hatte. Die Leistungen der Einheit auf Alacantor bis zum Eintreffen seiner Division hatten den Mann wohl beeindruckt.

»Nun?«, fragte Narim, obwohl Derek ihm ansah, dass der Inder die Antwort bereits zu wissen glaubte.

»Was denkst du denn?«, fragte Derek zurück. »Es geht wieder los.«

»Richtig begeistert bist du aber nicht?«, steckte Jessica den Finger in die schwärende Wunde, die Derek plagte.

»Der Invasionsplan für Serena ist – gelinde gesagt – problematisch.«

»Inwiefern?«

»Es wird ein Sturmangriff.«

»Ein Sturmangriff?« Narims Miene spiegelte seine Bedanken wider. »Im Ernst?«

»Na ja, mehr oder weniger … Aber ja, im Grunde schon. Man ist wohl der Meinung, die ruulanischen Stellungen rund um Serena nicht anders brechen zu können. Es gibt noch Aspekte an der Invasion, über die Hoffer nicht sprechen wollte, aber im Endeffekt sieht es so aus, dass Kriegsschiffe uns bis in den Orbit eskortieren und Jäger dann, bis wir am Boden sind.«

»Wo setzt man uns ein?«, beteiligte sich Eveline erstmals am Gespräch.

»Nomad.«

»Die Hauptstadt«, sinnierte Narim. »Wenigstens dort, wo die Action am heftigsten sein wird.«

»Ich kann deine Begeisterung nicht teilen«, meinte Derek düster. »Dort wird sich der ruulanische Widerstand konzentrieren. Unsere Verluste werden nirgendwo schlimmer sein.«

»Prognose?«, hakte Jessica nach.

Derek schüttelte den Kopf. »Der Admiral wollte sich darüber nicht auslassen.«

Eveline schürzte die Lippen. »Schlechtes Zeichen. Wenn ein Admiral keine Prognose über erwartete Verluste abgeben will, ist das sogar ein verdammt schlechtes Zeichen.«

Der Korridor leerte sich zusehends, als sich die Grüppchen langsam auflösten und die Offiziere zu ihren jeweiligen Truppentransportern und ihren Einheiten übersetzten.

Derek seufzte. Es wurde Zeit. Auch sie mussten sich zum Großraumtruppentransporter des 171., der Ugly Duckling, begeben. Es gab vor Beginn der Offensive viel zu tun und sie mussten noch die übrigen Offiziere und Unteroffiziere informieren.

Die Tür des Besprechungsraums ging in diesem Moment noch einmal auf und die beiden Offiziere, die Derek bereits zuvor aufgefallen waren, traten heraus. Sie verabschiedeten sich von Vizeadmiral Hoffer, drehten sich um und schlenderten ohne Hast, jedoch mit weit ausgreifenden Schritten den Korridor entlang. Als sie Dereks kleine Gruppe passierten, bemerkte dieser, dass Narim die beiden Offiziere nicht aus den Augen ließ. Im Gegenzug registrierte er, dass die Offiziere Narim keines Blickes würdigten, obwohl er ihnen aufgefallen sein musste. Ein hoch aufgeschossener Mann wie Narim stach aus jeder Menschenmenge heraus.

Narim blickte ihnen nach, bis sie um die nächste Ecke verschwunden waren.

»Hab ich hier irgendetwas nicht mitgekriegt?«, fragte er seinen Freund verwirrt. »Kennst du die beiden?«

Narim nickte. »ROCKETS.«

Major Maximilian Childers bemühte sich, sich seinen Schock nicht anmerken zu lassen. An den besorgten Blicken seines Begleiters bemerkte er, dass es ihm nicht ganz glückte.

»Alles in Ordnung?«, fragte Captain Gunnar Haarde.

Maximilian nickte. »Was zum Teufel macht dieser Typ hier?«

»Narim? Der Uniform nach ist er jetzt bei der TKA.«

»Der sollte im Gefängnis verrotten.«

»Vergiss ihn. Seine Anwesenheit ist nicht zu ändern. Wir haben doch jetzt wirklich dringendere Probleme, über die wir nachdenken müssen.«

Maximilian schüttelte den kantigen, kahl rasierten Kopf. Gunnar ließ ihn die Dinge immer im richtigen Kontext betrachten. Falls er so etwas wie ein Gewissen besaß, so war es mit Sicherheit Gunnar.

Nach wenigen Minuten erreichten sie ihr Quartier. Mit einem leichten Druck auf den Türsensor öffnete Maximilian den Zugang. Im Inneren warteten drei Männer und eine Frau. Als die beiden Offiziere eintraten, erhoben sich die vier wie auf Kommando. Die Soldaten standen bequem mit hinter dem Rücken verschränkten Händen, doch selbst entspannt wirkten sie äußerst gefährlich.

Lieutenant Geoffrey Hale oder einfach kurz Geoff stammte von einer kleinen Kolonie nahe der RIZ. Ihr Name war Corola Minor. Dort gab es nichts von Wert. Aus diesem Grund hatte der MAD dort einen Horchposten, mit dem angrenzende, von Ruul besetzte Gebiete ausspioniert wurden.

Die anderen drei waren Privates: Juan Alvarez, Mariah Kensy und Alexander Blinow. Sie stammten aus verschiedenen Gegenden der Erde und waren bereits seit Kriegsbeginn in seiner Einheit. Der blonde, schlanke Gunnar stammte von der skandinavisch geprägten Welt Stockholm. Sie war weit hinter der Front und galt gemeinhin als sicher. Manchmal war Maximilian ein wenig neidisch deshalb. Er selbst stammte von der Mekong-Kolonie, die während der ersten ruulanischen Angriffswelle gefallen war. Zu diesem Zeitpunkt war er selbst auf der Erde gewesen. Seine Familie nicht. Er hatte nie wieder etwas von ihnen gehört.

Zusammen bildeten diese Leute das ROCKETS-Team Mamba. Teams dieser Sondereinheit bestanden normalerweise aus neun Mitgliedern, doch Team Mamba hatte erst kürzlich drei Mitglieder verloren, als sie eine ruulanische Werft sabotiert hatten. Die Mission war ein Erfolg gewesen. Große Teile der Werft waren nun für eine lange Zeit unbrauchbar, doch drei seiner Leute hatten diesen Sieg mit ihrem Leben bezahlt. Und nun schickte man sie erneut ins Gefecht – ohne Ersatz.

