Der Tod im Paradies - Allan Greyfox - E-Book

Der Tod im Paradies E-Book

Allan Greyfox

4,9

Beschreibung

New York in den Vierzigern. Unser Detektiv steht vor dem Fenster seines Büros und sieht auf den Regen der 17th. Straße hinaus. Statt eines weiteren trüben Tages bekommt er Besuch und den Auftrag, den Ehemann seiner vermögenden Kundin zu beschatten. Der zuerst einfach erscheinende Job eskaliert zu einem ausgewachsenen Verbrechen. Eine schöne Frau zieht ihn in ihren Bann, und so beginnt ein Taumel aus Drogen und Sex.

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Über dieses Buch:

New York in den Vierzigern.

Unser Detektiv steht vor dem Fenster seines Büros und sieht auf den Regen in der 17. Straße hinaus.

Statt eines weiteren trüben Tages bekommt er Besuch und den Auftrag, den Ehemann seiner vermögenden Kundin zu beschatten.

Der zuerst einfach erscheinende Job eskaliert zu einem ausgewachsenen Verbrechen. Eine schöne Frau zieht ihn in ihren Bann, und so beginnt ein Taumel aus Drogen und Sex.

Inhaltsverzeichnis

Die Personen

Die Luxusyacht

Der Auftrag

Ernest Millburgh

Candice Evans

Das Liebesnest im Paradies

Die Paradise

Die Konservenfabrik

Die schöne Gehilfin

Das Nesthäkchen

Festgenommen

Eine heiße Nacht

Der Untergang

Ende gut --

Nachwort

Die Personen

Michael Callaghan

Mike, 35 Jahre alt, groß und gut aussehend, er hat Jura studiert und vier Jahre als Angestellter in einer Detektei gearbeitet, danach war er sieben Jahre beim Militär in der Abwehr, davon drei Jahre im von den Deutschen besetzten Frankreich. 1947 hat er sich mit einer kleinen Detektei selbstständig gemacht

Candice Evans

Candy, sie ist die Schwester von Annie Millburgh, 25 Jahre alt. Sie ist unvorstellbar vermögend und genauso gut aussehend. Sie fährt einen roten Alfa Romeo Supersport, Baujahr 1939, aus dem Nachlass ihres Vaters. Sie hat ebenfalls Jura studiert, um später einmal einen Posten in der Firma ihres Vaters übernehmen zu können. Aber dann kam Mike Callaghan...

Eduard Costein

Eddie, Anfang vierzig, einer von Mikes beiden besten Freunden. Er hat ein paar Jahre im Gefängnis verbracht und wurde durch die Ehe mit seiner Frau Marita geläutert, mit Kontakten zu Manhattans Unterwelt, Eigentümer und Barkeeper des ‘Grey Dog‘, einer kleinen Kneipe in Chelsea

Willy Murdoch

Mitte dreißig, mit unübersehbarer roter Haartolle. Ein weiterer, sehr guter

Freund von Mike, er ist ein lustiger Kerl und erheitert seine Freunde immer wieder mit seinen Anekdoten. Er fährt Taxi in Manhattan

Annie Millburgh

Mitte dreißig, geborene Evans, die ältere Schwester von Candice Evans. Verheiratet mit Ernest Millburgh. Sie ist Mitinhaberin und im Aufsichtsrat der Lackawanna Steel und leitet so die Geschicke der Firma ihres verstorbenen Vaters

Ernest Millburgh

Ernie, der Mann von Annie Millburgh, erfolgreicher Manager in der Firma seines Schwiegervaters, des vor vier Jahren verstorbenen Horace Evans

Patrick Mulligan

Redakteur bei der New York Post, entwickelt sich zu einem guten Freund

Andrew Jenkins

Fotograf bei der New York Post, ebenfalls ein guter Freund

Salvatore „Don“ Calogero

Kam mit seinen Eltern als neunjähriger Junge aus Sizilien, jetzt ist er der Rauschgiftkönig von Manhattan

Abraham Jefferson

sein Finanzspezialist und ehemaliger Banker

Nick Costa

sein Mitarbeiter, sein Reisender und verantwortlich für den Absatz des Rauschgiftes und der Konserven

Thomas Furbic

Ein weiterer Mitarbeiter, er ist sein engster Vertrauter und Ratgeber

Jimmy Baldwin, Joey Death

seine besonders unangenehmen Mitarbeiter, sie schrecken auch vor Mord nicht zurück

Alec Gunders

Der Kapitän der Paradise und ein weiterer dunkler Gefolgsmann des Don Calogero

Jack Olson

Vorarbeiter in der Konservenfabrik des Don Calogero

Susan Dickinson

Die Tochter von Jack Olson. Sie war Callgirl und Prostituierte und ist nun die Geliebte von Don Calogero

Guido Pasetti

Ein Fotograf mit zweifelhaftem Ruf

Alle anderen Figuren spielen in für die Handlung erforderlichen Nebenrollen.

Die Luxusyacht

New York, genauer: Brooklyn, im April 1947. Don Calogero sitzt mit drei Männern in seinem Büro im Obergeschoss seiner Konservenabfüllfabrik am East River. Es ist kalt draußen, die Fenster sind geschlossen. Durch die Ritzen streicht Luft herein und bewegt die Gardinen. Über den vier Männern hängt eine Dunstwolke aus Zigarrenrauch.

Don Calogero, ein unscheinbarer Mann mit vernarbtem Gesicht, berät sich im Kreise seiner vertrauten Freunde – soweit es unter Verbrechern Freunde geben kann. Wenn man nicht aufpasst, betrügen einen diese Brüder bei jeder Gelegenheit, das hat er von klein auf gelernt.

Es ist ihm auch bewusst, dass sie nur zu ihm halten, weil sie sich einen Vorteil davon versprechen. Dieser Vorteil kann Geld sein, das ist es fast immer. Oder es gefällt ihnen, seinen mächtigen Arm hinter sich zu wissen.

