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Der Welt stehen große Umbrüche bevor, als einige der Engel Gottes auf die Erde herabsteigen und sich mit den Frauen vermischen. Während die meisten Menschen von ihrem Wissen angetan sind, und den dadurch entstehenden technischen Fortschritt auf der Erde genießen, verzweifelt Henoch beinahe an der Blindheit seiner Genossen. Schon seit Kindestagen erhält er Gesichte und Visionen von Gott, die er den Menschen weitergeben soll. Er wird jedoch nicht ernst genommen und als Hassredner abgestempelt. Trotz aller Widerstände führt er seinen Auftrag fort und deckt eine Verschwörung auf, die in einen grausamen Krieg mündet. Erst da, beginnen die Menschen sich an seine Worte zu erinnern und hören ihn an. Die Einsicht ist aber von kurzer Dauer und schon bald herrschen schlimmere Zustände als je zuvor. Dies führt dazu, dass Gott einen folgenschweren Entschluss fällt ...
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Seitenzahl: 215
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Der Welt stehen große Umbrüche bevor, als einige der Engel Gottes auf die Erde herabsteigen und sich mit den Frauen vermischen. Während die meisten Menschen von ihrem Wissen angetan sind, und den dadurch entstehenden technischen Fortschritt auf der Erde genießen, verzweifelt Henoch beinahe an der Blindheit seiner Genossen. Schon seit Kindestagen erhält er Gesichte und Visionen von Gott, die er den Menschen weitergeben soll. Er wird jedoch nicht ernst genommen und als Hassredner abgestempelt. Trotz aller Widerstände führt er seinen Auftrag fort und deckt eine Verschwörung auf, die in einen grausamen Krieg mündet. Erst da, beginnen die Menschen sich an seine Worte zu erinnern und hören ihn an. Die Einsicht ist aber von kurzer Dauer und schon bald herrschen schlimmere Zustände als je zuvor. Dies führt dazu, dass Gott einen folgenschweren Entschluss fällt ...
Die junge Autorin wurde am 02. März 1994 in Passau in Niederbayern geboren. Sie lebt und arbeitet selbstständig in Bayern. Neben ihrer großen Leidenschaft, dem Schreiben von Büchern und Kurzgeschichten, vertont sie außerdem Hörbücher und macht Fortbildungen im Bereich Filmdreh und Produktion. Ihre Projekte sind unter jennypelinkaauthor.com zu finden.
Die ungehörte Warnung
Der Beginn des Auftrags
Die Erfüllung der Prophezeiung
Eine neue Zeit
Die Ausbreitung des Fortschritts
Die Harmonie des Anfangs
Eine neue Vision
Erste Anzeichen?
Ehrenvolle Bauten
Die Unterschiede
Erneute Warnung
Verkündung
Änderung der Verhältnisse
Auserwählt
Trost und Hilfe
Die grausame Wahrheit
Bilder des Schreckens
Hoffnung und Bedenken
Der Angriff
Einsicht
Neue Erkenntnisse
Die Flut
Unglaube und Wut
Der Krieg beginnt
Grausamkeiten
Gottes Urteil
Vorbereitung für ferne Zeiten
Die Salbung und der Abschied
Personenverzeichnis
Über dieses Buch
Bücher und Hörbücher
Kontakt
Wer die Zukunft verstehen will, muss die Wahrheit der Vergangenheit erkannt haben.
Ein eisig kalter Wind blies über das Land und der kleine Junge hatte Mühe, gegen die enorme Schubkraft der kaum abreißenden Böen zu bestehen. Als er seinen Blick nach oben wandte, streifte eine kalte, nasse Flocke seine Nase. So ein Mist! Jetzt fing es auch noch an zu schneien!