»Setzt euch. Es gibt Neuigkeiten.«

Die vier Soldaten nahmen augenblicklich Platz. Ihre Mimik deutete auf zurückhaltende Neugier hin. Gunnar blieb neben der Tür stehen und lehnte sich an die Wand. Der Offizier war die Nummer zwei seiner Befehlshierarchie.

»Die Invasion läuft in drei Tagen von jetzt an gerechnet«, eröffnete Maximilian ohne Umschweife.

Juan klatschte begeistert in die Hände. »Na endlich geht’s los. Wurde auch Zeit.«

Mariah strich ihre rote Lockenpracht zurück und musterte Maximilian misstrauisch. »Da gibt es doch noch mehr, oder?«

Maximilian nickte. »Man schickt uns einen vollen Tag vorher rein. In unserem GLT.«

Alexander zischte etwas auf Russisch und schien kurz davor, als wolle er ausspucken, hielt sich jedoch zurück.

»Mit welchem Auftrag?«, wollte er stattdessen wissen.

»Den Feind anzugreifen, Schaden anzurichten, wo immer möglich, und die Invasion nach besten Kräften am Boden zu unterstützen.«

»Großartig. Unterstützung?«

Maximilian schüttelte den Kopf. »Es wird noch andere Teams geben, doch wir werden keinen Kontakt zu ihnen haben. Die haben ihre eigenen Befehle.«

»Kriegen wir wenigstens Ersatz für Thomas, Karl und Betty?«

»Was denkst du wohl?«

Alexander fluchte erneut.

»Boss, das ist eine Nummer zu groß für uns«, meinte der Russe, nachdem er sich etwas beruhigt hatte. »Wir sind gut, aber nicht so gut. Die verlangen, dass wir uns mit einer ganzen Besatzungsarmee anlegen. Und unser Team ist noch nicht einmal vollzählig. Herrje, wir ziehen ohne Sanitäter ins Gefecht.«

»Jeder von uns kann Verletzungen versorgen. Gerade das macht ROCKETS-Teams so verdammt effektiv. Jedes Mitglied kann den Job jedes anderen Mitglieds übernehmen.«

»Es gefällt mir trotzdem nicht.«

Maximilian zuckte die Achseln. »Es kann dir nicht gefallen, so viel du willst, aber wir haben unsere Befehle. Überprüft eure Ausrüstung und legt euch schlafen. Morgen wird ein anstrengender Tag. Wir starten um 0400 Schiffszeit. Damit wir problemlos landen können, startet die Flotte sogar ein Ablenkungsmanöver, um die Slugs auf Trab zu halten. Fühlt euch lieber geehrt. Die Flotte macht das nicht für jeden.«

Maximilian musterte jeden Einzelnen eindringlich, wie sie sich ihrer jeweiligen Kojen zuwandten und Hand an ihre Waffen und Ausrüstung legten. Er hörte es in jedem einzelnen Kopf rattern. Maximilian konnte nicht sagen, dass er ihnen das übel nahm. Ihre Bedenken spiegelten seine eigenen wider.

Die Mission war gefährlich genug, doch ohne Ersatz für erlittene Verluste in den Kampf zu ziehen, war noch viel übler. ROCKETS-Kommandosoldaten wuchsen leider nicht auf Bäumen, und dass man ihnen keinen Ersatz gab, sprach Bände über die Versorgungslage. Einen ROCKETS auszubilden, brauchte Zeit und Zeit war genau das, was sie nicht hatten. Man verheizte die Soldaten schneller, als man sie rekrutieren und ausbilden konnte.

Es war eine schlimme Situation für jedermann.

»Du solltest auch schlafen«, meinte Gunnar und deutete auf das Bett, das für Maximilian reserviert war.

»Wenn ich doch nur schlafen könnte«, meinte der ROCKETS-Truppführer. »Wenn ich doch nur schlafen könnte.«

2

Das Shuttle setzte sanft im kleinen Beiboothangar des Truppentransporters der Gargoyle-Klasse TKS Ugly Duckling auf. Das alte Ding hatte die ruulanische Invasion auf Alacantor überstanden und diente dem 171. Regiment seither als Fortbewegungsmittel. Den Namen jedoch verdiente es zurecht. Der Kahn war in der Tat potthässlich.

Derek stieg die drei Stufen zum blanken Deck des Schiffes hinab und streckte sich erst einmal ausgiebig. Er hasste Shuttleflüge inständig. Es fühlte sich jedes Mal an, als würde er in einem Sarg sitzen.

Narim, Jessica und Eveline verabschiedeten sich mit kurzem Nicken, während sie die Abteilungen ihrer jeweiligen Bataillone ansteuerten, um ihre Kompaniekommandeure über alles, was sie wissen mussten, zu informieren.

Derek hingegen wurde bereits von einer anderen Personengruppe erwartet. Master Sergeant Lucas Delaney, Staff Sergeant Lois MacAvoy und Major Paul Becket standen stramm, als sich Derek näherte. Nachlässig bedeutete er den beiden Männern und der Frau, bequem zu stehen.

Lucas Delaney war immer noch ranghöchster Unteroffizier der Einheit. Nach der Schlacht um Alacantor hatte er Derek beim Wiederaufbau der Einheit und dem Sichten geeigneter Kandidaten für die vielen freien Offiziersstellen geholfen. Für Dereks Dafürhalten war der Mann für den reibungslosen Ablauf aller Vorgänge innerhalb des Regiments unverzichtbar. So, wie Delaney Dereks rechte Hand war, so hatte sich Lois MacAvoy zu Delaneys rechter Hand entwickelt. Das Energiebündel kümmerte sich um sämtliche Belange, die Delaney ihr zuschanzte. Außerdem war sie für das Verwalten der eintreffenden Geheimdienstberichte zuständig. Die meisten Infanterieregimenter besaßen inzwischen einen eigenen MAD-Offizier. Dem 171. war jedoch noch keiner zugewiesen worden und Derek bezweifelte, dass dies noch vor Beginn der bevorstehenden Operation geschehen würde.