Salvatore Calogero, „Don“ genannt, ist ein magerer Mann Mitte vierzig. Seine Haare sind leicht gewellt und haben inzwischen einen silbernen Schimmer erhalten. Seine Augen sind oft etwas geschlossen und verleihen ihm so ein unheimliches Aussehen, weil man nie weiß, ob man gerade beobachtet wird. Er trägt einen teuren Anzug, dunkelgrau mit schwarzen Nadelstreifen, dazu eine silbern schimmernde Weste. Seinen Hals schmückt eine dezente seidene Krawatte. Er sieht aus wie ein wohlhabender Geschäftsmann. Ja - er ist wohlhabend und er macht auch Geschäfte...

„Abe, was sagst du dazu?“, wendet er sich an seinen Kollegen.

Abraham Jefferson zuckt zusammen. „Äh – wozu soll ich etwas sagen, Don?“

„Muss ich denn alles zweimal sagen? Wir brauchen ein Schiff, und du sollst mir eines beschaffen!“ In der Stimme des Mafioso schwingt eine gewisse Schärfe, er gilt als nicht besonders geduldig.

Die beiden anderen - Nick Costa und Tom Furbic, blicken betreten auf den Tisch. Wenn der Chef in dieser Stimmung ist, sagt man besser nichts.

Don Calogero sieht seine Spießgesellen der Reihe nach an. „Ihr Pfeifen sitzt auch nur herum und raucht meine Zigarren, bis Ende der Woche will ich von euch Vorschläge hören!“

„Äh, tut mir leid, Boss, kannst du das noch einmal wiederholen?“, meldet sich sein Ratgeber, Thomas Furbic. Er begibt sich auf gefährliches Terrain. Doch als rechte Hand und enger Vertrauter von Don Calogero traut er sich mehr als seine beiden Kollegen.

Der Mafioso schnaubt. „Wir brauchen ein seetüchtiges Schiff, mit dem wir das Opium in Havanna abholen und hierherbringen können. Es soll eine Luxusyacht sein. So haben wir die Möglichkeit, die Schmuggeltouren als Vergnügungsfahrten zu tarnen.“ Er grinst, sein Gesicht verzieht sich zu einer fiesen Maske. „Als zusätzlichen Bonbon könnten wir den Vertreter des Bürgermeisters sowie seine Freunde und Kollegen vom Stadtrat zu heißen Feiern auf das Schiff einladen. Dadurch wird das Schiff bekannt und weniger Ziel von Untersuchungen. Niemand muss wissen, wofür das Schiff eigentlich gedacht ist!“

Er lacht, alle seine Freunde stimmen mit ein. Ja, ihr Chef ist immer für eine Überraschung gut. Widerwillig müssen sie sich eingestehen, dass Don zwar der Kleinste unter ihnen ist, aber immer die besten Ideen hat und einen scharfen Verstand besitzt. Nicht von ungefähr ist er der uneingeschränkte Herrscher in der Unterwelt von Brooklyn.

„Tommy, du machst das mit dem Boot. Besuche alle Agenten und Schiffsmakler, du weißt, was wir brauchen“, ordnet Don Calogero an. Er wendet sich an Nick Costa, seinen Vertreter und Reisenden für die Konserven und für alle Geschäfte, die nicht im Handelsregister stehen. „Nick, du siehst dich nach einem Kapitän oder Steuermann um. Wir brauchen einen, der die Klappe halten kann. Du hast einen großen Bekanntenkreis, du wirst schon den Richtigen finden.“

Abe Jefferson blickt nachdenklich aus dem Fenster. Wolken verdecken die Sonne, es sieht wieder nach Regen aus. Grau und träge strömt der East River vor den Fenstern ihrer dubiosen Firma vorbei.

„Du, Abe, wirst dir Gedanken um die Bezahlung machen. Sobald wir den Preis kennen, denkst du dir aus, wie wir den Deal abwickeln. Wir können ein paar Million Dollar ja nicht mit Bargeld aus einer Tüte bezahlen.“

Abe atmet hörbar aus. Gott sei Dank, davon versteht er etwas, jetzt kann er vor seinem Chef brillieren.

„Wir transferieren den Betrag von unserer Bank in Nassau auf die Bank of the Manhattan Company und deklarieren das als Sonderausgaben für Kapitalgeschäfte, das merkt später kein Mensch“, schlägt Abe vor.

„Okay, okay!“, Don winkt abwehrend mit der Hand. „Die Details interessieren mich nicht, das ist dein Bier.“

Abe Jefferson ist der hellste Kopf in seiner Bande. Er ist ein ehemaliger Banker, während des Krieges war er in krumme Geschäfte mit einer deutschen Bank verwickelt und musste damals untertauchen. Jetzt ist er der smarte Buchhalter für alle seine Transaktionen. Das einzige Problem ist, dass Abe zu viel weiß, er kennt seine Geschäfte fast besser als Don selbst, das könnte irgendwann zu einer Gefahr für ihn werden.

Don Calogero steht auf und sieht aus dem Fenster. Sein Blick fällt auf die Anlegestelle direkt vor der kleinen Fabrik am East River. Die Geschäfte laufen gut. Das Versteck des Rauschgiftes in den Konservendosen ist genial. Seine kleine Konservenabfüllerei „Kings Vegetables“ – benannt nach dem Stadtbezirk Kings County, in dem sie sich befindet – ist unwirtschaftlich und wirft kaum etwas ab. Aber das eigentliche Geschäft wird auch nicht mit dem Verkauf von konserviertem Gemüse gemacht. Es ist das Rauschgift, das in besonderen Chargen der Dosen enthalten ist und ihn täglich reicher werden lässt.

