Der Skandal im Viktoria-Klub - Edmund Edel - E-Book

Der Skandal im Viktoria-Klub E-Book

Edmund Edel

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Beschreibung

Ein komischer Boulevard-Krimi aus dem Wilden Berlin der 1910er um einen verschuldeten Zocker, seinem reichen Onkel und eine "gute Partie". Der Generalkonsul hat genug von seinem Neffen Werner, der ein Lotterleben führt, sich bei ihm durchschnorrt und beim Glückspiel sein Geld verprasst. Werner muss endlich den Ernst des Lebens kennenlernen. Er soll Liddi heiraten, die Tochter von Kommerzienrat Leitner, in dessen Firma einsteigen und endlich ein grundanständiges Leben führen. Aber Werner, der dem süßen Leben nicht abschwören will, hat ganz andere Pläne. Null Papier Verlag

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Seitenzahl: 114

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Edmund Edel

Der Skandal im Viktoria-Klub

Der Roman eines Spielers

Edmund Edel

Der Skandal im Viktoria-Klub

Der Roman eines Spielers

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019 1. Auflage, ISBN 978-3-962810-59-7

null-papier.de/479

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Au­tor

1. Ka­pi­tel.

2. Ka­pi­tel.

3. Ka­pi­tel.

4. Ka­pi­tel.

5. Ka­pi­tel.

6. Ka­pi­tel

7. Ka­pi­tel.

8. Ka­pi­tel.

9. Ka­pi­tel.

10. Ka­pi­tel.

11. Ka­pi­tel.

12. Ka­pi­tel.

13. Ka­pi­tel.

14. Ka­pi­tel.

15. Ka­pi­tel.

16. Ka­pi­tel.

17. Ka­pi­tel

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Autor

Ed­mund Al­bert Edel (1863–1934) war ein deut­scher Ka­ri­ka­tu­rist, Il­lus­tra­tor, Schrift­stel­ler und Film­re­gis­seur. Er stamm­te aus ei­ner jü­di­schen Arzt­fa­mi­lie, die 1864 nach Char­lot­ten­burg ge­zo­gen war, das da­mals noch nicht zu Ber­lin ge­hör­te. Nach ei­ner kauf­män­ni­schen Aus­bil­dung ver­such­te er sich in Pa­ris und Mün­chen als Künst­ler. In Pa­ris freun­de­te er sich u. a. mit Tou­lou­se-Lautrec an. Aus des­sen Künst­ler­kreis schöpf­te er auch sei­ne In­spi­ra­tio­nen zur Pla­kat­ma­le­rei. Über frü­he Er­fol­ge als Il­lus­tra­tor und Ge­brauchs­gra­fi­ker ge­lang­te er An­fang des 20. Jahr­hun­derts auch zur Schrift­stel­le­rei und zum Film. Nach der Machter­grei­fung der Na­zis 1933 fand sich der bis da­hin be­kann­te und ge­schätz­te Künst­ler und Au­tor zu­neh­mend an­ti­se­mi­ti­schen An­fein­dung aus­ge­setzt. Er starb we­ni­ge Mo­na­te dar­auf.

1. Kapitel.

Der Ge­ne­ral­kon­sul früh­stück­te.

Mit der den al­ten Jung­ge­sel­len ei­gen­tüm­li­chen Sorg­falt schäl­te er das Ei, das in ei­nem brau­nen Fayence­be­cher steck­te, aus der Scha­le und löf­fel­te es be­däch­tig.

Dann trank er einen Schluck Tee, aß eine Schei­be blut­ro­ten Schin­ken und griff zur Mor­gen­zei­tung.

Die Zi­gar­re bil­de­te den Schluss­ak­kord die­ses klei­nen lu­kul­li­schen Auf­tak­tes zur Be­hag­lich­keit des Ta­ges. Ei­nes Ta­ges, wie es ein von den Un­bil­den der Zeit­läu­fe nicht zu arg be­rühr­ten Bür­gers dar­stell­te.

In die Stil­le die­ser Be­hag­lich­keit, die das son­ne­ner­hell­te Spei­se­zim­mer er­füll­te, trat Wer­ner.