Major Paul Becket – ehemals Lieutenant der Alacantor-Miliz – kommandierte das regimentseigene Jägerkontingent des 171. Um die vier überlebenden Jäger seiner Staffel hatte er inzwischen eine ansehnliche Truppe von zwei Staffeln à zwölf Jägern aufgebaut. Damit gehörte das 171. Regiment zu den wenigen Einheiten, die auf eigene Luftunterstützung bauen konnten.

Aufgrund ihrer Leistungen auf Alacantor wurde die Lufteinheit des Regiments sogar mit den neuen Executor-Luftjägern ausgestattet, einem neuen, rein atmosphärentauglichen Jäger, der jedoch enorm schlagkräftig war. Zwei Antriebsdüsen am Heck der Maschine machten ihn sehr schnell und wendig. Mit einem Laser unter dem Cockpit, einem Mehrfachraketenwerfer unter jeder Tragfläche, einem schweren MG in jeder Tragfläche und Aufhängungen für vier Raketen unter jeder Tragfläche brauchte er sich vor keinem Gefecht zu fürchten. Die Executor-Klasse war entwickelt worden, um die Jägerpiloten der Flotte zu entlasten und vor allem die Miliz mit einer Kampfkraft in der Luft auszustatten, die es ihnen gestattete, auf eigenen Beinen zu stehen. Der Executor war in der Lage, es sogar mit Reapern in einem ausgeglichenen Duell aufzunehmen, eine Fähigkeit, mit der sich normalerweise kein atmosphärentauglicher Jäger brüsten konnte.

Die vierundzwanzig Jäger des Regiments waren in Hangars an Steuer- respektive Backbord des Großraumtruppentransporters untergebracht und waren in der Lage, binnen weniger Minuten zu starten.

»Colonel«, begrüßte Delaney ihn, kaum dass er dem Trio gegenüberstand.

»Meine Dame, meine Herren«, lächelte Derek. »Gehen wir doch ein Stück.«

Die vier Soldaten bewegten sich gemütlichen Schrittes auf den Aufzug zu, der sie in die tieferen Ebenen des Schiffes bringen würde.

»Wie ist die Besprechung mit den hohen Tieren gelaufen?«, wollte Delaney wissen. Derek spürte dessen Ungeduld und konnte es ihm nicht verdenken.

»Den Erwartungen entsprechend. In drei Tagen geht es los.«

Delaney hätte um ein Haar einen Prim Kautabak auf das blanke Deck des Truppentransporters gespuckt, doch er hielt sich im letzten Augenblick zurück. »Das wurde auch langsam Zeit«, sagte er stattdessen.

»Ich schwöre, irgendwann gewöhne ich Ihnen das noch ab.«

»Viel Glück dabei«, beschied Delaney. MacAvoy und Becket grinsten sich bei dem Wortwechsel lediglich an.

»Aber Sie haben recht«, kam Derek schnell zum Thema zurück. »Endlich geht es los. Wird auch Zeit, dass wir uns Serena zurückholen. Die Slugs machen sich dort schon viel zu lange breit.« Er wandte sich halb über die Schulter um. »MacAvoy? General Garret wird einen Tag vor unserem Sprung nach Serena alle relevanten Geheimdienstberichte über unsere geplante Landezone hierher übermitteln. Ein Tag ist nicht viel Zeit zum Sichten, aber mehr kann ich Ihnen leider nicht geben.«

Die Unteroffizierin zuckte als Antwort ergeben mit den Achseln. »Muss reichen«, antwortete sie lapidar.

»Was Sie betrifft, Becket«, wandte er sich an den Piloten, »kann ich leider nicht viel tun, bevor wir aufbrechen. Die Zustände und die Lufthoheit wechseln ständig, sodass wir nicht sicher sein können, womit Ihre Leute und Sie es zu tun bekommen. Die Kampfgruppe der Lydia wird uns bis zur Atmosphäre eskortieren, von da an sind wir zuständig. Die Kriegsschiffe Commodore DiCarlos geben uns Deckung gegen feindliche Orbitalschläge. Falls möglich überlassen Sie uns auch ein paar Jäger, aber das wird wohl von der Gesamtsituation abhängen.«

Der Pilot nickte ernst. »Ich verstehe, Sir. Wenn es nicht anders geht, dann ist es eben so. Es bringt nichts, über Umstände zu diskutieren, auf die man keinen Einfluss hat.«

Derek fühlte Zufriedenheit angesichts der Antwort Beckets in sich aufsteigen. Seine Einheit hatte sich gemausert: von einem zusammengewürfelten Haufen undisziplinierter und unsicherer Menschen, die eigentlich nie hätten Soldaten werden dürfen, zu einer Einheit, die sich erfolgreich mit einem ruulanischen Überfallkommando angelegt hatte. Die Slugs auf Serena sollten sich lieber in Acht nehmen. Die Wölfe Alacantors waren wieder auf der Jagd – und sie gierten nach frischer Beute.

Lieutenant General Corso Garret stand in der Aussichtslounge des Schlachtschiffes Prince of Wales und beobachtete in Gedanken versunken, wie die Flotte begann, Aufstellung zu nehmen.

Er war so in sich gekehrt, dass er gar nicht merkte, wie sich jemand näherte.

»So in Sorge, General?«, meinte eine mitfühlende Stimme plötzlich. Garret schreckte auf, entspannte sich jedoch, als er Vizeadmiral Dennis Hoffer erkannte.

»Ich habe mir über den geheimen Teil dieser Operation Gedanken gemacht.«

Hoffer sah sich verstohlen um und sprach erst weiter, als er sicher war, dass sich niemand in unmittelbarer Nähe befand.

»Und was genau macht Ihnen Sorgen?«

»Es ist alles so verdammt unsicher. Wir gehen ein sehr großes Risiko ein.«

»Eine Invasion ist immer ein großes Risiko.«

»Die Invasion habe ich nicht gemeint«, brauste Garret unvermittelt auf. »Und das wissen Sie auch verdammt gut.«

»Ja, ich weiß.« Hoffer lächelte nachsichtig. Doch seine Miene wurde genauso schnell wieder ernst. »Wir haben doch lang und breit über alles diskutiert. Pläne wurden geschmiedet, verworfen und neue geschmiedet. Dieser Plan bietet die besten Erfolgsaussichten.«

»Meiner Ansicht nach verlässt sich der Plan viel zu sehr auf Glück.«

»Ein Soldat braucht Glück.« Hoffer legte den Kopf schief, um Garrets nächste Äußerung abzuwarten.

