Der Schatz - Gotthold Ephraim Lessing - E-Book

Der Schatz E-Book

Gotthold Ephraim Lessing

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Beschreibung

Der wohlhabende junge Leander ist unsterblich in Kamilla, die Tochter des seit Jahren abwesenden Anselmus, verliebt – und wild entschlossen, diese zu heiraten! Da die Auserwählte jedoch kein Geld mit in die Ehe bringen kann, verweigert Leanders Vormund Staleno ihm zunächst die nötige Unterstützung. Eine Heirat ohne Aussteuer der Braut? Undenkbar! Als Staleno dann aber von dem angeblichen Schatz der Familie erfährt, lenkt er ein – bis Anselmus plötzlich zurückkehrt. Durchkreuzt dieser in letzter Sekunde die Liebespläne seiner Tochter?-

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Gotthold Ephraim Lessing

Der Schatz

Ein Lustspiel in einem Aufzuge

Saga

Der Schatz

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1755, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788728015544

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

Personen

Leander. Staleno, Leanders Vormund. Philto, ein Alter. Anselmus. Lelio, des Anselmus Sohn. Maskarill, des Lelio Bedienter. Raps. Ein Träger.

 

Die Scene ist auf der Strasse.

Auftritt 1.

Leander. Staleno.

STALENO. Ei! Leander, so jung, und Er hat sich schon ein Mädchen ausgesehen?

LEANDER. Das wird dem Mädchen eben lieb sein, daß ich jung bin. Und wie jung denn? Wenn ich noch einmal so alt wäre, so könnte ich schon Kinder haben, die so alt wären als ich.

STALENO. Und das Mädchen soll ich Ihm zufreien?

LEANDER. Ja, mein lieber Herr Vormund, wenn Sie wollten so gut sein.

STALENO. Lieber Herr Vormund! das habe ich lange nicht gehört! Wenn Sie wollten so gut sein! Wie höflich man doch gleich wird, wenn man verliebt ist! – – Aber was ist es denn für ein Mädchen? das hat Er mir ja noch nicht gesagt.

LEANDER. Ein allerliebstes Mädchen.

STALENO. Hat sie Geld? Was kriegt sie mit?

LEANDER. Sie ist die Schönheit selbst; und unschuldig dabei, – – so unschuldig, als ich.

STALENO. Spricht sie auch schon von Kindern, die sie haben könnte? – – Aber sage Er mir, was kriegt sie mit?

LEANDER. Wenn Sie sie sehen sollten, Sie würden sich selbst in sie verlieben. Ein rundes, volles Gesicht, das aber gar nichts Kindisches mehr hat; ein Gewächse, wie ein Rohr – –

STALENO. Und was kriegt sie mit?

LEANDER. Wie ein Rohr so gerade. Und dabei nicht hager; aber auch nicht dicke. Sie wissen wohl, Herr Vormund, beides muß nicht sein, wenn ein Frauenzimmer schön sein soll.

STALENO. Und was kriegt sie mit?

LEANDER. Sie weiß sich zu tragen, ah! auf eine Art, liebster Herr Staleno, auf eine Art – – Und ich versichre Sie, sie hat nicht tanzen gelernt; es ist ihr natürlich.

STALENO. Und was kriegt sie mit?

LEANDER. Wenn ihr Gesichte auch das schönste ganz und gar nicht wäre, so würden sie doch schon ihre Manieren zu der angenehmsten Person unter der Sonne machen. Ich kann nicht begreifen, wer sie ihr muß gewiesen haben.

STALENO. O! so höre Er doch! Nach ihrer Aussteuer frage ich; was kriegt sie mit?

LEANDER. Und sprechen – – sprechen kann sie wie ein Engel –

STALENO. Was kriegt sie mit?

LEANDER. Sie werden schwerlich mehr Verstand und Tugend bei irgend einer Person ihres Geschlechts antreffen, als bei ihr – –

STALENO. Gut! alles gut! aber was kriegt sie mit?

LEANDER. Sie ist über dieses aus einem guten Geschlechte, Herr Vormund; aus einem sehr guten Geschlechte.

STALENO. Die guten Geschlechter sind nicht allzeit die reichsten. Was kriegt sie mit?

LEANDER. Ich habe vergessen, Ihnen noch zu sagen, daß sie auch sehr schön singt.

STALENO. Zum Henker! lasse Er mich nicht eine Sache hundertmal fragen. Ich will vor allen Dingen wissen, was sie mitkriegt? – –

LEANDER. Wahrhaftig! ich habe sie selbst nur gestern Abends singen hören. Wie wurde ich bezaubert!

STALENO. Ah! Er muß Seinen Vormund nicht zum Narren haben. Wenn Er mir keine Antwort geben will: so packe Er sich, und lasse Er mich meinen Gang gehen.

LEANDER. Sie sind ja gar böse, allerliebster Herr Vormund. Ich wollte Ihnen eben Ihre Frage beantworten.

