Die Juden - Gotthold Ephraim Lessing - E-Book

Die Juden E-Book

Gotthold Ephraim Lessing

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Beschreibung

Der Gutsverwalter Martin Krumm überfällt mit einem Kumpanen als Juden verkleidet seinen Gutsherren, den antisemitischen Baron. Der Überfall wird jedoch von einem zufällig vorbeikommenden edelmütigen Reisenden vereitelt, dem daraufhin aus Dankbarkeit die Hand des Barons versprochen wird. Als der Reisende jedoch seinen jüdischen Hintergrund verrät, ändert sich plötzlich auch die Einstellung des Barons gegenüber der bisher verhassten Religionsgemeinschaft.-

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Gotthold Ephraim Lessing

Die Juden

Ein Lustspiel in einem Aufzuge Verfertiget im Jahre 1749

Saga

Die Juden

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1754, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788728015575

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

Personen:

Michel Stich Martin Krumm Ein Reisender Christoph, dessen BedienterDer Baron Ein junges Fräulein, dessen TochterLisette

Erster Auftritt

Michel Stich. Martin Krumm.

Martin Krumm. Du dummer Michel Stich!

Michel Stich. Du dummer Martin Krumm!

Martin Krumm. Wir wollen's nur gestehen, wir sind beide erzdumm gewesen. Es wäre ja auf einen nicht angekommen, den wir mehr totgeschlagen hätten!

Michel Stich. Wie hätten wir es aber klüger können anfangen? Waren wir nicht gut vermummt? war nicht der Kutscher auf unsrer Seite? konnten wir was dafür, daß uns das Glück so einen Querstrich machte? Habe ich doch vielhundertmal gesagt: das verdammte Glücke! ohne das kann man nicht einmal ein guter Spitzbube sein.

Martin Krumm. Je nu, wenn ich's beim Lichte besehe, so sind wir kaum dadurch auf ein paar Tage länger dem Stricke entgangen.

Michel Stich. Ah, es hat sich was mit dem Stricke! Wenn alle Diebe gehangen würden, die Galgen müßten dichter stehn. Man sieht ja kaum aller zwei Meilen einen; und wo auch einer steht, steht er meist leer. Ich glaube, die Herren Richter werden, aus Höflichkeit, die Dinger gar eingehen lassen. Zu was sind sie auch nütze? Zu nichts, als aufs höchste, daß unsereiner, wenn er vorbeigeht, die Augen zublinzt.

Martin Krumm. Oh! das tu ich nicht einmal. Mein Vater und mein Großvater sind daran gestorben, was will ich's besser verlangen? Ich schäme mich meiner Eltern nicht.

Michel Stich. Aber die ehrlichen Leute werden sich deiner schämen. Du hast noch lange nicht so viel getan, daß man dich für ihren rechten und echten Sohn halten kann.

Martin Krumm. Oh! denkst du denn, daß es deswegen unserm Herrn soll geschenkt sein? Und an dem verzweifelten Fremden, der uns so einen fetten Bissen aus dem Munde gerissen hat, will ich mich gewiß auch rächen. Seine Uhr soll er so richtig müssen dalassen – – Ha! sieh, da kömmt er gleich. Hurtig geh fort! ich will mein Meisterstück machen.

Michel Stich. Aber halbpart! halbpart!

Zweiter Auftritt

Martin Krumm. Der Reisende.

Martin Krumm. Ich will mich dumm stellen. – Ganz dienstwilliger Diener, mein Herr, – – ich werde Martin Krumm heißen, und werde, auf diesem Gute hier, wohlbestallter Vogt sein.

Der Reisende. Das glaube ich Euch, mein Freund. Aber habt Ihr nicht meinen Bedienten gesehen?

Martin Krumm. Ihnen zu dienen, nein; aber ich habe wohl von Dero preiswürdigen Person sehr viel Gutes zu hören die Ehre gehabt. Und es erfreut mich also, daß ich die Ehre habe, die Ehre Ihrer Bekanntschaft zu genießen. Man sagt, daß Sie unsern Herrn gestern abends, auf der Reise, aus einer sehr gefährlichen Gefahr sollen gerissen haben. Wie ich nun nicht anders kann, als mich des Glücks meines Herrn zu erfreuen, so erfreu ich mich – –

Der Reisende. Ich errate, was Ihr wollt; Ihr wollt Euch bei mir bedanken, daß ich Eurem Herrn beigestanden habe – –

Martin Krumm. Ja, ganz recht; eben das!