„Henoch! Wo bleibst Du Junge! Es ist schon dunkel und das Wetter wird schlecht! Beeil Dich gefälligst!“
Der Kleine beschleunigte seine Schritte und stapfte auf ein unscheinbares, aus Ziegeln gebautes Haus zu, in dessen Türschwelle ein Mann stand. Er trug ein blaues, löchriges Gewand und schmutzige Lederschuhe. Seine Haare waren angegraut und reichten bis zu seinen Schultern. Sie wirkten strähnig und hingen dem Alten wirr in sein Gesicht, das von Falten übersät war. Die Haut schien wie braunes Leder und lag schlaff an dem Schädel an. Die braunengrünen Augen warengelblich und trübe und von tiefen Augenringen umrandet. Er trug ein rotes Halstuch, das vorne zusammengebunden war und dem Gewand so einen Kragen bot, der den eisigen Wind abfing.
„Wo warst Du solange?“, fuhr er den Jungen an.
„Es tut mir leid Vater ...“, entgegnete dieser.
„Ich war im Wald und ... Habe wieder etwas gesehen ...“
Sein Vater rümpfte die Nase.
„Humbug!“, sagte er und gab den Jungen einen Klaps auf den Hinterkopf.
„Los, hinein mit Dir! Das Abendessen ist schon lange fertig und es gibt noch genug zu tun!“
„Ja Vater!“, sagte der Junge und lief an ihm vorbei in die Stube.
„Henoch! Endlich bist Du wieder da! Ich habe mir solche Sorgen um Dich gemacht, als der Sturm losgebrochen ist!“
„Es ist alles in Ordnung Mutter. Es geht mir gut.“
Eine braunhaarige Frau mir hochgesteckten Haaren und einem roten, ausgewaschenen Wickelkleid umarmte ihn fest.
„Setz Dich. Das Essen ist fertig. Wir haben auf Dich gewartet.“
„Das ist das letzte Mal!“, raunzte sein Vater ihn an.
„Ich verlange, dass ich mich auf Dich verlassen kann, Junge! Wieso machst Du uns dauernd solchen Kummer?“
Er trat an den Holztisch, auf dem ein großer Topf mit dampfender Kartoffelsuppe und vier Schüsseln bereitstanden.
„Es tut mir leid Vater.“, sagte Henoch und setzte sich ihm gegenüber auf einen der Stühle.
„Ich wollte viel früher zurückkommen, aber dann, als ich im Wald war um die letzten Beeren abzulesen, wie ihr es mir aufgetragen habt, habe ich es plötzlich gesehen ...“
„Mumpitz!“, rief sein Vater und machte eine abwehrende Handbewegung.
„Lass ihn doch ausreden, Jared!“ , merkte jedoch seine Mutter an und nahm den Jungen bei den Händen.
„Erzähl es uns Henoch ... Was hast Du gesehen?“
„Nun ... Da waren Torbögen ... Es waren sehr viele, doch einer von ihnen war besonders ... Er war golden und sehr groß und breit. Dort kamen die Engel Gottes hervor ... Sie ... Sie haben die Menschen beobachtet und dann miteinander gesprochen ...“
„Was haben sie gesagt, Liebling?“, fragte seine Mutter mit weit aufgerissenen Augen.
„Sie ... Sie haben darüber gesprochen, auf die Erde zu kommen. Sie haben über einige Frauen geredet. Ich ... Ich denke, sie wollen sie besuchen ...“
„Unsinn!“, rief sein Vater und schlug so heftig auf den Tisch, dass die Schüsseln einen Sprung machten.
„Schluss jetzt mit diesem Gewäsch!“
„Lass ihn ausreden!“, mischte sich seine Mutter erneut ein.
„Wenn Gott ihm etwas gezeigt hat, soll er es auch mitteilen können!“
„Blödsinn! Engel die auf der Erde Frauen besuchen! Wer hat jemals so einen Humbug gehört! Nach dem Sündenfall hat Gott die Engel von der Erde zurückgerufen. Sie haben unsere Vorfahren im Garten Eden unterrischtet und sie haben mit ihnen zusammen gelebt. Doch diese Zeiten sind vorbei. Sie kommen nicht mehr auf die Erde! Erst recht nicht, um Frauen zu besuchen!“, sagte sein Vater und verschränkte die Arme.