Sein Kontaktmann im Libanon, El Khoury, ist sehr tüchtig. Er hat die örtliche Polizei und Vertreter aus der Regierung im Griff. Don schmunzelt. Das läuft schon seit drei Jahren, und es hat bisher nicht eine einzige Verhaftung gegeben! Der Weg vom Libanon direkt nach New York ist ihm inzwischen allerdings zu unsicher geworden, das geht schon zu lange gut. Es ist besser, das Opium zuerst nach Havanna zu bringen und dann über Miami hierher nach New York. Seine Chemie-Klitsche für die Verarbeitung vom Opium zum Heroin ist fast fertig, ein alter Anbau neben der Fabrik soll dafür herhalten. Das noch zu beschaffende Schiff soll das Roh-Opium von Havanna hierherbringen. Der Plan ist, das Rauschgift hier in Heroin umzuwandeln und anschließend in einer besonderen Serie Konserven abzufüllen.

Er muss unwillkürlich grinsen: »Kings Vegetables, jetzt mit neuer Formel!«

Nick muss noch Dealer suchen, die das Heroin vertreiben, aber den Markt dafür schätzt Don vielversprechend ein. Er reibt sich die Hände, er ist jetzt schon der größte Drogenhändler in New York, in nicht allzu ferner Zeit wird er der Herrscher der ganzen Ostküste sein!

„Eh, Boss!“

Don Calogero dreht sich um. Er hasst es, wenn er in seinen Gedankengängen unterbrochen wird, besonders, wenn sie zu so schönen Ergebnissen führen. Etwas verärgert blickt er Nick Costa an, der jetzt direkt vor ihm steht.

„Chef, was hältst du von folgender Idee?“

„Lass hören!“

„Jetzt nach dem Krieg sind doch zahlreiche Kapitäne unserer Navy arbeitslos. Sollte ich mal nachforschen, ob sich unter denen ein geeigneter Kandidat befindet?“

Der Mafioso knufft seinem Vertreter auf den Arm. „Gute Idee, Nick! Hätte ich dir gar nicht zugetraut! Das klingt vielversprechend!“

***

Michael Callaghan steht auf dem Gehweg der 17. Straße und schraubt ein weiteres Schild neben den Hauseingang. Er hat hier im ersten Stock seit vier Wochen ein Büro mit Wohnraum. Es ist eine schmale, dunkle Straße und das Haus, vor dem er jetzt steht, ist das Unscheinbarste und Dunkelste von allen. Grau und schmutzig ist die Frontseite, einige Rollläden sind heruntergezogen, so, als wollten sie den Bewohnern den Blick auf das Elend vor ihnen ersparen. Neben dem Haus, in dem sich seine Detektei befindet, ist ein unbebautes Grundstück, auf dem Schutt herumliegt, überwuchert von Unkraut.

Seit vier Wochen hängt am Eingang ein Schild, auf dem

Callaghan Investigation Services

steht. Das zweite, das Mike gerade angebracht hat, ist mit

Seit 80 Jahren in Ihren Diensten

beschriftet. Mike betrachtet das neue Schild und schmunzelt. Er arbeitet erst seit einem Monat als Detektiv, wenn er die vier Jahre vor seiner Militärzeit nicht dazurechnet. Aber sein Großvater war 1868 Marshall in Abilene gewesen, und sein Vater war, bis zu seiner Pensionierung, Revierführer bei der Polizei in einem Nest in Pennsylvania. Immerhin, alles zusammengenommen sind die Callaghans tatsächlich seit beinahe 80 Jahren in dem Geschäft.

Er nimmt den Schraubenzieher sowie die Handbohrmaschine und steigt die schmale Treppe zum ersten Stock hinauf. Im Treppenhaus ist eine Glühbirne defekt – mal wieder - es riecht muffig, seit mindestens zwei Wochen ist hier nicht gereinigt worden. Er wird wohl gleich mit Schrubber und Besen selbst Hand anlegen, so wie das Treppenhaus jetzt aussieht, schreckt es jeden potentiellen Kunden ab.

Seinen letzten Auftrag hat er vor einer Woche erledigt. Mike sollte für einen Mann dessen verloren gegangenen Sohn suchen. Das war in zwei Tagen erledigt, und hat ihm 70 Dollar eingebracht. Davon konnte er eine Woche leben, und die ist jetzt fast vorbei. Was wird dann werden? Seit er seinen Abschied vom Militär genommen hat, hat er schon manche Durststrecke überwinden müssen. Falls alle Stricke reißen sollten, könnte er sich an seine Tante Mercedes wenden. Sie ist die Inhaberin der »Wyoming Copper Company«, die von seinem Großvater 1876 gegründet worden und inzwischen stillgelegt wurde. Aber sollte er dort jetzt schon um Almosen betteln? Wo er vor ein paar Wochen noch großspurig angegeben hat, dass er seinen Lebensunterhalt mit der Detektei bestreiten könne? Nein. Er kann nicht jetzt schon klein beigeben.

Nach der High-School studierte Jura er in Chicago, mit einem Abschluss als Master, und hat danach bei »Ace Investigations« in New York als Privat-Detektiv angefangen. Er bekam, trotz mehrfachen Nachfragens, immer nur langweilige Aufträge. Schließlich war er 1940 in den Militärdienst eingetreten. In der Abwehr in Europa hat er für einige Jahre eine spannende Aufgabe gefunden, aber jetzt, zwei Jahre nach Ende des Krieges, gab es kaum noch etwas zu tun. Es gab insgesamt wenig Arbeit, deshalb hat er kurz entschlossen diese kleine Detektei gegründet und sich selbstständig gemacht, sehr zum Entsetzen seiner vier Tanten.