Läs­sig, et­was im mü­den schlep­pen­den Ton, sag­te er:

»Gu­ten Mor­gen, On­kel!«

Der Ge­ne­ral­kon­sul blick­te un­ter dem gol­de­nen Ein­glas, das sei­nem al­ten Bon­vi­vant­ge­sicht eine ge­wis­se For­sche gab, er­staunt und zu­gleich neu­gie­rig auf den Ein­ge­tre­te­nen.

»Schon auf oder – noch auf?«

Der Ge­ne­ral­kon­sul lieb­te es, den Ernst des Le­bens durch einen an rich­ti­ger Stel­le an­ge­brach­ten Scherz zu mil­dern.

Wer­ner setz­te sich dem On­kel ge­gen­über. Der alte Die­ner Fritz, ein In­ven­tar des Hau­ses, so ab­ge­braucht wie die Tep­pi­che und Mö­bel hier in der Vil­la, aber eben­so ge­die­gen in der Qua­li­tät wie die­se Ge­gen­stän­de, leg­te laut­los ein Ge­deck auf und ser­vier­te dem jun­gen Herrn das Früh­stück.

»Wie Du willst, On­kel – schon auf – aber auch noch auf. Ich habe we­nig ge­schla­fen.«

Der Ge­ne­ral­kon­sul wuss­te so­fort, um was es sich han­del­te.

»Na­tür­lich wie­der die alte Ge­schich­te?«

Wer­ner hol­te die Tas­se zu sich her­an, rück­te mit dem Stuhl.

»Also wie viel?« frag­te der On­kel.

Wer­ner lä­chel­te ver­le­gen. Nann­te eine Sum­me. Eine star­ke, kräf­ti­ge vier­stel­li­ge Zahl. Der Ge­ne­ral­kon­sul blick­te ihn über­rascht an.

»Ver­spielt? – – Ehren­schul­den?«

Wer­ner nick­te.

Der Ge­ne­ral­kon­sul er­hob sich brüsk. Trat zu sei­nem Nef­fen, leg­te ihm die Hand auf die Schul­tern.

»Das geht so nicht wei­ter, Wer­ner!«

Wer­ner zuck­te mit den Schul­tern.

Der Ge­ne­ral­kon­sul stieß den Rauch in ei­ner mäch­ti­gen Wol­ke ge­gen die De­cke des Zim­mers.

»Ich ver­ste­he Dich nicht – man muss in Dei­nen Jah­ren wis­sen, was man tut – – wenn man über­haupt et­was tut …?«

Die­ses Lot­ter­le­ben dul­de er nicht mehr. Er wäre, das wüss­te der Nef­fe, selbst in sei­nem Le­ben kein Freund von Trau­rig­keit ge­we­sen, er hät­te alle Dumm­hei­ten mit­ge­macht, die auf der Welt nur mög­lich wa­ren. Aber schließ­lich hät­te er ge­ar­bei­tet. Und wäre zu et­was ge­kom­men. Wenn der Mensch an die Drei­ßig rückt, muss er dar­an den­ken, fes­ten Fuß zu fas­sen. Das Schul­den ma­chen wäre kein Be­ruf für einen Kerl, der Be­ga­bung und In­tel­li­genz zeigt. Beim Teu­fel: das gin­ge so nicht wei­ter, wie­der­hol­te der Ge­ne­ral­kon­sul.

Es war eine rich­ti­ge Moral­pre­digt. Da­bei durch­maß der alte Herr das Zim­mer von ei­nem Ende zum an­dern, saug­te an der di­cken Zi­gar­re und er­füll­te den Raum mit graublau­en Rauch­wol­ken.

Wer­ner saß schwei­gend am Tisch, auf sei­ne Tee­tas­se ge­bückt.

»Du wirst Dich mit Lid­di Leit­ner ver­lo­ben – schleu­nigst, mein Jun­ge! Der alte Kom­mer­zi­en­rat hat neu­lich in ei­nem Brief an mich wie­der an­ge­tippt!«

Wer­ner schob die Tee­tas­se mit ei­ner plötz­li­chen Be­we­gung zu­rück und lehn­te sich an den Rücken des Ses­sels. Schau­te zu sei­nem On­kel hin­über, der sich wie­der an den Tisch ge­setzt. Wer­ner sag­te kein Wort.