„Der Junge denkt sich diese Geschichte nur aus, um zu erklären, warum er zu spät kam und keine Beeren wie aufgetragen mitgebracht hat!“
Er packte ihn am Ohr und zog den Jungen auf den Tisch.
„Gefaulenzt hast Du, gib es zu!“
„Aua aua! Nein ich ... Ich sage die Wahrheit Vater! Bitte glaube mir!“
Seine Mutter löste den Griff des Vaters und stieß ihn zurück.
„Lass den Jungen los Jared! Du bist doch nur sauer, weil Gott ihm die Botschaften schickt und nicht Dir!“
„Blödsinn!“, rief Jared und stand auf.
„Ich möchte mich nur nicht von diesem faulen Bengel an der Nase herumführen lassen! Wenn Du das willst Mischa, bitte! Ich werde ihm diesen hanebüchenen Geschichten nicht abkaufen!“
Er packte den Kleinen am Kragen.
„Du wirst morgen das Holz, das ich heute geschlagen habe, aufschichten! Und wehe, Du trödelst wieder herum!“
Jared ließ ihn los und ging die Treppe hinauf, die an der linken Seite der kleinen Stube nach oben in die Schlafräume führte.
„Mir ist der Hunger erst einmal vergangen. Ich werde später etwas essen, wenn der Träumer im Bett ist!“
Als die Tür des Schlafzimmers knallte, setzte sich Mischa zu Henoch an den Tisch, der sich über sein Ohrläppchen rieb.
„Mach Dir keine Sorgen wegen Deines Vaters, Henoch ... Weißt Du, sein Glaube ist sehr stark und er betet seit Kindestagen dafür, dass er eine Vision oder einen Diener Gottes sehen darf. Bis jetzt ist ihm dieser Wunsch noch verwehrt geblieben ... Ich denke, dass es ihn schmerzt, zu hören, wie Du über Deine Erlebnisse erzählst.“
„Aber ich kann nicht anderes ...“, antwortete Henoch.
„Ich habe ein ganz starkes Gefühl. Irgendetwas, das mich treibt, diese Dinge zu erzählen ...“
„Ich weiß.“, sagte seine Mutter.
„Das ist der Geist Gottes, der Dich antreibt, Deine Erlebnisse weiterzugeben.“
Sie legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Weißt Du ... Die Dinge, die uns Gott offenbart, sind sehr selten für einen einzigen bestimmt. Diese Botschaften betreffen oft mehrere Menschen und deswegen ist es so wichtig, dass Du Deine Erlebnisse weitergibst. Es ist Gottes Wille, dass Du den Menschen davon erzählst.“
Henoch nickte und drückte seine Mutter.
„Du hast recht. Ich werde das tun, was Gott von mir verlangt. Ich werde nicht schweigen. Ich werde den Menschen erzählen, was ich gesehen habe.“
Henoch wischte sich den Schweiß von der Stirn und blickte auf den Berg Holzscheite, die er aufgeschichtet hatte. Den ganzen Morgen, bis hinein in den frühen Nachmittag war er damit beschäftigt gewesen, die Aufgabe die ihm sein Vater gegeben hatte zu erfüllen. Nun war alles Holz abgearbeitet, und er konnte sich dem widmen, was schon die ganze Zeit in seinem Kopf hin und her schwebte: Er würde seine Erlebnisse auf dem großen Verkaufsplatz erzählen. Heute war Markt. Das bedeutete, es kamen viele unterschiedliche Menschen aus den umliegenden Dörfern und Stämmen dort zusammen, um ihre Waren zu verkaufen. Auf der großen, hölzernen Bühne, die in der Mitte des Platzes aufgestellt war, würde er sich hinstellen und von seinen Botschaften, die er erhalten hatte, berichten.