„Du bist jetzt fünfunddreißig, in dem Alter haben andere Männer längst eine Familie und einen festen Job!“

So etwas bekommt er gelegentlich zu hören. Ach, seine Tanten. Er weiß natürlich, dass die Vier sich nur um ihn sorgen. Sein Vater war Revierleiter bei der Polizei in Erie in Pennsylvania gewesen, er hat seinem einzigen Sohn immer zugeredet, etwas aus seinem Leben zu machen. „Mit deinem guten Abschluss stehen dir praktisch alle Türen offen, Junge. Mach’ was draus!“ Privatdetektiv war nicht unbedingt des Vaters Vorstellung von einem Job gewesen. Aus diesem Grunde will er auch ohne dessen Unterstützung zurechtkommen. Allein bei der Vorstellung, seinen Vater oder die Tanten um Geld zu bitten, wird ihm ganz flau im Magen, vielleicht ist es aber auch nur der Hunger. Wird er sich mit seiner Detektei über Wasser halten können? Vielleicht haben seine Tanten doch recht? Er schüttelt unbewusst den Kopf. Nein! So schnell gibt er nicht auf!

Morgen wird der wöchentliche Pokerabend mit seinen Freunden stattfinden. Vielleicht haben die Kumpel schon einen Auftrag für ihn, sie rühren eifrig die Reklametrommel für seine kleine Detektei.

Am folgenden Tag schließt Mike Callaghan gegen 5 Uhr PM sein Büro und geht das kleine Stück zur 16. Straße West zu Fuß. In Hausnummer 246 befindet sich das »Grey Dog«, das um diese Zeit normalerweise noch geschlossen ist. Eddie öffnet seine Kneipe montags erst um 7:00 Uhr am Abend.Zwei Stunden vorher gehört sie den drei Freunden und ihrem Pokerspiel.

Mike erreicht gerade die Tür, als Eddie öffnet. Er ist ein bärenstarker Kerl, mit spärlichen, raspelkurzen Haaren. Nach zwei Jahren im Gefängnis in Brooklyn, hat er seine jetzige Frau kennen gelernt - ein Glücksgriff, wie er sagt. Sie half ihm, mit seiner kriminellen Vergangenheit fertig zu werden. Jetzt ist er glücklich verheiratet und hat vier Kinder. Zwei hat seine Frau mitgebracht, zwei eigene waren bald darauf dazugekommen. Er mag Anfang vierzig sein, wie alt er genau ist, will er nicht sagen, er scheint auch die Jahre im Gefängnis nicht mitzuzählen. Aber das ist egal, er ist ein treuer Freund, ein Fels in der Brandung und ein verlässlicher Helfer, wenn Not am Mann ist.

„Hallo, alter Freund, du bist der Erste heute“, wird Michael begrüßt.

„Das wird daran liegen, dass ich als Einziger von euch nichts zu tun habe.“

Eddie, mit vollem Namen Eduard Costein, sieht ihn betrübt an. „Vielleicht war das mit der Detektei doch eine Schnapsidee.“

„Vielen Dank, das baut mich wirklich auf. Fängst du jetzt auch noch damit an? Das muss ich mir von meinen Tanten schon dauernd anhören. Apropos Schnaps, kannst du mir schon mal einen Whisky geben?“

Eddie klopft ihm versöhnlich auf die Schulter. „War nicht so gemeint, komm, trink erst mal einen Schluck, kann sogar sein, dass ich Arbeit für dich habe.“

„Wirklich? Mensch, das wäre was!“

Eddie winkt ab. „Setz dich erstmal, wir reden nachher darüber, okay?“

Mike tut, wie ihm geheißen, und setzt sich an den Tisch, an dem sie immer gemeinsam spielen. Gerade, als Eddie den versprochenen Drink bringt, wird die Tür aufgestoßen und Willy Murdoch stürmt herein. Seine roten Haare lassen auf irische Wurzeln schließen, er der Jüngste von ihnen, Anfang dreißig. Willy war ein paar Jahre verheiratet gewesen, ist nun geschieden und hat einen vier Jahre alten Sohn, der bei seiner Mutter aufwächst.

Mike seufzt, mit den Frauen hat es bei ihm noch nicht geklappt. Er hat nach Ende des Krieges eine längere Beziehung gepflegt, die seit ein paar Monaten vorbei ist. Sie war die Frau seines Vorgesetzten in Washington und hat ihm weisgemacht, dass ihr Mann in Europa einem Unfall zum Opfer gefallen war. Eines Tages stand der Totgeglaubte vor der Tür. Die vermeintliche »Witwe« hat blitzschnell die Spur gewechselt und vor dem gehörnten Ehemann die arme, verführte Frau gegeben, die keine Schuld träfe. Seit diesem Fiasko hat er keine Frau mehr angesehen.

Mike hat danach frustriert das Militär verlassen und sich dem Einzigen, was er konnte – der Detektivarbeit – zugewandt. Früher, während der High-School-Zeit, gab es etliche Mädchen, die den schmucken Kapitän der Basketballmannschaft anhimmelten. Junge, hübsche Mädchen, taufrisch wie Zitroneneis, unkompliziert und für jeden Spaß zu haben. Er hat nie ein Problem damit gehabt, Mädchen kennenzulernen, groß und charmant, wie er ist. Nur die wirklich schönen Mädchen, mit makellosem Gesicht und perfekter Figur, die Sorte, die ausnahmslos jeden Mann zu einem starrenden Trottel machen, diese Wunder der Natur, haben ihm nur Pech gebracht. Die Gattin seines Vorgesetzten war so ein Exemplar gewesen, es war aber das letzte Mal, dass er so einer Göttin auf den Leim gegangen war. Mittlerweile ist ihm klar, dass man eine Frau nicht mit einer anderen vergleichen kann, auch wenn das ihm hin und wieder passiert.

Willy reißt ihn aus seinen Erinnerungen. „Ihr glaubt nicht, was mir heute passiert ist!“

Eddie und Mike sehen sich an und grinsen. Willy fährt Taxi in New York, er erzählt nach jeder Tour eine lustige, traurige oder spannende Geschichte. Er muss sie sofort loswerden, sonst platzt er, das ist sein Naturell. Und er beginnt immer mit: »Ihr glaubt nicht, was mir heute passiert ist!«

„Spuck’s aus, wir sind sehr gespannt“, sagt Eddie und feixt mit Mike.