»Glück ist ja auch was Schönes, doch wenn es um den Ausgang dieses Krieges geht, wäre mir etwas Handfesteres lieber.«

Hoffer seufzte. »Ich kann Sie gut verstehen. Ich versichere Ihnen, wir haben alle erdenklichen Maßnahmen ergriffen, um das gewünschte Ende der Geheimdienstoperation herbeizuführen.«

»Ich wünschte nur, es gäbe einen anderen Weg.«

Hoffer schüttelte den Kopf. »Es gibt keinen.« Der Vizeadmiral zögerte. Nur für einen Moment, doch Garret fiel es unwillkürlich auf.

»Was ist?«, hakte er nach.

»Ich habe gestern ein Kommuniqué von Coltor erhalten.«

Der General spitzte augenblicklich die Ohren und wandte sich nun zur Gänze dem Admiral zu. »Und? Was sagt er?«

»Er gibt grünes Licht.«

Garret straffte bei dieser Nachricht die Schultern und sah erneut aus dem Fenster. »Wie sagt man so schön? Die Würfel sind gefallen.«

»Ja, in der Tat. So sagt man.«

»Es gefällt mir trotzdem nicht.«

»Es muss Ihnen nicht gefallen. Sie müssen nur die Befehle befolgen.«

»Wenn es doch nur so einfach wäre«, zischte Garret.

»Sie sollten das Ganze positiv sehen. Falls etwas schiefgeht, schicken wir das 171. Regiment rein. Sie sagten, diese Leute seien die Besten.«

»Das sind Sie«, erwiderte der General gepresst. »Doch welche Überlebenschancen hätten Sie, angesichts dessen, was Sie erwarten würde. Ich hoffe inständig, es geht alles glatt. Ich würde das Regiment wirklich nur sehr ungern opfern.«

Hoffer legte dem Mann kameradschaftlich die Hand auf die Schulter. »Es steht zu viel auf dem Spiel. Es sind bereits eine Menge Menschen gestorben, um diese Sache überhaupt ins Laufen zu bringen. Es bleibt uns vielleicht gar keine andere Wahl, als das Regiment mit Mann und Maus in den Tod zu schicken.«

3

Juan Alvarez saß am Steuer des GLT und steuerte das Gefährt durch die Reihen der versammelten Kriegsschiffe so virtuos, als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht.

Der Gefechtslandungstransporter des ROCKETS-Team Mamba beschleunigte schnell von der südlichen Nullgrenze des Systems aus. An die sechzig Kriegsschiffe der 9. Flotte, unterstützt von einem gemischten Verband aus Til-Nara- und Nerai-Schiffen, deckten den Vorstoß der ROCKETS auf den Planeten.

Maximilian lugte aus dem rechten Cockpitfenster des GLT und bemerkte, wie sich vier weitere Lichtpunkte aus den Shuttlehangars zweier Schwerer Kreuzer der Hermes-Klasse lösten und ebenfalls dem Planeten entgegenstrebten.

»Die anderen GLT sind raus«, verkündete er erfreut. »Jetzt müssen wir nur noch in einem Stück die Oberfläche erreichen.«

Ohne zu antworten, deutete Juan aus dem Fenster voraus. Als er sah, worauf der Wink des Piloten abzielte, schluckte Maximilian schwer. Im Orbit des Planeten fand ein erbittertes Feuergefecht statt. Etwa drei Dutzend Schiffe der Koalition erwehrten sich unter Einsatz sämtlicher Waffen ihrer Haut gegen die dreifache Anzahl ruulanischer Schiffe. Die umhertreibenden, zerschossenen Wracks der drei Raumstationen stellten die Navigatoren der am Kampf beteiligten Schiffe vor ganz eigene Probleme.

Hin und wieder griffen sowohl das letzte der vier Orbitalforts als auch die Kommandostation Central in den Kampf ein. Mit schweren Energiewaffen spießten sie zwei ruulanische Typ-8-Kreuzer förmlich auf und zertrümmerten sie ohne größere Probleme. Andererseits fielen gleichzeitig zwei terranische Fregatten und ein Zerstörer aus, als die Ruul die unglückseligen Schiffe mit einem Hagel an Energie überschütteten.

Maximilian schluckte erneut. Die Ruul bekamen Verstärkung. Etwa vierzig Schiffe näherten sich schnell dem heftig tobenden Gefecht von der abgewandten Seite des Planeten. Maximilians Gedanken rasten. Vermutlich hatten die Slugs den Koalitionsverband ausgemacht und fälschlicherweise geschlussfolgert, dass es sich um Verstärkungstruppen für die unterlegene im Gefecht befindliche Flotteneinheit handeln musste. Was als Ablenkungsmanöver mit anschließender geheimer Landung der ROCKETS geplant war, entwickelte sich mit erschreckend rapider Geschwindigkeit zu einer ausgewachsenen Schlacht. Das war an und für sich nichts Ungewöhnliches. Das ganze System war ein einziges Schlachtfeld. Nur hier und jetzt konnte er das gar nicht gebrauchen.

Maximilian stieß einen unterdrückten Fluch aus. »Warum können sich die Slugs nicht ausnahmsweise mal an unsere Pläne halten?«

»Boss?«, fragte Juan auf seine Aufgabe konzentriert.

»Ach nichts. Hab nur laut gedacht. Kannst du uns trotzdem runterbringen?«

»Du meinst trotz des Gedränges im Orbit? Ich kann’s versuchen.«

»Egal wie, aber wir müssen da runter, sonst werden in einigen Tagen verdammt viele Leute sinnlos draufgehen.«

Juan nickte wortlos und gab Vollschub.

Die terranischen Schiffe und ihre insektoiden Verbündeten gingen auf Abfangkurs zu den ruulanischen Einheiten. Maximilian widerstand nur mit Mühe dem Drang, seinen Piloten zur Eile anzuhalten. Der Mann tat bereits, was er konnte. Es war nur so, dass Maximilian nicht in der Nähe sein wollte, wenn diese Giganten aufeinander losgingen.

Die terranischen Schiffe im Orbit nahmen ebenfalls Fahrt auf, jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Die Ruul trieben sie langsam aus ihrer Position. Unter hohen Verlusten auf beiden Seiten zwar, doch sie waren definitiv dabei, ihre menschlichen Kontrahenten zu vertreiben.