Sein Vater war im Wald unterwegs, um weiteres Brennholz zu schlagen. Es würde sicher noch einige Zeit dauern, bis er wieder zurückkam.
Henoch verstaute die Axt, die sein Vater für die Arbeit benutzt hatte, in den alten Schuppen, der mehr schlecht als recht mit einigen Brettern neben dem Haus zusammengenagelt worden war. Dort hortete sein Vater alle Werkzeuge, die er benötigte.
Der Junge verschloss die Doppeltür mit dem Eisenriegel, der davor angebracht war und lief ins Haus, um ein Bad zu nehmen. Er würde nicht in den verschwitzten, dreckigen Sachen auf den Markt gehen. Das machte sicherlich keinen besonders guten Eindruck und er wollte die Leute ja erreichen.
In einem separaten Raum rechts neben der Stube, stand eine größere Waschschüssel und fünf trockene Lappen hingen an der Wand. Im hinteren Bereich befand sich eine Wasserpumpe. Henoch zog den Henkel der Pumpe einige Male nach oben und unten, woraufhin ein Schwall eisig kaltes, aber trübes Wasser aus dem eisernen Wasserhahn strömte. Dann nahm er die Waschschüssel und stellte sie darunter. Dieses Mal war das Wasser klar, als er pumpte. Der Junge griff einen der Lappen von der Wand und tauchte ihn in die Schüssel. Als er sich entkleidet hatte, nahm er eine der gelb leuchtenden Seifenstücke und begann sich zu waschen. Er beeilte sich, so gut er konnte, denn das Wasser war eisig und durch ein daumengroßes Loch an der Bretterwand, wehte ein kalter Wind in den Raum herein, der ihm die Gänsehaut über den Körper trieb.
Als er fertig war, rubbelte er sich mit einem zweiten, größeren Tuch ab und lief dann nach oben in sein Zimmer, um sich neue Kleider zu hohlen. Sein Schrank, der neben seinem Bett stand, war nur spärlich bestückt, doch er hatte alles, was er brauchte. Er zog ein beigefarbenes Wickelgewand heraus, das er sogleich umlegte. Diese Art Kleidung war für einen Dreizehnjährigen eher ungewöhnlich, doch er wollte auf dem Platz auch bewusst auffallen. Als er braune Schnürsandalen umgelegt hatte, lief er die Treppe wieder nach unten, um sich auf den Weg zu machen.
Der Pfad, der zum Verkaufsplatz führte, war nicht sehr weit aber man musste durch einen Wald laufen, auf dem oft Banditen ihr Unwesen trieben.
„Gott! Bitte beschütze mich auf meinem Weg! Du weißt, dass ich diesen Weg nur gehe, um Deine Botschaft an das Volk weiterzugeben!“
Das war die Wahrheit. Henoch ging diesen Weg sonst nie, vor allem nicht alleine. Viel zu oft hatte sein Vater ihm die Geschichten der reitenden Mörder erzählt, die dort vorbeikommende Menschen ausraubten und umbrachten. Auch seine Mutter würde vor Sorge sterben, wenn sie wüsste, dass er sich alleine auf diesen Weg machte. Er hatte ihr nicht gesagt, was er vorhatte.
Gestern in seinem Bett, als er noch lange wachgelegen war, hatte er den Entschluss gefasst. Er wollte, nein er musste, seine Erlebnisse mit der Welt teilen und der anstehende Markt, war der perfekte Moment dafür.
Er blieb noch einmal zögerlich stehen und horchte vorsichtig in den Wald hinein, als er davorstand.
„Gott ist mit mir! Mir wird nichts passieren!“, sagte er zu sich selbst und marschierte dann mit rausgedrückter Brust los.