Willy lässt sich dadurch nicht irritieren. „Ich habe vorhin einen Fahrgast gehabt, der wollte von der 7th. Avenue zum Broadway, und zwar um den Times Square herum. „Warum gehen Sie nicht zu Fuß?“, habe ich ihn gefragt. „Das sind zweihundert Schritte, mit meinem Taxi dauert das bei diesem Verkehr zwei Stunden!“ Na ja, ihr wisst ja, ich mach das, was der Kunde wünscht.

„Und was hat er geantwortet?“ will Mike wissen.

„Er meinte, er hätte es nicht eilig, seine Schwiegermutter aus Boston sei zu Besuch.“

Seine Freunde lachen.

„Meine Zeitung habe ich bei der vielen Warterei dreimal durchgelesen.“

„Lass dich doch nach Fahrzeit bezahlen“, schlägt Mike vor.

„Die Wartezeiten bekomme ich doch sowieso bezahlt.“

„Nun erzähl nicht so viel, teil lieber die Karten aus!“, knurrt Eddie.

„Du hast doch vorhin etwas von einem Auftrag erzählt...“, fragt Mike, an Eddie gewandt. Sein Portemonnaie ist genauso leer, wie sein Magen. Er hat seit zwei Tagen kaumetwas gegessen und der Whisky rumort bereits in seinem Magen, aber das mag er seinen Freunden nicht beichten. Eddie ist imstande und schmiert ihm auf der Stelle ein paar Sandwiches.

Der zermartert seinen kahlen Kopf. „Richtig, da war doch was.“ Er denkt noch eine Weile nach, während er die Karten mischt, dann fällt es ihm ein. „Vorgestern ist am Union Square jemand erschossen worden, die Polizei sucht jetzt nach Zeugen.“ Er grinst Mike an. „Ich weiß, wer das gesehen hat, aber der hält sich versteckt, weil er nichts mit der Polizei zu tun haben will.“

„Und was soll ich dabei tun?“

„Auf den Zeugen ist wegen einer anderen Geschichte ein Kopfgeld ausgesetzt, das kannst du dir jetzt verdienen. Und wenn du das schaffst, dann können wir uns anschließend die Prämie teilen.“ Er grinst und mustert seine Karten.

„An wen muss ich mich wenden?“

„An Sergeant Cramer vom 7. Bezirk, dem habe ich schon erzählt, dass ich jemanden habe, der seinen Zeugen totsicher finden wird.“

„Wenn du da mal nicht zu viel versprochen hast...“, sagt Mike ein bisschen niedergeschlagen. Das lange Warten auf Kundschaft und die fehlende Gelegenheit, zu zeigen, was er kann, haben seinem Selbstbewusstsein zugesetzt.

Eddie klopft seinem Freund auf die Schulter. „Komm schon, Mike! Das machst du doch mit links. Wenn es jemand schafft, dann du.“

Seine Freunde halten viel von ihm als Detektiv. Er dagegen findet, dass er sich die Lorbeeren als selbstständiger Privatdetektiv erst noch verdienen muss.

Es ist kurz nach 7 Uhr am Abend, als der erste Kunde das Grey Dog betritt.

„So, meine Freunde, ich muss jetzt arbeiten, während ihr euch auf die faule Haut legen könnt.“ Eddie legt die Karten ab und geht zur Theke.

„Er ist der Einzige mit geregelter Arbeitszeit“, sagt Willy und lacht. Er fährt Taxi im Schichtbetrieb, deshalb muss ihr Pokerabend jedes vierte Mal ausfallen, denn dann hat er Spätschicht.

***

Es ist ein milder Abend in Kings Point auf Long Island, ein sanfter Wind weckt Erinnerungen an wärmere Tage. Ernest Millburgh ist zu Hause bei seiner Frau Annie, was selten der Fall ist. Sie sitzen auf der Terrasse und genießen den Blick auf die See. Sauber gestutzte Hecken säumen den Sitzplatz und schützen so vor dem Wind, der hier fast jeden Tag weht. Das Ehepaar sitzt auf Stühlen, die aus Teakholz gefertigt sind, nur dieses Holz widersteht der salzigen Seeluft. Auf dem Tisch steht ein Tablett mit einer Kanne Kaffee und ein Teller mit schokoladeüberzogenen Bagels, von einem dienstbaren Geist unauffällig serviert.

„Ich bin froh, dass du mal zu Hause bist“, sagt seine Frau und nimmt sich von dem Gebäck. Sie ist eine gepflegte Frau Mitte dreißig und hat gelocktes, dunkelblondes Haar, das ihr bis auf die Schulter fällt. Seit dem unerwarteten Tod des Vaters sind sie und ihre Schwester Candice Teilhaberinnen am Evans Stahlkonzern bei Buffalo, besser bekannt als »Lackawanna Steel Company«.

Ihr Vater, Horace Evans, war vor zwei Jahren gestorben und hat ihr und ihrer Schwester ein unvorstellbar großes Erbe hinterlassen. Sie ist froh, dass ihr Mann Ernest Millburgh, Ernie, sich so gut in die Firma ihres Vaters eingearbeitet hat. Sein Engagement in der Firma hat zu beachtlichen Entwicklungen geführt. Annie war sich anfangs allerdings nicht sicher gewesen, ob Ernest sie ihrer selbst willen liebte, oder sie nur ihres Geldes wegen geheiratet hat. Ein Problem, das reiche Frauen – und auch Männer – nun mal haben. Sie horcht in sich hinein, um ihr Gefühl auszuloten. Nein, ihr Geld war sicher nicht der Grund für die Ehe gewesen.

Die Lackawanna Steel Company ist der zweitgrößte Stahlkonzern der Welt. Den beiden Schwestern gehören vierzig Prozent davon. Wer sie nur als »vermögend« bezeichnet, ahnt nichts von dem ungeheuren Reichtum.