»Na, das Schlimms­te ist das auch nicht, mein Sohn! Das Mä­del ist wie eine Pup­pe, al­ler­hand Hochach­tung!«

Der alte Le­be­mann schnalz­te mit der Zun­ge.

Wer­ner muss­te un­ge­wollt lä­cheln.

Der On­kel blitz­te ihn un­ter dem Mo­no­kel wie ein lüs­ter­nes Teu­fel­chen an.

»… und ein gol­de­nes Püpp­chen dazu, mein Jun­ge!«

Der alte Leit­ner wol­le sei­nen Schwie­ger­sohn in den Be­trieb mit hin­ein­neh­men. Mit­di­rek­tor der großen Leit­ner­schen Wer­ke zu wer­den, wäre im­mer­hin wert, in den sau­ren Ap­fel der Ehe zu bei­ßen – und die­ser sau­re Ap­fel sei au­ßer­dem zucker­süß …

Der Ge­ne­ral­kon­sul lach­te in lau­ten Wir­beln über die­sen Witz und schlug sich mit der Hand auf den Schen­kel, dass es klatsch­te.

Als Wer­ner kei­ne An­stal­ten mach­te, sich zu äu­ßern, son­dern viel­mehr wei­ter wie eine Pa­go­de stumm vor ihm saß, sprang der On­kel auf, blieb ste­hen. Sei­ne Züge ver­lo­ren den Aus­druck der Mil­de und über­le­ge­nen Welt­weis­heit, sie wur­den hart und ent­schlos­sen.

»Ent­we­der oder: Du hei­ra­test und wirst ein an­stän­di­ges Mit­glied der Ge­sell­schaft –!«

Wer­ner wuss­te, dass das letz­te ge­kom­men war. Er kann­te sei­nen On­kel und sei­ne kal­te Rück­sichts­lo­sig­keit in Ge­schäfts­an­ge­le­gen­hei­ten. Wenn er ein­mal einen Ent­schluss ge­fasst, eine Sa­che bis zu ei­nem ge­wis­sen Punkt ge­führt, gab es für ihn kein Zu­rück mehr. Bie­gen oder Bre­chen, das war das Leit­mo­tiv al­ler Hand­lun­gen des Ge­ne­ral­kon­sul Kunz­mann ge­we­sen, der trotz al­ler Bon­ho­mie und äu­ße­ren glat­ten Um­gangs­form mit ei­ser­ner Wil­lens­kraft sein Le­bens­werk be­sorgt hat­te.

Wer­ner dach­te an die blon­de jun­ge Dame, die er im Vor­jah­re im Ho­tel Ste­pha­nie in Ba­den-Ba­den ken­nen ge­lernt. Mit der er einen Tanz­preis er­strit­ten, den sil­ber­nen Po­kal im Ten­nis­tur­nier er­kämpft, im Golf­klub in Oos auf den ent­zücken­den Nach­mit­tags­tees ge­flir­tet hat­te. Ein Flirt, wie so vie­le an­de­re. Wei­ter nichts!

Man be­nei­de­te ihn um die hüb­sche Blon­di­ne und um den Gold­fisch, denn die Düs­sel­dor­fer Leit­ners wa­ren »schwer«, wie sie im »In­ter­na­tio­na­len« er­zähl­ten. Aber Wer­ner dach­te über die Af­fä­re nicht wei­ter nach. Der In­ter­na­tio­na­le Klub und die If­fez­hei­mer Ren­nen nah­men ihn zu sehr in An­spruch, als dass er die­sem Flirt mehr als nö­tig Rech­nung trug. Auch hat­te er ver­teu­fel­tes Pech wäh­rend der gan­zen Zeit und er ver­wünsch­te die­se Lie­be­lei, die dem Spiel­glück schon, um das Sprich­wort nicht zu ent­kräf­ten, nicht zum Heil die­nen konn­te.

Schon vor kur­z­em hat­te der On­kel ihm an­ge­deu­tet, dass der Kom­mer­zi­en­rat, Lid­dis Va­ter und des Ge­ne­ral­kon­suls al­ter Ju­gend­freund, ge­schrie­ben hät­te, sei­ne Toch­ter schie­ne eine erns­te Nei­gung zu Wer­ner ge­fasst zu ha­ben.