Der Glaube gab ihm Kraft und Mut, jedoch zuckte er jedes Mal zusammen, wenn ein Ästchen in den Baumwipfeln knackte, weil ein Vogel sein Nest darauf verließ.
Trotz seines Vertrauens atmete er auf, als er das Ende des Waldes in der Ferne erblicken konnte. Der Weg war eben und es gab keine Kurven mehr, wo sich jemand hätte verstecken und ihn auflauern können.
Umso mehr erstarrte das Herz in seiner Brust, als er plötzlich Stimmen neben sich im Dickicht wahrnahm. Er wandte seinen Blick dorthin und sah zwei riesige, leuchtende Gestalten, die weiße Gewänder trugen. Sie unterhielten sich und verschwanden dann, wie Wasserdampf der sich auflöste.
Henoch blinzelte kurz einige Male und führte seinen Blick dann nochmals auf die Stelle im Wald zurück. Er konnte nichts erblicken. Was war das gewesen? War das wieder eine Vision? Nein. Dieses Mal war es anderes. Er hatte die beiden Gestalten dort wirklich gesehen.
Nachdenklich schlenderte er zu dem Ende des Waldes. Irgendwie hatten die beiden den Engeln, die er in seiner letzten Vision erblickt hatte, sehr ähnlich gesehen. Aber ... Sie waren wirklich dort gewesen. Sie hatten sich unterhalten und dann einfach aufgelöst.
Er beschleunigte seine Schritte als er den Verkaufsplatz vor sich erblickte. Das war jetzt im Moment nicht wichtig. Er musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren.
Unsicher blickte er zu den Männern und Frauen, die gerade ihre Stände mit Obst, Gemüse oder Getreide aufbauten. Einige boten geflochtenen Körbe, Besen und eingelegte Früchte und Beeren an. Auch Ziegen, Hühner und Pferde wurden verkauft.
Der Junge spürte die abschätzenden Blicke der Verkäufer auf seiner Haut, wagte aber nicht von seinem Vorhaben abzurücken. Er sah die Bühne mit den drei Treppenstufen bereits vor sich, als eine große, raue Hand, sich auf seine Schulter legte.
„Hey Junge! Was hast Du hier ganz alleine verloren?!“
Er drehte sich um und seine anfängliche Selbstsicherheit, wich zur Gänze von ihm, als er in ein mit Leberflecken übersätes Gesicht blickte, aus dem ihn zwei blutunterlaufene, graue Augen anblitzten.
„Ich ähm ... Ich ...“
„Wo ist Dein Vater?! Weiß er das Du hier bist?“
„Er gehört zu mir!“, erklang plötzlich eine heisere Stimme neben ihnen, die von einer alten Frau mit langen geflochtenen Haaren stammte. Sie trug ein Kleid mit buntem Blumenmuster und ihre Augen glitzerten treu aus ihrem faltigen Gesicht hervor.
Henoch atmete erleichtert auf, als er sie erkannte. Es war die älteste Schwester seiner Mutter. Sie hieß Bira und war eine freundliche und sehr gütige Frau, die allerdings die Ruhe in ihrer Hütte bevorzugte. Sie hatte eine kleine Landwirtschaft mit einige Schafe und Ziegen, aus deren Ertrag sie die Milch, Gemüse und Wurzeln verkaufte. Auch selbstgewebte Stoffe lagen zur Beschauung auf dem kleinen Tischchen bereit.
Der Mann blickte die beiden abwechselnd kontrollierend an, dann rümpfte er die Nase und ging zurück zu seinen Pferden.
„Danke Bira.“, sagte Henoch und trat zu der Frau, die gerade Kartoffeln für den Verkauf bereit machte.
„Was tust Du hier Henoch? Weiß Deine Mutter wo Du bist?“
Er senkte den Blick.
„Nein ich ... Ich wollte sie nicht beunruhigen.“
„Sie wird sich riesige Sorgen machen, wenn sie nicht weiß, wo Du bist.“
„Ich weiß ...“, antwortete Henoch.