Der Reisende. Ihr seid ein ehrlicher Mann –

Martin Krumm. Das bin ich! Und mit der Ehrlichkeit kömmt man immer auch am weitesten.

Der Reisende. Es ist mir kein geringes Vergnügen, daß ich mir, durch eine so kleine Gefälligkeit, so viel rechtschaffne Leute verbindlich gemacht habe. Ihre Erkenntlichkeit ist eine überflüssige Belohnung dessen, was ich getan habe. Die allgemeine Menschenliebe verband mich darzu. Es war meine Schuldigkeit; und ich müßte zufrieden sein, wenn man es auch für nichts anders, als dafür, angesehen hätte. Ihr seid allzu gütig, ihr lieben Leute, daß ihr euch dafür bei mir bedanket, was ihr mir, ohne Zweifel, mit ebenso vielem Eifer würdet erwiesen haben, wenn ich mich in ähnlicher Gefahr befunden hätte. Kann ich Euch sonst worin dienen, mein Freund?

Martin Krumm. Oh! mit dem Dienen, mein Herr, will ich Sie nicht beschweren. Ich habe meinen Knecht, der mich bedienen muß, wann's nötig ist. Aber – – wissen möcht ich wohl gern, wie es doch dabei zugegangen wäre? Wo war's denn? Waren's viel Spitzbuben? Wollten sie unsern guten Herrn gar ums Leben bringen, oder wollten sie ihm nur sein Geld abnehmen? Es wäre doch wohl eins besser gewesen, als das andre.

Der Reisende. Ich will Euch mit wenigem den ganzen Verlauf erzählen. Es mag ohngefähr eine Stunde von hier sein, wo die Räuber Euren Herrn, in einem hohlen Wege, angefallen hatten. Ich reisete eben diesen Weg, und sein ängstliches Schreien um Hülfe bewog mich, daß ich nebst meinem Bedienten eilends herzuritt.

Martin Krumm. Ei! ei!

Der Reisende. Ich fand ihn in einem offnen Wagen – –

Martin Krumm. Ei! ei!

Der Reisende. Zwei vermummte Kerle – –

Martin Krumm. Vermummte? ei! ei!

Der Reisende. Ja! machten sich schon über ihn her.

Martin Krumm. Ei! ei!

Der Reisende. Ob sie ihn umbringen, oder ob sie ihn nur binden wollten, ihn alsdann desto sichrer zu plündern, weiß ich nicht.

Martin Krumm. Ei! ei! Ach freilich werden sie ihn wohl haben umbringen wollen: die gottlosen Leute!

Der Reisende. Das will ich eben nicht behaupten, aus Furcht ihnen zuviel zu tun.

Martin Krumm. Ja, ja, glauben Sie mir nur, sie haben ihn umbringen wollen. Ich weiß, ich weiß ganz gewiß – –

Der Reisende. Woher könnt Ihr das wissen? Doch es sei. Sobald mich die Räuber ansichtig wurden, verließen sie ihre Beute, und liefen über Macht dem nahen Gebüsche zu. Ich lösete das Pistol auf einen. Doch es war schon zu dunkel, und er schon zu weit entfernt, daß ich also zweifeln muß, ob ich ihn getroffen habe.

Martin Krumm. Nein, getroffen haben Sie ihn nicht; – –

Der Reisende. Wißt Ihr es?

Martin Krumm. Ich meine nur so, weil's doch schon finster gewesen ist: und im Finstern soll man, hör ich, nicht gut zielen können.

Der Reisende. Ich kann Euch nicht beschreiben, wie erkenntlich sich Euer Herr gegen mich bezeugte. Er nannte mich hundertmal seinen Erretter und nötigte mich, mit ihm auf sein Gut zurückzukehren. Ich wollte wünschen, daß es meine Umstände zuließen, länger um diesen angenehmen Mann zu sein; so aber muß ich mich noch heute wieder auf den Weg machen – Und eben deswegen suche ich meinen Bedienten.

Martin Krumm