Der ruulanischen Verstärkungsflotte flog eine große Anzahl Reaper voraus. Sie bildeten ein Bollwerk vor den eigentlichen Großkampfschiffen und mussten erst beseitigt werden, um überhaupt an die großen Brocken zu kommen.

Die Koalitionsflottille begann damit, ihre Jäger auszuschleusen, in den terranischen Fällen mit hoher Disziplin, bei den Insektoiden in ganzen Schwärmen. Die Til-Nara und Nerai griffen den Feind zuerst an. Ihre Dragonfly-Jäger stürzten sich todesmutig auf den Gegner. So triviale Dinge wie Selbsterhaltung spielte für die Insektoiden keine Rolle.

Sie verloren innerhalb der ersten zehn Minuten fast die Hälfte ihrer Jäger – Verluste, wie sie kein anderes Volk so ohne Weiteres wegstecken konnte. Doch trotzdem – oder vielleicht auch gerade deshalb – gelang es ihnen, einen schönen, sauberen Korridor in die feindliche Jägerformation zu reißen.

In der nächsten Welle folgten Arrows und Zerberusse der terranischen Schiffe. Die wendigen Arrows manövrierten die Reaper aus, während die schwer bewaffneten Zerberusse die Überlebenden des insektoiden Angriffs mit ihren Waffen beharkten und in Stücke rissen, was von der Formation der Ruul noch übrig war.

»Wie lange noch bis zur Atmosphäre?«

»Zwischen zwölf und sechzehn Minuten. Kommt drauf an, wie gut unsere Freunde da draußen sind, uns den Weg frei zu räumen.«

Maximilian hielt erneut Ausschau nach den GLT der anderen Teams, konnte sie jedoch im Getümmel nicht ausmachen. Der GLT von Maximilians Team näherte sich dem Planeten im Schatten eines Schweren Kreuzers der Sioux-Klasse, wodurch er nur hin und wieder einen Blick auf die sich entwickelnde Raumschlacht werfen konnte. Es schien jedoch, als wäre die Lage annähernd ausgeglichen. Die Jäger der Koalitionskräfte hatten zwar die feindlichen Jagdverbände weitestgehend neutralisiert, doch warf der Gegner eine bedeutende Anzahl an Großkampfschiffen ins Gefecht.

Flaks beider Seiten blühten auf. Terranische Jäger vergingen im Hagel feindlicher Explosivgeschosse. Til-Nara- und Nerai-Maschinen strömten herbei und bildeten einen Schutzwall vor ihren menschlichen Verbündeten, doch auch sie erlitten schwere Verluste.

Der Sioux-Kreuzer an ihrer Seite, die TKS Grenoble, feuerte seine schweren 5-Zoll-Laser mit einer Rechts-links-Kombination ab. Die Salven schlugen in einen Firewall-Kreuzer ein, der den Beschuss unbeeindruckt aussaß und seinerseits auf zwei kleinere terranische Schiffe – eine Fregatte und einen Zerstörer – feuerte. Die Fregatte erlitt nur einen Streifschuss mittschiffs. Der Zerstörer hatte weniger Glück. Zwei Volltreffer drangen bis zum Reaktor durch, lösten eine Kettenreaktion aus und das Schiff verging in einer goldenen Explosion.

Jäger der Insektoiden griffen den Firewall-Kreuzer an und knackten nach knappen vier Minuten Dauerbeschuss dessen Steuerbordschilde und anschließend dessen Panzerung. Die Außenhülle brach an drei Stellen auf und Atmosphäre entwich explosionsartig ins All.

Der Kreuzer zog sich angeschlagen aus dem Gefecht zurück, verfolgt von den Til-Nara.

Maximilian wusste, dass jeder Erfolg, den sie hier im Orbit erzielten, nur von kurzer Dauer sein würde. Die Ruul waren im Moment noch zu stark, um sie ernsthaft herauszufordern. Mit etwas Beistand von Göttin Fortuna würde das in ein paar Tagen anders sein, doch heute noch nicht. Es war auch gar nicht Sinn und Zweck der Aktion, hier einen militärischen Sieg zu erzielen. All diese Opfer dienten nur einem Zweck: die Teams der ROCKETS auf den Planeten zu bringen, um den Grundstein der bevorstehenden Invasion zu legen.

Die Grenoble schob sich immer näher an den Planeten, steckte jede Salve ein, die der Gegner ihr entgegenschickte. Mit ihrer bloßen Masse zwang sie ein halbes Dutzend kleinerer ruulanischer Begleitschiffe zu weichen, um nicht von dem Koloss einfach beiseitegeschoben zu werden.

»Grenoble an Team Mamba«, drang plötzlich eine ernste Stimme aus dem Com.

»Hier Mamba«, antwortete Maximilian sofort. »Sprechen Sie.«

»Näher kommen wir nicht ran. Es wird Zeit, dass Sie Gas geben. Viel Glück!«

»Verstanden, Grenoble. Danke fürs Mitnehmen.«

»Du hast den Mann gehört, Juan«, wies Maximilian seinen Piloten an. »Wir sollten uns beeilen.«

Anstatt zu antworten, gab Juan unvermittelt vollen Schub und schoss aus dem Schatten der Grenoble auf den Planeten zu. Der Schwere Kreuzer feuerte weiter. Einige der Salven schossen beunruhigend dicht am GLT der ROCKETS vorbei, doch Maximilian machte sich deswegen kaum Sorgen. An den Geschützen saßen gut geschulte Leute. Die Salven sollten lediglich sicherstellen, dass sich keine feindlichen Schiffe mehr auf der Flugbahn der ROCKETS befanden.

Der GLT durchpflügte die obere Atmosphäre und fand sich nahezu sofort in einer dichten Wolkendecke wieder. Nur undeutlich waren sich die ROCKETS an Bord der Begleitung durch mehrere Arrows bewusst.

»Wo sind wir?«, fragte er in der Hoffnung, dass seine Stimme nicht seine Unsicherheit verriet. Er hasste es, in einen GLT eingepfercht zu sein, wenn er nicht wusste, wohin er flog.

»Irgendwo südlich von Nomad«, bemerkte sein Pilot atemlos, während er den GLT nur nach Instrumenten steuerte.