„Aber ich musste herkommen. Ich ... Ich muss den Menschen Gottes Nachrichten überbringen! Ich muss sagen, was ich gesehen habe!“
Der Blick der alten Frau wurde sanfter.
„Ich weiß von Deinen Visionen Henoch. Deine Mutter hat mir davon erzählt.“
„Und?“, fragte er.
„Ich glaube Dir. Ich weiß, das bald etwas passieren wird ... Ich kann es spüren.“
„Wirklich?“
Sie nickte.
„Ja und ich denke, dass unser Leben, so wie wir es jetzt kennen, dadurch grundlegend verändert wird.“
„Hast Du auch etwas gesehen?“, fragte der Junge.
„Nicht direkt gesehen ...“, antwortete die alte Frau.
„Aber ich habe geträumt. Ich habe gesehen, dass die Sterne vom Himmel gefallen sind und sie sind in die Häuser der Menschen gekommen ... Ich weiß nicht, was das bedeutet, aber ich spüre, dass es etwas Gravierendes ist ...“
Henochs Augen wurden groß.
„Ich ... Ich denke, ich weiß, was es war, was Du geträumt hast ...“
Sein Blick wanderte zu der Bühne.
„Du wirst es gleich erfahren. Ich werde den Menschen sagen, was ich erlebt habe!“
Er stapfte auf die Bühne hinauf und breitete die Hände weit aus, dann begann er zu sprechen.
„Ihr Leute! Hört mir zu! Ich habe eine wichtige Botschaft für Euch!“
Die Menschen blickten zu ihm hinauf und bald begann ein wildes Stimmenwirrwarr.
„Hört mir zu!“, rief er erneut, dann kamen die ersten Personen zu der Bühne und hörten ihn an.
„Was willst Du, Kleiner?“, fragte einige.
„Geh nach Hause!“, sagten andere.
Manche jedoch standen einfach nur da und warteten, was er zu sagen hatte.
„Ich werde Euch jetzt etwas erzählen.“, sagte Henoch, als Ruhe eingekehrt war.
„Etwas, das ich erlebt habe ...“
Dann erzählte der Junge ihnen von seiner Vision, die er in den letzten Jahren immer wieder gehabt hatte: Von den Engeln Gottes die durch das Tor schritten und sich über die Menschen unterhielten und die dann zu den Menschenfrauen auf die Erde kamen.
„... Und ich denke ...“, sagte er, als er fertig erzählt hatte,
„... dass es eine Warnung Gottes war. Die Engel werden zu uns auf die Erde kommen und sich mit den Frauen einlassen ... Und es wird viel Leid daraus hervorgehen!“
Nach einer Kurzen, fast schon unheimlichen Stille brach die Menge in schallendes Gelächter aus.
„Der Junge ist verrückt! Engel, die sich mit Frauen einlassen! Wo hat man je so etwas Lächerliches gehört!“, hallte es aus den Mündern von vielen.
Nur eine war sehr ruhig geworden: seine Tante. Sie hatte ihren Traum nun verstanden und spürte, die Wahrheit, die von Henochs Worten ausging.
Sie stand auf und eine Welle aus Wut fuhr durch ihren Körper.
„Ihr einfältigen Narren! Wie könnt ihr über die Warnung Gottes nur lachen!“
„Die Warnung Gottes?“, sagte ein hagerer, älterer Mann mit einem schmutzigen grauen Überwurf.
„Du wirst doch den Worten dieses Burschen nicht wirklich Glauben schenken? Wann haben die Engel jemals Interesse an den Menschen gezeigt? Seit jeher unterstehen sie Gott und dienen ihm und selbst diejenigen, die sich gegen ihn gestellt haben, haben niemals Interesse an Menschen gezeigt.“
„Ich habe es gesehen!“, sagte sie.