Die arme jun­ge Dame, dach­te Wer­ner. Sie über­schätzt mich. Sie hält mich ei­ner Lie­be für wert, zu der ich mich in kei­ner Wei­se ver­pflich­tet füh­le.

Er hat­te nie­mals ge­liebt. Er pflück­te die Frau­en, schnell, im Sturm, vor­über­ge­hend. Ließ sie wie aus­ge­rupf­te Blu­men, an de­ren Far­be und Duft man sich er­götzt, am Bo­den lie­gen, schritt über sie hin­weg.

Er emp­fand kei­ne Lei­den­schaft für die Frau­en, kann­te die Grund­tie­fen der Lie­be nicht, nipp­te an der Lie­be nur, wie am Sekt, des­sen auf­stei­gen­de Per­len ihn in flüch­ti­gen Rausch ver­setz­ten.

Sei­ne Lei­den­schaft war das Spiel, Kar­ten und Pfer­de – – –

Der Ge­ne­ral­kon­sul hielt sei­nen Nef­fen mit fes­tem Blick in Bann. Wie mit ei­ner ei­ser­nen Klam­mer drück­te er ihm die Not­wen­dig­keit des Ent­schlus­ses aus.

Wer­ner sah kei­nen Aus­weg.

Ner­vös lä­chel­te sr.

»Die blon­de Lid­di liebt mich noch im­mer?« sag­te er end­lich, wie­der mit die­sem nach­läs­sig mü­den Ton­fall, der ihm zur Ge­wohn­heit ge­wor­den.

»Dann wird mir wohl nicht an­de­res üb­rig blei­ben«, fuhr er fort.

Über des Ge­ne­ral­kon­suls Ge­sicht streif­te ein Son­nen­strahl. Tauch­te es in gol­de­nes Flim­mern. Fing sich zu ei­nem Blitz­licht in dem run­den Ein­glas.

»Bra­vo, mein Jun­ge, das ist ver­nünf­tig. Ich wer­de gleich an den al­ten Leit­ner te­le­gra­fie­ren – – – Und den Scheck kannst Du Dir nach­her im Büro ab­ho­len – – Ich hof­fe be­stimmt, dass es der letz­te Scheck sein wird, mit dem Du Spiel­schul­den be­zah­len wirst – zu­künf­ti­ger jun­ger Ehe­mann und Di­rek­tor der Leit­ner­wer­ke!!«

Wer­ner stand auf, um sei­ne Lip­pen zog sich ein lei­ser Zug von Iro­nie. Aber er be­zwang sich. Er steck­te sich eine Zi­ga­ret­te an und ver­such­te die in­ner­li­che Er­re­gung, die ihn ge­packt, mit ein paar Zü­gen Ni­ko­tin her­un­ter­zu­schlu­cken. Es war ein Er­eig­nis in sein Le­ben ge­tre­ten, das aus der glat­ten Bahn, die er bis­her sanft ge­rutscht war, ein Hin­der­nis dar­stell­te.

Nun wohl, er woll­te se­hen.

Aus der heu­ti­gen Pat­sche war er wie­der her­aus.

Das eine Loch konn­te er mit des On­kels Scheck wie­der zu­stop­fen.

Und die Hei­rat?

Gott! Er hat­te so man­ches­mal sein Letz­tes aus eine Kar­te ge­setzt!

Glück? – – Kar­ten­glück? – – Le­bens­glück? …

2. Kapitel.

Man war in aus­ge­zeich­ne­ter Stim­mung. Das Di­ner, vom Di­rek­tor des Ho­tel Ad­lon für Ge­ne­ral­kon­sul Kunz­mann, den alt­ge­wohn­ten Gast, be­son­ders zu­sam­men­ge­stellt, hat­te die Er­war­tun­gen über­trof­fen. Aber der Ge­ne­ral­kon­sul woll­te die­sem Abend, an dem sein Nef­fe und Erbe sei­nen Lieb­lings­wunsch er­füll­te, ein per­sön­li­ches Ge­prä­ge ge­ben. Sei­ne Note war das Epi­kurä­er­tum. Gut Es­sen und Trin­ken, ein Le­ben­s­ide­al ne­ben der schwe­ren und ver­ant­wor­tungs­vol­len Ar­beit, die ihn zu großem Ver­mö­gen und An­se­hen ge­bracht hat­te.