»Geht es auch etwas genauer?«

»Nein.«

Maximilian interpretierte die knappe Antwort völlig richtig als einen Hinweis, doch bitte die Klappe zu halten. Der Anführer des ROCKETS-Teams schwieg und übte sich in Geduld. Tatsächlich wurde die Sicht nach einigen Minuten klarer, als sie den Rand der Wolkendecke erreichten.

Maximilian sog scharf die Luft ein. Sie befanden sich tatsächlich südlich von Nomad. Und die Ruul führten derzeit in diesem Gebiet eigene Militäroperationen durch. Das ganze Gebiet südlich der Stadt war ein einziges Schlachtfeld. Miliz und TKA wehrten dort unten mit Unterstützung einiger Til-Nara-Einheiten einen ruulanischen Angriff ab beziehungsweise sie versuchten dies mit dem Mut der Verzweiflung. Die Ruul waren mindestens sechs zu eins überlegen und sie drängten die Koalitionsverbände tiefer in die Stadt zurück.

Das war übel. Das war sogar verdammt übel. Ihre Landezone hätte eigentlich sicher sein müssen.

Dieses Gelände war für ihre Landung aus gutem Grund ausgewählt worden. Zum Zeitpunkt der Planung war dieses ganze Gebiet noch in befreundeter Hand gewesen. Die Truppen, die in zwei Tagen hier landeten, gingen davon aus, dass sie auf eigene Truppen treffen würden. Stattdessen würden die Ruul diesen Sektor übernehmen. Die Schlacht unter ihnen wütete zwar noch immer, doch Maximilian war Profi genug, um die Anzeichen einer Niederlage zu erkennen, wenn er sie sah.

Er bedeutete Juan, die Kommunikationsanlage des GLT zu aktivieren und auf sein Headset aufzuschalten. Der Vorgang dauerte nur wenige Sekunden, doch anstatt der Stimme eines Offiziers an Bord eines der Schiffe drang nur statisches Rauschen aus dem Äther.

Maximilian fluchte. Die Slugs hatten starke Störsender aktiviert. Das wurde ja immer besser.

Dies bedeutete, aus der sicheren Landung würde eine Landung unter Gefechtsbedingungen werden und er hatte keine Möglichkeit mehr, die Schiffe im Orbit zu erreichen, damit diese die nachfolgenden Invasionstruppen warnen konnten.

Die Situation erfüllte alle Kriterien, um zur Katastrophe auszuarten.

»Such uns einen sicheren Landeplatz«, wies er Juan an.

»Kannst du mir auch mal sagen, wo das sein sollte? Ich orte Gefechte in einem Umkreis von fast zehn Kilometern.«

Maximilian fluchte. Juan hatte recht. Wenn die Gefechte tatsächlich so ausgedehnt waren, dann hatte es keinen Sinn, weiter nach einer sicheren Möglichkeit zu suchen. Sie durften sich nicht weiter als drei oder vier Kilometer von ihrer geplanten Landezone entfernen, andernfalls konnten sie nicht mehr ihre Missionsziele erfüllen.

»Dann such uns einen Platz, der wenigstens nicht ganz so gefährlich ist wie die anderen«, gab Maximilian sich schließlich geschlagen.

»Ich versuch’s.«

In diesem Moment wurde einer der begleitenden Arrows abgeschossen.

Der Jäger flog gerade eben noch an ihrer Seite. Im nächsten Moment blühte eine Explosion auf und brennende Einzelteile der Maschine wurden in alle Richtungen geschleudert.

»Reaper!«, verkündete Juan. »Sechs von denen sind hinter uns. Schließen schnell auf.«

Die eskortierenden Arrows drehten unvermittelt bei und nahmen Kurs auf die Verfolger. Währenddessen setzte sich Maximilian an die Kontrolle für den Zwillingslasergefechtsturm. Die Armaturen erwachten zum Leben und er richtete den Turm auf die ruulanischen Jäger aus. Diese befanden sich bereits im tödlichen Wettstreit mit ihren menschlichen Kontrahenten.

Durch die Arrows gelang Maximilian keine klare Zielerfassung, andererseits waren die Reaper so abgelenkt, dass der GLT etwas Distanz zu den Verfolgern aufbauen konnte.

»Juan? Eine LZ wäre jetzt nicht schlecht.«

»Ich tu, was ich kann, aber da unten ist die Hölle los.«

Maximilian riskierte einen schnellen Blick. Sein Pilot hatte recht. Da unten operierten ruulanische Truppen in mindestens Divisionsstärke. Ruulanische Panzer säumten die Straßen und trieben die menschlichen Verteidiger vor sich her. Die umkämpften Gebiete ähnelten einer Ruinenstadt. Brennende ruulanische und terranische Panzer dominierten das Stadtbild. Es war ihm schleierhaft, wie dort unten überhaupt noch etwas leben konnte. Es wirkte tatsächlich wie ein Bild direkt aus der Hölle.

Ein Aufblitzen zur Rechten des GLT erregte seine Aufmerksamkeit. Ein Vehikel durchstieß die Wolkendecke etwa vier Klicks steuerbord. Bei näherem Hinsehen erkannte er einen weiteren GLT. Im Gegensatz zu ihnen verfügte dieser jedoch nicht über Jagdschutz. Im Gegenteil verfolgten drei oder vier Reaper den Transporter. Aus Heck und Zwillingsgeschützturm quollen dichte Rauchschwaden. Noch während Maximilian das ungleiche Gefecht fasziniert beobachtete, explodierte etwas am Heck des GLT. Der Antrieb setzte aus und die Maschine trudelte unkontrolliert zur Planetenoberfläche hinab.

Er schloss für einen Moment von Trauer überwältigt die Augen. Dieses Schicksal konnte ihnen allen blühen.

»Ich hab es«, schrie Juan mit einem Mal.

»Was? Eine LZ?«

»Ja, ein kleiner Platz, etwa einen Klick entfernt. Dort scheint es relativ ruhig zu sein.«

Der Pilot schwieg, als er sich darauf konzentrierte, ein paar Anzeigen der Sensoren abzulesen.

»Oh!«

»Was oh?«, hakte der Truppführer der Mambas nach.

»Ich weiß jetzt, warum es dort so ruhig ist. Der Platz ist gute zwei Klicks hinter den feindlichen Linien. Die Slugs sind dort schon durch.«

»Perfekt«, lächelte Maximilian.