„Ich habe gesehen, wie die Sterne vom Himmel fielen und in den Häusern der Menschen wohnten.“
„Ach! Das einfältige Geschwätz einer alten Frau und eines dummen Kindes! Kommt Leute! Gehen wir wieder zurück an die Arbeit!“, sagte der Mann mit einer flotten Handbewegung und die Menge vor der Bühne löste sich langsam auf.
„Aber ... Aber es ist die Wahrheit! Ihr könnt nicht einfach gehen!“, rief Henoch und lief nervös die Stufen herunter.
„Lass sie ..“, sagte seine Tante zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Du kannst sie nicht zwingen zu glauben. Irgendwann werden sie es verstehen ... Hoffen wir, dass es dann noch nicht zu spät ist.“
„Aber ... Was soll ich jetzt tun? Ich soll es ihnen sagen, aber sie wollen nicht zuhören ...“
Noch bevor Henoch seinen Satz beendet hatte, riss der wolkenverhangene Himmel auf und eine Stimme erklang:
„Henoch! Henoch!“
Der Junge wie auch seine Tante fielen auf die Knie.
„Mein HERR!“, sagte Henoch und verneigte sich auf den Boden.
„Du hast meinen Worten Folge geleistet. Nun, da sie nicht hören wollen, werden sie es erleben.
Du aber, schreibe alles auf, was ich Dir sagen und zeigen werde, und setze sie darüber in Kenntnis!“
„Ja mein HERR! Es wird mir eine Ehre sein!“, antwortete Henoch ohne seinen Blick auch nur einmal noch oben zu wenden.
Mit einem mächtigen Donnergrollen verschloss sich der Himmel wieder und ein schrecklicher Platzregen ging auf die Menschen nieder, sodass ihre Waren vollkommen durchnässt wurden. Henoch aber und seine Tante fanden Schutz unter einer großen Eiche und priesen Gott für seine Treue und Güte. Die Verkäufer auf den Marktplatz hingegen schimpften über den Wetterumschwung und hatten von der Offenbarung Gottes nichts mitbekommen, weil ihre Herzen für seine Stimme verschlossen waren.
30 Jahre vergingen und Henoch wuchs zu einem hübschen jungen Mann heran. Er hatte den Worten Gottes Folge geleistet und schrieb alle Offenbarungen und Visionen die er erlebte auf. Mittlerweile war seine Sammlung schon so dick wie ein ganzes Buch. Immer wieder ging es darum, das die Engel auf die Erde kommen und sich mit den Menschen vermischen würden. Er versuchte dem Volk das, was er erfuhr, begreiflich zu machen, doch die meisten lachten oder nahmen ihn nicht ernst. Sein Vater hatte sich mit ihm oft deswegen gestritten, denn er wollte nicht, dass sein Name mit in die ganze Sache hineingezogen wurde. Seine Mutter und seine Tante hingegen, unterstützen ihn weiter und begleiten ihn, wann immer er auszog, um seine Kenntnisse zu berichten.
Als er eines Tages wieder von einer langen Rede in eine Herberge einkehrte, in der sie sich niedergelassen hatten und sich schlafen legte, erschien ihm erneut ein Gesicht:
Er sah die Tore des Himmels vor sich. Aus dem mittleren der drei Durchgänge, trat eine Schar von Engeln heraus. Henoch kannte einige von ihnen. Es waren die Vorsteher der Bezirke, die auf der Erde eingerichtet waren. Insgesamt gab es 8 davon, über die jeweils einer der großen Erzengel wachte. Unter ihnen waren andere Engelfürsten eingesetzt, die wiederum weitere Fürsten beschäftigten. Einige von den Vorstehern, versammelten sich vor dem mittleren goldenen Tor und redeten miteinander. Einer von ihnen, dessen Name war Samjaza, herrschte über den Bereich, der dem Erstgeschaffenen unterstellt war und der Noahlis genannt wurde. Er trat vor und ergriff das Wort.