STALENO. Nun! so tu Ers.

LEANDER. Was war Ihre Frage? Ja, ich besinne mich: Sie fragten, ob sie eine gute Haushälterin sei? O! eine unvergleichliche! Ich weiß gewiß, sie wird ihrem Manne Jahr aus Jahr ein zu Tausenden ersparen.

STALENO. Das wäre noch etwas; aber es war doch auch nicht das, was ich Ihn fragte. Ich fragte, – – versteht Er denn kein Deutsch? – – ob sie reich ist? ob sie eine gute Aussteuer mit bekömmt?

LEANDER. (traurig) Eine Aussteuer?

STALENO. Ja, eine Aussteuer. Was gilts, darum hat sich das junge Herrchen noch nicht bekümmert? O Jugend, o Jugend! daß doch die leichtsinnige Jugend, so wenig nach dem Allernotwendigsten fragt! – Nun! wenn Er es noch nicht weiß, was Sein Mädchen mitkriegen soll, so gehe Er, und erkundige Er sich vorher. Alsdann können wir mehr von der Sache sprechen.

LEANDER. Das können wir gleich jetzo, wenn es Ihnen nicht zuwider ist. Ich bin so leichtsinnig nicht gewesen, sondern habe mich allerdings schon darnach erkundiget.

STALENO. So weiß Ers, was sie mitkriegt?

LEANDER. Auf ein Haar.

STALENO. Und wie viel?

LEANDER. Allzuviel ist es nicht – –

STALENO. Ei! wer verlangt denn allzuviel? Was recht ist! Er hat ja selber schon genug Geld.

LEANDER. O! Sie sind ein vortrefflicher Mann, mein lieber Herr Vormund. Es ist wahr, ich bin reich genug, daß ich ihr schon diesen Punkt übersehen kann.

STALENO. Ist es wohl so die Hälfte von Seinem Vermögen, was das Mädchen mitkriegt?

LEANDER. Die Hälfte? Nein, das ist es nicht.

STALENO. Das Drittel?

LEANDER. Auch wohl nicht.

STALENO. Das Viertel doch?

LEANDER. Schwerlich.

STALENO. Nu? das Achtel muß es doch wohl sein? Alsdann wären es ein Paar tausend Tälerchen, die beim Anfange einer Wirtschaft nur allzubald weg sind.

LEANDER. Ich habe Ihnen schon gesagt, daß es nicht viel ist, gar nicht viel.

STALENO. Aber nicht viel ist doch etwas. Wie viel denn?

LEANDER. Wenig, Herr Vormund.

STALENO. Wie wenig denn?

LEANDER. Wenig – – Sie wissen ja selbst, was man wenig nennt.

STALENO. Nur heraus mit der Sprache! Das Kind muß doch einen Namen haben. Drücke Er doch das Wenige mit Zahlen aus.

LEANDER. Das Wenige, Herr Staleno, ist – – ist gar nichts.

STALENO. Gar nichts? Ja nun! da hat Er recht; gar nichts, ist wenig genug. – – Aber im Ernste, Leander: schämt Er sich nicht, auf so eine Torheit zu fallen, ein Mädchen sich zur Frau auszusehen, die nichts hat?

LEANDER. Was sagen Sie? Nichts hat? Sie hat alles, was zu einer vollkommenen Frau gehört; nur kein Geld hat sie nicht.

STALENO. Das ist, sie hat alles, was eine vollkommene Frau machen könnte, wenn sie nur noch das hätte, was eine vollkommene Frau macht. – – Stille davon! Ich muß besser einsehen, was Ihm gut ist. – – Aber darf man denn wissen, wer diese schöne, liebenswürdige, galante Bettlerin ist? wie sie heißt? –

LEANDER. Sie versündigen sich, Herr Staleno. Wenn es nach Verdiensten ginge, so würden wir alle arm, und diese Bettlerin würde allein reich sein.

STALENO. So sage Er mir ihren Namen, damit ich sie anders nennen kann.

LEANDER. Kamilla.

STALENO. Kamilla? Doch wohl nicht die Schwester des lüderlichen Lelio?

LEANDER. Eben die. Ihr Vater soll der rechtschaffenste Mann von der Welt sein.

STALENO. Sein, oder gewesen sein. Es sind nun bereits neun Jahre, daß er von hier wegreisete; und schon seit vier Jahren hat man nicht die geringste Nachricht von ihm. Wer weiß, wo er modert, der gute Anselmus! Es ist für ihn auch eben so gut. Denn wenn er wieder kommen sollte, und sollte sehen, wie es mit seiner Familie stünde, so müßte er sich doch zu Tode grämen.

LEANDER. So haben Sie ihn wohl gekannt?

STALENO. Was sollte ich nicht? Er war mein Herzensfreund.

LEANDER. Und Sie wollen gegen seine Tochter so grausam sein? Sie wollen mich verhindern, sie wieder in Umstände zu setzen, die ihrer würdig sind?