Man trank einen vor­züg­li­chen Grand Mar­nier1 – zur Ver­dau­ung von dem »gan­zen Zeug«, wie der Ge­ne­ral­kon­sul sag­te und Fräu­lein Lid­di Leit­ner lach­te wie ein Was­ser­fall, der in gluck­sen­den Kas­ka­den von der Höhe kul­ler­te.

»Wie ein Was­ser­fall – – ja« mein­te Wer­ner »oder wie eine ver­lieb­te Nach­ti­gall im Busch … ge­ra­de so klingt Dein La­chen, Lid­di.«

»Gott, wie poe­tisch!« hän­sel­te ihn Lid­di. »Das hast Du doch jetzt nicht mehr nö­tig, wo wir nun ehr­sam Braut und Bräu­ti­gam sind, Wer­ner! Das hät­te Dir beim Flir­ten ein­fal­len müs­sen, da­mals, als Du noch kei­ne so­ge­nann­ten re­el­len Ab­sich­ten hat­test …«

Mit ih­rem brei­ten me­lo­disch aus­klin­gen­den rhei­ni­schen Ak­zent schi­en sie eine At­mo­sphä­re von sorg­lo­ser Fröh­lich­keit um sich her­um zu zau­bern. Ein ge­wand­tes Men­schen­kind, ge­recht in al­len Sät­teln ge­sell­schaft­li­cher Kunst, nicht auf den Kopf ge­fal­len, ge­scheit und schlag­fer­tig. Sie lieb­te Wer­ner mit der Lei­den­schaft, die jun­ge Mäd­chen aus gu­ter Fa­mi­lie für den ers­ten, der aus dem In­stru­ment ih­rer See­le lei­se Ak­kor­de an­zu­schla­gen ver­steht, eben lie­ben. Sie glau­ben, dass die­ser ers­te der letz­te sein wür­de, und dass da­mit das männ­li­che Ide­al er­schöpft blie­be.

Lid­di blick­te aus mun­te­ren graublau­en Au­gen in die Welt wohl­ge­sit­te­ter Kul­tur­mög­lich­kei­ten, sie war, un­ter nor­ma­len An­sprü­chen, ein schö­nes Mäd­chen mit schlan­ken Hüf­ten, et­was zur Fül­le nei­gen­der Büs­te und pracht­vol­lem, gold­blon­dem Haar.

Die bei­den al­ten Her­ren am Tisch mach­ten ab­wech­selnd der jun­gen Dame den Hof. So­dass selbst Wer­ner, der frisch­ge­ba­cke­ne Bräu­ti­gam, einen schwe­ren Stand hat­te, sei­ner Galan­te­rie den rich­ti­gen Aus­druck zu ver­lei­hen. Es war bei­na­he ko­misch, wie der Papa Kom­mer­zi­en­rat sei­ne Toch­ter, die ein­zi­ge Ge­fähr­tin nach dem Tode sei­ner Frau, nicht wie ein Kind, son­dern wie eine ver­eh­rungs­wür­di­ge jun­ge Dame be­han­del­te, der man je­den Wunsch und jede Lau­ne von den Au­gen ab­zu­le­sen sich be­eilt. Da­bei be­han­del­te Lid­di den ar­men Papa mit sou­ve­rä­nem Über­mut, den der gute Kom­mer­zi­en­rat, in sei­nem Groß­be­trieb ein stren­ger Len­ker von vie­len tau­send Ar­beiter­schick­sa­len, mit Ge­duld er­trug. Der Ge­ne­ral­kon­sul aber war ganz aus dem Häu­schen. Er hat­te Lid­di mit kost­ba­ren Ge­schen­ken über­schüt­tet und die bei­den Tage, seit­dem sie mit ih­rem Va­ter in Ber­lin weil­ten, zu wah­ren Stun­den des Glückes ge­macht.