„Ihr habt Euch das schön ausgedacht ... Aber was ist, wenn Ihr es Euch anders überlegt und ich für alles alleine büßen muss? Ich bin der Vorsteher! Ich werde die Strafe dann alleine tragen müssen!“
Ein Weiterer der Fürsten, mit Namen Azaziel trat vor und gab ihm Antwort. Er war der Vorsteher unter Michael, der dem Bereich mit Namen Geronalis unter sich verwaltete.
„Hör zu Samjaza ... Wir werden einen Schwur ablegen, damit wir gegenseitig an ein Versprechen gebunden sind. Somit können wir nicht von unserem Plan abweichen und Du musst Dir keine Sorgen machen, dass die Strafe auf Dich alleine zurückfällt.“
Samjaza hatte nämlich Bedenken, da er seit Ewigkeiten mit Azaziel konkurrierte und ihm graute davor, dass er als Erster, wie es geplant war, seinen Samen legen sollte und dann die anderen den Plan aufgeben würden, nur um ihn loszusein, damit Azaziel seinen Platz einnehmen konnte. Noahlis war der mächtigste Bezirk in der Welt. Geronalis hingegen nur der Zweitmächtigste.
Samjaza zweifelte nach wie vor an den Worten des Engelfürsten. Erst als dieser ihn seinen Arm anbot, um an ihm einen verbindlichen Schwur zu vollziehen, wichen seine Bedenken etwas von ihm. Die anderen Engel taten es ihnen gleich und jeder von ihnen verwünschte und band den anderen an sein Versprechen, die Frauen aufzusuchen und mit ihnen zu verkehren. 28 Vorsteher in hoher Position von allen Bezirken bekräftigten so ihr vorhaben.
Henoch wachte schweißgebadet auf und hatte das Gefühl, dass ihm die Luft wegblieb. Er schrieb das, was er gesehen hatte, sogleich in seinem kleinen, roten Büchlein nieder und beschloss, noch an diesem Morgen auf den höchsten Gipfel in Noahlis sein Gesicht zu berichten. Er galt als der Versammlungsberg und war der Größte in ganz Metropolis.
Er zog sein bestes Gewand an und machte sich mit seiner Mutter und seiner Tante auf den Weg.
Einige Stufen waren in den rauen Stein gehauen worden und machten den Aufstieg leicht. Dort oben fanden öfter Feste und allerhand Veranstaltungen statt. So war es auch heute. Gut 300 Menschen waren versammelt, um das große Bezirksfest zu feiern. Es wurde nur einmal im Jahr veranstaltet. Jeder der Bezirke hatte sein eigenes Fest an einem anderen Tag. Er stellte sich auf den weiten, freien Platz und begann mit kräftiger Stimme zu sprechen und von seiner Vision zu erzählen. Doch die Reaktion war wie immer: Sie machten sich über ihn lustig.
Henoch aber spürte tief in sich, dass es die letzte Warnung Gottes gewesen war und die Engel bald ihren Plan in die Tat umsetzen würden.
Nach diesem Tag vergingen noch weitere 10 Jahre. Dies war für damalige Verhältnisse eine sehr kurze Zeitspanne, denn die Lebenserwartung eines Menschen lag zwischen 800 und tausend Jahre. Henoch hatte sich ein paar Ziegen, Schafe und Pferde besorgt und betrieb Ackerbau und Viehzucht. Er hatte nicht allzu weit von seinem Geburtshaus entfernt ein Stück Land erworben, auf dem er sich ein kleines Haus und Stallungen gebaut hatte. Großzügige Weideflächen konnte er ebenfalls sein Eigen nennen. Er handelte geschickt auf dem Markt und wurde von Gott reich gesegnet, so dass er seinen Besitz beinahe verdoppeln konnte. War er bis vor einigen Jahren noch der merkwürdige Sohn von Jared, wurde er jetzt von sehr vielen hoch geschätzt.