»Wieso perfekt?«

»Hinter ihren Linien werden sie in nächster Zeit nicht mit Ärger rechnen und dort ist genau der Ort, an dem wir uns nützlich machen können. Bring uns dort hin. Schnell.«

»Ganz wie du willst, Boss.«

Ich will nur hoffen, dass die Invasionstruppen mit all den Slugs fertigwerden, die da unten auf sie lauern. Sonst wird das eine kurze Offensive.

4

Wo im MacAllister-System vor wenigen Tagen noch geordnetes Chaos geherrscht hatte, da herrschte nun Ordnung. Die Schiffe der Invasionsflotte hatten alle ihre Formationen eingenommen, mit den Truppentransportern in der Mitte. Umschlossen von Hunderten von Kriegsschiffen, handelte es sich um den sichersten Platz.

Vizeadmiral Dennis Hoffer nahm auf dem Kommandosessel seines Flaggschiffs, der Prince of Wales, Platz und überprüfte ein letztes Mal die Positionen seiner Schiffe.

Sein neuer XO, Commander Ben-Ji Daylin, trat näher und übergab ihm einige Sensorberichte. Das Gesicht des Commanders war bar jeder Emotion. Hoffer schrieb dies der Aufregung über den neuen Posten zu. Er hatte den Mann persönlich als Nachfolger von Andrews ausgewählt. Sein alter XO hatte vor einem Jahr endlich sein eigenes, redlich verdientes Kommando erhalten. Er befehligte jetzt einen der Schweren Kreuzer der Night-Klasse innerhalb der Invasionsflotte, die TKS Benjamin Franklin.

Hoffer seufzte. Wie gut sich Daylin in die neue Rolle als XO eines Flaggschiffs einfügen würde, musste die Zukunft erst noch erweisen. Aus dem Augenwinkel warf Hoffer einen Blick auf die Uhr an der Wand. Die Uhr zählte rückwärts und gab damit die verbleibende Zeit bis zum Sprung bekannt. Sie näherte sich rapide der Null. Der Sprung nach Serena würde einen knappen Tag dauern. Und dann würde es sich erweisen, wie gut alle Pläne von Geheimdienst und militärischem Oberkommando waren gegen einen Feind, der zu allem entschlossen schien.

Noch ein Tag.

Die Uhr erreichte die Null und die Farbe des Zählwerks wechselte von Rot zu Grün.

»XO, Sprung ausführen.«

»Aye-aye, Sir. Sprung wird ausgeführt.«

Die Sterne vor dem Brückenfenster der Prince of Wales verschwammen, als das riesige Schlachtschiff beschleunigte und in den Hyperraum eintrat.

In Intervallen von jeweils nur wenigen Sekunden folgten die Schiffe der größten Armada, die die Milchstraße seit Beginn der ruulanischen Invasion gesehen hatte.

Derek hasste Überlichtreisen. Er hatte dabei immer das Gefühl, sein Inneres würde nach außen gestülpt. Das erging ihm nicht allein so. Immer wieder hörte er hinter sich Würgelaute, als Soldaten ihr Frühstück von sich gaben. Aus diesem Grund gab es Männer und Frauen, die vor Antritt eines Sprungs gar nichts zu sich nahmen.

Narim schnallte sich von seinem Sitz los und setzte sich zu ihm.

»Du siehst nicht gut aus«, bemerkte der Inder nicht ohne Schadenfreude.

»Das übliche Problem.«

»Raumkrankheit? Immer noch?«

»Das geht wohl nie weg.« Derek räusperte sich, um den sauren Geschmack im Mund loszuwerden. »Sind deine Leute bereit?«

»So bereit wie nur irgend möglich. Sobald wir aufsetzen, kann es losgehen.«

Die Antwort war abzusehen gewesen. Derek kannte Narim inzwischen gut genug, um zu wissen, dass dieser ein strenges Regiment in seiner Einheit führte. Der ehemalige Kommandosoldat war ein harter, aber auch verdammt guter Vorgesetzter. Seine Soldaten vergötterten ihn. Das musste Derek neidlos anerkennen. Dass das Regiment ihn selbst zwar respektierte, jedoch bei Weitem nicht so verehrte, störte ihn wenig. Die ROCKETS genossen einen überragenden Ruf und selbst ehemalige Mitglieder dieser Einheit konnten sich sicher sein, ihre Drinks nie selbst bezahlen zu müssen. Derek war sich sicher, dass der Krieg ohne die ROCKETS schon längst verloren gegangen wäre.

Narim vermisste die ROCKETS, das wusste Derek. Doch besonders aufgefallen war es ihm, als sie den beiden Offizieren an Bord der Prince of Wales begegnet waren. Deren Verachtung für Narim war körperlich spürbar gewesen, ebenso wie der Schmerz, den diese Verachtung in dem Inder auslöste. Eines Tages würde er Narim fragen, was vorgefallen war, dass er nicht nur bei den ROCKETS in Ungnade gefallen war, sondern sogar einige Zeit im Gefängnis verbracht hatte.

Derek sah auf die Uhr an der Wand. Sie befanden sich seit knapp zehn Stunden im Sprung. Seit Alacantor war dies die erste größere Mission, an der das 171. teilnahm. Natürlich hatten sie seither den einen oder anderen Auftrag erledigt, aber nichts Großartiges. Es handelte sich in den meisten Fällen um reine Aufräumaktionen, damit ihre neuen Rekruten etwas Erfahrung sammeln konnten.

»Du machst dir Sorgen«, meinte Narim schließlich, nachdem er seinen kommandierenden Offizier eine Weile beobachtet hatte.

Derek überlegte, ob er es leugnen sollte, entschied sich dann jedoch dagegen. Sie hatten gemeinsam eine Menge durchgemacht. Wenn er Narim gegenüber nicht ehrlich sein konnte, wem dann?

»So offensichtlich?«, fragte er zurück.