Wer­ner, nach­dem er ein­mal die Not­wen­dig­keit ein­ge­se­hen, hat­te sich von Lid­dis Le­bens­freu­de, von ih­rer zü­gel­lo­sen Lust nach der Schön­heit, von ih­rem Hun­ger nach Sen­sa­ti­on und Ab­wech­se­lung mit­rei­ßen las­sen. Wie in ei­nem Mahl­strom wur­de er wil­len­los um­her­ge­schleu­dert durch Lid­dis spru­deln­des Tem­pe­ra­ment. Manch­mal glaub­te er so­gar, dass er sie lieb­te. Je­den­falls war sie ihm nicht un­sym­pa­thisch und das ver­süß­te ihm im­mer­hin die bit­te­re Pil­le, die ihm die Auf­ga­be sei­ner Frei­heit be­deu­te­te.

»… es bleibt ein an­ge­bro­che­ner Nach­mit­tag …« sag­te der Ge­ne­ral­kon­sul, »man müss­te noch ir­gen­det­was un­ter­neh­men?«

Zum Thea­ter war es zu spät. Also woll­te man eine Bar auf­su­chen.

»Ach ja, Mu­sik und Tanz!«

Lid­di warf die Zi­ga­ret­te auf den Tel­ler und klatsch­te in die Hän­de, wie ein klei­nes Kind, das mit die­sem Hän­de­klat­schen sei­ne Freu­de aus­drücken will.

»Das habe ich mir schon längst ein­mal ge­wünscht, so ganz nahe die­se Nacht­bum­me­lei mit­an­zu­se­hen – – so ganz nahe dem Sün­den­fall!«

Sie zeig­te ein Spitz­bu­ben­ge­sicht, als wenn sie sich über die drei Her­ren lus­tig ma­chen woll­te.

»Ei­gent­lich müss­test Du da­mit war­ten, bis Du ver­hei­ra­test bist« warn­te der Ge­ne­ral­kon­sul.

»Wie alt­mo­disch, On­kel Kunz­mann!«

Lid­di zuck­te mit­lei­dig mit ih­ren schö­nen Schul­tern, die perl­mut­ter­sil­bern un­ter dem elek­tri­schen Licht schil­ler­ten.

Sie er­hob sich und den Her­ren blieb nichts an­de­res üb­rig, als ih­rer Ty­ran­nin zu fol­gen.

Das Auto brach­te sie hin­aus auf den Kur­fürs­ten­damm. In der Die­le der Ka­ba­rett­bar dräng­ten sich die Men­schen Tisch an Tisch. Der Sekt perl­te in den Glä­sern und die dick­bäu­chi­gen Fla­schen guck­ten wie schel­mi­sche Ko­bol­de mit ih­ren ro­ten, gol­de­nen und sil­ber­nen Köp­fen aus den Kü­beln. In den Korb­ses­seln sa­ßen ele­gan­te Her­ren im Abend­an­zug, jun­ge und ver­leb­te alte Frau­en in kunst­vol­len Haar­fri­su­ren, in fal­ten­rei­chen sei­de­nen Klei­dern, die den Ober­kör­per fast nackt dem Be­schau­er dar­bo­ten, lehn­ten sich in wei­chen Kis­sen zu­rück, blick­ten mit kal­ten, welt­ge­wöhn­ten Au­gen um sich oder lie­ßen die­se Au­gen, hin­ter de­nen sie das Int­ri­gen­spiel ih­rer See­le ver­bar­gen, für kur­ze Au­gen­bli­cke die­se See­le ver­ra­ten, wenn sie wie Schlan­gen das Op­fer ei­ner neu­en Be­gier­de er­späh­ten.

Ein Mu­si­kor­che­s­ter schi­en einen be­täu­ben­den Lärm her­vor­zu­brin­gen. Es schi­en so dem Neu­an­kom­men­den. Auch Lid­di mit ih­ren Her­ren dröhn­te die Mu­sik in die Ohren, als sie in den Raum tra­ten. Das Cym­bal klim­per­te im höchs­ten Fal­sett und der Prim­gei­ger wim­mer­te wie eine Kat­ze, der man die Lie­bes­ge­füh­le durch un­vor­sich­ti­ges Be­tre­ten ih­res Schwan­zes ver­gällt.