Ernie hat sich mächtig hineingekniet und sich als außerordentlich geschäftstüchtig erwiesen. Inzwischen bekleidet er einen Posten als Prokurist und wird wohl demnächst in den Vorstand gewählt werden. Obwohl sie ihre Ehe mit Ernest als glücklich empfindet, blieben ihnen bisher Kinder versagt. Annie ist nicht wirklich unglücklich darüber, vielleicht ist es besser so.

Ernie Millburgh hat ein geradezu geniales Gespür für neue Geschäftsideen. Mitunter sprudeln seine Ideen nur so aus ihm heraus, manchmal über das Ziel hinaus. Dann muss Annie ihn in langen Diskussionen ausbremsen, um aus seinen genialen Gedanken einen brauchbaren Plan entstehen zu lassen.

„Was denkst du gerade?“ Er hat etwas auf dem Herzen, das spürt sie.

Ernest lächelt sie an. „Ich denke schon eine Weile darüber nach, das Schiff deines Vaters zu verkaufen. Was hältst du davon?“

Annie Millburgh bekommt einen Schreck. Die Yacht, mit der sie so viele Kindheitserinnerungen verbindet, verkaufen? Andererseits... seitdem ihr geliebter Vater gestorben ist, erinnert sie alles auf dem Schiff schmerzhaft an ihn. Sie kann sich im Moment nicht vorstellen, es jemals wieder zu betreten. „Wie kommst du darauf? Gibt es einen Grund?“

„Ich habe bemerkt, dass du das Schiff gemieden hast, seitdem dein Vater nicht mehr lebt. Außerdem ist eine kostspielige Überholung der Maschine notwendig, und zwar noch vor der nächsten Ausfahrt.“

Annie Millburgh stimmt ihm zu, das Problem mit dem Motor hat sie ganz vergessen. „Weißt du, was meine Schwester davon hält?“

„Candice? Ich habe im Moment den Eindruck, dass sie nur Partys im Sinn hat. Meinst du, ich sollte sie fragen?“

„Ich vermute, sie denkt darüber genauso wie ich, wenn sie überhaupt noch das Schiff im Sinn hat. Sprich bitte das nächste Mal mit ihr, wenn du in Manhattan bist. Oder ich frage sie, falls sie mich hier besuchen sollte.“

Ernest Millburgh lehnt sich zurück und sieht auf den Long Island Sund hinaus. In der Ferne kann er im Dunst die Insel City Island erkennen, sie ist etwa eineinhalb Meilen entfernt.

„Haben wir es hier nicht schön, wofür brauchen wir eine Luxusyacht?“, bemerkt Annie.

Er erhebt sich und gibt seiner Frau einen Kuss. „Ich werde den Verkauf veranlassen, sobald ich mit Candice gesprochen habe.“

„Schön mein Schatz, ein Problem weniger, um das wir uns kümmern müssen.“

***

Thomas Furbic, Tommy, sieht wie elektrisiert die Anzeige in der New York Times. Da - das ist doch etwas, das wird seinen Chef interessieren!

»Luxusyacht zu verkaufen. Voll seetüchtig, Länge 200 Fuß, die Maschine bedarf einer Überholung«.

Er schreibt sich die Telefonnummer des Agenten auf. Von Nick hat er bereits eine Rückmeldung, dass er mehrere Anwärter für den Job des Kapitäns hat.

Eine Woche später, am East River in der Konservenfabrik. Don Calogero und seine Kumpane sitzen im großen Besprechungsraum über der Maschinenhalle.

„Wann kommt denn dieser Kerl?“, fragt der Don.

Nick Costa lächelt gequält. „Ich habe ihn rechtzeitig eingeladen.“ Er schwitzt, obwohl es heute nicht so warm ist, wie in den letzten Tagen. Er weiß, Don Calogero kann sehr ungemütlich werden, wenn ihn jemand warten lässt. Jetzt hört er ein Auto vorfahren, er atmet auf.

„Das wird aber auch Zeit! Los, Nick, bring den Kerl herauf“, herrscht ihn Don Calogero an.

Nick führt einen verschwitzten Mann herein. Der Mann trägt eine Offiziersjacke, die eine Wäsche vertragen könnte und unter dem Arm klemmt die Mütze des Kapitäns. „Gentlemen, ich bin Alec Gunders.“

„Setzen Sie sich!“ Der Don hält sich nicht mit Smalltalk auf. Er mustert den Ankömmling mit finsterer Miene. Auf ein Kopfnicken ihres Bosses beginnen seine Leute mit der Befragung des Offiziers. Details über seine seemännische Vergangenheit, warum er keine Anstellung hat, ob er vorbestraft ist, und so weiter.

Es stellt sich heraus, dass Alec Gunders ein Kapitänspatent hat. Während des Krieges hat er ein Schnellboot im Pazifik befehligt. Danach wurde er allerdings, wegen eines nie aufgeklärten Tötungsdeliktes, bei dem er der Hauptverdächtige war, unehrenhaft entlassen. Je mehr er erzählt, desto häufiger nicken der Don und seine Leute.

Don Calogero erhebt als erster seine Stimme. „Das hört sich ganz gut an, Sie werden uns bei der Auswahl unseres Schiffes Hilfestellung geben, danach entscheiden wir, ob wir Sie als Kapitän einstellen. Was sagt ihr dazu, Jungs?“

Seine »Jungs« nicken alle, sie werden sich hüten, ihrem Chef zu widersprechen. Der Einzige, der sich das traut, ist Tommy, seine rechte Hand und Ratgeber. „Du solltest Mr. Gunders vielleicht darauf hinweisen, dass unsere Arbeit nicht immer von der Polizei gebilligt wird.“

Don Calogero nickt belustigt. „Das hast du gut gesagt! »Nicht gebilligt«.“ Manchmal, wenn alles gut läuft, erliegt der Chef der Drogenszene mitunter der Illusion, dass er legal arbeiten würde, wie in einer Firma. Es läuft schon sehr lange glatt. Zu glatt. Er wendet sich an den potentiellen Kapitän seines Schiffes. „Sie wissen, dass wir nicht für die Wohlfahrt arbeiten?“

„Das hat mir Mr. Costa schon mitgeteilt, dafür ist an der Entlohnung nichts auszusetzen.“

Seine Jungs grinsen dazu, sie profitieren schon länger an der Kombination von krummen Geschäften und üppigen Einnahmen.