»Nur für jemanden, der dich kennt. Mach dir nicht zu viele Gedanken. Wir schaffen das schon.«

»Ja, davon bin ich auch überzeugt.«

»Aber?«

»Aber die Slugs sind verdammt zähe Bastarde. Wenn wir auf Alacantor eines gelernt haben, dann das.«

»Aber sie sind auch nicht unbesiegbar. Auch das haben wir gelernt.«

»Für diese Erkenntnis mussten aber ziemlich viele Leute mit dem Leben bezahlen.«

Narim senkte betroffen den Blick. »Dann sollten wir dafür sorgen, dass es diesmal bedeutend weniger sein werden.«

Derek lächelte, obwohl ihm gar nicht danach zumute war. »Das mag ich so an dir, Narim. Du bist immer so optimistisch.«

Der GLT lag gut versteckt in einem Bombenkrater nahe der Stadtgrenzen. Das Vehikel war mit einem Tarnnetz überzogen und vor neugierigen Augen aus der Luft gut geschützt. Nur wer zufällig darüber stolperte, wäre in der Lage, den GLT zu finden.

Maximilian musterte das getarnte Gefährt mit der Miene eines Mannes, der sich fragte, ob er es je wiedersehen würde. Wäre die Invasion erfolgreich, würde das kein Problem darstellen, da sie immer ein Transportmittel vom Planeten finden würden. Aber falls nicht, würde das Team auf Serena festsitzen, denn dann hätten todsicher die Slugs die Oberhand.

Das Team barg die benötigte Ausrüstung aus dem Transporter und machte sich abmarschbereit. Gesprochen wurde – wenn überhaupt – nur im Flüsterton. Der Eindruck, in den leeren Fensterrahmen und ausgebrannten Häusern belauerten Hunderte Ruul jeden ihrer Schritte, war überwältigend.

»Wir müssen schnellstens hier weg«, wisperte Maximilian. »Ich fühle mich bedeutend wohler, wenn wir etwas mehr Deckung haben.«

Sein Stellvertreter, Captain Gunnar Haarde, nickte bestätigend, während er sich immer wieder nach allen Seiten umsah. Auch er fühlte sich ganz und gar nicht wohl. »Geoffrey, nach vorn auf Vorhutposition«, befahl er seinem Scharfschützen. »Dann kommen ich, Gunnar, Mariah und Juan, in dieser Reihenfolge. Alexander, du übernimmst die Nachhut.«

Die Kommandosoldaten nickten bestätigend und formierten sich zwischen den Trümmern der brutalen Kämpfe. Maximilian nahm sich die Zeit, auf die Uhr zu sehen. Noch etwa zehn Stunden bis zum Eintreffen der Koalitionsflotte. In dieser Zeit mussten sie ihr Missionsgebiet erreichen, die Lage sondieren, Ziele zur Zerstörung vormerken und so viel Schaden wie möglich anrichten, damit die Landung mit einem möglichst geringen Maß an Opfern über die Bühne ging. Das wurde knapp. Das wurde sogar richtig knapp.

Während des Anflugs war mindestens ein ROCKETS-Team verloren gegangen. Das bedeutete, in ihrem Missionsraster klaffte bereits jetzt ein Loch.

Von Schatten zu Schatten huschend, arbeitete sich das Team in die belagerte Hauptstadt von Serena vor. Und die Straßen hallten wider von nicht enden wollendem Geschützlärm.

5

Die TKS Lydia materialisierte nur wenige Sekunden nach der Prince of Wales an der südlichen Nullgrenze des Systems und landete mitten im Chaos.

Die Schockwelle des Sprungs war stark genug, um Schiffe zu beschädigen, die sich weniger als fünfhundert Kilometer entfernt befanden. Aus diesem Grund hielten Flottenverbände einen Mindestabstand ein, bevor sie als einheitliche Formation in den Hyperraum sprangen.

Dieses Mal umgaben die Lydia beim Eintritt in den Normalraum Dutzende von Explosionen. Im ersten Moment befürchtete Vincent, die Schiffe hätten irgendwie den Mindestabstand unterschritten. Doch ein Blick auf sein taktisches Hologramm belehrte ihn eines Besseren. Die südliche Nullgrenze wurde hart umkämpft. Die Explosionen rührten von Reapern her, die wie aggressive Moskitoschwärme die Nullgrenze durchpflügten und sich bemühten, die Schiffe der verteidigenden Koalitionsverbände abzudrängen. Die Schockwelle der materialisierten Flotte hatte eine ganze Reihe feindlicher Jäger buchstäblich pulverisiert. Doch es waren immer noch genügend vorhanden, um ein ernstes Problem darzustellen. Und die Reaper waren nicht allein. In einer halbkreisförmigen Formation um die südliche Nullgrenze hatte sich ein ruulanischer Flottenverband formiert, der den terranischen Schiffen mit Torpedos enorm zusetzte. Eine oberflächliche Zählung ergab knapp sechshundert feindliche Schiffe. Und alle zielten mit ihren Waffen auf den Sprungpunkt, an dem soeben die gesamte Invasionsflotte materialisiert war.

»Ein Ruf vom Flaggschiff«, informierte Vasili Ivanov ihn.

»Durchstellen«, ordnete Vincent knapp an.

Unverzüglich baute sich das Abbild Vizeadmiral Hoffers vor ihm in Form eines halbtransparenten Hologramms auf.

»Admiral«, begrüßte Vincent ihn. »Was zum Teufel geht hier vor?«

»Was hier vorgeht? Verfluchtes Pech – das geht hier vor«, wetterte der Admiral. »Wir sind mitten in eine ruulanische Offensive hineingestolpert.«

Vincent knirschte mit den Zähnen. »Verdammter Dreck, hätten die nicht noch ein paar Stunden warten können? Wie ist die Lage?«

»Wenn wir nicht schnell handeln, sind wir am Arsch, Commodore«, bellte Hoffer. »Ich stehe in Kontakt mit Dekruski. Die Überreste seiner 9. Flotte haben einen schweren Stand. Der Verband ist weit unter Sollstärke. Vor unserem Eintreffen hatten sie das Gefecht so gut wie verloren. Die Til-Nara und Nerai sind derzeit weit verstreut und keine große Hilfe.«

»Was ist mit unserer Flotte?«

Hoffer zischte wütend. »Wir sind mitten in diesem Hornissenschwarm gelandet. Die Flotte hat sich dadurch zu weit verteilt. Ich bin gerade dabei, die Schiffe enger zusammenzuziehen. So, wie ich das sehe, haben wir aber Glück im Unglück. Wir haben keine Schiffe durch Fehlsprünge verloren und es sind beim Wiedereintritt in den Normalraum keine Schiffe kollidiert.«

»Wenigstens etwas.« Vincent atmete tief durch. »Ihre Befehle, Admiral?«