Thomas Furbic holt ein Stück Papier hervor. „Ich habe hier schon mal die wichtigsten Daten von der Yacht notiert, die wir ins Auge gefasst haben. Wenn Sie glauben, Alec, dass das Schiff in Ordnung zu sein scheint, werde ich einen Besichtigungstermin mit dem Eigner vereinbaren.“ Er macht eine kleine Pause und blickt seinen Boss an, bei ihm kann man sich nie sicher sein, mitunter wirft er alle ihre Pläne ohne Begründung über den Haufen.

„Chef, möchtest du noch etwas dazu sagen?“

„Ich will mir die Yacht auf jeden Fall ansehen. Wenn ich an das viele Geld denke, wird mir jetzt schon schwindlig.“

Abraham Jefferson, Abe, beschwichtigt den Drogenboss. „Wenn wir nur zwei Fahrten machen und nicht erwischt werden, hat sich die Investition bereits bezahlt gemacht.“

„Du hast recht. Trotzdem, ich würde mir die Kohle gerne von irgendwem wiederholen.“

Eine Woche ist vergangen. Ein glänzender Ford V-8 hält an einem Pier des Hudson River in New Jersey. Die Straßen sind sauber in diesem Teil der Stadt, eine Reihe kleiner Bäume trennt die Straße vom Hafenbecken. Das Geländer am Wasser ist weiß gestrichen. Man kann es deutlich erkennen: In diesem Teil des Hafens ist man nur als Besitzer einer der Yachten willkommen, die an dem 1000 Fuß langen Ankerplatz liegen. Ein weißes Schiff unter ihnen ist größer als die anderen, es überragt die anderen Boote deutlich, wie ein großer Bruder seine kleinen Geschwister.

Vier Männer steigen aus dem schwarzen Auto aus. Sie gehen auf das schmucke Schiff am Pier zu, ihre dunklen Hüte und die schwarzen Anzüge geben ihnen ein finsteres, gefährliches Aussehen. Einer von ihnen trägt eine Marineuniform.

Die Männer sind Don Calogero, Thomas Furbic, Abe Jefferson und Alec Gunders. Der Letztere soll ihnen jetzt den entscheidenden Tipp zum Kauf des Schiffes geben.

Das Schiff am Pier ist ein wirkliches Luxusteil. Die ,Paradise‘ ist fast zweihundert Fuß lang, sie ist nicht mehr neu, natürlich, sie ist 1929 vom Stapel gelaufen, weiß spiegeln sich ihre Aufbauten im trüben Wasser des Yachthafens.

Die Männer gehen die Gangway hinauf und werden von dem Verkaufsagenten, Martin MacKulky, in Empfang genommen. „Meine Herren, ich heiße Sie herzlich an Bord der Paradise willkommen. Darf ich Sie in die Kajüte des Kapitäns führen?“

Die Männer folgen, sie staunen über die edle Ausstattung, Kork und Mahagoni sind verschwenderisch eingesetzt worden. Die Kapitänskajüte ist ein dreihundert Quadratfuß großer Raum auf dem Oberdeck.

Ernest Millburgh erwartet sie bereits. „Setzen Sie sich, meine Herren. Was darf ich Ihnen anbieten?“

Thomas Furbic stellt seine drei Kollegen der Reihe nach vor. „Abraham Jefferson ist der Schatzmeister, Alec Gunders ist der zukünftige Kapitän, Don Calogero ist der Präsident der Gesellschaft und ich bin ein persönlicher Berater.“

Ernest Millburgh sieht seine Kunden mit erfahrenem Blick an. Dass diese Männer nicht astrein sind, sagt ihm sein Bauchgefühl und viele Jahre Erfahrung als Manager, er wird für alle Fälle den Zahlungsverlauf sorgfältig prüfen lassen.

„Das ist ja ein ansehnliches Schiff, ist es ihr Eigentum?“, fragt Don Calogero, an Ernest Millburgh gewandt.

„Das kann man so sagen, meine Frau hat es von ihrem Vater geerbt, der vor zwei Jahren gestorben ist. Da sie zu viele Erinnerungen mit diesem Schiff verbindet, wollen wir es verkaufen. Wir sind froh, dass wir einen zahlungskräftigen Interessenten gefunden haben, ein Schiff dieser Größenordnung verkauft sich nicht leicht. Wofür wollen Sie es denn verwenden?“

Thomas Furbic hat sofort eine Antwort parat. „Wir wollen es für Ausflüge und Charterfahrten in der karibischen See verwenden, nach meinem bisherigen Eindruck scheint es dafür perfekt geeignet zu sein.“

Don Calogero pfeift ihn zurück. „Nicht so voreilig, Tommy, lass uns das gute Stück doch erst einmal besichtigen. Unser Kapitän hat sich auch noch nicht dazu geäußert.“ Er wendet sich an Ernest Millburgh. „Können Sie bitte den Verkaufspreis näher erklären?“

Ernest Millburgh räuspert sich. Der pockennarbige kleine Mann ist ihm unangenehm, irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Solange er den geforderten Betrag jedoch zahlt, wird er seine Abneigung unterdrücken. Annie darf natürlich nie erfahren, dass er das Schiff an so einen Unsympathen abgibt. Aber es gibt nicht viele Leute, die sich so ein teures Schiff leisten können, er kann nicht wählerisch sein. „Der Kaufpreis beträgt zwei Millionen Dollar, so wie das Schiff hier liegt. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Maschine noch überholt werden muss, das wird nach Schätzung unserer Fachleute 100.000- bis 150.000 Dollar kosten.“

Don Calogero nickt dazu. „Wir möchten nicht mehr viel Zeit verlieren, führen Sie uns bitte durch das Schiff.“ Er wendet sich an seinen neuen Kapitän. „Du, Alec, siehst dir die Maschine genau an, ich möchte keine Überraschung erleben.“ Umständlich drückt er seine Zigarre in dem schweren gläsernen Aschenbecher aus, erhebt sich und folgt der Gruppe.

Die Paradise findet ungeteilte Bewunderung. Sie hat in der Mitte einen großen Speiseraum für zwanzig Personen, weitere zehn Kabinen für Gäste, die Räume für die Besatzung nicht gerechnet. Alec Gunders hat sich den Motor zeigen lassen, nun nimmt er Don Calogero beiseite. „Die Maschine ist nicht schlecht, ich schlage jedoch vor, sie durch eine Rolls Royce Maschine mit achthundert statt den jetzigen vierhundert PS zu ersetzen.“

Der Mafioso nickt. „Du hast recht, das wird uns sicher einmal nützlich sein. Was sagst du zu dem Schiff?“

„Ich bin begeistert, für meinen Geschmack ein bisschen zu luxuriös.“

„Mit deinem verrosteten Kriegsschiff darfst du dieses Schmuckstück natürlich nicht vergleichen!“ Don Calogero grinst seinen Kapitän an. Der Mafiaboss ist sichtlich zufrieden, mit so einem Schiff ist er jemand. Die Größen von New York werden sich darum reißen, zu seinen Partys eingeladen zu werden. Er sieht es schon bildlich vor sich, sanfte Musikklänge schweben über dem Schiff, aus dem großen Salon kommt das Gelächter von jungen Mädchen. Champagner und Whisky wird überall von der Mannschaft gereicht. Ja, damit wird er Maßstäbe setzen! Aber das Beste ist im Bauch des Schiffes, weit entfernt von den Gästen. Er hat schon eine Idee, wie dort ein Versteck für über zwei Tonnen Roh-Opium eingerichtet werden kann, das ist ihm die geforderten zwei Millionen Dollar Kaufpreis allemal wert.

Seine Gedanken kreisen im Moment um den jetzigen Eigentümer der Yacht. Der Name Millburgh sagt ihm gar nichts. Der Mann scheint Geld zu haben, viel Geld. Es könnte nicht schaden, ihn unter die Lupe zu nehmen. Das soll Tommy machen, der kann so etwas gut. Wo viel Geld ist, ist sicher auch etwas für ihn zu holen.

Don Calogero wird sich mit Ernest Millburgh einig. „Ich werde Ihnen den Kaufvertrag zukommen lassen, Sie können ihn von ihren Anwälten und ihrem Schatzmeister prüfen lassen. Sobald wir den Zahlungseingang vermerken, erhalten Sie die Besitzurkunde durch einen Kurier.“

Ernest Millburgh ist froh, dass er diese Burschen wieder los ist. Schade eigentlich, dass ihr schönes Schiff so merkwürdige Besitzer bekommen wird. Es ist jedoch eine Menge Geld und dieser Mann ist in der Lage, das luxuriöse Schiff zu bezahlen.

Am Abend sitzt Don Calogero mit seiner rechten Hand, Thomas Furbic, in einer Bar in Brooklyn. Die Gaststätte ist typisch für diese Gegend, im einzigen Raum sind nur wenige Gäste, ein paar von ihnen hängen an der Theke herum. Das beste Stück in der Bar ist die Musikbox in der Ecke. Irgendjemand hat einen Dime eingeworfen, es ertönt ein Titel von Benny Goodman. Don Calogero verzieht das Gesicht, es ist Jazz, dieser Musikrichtung kann er gar nichts abgewinnen.

„Sag mal, Tommy, kennst du diesen Millburgh? Wieso ist dort so viel Geld, dass er sich so ein Schiff leisten kann?“

„Der Name sagt mir auch nichts, ich werde mich mal dahinterklemmen.“

„Ja, mach das. Das bleibt jetzt unter uns: Aber wenn jemand so viel Geld hat, ist da sicher auch etwas für uns zu holen.“

Tommy grinst seinen Chef an. „Klar doch, Boss, von mir erfährt niemand etwas.“ Der Don weiß natürlich ganz genau, dass Loyalität für Tommy und die anderen Burschen ein Fremdwort ist, er kann sich aber darauf verlassen, dass Geheimnisse nicht ausgeplaudert werden und zwar aus purer Angst vor ihm, denn mit ihm ist nicht zu spaßen.

Ein paar Tage später kommt Tommy zu Don Calogero ins Büro. Es ist ein warmer Tag, der Ventilator an der Decke dreht sich unverdrossen mit leisem Brummen, scheint aber an der stickigen Luft im Raum nichts zu ändern. Er setzt sich auf einen der beiden Stühle vor dem riesigen Schreibtisch und steckt sich eine von Dons Zigarren an.

Der blickt seinen Kumpel an. „Was willst du? Kommst du her, um meine Zigarren zu schnorren?“

Thomas Furbic lächelt selbstsicher, er hat etwas herausgefunden, das für seinen Boss sehr interessant sein dürfte. „Chef, ich habe eine Information über diesen Millburgh, das hört sich sehr vielversprechend an.“

„Lass hören, ich bin ganz Ohr, und mach es nicht so spannend. Du weißt, dass ich das nicht ausstehen kann.“

„Ernest Millburgh ist mit Annie Millburgh verheiratet, und der gehört die Hälfte der »Lackawanna Steel Company« in Buffalo. Na, ist das was?“